die chromosomen von tipula paludosa meig. in eibildung und spermatogenese

56
(Aus dem Zoologischen Institut der Universits GSttingen.) DIE CHROMOSOMEN VON TIPULA PALUDOSA MEIG. IN EIBILDUNG UND SPERMATOGENESE. Von HANS BAUER. Mit 28 Textabbildungen. (Eingegangen am 21. April 1931.) Inhalt. Seite A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 B. Objekt und Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 C. Die Morphologie der Gonaden und der Ablauf der Keimzellenbildung . 142 D. Das Verhalten der Chromosomen . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 I. Die Chromosomen in den Oogonien und den wachsenden Oocyten 143 1. Die Oogonien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 a) Der Chromosomensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 b) Die frfihen Teilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 c) Die Abweichungen bei den letzten Teilungen ...... 153 2. Die wachsenden Oocyten . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 II. Die Chromosomen in der Spermatogenese . . . . . . . . . . . 158 1. Die Spermatogonien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 a) Die friihen Teilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 b) Die sps Teilungen . . . . . . . . . . . . . . . . 161 2. Die Wachstumsperiode der Spermatocyten . . . . . . . . . 162 3. Die Ausbildung der Tetraden . . . . . . . . . . . . . . . 164 4. Die Reifeteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 a) Spermatocyten mit normalem Chromosomenbestand . . . 166 b) Spermatocyten mit iiberzs Chromosomen ...... ]70 III. Die Verbreitung der Chromosomenanzahlen . . . . . . . . . . . 178 1. Intraindividuelle Schwankungen . . . . . . . . . . . . . . 178 2. Die Verteilung der verschiedenen Chromosomenanzahlen in der Population . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 E. Auswertung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 1. Die morphogenetische Kontinuitat der Chromosomen ...... 181 2. Die kleinen Chromosomen und ihre Bewertung . . . . . . . . . 183 a) Die Homologie der ]~berz~hligen . . . . . . . . . . . . . 183 b) Der Mechanismus der Entstehung der verschiedenea Chromo- somenzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 c) Die Natur der klemen Chromosomen . . . . . . . . . . . 185 3. Paarung, Syndese und Reduktion bei Dipteren . . . . . . . . . 188 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

Upload: hans-bauer

Post on 10-Aug-2016

216 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

(Aus dem Zoologischen Ins t i tu t der Universi ts GSttingen.)

D I E C H R O M O S O M E N V O N T I P U L A P A L U D O S A M E I G .

I N E I B I L D U N G U N D S P E R M A T O G E N E S E .

Von

HANS BAUER.

Mit 28 Textabbildungen.

(Eingegangen am 21. April 1931.)

Inhalt. Seite A. Einle i tung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 B. Objekt u n d Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 C. Die Morphologie der Gonaden und der Ablauf der Keimzel lenbi ldung . 142 D. Das Verhal ten der Chromosomen . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

I. Die Chromosomen in den Oogonien und den wachsenden Oocyten 143 1. Die Oogonien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

a) Der Chromosomensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 b) Die frfihen Tei lungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 c) Die Abweichungen bei den letzten Tei lungen . . . . . . 153

2. Die wachsenden Oocyten . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 II . Die Chromosomen in der Spermatogenese . . . . . . . . . . . 158

1. Die Spermatogonien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 a) Die friihen Teilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 b) Die sps Teilungen . . . . . . . . . . . . . . . . 161

2. Die Wachs tumsper iode der Spermatocyten . . . . . . . . . 162 3. Die Ausbi ldung der Tetraden . . . . . . . . . . . . . . . 164 4. Die Reifetei lungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

a) Spermatocyten mi t normalem Chromosomenbes t and . . . 166 b) Spermatocyten mi t iiberzs Chromosomen . . . . . . ]70

I I I . Die Verbrei tung der Chromosomenanzahlen . . . . . . . . . . . 178 1. In t ra individuel le Schwankungen . . . . . . . . . . . . . . 178 2. Die Vertei lung der verschiedenen Chromosomenanzah len in der

Popula t ion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 E. Auswer tung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

1. Die morphogenet ische K o n t i n u i t a t der Chromosomen . . . . . . 181 2. Die kleinen Chromosomen und ihre Bewer tung . . . . . . . . . 183

a) Die Homologie der ]~berz~hligen . . . . . . . . . . . . . 183 b) Der Mechanismus der En t s t ehung der versch iedenea Chromo-

somenzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 c) Die Na tu r der k l emen Chromosomen . . . . . . . . . . . 185

3. Paarung , Syndese und Redukt ion bei Dipteren . . . . . . . . . 188 Zusammenfas sung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Li tera tur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

Page 2: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. 139

A. Einleitung. Der AnstoB zur vertieften Bearbeitung der Dipterencytologie kam

yon der Genetik her. Die Experimente fiber den Kreuzaustausch und die ihnen hypothetisch unterlegten Vorstellungen von den chromosomalen Vorg~ngen der Chiasmatypie, die nur auf Grund von Beobachtungen an anderen Organismen gewonnen waren, forderten eine Aufkl~rung der in Frage kommenden Abschnitte der Keimzellenentwicklung bei den Zwei- fliiglern.

Es ist seither eine stattliche Anzahl von Arbaiten verSffentlicht wor- den. Sie alle beschaftigen sich mit einer Ausnahme mit der Spermato- genese. Im Ergebnis scheinen die cytologischen Tatsachen mit den Ver- erbungsexperimenten in Einklang zu stehen. Hat sich bier gezeigt, dal3 im m~nnlichen Geschlecht ein Kreuzaustausch nicht vorkommt, so ent- spricht diesem dort der Ausfall der Chromosomenkonjugationsbilder in der wachsenden Spermatocyte. Nach den Versuchen fiber experimentelle Beeinflussung der Austauschwerte (PLo~CH 1917) geht aber gerade in der frfihen Wachstumsperiode im Weibchen die Umgruppierung der Gen- verb~nde vor sich. Hieraus ist der Schlul3 gezogen worden, dal3 mit dem Fortfall der cytologischen Abl~ufe auch der Kreuzaustausch unm6glich gemacht worden ist.

Unerl~Blieh fiir diese auf negative Tatsachen begrfindete Schlul3- folgerung ist zun~ehst der positive Nachweis, daI3 in der Oogenese die im m~nnlichen Geschlecht vermi~ten Chromosomenbilder vorhanden sind. In der einzigen bisher vorliegenden Arbeit fiber die Chromosomen in Ei- bildung und -reifung eines Dipters, und zwar von Drosophila selbst, kom- men GuY]~OT u. NAWLLE (1929) ZU dem Ergebnis, da~ auch hier keines der erwarteten Stadien durchlaufen wird. So miisse fiir den Kreuzaus- tausch eine andere als die MoRGA~sche Hypothese gesucht werden.

Dieser weittragende SchluB, der auf wenigen Beobachtungen an einem durch Kleinheit und Schwierigkeit der Behandlung ungiinstigen Objekt erhoben ist, bedarf sehr der Best~tigung. Haben doch auch die spermato- genetischen Untersuchungen der Schweizer Autoren an Drosophila me- lanogaster Ergebnisse gezeitigt, die nicht ohne waiteres den Anschlul3 an die Arbeiten fiber die anderen Dipteren erlauben und die Notwendigkeit neuerlicher Bearbeitung erkennen lassen.

Ffir die Oogenese galt as daher, erst einmal von einem cytologisch giinstigen Dipter ein Gesamtbild der Vorg~nge in der wachsenden Eizelle zu gewinnen, um so eine Vergleichsbasis fiir die als Ziel vorschwebende Aufkl~irung der Wachstumsver~nderungen bei Drosophila zu erhalten. Da hierzu eine bisher nicht untersuchte Art gew~hlt wurde, mul]te auch die Spermatogenese in den Rahmen der Arbeit einbezogen werden.

Als Komplikation ergab sich das Vorkommen von fiberzahligen Chromosomen, das als neues Moment zusammen mit den Ergebnissen

Page 3: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

140 H. Bauer: Die Chromosomen

fiber die Affinit/it homologer Chromosomen, fiber die Zerlegungserschei- nungen, fiber die eigenal~igen Vorg/~nge bei der Samenreifung von Sciara dazu beitr/igt, die geringe Wertsch/~tzung in allgemeincytologischer Hin- sicht, die den Dipteren frfiher entgegengebracht wurde, abzul6sen und ihnen die Geltung einer ungemein vielseitigen und aufschlul~reichen Gruppe zu geben.

l~Ieinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Ki)n•, bin ich auf- richtigen Dank schuldig ffir die stete Anteilnahme an meiner Arbeit, die er durch Ra t und Krit ik unermfidlich gef6rdert hat. Aul~erdem gilt mein besonderer Dank Herrn Professor Dr. R~CHE~OW vom Hamburger Tropeninstitut, der mir wiederholt eine Arbeitsst/~tte in seiner Abteilung zur Verffigung gestellt hat. Ebenfalls danke ich Herrn Professor Dr. M_AR- ~'I~I ffir die mir in dieser Zeit gew/~hrte Unterstfitzung.

B. Objekt und Technik. Tipula paludosa MEIG. ist in Mitteleuropa weir verbreitet und t r i t t

besonders in der Nordwestdeutschen Tiefebene als Kulturpflanzensch~d- ling sehr zahlreich auf. Von den daneben vorkommenden verwandten Arten unterscheidet sie sich durch die Entwieklungsdaten, so dab eine Verwechslung mit diesen trotz der morphologischen f~bereinstimmung ausgeschlossen werden kann.

Die Larven leben in der Erde und sind besonders in moorigen Ge- bieten anzutreffen. Sie ern/ihren sich von Pflanzenkeimen und -wurzeln, nehmen aber auch verwesende Pflanzenreste auf, die der lockere Moor- boden in reichem MaBe enth/ilt.

Der Entwicklungszyklus ist einji~hrig. Die Verpuppung erfolgt in der zweiten Julih~lfte. Nach 14t/~giger Ruhe schlfipft die Imago. Die Flug- zeit dauert bis Ende August.

Da es sich herausstellte, dab sowohl die Spermatogenese wie auch die Eibildung in den Larven abl~uft, brauchten nur diese bearbeitet zu werden.

Das zu der vorliegenden Arbeit benutzte Material s t ammt aus GroB- sterneberg bei Stade. Herrn Lehrer WILI~V,L~I danke ich f fir seine Hflfe bei der Beschaffung. Die gesammelten Larven wurden im Ins t i tu t in Moorerde aufbewahrt. Aufler Feuchthaltung verlangten sie keine Pflege.

Die Pr~iparation ist bci der betriichtlichen Gr6Be der Tiere ohne Schwierig- keiten m6glich. Die Gonaden liegen der Innenseite der Fettk6rperlappen an. Zur Fixierung wurden sie mit den anhaftenden Teilen des l~ettgewebes herausgeschnit- ten und m6glichst rasch in die Fixierungsfliissigkeit gebracht. Um eine gute Konservierung zu erzielen, muB man darauf achten, dab sie nicht von dem mit- genommenen Fettk6rper oder dem bei der T6tung reichlich abgesonderten Schleim bedeckt sind.

Zur Fixierung wurden benutzt BovIN-Ar, LE~r FLEMMING-BENDA und ftir be- sondere Zwecke BovrN und Sublimatalkoholeisessig. Andere Mittel ergaben

Page 4: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 141

weniger gute Bilder, ~o SAI~FELICE, auch bei geringem Essigsaurezusatz, und ein Kaliumbichromat-Formol-Eisessiggemisch.

Die allgemeinste Anwendung fand das BovI~--ALLE~sche Gemisch. Seine besonderen Vorzfige liegen in der raschen Eindringungsfahigkeit und der guten F~rbbarkeit des damit fixierten Materials. Besonders wertvoll ist es, dab die Nukleolen derart beeinfluftt werden, dab sie sich auch bei anschlieBender Heiden- hainf~rbung deutlich yon den Chromosomen unterscheiden. Anders als nach Verwendung sonstiger Fixierungen geben sie den Farb]aek sehr leieht wieder ab, so dall sie im mikroskopischen Bild als hellgraue K6rper erseheinen. Die llm- st&ndliche Originalvorschrift babe ich mir wesentlieh vereinfacht. Ieh benutze zwei haltbare LSsungen, die zu gleichen Teilen gemischt die fertige Fixierungs- fliissigkeit ergeben.

LSsung I: Pikrins~ure 2,8 g in 40 ccm Eisessig auflSsen, dann 80 ccm Formol und 80 ccm dest. Wasser hinzuffigen.

LSsung II : Chromsaure crist. 4 g und Harnstoff crist. 2 g in 200 ccm dest. Wasser gelSst.

Diese Form der Anwendung hat den Vorteil, da~ man durch einfaches Zu- sammengief3en sofort die fertige Mischung hat, und da] man sie stets in kleinen Mengen ansetzen kann, so dal~ jedes Organsti~ck mit frischer, unver/inderter LS- sung behandelt werden kann.

Die FLEM~alNG-BE~DA-Fixierung wurde nur zur Best~tigung herangezogen, da sich eine allgemeine Anwendung wegen ihres schlechten Eindringens in die yon ziemlich festen }Ifillen umgebenen Gonaden und wegen der herabgesetzten F~rb- barkeit verbot.

Die Einbettung erfolgte nach dem PETERHschen Verfahren unter Zwischen- schaltung eines etwa 20stiindigen Aufenthaltes in einer l%igen CelloidinlSsung zwischen absoluten Alkohol und Benzol. Die Schnittdicke konnte bei der be- trachtlichen ZellgrS]e 8--10/~ betragen.

~ltere Hoden wurden auch zu Ausstrichen verarbeitet. Zur Fixierung kam Osmiums~ureraucherung mit anschlieltender FLE~I~IINC-, BOUIN-ALLEN- oder Sublimatalkoholbehandlung zur Anwendung.

Ge/drbt wurden sowohl Schnitte wie Ausstriche in erster Linie mit Eisen- h~matoxylin nach HEIDEI~ttAIN. Ich habe aber nur mit stark verdfinnten L5- sungen gearbeitet. Gebeizt wurde mit einer 1/e%igen EisenalaunlSsung. Man kann noch starkere Verdiinnungen benutzen, so habe ich noch mit 0,05%iger Beize tadellose F~rbungen erzielt, doch l&uft man Gefahr, daI] bei nicht ganz einwandfreiem Wasser der Alaun hydrolysiert wird, wobei sich die Pr~parate mit einer sparer nur sehr schwer zu entfernenden Schicht ~-on Eisenhydroxyd iiberziehen. Die l%ige H~tmatoxylinlSsung habe ich gewShnlich auf das 20fache verdfinnt, doch kann man auch bier mit L5sungen yon nur 0,01% Farbgehalt gute Resultate erhalten. Als Ergebnis dieser Methode zeigt sich eine sehr pr/izise Kernf~rbung, w~hrend das Plasma fast ungef~rbt bleibt. Wenn neuerdings die Verwendung junger, hellroter HamatoxylinlSsungen empfohlen wird (B~LAf~ 1928), so entspricht dieses Prinzip durchaus dem yon mir angewandten. In frischen LSsungen ist erst ein Tell des Hamatoxylins in seine Oxydationsstufen iibergegangen, und nur diese sind die f~rbenden Faktoren, die also in den jungen LSsungen noch relaGv verdfinnt sind.

.4~uBer dem Eisenh~matoxylin wurde zur Kl~rung der Nukleolenverh~ltnisse noch die M . ~ s c h e F~rbung sowie die FEULGENsche Nuclealf~rbung angewandt.

:Die Methoden yon GRA~, GIEMSA-GELEI und BOaREL zeigten gegeniiber dem Eisenh~matoxylin keine Vorteile.

Page 5: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

142 H. Bauer: Die Chromosomen

Die Zeichnungen sind mit der L]~ITZSchen Fluorit-Immersion 1/16 und dem Peripla.natokular 15 in HShe des Arbeitstisches ausgeftihrt und im Druck auf drei Viertel verkleinert. Die VergrS2erung betragt etwa 2100. lh'ur in Einzel- fallen kam das Oku]ar 20 zur Anwendung. Dies ist dann stets vermerkt.

C. Die Morphologie der Gonaden und der Ablauf der Keimzellbildung.

Eine eingehende I)ars tel lung der Histologie und Entwick lung der Gonaden gebe ich hier n icht ; sie soll in grSl~erem R a h m e n an anderer Stelle erfolgen.

Die Gonaden liegen etwas der Unterseite des Tieres gen~hert rechts und links vom Darm an der ]~bergangsstelle vom Mitteldarm in das Rektum. Sie sind den den Darm einhiillenden FettkSrperlappen innen angelagert, die an dieser Stelle eine bedeutend herabgesetzte Dicke aufweisen.

Die Ovarien sind ei- bis spindelfSrmige Organe, die einen zum Kopf des Tieres gerichteten Endfaden und einen caudalwarts verlaufenden Eileiter besitzen. Die Hoden sind kugelig; an ihrer Hinterseite entspringt der Samenleiter. Die Gr6Be der Ovarien betragt in jiingeren Larven (Mai) 0,5 mm in Li~nge und 0,25 mm in der Quere. Die Hoden der gleiehaltrigen Larven haben einen Durchmesser von etwa 0,2 mm. Bis zur Verpuppung (Anfang bis Mitte Juli) waehsen die Ovarien auf 1--1,5 mm Lange bei entsprechender Dicke heran, wahrend die Hoden dann ihre endgiiltige GrSl~e yon etwa 1,2 mm erreicht haben.

Eine seriale Anordnung, wie sie yon den EirShren der Sehmetterlinge und den Hodenfollikeln der Geradfliigler bekannt ist, finder sich in den Gonaden yon Tipula nicht. Eine dem Keimlager gleichzusetzende Zone, in der die Vermehrung der Gonien vor sich geht, finder sich in den Ovarien an der dem FettkSrper an- ]iegenden Seite, die sich durch eine langsverlaufende, ins Inhere vorspringende Epithelverdiekung auszeichnet. Die Spermatogonien nehmen die zentrale Pattie des ttodens ein.

Die Gonaden der j i ingsten un te r such ten Larven (vom Anfang Mai) en tha l t en fast ausschlie21ich Oo- bzw. Spermatogonien. Ende Mai l inden sich d a n n die ersten Wachstumsstadien . Bis zum Ende des J u n i haben sic h a l l e Gonien zu Auxocyten umgewandel t . Kurz vor der Verpuppung f inden sich im Hoden nur noch reife Spermien, wahrend die Ovarien nu r noch Stadien der zweiten Wachstumsperiode enthal ten .

Die Zahl der gonialen Teilungsschri t te laBt sieh nicht angeben; sie scheint, aus der oft bet racht l ichen GrSBensehwankung der Gonaden zu schliel~en, eine wechselnde zu sein.

Den AbschluB der Vermehrungsperiode bi lden in der Oogenese vier Teflungen, die zu Gruppen yon 16 Zellen fiihren. ])iese stellen die Eian- lagen dar. Eine der Zellen wird zur Oocyte, die anderen werden zu l~ahr- zellen. Die Anzahl der Teilungen, die aus den p r imaren die sekund~ren Spermatogonien ents tehen lassen, die sich d a n n zu Spermatocyten um- bilden, ist meistens 6, so dab aus einer p r imaren 64 sekundhre Spermato- gonien hervorgehen. Doch ist die Abgrenzung der e inzelnen Zellnester nicht immer klar und es scheint, dal~ mi tun te r auch sieben Tei lungen er- folgen k6nnten .

Page 6: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 143

Neben den normalen Zellen linden sich in allen Gonaden viele abnorme und zwar um so mehr, je /tlter die Tiere werden. Eine Weiterentwicklung dieser Zellen finder nicht start, sic unterliegen einer pyknotischen Degeneration.

D. Das Verhalten der Chromosomen.

I. Die Chromosomen in den Oogonien nnd den wachsenden Oocyten.

1. Die Oogonien. a) Der Chromosomensatz.

~Bei Tipula paludosa kommen verschiedene Chromosomena~zahlen vet. Als niedrigste wurde die Zahl 8, als h6ehste die Zahl 12 gefunden. Alle dazwischenliegenden konnten gleichfalls beobachtet werden. In Abb. 1

| , ,

d e f g Abb. 1. Oogonien~ Aquatorialplatten. a~ b 8 Chromosomon, c 9 Chromosomen~ d~ e 10 Chromosomen~

f 11 Chromosonlen~ ,q 12 Chromosomen.

sind verschiedene Oogonienmetaphasen dargestellt. Betraehten wit zu- n~chst die Jl'quatoriallolatte mit 8 Chromo~omen (Abb. 1 a). Auf den ersten Blick lassen sich 6 gro/3e und 2 kleine Chromosomen erkennen. Die groflen sind alle V-/6rmig. Nut in g/instigen Ffillen zeigen sie charakteristische Merkmale, die eine genauere Ordnung in drei Paare erm6glichen. Die Chromosomen des ersten Paares (in den Abbildungen mit I bezeichnet) sind die grOBten. Die I~nickstelle liegt bei ihnen ann~thernd median. Es kommt allerdings nicht selten vor, dab ein Chromosom an der eigent- lichen Kniclcstelle, dem spiiteren Spindelansatzpunkt, der sich oft dutch eine Einschniirung markiert, gerade gestreckt ist, und eine Kriimmung eines der Schenkel eine Ungleicharmigkeit vorti~uscht. Dadurch wird die Erkennung oft erschwert. Das zweite Paar (II) ist nicht ganz so groB wie Paar I und ist deutlich ungleichschenklig. Paar I I I , noch etwas kiirzer als Paar II, ist ungef~hr 3/4 so lang wie Paar I . Bei ihm liegt die

Page 7: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

144 H. Bauer: Die Chromosomen

Knickstelle wieder median. Es l~Bt sich in manchen Plat ten (vgl. Abb. le fiir eine Platte mit 10 Chromosomen) besonders deutlich darar~ erkennen, dag einer seiner Schenkel eine Einschniirung aufweist, die n~iher zum Scheitel gelegen den Arm etwa im Verh/~ltnis 1 : 2 aufteilt. Sie hat mit dem Spindelansatz nichts zu tun. Bei dieser genauen Charakterisierung der einzelnen Chromosomen ist abet zu bedenken, dab sich durch Varia- tion der einzehmn Individuen die Unterschiede oft verwischen, so dab es meist nicht mSglich ist, in jedem Falle jedes der Chromosomen zu be- stimmen. Die Bezifferung der Abb. 1 mag daher im' einzelnen etwas will- ktirlich sein.

Die kleinen Chromosomen sind etwa halb so lang, wie die des dri t ten Paares. Sie sind meistens gleich grog (Abb. 1 a), doch k5nnen auch L~tngenunterschiede zwischen beiden vorkommen (Abb. 1 b), wobei eines eine geringere als die Normalgr6ge aufweist. Ihre Form ist schwankend, meist V-, S- oder sti~behenartig. Bei der Teilung zeigt es sieh aber, dag der Spindelansatz bei den normalgrogen kleinen Chromosomen immer ~nediar~ oder submedian liegt.

In Abb. 1 c--g sind ~-quatorialplatten mit hdheren Chro,r~osomenzahlen dargestellt. Wie bei den 8er Plat ten (diese Bezeiehnung sei der Kiirze halber verwandt) sehen wir aueh hier in jedem FalIe die 6 groflen Chromo- somen. AuBer ihnen linden sich, je naehdem, 3- -6 kleine. Ihre L~inge entsprieht oft der der kleinen in den 8er Platten, doeh messen sie vielfaeh nur ~/~ oder gar ~/~ davon. Meist sind in derselben Zelle die versehiedenen Liingenkategorien vorhanden, und zwar in der Regel um so mehr kiirzere je h6her die Anzahl ist; doeh sind gew6hnlich mindestens zwei yon der lV[aximallgnge zu finden. Die kiirzeren sind in der Anaphase dureh termi- nalen Spindelansatz als eehte St/~bchenehromosomen gekennzeiehnet.

b) Die friihen Teilungen. Die Oogonien, die sich in den jiingsten Ovarien ausschlieBlicn und in

den/il teren noch in der unmittelbaren N/the des Epithelwulstes anfinden, zeichnen sich durch ziemliche Gr6Be aus, die z~ischen 15 und 2 0 p schwankt. Die im vorigen Abschnitt besprochenen ~quatorialplat ten sind mit Ausnahme yon Abb. 1 g solchen Zellen entnommen.

Die Chromosomen liegen voneinander getrennt in der ft'quatorial- platte, die grol~en nfit den Winkelscheiteln zur ~ i t t e hin, wiihrend die kleinen meistens eine zentral oder seitlich gelegene Gruppe bilden oder auch vereinzelt in den yon den V-f6rmig gespreizten Schenkeln gebildeten Innenraum der grogen Chromosomen eingelagert sind. Bei Polansicht scheinen vor dem Beginn der Anaphase die Enden der langen Chromo- somen zuerst einen L/~ngsspalt aufzuweisen. Doch ist dies eine T~u- schung, die darauf beruht, dab die yon der Spindel nicht erfagten freien Enden sich um 900 verdrehen k6nnen. Seitenansichten der ~quatorial-

Page 8: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 145

platte zeigen, dab der Teilungsspalt bei allen Chromosomen auf der gan- zen L~nge gleichzeitig auftritt .

Der weitere Teilungsverlauf sei zun/~chst an den Oogonien mit 8 Chro- mosomen geschildert. Die Anaphase setzt bei allen Chromosomen im gleichen Augenblick ein (Abb, 2 a, b). Die Zugfasern fassen sie an den Knickstellen und ziehen sie gleichm~Big zu den Polen. Die klelnen Chro. mosomen sind bald getrennt, wghrend die Enden der groBen noch ver- einigt bleiben, so dab die Tochterchromosomen nur im mittleren Tefle auseinandergezogen werden (Abb. 2 c), Mit dem Fortgang der Anaphase riicken die nicht in der Spindel liegenden Chromosomenenden, die zuers~

. . : " . . i . ; ' . . . . . . ' . . , ... :~ '.. . .

a b

. . . i ~ t f

c d

,,,.,.. .,; .,. ~ .- .~

h

f Abb. 2. Oogonien, friihe Teilungen, Anaphase und Telophase, 8er Zellen. a, b Friihe Anaphase, a Polansieht, b seitlich, c - - e mittlere Anaphase, d Polansleht einer Tochterplatte, f sp~te Ana- phase, ~j beginnende Kernrekonstruktion, h Ausbfldung der Kernsaftvakuole, i junger Ruhekern.

weir in den Zellenraum hineinragen, n~Lher an den Spindelmittelteil heran (Abb. 2 d--/), bis sie endlich, alle parallel gelagert, einem Rutenbiindel gleichen. Gleichzeitig ~r die Chromosomen schlanker und 1/inger und bfiBen etwas von ihrer F~irbbarkeit ein. In der nun einsetzenden Telophase bl/~hen sich zun~chst die polw~rts gelegenen Chromosomen- bfindelteile auf (Abb. 2 g), dann schlieBt eine Kernsaftvakuole die ganze Chromosomenmasse ein, die sich unter fast v6]ligem Verlust der F/~rb- barkeit weitgehend auflockert. Anfangs kann man noch einige Chromo- somenzfige als l~ingsverlaufende Str/inge erkennen (Abb. 2 h). Nach Ab- schluB der Rul~ekernbildung ist der Kern ein ganz schwach gef/irbtes B1/ischen, dessen Inneres ein ziemlich feines Geriist mit ein his zwei schon friih darin zu findenden Nukleolen bildet. Die Begrenzung gegen das Plasma ist undeutlich, eine Kernmembran niemals darstellbar (Abb. 2 i).

Z. f. Zellforschung u. mikr. Anatomie Bd. 14. 10

Page 9: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

146 H. Bauer: Die Chromosomen

Es tr i t t jetzt ein bedeutendes Wachstum des Geri~stkernes ein, welches dessen Volum ungefhhr verdoppelt. Die innere Struktur bleibt dabei im ganzen zun~chst erhalten. Doch treten neu zwei kurze intensiv ge/Eirbte Stgbchen auf, die entweder Seite an Seite (Abb. 3 a) oder getrennt vonein- ander im Kernraum liegen (Abb. 3 b). Ihr erstes Auftreten ist unabh~ngig von den ~Tukleolen, zu denen sie sparer meistens in eine Lagcbeziehung treten.

•ach abgeschlossenem Wachstum wird das Kerngeriist umgeformt. Es setzt eine weitgehende Zerklfiftung ein (Abb. 3 c) und es heben sich der L~nge nach durch den ganzen Kern verlaufende chromatische Ziige hervor.

b c d

�9 :. .!: �9 '.-~ .......... -i">--... . ...................

- " - /"i '~ ...... '" . . . . ,........~' ........ ~ . .... !:,...~'

~ , ~ ~ ) ~ �9 , . ~ : : .:.

e f g h Abb. 3. Oogonien, friihe Teilungen~ Interphasestadion, 8er Zellen. a, b Gertistkern, c Kernzer- kliiftung, d frtihes, e sp~te~ Stadium der Kontraktion der chromatischen Bahnen, f 8chollenkern,

g Schollenkern mit einem~ h mit zwei Chromatinnukleoli.

Diese verkfirzen sich und es treten in ihrem Verlauf unregelm~$ige klum- pi,qe Verdichtungen auf (Abb. 3 d), die sich dann welter zu l~nglichen Ge- bilden zusammenziehen, die oft als Anzeichen einer Zweiteiligkeit eine mittlere Einschnfirung zeigen (Abb. 3 e). Das Endstadium dieser Um- wandlungen ist in Abb. 3 ] dargestellt. Der Kern enth~lt aui3er dem 6fters unter Vereinigung yon zwei vorher getrennten entstandenen Nu- kleolus, dem noch n~her zu betrachtende stark gef~rbte KSrper an- geheftet sind, sechs unregelm~13ig begrenzte, m~i[3ig stark ]drbbare Schollen, in denen nur einzelne KSrnchen den Farbstoff starker festhalten. Der iibrige Kernraum ist leer, er wird nur yon wenig zahlreichen fiidigen Fort- s~tzen der Schollen durchzogen.

Diesen Anblick gew~hren die meisten der im Pr~parat gesehenen Zellen. Man kann daraus schliefien, dab der Schollenkern ein lEinger an-

Page 10: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 147

dauerndes Ruhestadium darstellt, w~hrend die nicht so hhufigen Gerfist- kerne nur ein Obergangsstadium sind.

Kurz eingegangen mag auf die Frage nach einer m6gliehen Arte/aktnatur der beschriebenen Bilder sein. ])as regelm~Bige Vorkommen einer genau festgelegten Zahl dieser Kernschollen und ihre Existenz auch in Pr~paraten, die mit nach dem heutigen Urtei| besten Fixierungsmitteln (FLEMMIlgG-BENDA) behandelt wor- den sind, zeigen klar ihre Reatitiit. Im einzelnen mSgen allerdings die ~bergangs- bilder zwischenden beiden Kernformen etwas entstellt sein, da derartig lockere, fliissigkeitsreiche Sbrukturen sehr labil sind, aber auch dies kann an der wesent- lichen Anordnung nichts ge~tndert haben.

Die iibrigen Elemente des Gerfistkernes machen keine so auff~lligen Vergnderungen durch. Die chromatischen Stdbchen verkiirzen sich und kugeln sieh endlich ab. Sie lagern sich dann in der Regel dem Nukleolus auf. Sie kSnnen in dem Schollenkern zu einem gr6Beren Chromatin- nukleolus verschmelzen (Abb. 3 g) oder als zwei kleinere chromatisehe KSrper getrennt bleiben (Abb. 3 h), die zusammen etwa das Volumen des grSl3eren haben, l~ber das Eintreten oder Ausbleiben der Ver- schmelzung entscheidet wohl nur die Lage der St~bchen. Wenn sie von vornherein dieht beieinander auftauchen, wie in der Abb. 3a, dann ist es wahrscheinlich, dal3 sie bei dem Kondensationsprozel3 einen ein- heitlichen KSrloer bilden, w~hrend im Falle der Abb. 3b die r~umliehe Trennung dies wohl verhindert. Irgendwelche konstante Unterschiede zwischen den verschiedenen Ovarien gibt es dabei nicht. Beide Arten der Anordnung sind in jedem zu finden.

Es kommen auBerdem Bilder vor, die am l~ukleolus auBer einem Chromatin- nukleolus einen Haufen kleiner starkgefarbter K6rnchen zeigen, oder iiberhaupt nur solche KSrnehen aufweisen. Dies ist auf wohl durch die Fixierung bedingten Zerfall eines oder beider KSrper zuriickzufiihren. Man findet sie n~imlich meistens in den im Zentrum der Gonade gelegenen Oogonien, zu denen die Fixierungs- fliissigkeit zuletzt und schon ver~tndert (durch schnellere Diffusion einzelner Be- standteile der Gemische und dureh Verdiinnung mit Gewebesaft) hingelangt. Es braucht deshalb nicht n/iher darauf eingegangen werden.

Die Nukleolen nehmen wi~hrend der geschilderten Kernveranderungen nur an Volumen zu. Meistens kommt es zur Versehmelzung zu einem einheitlichen KSrper. Irgendwelche Strukturen sind daran nieht zu er- kennen.

Die nach der Kernruhe einsetzenden prophasischen Umwandlungen offenbaren uns die Natur der beschriebenen Bestandteile und erlauben, die bisher absichtlich neutrale Bezeichnungsweise durch konkrete u stellungen abzulSsen.

Eine Ubersicht fiber die wesentlichen Etappen der Prophase gibt Abb. 4. Aus den Kerwschollen bilden sich hantelfSrmige KSrper (Abb. 4a), in denen sich j e ein au/geknduelter Chromatin/aden differenziert (Abb. 4 b). I)iese verkiirzen und verdieken sich (Abb. 4 c), treten dann fiber die Gren- zen der SchoUen heraus (Abb. 4 d) und formen sich unter weiterer Aus-

10"

Page 11: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

148 H. Bauer: Die Chromosomen

gl~ttung (Abb. 4 e, ]) zu den schon bekannten gro/3en Metaphasechrvmo- somen um (Abb. 4 g). Gleichzeitig ~vird der Nukleolus aufgelS~t und aus den Chromatinnukleoli entstehen die kleinen Chromosomen. I~och ehe die Ausbildung der Chromosomen ganz beendet ist, dringen die Spindelfasern in den Kernraum ein und beginnen die Bewegung in den ~quator ein- zuleiten (Abb. 4 d).

a b e

d e g

f Abb. 4. Oogonien, friihe Teflungen, Prophasen, 8er Zellen. a Hantelform der Schollen, b frfihes, c sp~ttes Stadium der Ausbildung der ChromosomenknStuel, d--f Abwicklung der Chromosomen-

laden, f der herausgezeichnete Chromosomenbestand yon e, g sp~te Prophase.

Von den Strukturen des Ruhekerns lassen sich also die sechs Kern- schollen mit den sechs grol~en, die oft verklebten Chromatinnukleoli mit den beiden kleinen Chromosomen identifizieren. Eine Best~tigung dieser morphogenetischen Erkenntnis liefert die FEULGENsche F~rbung, nach welcher nur diese Gebilde sich rot f~rben.

Die Umbildung der Kernschollen zu den groflen Chromosomen zeigt im einzelnen die Abb. 5 (sie ist aUerdings, da der u iiberall gleichartig abl~uft, aus Zellen mit verschiedenen Zahlen zusammengestellt). Vor Eintr i t t der prophasischen Ver~nderungen zeigt sich die Scholle als un-

Page 12: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa Meig. in Eibitdung und Spermatogenese. 149

regelmAl]iges, rundliches Gebilde (Abb, 5 a). Im Inneren finder man kSrnchenartige Verdichtungen, yon denen eine oft besonders ausgepragt ist, sie liegt in der Abbildung rechts vonde r Mitte. Die ersten Anzeichen der Umwandlung machen sick in einer Streckung unter gleichzeitiger Einschnfirung ungefghr in tier Mitre bemerkbar (Abb. 5 b). Die diehteren Strukturen sind vermehrt, wobei sie jetzt den Eindruck yon kurzea Str~ngen machen. In der schmalen Zone zwischen den beiden Schniir~ hiilften liegt wieder das oben erw~hnte deutlichere KSrnchen, welches nun als Stabchen oder Doppelkorn erscheint. Is t die Trennung der Schollenteile sehr weit durchgefiihrt, so stellt es die einzige Verbindung zwischen ihnen dar. Bald darauf sieht man alle dichteren Bestandteile sich zu einem kontinuierlichen stark gewundenen Faden zusammen, schlieBen (Abb. 5 c). Dieser dehnt sick und lagert sich an die Peripherie,

a b c d e f

g h i k 1 m Abb. 5. Oogonien, frtihe Tei!ungen, prophasische Umformung der einzelnen Kernscholle. Vergr. etwa 2800X. a ruhende Scholle, b Auftreten yon kurzen chromatischen Stritngen, c kontinuier- licher Chromatinfaden in der Scholle, d--f Verdickung und VergrSl]erung des aufgewlckelten Fadens,

g - - ~ Stadien der Abwicklung, Streckung und Verdickung zum fertigen Chromosom.

wobei er an Umfang zunimmt (Abb. 5 d). Eine Verfolgung aller Win- dungen ist auf diesem Stadium nicht m5glich. Ers t mit fortschreitender Verkiirzung wird das KnKuelwerk deutlicher (Abb. 5 e), bis es sich end. lich nach Ausgl~ttung der Oberfl~che als ein einziger Chromatinfaden darstellt, dessen Enden in jeder Hantelh~lfte s~uberlich aufgerollt sind, untereinander verbunden durch das schon friih aufgetretene Mittelstiick (Abb. 5/) . Bis jetzt war das Chromosom an die Grenzen der ehemaligen Kernscholle gebunden. Nun dringt es bei weiterer Verkiirzung dariiber hinaus (Abb. 5 g, h). Von der Sehollensubstanz ist nichts mehr zu sehen. Zwar finden sich zwischen den Chromosomenschleifen in geringem Mal]e gerinnselige Bestandteile, doch sind diese auch in dem iibrigen Kernraum enthalten und nur als Niederschl~ge des ausgefallten Kernsaftes zu be- werten. Es wird also die gesamte Substanz der Kernschollen in die Chromo- somen i~berge/iihrt. Bei der nun erfolgenden Streekung eilt in der Regel eines der Enden voraus, w~hrend das andere noch in der aufgewickelten Form verharrt (Abb. 5 h, i). Durch die gleichsinnig weiter fiihrenden Umwandlungen unter Ausrollung auch des anderen Armes (Abb. 5 k, l)

Page 13: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

150 H. Bauer: Die Chromosomen

und Kontraktion des Chromosoms entsteht schliel31ich die mittlere Pro- phaseform (Abb. 5 m), yon der zum Metaphase-V nur noch ein Schritt n6tig ist.

Die Frage nach dem Auftreten des Ldn2sspaltes ist nur schwer zu ent- scheiden. Zwar hat man bei der subjektiven Betrachtung schon hier und da anf einem friihen Stadium den Eindruck einer l~ngsverlaufenden Lich- tung; aber erst zu dem Zeitpunkt der Abb. 6 k kann man mit Sicherheit einzelne Strecken hindurch die Spalth~lften nebeneinander verfolgen. In jedemChromosom deutlich wird dies erst in der sp~ten Prophase (etwa der Abb. 4 g entsprechend).

Diese Vorg~nge laufen in den sechs Kernschollen gleichm~13ig ab. Untersehiede zeitlicher Art bestehen nicht; doeh l ~ t sich ein Chromo- somenpaar schon ziemlich friih yon den anderen unterscheiden. Es ist sicher das oben mit Nummer I1 bezeiehnete, das sich durch ungleiehlange Schenkel hervorhebt. Es ist in der Abb. 4 b durch eine Marke kenntlieh gemacht, und hierzu gehSren auch die Chromosomen in Abb. 5 / und k. Charakteristisch ist die ungleiche Gr613e der bei der Einsehnfirung gebil- deten Tefle und die dadurch bedingte geringere Zahl der in einer Seite entstehenden Fadenwindungen.

W~hrend der Umbildung der Kernschollen wird der Nukleolus auf- gelSst. In der sp~ten Prophase sind yon ihm keine Reste mehr zu finden. Dabei trennen sich die ihm angeschlossenen Chromatinnukleoli ab und geben zwei kleinen Chromosomen den Ursprung. Ihrer Bildung liegt kein komplizierter Prozel3 zugrunde. Es handelt sich um eine einfaehe Streckung der vorher rundlichen K6rper, gegebenenfalls unter vorheriger L6sung der Verklebung der beiden Elemente. Die Streckung geht zu- n~chst gewissermal3en zu weit, so dal3 die anfangs recht langen Chromo- somen (Abb. 4 d) sparer wieder eine Verkiirzung erfahren miissen (Abb. 4 e,/). In der Prophase zeigt sich h~ufiger als in der Aquatorial- platte die nicht seltene L~ngendifferenz zwischen den beiden kleinen Chromosomen (Abb. 4 d).

Zeitlieh besteht keine exakte Koordination zwischen der Ausbildung der grol3en und der kleinen Chromosomen bzw. der Aufl6sung des Nu- kleolus. W~hrend in der Abb. 4 b die kleinen Chromosomen schon ge- t rennt und deutlich ausgebildet sind, zeigen sie in dem in Bezug auf die Ausbildung der grol3en Chromosomen schon welter vorgeschrittenen Zell- kern der Abb. 4 cnoch undeutliche Konturen und Verklebung mit dem l~ukleolus.

Die Oogonien mit i~berzdhligen Chromosomen schliel3en sich in ihrem ganzen Verhalten denen mit der 8-Zahl an; die obige Darstelhng der Entstehung der Umwandlung der Kernschollen stiitzt sich zum Teil, wie schon erw~hnt, auf Zellen mit vermehrtem Chromosomenbestand.

Unterschiede bestehen lediglich im Auftreten einer gr613eren Zahl der

Page 14: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon TJpula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 151

kleinen Chromosomen, die aber auch stets die gleichen Stadien durch- laufen, wie die in den 8er Zellen.

Eine Beschreibung der Anaphase erLibrigt sich, da diese genau der der 8er Tiere gleicht. Es ist nur daran zu erinnern, dal~ bei den kfirzeren Liberz~hligen Chromosomen der Spindelansatz meistens terminal liegt.

Aufmerksamkeit erfordern erst die Vorg~nge bei der Kernrekonstitution. Zun~chst l ~ t sich der Zeitpunkt des Auftretens der kleinen Chromosomen n~iher feststellen. In Abb. 6 ist eine Telophase aus einem 9er Ovar abgebildet. In den Tochterkernen, zwischen denen sich noch der SpindelrestkSrper ausspannt und in denen die l~ngsverlaufenden Ziige der gro~en Chromosomen noch klar zu erkennen sind, finden sich in den Polteilen, besonders in dem oberen Kern deutlich zu sehen, drei dunkel gef~rbte St~bchen. Diese machen also wahrscheinlich fiber- haupt keine Auflockerungsphase dutch. In den Geriistkernen treten sie entsprechend dem Chromo- somenbestand der Zellen in 3--6-Zahl auf (Abb. 7 a, c, e, g). Je hSher die Zahl ist, also besonders bei den l l e r und 12er Zellen, um so mehr neigen sic dazu, umeinandergewiekelt aufzutauchen. Daher

a e

~ : ~ . .-, ~ : f. .:~". .,.~..~ ~..... '~ .~.~

.,~, :;~.,./ ~,,, ~:~':~:, .~" .: ,,., ~:'"/,~.,, ~ :: ~-..;/~!~

b d f

','~,~. ~"~ 5~,..~..

i:~11

Abb. 6. Oogonien, frfihe Teilungen, 9er Zelle. Zwei Tochterkerne in Telo- phase. Kontinuit~.t der kIeinen Chromosomen.

Abb. 7. Oogonien, Interphasen~ 9--12er Zellen. a, c, e, g Gerfistkeme, kleine Chromosomen faden- fSrmig, b, d, f~ h l~bergangs- und Schollenkerne, kleine Chromosomen kugelig, a, b 9er, e, d 10er,

e, f l ler , g, h 12er Zellen.

muBten, um alle Anzahlen durch Bilder mit einzeln liegenden Fgden zu ver- anschaulichen, auch Kerne gewahlt werden, deren Struktur sonst nicht

g

~,~r"' ?

h

Page 15: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

1 5 2 H. Bauer: D ie Chromosomen

ganz einwandfrei erhalten ist (Abb. 7 e, 9 a). Die stabileren kleinen Chro- mosomen sind aber sieher dabei nicht in Mitleidensehaft gezogen worden.

Bestimmte Affinit~ten zwischen den kleinen Chromosomen sind nicht feststellbar, ihre Gruppierung scheint immer zufallsm~l~ig zu sein. W ~ h -

~" . - . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7"-\ ,~. ,~ li~:'.'-~:.r.~> . . . . . "; -,.

a b

Abb. 8. Oogonien, Schollenkerne) 9er Zellen, a grol3er und kleiner, b ein einziger Chromatin-

nukleolus (vgl. Abb. 7b).

rend der Umbildung vom Gerfist- zum Schollenkern nehmen sie an GrSi~e zu und werden dabei kuge- lig. Abb. 7 gibt in der Reihen- folge d, h, ], b hiervon einen guten Eindruek. Oft zeigen sie beim Aui- und Abbewegen der Mikro- meterschraube eine zentrale Auf- hellung, so dal~ sie den Eindruck einer Blase machen. Dies kann daffir spreehen, dal~ bei ihrer

Gr613enzunahme Quellung mitwirkt. I m fertigen Schollenkern bleiben sie entweder getrennt (Abb. 7) oder sie verschmelzen untereinander in beliebiger Gruppierung. I m Extremen findet man einen einzigen Chroma- tinnukleolus, der je nach der in ihn eingegangenen Zahl der Chromosomen bei den einzelnen Tieren verschieden groB ist. Es sind aber auch alle anderen Kombinationen m5glieh, wodurch sehr variable Bilder entstehen

! ....... ;,-.. .:>::, l):.,,,

a b Abb. 9. Oogonien, frtihe Teihmgen, 10er Zellen. a Geriistkern (geschrumpft), b Prophase. Zwei kleine Chromosomeu kugelig, zwei st~bchenf6rmig

(vgl. Abb. 7 c).

k6nnen. Nur fiir die 9er Zellen zeigt im Verein mit Abb. 7 b dies Abb. 8. Es kSnnen zwei Chromo- somen sich vereinigen (Abb. 8 a) oder alle drei einen kugeligen KSrper bilden (Abb. 8 b). Oft kann man an Liicken in den Ver- sehmelzungsprodukten noch die Zahl der in sie eingegangenen Elemente erkennen (Abb. 8). In den Prophasen treten sie, je nach ihrer Anordnung im Ruhekern ein-

zeln oder in Gruppen auf. Meist linden sie sich schon friih im Kern zwi- schen den groBen Chromosomen verteilt.

Beachtenswert ist die Konstanz, mit der die zwischen den einzelnen kleinen Chromosomen bestehenden Unterschiede bewahrt bleiben. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der GrSBe in den Xqutorialplatten. Abb. 9 und Abb. 7 c zeigen drei Stadien yon Zellen mit der gleichen Chromosomen- anzahl aus demselben Ovar, zwei verschieden alte Geriistkerne und eine Prophase. Von den vier kle~nen Chromosomen sind zwei gestreckt und fadenf6rmig, wghrend die anderen zur Verkiirzung neigen. Dies ist in allen Kernen deutlich.

Page 16: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 153

c) Die Abweichungen bei den letzten Teilungen.

Die vier letzten Teilungsschritte der Oogonien fiihren zur Ausbildung der die Eianlagen darstellenden 16 Zellengruppen.

Bis zum Ablauf der dritten Teilung machen sich Unterschiede gegen- fiber den bisherigen Vermehrungsteilungen nur in geringem MaBe be-

a b

. . . . . . - . . .

c d

e f g h

i

Abb. 10. Oogonien, vorletzte und letzte Teilung~ 8er Zellen. a Xquatorialplatte, b Anaphase, c Be- ginn der Tclophase, d Geriistkern, e Schollenkern~ f friihe, g spate :Prophase, in f , g das verdeckte Chromosomenpaar getrennt dargestellt, h Xquatorialplatte, i Anaphase der letzten Teilung, k

junger Gerfistkern.

merkbar. Sie betreffen das friihe Ruhekernstadium, das nicht ein so fein- gebautes Ger/istwerk darstellt, sondern meist grSbere Str/~nge enth/~lt. Die Kernschollen des sp/iteren Stadiums zeigen mitunter eine paarige An- ordnung, ohne dal] dies allgemein nachweisbar ist. In der Aquatorial- platte (Abb. 10 a) liegen die Chromosomen enger zusammengedr/~ngt und aueh oft paarweise ineinander geschoben. Dies ist wohl in erster Linie auf die infolge der Gr61~enverminderung der Zelle besehr/inkte Ausdeh-

Page 17: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

154 t{. Bauer: Die Chromosomen

nungsmSgliehkeit des einzelnen Chromosoms zuriickzufiihren, doch auch zum Teil auf den Beginn der yon nun an ausgepr~gten Tendenz zur Paarung der homologen Chromosomen. Anaphase und Telophase der vor- letzten (Abb. 10 b, c) unterscheiden sieh nur unwesentlich dureh eine ge- ringere GrSfie yon denen der friiheren Teilungen. Der junge Tochterkern (Abb. 10 d) weist eine netzige Struktur auf, die hie soweit aufgeloekert wird, wie im Gerfistkern der oben beschriebenen Oogonien. Die kleinen Chromosomen sind meistens zu einem einzigen Chromatinnukleolus zu- sammengeschlossen. D!es gilt auch ffir die Zellen mit erhShtem Bestand.

Aus diesem Geriistkern kondensieren sich abweichend gegen friiher drei unregelmiifiig gestaltete Schollen, die stets stark f~rbbar sind (Abb. 10e). Ihre Struktur ist ungleichm~ig, es fiberwiegen dunkle Bestandteile, zwischen denen hellere Lficken zu sehen sind. Der Chromatinnukleolus hat sich wieder mit dem 5Iukleolus zusammengelegt. Aus den Kern- schollen bilden sich in der Prophase der letztenTeilung die Chromosomen- paare aus. Es entstehen dabei als Ubergangsformen Fadenkn~uel, die aus zwei Teilen bestehen, zwischen denen sich zwei Verbindungsf~den ausspannen (Abb. 10]). ])iese stellen die Chromosomenmittelteile dar, w~hrend je ein Ende der beiden Partner die aufgewickelten Kn~uel bil- den. Aus Bildern, die eine ungleiche GrSBe dieser zusammengerollten Teile zeigen, kann man erkennen, dait stets die homologen Arme der Chromosomen sich Seite an Seite entwickeln. Im weiteren Verlauf ent- stehen so aus den Schollen die drei grol~en Chromosomenpaare (Abb. 10g). 'Zun~tchst sind sie noeh umeinander gedreht, mit dem lJbergang zur Meta- phase haben sie sich aber gestreckt und liegen schliei~lich nebeneinander in der Aquatorialplatte (Abb. 10 h), wobei sich die Beriihrungsstellen oft 15sen. Aus dem Chromatinnukleolus werden die kleinen Chromosomen frei. Sie sind nicht so eng gepaart wie die grol~en. In der Abb. 12 h wird dies nur dureh die Lage fibereinander vorget~uscht. Die Anaphase (Abb. 10 i) zeigt keine Besonderheiten ebensowenig wie die Telophase und der junge Ruhekern (Abb. 10 k). Damit ist die Oogonie zur Oocyte geworden. Eine Andeutung, welche der 16 Zellen zur Eizelle wird, be- steht nieht.

Die Analyse wird oft sehr erschwert dadurch, dal~ sich neben den Chromo- somen der Teilungsfigur vielfach unregelm~Big geformte Brocken finden, die sich mit Eisenh/imatoxylin tief schwarz f/irben. Bei der Polwanderung bleiben sie zu- riick, um sehlieBlich wahllos auf die Tochterkerne verteilt zu werden. Sie bilden an der Telophasefigur kluml)ige Auswiichse. Bei der Ruhekernbildung scheinen sie in diesen aufgenommen zu werden. Ein geregeltes Vorkommen war nicht zu erkennen, so dab an eine etwaige plasmatische Bestimmung der kiinftigen Eizelle, /ihnlich den Erscheinungen bei den Dytisciden nicht gedacht werden kann. Es ist eher zu glauben, dab es sich tiberhaupt um abnorme Vorg~nge handelt, die Vorstadien oder Anzeichen einer Degeneration der Zellgruppe sind. Derartige in Zerfall begriffene Zellen sind, wie schon oben erw/~hnt, auf diesem Stadium be- sonders h/~ufig und ~ehlen in keinem Ovar, gleichgiiltig welche Chromosomenzahl

Page 18: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 155

die Zellen haben. Nut die graduellen Unterschiede, die eine gr613ere H/tufigkeit in den C~onaden aus Tieren hSherer Chromosomenzahlen feststellen lassen, er- lauben vielleicht den Schlul3, dal3 StSrungen der Teilung unter Sch~idigung der (iiberz~hligen?) Chromosomen zur Entstehung der Begleitsubstanzen (die dann ehemaligen Chromosomen gleichzusetzen w/~ren) ffihrt, die ihrerseits der Ent- wicklung der Zellgruppe ein :Ende macht.

2. Die wachsenden Oocyten.

Die genaue Analyse der ersten Wachstumsstadien begegnet einer Reihe erheblicher Schwierigkeiten. EinmaI mul3 streng darauf geachtet werden, ob nicht Andeutungen einer beginnenden Degeneration der gellen vorliegen; dann scheinen diese Stadien sehr leicht bei der Fixierung entstellt zu werden, und endlich sind die Kriterien, die eine exakte Deu- tung der Aufeinanderfolge der Kernver/tnderungen gew/ihrleisten, un- sicher, da erstens innerhalb der Gonade keine ins einzelne gehende gonen- anordnung der verschiedenen Stadien eingehalten ist, und zweitens in der Eianlage die Vorg/~nge nacheinander in nicht erkennbarer Reihenfolge yon den einzelnen gellen durchlaufen werden, so dab die Entscheidung im Einzelfall oft schwer ist, ob man Phasen der Ausbildung oder Rfick- bildung des leptot/tnartigen Stadiums vor sich hat.

Der nach der letzten Telophase gebildete Geriistkern, der wie schon in den vorangegangenen Teilungen kein sehr regelm/~l~iges Netzwerk ent- h/~lt, w/~chst etwas heran. Hierbei kSnnen sich die Ungleichheiten der Struktur verlieren, wobei ein einigermal3en feinmaschiges Innere entsteht (Abb. 11 a), meistens bleibt abet das robe Balkenwerk erhalten. Ob dies lediglich eine Fixierungserscheinung ist, kann ich nicht entscheiden. Die weitere Umbildung dieses Kernstadiums entspricht noch genau der nach den vorangegangenen Teilungen. Es macht sich eine Kontrakt ion des Kerninhaltes bemerkbar, wobei bald drei Zentren deutlich werden (Abb. 11 b). Auf diese zieht sich das gesamte Geriistwerk zusammen, so dab wieder das schon bekannte Bild des Schollenkernes erscheint, wobei, wie auch vor der letzten Differentialmitose, die Schollen in der Haploid- zahl der groflen Chromosomen auftreten (Abb. 11 c). Daneben ist der jetzt fast ausnahmslos nur in Einzahl vorhandene Chromatinnukleolus stets in Verbindung mit dem Plasmosom zu finden, der der Kernwand eng angeschmiegt liegt.

Die bisherigen Kernver/inderungen kSnnen, da sie in typischer Weise schon aus den Oogonien bekannt sind, noch mit Recht als zu diesen ge- hSrig betrachtet werden.

Erst jetzt beginnen die eigentlichen Erscheinungen der Wachstums- phase. Das Kernschollenstadium stellt kein Ruhestadium dar. Die Schollen formen sich zu Fadenkndiueln, die sich dann abwickeln (Abb. 11d). Diese Bilder sind leider nie so einwandfrei zu erhalten wie in den Pro- phasen der Oogonien, so ist der Verlauf der aufgekn/iuelten F/~den nicht

Page 19: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

156 H. Bauer: Die Chromosomen

zu erkennen. Man kann nur feststellen, wie sich der freie Kernraum all- m~hlich anffillt. In Abb. 11 e sind neben freien Fadenziigen noch drei Bezirke zusammengeballter Chromosomenf~den klar zu sehen. Haben sich auch diese abgewiekelt, dann ist der Kern yon langen/einen Fdden dicht durchzogen und zeigt so das typische Bild des Leptot~nstadinms (Abb. 11 ]). Ob er allerdings als soleher zu bewerten ist, soll erst weiter unten besprochen werden.

Ieh bin mir nicht dariiber klar geworden, ob stets der Umweg tiber den Schollenkern eingesehlagen wird. Manche der schwer zu deutenden Bilder spre- chen dafiir, dab die Kerne der sieh zuerst umwandelnden Zellen der Eianlage unmittelbar aus einem der Zwischenstadien vor Bildung des Sehollenkernes in das ,,Leptotan" tibergehen kSnnen (etwa yon Abb. 11 b gleich zu 11 eoder ]), und dab erst die Kerne, die sparer mit diesen u beginnen, den Schollen- kern in seiner klaren Form ausbilden.

Eine Zs der den Kern durehziehenden Fs ist nieht mSglich, da sie h~ufig mit dem Chromatinnukleolus in Verbindung treten, es abet nicht ausgemacht werden kann, ob hier die Enden verkleben. Freie Endigungen kommen vor, doch ist auch ihre Zahl nicht festzustellen. Daher m ui~ versucht werden, aus dem Charakter der F~den auf ihren Wert zu schlief~en; denn es sei vorweggenommen, daft irgendwelche Paarungsvorgdnge, entsprechend dem Ablau] Leptotdn-Pachytdn bei anderen Objekten, spiiter nicht vorkommen. Die F~den weisen oft eine klare perl- schnurartige Anordnung yon kleinenVerdichtungen, die bekannten Chro- momeren, auf (Abb. 11 g). Sie sind von wechselndemUmfang, so daf~ man manchmal dickere und diinnere .Faden im selben Kern sieht, doch ist dies selten. Abb. 11 g zeigt in der oberen Kernh~lfte einen rechts endenden Chromosomenfaden, der in zwei feine Xste auslguft. Diese wenigen An- haltspunkte k6nnen natiirlich nicht zu einer klaren Beurteilung des Zu- standes der Chromosomen, ob gepaart, ob einzeln, ausreichen. Doch sei mit allem Vorbehalt die Ansicht gegul~ert, dab schon gepaarte F~iden vor- liegen, bei denen nur mitunter die Einzelehromosomen sich streckenweise voneinander trennen kSnnen. Der eigentliche Konjugationsvorgang muB dann schon friiher, wohl im Zeitpu~kte des Abwickelns aus der Scholle, stattgefunden haben. Etwas weiter wird uns unten der Vergleieh mit der Spermatogenese bringen.

Uber die Dauer dieses Kernstadiums lassen sich keine Angaben maehen. Es wird dadurch beendet, dab wieder eine Kontralction der Fiideu eintritt, die abermals zu drei lockeren Knaueln fiihrt (Abb. 11 i). Diese k6nnen sich dann wieder noch welter zu den Schollen umbilden (Abb. 11 k), doch scheint dies nur ffir die zuerst mit den Wachstumsver- i~nderungen fertigen Kerne zu gelten, wg.hrend die Kerne, die das Faden- stadium zuletzt durchlaufen, naeh nicht sehr weir geffihrter Kontraktion der Au/lockerung anheimfallen. Aus den Schollen entstehen loekere Aggregate, die oft die aus den Oogonienprophasen bekannte Hantelform

Page 20: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 157

zeigen (Abb. 11 1). Bei dem dann rasch erfolgenden Kernwachstum ver- lieren sie sich immer mehr (Abb. l l m), bis sie schliel~Hch nicht mehr nachzuweisen sind.

Eir~gegangen werden muB noch auf das Verhalten des Nukleolenaggre. gates (Amphinukleolus). Mit ~ortschreitender Ausbildung des Faden- geflechts nimmt es immer mehr an GrSl~e zu (Abb. 11 c--h). Man kann dann Chromosomenanteil und Plasmosomanteil nicht mehr getrennt er-

,.:"~.':":S:~-~ ,<. /~'~ ./.~-, ,,. ~). \ //'~: "~":" .~.. :... \ ,~'~-,/..:-:~.. %..t,, .:,~_~,~.:.~ ~ (""

~',~:~ '~..~,"~ ~ : ,~. '" 'i.'::,,,' \ ~,.. -~.. .: . . . ~ ~

\ ~ J 6 " a b c d

i tji ~ " ~ ~ ~ / ~ ~z~,~, -~,~x ~,, ,,

f g h

............. -- .............. /-:".~!i:"i-;~.3-.,.,

�9 \~'I~-a.~..~...... " ' " '~ ~ " ~ ..... ~ ' ..'.~!~.~I: ~ ,I.. ':~.:':/ --,..-~: ......... ,,,:. ,~ ...... /. , .~..v ...... ,

.......... ~:-':: ........... ",~." " --/i ~S -''~ .......... i k 1 m

Abl). 11. Oocyten, erste Wachstumsperiode. a Geriistkern, b t*bergangsstadium zu c Schollenkern, d Ents tehung und e Abwicklung der Chromosomenkn~iuel, f--h pachyt~nartige Stadien~ in h riesige Bl~hung des Chromatinnukleolus, i l~iickbildung des Spirems~ tc Schollenstadium, l beginnende,

m vorgeschrittene Auflockerung der Schollen.

kennen. In l~r~paraten, die nach M A ~ ~ gef~rbt sind, nimmt der ganze KSrper zu dieser Zeit eine violette Farbe an, w~hrend vorher beide Kom- ponenten sich einzeln rot bzw. blau f~rbten. Ebenso wird der Amphi- nukleolus nach der F~.cLa~.Nschen Behandlung rot, w~hrend vorher der Plasmosomanteil ungef~rbt bleibt. Bis zu welchem AusmaB die Volumen- zunahme des Nukleolenaggregats ffihren kann, zeigt Abb. l l h. Im Innern zeigt der Nukleolus, der ein glasig durchsichtiges Aussehen h~t, eine groBe HShle oder mehrere Hohlr~ume und die dunkelgef~rbten An- teile sind zu einer diinnen l~andschicht geworden. Nach Riickgang des :Fadenstadiums nimmt auch die GrSBe des Nukleolus wieder ab, bis

Page 21: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

158 It. Bauer: Die Chromosomen

schlieBlich seine beiden Komponenten, Chromatinnukleolus und Plasmo- som, wieder gesondert sind (Abb. 11 m).

Die weiteren Ver~nderungen w~hrend der zweiten Wachstumsperiode kSnnen hier unberficksichtigt bleiben, da sich fiber das Schicksal der Chromosomen in diesem Al~schnitt nichts aussagen l~l~t.

Die Untersuchung der Reifeteilungen im Ei ist aus technischen Griin- den noch nicht gegliickt. Bei der Verarbeitung dernur nach Dekapitation yon dem begatteten Weibchen rasch abgelegten Eier zeigte es sich, dal~ wahrscheinlich (wohl infolge der imVergleich mit der natfirlichenAblage viel zu grol~en Geschwindigkeit dieses Vorganges) eine Befruchtung unter- blieben war.

II. Die Chromosomen in der Spermatogenese .

1. Die Spermatogonien.

a) Die ffiihen Teilungen.

Eine Unterscheidung yon prim~ren und sekund~ren Spermatogonien ist wegen der fehlenden Lagebeziehungen im Hoden und wegen der nur sehr wenig deutlichen Ausbildung der Cystenabgrenzung nicht mSglich. Man kann nur allgemein yon den kleinen peripher gelegenen Spermato- gonien die gro~kernigen mehr in der Mitre der Gonade sich anfindenden abgrenzen, die eine durchschnittliche GrSl~e yon 15--17 ~u haben.

Da sich in den Einzelheiten viele Ubereinstimmungen mit der Ooge- nese zeigen werden, sollen im folgenden, um Wiederholungen zu ver- meiden, nut die unterschiedlichen Tatsachen eingehend dargestellt werden.

Das charakteristische Ruhestadium der Kerne weist auch hier die An- ordnung des Kerninhaltes in Schollen auf. Im Gegensatz zu den Oogonien ist die Zahl dieser abgesonderten Bezirke nicht eindeutig festgelegt. Einerseits kann man in ganz jungen Hoden auch in den zentral gelegenen, also gltesten Zellen schon die ttaploidzahl 3 beobachten; andererseits linden sich in Hoden, in denen schon die Spermatocytenentwicklung weir vorgeschritten ist, in vielen Zellen sechs dieser Schollen. Das Verhalten des einzelnen l~odens ist nicht einheitlich, man kann beide Formen der Anordnung, dazu auch Ubergangsstadien mit vier bis fiinf Schollen nebeneinander sehen. Daraus kann s, uf eine beginnende, sich aber noch nicht gleichmdflig auswirkende Paarungstendenz geschlossen werden.

Die Kernschollen aus Zellen, in denen sie schon die Dreizahl zeigen, bilden zun~chst lockere, unregelmgl~ig l~ngliche Aggregate (Abb. 12 a). Zwischen ihnen und auch der Kernmembran spannen sich feine Verbin- dungsf~den aus. Au~erdem enth~lt der Kern bei Hoden mit aeht Chro- mosomen, und denen gilt diese Darstellung zungchst, ein bis zwei Chro- matinnulcleolen, genau wie die Oogonienkerne.

Die ersten prophasi~chen Um/ormungen sehe ich, entsprechend den

Page 22: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogen6se. 159

Vorg/~ngen in den Oogonien, in der Entstehung bestimmter Formen der Schollen. In den Kernen mit sechs Schollen wird dieselbe Hantelform gebildet, wie wir sie yon den Oogonienchromosomen kermen (Abb. 12 c).

\ , , ~ . ) ~ , ~ /,

d

�9 ....

f

~: : ,~ .~- ~ ~ ~-~,

Y 7 ~ 4 - . 4# ~ /

b

. , , , '

,-~""'""" :...%.. z./j '".-~--,... ,.�9

i

- '--. j " : /

g h

i :~:,, ~,~,.~.. ,=-~! ;i~:.~;::, .i~ :~ ~ ~ , :: ,:::;, !

i lc l m Abb. 12. Spermatogonien, frtihe Tei lungen, 8er Zellem a Schollenkern, Schollea in Haploidanzahl, b friiheste Prophase, Doppelhanteln, c dasselbe, Schollea in Diploidanzahl, d etwas sp~,tere Pro- phase, einfache und Doppelhanteln, e mittlere l~rophase mit gle ichen E l e m e n t e n , d, e Kerne ~uf zwei Schnitten, f sprite t ' rophase, Chromosomen teilweise noch mit endweiser B i n d u n g , g .~qua- torialplatte, h Iriihe Anaphase, i sp~to An~phase, k Telophase, 1 Gerilstkern mit einem, ~ mit

zwei Chromatlnnukleoli.

Auch die weiteren Ver~nderungen werden wie in diesen durchlaufen. Variablere Bilder liefern die Kerne mit geringerer Schollenzahl. Es ent- stehen ,,Doppelhanteln", Bildungen aus vier kugeligen Elementen, yon denen je zwei den beiden einer einfachen Kernscholle entsprechen Ihre

Page 23: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

160 H. Bauer: Die Chromosomen

Anordnung untereinander ist ~dederum recht abwechslungsreich. Mei- stens bilden sie Vierecke (Abb. 12 b, eine Scholle ist angeschlfitten, Abb. 12 d). Daneben kommen kurze Ket ten vor, bei denen die Mittel- glieder enger zusammengelagert sein k6nnen (Abb. 12 d, unten links), sehlieglich in seltenen Fgllen T-Formen oder tetraedrische Anordnungen.

Wie in den Oogonien geht dann eine zunehmende Verstarkung der Fgrbbarkeit vor sich, wobei zuerst kurze chromatische Strange auftreten (Abb. 12 c, d), die sich dann zu einem stark aufgeknauelten Faden zu- sammenschliegen. Diese drangen bei zunehmender Entfaltung tiber den Rahmen der Schollen hinaus und bilden mehr oder weniger umeinander- gewickelte Doppelf~den. Zwei der hhufigeren Bilder aus der mittleren Prophase zeigt Abb. 13, yon denen das eine aus der Viereck-, das andere aus der Kettenanordnung hervorgegangen ist. Sofern die Schollen nicht yon vornherein getrennt waren, ]5st sich jetzt die Paarung der aus den Doppelsehollen entstandenen Kn~uel. Abb. ]2 e zeigt im ]inken Teile

Abb. 13. Spermatogonten, Doppel~ chromosomen aus der mittleren Prophase, Vergr. etwa 2800X. a mit Vereiaigung beider Enden,

b nut an einem Ende.

auger den beiden kleinen Chromosomen, von denen eines in diesent Falle eine betrgehtliche Lhnge hat, zwei Einzelchromosomen, die eben- so wie die zwei der reehten Bildhg.lfte wohl einzeln gelegen haben, w~hrend das Doppel- chromosom (rechte Bildhalfte), das aus einem Viereck hervorgegangen zu sein scheint, nur noeh eine Verbindung zwischen den beiden Einz.elchromosomen besitzt. Je mehr sich der Kern dem Ende der Prophase n~hert, desto

glatter werden die Chromosomen und desto mehr weichen die ehe- maligen Paarlinge auseinander. Kurz vor der Einordnung in die Xqua- torialplatte k6nnen sie noch durch eine endweise Bindung zusammen- hangen (Abb. 12 ], besonders reehts), w~ihrend sie in der Metaphase (Abb. 12 g) dann gesondert voneinander liegen. Jetzt kann man auch in geeigneten Zellen die fiir die Oogonien aufgestellten Chromosomen- typen erkennen. Es sind wieder die sechs groi~en und die beiden klei- nen. Die GrSBenuntersehiede besonders zwisehen den Paaren 1I und l I I sind hSufig verwischt. Kennzeiehnend bleibt dann die Lage des Spindelansatzes. Die kleinen Chromosomen k6nnen gleich lang sein; meist ist eines in verschieden starkem Mage verkfirzt.

Ober den Ablau[ der Teilung ist nichts neues zu beriehten. Anaphase und Telophase gleicben ganz denen der Oogonien (Abb. 12 h, i, k). In der Form des Geriistkernes wird das Wachstum durehgemaeht (Abb. 12 l, m). Aus diesem entsteht wieder der Schollenkern. Die Ubergangsbilder sind nicht recht klar, in giinstigen Fallen kann man aber auch das Auftreten und die Konzentration yon lg, ngsverlaufenden Strgngen sehen.

Das Verhalten der/sleinen Chromosomen unterscheidet sich von dem

Page 24: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula pahldosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 161

in den Oogonien dutch die allgemein festzustellende Neigung zu frfiher Kondensation. Abb. 12 l, m zeigen, dal3 schon auf dem Gerfistkernsta- dium die Abkugelung eingetreten ist. Das Vorhandensein yon fadeu- f5rmigen Chromosomen habe ich nicht einw~ndffei beobachten kSnnen. Mit dieser Tendenz h~ngt auch wohl die Erscheinung zusammen, dal3 man h~ufiger einen statt zwei Chromatinnukleoli antrifft. Die Ent- stehung der kleinen Chromosomen aus ihnen weist die gIeichen Zfige auf wie in den Oogonien.

Die h6heren Chromosomenzahlen 9--12 konntenebenfalls aufgefunden werden. ~quatorialplatten der verschiedenen Best~nde zeigt die Abb. 14, die sich zum Teil schon auf die sp~teren T~ilungen bezieht. In den Inter- phasekernen macht sich die N'eigung zur Verschmelzung der k]einen Chromosomen stark bemerkbar. Nur selten finden sie sich alle gesondert, meist zu mehreren oder zu einem groBen Chromatinnukleolus vereinigt.

c~ b c d Abb. 14. Spermatogonien , Xquator ia lp la t ten . a 9, b 10, c 11, d 12 Chromosomen.

b) Die sp~teren Teilungen. In den mittleren und spKten Teilungen der Spermatogonien wird das

Chromosomenverhalten vereinheitlicht. Aus dem Gerfist des friihen Interphasekernes (Abb. 15 a) entstehen jetzt immer nut drei Schollen (Abb. 15 b). Ebenso sind nur in Ausnahmef~tllen mehrere Chromatin- nukleolen zu sehen. Die in den Schollen sich bildenden Chromosomen- paare stellen immer kompakte Kn~tuel dar (Abb. 15 c), an denen aul3er der Zweiteiligkeit wenig Einzelheiten zu erkennen sind. Die Abwicklung erfolgt wie bei den Doppelschollen der frfihen Teilungen. Nur bleiben die Paarlinge w~hrend der Verkiirzung mit beiden Enden verbunden. Die erst noch ungenau in ihrem Verlauf erkennbaren FKden (Abb. 15 d) lassen sich spKter deutlich als Paare yon gewundenen Chromosomen erkennen (Abb. 15 e, aus einer l l e r Zelle). Am AbschluB der Prophase liegen sie fast vSllig gestreckt paarig im Kernraum (Abb. 15 ]) und werden in dieser Form in die J~quatorialplatte befSrdert (Abb. 15 g).

Die kleinen Chromosomen unterscheiden sich yon den groi3en durch das Fehlen jeder Paarung. Nach ihrer LSsung aus dem N'ukleolenverband findet man sie durch den ganzen Kernraum verstreut. Dies zeigt sich besonders in den Spermatogonien mit iiberz~hligen Chromosomen (Abb. 15 e), bei denen sie auch in der ~r sich vSllig regellos ver- teilt anfinden (Abb. 14).

Z. f. Zel l forschung u. mikr . Ana tomie Bd. 14. 11

Page 25: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

162 I-I. Bauer: Die Chromosomen

W~ihrend der letzten Teilungen macht sich eine starke Gr56enver- minderung der Spermatogonien bemerkbar; sie haben nur noeh einen Durchmesser von 5--7 ju. Diese betrifft in erster Linie neben dem Zell- das Kernvolumen. Dagegen verringert sieh die Chromosomenmasse lang- samer. Dies fiihrt dazu, dab die Kerne dichter erfiillt sind und dab die Prophasechromosomen zu voller Streckung oft nieht genug Raum finden. Daher machen die Paare in der Metaphase dann noch einen etwas krausen Eindruck. Die frfihen Interphasekerne besitzen zuletzt auch nicht mehr das feine Gerfistwerk, sondern eine gr5bere, balkenartige Verteilung des Inhaltes.

.... ~?.-iiiiiii~i~?~. ..... , , f V " : ....... - . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . '

a b c d

o f ,y Abb. 15. Spermatogonien, sp~te Teilungen, 8er Zellen (e 1let Zelle). a Geriistkern, b Schollen- kern, c friihest% d friih% e mittlere, f sprite Prophase~ bei d und f die verdeckten Chromosomen

getrennt dargestellt, g ~.quatorialplatte.

2. Die Wachstumsperiode der Spermatocyten.

Nach der Telophase der letzten Spermatogonienteilung bildet sich zu- n~chst, wie auch nach den vorherigen Teflungen, der friihe ]nterphase- kern aus mit seinem etwas unregelm~Bigen, lockeren Kerngerfist. Dieses Stadium wird bald danach abgelSst yon dem Schollenkernstadium. Der ziemlich kleine Kern enth~lt dann drei Kernschollen, sowie den mit einem Plasmosom vereinigten Chromatinnukleolus (Abb. 16a).

Es entstehen nun wie in den Prophasen der Spermatogonien Faden- kndule in den Schollen, an denen dabei eine GrSBenzunahme festgestellt werden kann (Abb. 16 b). Diese wickeln sich dana allm/~hlich ab, Erst ziehen wenige Stri~nge dutch den Kernraum (Abb. 16 e), wobei sie oft in Kontakt mit dem Amphinukleolus geraten. Kerne auf diesem Stadium zeigen manchmal einen deutlich parallelen Verlau] der sich aus den Schol- len abwickelnden Fdden (Abb. 16 e). Dann wird der Kern mehr und mehr

Page 26: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 163

yon den feinen im Bogen verlaufenden F~den angeffillt (Abb. 16d), wobei aber noch freie R~ume fibrig bleiben, bis endlich der ganze Kern yon den lockeren Chromosomen durchzogen wird (Abb. 16 e). Man finder ira Verlaufe dieser F~den ab und zu Strecken, an denen Chromosomen paarig nebeneinander ziehen (Ab b. 16 e), doch bleiben diese Abschnitte kurz, und am Ende trennen sich die F~den und biegen nach verschiedenen Seiten ab. Die bisher nur m~Big stark fiirbbaren Chromosomen gl~tten

:..,.:+~:--,..,~,, , ...,.-" :~:..,\_~, ........ ~ ...... ,, ..... ~~ .... ::: ......... "

.... �9 . ~ = :~;',, ~" ~" ~ .

............. . . . . . . . . . . �9 . . . . . '",. ' ~ ' i ...... ~k ~;'~ ' ~ ' - - ' _ 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

a b c d e

....... )~.~,;.,. .... ..,~.-. " ~ y

f g h i

Abb. 16. Spermatocytea~ Waehstumsstadien. a, b Schollenkerne, c - e Ausspinnen der Chromosomen, f junger, g ~ilterer Kern im pachytlinart|gen Stadium, h - /c Verkiirzung der Chromosomen, 1 - m Ausbildung der Tetraden. a, c - g nach Schnitt-~ b, h - - n nach Ausstrichpr,~iparaten, e - -h Dar-

stellung nur emer optischen Ebene.

sich dann aus und nehmen die Farbe besser an (Abb. 16 ]). Wir haben jetzt das gleiche Stadium wie in den Oocyten vor uns. Wie auch in diesen ist eine Ausz~hlung der F~den wegen der Verklebung mit dem Amphi- nukleolus unmSglich. Betrachtet man aber die einzelnen Chromosomen- fitden eingehend, so gewinnt man den Eindruck, dab Doppelelemente vor- liegen. Ihr optischer Querschnitt erscheint bandfSrmig und in ihrem Ver. lauf tauchen hin und wieder mediane Liicken auf. Der Kern entspricht jetzt also einem Pachy- oder Diplotdnkern. Die Paarung der Chromo- somen ist an einem vorhergehenden Zeitpunkte, wahrscheinlich gleich nach der Abwicklung aus der Scholle, vollzogen.

11"

Page 27: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

164 H. Bauer: Die Chromosomen

Die Spermatocyten wachsen heran, wobei an der Innenstruktur der Kerne nichts sich ver~ndert. Sie erscheint nur etwas lockerer, stets ist der ganze Kernraum yon den Chromosomen ausgefiillt (Abb. 16 g). An diesen l~Bt sich die Zweitefligkeit jetzt klarer erkennen. Die Einzelfii- den scheinen umeinander gewunden; korrespondierende Chromomeren lassen sich beobachten, wenn aueh alles nicht an die Deutlichkeit der Wachstumsstadien z. B. bei den Orthopteren heranreicht. Der Amphi- nukleolus hat keine Ver~nderungen durchgemacht, besonders fehlt die charakteristische Aufbl~hung, die er in den Oocyten erleidet. Wenn seine GrSBe in den Abbildungen verschieden ist, so beruht dies nur darauf, daB die Bflder aus Zellen mit verschiedenem Chromosomenbestand genommen sind und darin natiirlich die Masse des Chromatinnukleolus verschieden groB ist. Wie die Verbindung zwischen den Chromosomen und dem Nu- kleolus ist, l~Bt sich nieht angeben, doch ist eine Polarisation gegen ihn nicht anzunehmen, da mitunter die F~iden ein Stiick auf ihm verlaufen,

Abb. 17. Spermatocyte. Geschrumpfter Pachytiinkern aus

einem Schnittpr~parat. .Synapslskn~uel".

um dann wieder in den Kernraum iiberzu- treten.

Vorget~uscht wird eine polare Orientierung der Chromosomen aber in typischen ,,Synapsis"bildern (Abb. 17). Von einer freien Kernsaftzone umgeben, liegt im Kern ein massiger Chromosomenkn~uel, an dessen Rand der Amphinukleolus sich anfindet. Von diesem scheinen die Chromosomenf~den ihren Ursprung zu nehmen. Diese Bilder sind jedoch nur auf Schnitten, bier aber gleieh regelm~Big, und an den dickeren Stellen der Ausstrichpr~parate zu fin-

den, wahrend man sie im diinneren Ausstrich niemals sieht. Dies beweist zur Geniige, dab wires mit Artefakten zu tun haben, wie es an einem anderen Objekt (Stenobothrus) yon B~LAf~ (1930) eindeutig bewiesen ist. Es sind sonst die gleiehen Stadien wie das vorhergehende (Abb. 16 g).

Bis zum AbschluB des Zellwachstums zeigen sieh auBer der GrSBen- zunahme keine Ver~nderungen der Kernstruktur. Der Kern ist dicht erffillt mit lockeren gepaarten Chromosomen.

3. Die Ausbildung der Tetraden.

Die ersten Anzeichen der zu den kompakten Tetradenchromosomen ffihrenden Kondensation machen sich in einer Lichtung des Fadenkn~uels bemerkbar (Abb. 16 h). Diese setzt allm~hlich ein und ist nicht etwa auf eine L~ngspaarung der Chromosomen wie beim Ubergang vom Leptot~n zum Pachyt~tn zuriickzuffihren, sondern ist durch ein schrittweises Kfirzer- und Dickerwerden der Chromosomen bedingt, wobei der frfiher nicht sehr auff~llige L~ngsspalt deutlicher wird. Mit fortsehreitender Ver- kiirzung 15sen sich auch die Verbindungen mit dem Amphinukleolus, die Chromosomen liegen dann in Form dreier paariger F~den frei im Kern- raum (Abb. 16 i). An ihnen sieht man mitunter korrespondierende Chro-

Page 28: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 165

momerenpaare. In einzelnen Teilcn weichen die Einzelf~den, die sonst eng zusammen und vielfach umeinander gedreht liegen, weiter ausein- ander. Diese Bilder sind dem Strepsitiin gleichzusetzen. FAn sp~teres Stadium zeigt Abb. 16 k. Hier kann man an den noch kiirzer gewordenen Chromosomenpaaren den erweite.rten Trennungsspalt auf gr61]ere Strek- ken hin verfolgen. In Abb. 16 1 sind die Partner bis auf wenige ~ber- kreuzungsstellen voneinander getrennt. Der Zwischenraum ist betracht- lich erweitert worden. An einzelnen Chromosomen, besonders an dem in der Abbildung oben gelegenen Paar kann man feststellen, dab in den Partnern der Teilungsspalt aufgetreten ist. Noch welter ausgebildet sind die Tetraden der Abb. 16 m. Sie sind durch morphologische Besonder- heiten jetzt klar voneinander zu unterscheiden. Tetrade I besteht aus zwei sich jederseits subterminal iiberkreuzenden ChromosomenbSgen. Die dadurch entstandenen vier freien Enden sind nur kurz. Der L~ings- spalt ist klar zu erkennen. Tetrade I I ahnelt der ersten, doch besitzt sie nur an einer Seite eine subterminale 1Jberkreuzung, wghrend die beiden anderen Enden verschmolzen sind. Tetrade I I I hat wieder vier freie Endigungen, doch sind die mittleren Absehnitte eng zusammengelagert, so dal~ im Gegensatz zu den beiden anderen Tetraden die ~ittelliicke fort- fgllt. Sie macht den Eindruck eines dicken vierzipfeligen Knotens. Mit zunehmender Verdickung gehen diese Unterschiede mehr und mehr ver- loren. Abb. 16 n zeigt ein letztes Stadium vor Abschlu~ der Formver- anderungen. Tetrade I I I ist gut zu erkennen, eine andere ringf6rmige ist wahrscheinlich Nr. 1, deren Enden eingezogen worden sind; Tetrade I I h~itte d~nn ihre Form behalten, doch kSnnten die beiden letzten auch um- gekehrt aufgefal~t werden, indem bei beiden eine LTberkreuzung ein- gezogen ware, dann ware aus 1I die lgingform, aus I die Form mit ein- seitiger Uberkreuzung entstanden. Auch in der drit ten Tetrade kann schliel~lich der mittlere Zwischenraum noch ausgebildet werden, so dal~ alle drei mehr oder weniger ring/drmig sind (Abb. 20 a). In diesen letzten Ver~inderungen kommen geringe Differenzen zwischen verschiedenen Zellen vor.

Die Umbildung des ChromatinnukleoIus beginnt ungef~ihr gleichzeitig mit der Verktirzung der Tetraden. Zunachst erfolgt die Trennung vom Plasmosom, welches entweder aufgel6st wird oder sich in kugeligen Resten noch langer selbstandig erhalten kann (Abb. 16 n, zwei K6rper). Die Umbildung des Chromosomenanteils entspricht genau den Vorgangen in den gonialen Teilungen. Aus der unregelm~il3ig begrenzten Chromatin- masse entstchen dutch einfache Streckung die kleinen Chromosomen. Irgendwelche Andeutungen einer Paarung bestehen nicht. Die beiden Chro- mosomen der 8er Tiere (Abb. 16 h, l, n) liegen zwar dicht beieinander, doch ist dies nur auf raumlich gemeinsame Entstehung zur/ickzufiihren. Sie k6nnen ~ueh nach verschiedenen Seiten auswachsen (Abb. 16 It).

Page 29: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

166 H. Bauer: Die Chromosomen

Die En t s t ehung der kleinen Chromosomen in den Zellen mit erh6hter Zahl weist gegeniiber den 8er Zellen keine Unterschiede auf. Nach vSlliger T rennung liegen s ta t t zwei yon ihnen drei bis sechs in einer ungeordneten Gruppe vereinigt (Abb. 18). Sie kSnnen so bis zum Einr i icken in die Spindel der ersten Reifeteilung verharren, meistens aber f indet schon vorher eine Trennung s ta t t (Abb. 16 m) Auch dabei ist hie eine Regel-

.... .1.- ........ ~.\

/ / 1 ~ A"i

a b c d Abb. 18. Spermatocyten. Diakinesestadien aus Zellen mita 9~ b 10, c 11~ d 12 Chromosomen,

Ausstrichpr~tparate.

m~Bigkeit nachzuweisen, alle mSglichen Gruppierungen sind zu l inden, so k5nnen in 12er Zellen vor vSlliger T rennung die kleinen Chromosomen zu fiinf vereinigt sein gegenfiber einem freien, zu vier gegeniiber zwei freien oder einer 2er Gruppe, zu zwei 3er Gruppen usw. Die verschiedenen N[Sglichkeiten sind in demselben Hoden verwirklicht, so dai~ auch daraus ihre Zuf~lligkeit hervorgeht.

Wie sehon in den 0o- und Spermatogonien linden sich aueh w~thrend der Dialdnese abnorm ausgebildete Zellen, yon denen man eine Art ziemlich regel-

( t . a , �9 ',,\ ! ea,e ~ ' '\.

a b Abb. 19. Spermatocyten. Abweichende Diakinesen. Anstatt der drei Tetraden sechs Doppelst~bchen

ausgebildet, husstrichpraparate.

magig, wenn auch stets nur in ge- ringer Zahl, zu Gesicht bekommt. In diesen enthiilt der Kern neben den kleinen Chromosomen nicht die drei Tetraden, sondern an ihrer SteIle sechs Sti~bchenpaare (Ab- bild. 19). Es handelt sich hier um diploide Zcllen. Denn die aueh vor- kommenden tetraploiden sind durch ihr vergr6Bertes Kernvolumen kenntlich und enthalten sechs typi-

sche Tetraden. AuBerdem sind in diesen abweichenden Zellen hie mehr als sechs kleine Chromosomen (Abb. 19 a) vorhanden. Wahrscheinlich ist in diesen F~llen die Chromosomenpaarung unterblieben, so dab einzelne Chromosomen, die schon den L~ngsspalt aufweisen, vorliegen. Eine Entstehung dutch Tetradenbruch ist nicht anzunehmen, da dieser nicht bei allen gleichzeitig auftreten wiirde, und so auch Zellen mit Tetraden und St~bchenpaaren vorkommeu wiirden, die ich aber nie gesehen habe.

4. Die Rei/eteilungen. a) Spermatocyten mit normalem Chromosomenbestand.

•ach dem Abschlui~ der Te t radenausbi ldung (Abb. 20 a) setzt die Metaphase der ersten Rei/eteilung ein mit der AuflSsung der Kernbegren-

Page 30: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

y o n T i p u l a p a l u d o s a Meig. in E i b i l d u n g u n d S p e r m a ~ o g e n e s e .

. 2 " " . ..". : . . .

' " , . . . . .......... .. , , " ' c::'"

a b

, : ' ~ / . . z : . ~ ~ . .

l ig i 4 : : iii:il ii ::'~i':i ii . . . ~ : ~ . , ' .

1 6 7

�9 " : " . ' . . . . ' - ' . . . . .

- " . . " . .

." . . " . ' . . .

c d ' : " �9 . . .

Q

:/ i

. . "

�9 . ~ .'.:. e "~' ' - :..i -';" : ' -""

f g h

L _

l r . "" / '" ..." ! ~ " ' \

�9 . . : . " ~. �9 . . .." i '. .. .' ! f , - /

�9 ( : : ,~"/:-~:~, ........... -..., " ......... .- ,:is i ~:~i,i: .i::::3 ~i �9 .! /.. /-! ,.. :

',qJ i ! i /c l

Abb. 20. Spermatocyten, I. Reifeteilung, 8er Zellen. a Prophase, b Eindringen der Spindelfasern in den Kernraum, c Metaphase, d-g Anaphase der groBen Chromosomen, h--/c beginnende Telo- phase der groBen und Polwanderung der kleinen Chromosomen, l Nacl~hinken eines kleinen Chro-

mosoms, m Zellteilung. Auastrichpr~parate.

Page 31: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

168 H. Bauer: Die Chromosomen

zung (Abb. 20 b). Die Chromosomen liegen zuerst noch in einer klaren Plasmazone, in die dann yon den beiden Polen die Spindelfasern ein- dringen. Einzelne Tetraden treten schon frfih zu ihnen in Beziehungen, so die mittlere der Abb. 20 b, an der nach beiden Polen zulaufende, wenn auch noch nicht ausgerichtete Fortshtze zu sehen sind. Nach vollendeter Ausbildung der S13indel haben sich alle Chromosomen mit der Tei]ungs- ebene senkrecht zu ihr eingestellt (Abb. 20 c). Eine ausgepr/~gte Xqua- torialplatte wird meistens nicht erreicht, vielmehr liegen die Tetraden ziemlich ungeordnet in dem mittleren Spindelbereich umher. Die kleinen Chromosomen sind in ihrer Lagerung noch weniger festgelegt, sie linden sich h/~ufig auch in den Polteilen.

Mit der r Anaphasebewegung lassen die sich teilenden Te- traden typische Verschiedenheiten erkennen, die sich in vielen Kernen regelm/il~ig vorfinden und eine Identifizierung der einzelnen Gemini zu- lassen. Bei einer ringfSrmigen (Abb. 20 c, die untere) reiBt beim Ausein- anderziehen zuerst eine Seite, so dab ein Doppelh~kchen entsteht. An einer der beiden anderen kann man eine mittlere Liicke sehen, w/ihrend die letzte ganz massig aussieht. Es entsprechen ihnen in dieser Reihen- folge also die Diakinesetetraden 1I, I u n d III. Beide letzten werden ur der Zugwirkung zu langen Doppelschleifen mit eng zusammen- gelegten Armen umgeformt. Die Dehnung der mittleren Chromosomen- teile ist oft erheblich. Naeh der Trennung schnurren die Sehenkel wieder zusammen. Schonjetzt is tder (Teilungs-?)Spaltandenpolw~irts wandern- den Dyaden ausgepr/igt. Die V-fSrmigen Spalth~ilften liegen parallel nebeneinander (Abb. 20 e). Auf dem Stadium der mittleren Anaphase gleichen sich die Unregelm/i$igkeiten der Lagerung aus, die Tetraden- ll/~lften ]iegen dann in einer Ebene (Abb. 20/). W/~hrend des weiteren Polmarsches trennen sich die Spalth/ilften mehr voneinander, doeh bleibt die ZusammengehSrigkeit noch deutlich. Je n/~her die Chromosomen den Polen kommen, um so dichter werden sie zusammengedr/ingt (Abb. 20 g, h). Zuletzt verklumpen sit zu einer einheitliehen Masse, an der man keine Einzelchromosomen mehr sieht (Abb. 20 i--m).

W/ihrend der Anaphasebewegung der groBen bleiben die kleinen Chro- mosomen in der Spindelmitte ruhig liegen. Unterschiede in GrSi~e und Spindela nsatzstelle sind vorhanden aber nicht sehr ausgepr~gt (Abb. 20]). Meist werden sie durch die Lagerung vorget/iuscht, indem man einmal gegen die Kante, einmal gegen die Breitseite sieht. Obwohl sie einen L/ingsspalt besitzen, und man an beiden Seiten Spindelfasern ansetzen sieht, wird doch eine Teilung nicht durchge]i~hrt. Erst nachdem die grol~en Chromosomen an den Polen angelangt sind, setzen sich die kleinen auch in Bewegung, und zwar nach verschiedenen Seiten (Abb. 20 i). Eine wenn auch noch so kurze Paarung zwischen ihnen kommt nicht vor. Ihre Wanderung geht" nicht sehr rasch vor sich, und im Moment der Zelldurch-

Page 32: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa Meig. in Eibildung u nd Spermatogenese. 169

schniirung haben sie oft die anderen Chromosomen noch nicht erreicht (Abb. 20 k--m). Da deren LSsung yon der Spindel und die ZerstSrung der polwarts gelegenen Spindelteile durchgefiihrt ist, ist damit auch die Wanderung der kleinen Chromosomen gestoppt; sie machen dann die weiteren Umwandlungen fiir sich liegend durch. Mitunter hinkt eines von ihnen soweit nach, da~ es bei der Zellteilung noch nahe der Spin@l- mitre anzufinden ist. Es wird dann zu einem chromatischen Strang de- formiert (Abb. 20 1). Dies kann nur auf seitlichen Druck der ,,Fasern"

a b c

.�9149 �9149 �9 . : . . : . ' . . . : . . �9 . ; ..

: .-/"

d

: : : . .:

. . : . .: ! : . : .=

iil !//

e g h

/

i

( :,, + ..... i : /

/ b b . 21 . S p e r m a t o c y t e n , 8 e r Z e l l e n . a--d I n t e r k i n e s e , e - i I I . R e i f e t e i l u n g , ]~'--o A u s b i l d u n g d e s S p e r m a t i d e n k e r n s . A u s s t r i c h p r S , p a r a t e .

des Spindelmittelstfickes zuriickgefiihrt werden, da eine dies Bild sonst noeh erkl~rende Zug~irkung schon aufgehSrt hat. Als Abschlul~ der ersten Reifeteitung findet man die Tochterzellen nur noch durch einen Plasmastrang verbunden (Abb. 20 m), in beiden einen dichten Chromo- somenklumpen, wobei oft in nur einer Zelle ein freiliegendes kleines Chro- mosom sieh finder, w~ihrend es in der anderen den Anschlu~ an die iibrigen erreicht hat, F~ille, in denen in jeder Zelle eins freiliegt oder in keiner, kommen auch vor.

Als erster Schritt der Umbildung des Chromosomenklumpens in den Interphasekern erfolgt die Abscheidung einer Vakuole um ihn (Abb. 21a). Das Chromatin liegt in ihr kappenf6rmig einer Seite an. Es breitet sieh

Page 33: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

170 H. Bauer: Die Chromosomen

dann fiber den ganzen Raum aus, wobei aber die Auflockerung nicht sehr weir geht und anstelle des groben Gerfistes (Abb. 21 b) sich die Chromo- somen in Form der bekannten Interphasekreuze und -stdbchenpaare bald wieder erkennen lassen (Abb. 21 c), die sich unter Verdichtung (Abb. 21d) fiir die zweite Reifeteilung vorbereiten. Die Ver~nderungen der kleinen Chromosomen, die nicht mit den iibrigen vereinigt worden sind, sind mit den gesehilderten gleichsinnig. Es folgen Vakuolenbildung, Auflockerung und Ausbildung der Prophaseform der zweiten Teilung (Abb. 21 a--c). Es ist also einerlei, wo die kleinen Chromosomen liegen. Die Umwand- lungen verlaufen stets gleichartig (vgl. Abb. 21 c mit d).

~ber die zweite Rei]eteilung ist wenig zu sagen. Nach Einordnung in die ~quatorialplatte (Abb. 21 e), wobei die schon vorher gesonderten Dyadenh~lften nach verschiedenen Polen zu liegen, erfolgt die Trennung (Abb. 21 ]). Die H~lften der grol3en Chromosomen bleiben noch einige Zeit endweise verbunden. Nach v611iger Teilung wandern die Chromo- somen gleichm~I3ig zu den Polen (Abb. 21 g, h). t t ier tr i t t dann die Bal- lung zum Telophaseklumpen ein (Abb. 21 i).

Kurz eingegangen sei noch auf die Bildung des Spermatidenkernes. Nach Entstehung einer Vakuole um den Chromosomenballen (Abb. 21k), wobei unter Auflockerung in diesem Falle die Chromosomen noch einmal deutlich hervortreten, breitet sich ihre Substanz zun~chst einseitig aus. In dem freien Raume erscheint zuerst als sehr feines K6rnchen der Nu- kleolus (Abb. 21 L). Die Kernvakuole wird bald ganz erfiillt (Abb. 21 m), und die vorher dicken Chromatinstr~nge lockern sich zu einem feinen Gerfist auf (Abb. 21 n), in dem ein herangewachsener Nukleolus mit einem ihm angehefteten dunklen Korn suspendiert ist. In diesem haben wir nach allem vorangegangenen das kleine Chromosom zu sehen. Die weiteren Ver~nderungen ffihren zu einer Homogenisierung des Kernes (Abb. 21 o), an dem auBer der farblosen inneren Substanz nur in der Randzone dunklere Brocken zu finden sind. Spiiter werden auch sie auf- gelSst.

b) Spermatocyten mit fiberz~hligen Chromosomen.

Mit hSherer Chromosomenzahl maehen sich in dem Ablauf der Reife- teilungen Stdrungen bemerkbar. Es zeigt sich, dal3, je gr613er die Zahl der fiberziihligen ist, desto mehr Spermatocyten einen abnormen Teilungs- vorgang durchmachen, und dab ebenso der Grad der Abweichungen mit zunehmender Zahl h6her wird.

Zun~chst sei das Verhalten der extrem abgewandelten Teilungen aus Tieren mit durchgehend 12 Chromosomen geschildert. Es lassen sich hier- bei gewisse Entwicklungsreihen aufstellen, wenngleich dies auch eine kfinstliche Schematisierung ist, da lJberg~nge zwischen ihnen vor- kommen.

Page 34: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 171

a) Die Anaphase n i m m t einen normalen Verlau/.

Die Diakinesechromosomen (Abb. 22 a) werden nach der Aufl6sung der Kernbegrenzung yon den Spindelfasern erfal]t (Abb. 22 b) und in die

i~!!L . . . ..' sl / . ~ .. L ". .: ' / �9 '- "L L

,,. ? ~ ~4..~.... ""..0 ............. ...y::..,:~ ~ ,;, ".... " i;:"

a l) C

L

L.u :'. ! ' i / '% /

�9 . . . . .

...,>

�9 . , . .

�9 .'. :. :.;,.

/ ' : : " " f '.'!

' : , : ! jl

h c

/ / / , J/'il

i

f

Abb. 22. S p e r m a t o c y t e n , 12er Ze l len . a - - h R e i h e m i t a n - n / i h e r n d n o r m a l e r T e i l u n g . ~, P r o p h a s e , b E i n d r i n g e n de r S p i n d e l f a s e r n , c, d M e t a p h a s e n , e, f A n a p h a s e de r gro l ]en C h r o m o s o m e n , g V e r t e i l u n g d e r k l e i n e n C h r o m o s o m e n ,

h Ze l l t e i [ung , i U n t e r d r i i c k u n g de r se lb~n . A u s s t r i c h - p r a p a r a t e .

d

\ \

f . \ \

Page 35: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

172 H. Bauer: Die Chromosomen

Spindelmitte eingeordnet. Wie auch in den normalen Teilungen kann es zur Bildung einer Xquatorialplatte kommen (Abb. 22 c) ; doch findet man h~ufiger eine unregelm~l~ige LageruI~g in dem mittleren Spindelbezirk (Abb. 22 d). Es setzt nun die Teilung der Tetraden ein, wobei nur geringe zeitliche Unterschiede vorkommen (Abb. 22 e). Wenn die groBen Chromo- somen die Pole schon fast erreicht haben, liegen die kleinen, auch hier mit deutlichem Lgngsspalt, noch in der Ng~he des Xquators (Abb. 22 ]). Erst nachdem die gro~en sehon zu einem Ballen zusammengeschlossen sind, kommt aueh in die kleinen Bewegung. Sie verteilen sich dabei fiber die ganze L~nge der Spindel (Abb. 22 g, ob hier nur l l Chromosomen vorhan- den sind oder eines schon an den oberen Pol gel~ngt ist, ist unentschieden).

Nach dem wei~eren Verhalten kommen zwei MSglichkeiten der Be- endigung der ersten l~eifeteilung in Fr~ge:

al) Es kommt zu einer Zweiteilung der Zelle (Abb. 22 h). Die kleinen Chromosomen werden mehr oder weniger g le ichm~ig auf beide Tochter- kerne verteilt, wobei sie in diese aufgenommen werden oder die aueh bei den 8er Tieren vorkommenden Partialkerne bilden kSnnen.

a2) Die Zellteilung wird unterdriiclct. Dies ist vor allem dann h~ufig der Fall, wenn die kleinen Chromosomen zu lange in der Spindelmitte verweilem Nach dem Ubergang in die Interphase (Abb. 22 i) linden sich dann im gemeinsamen Plasma zwei Kerne, in denen man die umgewan- delten groBen und einige kieine Chromosomen sehen kann, w~ihrend ein Teil yon diesen sich isoliert zu Partialkernen umbildet.

8) Auch die Anaphase weist StSrungen au].

Die Metaphase unterscheidet sich noch nicht yon der der oben be- schriebenen Teilungen. Ob eine unregelm~iltige Verteflung in der Spindel (Abb. 22 d) die Entstehung dieser Abnormits begfinstigt, l ~ t sich am fixierten Pr~iparat nicht erkennen. In der Anaphase erfolgt nun kein gleichzeitiges Auseinanderweichen der Tetradenhi~lften, sondern es hinkt oft eine Tetrade nach (Abb. 23 a) oder alle teilen sieh nacheinander. In- folge dieser Unregelmiiftigkeit setzt aueh die Polwanderung der kleinen Chromosomen schon ein, wenn die grofien die Pole noeh nicht erreieht haben. Dadurch kommt es zu einer ganz wirren Anordnung l~ngs der Spindelaehse (Abb. 23 b), wobei zwischen den einzelnen Chromosomen, von denen man nieht mehr sagen kann, ob es Tetraden oder kleine Chro- mosomen sind, Chromatinf~iden verlaufen. Das ganze macht den Ein- druck einer Kette mit ungleichen Gliedern.

~1) Nur in seltenen F~illen gelingt diesen Zellen eine normale Zell- durchschni~rung (Abb. 23 c). Der Chromatinstrang wird anniihernd me- dian auseinandergerissen und beide Halften ziehen sieh zu den Polen zurfick. Ob hierbei eine gleichmi~l~ige Aufteilung der Tetradenh~ilften er- langt wird, ist schwer zu sagen. AbkSmmlinge yon dieser Teilung habe

Page 36: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 173

ich nicht gefunden, bzw. lieBen sich als solche nicht erkennen, wenn sie einen normalen Bestand an groBen Chromosomen fiihrten.

tl ",

S

1 ,-. | ...... ,

..

"%. .,.."

c .- ................. . . .

a t~

........

i

~ : i . ~ / ~. ~ : :::i .... "~ - . . . . . . . . . i:~ /

~ , . . ' ,. ............ �9 ...................... .,

c

...- . . . . . x =.L

\ .....

'...,. ":..,..) ..] h

f

Abb. 23. Spermatocyten , 12er Zellen, normaler Verlauf fas t vSllig ges t f r t , a Anaphase mit unregelm~lSiger Te t r aden te i l ung , b Ver- te i lung der Chromosomen tiber die ganze Spindel , c ungleiche Auf- t e i lung der Chromosomen mi t anschliel3ender Zel ldurchschni i rung, d Un te rd r i i ckung der Ze l l te ihmg, ges t f r t e Ruhekernb i ldung , e--g Verklebung der Chromosomen zu einem Strang, f P l a s m a t e i l u n g bei ganz unregelmiiBiger Chromat inanordnung . g e insei t ige Ein- schn(i rung der Zelle, h Abschnt i rung e iner P lasmaknospe . Aus-

s t r ichprt iparate .

Page 37: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

174 H. Bauer: Die Chromosomen

ft.2) Meistens /indet nach gest6rter Anaphase keine Zellteilung statt oder sie zeigt auch erhebliche Abwandlungen. Ob dieser oder der vorige Weg eingeschlagen werden kann, h~ingt wohl yon der I)ichte des Chromo- somenstranges gerade in den mittleren Teilen ab. I m einfachsten Falle setzt die Telophase ein, wenn die Chromosomen noch fiber die ganze L~nge der Spindel verteilt liegen (Abb. 23 d). Soweit sie an den Polen miteinander zusammengekommen sind, bilden sie Heine Interphasekerne, in die aber nur wenige Chromosomen aufgenommen werden. Die iibrigen (darunter in Abb. 23 d eine ungeteilte Tetrade) liegen noch verstreut und haben erst teilweise mit der Teilkernbildung begonnen. Es ist mSglicb, dal~ ihre Lage in dem SpindelrestkSrper sie hieran hindert.

H~iufig kommt es zu einer Verbiegung der Spindel und des Chromo- somenstranges (Abb. 23 e). Diese kann unter gleichzeitiger Verl~ngerung soweit gehen, dal3 das Mittelstfick des Stranges haarnadelartig zusammen- klappt (Abb. 23 ]). I m Verfolg dieser Abweichungen kann es zu eigen- artigen Versuchen einer Zellteilung kommen. Diese kSnnen sich als ein- seitige Furchenbildung ~ul~ern, die an der der konkaven Seite des Chro- mosomenbogens entsprechenden Zellwand einschneidet (Abb. 23 g). Es kann aber auch eine ann~ihernd ~quale Durchschniirung vorkommen (Abb. 23 ]), bei der allerdings die beiden Tochterzellen zufallende Chro- mosomenmasse in einem erheblichen Mil3verh~ltnis steht. Ob es zu einer Vollendung dieser Teilung kommt, ist zweifelhaft, denn ich habe nie Sper matocyten I I . Ordnung mit einer so geringen Chromosomenmenge ge- sehen. M6glieh ist es, dalt das Chromatin sich ganz aus der einen Zell- h~lfte zurfickzieht, so dal~ es zur Ausbildung einer Plasmaknospe kommt (Abb. 23 h).

Man ist versucht, diese Teilungsbilder im Sinne der Anschauungen iiber die Zeliteilung zu bewerten, wie sie yon Ki)Hrr (1917), SPEK (1918) und anderen ge- ~uBert worden sind. Die jungen Tochterkerne (Abb. 23 g) sowie die zwischen ihnen ,liegenden Teile des Chromosomenstranges bewirken durch Ausscheidung unbekannter Stoffe eine Herabsetzung der Oberfl~chenspannung der ihnen nahen Zelloberfl~chc, so dab sich nur an der der Biegung des Chromosomenstranges entgegengesetzten Ze]lober~lAche die hShere Oberfliichenspannung unter Ein- schnfirung der Furche bemerkbar macht. ~hnlich kSnnte auch die Abb. 23 / er- kl~irt werden. Doch ist eine AufklArung dieser Verh~itnisse nur durch Lebend- beobachtung mSglich.

Die sich anschlieBende zweite Rei/eteilung weist ebenfalls grol~e Man- nigfaltigkeit an Abweichungen auf.

Wenn eine normale Zelldurchschnfirung stattgefunden hat (also in den F~llen a~ und fl~), unterscheidet sich die zweite Reifeteilung nicht yon der der 8er Zellen, abgesehen natfirlich yon der hSheren Zahl der kleinen Chromosomen (Abb. 24 a).

I s t die Zellteilung unterblieben, aber die Ausbildung der Tochterkerne ann~hernd normal durchgefiihrt (Fall a2), so k6nnen sich vSllig sclb-

Page 38: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 175

stiindige Spindeln ausbilden (Abb. 24 b). Doch findet meistens eine mehr oder weniger weitgehende Verschmelzung zwischen ihnen start (Abb. 24 c).

Hieran schliei3en sich Bilder, in denen die fiber die ganze Zelle ver- teilten Chromosomen (Fall f12) wieder zu einer einzigen iiquatorialen

t ~ �9 ~ .

S

- . .......... ~..-

d

O

/

, 4

j

Abb. 24. Spermatocyten~ I I . Reifetei lungen im Anschlul3 an die abnormen I. Tei lungen der 12er Zellen. a normale Metaphase in beiden Tochterzellen, b getrennte Spindeln im einheit l ichen

Plasma~ c Spindeln vereinigt , d, e Ausbi ldung yon Triastern. Ausstrichpr~parate.

Masse zusammengeordnet werden, in denen aber aus der Mehrpoligkeit der Spindel die Komplexnatur erkennbar ist (Abb. 24 d, e). Stets zeigt sichaber schon hier eine Vorherrschaft zweier Pole.

]:)as Endglied dieser Reihe ist in der Abb. 25 dargestellt. Es wird nur eine Spindel ausgebildet (Abb. 25 c). Das Chromosomenmaterial liegt in einer -~quatorialplatte, doch bleiben einzelne Chromosomen aul]erhalb liegen (Abb. 25 c). Die Platten enthalten unregelm~Bige, oft V-f6rmige

Page 39: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

176 H. Bauer: Die Chromosomen

Chromosomen, die untereinander verkleben kSnnen (Abb. 25 a, b). Das abnorme Aussehen der Chromosomen beruht vielleicht auf einer Sch/i-

q r

::r! i '

i ! : ~ '. <, ~ i il ( ~: : !:

". : ' / .:.r "h . : - . : ."

b c d e

Abb. 25. Spermatocyten~ gest6rte II. Reifeteilungen, Ausbildung nut einer S p i n d e l . a , b unregel- m~iBige . ~ q u a t o r i a l p l a t t e n P o l a n s i c h t , c dasselbe seitlich, d Anaphase, e Telophase. Ausstrich-

pr~iparate.

digung, die die Chromosomen, da sie nicht zum Kern zusammengeschlos- sen waren, inder Interphase erfahren haben. Auch ist es mSglich, dab sie zum Teil noch nicht wieder fertig ausgebildet sind, da sie ja zu verschie-

"'".,,,., : '\ i: ' , i,, .... ;: / / '~, !. �9 :./: %,

d ~

: '"~i i ................... /

a b c d

Abb. 26. Spermatiden mit abnormem Kernbestand. a - - d mit zunehmender Kernanzahl (die Ab- bildung zeigt gleichzeitig die fortschreitende Homogenisierung der Kerne). Ausstrichpr/iparate.

denen Zeiten mit der interphasischen Auflockerung beginnen (Abb. 23 d). Die Anaphase zeigt unregelm~tl~ig verteJlte Chromosomen (Abb. 25 d). In der Telophase verkleben die Chromosomen zu zwei Klumpen (Abb. 25 e).

Page 40: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 177

Diejenigen, die den Anschlul~ ~n diese Ificht erreicht haben, bleiben in der Spindel stecken.

Nur bei dieser letzten Art yon abnormen zweiten Reifeteilungen kommt es zu einer Zelldurchschniirung. Bei den anderen bleiben alle Chromosomen in derselben Zelle, die sich dann zu einer Riesenspermatide u m w a n d e l t .

: ! . ":

i

/ ... \ / ( '

. . /

k ~.: ","' ..- ' / " , , . . .

/>%1/ ............. , / .: "."

l

\ / /

b

, / ' /

/ / /

\

:' i :. : : . , , . ,. . �9 . . . .

", : :. i ..-"

: t i ". " ! : i !

'.. : . , ,: . , �9 . �9

d e

c

"...

",,,

:\

i !

/ /

/ /

/ / ,

/ / i !

A b b . 2 7 . S p e r m a t o c y t e n , 9er Ze l l en . a A n a p h a s e der I . R e i f e t e i l u n g , b T e l o p h a s e u n d Z e l l t e i l u n g , c Z e l l t e i l u n g u n t e r b l i e b e n , d n o r m a l e I L R e i f e t e i l u n g , A n a p h a s e , e - f d i p l o i d e I I . R e i f e t e i l u n g

(ira A n s c h l u 0 a n c ) , e A n a p h a s e , f T e l o p h a s e .

Einige Beispiele ~iir den Kernbestand der Spermatiden gibt Abb. 26. Die Bilder sind so gew~hlt, dab die fortschreitende Auflockerung und ttomogenisierung zusammenf~llt mit der Vermehrung der Kerne. Diese Vorg~nge machen natiirlich alle Spermatiden unabh~ngig yon der Masse der Kerne durch. Von der normalen Spermatide bis zu solchen, die mit Kerne,~l vollst~ndig iiberladen sind, gibt es alle tJberg~nge.

Z . f . Z e l l f o r s c h u n g u . m i kr . A n a t o m i v B d . 14. 1 2 a

Page 41: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

178 H. Bauer: Die Chromosomen

Nach dieser eingehenden Darstellung der extremen Abwandlungen kann ieh die Reifeteihmgen der Zellen mit einer geringeren Zahl'iiber- z/ihliger Chromosomen kiirzer behandeln. Je niedriger diese ist, um so hgufiger erfolgt normale Spaltnng der Tetraden und mehr oder weniger gleiehm/igige Verteilung der kleinen Chromosomen mit ansehliegender Zelldurehsehniirung. Abb. 27 a, b zeigt dies fiir Spermatoeyten mit neun Chromosomen, doeh gilt es ohne weiteres aueh fiir die 10er und l l e r Zellen. Teilkernbildung der kleinen Chromosomen kom'mt hgufiger vor als bei 8er Tieren, ebenso wie 8teekenbleiben in der Spindel (vgl. Abb. 20 e). Die sieh ansehlieBende zweite t~eifeteilung ist v611ig normal und zeiehnet sieh nur dutch den 5Iehrbesitz an kMnen Chromosomen aus (Abb. 27 d, 5 Chr.).

Proportional mit der Erh6hung der Chromosomenzahl linden sieh Hgufung und Sehwere der Teilungsanomalien. Wenn aueh sehon in 9er Zellen die oben unter f12 besehriebenen St6rungen vorkommen, so sind sie doeh so selten, dab man sie in manehen Hoden gar nieht antrifft. Als hitufigste Abweiehung vom normalen Verlauf finder man den Fortfall der Zelldurehsehniirung trotz ,,riehtiger" Verteilung der Chromosomen (Abb. 27 e). Diese werden naeh der Interphase wieder zu einer _~qua- torialplatte zusammengefiigt. Die Spindel ist meistens bipolar. Die sehon in der Anaphase der ersten l~eifeteilung siehtbar gewordenen Dyaden- hglften werden dann auf die beiden Pole verteilt (Abb. 27 e), so dab an- nghernd diploide Spermatiden entstehen - - anniihernd, denn aueh bier sind die StSrungen nieht selten (Abb. 27/).

Die 10er und l l e r Zellen bi t ten dieselben VerhMtnisse wie bei dem hier gewiihlten Beispiel. Daneben finden sieh in zunehmender Zahl aueh die tiefergreifenden St6rungen der 12er Zellen.

I IL Die Verbreitung der Chromosomenanzahlen.

1. Intraindividuelle Schwankungen.

Eine Konstanz der Chromosomenzahlen im Individuum ist nieht immer anzutreffen. Neben Gonaden, in denen sich nur Kernteilungen mit derselben Chromosomenzahl linden, gibt es solehe, in denen ver- schiedene Zahlen vorkommen.

Individuen mit konstanter Anzahl lassen sich fiir Mle Chromosomen- zahlen yon 8--12 nachweisen. Bei Zahleninkonstanz sind stets aufein- anderfolgende Zahlen zu beobaehten, also 8 und 9, 9 und ]0 usw. Aueh kSrmen mehr als zwei Zahlen gefunden werden, z. ]3. 8--10, 9--11. In den l~eifeteilungen desselben Hodens lassen sich sogar mitunter viererlei Spermatoeyten nachweisen mit 9--12 Chromosomen.

Eine Betrachtung verschiedenz~hliger ~quatorialplat ten aus der gleichen Gonade zeigt, dab der Unterschied z~4schen ihnen auf einer ft'nderung der Anzahl der kleinen Chromosomen beruht. Abb. 28 ls dies

Page 42: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa ~Ieig. in Eibildung und Spermatogenese. 179

ffir Oogonien (a, b) und Spe rma togon ien (d, e) erkennen. Der wahrschein- liche Mechanismus dieser fl'nderung is t aus Abb. 28 c, / ersicht l ich. I n der spg ten Anaphase der gonia- len Tei lungen f indet sich manch- mal in der Sp inde lmi t t e ein naeh- h inkendes k le inesChromosomen- paar . Es is t zu ve rmuten , dal~ dieses un te r Nondis]unction in eine Toehterzel le geriit , so da{~ in dieser eine Erh6hung gegen- fiber dem normalen Bes t and um 1, in der Sehwesterzel le dagegen eine Verminderung um 1 einge- t r e t en ist. Das sich hieraus er- gebende V o r k o m m e n dreier Ka- tegor ien yon Zellen in derse lben Gonade wurde oben sehon fest- gestel l t . Die F~l le , in denen nur zwei Zah len zu l inden sind, wi i rden sieh hier einfi igen un te r der A n n a h m e , dab die Zellen mi t der d r i t t en Chromosomen- zahl sieh gerade n ieht in Tei lung befinden, oder dag ihre P l a t t e n n ieht ana lys i e rba r sind. Diese A n n a h m e n sind um so n~herlie- gend, als die Anzah l der k la ren P l a t t e n in einer Gonade nur sel ten h6her als 10, meist aber nu t bis zu 5 ist, und daft sich d a r u n t e r eine l~Iehrheit der

a d

b e

i!~!!t~! ~i .!i c f

Abb. 28. Variat ion der Chromosomenanzahl inner- halb der Gonade. a - - c Oogonien, d - f Spermato- gonien, a, d 9, b, e 10 Chromosomen, c, fNac l~hinken

eines kle inen Chromosomenpaares .

einen (vermut l ich der Ausgangs- )Zahl bef indet . Auch zwischen den be iden Gon~den desselben Tieres k6nnen Unter -

schiede bestehen. So fanden sieh un te r den 18 H o d e n yon 9 L a r v e n fol- gende Chromosomenzahlen :

Chromosomenzahl . . I 8 : 10 8 und 9 i 9 und 10 10und l l ' 10 bis 12 i

Anzahl der Gonaden . [ 4 , 7 1 / 2 ] 3 1

Die ungeraden Ziffern bei 10, 8 und 9, 10 und 11 sowie 10 bis 12 lassen nur den Schluft zu, daft in einigen Tieren beide Gonaden ungleich waren, derar t , daft z. B. in e inem Tier ein Hoden P l a t t e n mi t 8 und mi t 9 Chro- mosomen, der andere solehe mi t 9 und mi t 10 Chromosomen enthie l t .

12"

Page 43: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

180 H. Bauer: Die Chromosomen

2. Die Verteilung der Chromosomenanzahlen in der Population.

Da eine statistische Auswertung des gesamten Untersuchungs- materials sich nicht durchfflhren lie~, wurden im vergangenen Jahre 105 Tiere fiir diesen Zweck verarbeitet. Von jedem wurde nut eine Go- nade verwertet, um auch bei dem leicht mSglichen Verlust einzelner yon den fibrigen stets auf die Verteilung der Individuen s~hliel3en zu kSnnen. Als unvermeidliche Fehlerquelle mul3 man dabei in Kauf nehmen, dal3 die Variabilit~t zwischen den Gonaden der Einzeltiere nicht erkannt wird, so dab in manehen F~llen eine fiir das Tier angegebene Zahlenkonstanz nicht vorliegen k6nnte.

In 8 yon den 105 Gonaden fanden sich keine Plat ten mit ausz~hlbaren Chromosomen. Die folgenden Berechnungen beziehen sieh nur auf die restlichen 97 Gonaden.

Tabelle 1.

Anzahl der Tiere

Gesamtzahh

Chromosomenzahlen

I 201 7 s ! 2 I 1 1 - - I 4 1 1 1 - - - -

I 3si lSl is! 31 1l 11 6 5 3 I 11 2 1 1

Die gefundenen Anzahlen der Tiere mit den verschiedenen Chromo- somenbest~nden sind in Tabelle 1 wiedergegeben. Betrachtet man diese, so f~llt zun~ehst auf, dab die Tiers mit 8 Chromosomen yon allen am zahlreichsten sind, sis machen 39,2% aus, w~hrend die Tiers mit 9 zu- sammen mit denen mit 10 Chromosomen nur 37,1% darstellen. Die hSch- sten Chromosomenzahlen sind nur mit 4,1% vertreten. Gegeniiber diesen Tieren mit konstanter Chromosomenzahl yon insgesamt 80,4% stehen die mit zweierlei Zahlen mit 15,5% und die mit drei Zahlen mit 4,1%. Unter- schiede der Verteilung auf die einzelnen Klassen zwischen m~nnliehem und weiblichem Geschlecht sind wahrscheinlich nieht vorhanden.

Vergleicht man die Werte ffir die Tiere mit 2 oder 3 Chromosomen- zahlen mit denen fiir die Tiere mit konstanter Chromosomenzahl, so f~illt auf, dai3 bei jenen die mitt leren Klassen (9 und 10, 10 und 11) die meisten Tiere enthalten, w~hrend nur eines mit 8 und 9 Chromosomen der grol3en Anzahl der 8er Tiere gegenfibersteht. Aui3erdem finder man in den Klassen mit den h6chsten Chromosomenzahlen annhhernd ebenso viele Tiere mit konstanter Zahl (11: 3, 12: 1) wie solche mit variierender Chromosomenzahl (11 und 12 : 3, 10 bis 12 : 1). Hieraus li~$t sich schlieBen, dal3 mit zunehmender Chromosomenzahl die St6rungen in der Verteilung hdu/iger werden, w~ihrend die niedrigeren Chromosomenzahlen sich als stabfler erweisen. Bei den Tieren mit 8 Chromosomen scheinen St6rungen

Page 44: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 181

gar nicht vorzukommen. Das eine Tier mit 8 und 9 Chromosomen ist h6chstwahrscheinlich aus einem 9er Tier entstanden. Es ist daher wahr- scheinlich, dab alle Zahlenschwankungen dutch unregelmdflige Verteilung der iiberzgihligen Chromosomen bewirIct werden.

E. Auswertung der Ergebnisse. 1. Die morphogenetische Kontinuit~it der Chromosomen.

Zu der unter diesem Begriff (B~LA~ 1929 b) zusammengefal3ten Kern- gruppe der Beweise fiir die Individualit~tstheorie der Chromosomen, bei denen der unmittelbare Nachweis der Erhaltung der einzelnen Chromo- somen im mikroskopischen Bild geffihrt werden konnte, gehSrt die Karyo. merenbildung (vgl. die Darstellung eines typischen Falles bei Cyclops viri- dis durch HEBERER 1927) und die Erhaltung der Chromosomen in Form yon Spiralfiiden, wie sie zuletzt B~LAi~ (1929 b) beschrieben hat und die trotz des Widerspruches yon SC~AEDE (1930) aufrecht zu halten ist. (Die frfiher in diesem Zusammenhange genannten Prochromosomen mit dem Extrem der unveriinderten Chromosomenerhaltung in kondensierter Form bei Capparis spinosa, SCHILLER 1928, mfissen hier ausscheiden, da nach KvH~ 1929 stets am Ende der Interphase eine AuflSsung dieser Strukturen erfolgt).

In die Reihe dieser Feststellungen gehSren auch die in den Oo- und Spermatogonien bei Tipula beobachteten Erscheinungen der Kern. schollenbildung, die als Modus der Ruhekernbildung bei den Dipteren welter verbreitet zu sein scheint. ])as zeigen Beobachtungen von METZ U. NONIDEZ (1923) an Asilus notatus, wobei die Autoren jedoch nur einzelne Stadien gesehen haben, und yon K~U~EKE (1924), der aber diese Bildungen nur in der Wachstumsperiode ausgepr~igt fand. Aller- dings kommt dieser Form der Chromosomenkondensation nicht die Be- weiskraft fiir die Individualit~tstheorie zu, wie im Falle der Kernkaryo- meren, denn vor der Sonderung liegt ja ein Stadium der Auflockerung, in dem eine Erkennung der Chromosomenindividuen nicht mSglich ist. (Dies gilt nicht ffir die kleinen Chromosomen, bei denen die Kontinuit~it durch die ganze Interphase hin verwirklicht ist. Doch sollen sie erst in einem sp~teren Abschnitt besprochen werden.) Die Art aber, wie die groBen Chromosomen in den Gerfistkern iibergehen und wie sie sich aus ihm wieder herausdifferenzieren, n~mlich beidemal als den Kern der L~nge nach durchziehende lockere F~den, und die kurze ])auer des Ge- rfistkernstadiums verglichen mit dem folgenden Schollenkernstadium lassen ~hnlich den indirekten Individualitdtsbewei~en (z. B. der Polfeld- anordnung, dem Bov~RIschen Beweis aus den Kernforts~itzen des Ascaris- Blastomerenkernes) den Schlul3 zu, dal3 die groi3en Chromosomen aus dem Gerfistkern unver~ndert hervorgehen. Die weiteren Um~nderungen sowie die l~ngere Ruheperiode lassen stets die Chromosomenindividuen erkennen.

Z. f. Zellforschung u. mikr. Anatomie Bd. 14, 12b

Page 45: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

182 H. Bauer: Die Chromosomen

Der mhgliche Einwand, es handle sich gar nicht um Ruhekerne, sondern man habe es mlt verzhgerten Prophasen zu tun. wird, abgesehen yon der Dauer dieses Stadiums und dem Fehlen jeden Parallelfalles einer sistierten Prophase aul~erhalb der Reifungsperiode vor allem dadurch hinf~illig, dab diese Umbildung mit den eigentlichen Prophaseverande- rungen nichts zu tun hat. Die normale Prophase, wie sie an den Gewebs- mitosen vorkommt, besteht in einer Herausbildung langer F~iden (bzw. Fadenpaare), die meist wandst~indig aus dem Kerngerfist hervortreten und sich unter Verkfirzung zu den Metaphasechromosomen umformen, Die zu den Kernsehollen fiihrenden Umbildungen w~rden im Hinblick auf die Verkfirzung weit fiber das Ziel hinausschiel~en. AuBerdem fehlen auch die mit der prophasischen Verkiirzung verbundenen Strukturver- diehtungen, die zu dem kompakten Chromosom fiihren. Es liegt also vielmehr die Ausbildung einer selbstiindigen Ruhekernstruktur vor, die ffir den l~ngeren Teil der Kernruhe die unabh~ingige Existenz der Chromo- s o men bedeutet.

1Jber die Feststellung der Erhaltung der Chromosomenindividuen im l~uhekern hinaus ist der Nachweis der Kontinuitiit der Anordnung der Teile des Chromosoms hintereinander zu fordern. Einen Schritt in dieser Richtung glaube ich auf Grund der Entstehungsweise der Kernschollen und ihrer prophasischen Umwandlung tun zu k6nnen. Die Schenkel der groBen Chromosomen entst,,,hen getrennt voneinander ieder in einem Ab- schnitt der hat[telfhrmig gewordenen Kernscholle (Abb. 5). Diese Ein- schniirung, die sich auch kurz vor der vollendeten Ausbildung des Schollenkernes w/~hrend der l)bergangsstadien zeigt, wird schon deutlich, wenn von der Struktur des aufgewickelten Chromosoms auger einer ge- ringen Zahl chromatischer Brocken nichts zu sehen ist. Sie manifestiert sich schon an der uns strukturlos erseheinenden Schollensubstanz. Worauf beruht nun diese fr~ihzeitige Gliederung ~. Mit der Ausbildung eines feste- ren Chromosoms aus einer weicheren Masse hat sie nicht unmittelbar etwas zu tun; denn ein aufgeknhueltes Chromosom k6nnte aueh in einer rundlichen Scholle entstehen. Eine Erkl/irung der Hantelform durch mechanische Verursachung, vergleichbar den PLATEAt~schen Draht- figuren, h~tte im iibrigen aueh die Existenz der Chromosomen oder irgendwelcher Chromosomenachsen als formgebende Ger/iste zur Voraus- setzung ; aber auch in diesem Falle w~re nicht gerade die Hantelform das unbedingte ]~esultat, es k6nnten aueh Ei- und St~bchenformen auftreten. Ferner spricht gegen die mechanische Erkl~irung die Tatsache, dal~ die Chromosomen erst viol sp~ter in der Entwicklung stabil genug werden, um fiber die Grenzen der hantelf6rmigen Schollen hinauszudrhngen, wozu aber nicht gr6Bere Kr~fte n6tig sind als zur Deformation der rundlichen Seholle zur Hantelform. So scheint mir nur die Annahme fibrig zu blei- ben, dal~ in der Kernscholle das Material ~edes Chromo~omenschenkels go-

Page 46: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 183

sondert erhalten bleibt, dad also die Kernschollen keine ungeordnete Chromosomensubstanz darstellen, sondern mindestens hinsichtlich dieser Trennung zweier Materialbezirke eine bestimmte Ordnung aufzeigen. Ober eine Erhaltung der Anordnung der in jedem Schenkel vereinigten Chromatinsubstanz l~Bt sich natiirlich nichts weiter aussagen. Nur be- ziiglich der Verbindungsstelle beider Schenkel, die sieh oft schon friih als stark gef/irbtes K6rnehen heraushebt, kann man annehmen, daf~ ihre durch die F/irbbarkeit zutage tretende besondere Natur aueh ihre ge- trennte Erhaltung bewirkt. Beziehungen zwischen diesen K6rnchen und den Leitk6rperehen (TRA~KOWSKV 1930) und den Insertionsstellen (B~LA~ 1929 a), die fiir Chromosomen anderer Heteroplastiden beschrie- ben sind, lassen sich einstweilen nur vermuten.

2. Die kleinen Chromosomen und ihre Bewertung.

a) Die Homologie der (Jberz~hligen.

Es kommen drei M6glichkeiten in Frage : 1. Die fiberz~ihligen Chromo- somen sind durch unmittelbare Zerlegung groBer Chromosomen in den Zellen, in denen sie vorkommen, entstanden; 2. sie stellen iiberzi~hlige Bruchstficke groDer Chromosomen dar; 3. Sit sind fiberz~ihlige kleine Chromosomen.

Die erste M6glichkeit, an die besonders nach den Ergebnissen yon KEUNEKE (1924) gedacht werden muBte, scheidet fiir unseren Fall aus. Die einfache Beobachtung sowie Messungen haben ergeben, dal~ eine Ver- mehrung der Chromosomenmasse um die 5[enge der Ubei:z~ihligen ein- getreten ist. Auch miiDte zur Best~itigung einer eventuell vorliegenden Zerlegung in den Zellen mit ungerader Zahl sich unter den groDen Chro- mosomen ein ungleichlanges Paar nachweisen lassen. Dies war hie der Fall.

Der zweiten Erkl~rung liegt derselbe eytologische Vorgang zugrunde, doch k6nnte er als seltenes Ereignis in den friiheren Generationen erfolgt sein und unter Erhaltung und Summation der selbst~ndigen Bruchstiieke ,k6nnte ihre weite Verbreitung zustande gekommen sein. Es w~ire dann allerdings seltsam, daD mir in dem umfangreichen Material nie dieser Vor- gang direkt zu Gesicht gekommen ist. AuBerdem miil~ten auch hier un- gleichlange Chromosomenpaare zu finden sein, wenn man nicht zu den unwahrscheinlichen Hilfsannahmen greifen wollte, dab die bei anderen Dipteren (KEu~]~KE) nicht vorhandene Koordination der Zerlegung bei homologen Chromosomen bei Tipula durchgefiihrt sei, oder (lad die gro- 13en Reststiicke nicht lebensf~ihig seien. Gegen dieses Erkl~rungsprinzip spricht das cytologische Verhalten der U~berz~ihligen. Bei der bekannten Affinit~it zwisehen homologen Chromosomen bei Dipteren, die sich nach den Untersuchungen yon METZ (1922 b, 1925 b) und FI~OLOWA (i926, 1929) auch gerade in polyploiden Best~inden ~uDert (allerdings sind Fiille

Page 47: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

184 H. Bauer: Die Chromosomen

yon Trisomie noch nicht beschrieben), miil3ten die Uberz~hligen in den Prophasen und in der Wachstumsperiode n~here Beziehungen zu den groBen Chromosomen zeigen. Dies ist nicht der Fall.

Dadurch, dab sie stat t dessen in ihrem Verhalten v611ig den kleinen Chromosomen der 8er Zellen gleichen, f~illt die Entscheidung fiir die dritte HerkunftsmSglichkeit, sie sind iiberz~ihlige kleine Chromosomen.

b) Der Mechanismus der Entstehung der verschiedenen Chromosomenzahlen.

Es kommen zwei M6glichkeiten in Frage : 1. kSnnte es von vornherein Rassen mit verschiedenen Anzahlen

kleiner Chromosomen geben, durch deren Kreuzung die verschiedenen intermediaren Anzahlen entstehen wfirden.

2. kSnnten sich alle hSheren Chromosomenzahlen yon Tieren mit 8 Chromosomen herleiten, indem durch Verteilungsst6rungen Gameten mit hSheren Anzahlen erzeugt wiirden, durch deren weitere Kombination die vorgefundene Verbreitung der hSheren Anzahlen erreicht wfirde.

Fiir die erste Alternative scheint das Aussehen der Samenreifungs- teflungen zu sprechen, die sich durchaus mit den Reifeteilungen aus Ba- starden yon Eltern mit ungleicher Chromosomenzahl vergleichen lassen. Hier wie dort findet man das Auftreten yon ungepaarten Chromosomen, die w~hrend der Anaphase nachhinken und schliel31ich zufallsm~Big auf die beiden Tochterzellen verteilt werden, ihre Neigung zur Partialkern- bildung, St6rungen des Spindelmechanismus, die sich in multipolaren Teilungsfiguren ~ul3ern, sowie Unterdrfickung der Zelldurchschniirung.

Doch soviel Bestechendes dieser Vergleich auch hat, bei n~herer Be- trachtung verliert er den Tatsachenboden. Zun~chst haben wires bei den nachhinkenden Chromosomen nicht mit Autosomen, die keinen Partner gefunden haben, zu tun, sondern mit einer besonderen Kategorie yon Chro- mosomen, die nie Paarungserscheinungen au/weist. AuBerdem mfiBten neben den 8er Tieren, die als die eine Ausgangsrasse in ~rage k~men, sich solche mit h6heren Zahlen nachweisen lassen, bei denen stets eine regel- mdflige Verteilung der kleinen Chromosomen zu finden w~re, also z. B. 10er Tiere, in deren Reifeteilungen immer auf jede Spermatocyte II . Ord- nung 2 kleine Chromosomen k~men. Oben ist aber ausffihrlich dargeste]lt, dab dies hie beobachtet werden konnte.

So bleibt als zweite Alternative nur die Entstehung au~ den Tieren mi$ 8 Chromosomen, durch St6rung der Verteilung, durch 57ondisjunction. Zwar ist es mir nicht gelungen, den Vorgang in der Teilung im Pr~parat zu sehen, doch zelgen Bilder wie Abb. 20 i, 1 klar, dab nur ein geringes MaB weiterer Verz6gerung beide Chromosomen in eine Tochterzelle bringen wfirden. In einer _~quatorialplatte einer Spermatocyte II . Ordnung eines 9er Hodens habe ich einmal nur drei Chromosomen gesehen. Hier sind

Page 48: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 185

also alle drei kleinen in die Schwesterzelle geraten, ein direkter :Fall yon Nondisjunction. Es ist dabei unwesentlich, dab dieser Vorgang sich in einer 9er Zelle abgespielt hat, denn irgendeine Beeinflussung der beiden normal vorhandenen kleinen Chromosomen durch das fiberz/~hlige mit dem Ergebnis einer F6rderung des Nondisjunction kann nicht angenom- men werden. Dann h~tten sich auch solche F/ille 6fter linden lassen mfissen.

Die weite Verbreitung, die die /Jberz/ihligen haben, 1/~Bt annehmen, dab das Nondisjunction ~ficht allzu selten erfolgt. Die weitere Zahlen- erhShung wird wohl dutch Bastardierung bewirkt werden. Die obere Grenze der Erh6hung wird durch die mit der Chromosomenzahl wachsenden St6rungen besonders der Reifeteilungen gezogen, die in den 1 ler und 12er Hoden (und Eiern ?) die Bildung normaler Gameten fast v611ig verhindern. Daneben kSnnte als Erh6hungsbeschr~inkung die M6glichkeit einer be- grenzten Lebensdauer der Uberz/ihligen im Laufe der Generationen, deren Ausdruck in der Gr61]enreduktion gesehen werden k6nnte, in Frage kommen. Ob schlieBlich auch eine zygotische Sterblichkeit hinzukommt, habe ich nicht entscheiden kSnnen, doch ist sie wahrscheinlich. Schon in den l l e r und 12er Gonaden machen sich oft schwere Sch/idigungen, wie Zellpyknose, vorwiegendes Vorkommen yon polyploiden Zellen usw. be- merkbar, so dab bei zygotischen Kombinationen yon 13 und mehr Chro- mosomen schon eine St6rung der Embryonalentwicklung anzunehmen ist.

c) Die Natur der kleinen Chromosomen.

Die Unterschiede, die die kleinen Chromosomen gegeniiber den groBen aufweisen, /~uBern sich in einer w/~hrend der gonialen Stadien und der Wachstumsperiode ausgepr~gten Heteropyknose, dem damit im Zu- sammenhang stehenden tVehlen einer Paarung und dem Nachhinken w~h- rend der ersten Reifeteilung. Mit diesem Erscheinungskomplex treten sie in deutliche Beziehungen zu den Geschlechtschromosomen, w/ihrend die groBen Chromosomen ihrem ganzen Verhalten nach als normale Auto- somen zu werten sind.

Ein Vergleich mit dem bisher vorliegenden, allerdings nicht sehr reichhaltigen Beobachtungsmaterial fiber die Geschlechtschromosomen der Diptcren bringt uns diese Auffassung noch n/~her.

Bei Anopheles punctipennis beschreibt STEVenS (1911) ein im m~nnliehen Geschlecht ungleichlanges Heterochromosomenpaar, das stets einem Autosomen- pa~r terminal angeheftet ist. In den ruhenden Spermatogonien und den wach- senden Spermatocyten bildet es einen unregelm/~Big gestalteten Chromatin- nukleolus, der mit einem Plasmosom vereinigt ist. Kompliziert werden die Verh/~ltnisse nur durch die Chromosomenkoppelung. In der sp~ten Wachstums- periode variiert der Grad der Heteropyknose, die sich manchmal nur auf die He- terochromosomen, in anderen Fallen aber auf die mit ihnen verbundenen Autoso- men erstreckt. Es ist m6glicb, dab hierin individuelle Schwankungen einer vero

Page 49: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

186 H. Bauer" Die Chromosomen

schieden weitgehenden Trennung yon Autosomen- und Heterochromosomen- material zu erblicken sind, dab es sich also um eine Aufteilung eines Chromosoms, nieht um eine Vereinigung zweier handelt. Erw/ihnt mul~ werden, dab bei Anopheles punctipennis in den Kernen der Spermatiden sich, wie bei Tipula, wieder ein heteropyknotisches Element anfindet, wi~hrend man yon ihnen in den Reifeteilungen natiirlich wegen der Verbinduug mit den Autosomen niehts sieht, Einige Beobachtungen an einer unbestimmten Anopheles-Art (sp.?) (STEVENS 1911) besttttigen die Befunde bei A. p~nctipe~n~s.

Die spiirlichen Angaben fiir C~dex pipiens mfissen hier ausseheiden. STEVENS (1911) glaubt ihre wenigen Bilder fiber angebliche Heterochromosomen (1910) auf Vermischung des Materials mit Anopheles zuriickftihren zu mfissen. Und die Beschreibung bei WHITING (1917) der nut vereinzelt gef undenen trabantenartigen Anhi~nge eines Chromosomenpaares, die sigh meist nur schwach fgrben, erlaubt keineswegs die Homologisierung dieser Gebilde mit Heteroehromosomen.

Dagegen liegt eine neue Untersuehung yon FROLOWA ( 1929 b) vor fiber die Chromosomen yon Choaborus plwmicornis. Bei dieser Art ist ebenfalls eine Ver- einigung eines Autosomenpaares mit dem Heterochromosomenpaar die Regel, doch kann dieses auch sich ablSsen und als selbstandiges 4. Paar existieren. Es konnte in den ruhenden Spermatogonienkernen als nicht aufgelockertes,ungleich- langes Stgbchenpaar festgesellt werden. Ffir die wachsenden Spermatocyten lehnt FROLOWA eine heteropyknotisehe Kondensation allerdings ab und deutet eine im Eisenh~imatoxylinprgparat am ,Nukleolus bisweilen gesehene Zweiteilig- keit als Fgrbungsprodukt. Ob in den jungen Spermatoeyten stets eine Wiederver- einigung der Heterochromosomen mit den Autosomen eintritt und unter ihrem Einflul] die Heteropyknose nieht in Erseheinung kommt, oder ob die Selbst~indig- keit unter heteropyknotischer Verdichtung nur in seltenen Fallen beobaehtet werden kann (dazu k6nnte der obige Fall des zweiteiligen Nukleolus gehSren, ferner Abb. 12, die eine spiite Prophase der 1. Reifeteilung zeigt, bei der im Kern drei gepaarte Chromosomen und zwei kleine freie zu sehen sind) muf3 often bleiben. Die iibrigen Angaben fiber Chromatinnukleolen in der Wachstums- periode (STEVENS 1908, METZ U. NONIDEZ 1921, ~-~t[ETZ 1922, 7KEuxEKE 1924 1~. a.) sind nicht eindeutig und konnten teilweise nieht best~tigt werden, so dab sie hier keine Beriieksichtigung zu erfahren brauchen.

Jedenfalls liefern diese Arbei ten die Erkenntn is , daf~ ein Chromo- somenpaar, das sich durch seine im mannl ichen Geschlecht ungleiche L~nge als Gesehlechtschromosomenpaar erweist, w~hrend der In terphase der Spermatogonien und teilweise der Waehstumsper iode heteropykno- tisch kondensier t bleibt. Daraus geht klar die Verwandtschaf t dieser Chromosomen mit den kleinen von Tipula hervor.

Diese Anschauung ~ i rd bes ta rk t durch die Beobachtungen von F~o- LOWA (1929 a) fiber die Reifungste i lungen einiger Mycetophiliden. Die Geschlechtschromosomen dieser Tiere, die meist das kleiuste Paar bi lden und sieh durch ungleiche Lhnge auszeichnen, t r e ten ungepaar t in die Metaphase der ers ten Reifeteilung ein. Ers t nachdem die anaphasische Wande rung der Autosomen sehon weir vorgeschri t ten ist, folgen sie nach, und zwar gehen sie nach verschiedenen Polen.

Auch diese vSllige fdbereinst immung mit den Vorggngen bei TipuItl sti i tzt den Schlul~, da6 die kleinen Chromosomen bei dieser Art Be-

Page 50: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 187

ziehungen zu den Geschlechtschromosomen habcn. Gegen diese Auffas- sung braucht es nichts zu besagen, dab der Nachweis einer Beein/lussung des Geschlechtsverhiiltnisses einstweilen nicht erbracht worden ist. Diese ist nicht zu er~ar ten, wenn man die durch den bekannten Parallelfall bei Metapodius (WILSO~ 1909) nahegelegte Annahme macht, dab es sich bei der Verm, ehrung um ,iiberzohlige Y- Chromosomen handelt. Auch der Unter- schied gegenfiber Metapodius, die fehlende Paarung aller l~'berzahligen mit dem normalen Y, w~re aus dem Fehlen jeglicher Paarungsersehei- nungen der kleinen Chromosomen bei Tipula verstandlich.

Aus dem :Rahmen des Bekannten fallen dagegen die schwankenden Grdfiendi]/erenzen zwischen den beiden normal vorhandenen kleinen Chromo- somen. Zwar wfirde das Vorkommen im m~nnlichen Geschlecht nieht sehr ins Gewicht fallen ; denn Gr6Benschwankungen des Y-Chromosoms, als welches das l~ingenvariable Element angesehen werden k6nnte, ver- tragen sich mit unseren Vorstellungen fiber seine eingeschr~inkte Be- deutung.

Schwierig whre dagegen im weiblichen Geschlecht die wechselnde Gr6~e eines der beiden kleinen Chromosomen zu deuten. ~Venn wir in ihnen die X-Chromosomen erblicken, so ist mir ein Parallelfall nicht be- kannt.

Eine Einreihung in die Auffassungen fiber das Wesen der Ge- schlechtschromosomen, wie sie WILso~ (zuletzt 1925) entwickelt hat, ist nur hypothetisch etwa so m6glieh, da~ wir eine gleichsinnige Abanderung des X- und des Y-Chromosoms annehmen derart, dal~ die, ,somatischen" Anteile beider weitgehend bedeutungslos werden und so genetisch nur das , ,X-Chromatin" im X-Chromosom zur Geltung kame. Es wfirde dann ohne Einflul~ sein, wie groB der tibrige Tell des X-Chromosoms ist. Mit diesem Versueh wird allerdings das Erklarungsprinzip fiir die meist allein s tat thabende Reduktion des Y-Chromosoms, der in der Generationen- folge nie unterbrochene heterozygote Zustand, aufgegeben.

Die Unm6glichkeit, die Geschlechtschromosomennatur einstweilen zu beweisen, zwingt uns, auch andere mdgliche Deutungen in Betracht zu ziehen. Es k6nnte sich auch um ver(inderte Autosomen handeln. In ge- wisse Beziehungen wfirden die kleinen Chromosomen damit zu dem m- Chrvmosomen der Hemipteren treten. Auch bei diesen kommen, wenn aueh nicht immer, die Erscheinungen der Heteropyknose, der fehlenden synaptischen Paarung sowie das Auftreten yon Uberz~ihligen vor. Nicht zu ihnen pal3t, genau wie oben, die Variabilit~it der GrhBe.

Eine endgfiltige Entscheidung ist nur durch vergleichende Behand- lung verwandter Arten oder das Experiment m6glich.

Die Bedeutung der kleinen Chromosomen zeigt sich darin, daft niemals Tiere mit nut 7 Chromosomen gefunden worden sind, die an sich mhglich w~iren, da ja bei Nondisjunctlon auch Gameten mit nur drei Chromo-

Page 51: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

188 H. Bauer: Die Chromosomen

somen entstehen. Entweder mfissen diese eine geringere Befruchtungs- f/ihigkeit besitzen oder es mul~ das Fehlen eines kleinen Chromosoms die Entwicklung der Zygote unterbinden.

Trotz dieser Bedeutung muB man in den kleinen Chromosomen weit. gehend inaktive Gebilde erblicken. Das geht aus der sich fiber den ganzen Kernformwechsel erstreckenden Heteropyknose hervor. Diese ist in ~bereinstimmung mit WITSCHI (1929) als eine Eigenschaft des einzelnen Chromosoms anzusehen, da sie in allen Zellen (einige Beobachtungen an den Zellkernen aus den Gonadenhfillen spreehen daffir, dal~ sie auch in den somatischen Zellen ausgepr/igt ist) bei ]eder Chromosomenkombi- nation zu linden ist. W/ire, wie SCHRADWl~ (1928) annimmt, ffir den Ein- t r i t t der Heteropyknose eines Chromosoms mal~gebend, ob ein homologer Partner vorhanden ist oder nicht, so h/itten sich in den Tieren mit hoher Chromosomenzahl mitunter in den Ruhekernen nicht so viele kleine Chromosomen nachweisen lassen mfissen, wie w/ihrend der Teilungs- stadien; denn bei einer hohen Zahl der kleinen Chromosomen sind min- destens in einzelnen Tieren homologe Paare vorhanden.

Bemerkenswert sind gewisse Unterschiede zwischen der 0o- und der Spermatogenese. In den Oogonien treten die kleinen Chromosomen h/iu- tiger getrennt und in Form feiner F/iden auf, w/ihrend sie in den Sperma- togonien mehr zur Abkugelung und Verklebung neigen. Ferner zeigt der Chromatinnukleolus in den Oocyten eine erhebliche Aufbl/ihung, wie sie in den Spermatocyten nie zu sehen ist.

3. Paarung, Syndese und Reduktion bei den Dipteren.

Parallel mit der allen Dipteren eigenen Paarung der homologen Chro- mosomen, die sich besonders in Prophase und Metaphase deutlich zeigt, hat sieh eine verschieden weitgehende Vereinfachung der syndetischen Prozesse ausgepr/igt.

Hierbei 1/ifit sich in der Spermatogenese ein Zusammenhang mit den systematischen Gruppen erkennen. Bei den Nematocera kommt es zu Beginn der Wachstumsperiode zur Ausbildung eines pachyt/in/ihnlichen Stadiums. Dieses ist fiir Anopheles (ST]~V~S 1911), Culex (STEVenS 1910, WHITrN~ 1917), Choaborus (F~oLowA 1929 b) besehrieben und auch bei Tipula vorhanden. Bei dieser sind schon auf sehr friihem Stadium die Chromosomen gepaart. )~hnlich finden sich auch bei Culex auf dem ersten deutlichen Stadium drei Chromosomenpaare, die aller- dings einen mittleren (zygot/inen oder strepsit/inen?) Spalt aufweisen. Die L/ingskonjugation ist also schon vor der vollendeten Ausbildung die- ses Kernstadiums, bei Tipula wohl w/ihrend der Abwicklung aus den Schollen vollzogen. Die gegenteilige Darstellung yon FROLOW~ fiir Choa- horus, bei dem nach Ausbildung eines normalen Leptot/ins erst die Paarung erfolgen soll, scheint mir dureh die Abbildungen nicht bewiesen.

Page 52: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 189

In der Gruppe der Brachycera (M~TZ 1922, METZ u. NONIDEZ 1921, 1923) macht sich eine beginnende Vercinfachung bemerkbar. Die Chro- mosomen treten ebenfalls yon vornherein gepaart auf. Teilweise machen sie dann noch v611ig den Nematoceren entsprechende Ver~nderungen durch (Asilus notatus).

Das fiir diese Art als normales Stadium beschriebene Synapsisknimcl gleich~ so sehr dem als :Fixierungsprodukt erkannten bei Tipula, dab der RfickschluB auf die Artefaktnatur auch fiir Asilus notatus gelten daft.

:Bei anderen Arten zeigt sich das Fadenstadium weniger stark aus- gebildet (DasylIis, die abet auch andere Besonderheiten zeigt) oder ganz reduziert (Asilus sericeras); die Chromosomenpaare bilden dann kompakte St~bchen.

:Die extremen Abweichungen finden wir bei den Cyclorhapha. Jeg- liche Ans~itze zu den synaptischen Ver~inderungen fehlen. Entweder ver- harren die Chromosomenpaare in kondensierter Form, ~ihnlich den Kern- sehollen von Tipula, so bei Sphaerophoria scripta und Lucilia caesar (KEvNEKE 1924) oder der Kern ist als typischer Interphasekern aus- gebfldet, wie bei Spathulina ( Tephritis) arnicae und Calliphora erythro- cephala (K:Eu~EK]~).

Diese drei Gruppen, in denen sJeh die verschieden starke Reduktion der w~ihrend der Wachstumsperiode der meisten Organismen ablaufenden Chromosomenveri~nderungen bis zur vSlligenUnterdrfiekung zeigt, stehen in einer phylogenetischen Reihe, die Nematoceren sind die ~iltesten, die Cycloraphen die jiingsten Dipteren. Man kann hieraus also den SchluB ziehen, dab nach der Erwerbung der t)aarung im Lau]e der Stammes- geschichtc die R~cIcbildung der typischen syndetischen Vorgdnge allmd~hlich durchge/~hrt worden ist.

Nicht ohne weiteres passen in diese Reihe die Fhlle hinein, in denen die mit der Telophase gepaart in den Waehstumskern eintretenden Chro- mosomen in der Prophase der ersten Reifeteilung sich wieder einzeln in diploider Anzahl herausdifferenzieren, wie dies ffir Spathulina und zum Tell Calliphora (KEuNEKE) und ffir Drosophila melanogaster (GvY~OT u. NAVlLL:~, HVETT~E~) beschrieben ist. Diese Erscheinung h~ngt vielleicht mit der besonderen Form des wachsenden Spermatocytenkernes zusam- men, der als typischer Ruhekern mit feiner Gerfiststruktur ausgebfldet ist. Infolge der weitgehenden Auflockerung der Chromosomen kSnnte es hier aueh zu einer LSsung der Paarung im Ruhekernstadium gekommen sein, so dai] bei einigen Formen am Ende der Entwicklungsreihe der Di- pteren parallel mit sehr welt gefiihrter Reduktion der synaptischen Vor- g~nge die in den Spermatogonien erzielte Paarung in den Spermatoeyten wieder verloren geht und die Genfinibildung hier erst in der sp~ten Pro- phase dureh abermalige Anni~herung und Versehmelzung der homologen Chromosomen erreicht wird.

Page 53: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

190 H. Bauer: Die Chromosomen

Gegeniiber den ziemlich zahlreichen spermatogenetischen Arbeiten liegen fiir die Oogenese nur Ansatze vor.

Ffir Culex pungens (?) gibt STEVE:~S (1910) ein Spirem aus drei Chro- mosomenf/~den (~- l~aaren) an, so dab eine Ubereinstimmung mit der Spermatogenese besteht. Auch bei Tipula haben wir das bis zt~m Beginn der zweiten Wachstumsperiode der Oocyten vSllig'gleiche Verhalten yon Oo- und Spermatocyten gesehen. Wenige den Verh~ltnissen bei Tipula sehr ~hnliche Bilder gibt NICRoLso~ (1921) fiir Anopheles maculipenn~s.

Es ist nun die Frage, ob wie bei den Nematoceren auch bei den Brachyceren und Cyclorhaphen Spermato- und Oogenese sich gleichen. Damit wfirden die besonderen cytologischen Voraussetzungen ffir den Kreuzaustausch bei Drosophila wegfallen; denn gerade die Differenz zwischen den abgewandelten Paarungsvorgs der Spermatocyten und den hypothetisch als normal angenommenen 1)rozessen w~ihrend der Wachstumsperiode der Eizellen sol1 ja die Grundlage fiir die Beschri~n- kung des Kreuzaustausches auf das weibliche Geschlecht sein.

Bisher liegt als Hinweis ffir die Gleichheit der Vorg~nge in beiden Geschlechtern aul~er einer unsicheren Angabe ffir Dasyllis (METZ 1922 a) nur die Arbeit yon GuY~oT u. NAWLLE fiber Drosophila melanogaster vor. Jedoch haben die Verfasser nach ihrer Angabe nur wenige Bilder gesehen, so dal~ ihnen m6glicherweise irgendwelche Cbromosomenvor- ggnge zu Beginn der Wachstumsperiode entgangen sein k6nnen. Aul3er- dem basieren sie die These von der Ubereinstimmung yon Oo- und Sper- matogenese auf einer eigenartigen Modifikation der Tetradenbildung. Die als Leptot~nf~den auftauchenden Einzelchromosomen sollen sich zu kompakten Dyaden in Kreuz- oder Doppelst~bchenform umbilden, die darauf unter paarweiser Verflechtung, wobei sie wieder dfinner und l~nger werden sollen, sich zu Tetraden umformen sollen. Diese Darste]lung wird fiir. die Spermatogenese yon HUETTNER (1930) angefochten. Nach ihm paaren sich die nach der Ruhekernperiode a~fftretenden Leptot~nchromo- somen und es entstehen so unmittelbar dutch Verkurzm!g die Tet rade~ Die Angaben yon GUY]~NOT u. NAVILLE deutet HUETTNER al: durch falsche Seriierung von Diakinesen entstanden, doch ]:Snnte man auch vergleichsweise an die atyl)ischen Diakinesen yon T~pula denkcn, wo- durch auch das Auftreten der Doppelelemente in Diploldzahl eine Er- kl~rung f~nde. Nach dieserKorrektur kann die Darsteliung der Oogenese nicht ohne weiteres als richtig angenommen werden, und es mul~ die schwerwiegende Schlul~folgerung der Verfasser auf Verwerfung der Chias- matypiehypothese und ihr Ersatz durch eine mehr physiologische Spe- kulation als vorl~ufig nieht genfigend gestiitzt abgelehnt werden.

Ffir einen Unterschied in beiden Geschlechtern l~13t sich gegenw~rtig nur wenig ins Feld ffihren. VERgEI~ (1921) gibt in einer Arbeit fiber das Eiwachstum yon Calliphora (Musca) vomitaria einige Abbildungen fiber

Page 54: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

yon Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese. 191

die ersten Umbildungen der Kerne in den Oocyten (und N/ihrzellen). Er stellt ein deutliches Spirem fest, das sich, aus den Abbildungen zu schlie- Ben, anscheinend aus einem kernschollenartigen Stadium herausbildet. AuBerdem liegt nur noch eine Randbemerkung yon METZ (1926) vor fiber im Gange befindliche Untersuchungen der Oogenese yon Drosophiliden, welche im vor]~iufigen Ergebnis ,,indicate distinct differences in chromo- some behavior in the two sexes - - the oocytes apparent ly having long delicate paired th reads . . . " . ])as Kardinalproblem der Dipterencytologie bleibt also noch often.

Zur Entscheidung der Frage nach dem Zeitpunkte der Chromosomen- reduktion bei den Dipteren kaml Tipula nicht wesentlich beitragen. Der schon in frfihen Wachstumsstadien sichtbare LKngsspalt kann wohl nur als Konjugationsspalt angesehen werden, da ein zweiter Spalt erst sehr viel sparer deutlich wird, und es ganz unwahrscheinlieh ist, dab dieser schon frfih allein erkennbare der Aquationsspalt ist, w/ihrend der Konjugationsspalt zu dieser Zeit durch ganz enge Lagerung der gepaarten Chromosomenh~lften verdeckt ist. Li~ngs des ersten Spaltes weichen die mittleren Abschnitte der Chromosomen auseinander, so dab dieser sehlieglieh zur Mittellficke der Tetraden wird. Diese werden dann 1/ings dieses Spaltes geteilt. Man kann also mit gutem Grund in der ersten Rei/eteilung die Reduktionsteilung erblicken. Anzeichen daffir, dab in manchen F/illen die l~eduktion erst in der zweiten ]~eifeteilung vor- genommen wird (entsprechend Phrynotettix nach WENRICH 1916) habe ich nicht gefunden. ]Die :Reduktion des kleinen Chromosomenpaares er- folgt trotz vorhandenem Lgngsspalt stets in der ersten l~eifeteilung.

Zusammenfassung, 1. Der Chromosomensatz yon Tipula paludosa besteht aus drei

groBen V-f6rmigen und einem kleinen v- oder st/~bchenf6rmigen Chromo- sore. Die diploide Normalzahl ist 8. Aui]erdem finden sich Tiere mit 9--12 Chromosomen. :Diese h6heren Zahlen kommen durch Vermehrung der kleinen Chromosomen Zustande.

2. Intraindividuelle Schwankungen der Chromosomenzahl kommen vor. Sie werden dutch abnorme Verteilung der fiberzhhligen kleinen Chromosomen bewirkt (wahrscheinlich somatisches Nondisjunction).

3. Am h~iufigsten treten in der untersuchten Population die Tiere mit der Normalzahl auf. Mit zunehmender Chromosomenzahl nimmt die H/~ufigk eit ab.

4. In den frfihen Oo- und Spermatogonien entstehen die Chromo- somen unabh~ngig voneinander. In den spiiten Teilungen treten sic der Lange nach gepaart auf.

5. Nach der Telophase wird ein kurzes Gerfistkernstadium durch- gemacht. ])ann bildet sich als besondere Ruhekernform der Schollen-

Page 55: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

192 H. Bauer: Die Chromosomen

kern aus. In diesem bilden die grogen Chromosomen sechs (friihe Oo- gonien, zum Tell friihe Spermatogonien) oder drei (spgte Oogonien, sp/~te und zum Tell friihe Spermatogonien) lockere rundliehe Aggregate, die Kernsehollen.

6. Aus jeder Kernseholle entsteht, wenn sie in Seehszahl auftreten, ein einzelnes Chromosom, wenn sie in Dreizahl vortmnden sind, ein Chromosomenpaar.

7. Die kleinen Chromosomen maehen keine Aufloekerung dureh. In der Telophase finden sie sieh in Form yon feinen Chromatinfitden, die sieh sp/~ter unter VolumenvergrSl3er ung abkugeln. I m Sehollenkernliegen sie als einzelne Chromatimmkleoli oder sie versehmelzen untereinander. Es sind im Ruhekern ebenso viele kleine Chromosomen wie in den Teilungsphasen zu finden.

8. In den 0o- und Spermatoeyten wird zungehst ein paehyt/tn- artiges Stadium durehlaufen. Die Chromosomen treten yon vornherein lis auf. Die kleinen Chromosomen bilden einen Chromatin- nukleolus, der mi~ einem Nukleolus vereifiigt ist.

9. In den Ooeyten werden die Chromosomen danach zu drei Kom- plexen zur/iekgebildet, die sieh unter Aufloekerung im waehsenden Kern verteilen und sehlieglieh nieht mehr nachzuweisen sind.

10. Ill den Spermatocyten verkiirzen sieh die Chromosomen zu drei Paaren, aus denen unter Umformung die drei Tetraden entstehen.

11. Die kleinen Chromosomen entstehen ungepaart dureh Zerfall des Chromatinnukleolus in 2--6-Zahl.

12. Die erste Reifeteilung erseheint als Reduktionsteilung fiir die grogen Chromosomen. Die kleinen Chromosomen der Tiere mit 8 Chromo- somen werden in der ersten Teilung auf versehiedene Pole verteilt.

13. In den Spermatoeyten mit erh6hter Chromosomenzahl t reten in mit der Zahl waehsendem Mage St6rungen auf, die den normalen Verlauf der Spermienbildung v611ig verhindern k6nnen.

14. In der Art der Chromosomenentstehung aus den Kernsehollen 1/s sieh ein Indieium finden fiir getrennte Erhaltung der Chromosomen- sehenkel.

15. Als prim~re Ursaehe der Entstehung der versehiedenen Chromo- somenzahlen ist Nondisjunetion anzusehen.

16. Ob die kleinen Chromosomen Gesehleehtsehromosomen oder Autosomen sind, konnte nieht entsehieden werden.

I7. Ein Vergleieh der bekannten Dipterenspermatogenesen 1/s er- kennen, dag es sich bei der Reduktion der syndetisehen Vorg/~nge um einen in der Stammesgesehiehte sieh zunehmend starker bemerkbar maehenden ProzeB handelt.

Page 56: Die Chromosomen von Tipula paludosa Meig. in Eibildung und Spermatogenese

von Tipula paludosa Meig. in Eibi ldung und Spermatogenese. 193

Literatur. B~la~', If . : Die Technik der deskr ip t iven Cytologie. In : Methodik der wissen-

schaft l icben Biologie 1. Berlin 1928. - - Beitr~ge zur Kausalanalyse der Mi- tose. ]L Unte r suchungen an den Spermatocyten yon Chorthippus lineatus Panz. Roux ' Arch. 118 (1929 a). - - Beitr~tge zur Kausalanalyse der Mitose. I I I . Unter- suchungen an den Staubfadenhaarzel len und Blat tmeris temzel len yon Tradescan. tia virginica. Z. Zellforschg 10 (1929 b ) : - ~ 'ber die reversible En tmischung des lebenden Protoplasmas. I . Mitt. Pro toplasma (Berl.) 9 (1930). - - Frolowa, S.: Norrnale und polyploide Chromosomengarni turen bei einigen Drosophila-Arten. Z. Zellforschg 3 (1926). - - Die Polyploidie einiger G c w e b e der Diptcren. Ebenda 8 (1929 a). - - Die Gesehlechtschrmnosomen bei Choaborus plumicornis F. Ebenda 9 ( 1929 b). - - Guy~not, E. u. ~'aville, A.: Les chromosomes et la r~duction chromat ique chez Drosophila melanogaster. Cellule 37 (1929). - - Heberer, G.: Die Idiomerie in den Furchungsmi tosen von Cyclops viridis J. Z. mikrosk.-anat . Forschg 10 (1927). - - Huettner , A. F.: The spermatogenesis of Drosophila melano. 9aster. Z. Zellforschg 11 (1930). - - Keuneke, W.: ?Jber die Spermatogenese einiger Dipteren. Z. Zellcnlehre 1 (1924). - - Kiihn, A.: Uber die Beziehungen zwischen Plasmate i lung und Kernte i lung bei AmOben. Zool. Anz. 48 (1917). - - Kuhn, E.: Die Beziehungen der Chromozentren zur Chromosomenbildung. Ber. dtseh, bot. Ges. 47 (1929). --- 3letz, Ch. W.: Chromosome studies on the Diptera. IV. In- complete synapsis of chromosomes in Dasyllisgrossa. Biol. Bull. Mar. biol. Labor. Wood 's Hole 43 (1922a). - - Association of homglogous chromosomes in te t ra- ploid cells of Diptera. Ebenda 43 (1922 b). - - Prophase chromosome bOmvior in t r ip loid individuals of Drosophila 9nelanogaster. Genetics 10 (1925). - - Observa- t ions on spermatogenesis in Drosophila. Z. Zellforschg 4 (1926). - - Metz, Ch. W. a. Nonidez, $. F.: Spermatogenesis in the fly, As~;lua sericeus. J . of exper. Zool. 32 (1921). - - Spermatogenesis in Asilus notatus Wied. Arch. Zellforschg 17 (1923). - - Nieholson, A. J . : The development of the ovary and the ovar ian egg of a mosquito, Anopheles rnaculipennis Meig. Quart . J . microsc. Sdi., N.s . 65 (1921). - - Plough, H. H.: The effect of t empera tu re on crossingover in Drosophila. J . of exper. Zool. 24 (1917). - - Sehaede, R.: Uber die S t ruk tu r des ruhertden Kerns. Ber. dtseh, bot. Ges. 48 (1930). - - Sehiller, J . : Die Kernte i lung yon Cap- paris spinosa, gahrb. Bot. 71 (1928). - - Sehrader, F.: The sex chromosomes. Zellen- und Befruchtungslehre, Liefg 1. Berlin 1 9 2 8 . - Spek, J . : Oberfl~tchenspannungs- differenzen als eine Ursache der Zellteilung. Arch. Entw.mechan . 44 (1918). - - Stevens, N. M.: A s tudy of the germ-cells of cer ta in Diptera. J. of exper. Zool. 5 (1908). - - The chromosomes in the germ-cells of Culex. Ebenda 8 (1910). - - Fu r the r studies of the heterochrmnosomes of the mosquitoes. Biol. Bull. Mar. biol. Labor. Wood's Hole 20 (1911). - - Trankowsky, D .A. : , ,Lei tkSrperchen" der Chromosomen bei einigen Angiospermen. Z. Zellforschg 10 (1930). - - Wenrieh, D . H . : The spermatogenesis of Phrynotettix magnus. Bull. Mus. comp. Zool. Harva rd College 60 (1916). - - Whiting, P. W.: The chromosomes of the common house mosquito, Culex pipiens L. J. of Morph. 28 (1917). - - Wilson, E. B.: Stu- dies on chromosomes. V. The chromosomes of Metapodius. J. of exper. Zool. 6 (1909). - - The cell in development and heredity. New York 1925. - - Witsehi, E.: Bes t immung und Vererbung des Geschleehts bei Tieren. Handbuch d'er Vererbungs- wissenschaft I I D . Berlin 1929.

Z. f. Zellforsehung u. mikr. Anatomic Bd. 14. 13a