die gesamtinfektkette als grundlage epidemiologischer darstellungen

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666 HABS, Gesamtinfektkette, Klinisclae Wochensehritt mit unseren bisherigen Methoden der Fettdarstellung fast ausschlieBlich erst in den distalen Abschnitten der Harn- kan~lchen darstellbar und nur in solchen F~lten schon in den proximalen kenntlich, wenn eine besonders hochgradige Albumin-Lipoidurie besteht, wie wir das ffir unsere F$tlle nachweisen konnten. Der Ifir einen Weitertransport der Fett- stoffe und Lipoide erforderliche Aggregatzustand wird sich vielleicht unserer morphologischen Erfassung entziehen, da unsere histologischen Methoden einen molekularen Umbau kaum erkennen lassen. Darfiber werden weitere Unter- suchungen angestellt. In Verbindung mit unseren Befnnden and der daraus ent- wickelten funktionellen ZusammengehSrigkeit yon spezifi- schem Parenchym und interstitiellem Lymphgef~Bsystem der Niere ergibt sich, dab der pathohistologische Ablauf der Nephrose nach RANDERATH sich grunds~tzlich nicht yon ~Lhnlichen Vorg~ngen in anderen Organen des menschlichen I(6rpers unterscheidet, ftir die bereits seit langem die struk- turelle and auch funktionelle Einheit zwischen Parenchym und LymphgefiiBen feststeht. Es erscheint uns daher frag- lich, wenn in jfingster Zeit H. SCHMIDT bei der ser6sen Nephri- tis yon einer Ausscheidung des EiweiBes aus dem Interstitium heraus in die Harnkanalchenlumina spricht. Literatnr: DEVINe, Biochemic. J. 35, 433 (I941) -- E. FAKIR, Franf. Z. Path. 56, 497 (1942). -- FRESEN, Virchows Arch. 308, 344 (1941) -- Beitr. path. Anat. (im Druck) (weiteres Schrifttum). -- Dis HAAN, Pflflgers Arch. 2oi (I923). -- HELMKE, Virchows Arch. 302, 323 (1938). -- H. KAtSERLING, Virchows Arch. 309, 561 (1942). -- MOLLXR, A. Arch. klin. Chir. 97, 44 (1912). -- RA~DE~AT~, Erg. Path. 3z, 91 (1937) -- Klin. ~rschr. 1941 , 281, 3o5 (weiteres Schrifttum). -- REIN, Physiologie des Menschen, Berlin 1941. -- H. SCH~IDT, Frankf. Z. Path. 56, 311 (I94~). DIE GESAMTINFEKTKETTE ALS GRUNDLAGE EPIDEMIOLOGISCHER DARSTELLUNGEN. yon HORST HABS. Aus dem Hyglenischen Instltut der Friedrieh Wilhelms-Unlversit~it zu Berlin {Direktor: Prof. Dr. H, ZEISS). Der Versuch, ein Wissensgebiet durch Formel und Schema darznstellen, wird nie roll befriedigend ausfallen. Er ist aber nicht llur zu didaktischen Zwecken erwfinseht, sondern er ist anch geeignet, auf Lficken unserer I<enntnisse hinzuweisen und damit Ansatzpunkte ftir weitere Forschungen zu bieten. ~Venn die Epidemiologie die Verbreitungswege einer In- fektionskrankheit darstellen will, so bedient sie sich Init Vor- teil des Bildes der In/ektkette, das anf DOERR zurfickgeht. DOERR bezeichnete ~bertragungen yon Mensch zu Mensch als homogene, ~bertragungen yon einem tierischen Wirt auf den Menschen als heterogene Infektketten. In einer Darstellung der allgemeinen Epidemiologie, die ich vor kurzem gegeben habe (Grundlagen der allgemeinen Epidemiologie, in: Die ansteckenden Krankheiten, heraus- gegeben yon M. GUNDEL, 2. Auflage, Leipzig 1942), habe ich diese Einteilung fortentwickelt. Denn die Krankheiten, die yore Tier auf den Menschen fibertragen werden, zerfallen in 2 Gruppen, die sich epidemiologisch grunds~Ltzlich voneinander unterscheiden, einerseits I<rankheiten wie Tollwut oder andere Zoonosen, bei denen der Erreger bei verschiedenen %Varmblfiterarten (gegebenenfalls auch-V6geln) I<rankheits- bilder hervorruft, die einander gleichwertig sind, andererseits i<rankheiten wie Malaria oder Fleckfieber, bei denen zwischen die Erkrankungen des Menschen als Glieder der I<ette In- sekten oder andere niedrig organisierte Tiere eingeschaltet sind, in denen die Infektion einen anderen Charakter annimmt wie im warmblfitigen %Virt. Ich habe deshalb folgende ]3e- zeichnungen gew/ihlt: Die lnJektkette ist homogen, wenn sich gleichwertige In/ektionen bei Wirbeltie~'en aneinander an- schlieBen, und zwar homogen-homonom, wenn die Krankheit gesetzm/t/3ig auf eine Spezies beschr~inkt ist (Beispiel : Masern), homogen-heteronom, wenn der Erreger eine Infektionsbeziehung zu mehreren Tierarten besitzt (Beispiel: Tollwut). Die In- fektkette ist heterogen, wenn zwischen die ErkrankUngen der \u jeweils eine In/ekti~n yon niederen Tieren ein- geschaltet ist, und zwar heterogen-homonom, wenn die Er- krankung an eine Wirbeltierspezies gebunden ist (Beispiel: Malaria), heterogen-heteronom, wenn mehrere Wirbeltierarten als m6gIiche Wirte in ]3etracht kommen (Beispiel: routines Fleckfieber). Wollen wit die Infektketten in einem einfachen Schema darstellen, so wie es yon GOTSCHLICI~ zur Wiedergabe der In- fektionswege verwendet wurde, so komnaen wir zu folgender Gruppiernng: I. Homogen-homonome Infektkette (Beispiel: Masern) M -~ M --> M -~ M -)~ (3/= Mensch). II. Homogen-heteronome Infektkette (Beispiel: Tolhvut) W --~ H -* H --~ H -* M (W = Wolf, H HuIld}. Die heteronome Infektkette mit ihrer oft b]inden Endigung beim Menschen l~U3t sich deutlicher in einem Schema mit verschiedenen Stufen darstellen : W--~ W -* H -~- H -+ H-* III. Heterogen-homonome Infektkette (Beispiel: Malaria) M M M ~IA~ [7~i/~ (I = Insekt). IV. Heterogen-heteronome Infektkette (Beispiet: nmrines Fleckfieber) R R /r l~ x.~ l/x'~I/~'Xl/* (/~ = Ratte). M Mit dieser Einteilung der InIektketten haben wir eine wesentliche Gruppierung der Infektionskrankheiten gewon- nen. DaB sie aber noch verh$iltnism~gig grob ist, geht daraus hervor, dab unter den Seuchen mit der einfachen homogen- homonomen Infektkette Krankheiten yon verschiedenster epidemiologischer \u wie etwa Masern, Typhus, Lues, vertreten sind. Ein Teil dieser Unterschiede ist durch die Verschiedenhei~ der Ubertragungswege bedingt, Krankheiten, die durch Tr6pfcheninfektion verbreitet werden, zeigen ein anderes Seuchenverhatten als solche, bei denen eine l[)bertragung durch Lebensmittel in Betracht kommt. Man wird in der schematischen Darstellung diesem Umstand Rechnung tragen k6nnen, indem man den Pfeil, der die Glieder der Infektions- kette verbindet, verschiedenartig darstellt, z. B. : ooo--~ ffir Tr6pfcheninfektion, -~ ffir Kontaktiufektion, *,,o-* f~ir Staubinfektion, --(l)--~ ftir f)bertragung dutch LebensmitteI. Es 1/i[3t sich dann auch andeuten, ob ein Infektionserreger sich l~ngere Zeit in der Auflenwelt zu halten vermag oder nicht. Dieser Unterschied kann yon erheblicher epidemio- Iogischer Bedeutung sein. Pocken und Masern z. B. ~thnetn sich in ihrem Infektionsablauf und in ihrem l)bertragungs- wege weitgehend; w~Lhrend sich abet der Infektionsstoff der Pocken 1/ingere Zeit in der AuBenwelt zu halten vermag, so dab indirekte fjTbertragungen dutch Stanbinfektion mSglich werden, ist bei den Masern eine unmittelbare Infektion yon Mensch zu Mensch erforderlich. Der Unterschied in der Infektkette 1/t~31 sich folgendermaBen wiedergeben: Masern : ~q~f ooo-, ~I] ooo-~ il//ooo-, Pocken : il/f oo[,,]-~ 21/f ooo--> Auch bei einer Gruppierung der Infektketten nach denl Obertragungsweg bleiben noch erhebliche Differenzen in der epidemiologischen F~rsclleinungsform, die weitgehend durch den Ablau] der In/ektion im K6rper des Wirtes bedingt sind. Wir sehen derartige Unterschiede z. B. zwischen Diphtherie und Masern, beides 1Krankheiten mit homogen-homonomer

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6 6 6 HABS, Gesamtinfektkette, Klinisclae Wochensehritt

m i t unse r en b i she r igen M e t h o d e n de r F e t t d a r s t e l l u n g fas t ausschl ieBl ich e r s t in d e n d i s t a l en A b s c h n i t t e n de r H a r n - k a n ~ l c h e n d a r s t e l l b a r u n d n u r in so lchen F~l ten s chon in den p r o x i m a l e n kenn t l i ch , w e n n eine besonde r s hochgrad ige A l b u m i n - L i p o i d u r i e be s t eh t , wie wir das ffir unse re F$tlle n a c h w e i s e n k o n n t e n . Der Ifir e inen W e i t e r t r a n s p o r t de r F e t t - s toffe u n d Lipo ide e r fo rder l i che A g g r e g a t z u s t a n d wi rd s ich v ie l le ich t unse r e r m o r p h o l o g i s c h e n E r f a s s u n g en tz iehen , da unse re h i s to log i schen M e t h o d e n e inen m o l eku l a r en U m b a u k a u m e r k e n n e n lassen. Dar f ibe r w e r d e n wei tere U n t e r - s u c h u n g e n anges te l l t .

I n V e r b i n d u n g m i t u n s e r e n B e f n n d e n a n d de r d a r a u s en t - wicke l t en f u n k t i o n e l l e n Z u s a m m e n g e h S r i g k e i t yon spezifi- s c h e m P a r e n c h y m u n d i n t e r s t i t i e l l em L y m p h g e f ~ B s y s t e m de r Niere e r g i b t sich, d a b de r pa thoh i s to log i sche A b l a u f de r N e p h r o s e n a c h RANDERATH sich g runds~ tz l i ch n i c h t yon ~Lhnlichen Vorg~ngen in a n d e r e n O r g a n e n des m e n s c h l i c h e n I (6 rpe r s un t e r s che ide t , ftir die be r e i t s se i t l a n g e m die s t ruk - tu re l le a n d a u c h funk t ione l l e E i n h e i t zwischen P a r e n c h y m u n d Lymphgef i iBen f e s t s t eh t . E s e r s c h e i n t uns d a h e r frag- lich, w e n n in j f ings ter Ze i t H. SCHMIDT bei de r ser6sen N e p h r i - t i s yon e iner A u s s c h e i d u n g des EiweiBes aus d e m I n t e r s t i t i u m h e r a u s in die H a r n k a n a l c h e n l u m i n a spr ich t .

L i t e r a t n r : DEVINe, Biochemic. J. 35, 433 (I941) �9 -- E. FAKIR, Franf. Z. Path . 56, 497 (1942). - - FRESEN, Virchows Arch. 308, 344 (1941) -- Beitr. path. Anat. (im Druck) (weiteres Schrift tum). - - Dis HAAN, Pflflgers Arch. 2oi (I923). - - HELMKE, Virchows Arch. 302, 323 (1938). - - H. KAtSERLING, Virchows Arch. 309, 561 (1942). -- MOLLXR, A. Arch. klin. Chir. 97, 44 (1912). - - RA~DE~AT~, Erg. Path . 3z, 91 (1937) -- Klin. ~rschr. 1941 , 281, 3o5 (weiteres Schrift tum). - - REIN, Physiologie des Menschen, Berlin 1941. -- H. SCH~IDT, Frankf. Z. Path . 56, 311 (I94~).

D I E G E S A M T I N F E K T K E T T E A L S G R U N D L A G E E P I D E M I O L O G I S C H E R D A R S T E L L U N G E N .

y o n

HORST HABS. Aus dem Hyglenischen Instltut der Friedrieh Wilhelms-Unlversit~it zu Berlin

{Direktor: Prof. Dr. H, ZEISS).

De r Versuch , ein Wis sensgeb i e t d u r c h Forme l und S c h e m a darzns te l l en , wi rd nie ro l l be f r i ed igend ausfal len. E r is t abe r n i c h t l lur zu d i d a k t i s c h e n Zwecken erwfinseht , s o n d e r n er i s t a n c h geeignet , au f Lf icken uns e r e r I<enntn i sse h inzuwe i sen u n d d a m i t A n s a t z p u n k t e ftir wei te re F o r s c h u n g e n zu b ie t en .

~Venn die Ep idemio log ie die Ve rb re i t ungswege e ine r In - f e k t i o n s k r a n k h e i t d a r s t e l l e n will, so b e d i e n t sie sich In i t Vor- te i l des Bi ldes de r In/ektkette, das an f DOERR zurf ickgeht . DOERR beze i chne t e ~ b e r t r a g u n g e n y o n Mensch zu M e n s c h als homogene , ~ b e r t r a g u n g e n yon e inem t ie r i schen W i r t au f den M e n s c h e n als h e t e r o g e n e I n f e k t k e t t e n .

I n e iner D a r s t e l l u n g de r a l l geme inen Epidemiologie , die ich v o r k u r z e m gegeben h a b e ( G r u n d l a g e n de r a l l geme inen Epidemiologie , i n : Die a n s t e c k e n d e n K r a n k h e i t e n , he raus - gegeben yon M. GUNDEL, 2. Auflage, Le ipz ig 1942), h a b e ich diese E i n t e i l u n g fo r t en twicke l t . D e n n die K r a n k h e i t e n , die yore Tie r au f d e n M e n s c h e n f i be r t r agen werden, zer fa l len in 2 G r u p p e n , die sich ep idemio log isch grunds~Ltzlich v o n e i n a n d e r un t e r s che iden , e inerse i t s I < r a n k h e i t e n wie To l lwut oder a n d e r e Zoonosen, bei d e n e n de r E r r e g e r bei v e r s c h i e d e n e n %Varmblf i terar ten (gegebenenfa l l s a u c h - V 6 g e l n ) I< rankhe i t s - b i lde r he rvo r ru f t , die e i n a n d e r g le ichwer t ig sind, a n d e r e r s e i t s i < r a n k h e i t e n wie Ma la r i a ode r F leckf ieber , bei d e n e n zwischen die E r k r a n k u n g e n des M e n s c h e n als Gl ieder de r I<et te In- s e k t e n oder a n d e r e n i ed r ig o rgan i s i e r t e Tiere e i n g e s c h a l t e t s ind, in d e n e n die I n f e k t i o n e inen a n d e r e n C h a r a k t e r a n n i m m t wie im w a r m b l f i t i g e n %Virt. I ch h a b e de s ha l b fo lgende ]3e- z e i c h n u n g e n gew/ ih l t : Die lnJektkette i s t homogen, w e n n sich gleichwertige In/ektionen bei Wirbeltie~'en a n e i n a n d e r an - schlieBen, u n d zwar homogen-homonom, w e n n die K r a n k h e i t gesetzm/t/3ig au f eine Spezies beschr~inkt i s t (Beispiel : Masern) , homogen-heteronom, w e n n de r E r r e g e r e ine I n f e k t i o n s b e z i e h u n g zu mehreren T i e r a r t e n b e s i t z t (Beispiel : Tollwut) . Die I n -

f e k t k e t t e i s t heterogen, w e n n zwischen die E r k r a n k U n g e n d e r \ u jeweils e ine In/ekti~n yon niederen Tieren ein- ge scha l t e t ist, u n d zwar heterogen-homonom, w e n n die E r - k r a n k u n g a n eine Wirbe l t i e r spez i e s g e b u n d e n i s t (Beispiel : Malar ia) , heterogen-heteronom, w e n n mehrere W i r b e l t i e r a r t e n als m6gIiche W i r t e in ]3e t r ach t k o m m e n (Beispiel : rou t ines Fleckf ieber) .

Wol len w i t die I n f e k t k e t t e n in e i n e m e in fachen Schema dars te l len , so wie es yon GOTSCHLICI~ zur W i e d e r g a b e der In - fek t ionswege v e r w e n d e t wurde , so komnaen wir zu fo lgender G r u p p i e r n n g :

I. H o m o g e n - h o m o n o m e I n f e k t k e t t e (Beispiel : Masern)

M -~ M --> M -~ M -)~ (3/= Mensch).

I I . H o m o g e n - h e t e r o n o m e I n f e k t k e t t e (Beispiel : Tolhvut )

W --~ H -* H --~ H -* M (W = Wolf, H - - H u I l d } .

Die heteronome Infektke t te mit ihrer oft b]inden Endigung beim Menschen l~U3t sich deutlicher in einem Schema mit verschiedenen Stufen darstellen :

W--~ W -*

H -~- H -+ H - *

I I I . H e t e r o g e n - h o m o n o m e I n f e k t k e t t e (Beispiel : Malar ia )

M M M ~IA~ [7~i/~ (I = Insekt).

IV. H e t e r o g e n - h e t e r o n o m e I n f e k t k e t t e (Beispiet : n m r i n e s Fleckf ieber)

R R /r l~

x.~ l/x'~I/~'Xl/* (/~ = Ratte).

M

Mi t dieser E i n t e i l u n g de r I n I e k t k e t t e n h a b e n wir e ine wesent l iche G r u p p i e r u n g de r I n f e k t i o n s k r a n k h e i t e n gewon- nen. DaB sie a b e r n o c h verh$i l tn ism~gig g r o b ist, g e h t d a r a u s hervor , d a b u n t e r den Seuchen m i t de r e in f achen h o m o g e n - h o m o n o m e n I n f e k t k e t t e K r a n k h e i t e n yon ve r sch iedens t e r ep idemio log ischer \ u wie e t w a Masern , Typhus , Lues, v e r t r e t e n s ind.

E i n Teil dieser U n t e r s c h i e d e is t d u r c h die Verschiedenhei~ der Ubertragungswege bed ing t , K r a n k h e i t e n , die d u r c h T r 6 p f c h e n i n f e k t i o n v e r b r e i t e t werden , ze igen e in ande re s S e u c h e n v e r h a t t e n als solche, bei d e n e n e ine l [ )ber t ragung d u r c h L e b e n s m i t t e l in B e t r a c h t k o m m t . M a n wird in de r s c h e m a t i s c h e n Da r s t e l l ung d iesem U m s t a n d R e c h n u n g t r a g e n k6nnen , i n d e m m a n den Pfeil , de r die Gl ieder der I n f e k t i o n s - k e t t e v e r b i n d e t , v e r s c h i e d e n a r t i g dars te l l t , z. B. :

ooo--~ ffir T r6p fchen in fek t i on , -~ ffir K o n t a k t i u f e k t i o n ,

* , , o - * f~ir S t a u b i n f e k t i o n , --(l)--~ ftir f ) b e r t r a g u n g d u t c h Lebensmi t t e I .

Es 1/i[3t sich d a n n a u c h a n d e u t e n , ob ein I n f e k t i o n s e r r e g e r sich l~ngere Zei t in de r Auflenwelt zu h a l t e n v e r m a g oder n i ch t . Dieser U n t e r s c h i e d k a n n yon e rheb l i che r ep idemio- Iogischer B e d e u t u n g sein. P o c k e n u n d M a s e r n z. B. ~thnetn sich in i h r e m I n f e k t i o n s a b l a u f u n d in i h r e m l ) b e r t r a g u n g s - wege w e i t g e h e n d ; w~Lhrend sich a b e t de r In f ek t ions s to f f de r P o c k e n 1/ingere Ze i t in de r AuBenwel t zu h a l t e n vermag , so dab i n d i r e k t e f jTbertragungen d u t c h S t a n b i n f e k t i o n mSglich werden , i s t bei den Mase rn eine u n m i t t e l b a r e I n f e k t i o n yon Mensch zu Mensch erforder l ich. De r Un te r sch i ed in de r I n f e k t k e t t e 1/t~31 sich fo lgendermaBen wiede rgeben :

Masern : ~q~f ooo-, ~I] ooo-~ il// ooo-, Pocken : il/f oo[,,]-~ 21/f ooo-->

Auch bei einer Gruppierung der Infektketten nach denl Obertragungsweg bleiben noch erhebliche Differenzen in der epidemiologischen F~rsclleinungsform, die weitgehend durch d e n Ablau] der In/ektion im K6rper des Wirtes b e d i n g t s ind. W i r sehen de ra r t ige U n t e r s c h i e d e z. B. zwischen D i p h t h e r i e und Masern , beides 1Krankhei ten m i t h o m o g e n - h o m o n o m e r

Jg. 2~, Hef t 44/45 t t A B S , G e s a m t i n f e k t k e t t e . 667 30. Oktober x945

Infektkette, verbrei tet durch Tr6pfcheninfektion. Diese Unterschiede sind zurfickzuffihren auf dasjenige Verhalten des Wirtsorganismus, dessen Studium Aufgabe der Injektions- und l mmunitd~tslehre ist. Wir haben deshalb die von dieser erarbeiteten Begri]]e ]i~r das epidemiologisehe Schema zu ver- werten. Wie dies geschehen kann, sollen die folgenden Bei- spiele zeigen,

In einer BevSlkerung, die yon einer Epidemie befallen ist, unterscheiden wit zun~chst zwischen gesunden ~lenschen und kranken Menschen, denen wir die Symbole 31 (G) bzw. ~I (K)bei- legen. Wenn wir die 3lasern als 13eispiel nehmen, so sehen wir welter, dab ffir das Seuchengeschehen die gesunden Menschen yon verschiedener ]3edeutung sind, je nachdem sie der Krank- heir noch nicht ausgesetzt waren und dementsprechend ffir sie emp~inglich sind: 3I (G~), oder aber nach fiberstandener Krankheit imempJdngllch geworden sind: M (G,). Da diese Unempf~nglichkeit auf einer speziJischen Immunit~tt beruht, bezeichnen wir sie mit M (G~). - - Der Infekt geht vom kranken auf den gesunden empf/inglichen Menschen fiber. , , Infiziert" ist aber noch nicht gleichbedeutend mit , ,krank", da die Krankheitserseheinungen erst nach einer gewissen Inkuba- tionszeit auftreten. Wir ben6tigen deshalb ein Symbol fiir ,,in]iziert" und w/thlen daffir das Zeichen (+). ~Vir bezeichnen also den empf~nglichen noch nicht infizierten Menschen mit M(G-/) und den in der Inkubationszeit befindlichea in- Iizierten Menschen mit M (G+). Nun ist aber weder , ,krank" noch ,,infiziert" gleichbedeutend mi t ,,in]ekti6s", und diese letztere Eigenschaft ist Ifir die Verbreitung der Krankheit yon besonderer Bedeutung. Bei den Masern ist der in der In- kubationszeit befindliche klinische gesunde Mensch noch als nichtansteckend zu betrachten; infekti6s Mlein is tderKranke, und aueh er nut in den ersten Krankheitstagen, im wesent- lichen im Stadium der Prodrome. \Vir kennzeichnen die in- fekti6sen Stadien im Infektionsablauf dadurch, dab wit sie durch Fet tdruck hervorheben.

Mit den gew/ihlten Symbolen haben wir folgende MSglich- keit, den Abtauf des Maserninfektes im Schema darzustellen:

M (G[---~ G+--~ K--~ K--~ G~) .

Das Schema besagt: Der gesunde empf/tngliche Mensch wird yon auBen her infiziert, nach Ablaut der Inkubationszeit wird er krank und gleichzeitig infekti6s, die Infektiosit/~t erlischt vor Ablaut der Erkrankung, der Kranke wird wieder gesund und ist dann immun.

Ich habe dieses Schema des In]ektionsablau/es als ,,innere InJektkette" bezeichnet. \Venn wir sie in die eingangs dar- gestellte ,,~iuflere" Infektkette hineinarbeiten, so kommen wir zu der ,,Gesamtin/ektkette".

Ffir die 3lasern ergibt sieh, wenn wir die epidemiologisch unwesentlichen Glieder der innereI1 Infektket te fortlassen, folgende Gesamtin]ektkette :

M (G2-~ K--~ Gi-)

M (G~-~ Ir GT )

M (~;) .

Die Infektkette der Masern ist v6Ilig gleich/6rmig: der Infekt geht yon einem Kranken auf einen empf~nglichen Gesunden fiber. Dieser wird zun/~chst krank und infekti6s und scheidet, nachdem er dana immun wurde, aus dem epidemiologischen Geschehen aus. Die Infektket te bricht ab, wenn sie auf einen Immunen st6f3t, da bei diesem die Infektion nicht haftet.

Einer derart gleichf6rmigen Infektket te stellen wir die- jenige der Diphtherie gegenfiber. Bei der typischen Erkran- kung 15ff3t sich ihre innere Infektket te IolgendermaBen schreiben :

M ( e l - ~ a , + -~ K - ~ a + - . a ( )

~Vir sehen einen Unterschied gegenfiber der Infektket te der Masern darin, da13 der infizierte Gesunde bereits infekti6s sein kann ([nkubationsbacillentrdiger) und dal3 ebenso nach l~berstehen der t~rankheit die Infektiosit/it erhalten bleiben kann (Rekonvaleszenzbacillentr5ger); die Ket te kann sogar bei diesem Glied enden, wit haben dann den Dauerausscheider vor uns. Wir haben also drei Typen yon Infektionsquellen start einer bei Masern. Im Zusammenhang hiermit steht ein zweiter Unterschied gegenfiber den Masern: der gesunde Immune ist aus dem Seuchengeschehen nicht ausgeschaltet. Der Infekt kann erneut bei ibm haften:

Der erneut infizierte Immune wird zwar nicht krank, wohl aber infekti6s, er wird also zma Kontaktbacillentr@er.

W~thrend bei den Masern die erworbene Immunit~t prak- tisch lebensl~nglich erhalten bleibt, ist bei der Diphtherie die M6glichkeis zu berfieksichtigen, dab der Vorgang reversibel ist. Es kann Zweiterkrankungen geben, die folgende _~nde- rung der inneren Infektket te zur Voraussetzung haben:

M (O~ -~ G,; .

\Vesentlicher als der Ietz~e ist folgender Unterschied der Diphtherie gegentiber den Masern: Ffir die Erkrankung un- empf~nglich ist nicht nur ~der Ialmune. Der Begriff M (G~) wird also in seinem Ulnfang nicht dutch den ]3egriff M (G~) ausgeffillt. Wir haben vielmehr damit zu rechnea, dab es Menschen gibt, die eine prim~ire unspezi/ische Resistenz der Erkrankung gegenfiber besitzen ; wir bezeichnen sie mit M (G~). Auch bei diesen kann die Infektion haften, und sie kann dann dutch stille Feiung zur Immunit~t Ifihren:

M (G;-~ a+_~ a,+_. e i ) .

Wir haben hier eine innere Infektket te vor uns, die ohne manifeste Erkrankung einerseits zu Infektionsquellen ffihren kann, andererseits Verschiebungen in bezug auf die EmpfXng- lichkeit mit sich bringt.

Die Eigenschaft , ,resistent" ist nicht absolut. Sie kann v o n d e r St{irke der Infekfion abh~ngig sein. Es gibt: abet auch dispositionelte Sehwankungen, die sowohl yon empf~ng- lich zu resistent wie umgekehrt verlaufen k6nnen:

M (G~ ~ a,) .

Aus einer derartigen Schwankung heraus kann es bei einem latent infizierten 1Resistenten zu einer Erkrankung komlnen, die unabh~ngig yon dem Zeitpunkt der Infektion einsetzt:

M (G + -+ a + --~ K) .

Die beschriebenen inneren Infektket ten geben ein un- gef/thres schematisches Bild yon dem Ablaut des Infektions- und Immunit~ttsgeschehens der Diphtherie wieder. Sie ent- halten sehr viele M6glichkeiten der Verknfipfung zu ~uBeren Infektketten. Eine Wiedergabe der Gesamtinfektket%e der Diphtherie wfirde damit ein auBerordentlieh buntes Bild er- geben, das sich eindeutig yon dem gleichfSrmigen der Masern abhebt. Das yon uns entwickelte Schema gibt also die M6glich- keit, der VielfXltigkeit des Seuchengeschehens bei der Diph- therie gerecht zu werden, w/ihrend die einfache 5uBere In- fektket te M ~ M--~ M -+ nichts fiber die Komplizierthei t dieser Infektionskrankheit aussagt.

Die zuletzt erw~hnte inhere Infektket te + *

M (G, --~ Gi -~ K)

stellt allen fibrigen gegenfiber etwas grundsfi,tzlich Neua.rtiges dar. Wenn diese M6glichkeit bei einer Infektionskrankheit hgufiger verwirklicht ist, dann wird die ~tuBere Infektket te , also die Obertragung der Infektion yon einer Person auf die andere verh/iItnismgl3ig unwichtig; dagegen r f ickt die Be- deutung der Erkrankungsbereitscha]t in den Vordergrund. Am lehrreichstea sehen wir dies bei der Er4ahjahrsmalaria ifl der gemgBigten Zone. Es kommt bier zu Erkrankungshgufungen, die epidemieartiges AusmaB annehmen k6nnen, altein aus einem jahreszeitlichen Einflu/3 auf die Disposition des latent

668 HABS, Gesamtinfektkette. IKlinische Wochenschrift

be fa l l enen ~Virtes he raus . Sotange de r Bl ick n u r au f die Al la lyse de r / iuBeren h e t e r o g e n - h o m o n o m e n I n f e k t k e t t e de r Ma la r i a g e r i c h t e t ist, w i rd das V e r s t ~ n d n i s fiir die ep idemio- logische B e d e u t u n g e iner d e r a r t i g e n Saisonabh~tngigkei t fehleI1.

Die E i n b e z i e h u n g de r i n n e r e n I n f e k t k e t t e in die Dar - s t e l l ung e ine r I n f e k t i o n s k r a n k h e i t l o h n t s ich a u e h be i d e n e n mit heterogener ~uBerer I n f e k t k e t t e . Als Beispie l w~i~hten wi r das ~leek]ieber.

Der Ablaut der Erk rankung ist an sich ~hnlich derjenigen der Masern, indem wir im allgemeinen unterstel len k6nnen, dab alle Menschen fiir sie empfi~nglieh sind und nach ~bers t ehen der Er- k rankung immun werden, dab weiterhin der Infekt beim immunen Gesunden nicht hai te t . Ein Untersehied gegeniiber den Masern bes teh t in der Dauer der Infektiosit~t . Infekti6s is t der Kranke w~hrend der ganzen Dauer des Fieberstadiums, infekti6s ffir die Laus ist aber auch bereits der infizier%e Gesunde w~hrend der le tzten Tage des Inkubat ionsstadiums. Der Unterschied ist durch die Art der 0be r t r agung bedingt. Auch bei den Masern ist der Erreger bereits w~hrend des Inkubat ionss tadiums im Blur nach- weisbar; der infizierte Mensch kommt aber als Ansteckungsquelle ers t in Betracht , wenn mi t den Prodromen die ersten katarrhal i- schen Erscheinungen auftreten, die die Ausscheidung infekfi6ser Tr6pfchen bedingen.

Die innere In]ekttcette des ]leckfieberinfizierten Menschen i s t also fo lgende rmaBen zu schr.eiben:

~Vie b e i m M e n s c h e n h a b e n wi r a u c h bei de r Laua n a c h de r i n n e r e n I n f e k t k e t t e zu f ragen. Sie l l i m m t die R i c k e t t s i e n m i t d e m B l u t s a u g e n auf. Diese d r i n g e n in die Ep i the l ze l l en des D a r m k a n a l s ein, v e r m e h r e n sich in ihnen , t r e i b e n sie au f u n d b r i n g e n sie zum P la t zen . J e t z t e r sche inen die R icke t t - s ien im D a r r n i n h a l t u n d d a m i t auch i m Kot . D u r c h die R i c k e t t s i e n i n f e k t i o n wi rd die L a u s also k r a n k , als Folge de r K r a n k h e i t w i rd sie n a c h e t w a 3 T a g e n infekf i6s . VCenn w i t noch hinzuff igen, d a b die Laus w a h r e n d des Res t e s ih res L e b e n s in fek t i6s b le ib t , wobei wir d iesen Z u s t a n d bei ih r wohl als k r a n k b e z e i c h n e n dfirfen, so e r g i b t sich folgende innere In]ektkette der ]leckfieberin]izierten Laus :

r L ( G- -~ K - ~ If) .

W e n n wir aus den i n n e r e n I n f e k t k e t t e n de r L a u s u n d des Menschen die G e s a m t i n f e k t k e t t e z u s a m m e n s e t z e n wollen, so h a b e n wir noch die ~ )be r t r agungswege zu ber f icks icht igen , Die Laus n i m m t den E r r e g e r a k t i v be im S a u g a k t auf. ~Vir w~hlen hierff i r das Ze i chen : )-*. Ande re r se i t s sche ide t die L a u s dell E r r e g e r m i t d e m K o t aus, de r im a l tgemeinen d u t c h u n m i t t e l b a r e n K o n t a k t m i t e ine r H a u t l ~ s i o n die I n f e k t i o n s - mSgl i chke i t b e i m M e n s c h e n f inder . W i t w~ihlen hierff i r den e in f achen Pfe i l : -+.

Die t yp i sche Gesamtin/ektkette des' ffleckjgebers wird also d u t c h fo lgendes S c h e m a wiede rgegeben :

M(K) i T

L(G- -~ K--~ K) I I

M (a j - . a 2 - . a~+-~ X ~ G()

L (G-"-~ K -~ K) IV

M (Gi) .

Die E r k r a n k u n g wi rd v o m k r a n k e n M e n s c h e n au f die Laus f i be r t r agen (I), yon dieser au f d e n g e s u n d e n Menschen (II). Der M e n s c h w i rd wieder zu r I l l f ek t ionsque t l e ffir L~use ( I I I ) . Die I n f e k t k e t t e b r i c h t ab, w e n n sie a n t e inen i m m u n e n Men- s c h e n st61~t (IV).

Abweichungen yon diesem Schema k6nnen durch die ver- schiedensten Yariationen bedingt sein. Wit mfissen damit rechnen, dab die Immuni t~ t beim Menschen nicht immer lebensl~nglich dauert , dab also folgende Yerschiebung vorkommt:

M (a~ -* G ) �9

Hiiufiger als bei Masern ist auch mi t atypischen Erkrankungen zu rechnen, die besonders im Kindesalter so leicht verlaufen k6nnen, dab sie als klinisch la ten t bezeichnet werden mflssen. Eine Person, die die Fleckfieberinfektion ohne manifeste Erkrankung fiber- windet, k6nnen wir als resistent ansehen. Die innere Infektket te l~uft dann nach folgendem Schema ab:

i (07-* ~+-* a~-).

Abweiehungen sind auch bei der gul3eren lnfektke%te m6glich: DaB Dbert ragungen nach dem homogenen Schema yon Mensch

zu Mensch vorkommen, ist bekann t (z. 13. Infektion des Arztes bei der Blu ten tnahme mit nachfolgender Yerletzung). Da die Voraussetzung hierfflr aber immer die unmit te lbare l~bertragung yon infekti6sem Blur ist, bleibt ein derartiges Vorkommnis epidemio- logisch ohne Bedeutung. u anders w~re es, wenn die gelegent- lich diskutierte Annahme, dab die Erreger aus bronchopneumoni- schen Herden ausgeschieden werden, in gr6Berem Umfange zu- treffen wflrden. In diesem Fall k6nnte sieh die Seuche unabh~ngig yon der Ver]ausung ausbreiten. Wit h~t ten ein Bild Ahnlich wie bei der Pest, wo die yore Nager durch F16he flbertragene Bubonen- pest in Lungenpest flbergehen kann. Sobald damit aus der heterogen- heteronomen Infek tke t te eine homogen-homonome wird, bekommt die Senche ein v61Iig neues Gesicht. DaB dies beim Fteckfieber nicht der Fall ist, b le ibt ein gewichtiger Grund gegen die erw~hnte Annahme.

E b e n s o wich t ig i s t die B e a n t w o r t u n g de r Frage , ob es aueh eine h o m o g e n e I n f e k t k e t t e des F leckf iebers yon L a u s zu L a u s g ib t . R i e k e t t s i o s e n de r LXuse, die u n g e h e u e r an - s t e c k e n d s ind u n d sich in L ~ u s e z u c h t e n ve rb re i t en , s ind be- kan l l t . Be i de r F leckf i ebe r r i cke t t s iose i s t dies o f f enba r n i e h t de r Tall . I l lfolge d e r B i n d u n g de r L a u s a n d e n M e n s c h e n wfirde a b e r a u c h e ine h o m o g e n e I n f e k t k e t t e yon Laus zu Laus k e i n e n wesen t l i chen Einf luB au f das Seuchengeschehen h a b e n .

A b w e i c h u n g e n s ind schlie/31ich n o c h im l~Tbertragungsweg zu ve rze i chnen . De r E r r e g e r h~ t t s ich im L~usekot , so d a b die C~bertragung yon de r Laus au f d e n M e n s c h e n nich% n u r d u r c h K o n t a k t i n f e k t i o n , s o n d e r n auch d u t c h K o t s t a u b - i n f e k t i o n erfolgen k a n n , wobei s ich der in fek t i6se S t a u b gegebenenfa l l s l~ingere Zei t in der AuBenwel t zu h a l t e n ver- mag. N e b e n die t yp i sche ~tul3ere I n f e k t k e t t e :

M )--+ I.,-~ M

w e r d e n wir also n o c h folgende zu se tzen h a b e n :

M )--* L �9 �9 [: : ] ~ M .

Es is t a n d ieser Stelle n i c h t beabs i ch t ig t , zu i rgendwelchen E inze l f r agen S te l lung zu n e h m e n ; es soll ledigl ich geze ig t werden , d a b das Schema der Gesamtin]ektkette die _~16glichkeit bgetet, die versehiedensten Seuehenweqe darz,ustellen, n n d dal3 seine A n w e n d u n g a u c h dazu zwingt , aiie M6gl ichke i ten d u r c h - zudenken .

D a m i t s ind a b e r a u c h die Grenzen des Schemas aufgeze ig t : Es k a n n n n r die m6gl i chen Wege de r S e u c h e n v e r b r e i t u n g wiedergeben , s ag t a b e t n i c h t s da r f ibe r aus, w a n n ein W e g b e s c h r i t t e n wi rd u n d w a n n e r vo r a l l em d e r a r t g a n g b a r wird , d a b n i c h t n u r e ine e inze lne E r k r a n k u n g z u s t a n d e k o m m t , s o n d e r n eine E p i d e m i e . Die Gesa l l l f i n f ek tke t t e i s t e in Ord- n u n g s s c h e m a , das uns e rm6gl ich t , ffir jede K r a n k h e i t die- j en igen F a k t o r e n herauszusch&len, de ren E n t w i c k l u n g n n d de ren A u f e i n a n d e r e i n w i r k e n das Seuchengeschehen quanti- tativ behe r r s ch t . Von h ie r aus k a n n d a n n eine dynamisehe Epidemiotogie ve r suchen , t ie fer in das Verst~tndnis des K o m - m e n s u n d Gehens de r E p i d e m i e n e inzudr ingen . Die G e s a m t - i n f e k t k e t t e s t e l l t s o m i t den e r s t en S c h r i t t dar , urn umfas - sendere Seuchen]ormeln e n t w i e k e l n zu k6nnen .

Zusammen]assung: Der ffir das Verst~indnis de r Aus- b r e i t u n g de r Seuchen wicht ige, r o l l DOERR aufges te l l te Be- gr iff de r ln]ektkette wird fo r t en twicke l t . AIs h o m o g e n w e r d e n I n f e k t k e t t e n beze ichne t , bei d e n e n sich gle ichwerf ige I n - f ek t i onen bei \ V i r b e l t i e r e n a n e i n a n d e r anschl ieBen, u n d zwar als h o m o g e n - h o m o n o m die au f e ine ~Wirtspezies b e s c h r ~ n k t e n , als h o m o g e n - h e t e r o n o m die s ich au f meh re r e A r t e n aus- b r e i t enden . Als h e t e r o g e n werden I n f e k t k e t t e n m i t Zwischen- s c h a l t u n g yon n i e d e r e n T ie ren beze ichne t , die w i e d e r u m je n a c h der A n p a s s u n g a n eine ode r m e h r e r e \ V i r b e l t i e r a r t e n

Jg. ~2, Heft44/45 FEUCttTINGNR, Tuberkulose, LeukAmie und myeloische Reaktion. 66 9 3o. Oktobex x94~

i n he te rogen-homonome und heterogen-he te ronome unter- schieden werden.

Diesen 4iufleren I n f e k t k e t t e n werden die ,,inneren InJekt- ketten" gegenfibergestel l t , m i t deren Hilfe der Ablauf der In fek t ion im \ u darges te l l t wird. Aus der K o m b i n a t i o n be ider e rg ib t sich die ,,Gesamtin/ektl~ette". A m Beispiel yon Masern, Diphther ie und Fleckfieber wird gezeigt, wie die verschiedenen M6glichkei ten des Seuchengeschehens durch die Gesamt in fek tke t t en wiedergegeben werden k6nnen.

T U B E R K U L O S E , A K U T E L E U K A M I E U N D MYELOISCHE R E A K T I O N .

Von

OSWALD FEUCHTINGER. Aus der Medizinischen Universit~tsklinik FrankMrt a.M.

(Direktor: Prof. W. NONNENBRUCH).

Das Zusamment re f fen yon Tuberkutose und a k n t e r Leuk~mie is t en tgegen allen frfiheren Ans ich ten ein seltenes Ereignis. Wi r haben vo r kurzem einen solchen Fal l beob- ach t e t und bei der Durchs ich t der L i t e r a tu r feststel len miis- sen, dab un te r allen bisher beschr iebenen F/i l len nur noch ganz wenige einer s t rengeren Kr i t ik s tandhal ten . In der Mehrzahl der ats Kornbina t ion yon Tuberku lose und a k u t e r Leul(amie pubt iz ier ten Fiflle h a t es sich u m einfache myetolsehe oder leuk~moide Reaktionen bei einer gteiehzeif ig bes tehenden Tuberkulose gehandel t . W e n n wir heu te zwischen solchen Reak t ionen und der ech ten aku ten Leulc(~mie einen ganz s t rengen Unterseh ied machen, so l iegt dies e inmat an der for tgeschr i t tenen Unte r suchungs techn ik und der differen- z ier teren morphotogisehen BeurtMIung, zum andern in dem Wechsel der Anschauungen fiber die Genese der aku ten Leuk~mie f iberhaupt begrfindet .

Wi r kommen dami t auf ganz grunds~tzt iche F ragen zu sprechen. Die unre i fen Zel len der aku ten Leuk~mie lassen typische Abweiehungen v o m norma len Ze l lcharak te r er- kennen, wie sie. e rs tmals NAEGELI und sparer sein Schil ler ROHR beschrieben haben. Ver~nderungen des Kern -P lasma- Verh~ltnisses, der Gr613e, der Zahl der Nucleolen und ihrer Form, E in- und Abschnfi rungen des Kerns, Mitosen yon hap lo idem Charakter , Vakuolen, Aners t~bchen im P ro to - plasma, L~dierbarkei t , Knospen, Abschnfirungen, e rh6h te F~rbbarke i t m i t basischen Farbs tof fen ver le ihen der Leulc- ~miezelle ih ren besonderen Charakter . U n t e r dem Sammel - begriff des Pa ramye lob la s t en lassen sich promyelocy to ide , monocytoide , mikromyeloblas tXre Zel l formen unterscheiden, die atte den Vergleich m i t Geschwulstzellen zumindes t sehr nahelegen. Die Po lymorph ie der Zel l formen ist jedenfal ls weir gr6Ber als bei aku ten Infek t ionskrankhe i ten , Knochen- markscarcinose, Pernic iosa oder Agranu locy tose m i t mye lo i - schen Reak t ionen . Hie r sind die Ver~nderungen gleichm~Biger und yon typ i sch entz~ndliche~" Natu r (GLOOR). Die aku te Leuk~mie ist, wie dies neuerdings vor a l lem yon 1ROHR ver- t r e ten wird, eine t umora r t i ge und keine entzf indl iche Er - krankung. AuBer durch ihre qua l i t a t iven morphologischen Ver~anderungen un te r sehe ide t sie sich yon der e infachen myeloischen Reak t ion aueh dnreh ihre Irreversibilit~t. ]3el beiden F, rk rankungen des Blutes k6nnen ex t ramedul t~re Inyeloische Inf i l t ra te , Metaplasien, in Milz, Leber und anderen Organen auf t re ten. A b e t die Metaplasie bei der a k u t e n Leuk~mie s te l l t - - un t e r gewissen Einsehr / inkungen und Vor- beha l ten - - e inen der Metas tas ie rung eines mal ignen Tumors verg le ichbaren Vorgang dar, w~hrend sie bei der e infachen myeloischen Reak t ion als repara tor ischer , r eak t ive r Prozel3 zu deu ten ist. Das Zus t andekommen des ffir die aku t e Leuk~mie typischen und bei gew6hnl ichen myelo ischen Re- ak t ionen n ich t zu beobach tenden H~at,us leucaemiew~ weis t ebenfalls anf die grunds~tzl ichen Unterschiede in den medul - 1Aren und ex t ramedul lg ren Blutbi ldungsvorgAngen bei diesen beiden E rk rankungen hin.

Nach ROHR kann auch die akute Leuk~mie selbst nebcn den eigentlichen leuk~mischen Infiltrationen sog. Er~atzmetaplaaie~

unspezifischer Art aufweisen, wetehe dazu fiihren, dab der reine Hiatus leucaemicus ,,verwischt" wird. Es laufen nach ROI~R bei der akuten Leukamie eben zwei verschiedene Prozesse neben- einander her, die tumorarfig wachsende Myeloblastenleuk/~mie und die sekund~re myeloische Reaktion.

Durch diese Mare morphologische und genet ische Tren- nung von echter aku te r Leuk~mie und e infacher myelo ischer Reak t ion is t vielen Hypothesen , die urs~chliehe Zusammen- h~nge zwischen In fek t ionskrankhe i t en und Leuk~mie be- t rafen, die Grundlage entzogen worden. Bevo r wir auf die spezielle F rage , ,Tuberkulose und Leuk~in ie" e ingehen, sei der yon uns beobach te te Krankhei t s fa] l kurz aufgefi ihrt .

K. K., 5 ~ Jahre, ]?rot. Nr. 4570/41. Vater 65j/ihr. an Ileus ge- storben, Mutter 64j/~hr. an unbekannter Krankheit. 2 Gesehwister gesund, i Bruder an Kriegsleiden gestorben. Pat. verheiratet, 2 gesunde Kinder. Als Kind Masern. ]3is 1935 nie ernstlich krank. Im Oktober 1935 Operation wegen perforierter Appendicitis und, t 'eritonitis. 1938 nochmalige Operation wegen Narben- bruchs. Seit 14 Tagen neuralgiforme Schmerzen am Hals, in den Schultern, Rippen und Kreuz. Druckgeffihl im Oberbauch. Viel Durst, starker NachtsehweiB. Hochgradige Abgeschlagenheit, Appefittosigkeit. Seit 3 Tagen Fieber fiber 38~ Aufnahme des Pat. am 9- X. 1941.

MittelgroBer Pat. in stark reduziertem Allgemeinzustand. Schlecht durchblutete Haut und Schleimh/iute. Temperatur 38,7 ~ Keine Odeme. Puls regelmliBig, etwas besehleunigt. Z/~hne sehr schadbaft, aber keine Schleimhautver/inderungen im ]3ereich der Mundh6hle. Tonsillen o. B. Kopf und Hals o. B. Langer, sehmaler Thorax. Links infraclaviculAr vereinzelt kleinblasige feuchte Rasselger~usche, sonst Lunge o, 13. Herz o. t3. Milz und Leber nicht vergr6Bert. Extremit~ten o. 13. Zentralnervensystem o. ]3. Blutsenkungsgesehwindigkeit i3o/ i4 o mm Hg naeh ~TESTERGR~EN. Blutdruck IIO]7O mm Hg. H a m 3od]o7--2oo/2o. Alb.: Haueh. Ubg. + , Ub. (+) , Sacch. 0 Sed. o. ]3. Blutungszeit 5 Minuten. Blutgerinnungszeit Gesamt 13--14 Minuten, Reaktionszeit 2 Mi- nuten. Blutk6rperchenresistenz : Beginn bei o,48 %, Ende bei o, 3 % NaC1-L6sung. Rumpel-Leede o. Thrombocyten 2192o. Blut- bild: 19% Segmentkernige, 5% Stabkernige, 68% Paramyelo- blasten, 8% Mikromyeloblasten bzw. Lymphocyten. 1% Normo- blast. GesamtleukocytenzahI 24300, Erytbrocyten 2,74 Mill., Hb. 67% , FI. 1,2. -- Die Paramyeloblasten sind polymorphkernig, teils fund, tells bohnenf6rmig mit tiefenl .Einschnitt im Kern, einige stark gelappt wie segmentkernige Zellen. In einzelnen Zellen typische AuerstAbchen tells mehrere in einer Zelle. Charakteristi- sche an Zahl vermehrte Nucleolen. Znm Tell starke Vakuolisierung yon Kern und Protoplasma. Sternalpunktat: 58,6% Paramyelo- blasten, 11% Promyelocyten, 14,6% Myeloeyten, 2% Metamyelo- cyten, 3,2% Stabkernige, 6% Segmentkernige, 4,6% mikromyelo- blastAre Formen bzw. Lymphocyten. Nur ganz geringe Regenera- tion der roten Reihe. Die Paramyeloblasten geh6ren zum groBen Tell der promyeloeytoiden Form a l l besitzen Auerst~bchen und zeigen l~otoplasmavakuolisierung. -- 14. X. 1941. Blutbild: 22% Segmentkernige, 4% Stabkernige, 70% Paramyeloblasten, 4% Mikromyeloblasten bzw. Lynaphoeyten. Gesamtleukocyten- zahl 3OlOO. Erythrocyten 2,34 Mill. Hb. 56%, FI. 1,2. Die Kerne der Paramyeloblasten sind noch atypischer geworden, yon eekiger Gestalt, gelappt und plump, zahlreiche mit promyelocytoider Granulation. Sehr viele Auerst~bchen im Protoplasma, oft mehrere in einer Zelle. Starke Vakuolisierung yon Kern und l~ Erh6hte basophile F~rbbarkeit. Leichte Lgdierbarbeit der unreifen Zellen. -- 16. X. 1941. Blutbild: 15% Segmentkernige, 5% Stab- kernige, 75% Paramyeloblasten, 1% Promyelocyten, 4% Mikro- myetobtasten bzw. Lymphocyten. GesamtleukocytenzahI 4o7oo. Erythrocyten 1,49 Mill. Hb. 56% FI. 1,9. Qualitativ keine we- sentlichen Ver~tnderungen der pathologischen Zellen gegenflber dem 14. X. 1941. - - 28. X. 194 I. t31utbild: 34% Segmentkernige, 3% Stabkernige, 51% Paramyeloblasten, 1% Promyelocyten, 11% Mikromyeloblasten bzw. Lymphocyten. Gesamtlenkocyten- zahl 16800. Erythrocyten 1,55 Mill. Hb. 56%. FI. 1,8. Keine VerAnderungen in qualitativer Hinsicht. - - 4. XI. 1941. I~lut- bild: 32 % Segmentkernige, 2 % Stabkernige, 59 % Paramyeloblasten 7% Mikromyeloblasten bzw. Lymphoeyten. Gesamtleukocyten- zahl 147oo. Erythrocyten 1, 5 Mill. l ib . 40%, FI. 1,3. Massenhaft Auerst~bchen in den Paramyeloblasten, sonst quali tat iv nnver- ~ndert. - - 21. XI. 1941. Blutbild : 22 % Segmentkernige, 2 % Stab- kernige, 59% Faramyeloblasten, 1% Promyelocyten, 16% Mikro- myeloblasten bzw. Lymphocyten. Gesamtleucokytenzahl i29oo. Erythrocyten 2,o7Mi11. Hb. 46%. FI. i , i . Qualitativ unver~n- dert. - - Im klinischen 13efinden ist eine wesentliche Verschleehte- rung eingetreten. Seit 15. XI. klagt der Pat. fiber Stechen in der Brust, Schmerzen beim Atmen. Diagnose: Pleurit~ exsz~la*iva