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Die Entstehung von s-Plural und Sächsischem Genitiv Familien- und Personennamen als Filterkonstruktionen Philipp Rauth, Georg August-Universität Göttingen (August 2013) Abstract: This article focusses on the development of both the German s-plural (Kinos) and the prenominal genitive (Peters Haus). The former is commonly assu- med to have risen from possessive constructions with genitive attributes containing family names and an elliptic head noun like des Müllers (Haus). While English »group genitives« presumably have been grammaticalized from Middle English »his-genitives«, I argue that prenominal genitives including personal names in both languages originate from possessive constructions as well. This distinction can explain the special behaviour of the -s appending to female nouns and why it is not possible to modify the genitive attribute on the right side in German as it holds for English group genitives. I. Einleitung In der deutschen Standardsprache wird der Genitiv bei weitem am häufigsten in attributiver Funktion gebraucht, andere Funktionen wie Genitivobjekte, Genitivadverbiale oder adjektivale Genitive sind kaum noch produktiv und beschränken sich zunehmend auf eine höhere Stilebe- ne. Auf dialektaler Ebene gilt der synthetisch gebildete Genitiv gemeinhin als ausgestorben, lediglich in einigen Gebieten des hoch- und höchstalemannischen Dialektraums scheint er vereinzelt noch eingeschränkt produktiv zu sein (vgl. z.B. Henzen (1932) für das Wallis oder allgemein Koß (1983, S. 1242)). Neben der Standardverwendung des synthetischen Genitivs nach dem Muster der Hund des Mannes gibt es noch drei weitere mit dem Genitiv assoziierte Ausprägungen: 1. die historische Voranstellung des Genitivattributs (z.B. des Vaters Haus), 2. der umstrittene Status des sog. »Sächsischen Genitivs« (Peters Hund) und 3. die u.a. im Südhessischen zu Pluralformen reanalysierten ehemaligen Genitivattribute (z.B. ’s Millersch Lissl, de Rauthe Philipp). Schmuck (2011, 292 f. u. 302) nimmt an, dass letztere als Filter- konstruktionen für die Reanalyse des Genitiv-s zum Pluralflexiv gedient haben und sieht in ihnen den Ausgangspunkt für die Ausbreitung des neuen s-Plurals auf Appellative, in deren Flexionsparadigmen es aus historischer Sicht nicht vorkommt. 1

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Page 1: Die Entstehung von s-Plural und Sächsischem Genitiv · lich komplementär verteilt (1c). Beispiel (1d) zeigt, dass Eigennamen zwar auch postnominal Beispiel (1d) zeigt, dass Eigennamen

Die Entstehung von s-Plural und Sächsischem Genitiv

Familien- und Personennamen als Filterkonstruktionen

Philipp Rauth, Georg August-Universität Göttingen (August 2013)

Abstract: This article focusses on the development of both the German s-plural(Kinos) and the prenominal genitive (Peters Haus). The former is commonly assu-med to have risen from possessive constructions with genitive attributes containingfamily names and an elliptic head noun like des Müllers (Haus). While English»group genitives« presumably have been grammaticalized from Middle English»his-genitives«, I argue that prenominal genitives including personal names in bothlanguages originate from possessive constructions as well. This distinction canexplain the special behaviour of the -s appending to female nouns and why it is notpossible to modify the genitive attribute on the right side in German as it holds forEnglish group genitives.

I. Einleitung

In der deutschen Standardsprache wird der Genitiv bei weitem am häufigsten in attributiverFunktion gebraucht, andere Funktionen wie Genitivobjekte, Genitivadverbiale oder adjektivaleGenitive sind kaum noch produktiv und beschränken sich zunehmend auf eine höhere Stilebe-ne. Auf dialektaler Ebene gilt der synthetisch gebildete Genitiv gemeinhin als ausgestorben,lediglich in einigen Gebieten des hoch- und höchstalemannischen Dialektraums scheint ervereinzelt noch eingeschränkt produktiv zu sein (vgl. z.B. Henzen (1932) für das Wallis oderallgemein Koß (1983, S. 1242)). Neben der Standardverwendung des synthetischen Genitivsnach dem Muster der Hund des Mannes gibt es noch drei weitere mit dem Genitiv assoziierteAusprägungen: 1. die historische Voranstellung des Genitivattributs (z.B. des Vaters Haus),2. der umstrittene Status des sog. »Sächsischen Genitivs« (Peters Hund) und 3. die u.a. imSüdhessischen zu Pluralformen reanalysierten ehemaligen Genitivattribute (z.B. ’s Millersch

Lissl, de Rauthe Philipp). Schmuck (2011, 292 f. u. 302) nimmt an, dass letztere als Filter-konstruktionen für die Reanalyse des Genitiv-s zum Pluralflexiv gedient haben und sieht inihnen den Ausgangspunkt für die Ausbreitung des neuen s-Plurals auf Appellative, in derenFlexionsparadigmen es aus historischer Sicht nicht vorkommt.

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In diesem Beitrag soll anhand dialektaler Daten gezeigt werden, dass in reanalysiertenGenitivattributen bei Familien- und Personennamen nicht nur die semantische Lücke zums-Plural, sondern auch zum Sächsischen Genitiv zu finden ist. Hierfür werden zunächst dieStellungsrestriktionen des Genitivattributs im Standarddeutschen dargestellt und ihr historischerWandel nachgezeichnet. Eine formalsyntaktische Analyse der möglichen genitivischen Kon-struktionen stellt die Unterschiede in der Behandlung des s-Suffixes im Deutschen und anderengermanischen Sprachen heraus. Auf dieser Basis wird einerseits am Beispiel der südhessischenFamiliennamen eine in der Forschung bereits angenommene semantische Vorstufe der Reana-lyse zum s-Plural im Standarddeutschen bestätigt. Andererseits sollen diese Familiennamenaufzeigen, wie wiederum der Sächsische Genitiv ebenfalls in ihnen seinen Entwicklungsvor-gänger findet und wieso er aufgrund der dialektalen Unterschiede in der Artikelsetzung nahezuausschließlich in den niederdeutschen Dialekten verbreitet ist.

II. Stellungsrestriktionen des Genitivattributs im Standarddeutschen

Für die Standardvarietät des Deutschen lassen sich zwei Stellungen des Genitivattributs (GA)beobachten: Entweder geht es seinem Bezugswort voran (pränominal), oder es folgt diesem(postnominal). Bestimmte pränominale GAe ohne Determinator, die semantisch auf die Gruppeder Eigennamen sowie wenige Verwandtschaftsbezeichnungen beschränkt sind (1a), bezeichnetman auch mit dem aus der Anglistik stammenden Begriff des »Sächsischen Genitivs«. In derLinguistik ist die Klassifikation dieser Konstruktion allerdings umstritten, da sich die morpho-logischen Formen z.B. bei den Feminina von den echten Kasusendungen unterscheiden (1b).Weiterhin erfüllen sie die gleiche Funktion wie Determinatoren, indem sie der übergeordnetenNominalphrase (NP) Definitheit verleihen. Determinatoren und pränominale GAe sind folg-lich komplementär verteilt (1c). Beispiel (1d) zeigt, dass Eigennamen zwar auch postnominalrealisiert werden können, jedoch im Vergleich zu ihren pränominalen Pendants als markierteinzustufen sind.1

(1) a. Peters Hund; Opas Brille; dessen Dialekt; *Baums Rinde

b. der Mutter-Ø Schürze vs. Mutter-s Schürze

c. Peters Geburtstag; der Geburtstag; *der Peters Geburtstag

d. Peters Geburtstag; ?der Geburtstag Peters

1 Dies scheint lediglich für possessive Genitive der Fall zu sein. Andere semantische Relationen wie z.B. alsObjektsgenitiv die Zerstörung Roms oder als Genitivus auctoris die Werke Goethes sind durchaus akzeptabel(vgl. Fuß 2011, S. 26).

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Ebenfalls als markiert oder gar archaisch anzusehen sind die »echten« pränominalen GAemit Determinator (2a). In idiomatisierter Form oder in Verbindung mit einem Adjektiv imSuperlativ scheinen sie aber noch akzeptabel zu sein (2b).

(2) a. ?der Frau Kind; ?unserer Eltern Auto; ?ihres Kuchens (ein) Stück

b. des Wodkas reine Seele; der Welt teuerste Briefmarke

Zur weiteren Einschränkung können pränominale GAe rechts nicht erweitert werden, z.B.durch eine weitere Determinatorphrase (DP), eine Präpositionalphrase (PP) oder einen Rela-tivsatz (3). Sie stehen immer streng adjazent zu ihrem Bezugsnomen.2 Sind sie erweitert (4),so müssen sie auf ihr Bezugswort folgen und durch ein Artikelwort prädeterminiert sein (vgl.Sternefeld 2009, S. 209-213; Duden 2006, §1272-78; Demske 2001, S. 209-212; Lattewitz1994, S. 119 ff.).

(3) a. * [Opas [DP der anderen Familie]] Enkel

b. * [Opas [PP aus Mannheim]] Enkel

c. * [Opas [CP der aus Mannheim kommt]] Enkel

(4) die Enkel [?(des) Opas [PP aus Mannheim]]

Interessanterweise gibt es bzgl. des Sächsischen Genitivs in anderen germanischen Spra-chen wie z.B. dem Englischen oder dem Dänischen keine vergleichbar strengen syntaktisch-semantischen Restriktionen: Im Englischen ist er semantisch nicht auf die Gruppe der artikel-losen Eigennamen beschränkt, sondern erfasst auch belebte Appellative (5).3 Weiterhin gibtes auch keine obligatorische Adjazenzbedingung von GA und Bezugsnomen wie im Deut-schen. Das s-Suffix kann im Englischen (6a) und Dänischen (6b) sogar durch Relativsätze vomPossessor getrennt sein (vgl. Demske 2001, S. 212):

(5) a. * der Peters Hund

b. the people’s choice

(6) a. [ thedie

womanFrau

[CP Iich

mettraf

yesterdaygestern

]] ’s’s

sisterSchwester

›die Schwester der Frau, die ich gestern traf‹

2 Zwar können Adjektivphrasen (AP) zwischen das GA und sein Bezugsnomen treten (z.B. Peters schöner Hund),diese modifizieren jedoch immer das Bezugsnomen und nicht das GA, weshalb die Adjazenz hier gewahrtbleibt.

3 Unter »Appellativen« werden in diesem Beitrag die beiden substantivischen Gruppen der Konkreta undAbstrakta zusammengefasst.

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b. [ demder

[CP derder

ikkenicht

komkam

]] ’s’s

egeneigene

skyldSchuld

›die eigene Schuld desjenigen, der nicht kam‹

Die postnomionalen GAe sind im Vergleich zu ihren vorangestellten Gegenstücken nicht aufdie etwas weiter gefasste Gruppe der Eigennamen begrenzt (vgl. (1a)) und können außerdemproblemlos durch bestimmte Phrasen modifiziert werden (7).

(7) a. die Enkel [des Opas [PP aus Mannheim]]

b. die Enkel [des Opas [CP der aus Mannheim kommt]]

Zusätzlich ist die komplementäre Verteilung von Determinatoren und GAen für die postno-minale Realisierung aufgehoben:

(8) a. * Vaters das Haus

b. das Haus des Vaters

Offensichtlich müssen postnominal realisierte NPen immer im Genitiv stehen. Im Unterschiedzu Genitivobjekten (z.B. jemanden einer Tat bezichtigen), prädikativen Genitiven (z.B. guten

Mutes sein), präpositionalen Genitiven (z.B. unweit des Platzes) oder adjektivalen Genitiven(z.B. voll des Lobes) ist der hier vorliegende Genitiv ein struktureller Kasus, denn er hängtnicht von der lexikalischen Füllung seiner übergeordneten Phrase ab. Ähnlich der pränominalenSeite lässt sich bei postnominalen GAen ebenfalls eine Adjazenzbedingung zum Bezugsnomenfeststellen (9). Ganz so streng wie von Sternefeld (2009, S. 214 f.) postuliert ist diese Bedingungallerdings nicht ausgeprägt, da einige explikative PPen oder Appositionen zwischen GA undBezugsnomen auftreten können (10).

(9) a. [das schöne Ferienhaus [DP der Freunde] [PP mit Meerblick]]

b. * [das schöne Ferienhaus [PP mit Meerblick] [DP der Freunde]]

c. * [das Kochen [Subj des Vaters] [Obj des Essens]]

d. * [das Leben [Obj unter der Armutsgrenze] [Subj der Familie]]

(10) a. [Der Zug [PP nach Frankfurt] [der Deutschen Bahn]]

b. [Der Abgeordnete [Apposition Cohn-Bendit] [des Europaparlaments]]

Nach Dal (1966, S. 22-25) lassen sich auf semantischer Ebene bzgl. der Relation zwischenBezugsnomen und seinem Attribut im Genitiv grob zwei Haupttypen unterscheiden: Einerseitseine partitive Relation, d.h. das GA beschreibt ein umfassendes Ganzes, während sein Be-zugswort eine Bezeichnung für ein Maß oder eine Menge ist. Andererseits eine nicht-partitive

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Relation, d.h. GA und Bezugswort stellen zwei unabhängige Größen dar, die in beliebigerBeziehung zueinander stehen können. Letztere werden im Duden (2006, §1266-81) als Gruppepossessiver Genitive im weiteren Sinne zusammengefasst. Die Gruppe der partitiven Relationwird noch um den qualitativen und den explikativen Genitiv erweitert; sie soll als Gruppeder nicht-possessiven Genitive zusammengefasst werden. Ein Grund für diese Einteilung inzwei Gruppen ist die Möglichkeit, possessive Genitive im Gegensatz zur anderen Gruppedurch ein possessives Artikelwort (mein, dein, sein, usw.) ersetzen zu können. Weiterhin kön-nen possessive Genitive sowohl pränominal als auch postnominal realisiert werden, währendnicht-possessive Genitive auf die postnominale Stellung beschränkt sind.

Eine letzte Beobachtung betrifft die Produktivität der einzelnen GAe: Possessive GAe sinduneingeschränkt produktiv, während sich die Verwendung des Genitivus qualitatis nur nochauf eine höhere Stilebene bzw. feste Wendungen beschränkt und der Genitivus partitivus derDefinition nach nur nach Maß-, Mengen-, Behälter- und Sammelbezeichnungen steht (vgl. ebd.,§1556). Tabelle 1 fasst die semantischen Einflüsse auf die Stellung der GAe zusammen.

possessive Genitivattribute nicht-possessive GenitivattributeVertreter Genitivus possessivus,

Genitivus auctoris,Genitivus subiectivus,Genitivus obiectivus

Genitivus partitivus,Genitivus qualitatis,Genitivus explicativus

Eigenschaften durch Possessivartikel ersetzbar,uneingeschränkt produktiv

nicht durch Possessivartikel ersetz-bar, eingeschränkt produktiv

Positionierung pränominal und postnominal nur postnominalBeispiel Peters Hund

sein Hundder Hund des Mannes

eine Menge junger Leute#ihre Menge?junger Leute eine Menge

Tabelle 1: Einfluss semantischer Faktoren auf die Stellung der GAe

Ergänzend müssen noch zwei alternative Konstruktionen erwähnt werden, mit denen dieVerwendung des GAs umgangen werden kann:Eine durchaus standardsprachliche Ersatzkonstruktion gibt es in Form einer PP mit von. Siekann sowohl den pränominalen als auch den postnominalen Genitiv paraphrasieren und istimmer dann obligatorisch bzw. dem GA vorzuziehen, wenn der Genitiv nicht morphologischmarkiert ist, z.B. bei Kontinuativa oder artikellosen Nomen im Plural (11). Auch bei nach-gestellten Eigennamen, die in einem possessiven Verhältnis zu ihrem Bezugswort stehen, istdie von-PP die bevorzugte Variante (12) (vgl. Fuß 2011, S. 26; Demske 2001, S. 267). Wei-terhin kann sie als markierte Variante der postnominalen von-PP auch ihrem Bezugsnomenvorangehen (13).

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(11) a. * die Wohnung Familien

b. die Wohnung von Familien

(12) a. ? der Hund Peters

b. der Hund von Peter

(13) ? von Peter der Hund

Eine alternative Konstruktion zu pränominalen possessiven GAen ist die des sog. »possessivenDativs«. Sie setzt sich aus einer Possessor-DP im Dativ und einer übergeordneten DP, bestehendaus einem Possessivartikel und einer das Possessum anzeigenden NP, zusammen. Die Possessor-DP wird nominal meist als Eigenname mit definitem (14a) oder possessivem Artikel (14b)bzw. pronominal mit den deiktisch gebrauchten Artikeln (14c) oder Fragepronomen (14d)realisiert. Semantisch beschränkt sich der Possessor auf belebte Entitäten (14e). Anwendungfindet sie in der gesprochenen Sprache, allen Dialekten sowie regionalen Umgangssprachen. Inder Standardsprache gilt sie dennoch weiterhin als ungrammatisch (vgl. Duden 2006, §2028).

(14) a. dem Peter sein Hund; der Frau ihr Auto

b. meinem Vater sein Hund; meiner Schwester ihr Auto

c. dem sein Hund; der ihr Auto

d. Wem sein Hund ist das?

e. * dem Tisch sein Bein

III. Stellungswandel des Genitivattributs

Für den groben Überblick über die Verhältnisse in den älteren Sprachstufen genügt zunächstwieder die Einteilung in die semantischen Relationen des partitiven und nicht-partitiven GAs.Im Germanischen befand sich das nicht-partitive GA wahrscheinlich auf der Position vorseinem Bezugsnomen, während sein partitives Pendant eher postnominal zu finden war. Wurdeein nicht-partitives GA durch Erweiterung komplexer gemacht, so konnte auch dieses nach-stehen. Nach der Aufspaltung in die einzelnen germanischen Dialekte schlägt die Gruppedes Westgermanischen einen Sonderweg bzgl. der nicht-partitiven GAe ein, indem es hier diepränominale Stellung bevorzugt, wogegen im Gotischen und Altnordischen weder eine Tendenzzur Voranstellung noch zur Nachstellung erkennbar ist (vgl. Ebert 1978, S. 45; Behaghel 1932,S. 177).

Laut der Untersuchung von Carr (1933, 469f.) steht der attributive Genitiv im Ahd. unabhän-gig von der semantischen Relation zwischen Attribut und Bezugsnomen pränominal wesentlich

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häufiger (15), die wenigen postnominalen Fälle lassen sich auf eine beeinflussende Wortfolgeim lateinischen Vorlagentext zurückführen (16). Ausgenommen von dieser Regel sind diepartitiven sowie die erweiterten (»schweren«) GAe, die wie im Germanischen tendenziell eherpostnominal auftreten (17).

(15) a. [GEN sumaro] enti [GEN wintro] sehstic (partitiv)›der Sommer und Winter sechzig‹ (Hildebrandslied 50)

b. fona [GEN dhes chrismen] salbe (nicht-partitiv)›von der Ölung Salbe‹ (Isidor 3,2)

(16) a. lat. mutatio [GEN nominis]

ahd. wehsal [GEN dhes nemin]

›Wechsel des Namens‹ (Isidor 31,12)

b. lat. ad dextro [GEN patris]

ahd. ze zeswun [GEN dinis fater]

›zur Rechten deines Vaters‹ (Notker Psalter 29,8)

(17) a. ein har [GEN des fahses] (partitiv)›ein Haar des Schopfes/Haares‹ (Tatian 30,4)

b. in stat [GEN zehen burgo] (erweitert)›in der Stadt der zehn Burgen‹ (Tatian 53,14)

Erst gegen Ende der ahd. Zeit lassen sich Veränderungen bzgl. der Stellung des GAs feststel-len: Unbelebte Appellative beginnen bei Notker – als Vertreter des Spätahd. – eher postnominalzu stehen, während diese Position für sie zu Beginn der ahd. Periode noch weitestgehendunüblich war. Nach der Zählung von Carr (ebd., S. 473) stehen pränominale und postnominaleGAe bei Isidor und Tatian im Verhältnis von 40:1. Bei Notker beginnen die unbelebten Appel-lative tendenziell postnominal zu stehen (39:51). Ihre belebten Pendants sowie Eigennamengehen weiterhin voran. Statt wie Carr von einer Trendwende hin zur Nachstellung zu sprechen,sieht Lanouette (1996, S. 89) anhand der Daten lediglich eine Tendenz der Eigennamen zurpränominalen Stellung, wobei aber jedes GA auf beiden Seiten des Bezugsnomens erscheinenkann.

In der Gruppe der Possessivpronomen zeichnet sich analog zur Situation der belebten Nominaeine Tendenz zur Voranstellung ab (18a). Sind sie nachgestellt, so folgen sie ebenfalls meistnur der lateinischen Vorlage (18b) (vgl. Schrodt 2004, S. 22 f.).

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(18) a. lat. christo meo

ahd. minemu christe

›meinem Christ‹ (Isidor 173)

b. lat. deus tuus

ahd. got dhin

›dein Gott‹ (Isidor 257)

Die sich im späten Ahd. bei Notker abzeichnende Entwicklung setzt sich auch im Mhd.weiter fort. Schon in den frühesten Belegstellen, die Prell (2000, S. 28 f.) in seiner Auswertungfindet, ist das GA in postnominaler Stellung anzutreffen. Jedoch steht es im gesamten Zeitraumungleich häufiger auch pränominal. Beide Stellungen des Genitivs sind attributiv erweiterbar(19) oder parataktisch mit einem weiteren Genitiv kombinierbar (20).

(19) a. mhd. under [GEN einer krancken iuncvrouwen] fuzzen

›unter den Füßen einer kranken Jungfrau‹ (Hermann von Fritzlar)

b. mhd. ze den hulden [GEN des almehtigen gotes]

›zu Ehren des allmächtigen Gottes‹ (Hoffmannsche Predigtensammlung)

(20) a. mhd. [GEN der steina] unde [GEN der worze] craft

›Die Kraft der Steine und Wurzeln‹ (Salomons Haus)

b. mhd. diu minne [GEN gotis] vn [GEN vnsers nahesten]

›Die Liebe Gottes und unseres nächsten‹ (Kuppitsche Predigtensammlung)

Das GA weist im Mhd. zusätzlich eine höhere Kombinierbarkeit mit dem Artikel des über-geordneten Nomens und auch anderen Determinatoren oder Attributen auf, weshalb es nichtden gleichen determinierenden Charakter besitzen kann, der ihm im Nhd. zugeschrieben wird.Für den nhd. Sprecher kann es deshalb bei den Beispielen in (21) zu Überschneidungen mitzeitgenössischen Substantivkomposita kommen (vgl. auch Demske 1999):

(21) a. mhd. von der [GEN godes] kraft

›von der Kraft Gottes‹ (Salomons Haus)

b. mhd. indem heiligen [GEN gotis] dienest

›in dem heiligen Dienst Gottes‹ (Hofmannsche Predigtensammlung)

Als Besonderheit taucht seit dem Ahd. und vermehrt auch im Mhd. die sog. Fernstellung desGAs auf, d.h. eine Verbform trennt die beiden in Relation stehenden NPn voneinander (22).

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Dies erscheint zwar nicht besonders häufig in der Aufzählung von Prell (2000, S. 29), ziehtsich aber quer durch alle Regionen und Zeitstufen der Epoche.4

(22) a. mhd. e der ente chome [GEN disere uuerlti]

›Bevor das Ende dieser Welt komme‹ (Wiener Notker)

b. mhd. daz wir im chein vrsache geben [GEN des valles]

›dass wir ihm keine Ursache des Falles geben‹ (David von Augsburg)

Prell (ebd., S. 34 f.) zieht aus seinen Daten zur Stellung des GAs im Mhd. einige interessanteSchlüsse für die weitere Entwicklung: Die Verhältnisse unterscheiden sich grundlegend, jenach dem in welcher Textsorte man seine Untersuchungen anstellt. In der Verssyntax überwiegtim Mhd. klar der pränominale Genitiv, während sich die Sachlage in der Prosasyntax, die dergesprochenen Sprache etwas näher kommt, differenzierter gestaltet. Die bei Notker eingetreteneEntwicklung im ausgehenden Ahd. führt im Mhd. nicht zu einer weiteren Zunahme postnomi-naler Genitive. Nachdem in der ersten Häfte des 13. Jahrhunderts der vorläufige Höhepunktnachgestellter GAe erreicht worden ist, gewinnt die pränominale Position wieder an Gewicht.Erst im Verlauf der fnhd. Zeit wendet sich das Blatt endgültig zugunsten der Nachstellung. Einweiterer bemerkenswerter Punkt ist die regional unterschiedliche Bevorzugung der jeweiligenPosition des GAs. Im Alemannischen wird seit jeher der postnominale Genitiv präferiert.

Die Zeit einer relativ geringen Wechselwirkung von Semantik der GAe und ihrer jeweiligenStellung geht im ausgehenden 15. Jahrhundert zu Ende. Seit dem darauf folgenden Jahrhundertgelten pränominal auftretende unbelebte Appellative als markiert. Auch Eigennamen und be-lebte Appellative neigen immer mehr dazu, auch postnominal aufzutreten. Die Nachstellungvon Eigennamen beschränkt sich im Fnhd. jedoch auf Nomina mit lat. Flexion. Um 1700scheinen die belebten Appellative die Möglichkeit der Voranstellung gänzlich verloren zu ha-ben, während die beiden vorangegangenen Jahrhunderte trotz der sich abzeichnenden Tendenznoch von größerer Variation geprägt sind. Dieser Wandel im 15. Jahrhundert mutet besonderseinschneidend an, da noch im Verlauf desselben z.B. im »Hug Schapler« von Elisabeth vonLothringen (1437) eine hohe Produktivität der pränominalen Stellung feststellbar ist und auchkeine semantischen Faktoren eine Rolle spielen (vgl. Demske 2001, S. 217 ff.). In einer Unter-suchung von Fritze (1976, S. 458-463), welche die Stellung u.a. der GAe in zwei verschiedenenZeiträumen vergleicht, wird das Bild von der Wende hin zur vorherrschenden Nachstellung derGAe bestätigt: Um 1500 sind schon rund 67% aller belegten GAe in postnominaler Stellung zu

4 Die Beispiele (19) bis (22) sind von Prell 2000 übernommen, der allerdings keine genauen Stellenangabenmacht, sondern leider nur recht ungenau den ganzen Text als Fundstelle angibt.

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finden. Die Zahl steigert sich um 1700 weiter auf rund 72%.5 Aufschlüsse gibt die Untersu-chung auch über regionale Unterschiede in der Positionierung des GAs: Das Ostmitteldeutschezeigt in beiden Zeiträumen eine sehr starke Präferenz des postnominalen GAs, während deroberdeutsche Raum erst um 1700 zu einer vergleichbaren Präferenz aufschließt. Dies stehtim Widerspruch zum Mhd., wo laut Prell (2000) das Alemannische GAe tendenziell eherpostnominal realisiert. Im Westmitteldeutschen ist dagegen im Vergleich zu 1500 um 1700sogar ein leichter Rückgang der GAe zugunsten der Ersatzkonstruktion mit von erkennbar.6

Auffälligerweise sind ähnlich wie beim im 15. Jahrhundert einsetzenden Schwund von Geni-tivobjekten (vgl. z.B. Ebert 1999, S. 43; Elst 1984, S. 322-325; Behaghel 1923, S. 479 f.) auchbei GAen in diesem Zeitraum einschneidende Veränderungen erkennbar. Es stellt sich die Frage,warum mit der beginnenden fnhd. Periode die ursprünglich zur pränominalen Position tendie-renden GAe fortan die Stellung nach dem Bezugsnomen bevorzugen. Zunächst soll Tabelle 2einen Überblick über die bisher behandelte historische Entwicklung der Stellungspräferenzender GAe geben.

Die Erklärungsversuche zum Stellungswandel des GAs haben bis heute noch keine be-friedigende Antwort geben können. Behaghel (1932, S. 194 f.) führt als einen Ansatz sein»Gesetz der wachsenden Glieder« an – welches oben als »schwere« GAe behandelt wordenist –, demzufolge unbelebte Appellative viel häufiger erweitert werden als die Gruppe derbelebten Appellative und Eigennamen, unter denen wiederum die Eigennamen weitaus seltenereine Ergänzung erhalten. Somit folgert er, da es früher eine weitaus geringere Zahl solcherErgänzungen gegeben hat als heute, dass es einen Zusammenhang zwischen der »Schwere«des GAs und seiner Position geben muss. Frühe Sprachstufen haben »leichtere« GAe, deshalbist hier die Stellung sehr frei, je »schwerer« die GAe im Verlauf der Sprachgeschichte werden,desto mehr tendieren sie zur postnomialen Position. Die statistische Beweislage für diese Theseist aber laut Demske (2001, S. 221) recht schwach. Außerdem könne sie die stagnierendeEntwicklung im Mhd. nicht erklären. Eine andere These vertritt Oubouzar (1992, S. 236-238),die dem pränominalen GA im Ahd. eine Funktion zuweist, die im Nhd. von Artikeln bzw.Determinierern übernommen worden ist. Mit der Entwicklung des Demonstrativpronomenszum bestimmten Artikel und dessen zunehmender Etablierung gegen Ende des Ahd. kann ihrer

5 Da Fritze (1976) neben GAen auch die Ersatzkonstruktionen miteinbezieht, sind die hier angegeben Prozent-zahlen um letztere bereinigt.

6 Zu den Verallgemeinerungen muss einschränkend angemerkt werden, dass in der Untersuchung für die zuvergleichenden Zeiträume nicht immer die jeweils gleichen Literaturgattungen verwendet wurden, obwohl imeinleitenden Abschnitt zur Methodik des Sammelbands darauf explizit Wert gelegt wird (vgl. Schildt 1976,S. 32-35). So findet die Gattung »Volksbuch« um 1500 im darauffolgenden Zeitraum keine Entsprechung.Stattdessen werden »Briefe« ausgewertet. Auch sinkt die Anzahl der ausgewerteten Quellentexte um 1700erheblich.

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Zeitstufe StellungspräferenzenWgerm. partitive GAe postnominal; nicht-partitive GAe pränominalAhd. unabhängig der Semantik pränominal wesentlich häufiger;

postnominal meist von lat. Vorlage beeinflusst;»schwere« Genitive eher postnominal;Possessivpronomen tendenziell pränominal

Notker unbelebte Appellative tendenziell postnominalMhd. Verstexte: pränominale Stellung dominiert (günstigere metrische Struktur, kein

Artikel nötig)Prosatexte: Notkers Entwicklungsstand stagniert

Fnhd. Schwund des synthetischen Genitivs in allen Dialekten;unbelebte pränominale GAe gelten als markiert, sogar Eigennamen und belebteAppellative stehen vermehrt postnominal;Entstehung der Genitivkomposita

Nhd. nur Eigennamen, Verwandtschaftsbezeichnungen, Possessivartikel und be-stimmte Demonstrativa pränominal;Nachstellung dominiert;Erweiterung beider Stellungsvarianten restringiert

Tabelle 2: Überblick über die historische Entwicklung der Stellung des GAs

Meinung nach die Stellung des GAs nur auf die Position nach dem Bezugsnomen hinauslaufen.Die oben skizzierte Situation am Ende der ahd. Zeit widerspricht allerdings ihrer These, dennbei Notker sind nur unbelebte Appellative nachgestellt, alle anderen können in hoher Zahl nochpränominal vorkommen.

Was die Paraphrasierung der GAe betrifft, so kann man zumindest im Ahd. und Mhd. nichtvon »Ersatzkonstruktionen« sprechen, da sowohl auf regiolektaler als auch auf dialektaler Ebenevon einer Lebendigkeit des GAs ausgegangen werden muss. In vielen heutigen Regiolekten,v.a. aber in den Dialekten, müssen attributive NPn im Genitiv durch andere Konstruktionenersetzt werden. Pränominale GAe können in der nhd. Umgangssprache durch die Konstruktiondes possessiven Dativs ersetzt werden, dessen Belege für das Ahd. und Mhd. aber als fraglicheinzustufen sind:

(23) ahd. da uuart [DAT demo Balderes uolon] [NOM sin uuoz] birenkit

›Da wurde dem Balders Fohlen sein Fuß verrenkt‹ (2. Merseburger Zauberspr.)

Am Beispiel des zweiten Merseburger Zauberspruchs in (23) ist oft ein früher Beleg füreinen adnominalen possessiven Dativ gesehen worden, allerdings sollte man erst Belegegelten lassen, in denen die adverbale Beziehung eindeutig auszuschließen ist. In (23) stehtdas Possessivpronomen zwar adjazent zu seinem Bezugsnomen, die Einordnung als adverbal

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oder adnominal lässt sich allerdings nicht sicher bestimmen. Es liegt jedoch nahe, dass derpossessive Dativ aus der Reinterpretation solcher Konstruktionen hervorgegangen ist. Vor dem15. Jahrhundert treten eindeutige Fälle possessiver Dative äußerst selten auf (24), außerdemsind NPn von solcher Komplexität im Ahd. und Mhd. eher untypisch. Aber auch in fnhd. Zeitfindet sich diese Konstruktion häufig nur in für die Öffentlichkeit bestimmten Quellen, die einevolkstümliche Redeweise wiedergeben (25) (vgl. Weiß 2012; Demske 2001, S. 260; Ebert 1999,S. 92 f.; Reichmann/Ebert 1993, §S47; Fritze 1976, S. 420).

(24) a. mhd. Gahmuretes herze (...) getwenget was von [DP der minnen ir hitze]

›Gahmurets Herz war (...) bedrängt von der Minne ihrer Hitze‹ (Titurel 90,1f.)

b. mhd. (...) ein strenger hagel, noch scherpfer dan [DP der bîn ir zagel]

›(...) ein strenger Hagel, noch schärfer als der Biene ihr Stachel‹ (Parz. 297,11f.)

(25) a. fnhd. wie Ulenspiegel [DP einem Frantzosem seinem Pferd] den schwantz usz zoch

(Eulenspiegel 101,7)

b. fnhd. Also bescheiß diser tro:ester [DP der beürin ir bet] (Wickram 115,6)

In manchen Quellen ist sogar ein possessives GA zusammen mit einem Possessivpronomenmöglich. Ebert (1999, S. 92 f.) sieht darin eine Mischkonstruktion, die besonders durch denformalen Zusammenfall von Genitiv und Dativ bei den Feminina (vgl. (24a)) gefördert wordensein könnte. Dieser Mischtyp dringt im 17. und 18. Jahrhundert sogar bis in eine höhereStilebene ein (26) (vgl. Paul 1919, S. 324 f.).

(26) a. Als er [deß Lepidus sein theil] für sich behielt (Lohenstein, Cleopatra)

b. Bringt ja [des Teufels sein Gepäck] (Goethe, Götz von Berlichingen)

IV. Formalsyntaktische Analyse des Genitivattributs

Voraussetzung für die formalsyntaktische Analyse des pränominalen GAs bzw. possessivenArtikels ist die Annahme einer funktionalen DP, wie sie von Abney (1987) vorgeschlagenund u.a. von Bhatt (1990) oder Olsen (1991) auf das Deutsche übertragen wurde.7 Zunächst

7 Neuere Forschungsansätze gehen hier von einer weitaus komplexeren Struktur der DP aus. Weiß (2008, S. 388-391) beispielsweise beschreibt dazu eine allen Possessivkonstruktionen gemeinsame funktionale DP-Struktur,die durch eine AgrP (Agreement-Phrase) und durch einen (aus Possessor und Possessum bestehenden) Small-Clause erweitert ist. Postnominale GAe werden durch sein Modell allerdings nicht erfasst. Roehrs (2010,S. 5-10) nimmt alternativ dazu eine Possessivphrase an, deren Kopf Poss0 vom Possessivartikel und derenKomplementposition von der Possessor-NP besetzt ist. Bei norwegischen Konstruktionen wie bilen hans Per(Auto sein Peter) ›Peter sein Auto‹ bleibt die PossP an ihrer Basisposition im Spezifikator der Possessum-NP.Für deutsche Konstruktionen muss sie in die SpecDP-Position bewegt werden.

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könnte man annehmen, dass sie die Kopfposition der DP besetzen, da sie eine komplementäreVerteilung mit Determinatoren aufweisen (vgl. (1c), (5)). Dadurch erhielte die gesamte DP dasMerkmal [GENITIV]. Allerdings muss die DP dasjenige Kasusmerkmal tragen, das von seinemVerb gefordert wird (27). Wenn also das Bezugsnomen beispielsweise Akkusativobjekt desVerbs ist, so kann der Kopf der DP nur das Merkmal [AKKUSATIV] besitzen, da es sich auf diegesamte DP-Projektion überträgt (28).

(27) a. Ich sehe [AKK Peters Hund]; [NOM Peters Hund] hat ein schönes Fell

b. Ich sehe [AKK seinen Hund]; [NOM Sein Hund] hat ein schönes Fell

(28) * weil sie VP

DP[GENITIV]

D0

[GENITIV]

Peters

NP

Hund

V0

sieht

Für die Analyse kommt somit nur die Spezifikatorposition der DP in Frage. Da die pränomi-nalen Genitive auf artikellose Eigennamen beschränkt sind, muss der Kopf der Attributs-DPleer bleiben. Im Englischen kann er dagegen lexikalisch durch einen Determinator gefüllt sein.8

Eine Herausforderung stellt die Analyse des s-Suffixes dar, denn hierbei müssen drei Variantenunterschieden werden: der Sächsische Genitiv 1. »deutscher« und 2. »englisch-dänischer«Ausprägung sowie 3. der »echte« (archaisch anmutende) pränominale Genitiv. Die echtenGenitivendungen müssen wie alle übrigen Kasusmorpheme zusammen mit ihrem Stamm inderselben Position verbleiben. Das s-Suffix der englisch-dänischen Variante muss sich in D0

befinden, da es wie in (6) gezeigt hinter rechts erweiterte NPen treten kann (29). Das s-Suffixdes deutschen Sächsischen Genitivs ist einerseits nicht mit der echten Genitivendung gleichzu-setzen, da es sich wie in (1b) auch an Feminina hängt, in deren Flexionsparadigma es nichtvorkommt. Andererseits ist seine Reanalyse noch nicht so weit fortgeschritten, dass es wieim Englischen enklitisch hinter rechts erweiterten GAen erscheint. Olsen (ebd., S. 47-53) und

8 Es ist jedoch anzumerken, dass sich in bestimmten Varietäten des Deutschen, v.a. der Jugendsprache und derSprache in sozialen Internetnetzwerken, eine dem Englischen ähnliche Entwicklung abzeichnet. So findet Fuß(2011, S. 38) erste Belege für Konstruktionen wie mein Freunds Nichte oder mein Lehrers Team, bei denender Possessor allerdings semantisch auf belebte Entitäten beschränkt ist. Auswirkungen auf die Stellung dess-Suffixes hat dies jedoch nicht, da zunächst nur die Kopfposition der Attributs-DP lexikalisch gefüllt wird.

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Vater (1991, S. 22-24) bewerten das s-Suffix als Klitikum, das eine possessive Relation zwi-schen einem Bezugswort und seinem nominalen Attribut herstellt, und siedeln es im mit einemMerkmal [POSSESSIV] versehenen Kopf der DP an. Damit würde es die gleiche Funktion wieder Possessivartikel erfüllen, den wir, wie von Demske (2001, S. 136-138) überzeugend gezeigt,von den Possessivpronomen unterscheiden müssen und folglich ebenfalls inklusive seinerFlexionsmorpheme in D0 positionieren (30b).9 Die Analyse des s-Suffixes in D0 kann jedochnicht erklären, wieso im Deutschen die rechte Erweiterung des GAs (vgl. (3)) zu Ungrammati-kalität führt. Es muss sich folglich nach wie vor an seinem Stamm in SpecDP befinden, wobeies sich auf dem Entwicklungsstand der analogischen Extension auf feminine Eigennamenbzw. Verwandtschaftsbezeichnungen befindet (30a). Eine syntaktische Verselbstständigung wieim Englischen ist nicht zu erwarten. Wie bei echten pränominalen Genitiven kann auch einphonetisch nicht realisiertes Nullelement in D0 das Merkmal [POSSESSIV] an die gesamte DPvergeben, wie es für das s-Suffix im Englischen und den Possessivartikel angenommen wird.

(29) DP

DP

D0

the

NP

N0

woman

CP

I met yesterday

D’

D0

[POSS]

’s

NP

sister

(30) a. DP

DP

D0

Ø

NP

Oma-s

D’

D0

[POSS]

Ø

NP

Hund

b. DP

D0

[POSS]

meinsein-em

NP

HundHund

9 Olsen (1991, S. 51-53) spricht sich für eine Analyse des Stamms des Possessivpronomens in SpecDP und derFlexionsmorpheme in D0 aus, da ihrer Meinung in D0 sonst in Beispielen wie mein[1PS,GEN]-em[3PS,DAT]Wagen[3PS,DAT] zwei verschiedene Werte der Merkmale [KASUS], [PERSON] und [NUMERUS] aufeinandertref-fen würden. Ich gehe hier jedoch mit Sternefeld (2009, S. 234 f.) in der Annahme, dass diese Merkmale nichtfür die Selektion von D0 relevant sind, sondern nur für die semantische Possessivrelation.

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Mit der in (30b) angenommenen Analyse des Possessivartikels ist weiterhin die Strukturdes possessiven Dativs gut vereinbar, dessen Possessor-DP im Dativ den Spezifikator derübergeordneten DP besetzen kann. Analysiert man analog dazu ähnliche im Mittelenglischenaufkommende possessive Konstruktionen wie z.B. the queen ys modyr ›der Königin ihreMutter‹, aus denen das englische Klitikon -s bei Gruppengenitiven hervorgegangen sein könnte(vgl. Allen 2003, S. 14-17),10 so zeigt sich der Unterschied zum Deutschen: Das englisches-Suffix wurde vom phonetisch reduzierten Possessivpronomen his, welches ohnehin schon inD0 befand, zum heutigen Possessivmarker reanalysiert, der eine rechte Erweiterung der SpecDPzulässt (31a). Genitive bei Eigennamen und Verwandtschaftsbezeichnungen verhalten sich imDeutschen und auch im Englischen anders: Sie haben keinen Artikel und lassen keine rechteErweiterung zu.11 Deshalb liegt die Vermutung nahe, sie als Überreste synthetischer Genitivezu betrachten (31b).12

(31) a. DP

DP

D0

derthethe

NP

Königinqueenqueen

D’

D0

ihreys’s

NP

Muttermodyrmother

b. DP

DP

D0

ØØ

NP

PetersPeter’s

D’

D0

ØØ

NP

Hunddog

Der Vorschlag von Lindauer (1995), den Possessivartikel als Adjektiv zu analysieren, derwiederum die Possessor-DP im Dativ selegieren könnte, soll für die Standardvarietät desDeutschen verworfen werden, da Possessivartikel und Possessivpronomen heute keine adjek-tivischen Eigenschaften mehr besitzen. Aufgrund vieler Parallelen zwischen Adjektiven undpränominalen GAen bzw. Possessivpronomen im Ahd. und Mhd. ist eine Kategorisierung –zusätzlich zur Analysemöglichkeit in (30a) und (30b) – als Adjektiv eher für diese Sprach-perioden anzunehmen, allerdings in der Komplementposition des Bezugsnomens. Illustriertwerden soll dies am ahd. Beispiel thiu gótes kraft ›die Kraft Gottes‹ (Otfrid IV, 34,1) (32a)und am mhd. Beispiel und gab eim synem knecht syn schwert ›und gab einem seinem Knecht10 Die Entwicklung des englischen s-Genitivs ist ebenfalls umstritten: Ein alternatives Entstehungsszenario geht

z.B. von einer Degrammatikalisierung des synthetischen s-Suffixes zum klitischen oder affixalen Possessivmar-ker aus. Vgl. hierzu den Überblick bei Allen (2003).

11 Eine Ausnahme bzgl. der rechten Erweiterung stellen Namenszusätze wie Walther von der Vogelweides Schriftenoder Diana Spencer’s brother dar, die allerdings als komplexe Nomen und somit als Einheit aufzufassen sind.

12 Auf die Entwicklung und dialektale Differenzierung dieser ehemaligen synthetischen Genitivformen wird inAbschnitt V.2 genauer eingegangen.

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sein Schwert‹ (Prosa-Lanzelot 392,8) (32b). Dazu passt auch der historische Befund, dass eswie in Abschnitt III dargelegt erst seit dem Fnhd. zu einem vermehrten Gebrauch eindeutigerpossessiver Dative kommt – parallel zur allmählichen Herausbildung einer eigenen Kategorievon Possessivartikeln, die für Erzeugung der Struktur erforderlich ist (vgl. Demske 2001,S. 142-145, 153 ff., 225).

(32) a. DP

D0

thiu

NP

DP

gotes

N0

kraft

b. DP

D0

eim

NP

DP

synem

N0

knecht

Die Analyse postnominaler GAe gestaltet sich weit weniger problematisch. Die Attributs-DPist hier das Komplement von N0 seines Bezugsnomens (33). Im Standarddeutschen darf der Spe-zifikator dieser DP aber nicht lexikalisch gefüllt sein (vgl. 9), da sonst die Adjazenzbedingungnicht erfüllt ist.

(33) DP

D0

die

NP

N0

Seite

DP

D0

des

NP

Buches

V. Reanalysierte Genitivattribute in den deutschen Dialekten amBeispiel des Südhessischen

V.1. Familiennamen als Filter für den s-Plural

In den Umgangssprachen und teilweise auch im Standarddeutschen können Nachnamen durchdas Suffix -[s] Bezeichnungen für ein ganzes Familienkollektiv bilden.

(34) a. Schmidts kommen heute abend zum Essen.

b. Der Sohn von Schmidts war heute bei unserer Tochter.

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Über die Ausdrücke in (34) gehen aber die Verwendungsmöglichkeiten nicht hinaus. Anzu-nehmen ist, dass diese Formen aus alten starken Formen pränominaler GAe hervorgegangensind – zu einer Zeit, in der die Bedeutung der Familiennamen noch durchsichtiger war und esnoch üblich war, den Namen des Mannes für die Bezeichnung der gesamten Familie bzw. Sippezu verwenden (vgl. Mottausch 2004, S. 307). Weit über die Möglichkeiten der Umgangssprachehinaus entwickelt haben sich diese Familiennamen auf dialektaler Ebene. Am Beispiel dersüdhessischen Mundart lässt sich dies gut illustrieren, da hier die ehemaligen genitivischenFormen noch transparent sind. Das Südhessische benötigt für diese Familiennamensyntagmenobligatorisch den definiten Artikel im Genitiv [(P@)s] ›(e)s‹. Neben dem starken Genitivsuffix-[s] bzw. -[S] (35a) haben sich außerdem auch noch die schwachen Formen auf -[@] erhalten(35b).13

(35) a. s laU“d˚@SlE5

“S ›s Lautenschlägersch‹; s mags ›s Marks‹; s SUb

˚khEI

“ls ›s Schubkegels‹;

s b˚Ege:s ›s Bergoints‹; s fI5

“hElE5

“S ›s Vierhellersch‹ (Rodau14)

’s Millersch; ’s Reinhads; ’s Schmuckersch (Schwalbach 1908, S. 5, 15)

b. s hO:s@ ›s Haase‹; s KaU“d˚@ ›s Rauthe‹; s fIlb

˚@ ›s Filbe‹ (Rodau)

’s Helfriche; ’s Huje (ebd., S. 27)’s Schlaue (Kröhan 1979, S. 26)

Sogar sog. »Übernamen«15 sind im Gegensatz zur Umgangssprache in dieser Funktionmöglich, wobei Berufsbezeichnungen (36a), die (Vor-)Namen der Ahnen bzw. Eltern (36b) oderauch Ortsbezeichnungen (36c) dienen können. Eine Erweiterung durch Berufsbezeichnungen(36d) bzw. durch die Anrede »Herr« (36e) ist ebenfalls möglich.

(36) a. s SmIds< ›Schmied‹; s SOlds<@ ›Schultheiß‹; s khapmaXE5“S ›Kappenmacher‹;

s bEkhE5“S ›Bäcker‹; s hO:z@b

˚aU“@S ›Hasenbauer‹ (Rodau)

s A–mdsrıXd5s ›Amtsrichter‹; s phAr5s ›Pfarrer‹ (Wenz 1911, S. 70)Kutschersch ›Kutscher‹; Bairischs ›Wirt, der bayerisches Bier ausschenkt‹;Plischmachersch ›Plüschmacher‹ (Krauß 1911, S. 170)

b. s b˚Ed˚@ ›Babett‹; s fKIds<@ ›Fritz‹; s fald

˚i:ns ›Valentin‹ (Rodau)

13 Die Wiedergabe der in den Quellen vorgefundenen Belege erfolgt in der dort angegebenen jeweiligen Notati-onsweise (z.B. Teuthonista-Lautschrift in den älteren Ortsgrammatiken, IPA-Transkription bei Mottausch odereinfaches Alphabet in den literarischen Quellen).

14 Belege aus dem Dorf Rodau (Stadtteil von Groß-Bieberau), Landkreis Darmstadt-Dieburg15 Mottausch (2004) verwendet diese Bezeichnung als Zusammenfassung für Berufsbezeichnungen, Kosenamen

oder Titel, mit denen Familien bzw. Personen zusätzlich zu Ihrem eingetragenen Geburtsnamen bezeichnetwerden können. In der Literatur finden sich noch die Termini »Gattungsnamen« oder »Berufsnamen«, die miraber zu einschränkend aufgrund der Fülle der Möglichkeiten erscheinen. Im nördlichen Odenwald wird schlichtvon Ounoome ›Unnamen‹ gesprochen.

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c. s PEkSpeds< ›Späths vom Eck‹; s hInE5“SO5

“S@ ›hinter Schorsch‹ (Rodau)

d. s le5r5 smIds ›Lehrer Schmidt‹ (Grund 1935, S. 55)

e. s hE5“nIkls ›Herr Nickel‹ (Rodau)

d@s hEr haus@rs ›Herr Hauser‹; d@s hEr ekharts ›Herr Eckhard‹ (Urff 1926, S. 19)

Die Konstruktion ist schon so weit eingefroren, dass sich an ihrer Morphologie auch bei unter-schiedlicher Kasuszuweisung als Akkusativ- (37a) oder Dativobjekt (37b) bzw. als Komplementeiner Präposition (37c) nichts ändert.

(37) a. PIS hEp P@s SmId˚@ Po:g@KUf@ (Isch häb es Schmitte ogeruffe)

b. PIS mUs P@s hO:s@ P@ khO5“t SKaI

“v@ (Isch muss es Hoase e Koard schreiwe)

c. gEI“

mo:l nIvE5“

ds<u: s mags (Gäih mol niwwer zu ’s Marks)gEI

“mo:l nIvE5

“In s b

˚Ed˚@ (Gäih mol niwwer in ’s Bette)

fUn s KaU“d˚@ khUm IS gKO:t (Vun ’s Rauthe kumm isch groad)

PUf s hE5“nIkls vO5

“d˚@ mE5

“(Uff ’s Hernickls woarde mer) (Rodau)

næw@rs lAb@; gæX@riw@rs miX@ls; ins swow@ (ebd., S. 19)ihr guti Freindin, die bei s Nachbar’s dient (Sütterlin 1894, S. 48)ins Schullehra Schneir’sch; uff’s Huje Speicha (Schwalbach 1908, S. 19, 27)

In (35) bis (37) wird jeweils die gesamte Familien- bzw. Hausgemeinschaft bezeichnet. ZurErklärung dieser Konstruktion kann ein elliptisches Nomen, welches auf einen Ort, einenHaushalt oder eine Familie referiert, angenommen werden, auf das sich das heute versteinerteGA bezogen hat (vgl. Brandner 2008, S. 357; Schirmunski 1962, S. 436). Ein Beispiel dafürliefert eine Urkunde aus dem hochalemannischen Witellikon von 1289: vf vnserm gvote dem

wingarten der ze witelinkon lit bi der strasse / dv vons Meiers hus / vf gat ›auf unserem Gutdem Weingarten der zu Witellikon liegt bei der Straße die vons Meiers Haus hinaufgeht‹ (zit.n. Boesch 1946, S. 189). Angelehnt an die Analyse der pränominalen Genitive könnte dieursprüngliche Struktur solcher Ausdrucksformen folgendermaßen ausgesehen haben:

(38) DP

DP

D0

s

NP

Meiers

D’

D0

Ø

NP

hus

18

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Die vorliegende Konstruktion ist folglich ein ehemaliges pränominales GA. In (38) steht esentsprechend der Analyse in (30a) im Spezifikator der DP. Die Kopfposition D0 des GAs istlexikalisch durch ein Artikelwort gefüllt. Dass die Bedeutung heute nicht mehr genitivisch,sondern nur noch pluralisch verstanden wird, ist an der obligatorisch im Plural zu wählendenVerbform ersichtlich, wenn die Konstruktion das Subjekt des Satzes bildet.

(39) P@s KaU“d˚@ b

˚laI

“v@ haI

“d˚

d˚@hO:m (es Rauthe bleiwe heit dehoam)

P@s SUb˚khEI

“ls sIn fo5

“tgfO5

“n (es Schubkejels sin fordgfoarn) (Rodau)

Weitere Evidenz dafür, dass ein genitivisches Verständnis heute nicht mehr vorliegen kann, istder obligatorische Gebrauch des possessiven Dativs zusätzlich zu den bereits vorhandenen er-starrten Genitivsuffixen bei Possessivkonstruktionen mit Familiennamen (40a) oder komplexenPersonennamen (40b).

(40) a. s fI5“hElE5

“s PE5

“n saI

“Stal (s Vierhellers ehrn Saistall)

s KaU“d˚@ PE5

“vE5

“tSaft (s Rauthe ehr Wertschaft) (Rodau)

b. m hE5“nIkls khal sOI

“fKA: (m Hernickls Kall soi Fraa)

d˚@ hO:z@ gKe:d

˚l PE5

“n gO5

“d˚@ (de Hoase Greedl ehrn Goarde) (Rodau)

’m Honnsoul’s Nick’l soi Fraa (Schwalbach 1908, S. 34)dem Semmelsjakob seine vierzig Moje (Löffler o.J. S. 14)

(41) DP

DP

D0

s

NP

Vierhellers

D’

D0

ehrn

NP

Saistall

Bei der Analyse der Familiennamen in (41) wird besonders deutlich, weshalb die Flexions-suffixe auch heute noch, obwohl die genitivische Bedeutung längst verloren gegangen ist undsie nicht mehr als solche eines pränominalen GAs gelten können, am Nomen selbst verbleibenmüssen, gleichwohl als umgedeutete Pluralmarker. Die mögliche Position D0 ist hier durch dasPossessivpronomen der Gesamtkonstruktion blockiert.

Brandner (2008, S. 358), die eine sehr ähnliche Konstruktion für das Alemannische beschreibt(allerdings nur mit dem starken ehemaligen Genitivsuffix -[s]), zieht Parallelen zu anderenDialekten und westgermanischen Sprachen, in denen Komplementierer mit dem finiten Verb

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des Satzes kongruieren und dementsprechend flektieren.16 Ihrer Ansicht nach liege die Paral-lele darin, dass ein Flexionselement in eine andere Position innerhalb derselben (maximalen)funktionalen Projektion hineinkopiert wird. Wenn im Alemannischen nur die ehemalige starkeFlexionsendung -[s] aufträte, so könnte man durchaus wie sie von »s-doubling« sprechen, d.h.die Flexionsendung -[s] wird in die D0-Position »kopiert«. Im Südhessischen kann in D0 aberalternativ das [@]-Suffix auftreten. Dies und Belege aus Dialektgrammatiken für die schwacheEndung auch im Alemannischen hindern uns daran, von s-Dopplung bzw. einem Vorgang desKopierens auszugehen, höchstens von einer Dopplung der Allomorphe.17 Weiterhin kann derDeterminator im Südhessischen auch oft die volleren Formen [d

˚Es] bzw. [@s] haben, die niemals

als Flexionsendung am Namen auftauchen, was ebenfalls gegen eine Dopplungserscheinungspricht.Generell ist das s-Suffix untypisch für das Südhessische und viele andere mittel- und oberdeut-sche Dialekte. Auch als uminterpretierte Pluralmarkierung mutet es seltsam an, denn starkeMaskulina, die im standardsprachlichen Genitiv zwar das -[s] aufweisen, bilden – von über dieUmgangssprache und die Medien eingedrungenen Formen abgesehen – ihren Plural niemalsauf die Endung -[s] (42) (vgl. ebd., S. 357). Auch zahlreiche Dialektgrammatiken bewerten denim Niederdeutschen verbreiteten s-Plural als »der Mundart völlig fremd« (Hertel 1888, S. 93).

(42) * d˚i: nOXb

˚E5“S (die Nochbersch) ›die Nachbars‹

s nOXb˚E5“S (s Nochbersch) ›s Nachbars‹

d˚i: nOXb

˚E5“n (die Nochbern) ›die Nachbarn‹ (Rodau)

Dies gilt fast für den gesamten alemannischen, ostfränkischen und mitteldeutschen Raum.Außer bei den Familiennamen gibt es keine nativen Substantive, die dort ein Pluralmorphem-[s] in ihrem Flexionsparadigma aufweisen. Ein Übergangsgebiet stellen das Ripuarische sowiedie nördlichen Teile des Thüringischen und Obersächsischen dar, wie die stichprobenhafteAuswertung von Dialektgrammatiken in Abbildung 1 zeigt. Eine interessante Ausnahme bildetder bairische Sprachraum. Hier haben sich nicht einmal bei Familiennamen Reliktformendes Genitivs erhalten. Stattdessen werden die Familiennamen mit bei bzw. von kombiniert,um auf das gesamte Familienkollektiv zu verweisen.18 Folgerichtig gibt es dort auch keinens-Plural (auch nicht bei Fremdwörtern wie Kinos: bair. d’Kino), weshalb das Bairische bei derAuswertung nicht berücksichtigt wurde (vgl. Merkle 1984, S. 93-96).

16 Als Beispiele führt sie bairisch: wenn-st moan-st ›wenn du meinst‹ und friesisch: dat-st do soks net leauwemoa-st ›dass du sowas nicht glauben sollst‹ an.

17 Für den alemannischen Raum belegen z.B. Weber (1987, S. 209-212), Jutz (1925, S. 231 ff.) oder Schatz (1897,S. 119 ff.) die schwachen Flexionsendungen.

18 Z.B. Von Hintermaier hand scho fuatgfoan ›Hintermaiers sind schon fortgefahren‹, vgl. Weiß (i.E.).

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Legende! s-Plural! kein s-Plural

Abbildung 1: Auftreten des s-Plurals bei Appellativen in den Dialekten. Hinterlegt ist dieDialekteinteilung von Wiesinger (1983).

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Somit ist die gesamte Konstruktion als ein zum Plural reanalysierter Genitiv zu bewerten,der in den meisten mittel- und oberdeutschen Dialekten jedoch eine morphosyntaktischeBesonderheit darstellt. Nübling/Schmuck (2010) und Schmuck (2011) beschäftigen sich imRahmen des Projekts »Deutscher Familiennamenatlas« mit der Entstehung und Verwendung dess-Plurals im Deutschen und anderen germanischen Sprachen. Sie kommen zu dem Schluss, dassdie fehlende semantische Lücke bei der Reanalyse des Gen. Sg. -[s] zum generellen Pluralflexiv-[s] in Syntagmen von Familiennamen zu suchen sei, wie sie hier für das Südhessische diskutiertwurden. Die Eigennamen und Familiennamen fungierten aufgrund ihres »höheren agentivenPotentials« als Katalysator für die Grammatikalisierung des Flexivs und dessen Ausdehnungauf den Bereich der Appellative wie Jobs oder Zoos (vgl. ebd., S. 292 f., 302). Nach derDurchsicht der Dialektgrammatiken kann hier noch ein weiterer Aspekt hinzugefügt werden:In den mitteldeutschen Übergangsgebieten tritt das Plural-[s] häufig zunächst an Substantive,deren Pluralformen sich historisch nicht von der Singularform unterschieden haben. Aberauch an durch den Umlaut gekennzeichnete Pluralformen kann das Suffix treten. Generellsind dies meist Substantive auf -er, -en und -e(r)l sowie Pluralformen des Diminutivs, z.B.Gärtens, Kerls, Mädchens, Ofens oder Esels im Ripuarischen (Greferath 1922, S. 32-36),wobei oftmals die Seltenheit dieser Formen betont wird. Dies lässt auf eine noch recht jungeBildungsweise schließen. Je weiter man sich in nördlicher Richtung bewegt, desto häufiger undverbreiteter wird das Plural-[s] und desto früher tritt es in Erscheinung. Im Brandenburgischenund Nordniederdeutschen sind solche Pluralbildungen schon seit dem 15. Jahrhundert belegt(vgl. Schönhoff 1908, S. 72-79; Mackel 1907, S. 76).

V.2. Personennamen als Filter für den Sächsischen Genitiv

Zur Bezeichnung einzelner Personen kann in allen Dialekten des Deutschen der Familiennamevor den Vornamen gestellt werden. So heißt es beispielsweise im Saarland de Meier Kurt19

oder im Bairischen d’Fischer Anna (Weiß 1998, S. 71 f.). Mit Ausnahme des Bairischenkann auch bei diesen Syntagmen das alte Genitivsuffix -[s] erhalten sein. In den meistensüdlichen Dialekten wie z.B. dem Südhessischen ist zusätzlich noch die schwache Endung-[@] gebräuchlich. Die Form des Determinators wechselt hierbei zwischen dem genitivischenArtikel [d

˚Es] bzw. [(P@)s] und dem mit der Possessum-NP kongruierenden definiten Artikel [d

˚@]

bzw. [d˚i:] (43a).20 Auch die Übernamen, genauer gesagt die Vornamen von Verwandten bzw.

19 Figur aus der Fernsehserie »Familie Heinz Becker«20 Bei älteren literarischen Quellen und Grammatiken ist keine Systematik in der Wahl des Determinators erkennbar.

In den neueren Belegen aus Rodau beschränkt sich die Wahl des genitivischen Artikels auf die Familiennamen,während bei Personennamen durchweg der kongruierende definite Artikel verwendet wird.

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Ortsbezeichnungen, sind in der Funktion als Personennamen reich vertreten (43b). Teilweiseverschmelzen die Attribute sogar völlig mit ihrem regierenden Personennamen (43c).

(43) a. d˚@ SUb

˚khEI

“ls fIlIp (de Schubkejels Philipp); d

˚@ b

˚Ege:s phe:KE5

“(de Bergees Peerer);

d˚i: hO:z@ gKe:d

˚l (die Hoase Greedl); d

˚@ phaI

“ls lUd

˚vIS (de Peils Ludwisch); d

˚@ fIlb

˚@

Palb˚KESt (de Filbe Albreschd); d

˚@ SOlds<@ fIlIp (de Scholze Philipp); d

˚i: mA:lA:s PIN@

(die Mahlas Inge); d˚@ PA:l@ SO5

“S (de Ahle Schorsch); d

˚@ KaU

“d˚@ fIlIp (de Rauthe

Philipp) (Rodau)’s Bräunings Margräit, die Reinhads Margräit, de Helfriche Schorsch, ’s Heldmonns

Lennhad, ’s Huje Chrischd’l (Schwalbach 1908, S. 8, 15, 26 f., 56)de Wenze Philipp, de Rindfuße Päirer (Kröhan 1979, S. 14)

b. d˚@ b

˚E5“v@ls fIlIp ›Bärbels Philipp‹; d

˚@ b

˚Ed˚@ khal ›Babette Karl‹; d

˚@ hE5

“nIkls khal

›Herr Nickels Karl‹; d˚i: hInE5

“SO5

“S@ maKi: ›Hinterschorsche Marie‹; d

˚@ PEkSpE:ds<

fIlIp ›Eckspäths Philipp‹ (Rodau)

c. Reinhadspäidl; die Bafelsgräit (Schwalbach 1908, S. 7, 59)Willmens-Gräit (Schaffnit 1926, S. 14)

Neben den Vornamen können auch die Namen von Gehöften oder generell immobile Besitz-tümer nach diesem Schema genauer bestimmt werden: d

˚i: fKIks hOvE5

“t (die Fricks Howert)

›Fricks Hofreite‹; d˚i: KOs@ hOvE5

“t (die Rosse Howert) ›Rosse Hofreite‹ (Rodau); ’s Huje Speicha

(Schwalbach 1908, S. 27). Für die Strukturanalyse dieser Possessivkonstruktionen kann einkomplexes Nomen angenommen werden, welches aus dem Possessor und dem Possessumden Personennamen bildet. Den eigentlichen Kopf dieses Nominalkomplexes stellt jedoch derVorname bzw. Name des Besitztums dar, da er das Genus des zu wählenden Artikels festlegt(44a).21 Ein auffallend ähnliches Beispiel aus dem Ahd. findet sich im bereits in Abschnitt IIIdiskutierten 2. Merseburger Zauberspruch: demo Balderes volon (vgl. (23)). Für die ahd. Zeitsind solche komplexen Nomen jedoch untypisch, weshalb das GA hier analog zur Analysein (32a) ähnlich einem adjektivischem Attribut in die Komplementposition der NP eingesetztwerden soll (44b). Diese Struktur könnte man auch als die ursprüngliche für komplexe Nomenwie in (44a) ansetzen, wobei sich die attributive funktionale DP zu einem zweiten lexikalischenKopf N0 entwickelt hat.

21 Vgl. die Analyse der Eigennamen im Bairischen bei Weiß (1998, S. 71 f.).

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(44) a. DP

D0

de

NP

N0

Bärwels

N0

Philipp

b. DP

D0

demo

NP

DP

Balderes

N0

volon

Neben der in Abschnitt V.1 gezeigten Filterfunktion für den s-Plural bei Familiennamen istanhand dieser Personennamensyntagmen ebenfalls die Entstehung des Sächsischen Genitivsableitbar. Es muss zunächst davon ausgegangen werden, dass das GA zu einem bestimmtenZeitpunkt in allen deutschen Dialektgebieten sowohl Eigennamen wie (des) Müllers Karl (45a),als auch Appellative wie das Müllers Haus (45b) näher bestimmten konnte.22

(45) a. DP

DP

D0

(des)

NP

Müllers

D’

D0

Ø

NP

Karl

b. DP

D0

das

NP

DP

Müllers

N0

Haus

In den meisten mitteldeutschen und allen oberdeutschen Dialektgebieten wurde die Arti-kelsetzung bei Eigennamen im Laufe der Zeit obligatorisch. Dies zwang das GA dazu, dieKomplementposition des Possessums zu besetzen und eine adjektiv-ähnliche Funktion zuerfüllen, während die Spezifikatorposition aufgrund des obligatorischen Artikels nicht mehrbesetzt werden konnte. Andernfalls wären Konstruktionen wie *des Müllers der Karl dieFolge. Der genitivische Artikel des Possessor-Eigennamens im Mittel- und Oberdeutschentrat somit innerhalb der Nominalklammer in Konkurrenz zum Artikel des Possessors (?der ’s

Müllers Karl). Eine solche Doppeldetermination muss als redundant empfunden worden seinund wurde schließlich auf den nicht-genitivischen Artikel reduziert (46a). Dies geht mit derstetigen Verfestigung der Nominalklammer einher, die systematisch pränominale GAe aus demKlammermittelfeld ausschließt und so das Artikelwort mit dem Kernnomen kongruieren kann.

22 Belege dafür lassen sich auch in niederdeutschen Dialektgrammatiken finden. So erwähnen dies z.B. Fort (1965,S. 46 f.) für das Nordniederdeutsche, Frebel (1957, S. 55) für das Westfälische sowie Lange (1963, S. 242 ff.)für das Ostfälische.

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(46) a. DP

D0

der

NP

DP

D0

’s

NP

Müllers

N0

Karl

b. DP

DP

D0

’s

NP

Huje

D’

D0

Ø

NP

Speicha

In den ca. 100 Jahre alten literarischen Quellen sind noch beide Artikelformen mit unklarerVerteilung belegt (’s Bräunings Margräit vs. die Reinhards Magräit, vgl. (43a)). Dass derArtikel ’s nicht zwangsläufig vom Artikel im Neutrum das herrühren muss, was häufig mitder dialektalen Determination von Frauennamen im Neutrum in Verbindung gebracht wird,sondern noch das Überbleibsel des genitivischen Artikels sein kann, zeigt der Personennameeines männlichen Erwachsenen ’s Heldmonns Lennhad (ebd., S. 56) bzw. die Bezeichnungeines männlichen Besitztums ’s Huje Speicha (ebd., S. 27). Hier scheint die Restriktion aufeine adjektiv-ähnliche Funktion noch nicht vollzogen worden zu sein, da nach wie vor das GAdeterminiert wird (46b). Es ist demnach wahrscheinlich, dass hier noch ein echtes pränominalesGA vorliegt. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts fällt die Wahl zunehmend auf den Artikel, derdas Possessum determiniert, weshalb das Syntagma im mittel- und oberdeutschen Raum wie in(44a) zu einem komplexen Nomen reanalysiert wird und die possessive Relation der beidenNomen verloren geht. Dafür spricht auch, dass es in diesen Dialekten keinerlei Reliktformendes Sächsischen Genitivs gibt.

Im Niederdeutschen und in Teilen des Mitteldeutschen blieb die Setzung des Artikels beiEigennamen eher optional – wenn sie nicht sogar zur Ungrammatikalität führte. Ohne einenobligatorischen Artikel konnte das GA bei Eigennamen keine adjektiv-ähnliche Funktion wiein (46a) einnehmen und besetzte dementsprechend nie die Komplementposition des Bezugs-nomens. Durch das Verbleiben in der Spezifikatorposition konnte die Konstruktion nicht zueinem komplexen Nomen reanalysiert werden.

Ähnlich wie bei den zum Plural reanalysierten Familiennamen kann hier der semantischeFilter für die Entstehung des Sächsischen Genitivs im nördlichen deutschen Sprachraum ge-sehen werden. Ausgehend von der näheren Bestimmung einer Person durch z.B. den Namendes Familienkollektivs wie Müllers Karl, könnte sich diese Art von Konstruktion weiter aufimmobile Besitztümer wie Müllers Haus/Hof/Garten/Wiese oder höher entwickelte Tiere wieMüllers Pferd ausgedehnt haben. Durch die Erweiterung möglicher Possessoren auf Verwandt-

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schaftsbezeichnungen und Eigennamen konnten bald immer individuellere Possessivrelationenwie Okels Hunt ›Onkels Hund‹ (Martin 1925, S. 85) oder Bernds Bauk ›Bernds Buch‹ (Fort1965, S. 46) ausgedrückt werden. Nach diesem Schema wurde das s-Suffix schließlich in einemletzten Schritt auf weibliche Nomina und sogar komplexere Phrasen übertragen, z.B. (min)

Muddas Hus ›(meine) Mutters Haus‹ (Bock 1933, S. 80 f.). Der Gebrauch des SächsischenGenitivs in der Standardsprache entspricht folglich dem Zustand in den niederdeutschen undmanchen mitteldeutschen Dialekten.

In den mittel- und oberdeutschen Dialekten lassen sich ähnliche Vorgänge erkennen, jedochlaufen diese Entwicklungen in eine »Sackgasse«, namentlich in die Reanalyse zu komplexenNomen oder Nominalkomposita, da der obligatorische Artikel in D0 steht und SpecDP nichtbesetzt werden kann. Wie am Südhessischen illustriert kann das s-Suffix auch hier an weiblicheVornamen wie de Bärwels Philipp ›Bärbels Philipp‹ oder hinter komplexere Phrasen wie de

Hernickels Kall ›Herr Nickels Karl‹ treten; sogar die schwache Endung findet sich in dieserFunktion: die Hinnerschorsche Marrie ›Hinter Schorsche Marie‹ (vgl. (43b)). In diesen Fällenmuss die Phrase bereits zu einem komplexen Nomen verschmolzen bzw. lexikalisiert sein, umwiederum mit einem Personennamen ein komplexes Nomen zu bilden. Noch deutlicher wirddies an Konstruktionen, in denen der gesamte Personenname des Vaters den Vornamen näherbestimmt. Hier wird das Genitivsuffix sogar wiederholt, wie z.B. im Alemannischen s Stutze

Jokebe Hansjokeb ›Stutze Jakobe Hansjakob‹ (Weber 1987, S. 209 ff.) oder im Osthessisch-Thüringischen Pfafferschhännerschandräs ›Pfeffers Johanns Andreas‹ (Dellit 1913, S. 151).

Abbildung 2 zeigt die areale Verteilung der Setzung eines definiten Artikels bei Eigennamenin den deutschen Dialekten. Jeder Ortspunkt belegt das Auftreten von Familiennamen- oderPersonennamenkonstruktionen wie (des) Müllers Haus bzw. (des) Müllers Karl – sie sindalso im gesamten deutschsprachigen Raum vertreten. Es ergibt sich eine Zweiteilung desdeutschen Sprachgebietes, wobei die nördlichen mitteldeutschen Dialekte ein Übergangsgebietdarstellen: Nördlich dieses Gebiets ist die Setzung des Artikels bei Eigennamen fakultativ bzw.ungrammatisch, während sie südlich davon obligatorisch ist.23 Bei einer Überblendung mit demVorkommen von s-Pluralen zeigt sich deutlich, dass s-Plurale nur in den Dialekten vorkommen,die keinen Artikel bei Eigennamen verlangen. Die Datenlage des s-Plurals kann hier als sehr ver-lässlich gelten, da alle untersuchten Ortsgrammatiken die Pluralbildung ausführlich behandeln.Anders verhält es sich bei den Angaben zur Artikelsetzung, da nur selten die Morphosyntax derEigennamen behandelt wird. Und wenn sie behandelt wird, dann werden meist keine explizitenAngaben zur Artikelsetzung gemacht. So müssen die Daten aus den oft sehr spärlichen vorhan-

23 Eine Ausnahme stellt das Saarländische dar: Hier ist die Setzung des genitivischen Artikels bei Familiennamen-konstruktionen ungrammatisch, da (e)s ausschließlich der Determination weiblicher Namen vorbehalten ist(durch Informanten bestätigt).

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denen Beispielen zu genitivischen Familiennamen bzw. Personennamen entnommen werden,wobei eine Auslassung des Artikels nicht unbedingt bedeuten muss, dass dort der Artikelungrammatisch ist. Oft sind Artikel bei Eigennamen obligatorisch, jedoch in Verbindung mitgenitivischen Familiennamen ungrammatisch. Diese Ortspunkte sind zusammenfassend durchgestrichelte Quadrate gekennzeichnet. Die Angaben zum Auftreten des Sächsischen Genitivssind ebenfalls sehr lückenhaft. Ein Ortspunkt wurde nur dann dementsprechend markiert, wenndas Auftreten des Sächsischen Genitivs wie in manchen nördlichsten Dialekten explizit erwähntwurde, oder aus den gegebenen Beispielen eine Form eindeutig als solcher identifizierbar war.Trotz der lückenhaften Datenlage lässt sich dennoch festhalten, dass sich die Verteilung desSächsischen Genitivs mit der des Plural-[s] bei Appellativen deckt. Ein Zusammenhang vonArtikelsetzung bei Eigennamen und Sächsischem Genitiv ist aus dialektgeografischer Sichtalso ebenfalls naheliegend.

VI. Zusammenfassung

In diesem Beitrag wird dafür argumentiert, dass anhand dialektaler Familien- und Perso-nennamenkonstruktionen sowohl die Entstehung und Ausbreitung des s-Plurals als auch desSächsischen Genitivs erklärt werden kann. Über die Reanalyse ehemaliger pränominaler Ge-nitive wie des Müllers zu pluralischen Familienbezeichnungen kann die semantische Brückezum Plural-[s] in den niederdeutschen Dialekten und auch der Standardvarietät geschlagenwerden. Im Westoberdeutschen und Mitteldeutschen ist das -[s] als flexionsmorphologischeBesonderheit zu betrachten, die nur Familiennamen in den Plural setzen kann. Ausgehend vonPersonennamenkonstruktionen wie (des) Müllers Karl lässt sich die semantische Restriktiondes Sächsischen Genitivs auf Eigennamen und Verwandtschaftsbezeichnungen erklären. Dieobligatorische Artikelsetzung bei Eigennamen in den mittel- und westoberdeutschen Dialektenzwingt das pränominale GA, dort ausschließlich die Komplementposition des Bezugsnomenseinzunehmen und zu einem komplexen Nomen bzw. einem Kompositum reanalysiert zu werden.In den niederdeutschen und nördlichen mitteldeutschen Dialekten kann das pränominale GAdank des fehlenden Artikels in der Spezifikatorposition verbleiben und sich zum SächsischenGenitiv weiterentwickeln. Das Bairische weist als einzige Dialektregion niemals ein -[s] inseiner Flexionsmorphologie auf, da der synthetische Genitiv nicht einmal bei Familien- undPersonennamen etwaige Reliktformen hinterlassen hat. Die Erkenntnisse zur Entwicklungdes Sächsischen Genitivs in den norddeutschen Dialekten lassen auch Rückschlüsse auf dieSituation im Englischen zu, wo sich eine Zweiteilung abzeichnet: 1. Echte pränominale GAemit Eigennamen ohne Artikel und ohne die Möglichkeit der rechten Erweiterung (Peter’s

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LegendeD s-Plural

( Sächsischer Genitiv" kein Artikel bei EN" immer Artikel bei EN¥ k. A. zu Artikel bei EN

Abbildung 2: Korrelation zwischen Artikelsetzung bei Eigennamen und Sächsischem Genitivbzw. s-Plural in den deutschen Dialekten. Hinterlegt ist die Dialekteinteilung vonWiesinger (1983).

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Page 29: Die Entstehung von s-Plural und Sächsischem Genitiv · lich komplementär verteilt (1c). Beispiel (1d) zeigt, dass Eigennamen zwar auch postnominal Beispiel (1d) zeigt, dass Eigennamen

house), die wie im Deutschen aus Personennamensyntagmen entstanden sind. 2. Possessiv-konstruktionen mit belebten Possessoren und Artikel (the woman I met yesterday’s sister), dieaus mittelenglischen Syntagmen wie the queen ys modyr reanalysiert wurden. Das Possessiv-pronomen besetzt seit jeher die Kopfposition der DP, weshalb der Possessor fakultativ rechtserweitert werden kann.

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