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KATALOG 2 DIE HUMANISTISCHEN GRUNDLAGEN DER MODERNEN ARCHITEKTUR Geschichtswerkstatt IfA TU Berlin 9 783000 632259

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DIE HUMANISTISCHEN GRUNDLAGEN DER MODERNEN ARCHITEKTUR

Geschichtswerkstatt IfA TU Berlin9 783000 632259

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Schriftenreihe der Geschichtswerkstatt des Instituts für Architektur

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Die humanistischen Grundlagen der modernen ArchitekturSCHINKEL POELZIG KOLDEWEY

Herausgegeben von:

Architekturtheorie Prof. Dr.-Ing. Jörg H. GleiterBau- und Stadtbaugeschichte Prof. Dr.-Ing. Hermann SchlimmeHist. Bauforschung und Baudenkmalpflege Prof. Dr.-Ing. Thekla Schulz-Brize

ISBN 978-3-00-063225-9

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Inhaltsverzeichnis

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Einleitung Was ist die Geschichtswerkstatt? ............................................................................... Projektbeteiligte ......................................................................................................... Ausstellungsfotos ........................................................................................................ Die humanistischen Grundlagen der modernen Architektur .......................................

FG Architekturtheorie Karl Friedrich Schinkel Reflexion und Gefühl ................................................................................................... Generative Beschreibung ............................................................................................ Architektur der Empfindung ........................................................................................ Synthese durch Metamorphose .................................................................................. Schinkels revolutionärer Klassizismus ......................................................................... Zwischen Natur und Kultur .......................................................................................... Kontinuität des Bruches .............................................................................................. Transformierte Erwartung ........................................................................................... Morphologische Transformation ................................................................................. Rationalität, Gefühl und Phantasie .............................................................................

FG Bau- und Stadtbaugeschichte Hans Poelzig Der Wesenskern der Bauaufgabe und sein zeitgemäßer Ausdruck .............................. Kirchenbau .................................................................................................................. Wassertürme .............................................................................................................. Denkmal ..................................................................................................................... Gedächtnisstätte ........................................................................................................ Wohnbau .................................................................................................................... Industriebau ................................................................................................................

FG Historische Bauforschung und Baudenkmalpflege Robert Koldewey Der analytische Blick des Bauforschers ...................................................................... Zeitstrahl Koldeweys Leben ...................................................................................... Stationen ................................................................................................................... Ischtar-Tor ................................................................................................................. Koldewey-Gesellschaft ............................................................................................... Manifest ....................................................................................................................

4-67 8-910-13

14-2122-25 26-2930-3334-3738-4142-4546-4950-5354-57

58-61 62-6566-6970-7374-77 78-8182-85

86-8788-8990-9192-9394-9596-97

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Geschichtswerkstatt

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7Geschichtswerkstatt II - Einleitung - Was ist die Geschichtswerkstatt?

Die Geschichtswerkstatt des Instituts für Archi-tektur wurde im Jahr 2017 von den Fachgebieten Architekturtheorie (Prof. Dr. Jörg H. Gleiter), Bau- und Stadtbaugeschichte (Prof. Dr. Her-mann Schlimme) und Historische Bauforschung und Baudenkmalpflege (Prof. Dr. Thekla Schulz-Brize) gegründet. Die Geschichtswerk-statt verfolgt die kritische Aufarbeitung der wechselvollen Geschichte des Instituts für Architektur. Das ist aus der Überzeugung moti-viert, dass ohne Kenntnis der Vergangenheit die Beantwortung der Fragen der Zukunft nicht möglich ist. Das Verständnis der Geschichte und die Möglichkeit zu ihrer kritischen Rekonzeptua-lisierung sind Voraussetzung für Souveränität und Selbstbestimmung, sei es einer Institution wie das Institut für Architektur wie auch der Studierenden und Lehrenden.

Zusammen mit Studierenden der Bachelor- und Masterstudiengänge in Architektur möchte die Geschichtswerkstatt einen Beitrag zum besseren Verständnis der Geschichte nicht nur des Insti-tuts für Architektur, sondern auch der Technische Universität Berlin leisten. Zusammen mit der Technischen Universität Berlin blickt das Institut für Architektur auf eine lange Tradition, die bis auf die Gründung der preußischen Bauakademie 1799 zurückgeht. Damit ist das Institut für Architektur die älteste Architekturfakultät Deutschlands. Aus der Bauakademie wurde 1879 die Königliche Technische Hochschule zu Berlin und 1946 als Technische Universität Berlin.Die Gründung der Bauakademie stellt den eigentlichen Gründungsakt der Technischen Universität Berlin dar. Es ist die Architektur, auf

der alles aufbaut. So gehen die meisten der heutigen Fachgebiete der Universität auf die Architektur als die Mutter der Künste zurück, was alle Künste wie auch Technik und Natur-wissenschaften einschließt. Es ist die Architektur die im eigentlichen Sinne enzyklopädische Kunst. Oft ist nicht bewusst, dass gerade die exakten Wissenschaften ihre Modelle für Ord-nung und System den Vorstellungen von Klarheit in den Künsten, aus denen sie sich herausentwi-ckeln, verdanken.

Seit der Gründung der Bauakademie hat sich das Institut für Architektur und seine Vorgänger-institutionen unter den jeweiligen kulturellen und politischen Einflüssen vielfältig verändert. Dazu gehört die Neuordnung Preußens nach den napoleonischen Kriegen 1815, die Gründung des zweiten deutschen Kaiserreichs 1871, die Aus-rufung der Republik 1918, die Gesetze zur Gleich-schaltung 1933, der Neuanfang 1946 unter der britischen Militärverwaltung, die Studentenun-ruhen 1968, der Fall der Mauer 1989 und die Entscheidung für Berlin als Hauptstadt des wiedervereinigten Deutschlands. All dies hatte vielfältigen Einfluss auf die Ausbildungsmodelle, die Besetzung der Lehrstühle und die For-schungsinhalte des Instituts für Architektur.Im Zentrum der Arbeit der Geschichtswerkstatt stehen die ehemaligen Studierenden und Leh-renden des Instituts für Architektur und seiner Vorgängerinstitutionen. Neben vielen anderen gehören dazu Persönlichkeiten wie David und Friedrich Gilly, Karl Friedrich Schinkel – erst Schüler, später Direktor der Bauakademie –, aber auch Hans Poelzig, Heinrich Tessenow,

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8 Geschichtswerkstatt II - Einleitung - Was ist die Geschichtswerkstatt?

Robert Koldewey, Hans Scharoun, Otto Königs-berger, Bernhard Hermkes, Hinrich Baller, Julius Posener oder Oswald Mathias Ungers. Die Geschichtswerkstatt wird sich aber auch mit den weniger ruhmvollen Zeiten beschäftigen wie mit dem nationalkonservativen Chauvinismus und Imperialismus im Kaiserreich, mit der Rolle der Professorenschaft im 1. Weltkrieg wie auch mit der Zeit der NS-Diktatur. Es ist ja kein Geheim-nis, dass Albert Speer an der TU Berlin Assistent von Heinrich Tessenow war. Das wirft viele Fragen auf, auch die nach der Geschichte und dem persönlichen Lebensweg der jüdischen Studierenden und Absolventen, die ab 1933 aus der Hochschule und zur Emigration gedrängt, verfolgt und ermordet wurden. Ein wichtiges Forschungsfeld wird auch die neuere Geschichte nach der Neugründung der Technischen Univer-sität 1946 sein, was die Studentenproteste und -streiks 1968 oder 1988 wie auch die Brüche und die damit ausgelösten Diskontinuitäten ein-schließt, die bis heute unterschwellig, aber mit keineswegs zu vernachlässigender Energie im Institut der Architektur nachwirken.

Schritt für Schritt möchte sich die Geschichts-werkstatt ein kritisches Bild von der wechselvol-len Geschichte des Instituts für Architektur machen. Die Arbeitsformen dafür sind Seminare und Lehrforschungsprojekte, aber auch Bache-lor- und Masterarbeiten. Es sind die Studieren-den, die die Arbeit der Geschichtswerkstatt tragen. Die Geschichtswerkstatt bietet ihnen die Möglichkeiten, sich einerseits unter Anleitung mit dem wissenschaftlichen Arbeiten in den Gebieten der Theorie, Geschichte und Baufor-

schung vertraut zu machen. Andererseits kön-nen sie durch die Konzeption von Ausstellungen, Publikationen und Webauftritt ihre gestalteri-schen Fähigkeiten erweitern.

Die Ergebnisse der Geschichtswerkstatt werden über unterschiedliche Medien wie Vorträge, Podiumsdiskussionen, Ausstellungen, Bücher und Websites allen Studierenden und Mitarbei-tenden des Instituts für Architektur zugänglich gemacht. Es verbindet sich damit die Hoffnung, den Grad der Identifikation der Studierenden mit der akademischen Institution zu stärken, in der sie entscheidende Jahre der Entwicklung ver-bringen. Die Arbeit der Geschichtswerkstatt soll aber auch nach innen wirken, Profil bildenden sein und einen Beitrag zur Identität des Instituts leisten. Sie will einen Beitrag zur größeren Souveränität des Instituts für Architektur über die eigene Entwicklung leisten, was nur auf der Grundlage der kritischen Reflexion der Geschich-te möglich ist. Es bedarf dazu der Überwindung der historischen Gleichgültigkeit, was so viel bedeutet wie die Emanzipation der akademi-schen Lehre und Forschung aus den Zwängen des zunehmend durchökonomisierten Wissen-schaftsbetriebs.

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Studierende

Gruppe 1 ArchitekturtheorieMichael AndersonChenzhi GongPauline HenkeDominik HoffmannAnastasiia LytvyniukMonika MirskiLea MokoschSarah WeyandClara Zrenner

Gruppe 2 Bau- und StadtbaugeschichtePolina DonchevskaiaJanis KaisingerOlivia LeesMona ThomaChristian UhlYucheng Zhang

Gruppe 3Hist. Bauforschung und BaudenkmalpflegeMuhannad GhazalYannick MarquèsMouhamad SobhSacha Yonkers

Mit besonderem Dank an Arthur Schmock, Dominik Hoffmann und Sarah Weyand.

Beteiligte Fachgebiete

Architekturtheorie Prof. Dr.-Ing. Jörg H. GleiterDr. Lidia Gasperoni

Bau- und Stadtbaugeschichte Prof. Dr.-Ing. Hermann SchlimmeDr.-Ing. Birte Rogacki-Thiemann

Hist. Bauforschung und Baudenkmalpflege Prof. Dr.-Ing. Thekla Schulz-BrizeDipl.-Ing. Mada Saleh

Geschichtswerkstatt II - Einleitung - Projektbeteiligte

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10 Ausstellungseröffnung am 15. Juni 2019 im Rahmen der Langen Nacht der Wissenschaft im Foyer des Architekturgebäudes

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11Ausstellungseröffnung am 15. Juni 2019 im Rahmen der Langen Nacht der Wissenschaft im Foyer des Architekturgebäudes

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Die humanistischen Grundlagen der modernen

Architektur

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Die Ausstellung, Ergebnis der zweiten Ge-schichtswerkstatt im Wintersemester 2018/2019, beschäftigt sich mit den humanistischen Grundlagen der modernen Architektur und wie diese am Institut für Architektur bzw. seinen Vorläufern verstanden wurden. Humanismus wird dabei in der Traditionslinie der Renaissance verstanden und bezeichnet ein auf das Bildungs-ideal der griechisch-römischen Antike gegründe-tes Denken und Handeln, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt.

Der Begriff "humanistische Bildun" ist eng mit dem Namen Wilhelms von Humboldt verbunden. Er gründete die Berliner Universität, die heute seinen Namen trägt, und initiierte um 1800 eine Schulreform. Das humanistische Bildungsideal hat nicht die Erziehung eines brauchbaren Bür-gers zum Ziel. Vielmehr geht es darum, auf der Grundlage individueller Bildung kritische und ih-rer selbst bewusste Menschen hervorzubringen. Die Würde des Menschen und seine Erziehung zur Freiheit stehen im Mittelpunkt. Der Weg da-hin führt über eine kritische Auseinandersetzung mit Kultur und Geschichte. Die Antike ist dabei ein wichtiger Bezugspunkt.

Die Ausstellung untersucht die moderne Ar-chitektur nicht als revolutionären Neuanfang sondern in ihren evolutionären Prinzipien. Daher stehen drei Personen im Mittelpunkt, die in intensiver und individueller Auseinandersetzung mit der historischen Baukultur vielschichtige Werke geschaffen haben und großen Respekt vor unterschiedlichen Entwurfslösungen hat-ten. Die Ausstellung behandelt Karl Friedrich

Schinkel (Fachgebiet Architekturtheorie, Prof. Gleiter), Robert Koldewey (Fachgebiet Histori-sche Bauforschung und Baudenkmalpflege, Prof. Schulz-Brize) und Hans Poelzig (Fachgebiet Bau- und Stadtbaugeschichte, Prof. Schlimme). Alle drei Protagonisten stehen für eine umfassende, moderne und gleichzeitig dem Humanismus verpflichtete Herangehensweise an Architektur in Lehre, Wissenschaft und Praxis.

Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) war Profes-sor an der Berliner Bauakademie und damit an der Vorläuferinstitution der TU Berlin. Fragen des Materials und der Konstruktion bestimmten beim späten Schinkel das Verständnis der Anti-ken Baukultur. Aus Material und Konstruktion gelte es, “einen reinen Styl im allgemeinen zu erdenken, der dem Besten was in jedem anderen geleistet ist nicht widerspricht.“1 Das zeigt einen ebenso modernen wie dem tiefen Verständnis der historischen Baukultur entspringenden An-satz.

Robert Koldewey (1855-1925) war Archäologe und Begründer der Archäologischen Baufor-schung, einer der wesentlichen Methoden für die Beschäftigung mit dem historischen Bauwesen an heutigen Architekturfakultäten. Koldewey befragte die Geschichte und vergegenwärtigte das Historische im Sinne modernster wissen-schaftlicher Museumspräsentationen.

Hans Poelzig (1869-1936) war Professor an der TH Charlottenburg. Er entwickelte aus einem tiefen Verständnis der historischen Baukultur heraus bestehende Baucharaktere im Sinne

Geschichtswerkstatt II - Einleitung - Die humanistischen Grundlagen der modernen Architektur

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seiner Zeit weiter und generierte aus den neuen Konstruktionsweisen und Bauaufgaben seiner Epoche wie Geschäftshäusern oder Industrie-bauten neue spezifische Gebäudecharaktere.

Für Schinkel, Koldewey und Poelzig waren die Auseinandersetzung mit Kultur und Geschich-te sowie ein humanistisches Grundverständnis Schlüssel für ein reiches und konzeptionell klares Schaffen.

Textnachweise

1 Karl Friedrich Schinkel, Das Architektonische Lehrbuch, hg. v. Goerd Peschken, Berlin/München 1979, 146.

Geschichtswerkstatt II - Einleitung - Die humanistischen Grundlagen der modernen Architektur

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Karl Friedrich Schinkel

Gruppe 1: FG Architekturtheorie

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17Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Reflexion und Gefühl

REFLEXION UND GEFÜHLSchinkel, Architekt der Sattelzeit

Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) gilt als der bedeutendste Architekt der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Trotzdem sind Werk wie Person schwer fassbar, so schwer wie seine Zeit. Schwierig zu fassen ist die Zeit Schinkels, weil sie Teil einer langen Übergangzeit ist, einer Zeit der Krise von Kultur und Gesellschaft. Reinhart Koselleck hat dafür den Begriff der Sattelzeit geprägt, mit der er die Zeit des Übergangs zwischen 1750 und 1850 von der ständischen, feudalen Gesellschaft hin zu einer dynamischen, modernen Konzeption beschrieb. Auf dem Gebiet der Architektur ist Schinkel zweifellos einer der hervorragenden Repräsentanten dieser Zeit. Die Frage ist dann, worin seine singuläre Bedeutung besteht. Welches ist der Stellenwert seiner Architektur für die Moderne, was verän-dert sich, auf welcher Grundlage und mit welcher Wirkung.

Humanistische GrundlagenNeben Persönlichkeiten wie Alexander von Humboldt (1769-1859), Friedrich Schlegel (1772-1829) oder Johann Freiherr von Eichendorff (1788-1857) war Schinkel einer der Vertreter der zweiten Hälfte der Sattelzeit ab 1800. Es ist die Zeit des deutschen Idealismus und der Roman-tik. Vor 1800 war die Zeit geprägt durch die Kritik am Zeitalter der Vernunft, der Aufklärung und des Klassizismus. In der Architektur stehen dafür Claude Nicolas Ledoux (1736-1806) oder Étienne-Louis Boullée (1728-1799). Mit Bezug auf die Französische Revolution von 1789,

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Übernahme der Jakobiner 1793 und der nachfol-genden Schreckensherrschaft beobachtete. Metamorphose bedeutete dynamische Verände-rung, Reform statt Revolution.

Mit der Möglichkeit zum Eingreifen in den Lauf der Dinge veränderte sich aber auch die Stellung des Menschen in der Welt und zu den Dingen. Die Zeit Schinkels ist geprägt durch die Neukon-zeption der humanistischen Grundlagen der Gesellschaft, wie sie in der Renaissance formu-liert worden waren und durch Leonardo da Vincis berühmten Vitruvianischen Menschen, einge-schrieben in ein Quadrat und einen Kreis, seine gültige Darstellung erfahren hatte. Es änderte sich die Stellung des Menschen in Bezug auf Natur, Religion und zu sich selbst. Die Frage stellt sich, was die veränderten Grundlagen des Humanismus für die Architektur bedeuteten, welches Schinkels Beitrag dafür war, und wie sich das, vorbildlich und exemplarisch, in Schin-kels Architektur zeigte.

Darstellung des Nichtdarstellbaren In der Kunst zeigt sich die Sattelzeit als Über-gang vom normativen und idealistischen Klassi-zismus, wie er von Johann Joachim Winckelmann (1717-68) konzipiert wurde, hin zu einer auf Innerlichkeit und das individuelle Gefühl sich berufende Romantik. Für den Klassizismus stehen zum Beispiel die 1785 auf beiden Seiten des Berliner Gendarmenmarkts errichteten Zent-ralbauten, der Deutsche Dom und der Französi-sche Dom. Dazwischen steht Schinkels Schau-spielhaus, heute Konzerthaus, mit dem sich Schinkel vom Klassizismus der zwei flankieren-

bezeichnet man diese als Revolutionsarchitek-ten1. Für die zweite Hälfte gibt es dagegen für die Architektur keine eigene Epochenbezeich-nung. Man behilft sich und spricht, nach ihrem wichtigsten Vertreter, von der Schinkelzeit. Womit Schinkels Bedeutung gewürdigt wird, für ein besseres Verständnis der Zeit ist damit aber noch wenig gewonnen.

Die Schwierigkeit der Namensgebung ist symp-tomatisch für die Zeit der Ablösung vom mecha-nistischen, vernunftbasierten Weltbild des Barocks und des Klassizismus und der Hinwen-dung zu dynamischen Modellen der Kultur, für die die Idee der Metamorphose steht. Metamor-phose wird zum Schlüsselbegriff jener Zeit. Vorbild dafür sind die, dank der neu entstehen-den Naturwissenschaften, beobachteten mor-phologischen Transformationsprozesse in der Natur. „Alles ist Wechselwirkung“, schrieb Humboldt, eine Erkenntnis, mit der er gleichsam die Phänomene der organischen wie nicht-orga-nischen Natur auf das Gebiet der Kultur und der Gesellschaft übertrug.

Von da an war kein Halten mehr. Nicht nur die bisher so stabilen Modelle der Natur kamen ins Wanken, sondern auch die Gesellschaftsmodelle und mit ihnen die von Kunst und Architektur. Die Idee der Metamorphose bleibt nicht nur auf die Analyse der Transformationsprozesse be-schränkt, sondern gab auch die Verfahren und Instrumente an die Hand zum direkten Eingrei-fen in diese. Metamorphose erschien als Alterna-tivmodell zur Revolution, zum Terror der Revolu-tion, wie man dies in Frankreich nach der

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Reflexion und Gefühl

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den Kirchen absetzte, ohne dabei gänzlich mit ihm zu brechen. Eine Avantgardeattitüde gehör-te nicht ins Konzept der Metamorphose, die Idee eines totalen Bruchs und die Suche nach dem ganz Neuen war der Zeit Schinkels fremd.

In der Architektur spricht man aber nicht von einer romantischen Phase. Das liegt in der Architektur selbst begründet. Denn im Gegen-satz zu Literatur und Malerei ist die Architektur mehr ein Medium gesellschaftlicher und allge-mein-kultureller Phänomene und weniger der Individualität des Autors. Dennoch, ohne roman-tisch im engeren Sinne zu sein, zeigen sich die Veränderungen in der Kunstauffassung jener Zeit auch im Konzept der Architektur. Es macht gerade die Stellung Schinkels aus, dass er als Architekt die Architektur für den „Ausdruck von Ideen“ und für das „Gefühl“ öffnete, aber weni-ger im Horizont des Persönlichen und Subjekti-ven, als vielmehr im Horizont gesellschaftlicher Synthese, oder wie Friedrich Wilhelm Schelling (1775-1854) formulierte: „Das unmittelbar Her-vorbringende des Kunstwerks […] ist der ewige Begriff oder die Idee.“2 Es ist die Idee, in der „der tiefe innere Zusammenhang eines Kunstwerks [aufscheint], welcher hindeutet auf das nicht Darstellbare.“3 Mit der Idee nimmt Schinkel ein zentrales Konzept der Romantik auf, das in der Darstellung des Nichtdarstellbaren besteht, was eben nur als Wirkung, Stimmung oder Gefühl erfahren werden kann.

Das Bildhafte, Szenographische und Maleri-sche schlechthin sind Schinkels Mittel dazu. Aus der Position des Malers, Zeichners und Szeno-

graphen heraus betrieb Schinkel die Rekonzep-tualisierung der Architektur. Dafür stehen beson-ders das Bild Gotischer Dom am Wasser(1813/ 14) und die Federlithographie Dom hinter Bäumen (1810). Das letztere versah Schinkel mit einer gleichermaßen seherischen wie rätselhaf-ten Bildunterschrift, in der sich die Veränderun-gen in der Auffassung der Architektur zeigen: „Versuch die liebliche sehnsuchtsvolle Wehmuth auszudrücken welche das Herz beim Klange des Gottesdienstes aus der Kirche herschallend erfüllt, auf Stein gezeichnet von Schinkel.“ Im Zentrum steht die Idee, einem inneren Zusam-menhang folgend, das Nicht-Darstellbare zur Erfahrung zu bringen, ohne es zu repräsentieren.

Schinkel lässt keinen Zweifel daran, dass das ästhetische Gefühl nur das „Wohlgefallen [ist] an den darin waltenden Vernunftgesetzen,“4 in denen es begründet ist. Was damit gemeint ist, erschließt sich über das, was Friedrich Schiller im Unterschied zur naiven Dichtung als sentimen-talische Dichtung bezeichnete, ein nicht ganz unproblematischer, weil missverständlicher Begriff. Für Schiller steht sentimentalisch für den Versuch, das Gefühl und damit, wie er in Über naive und sentimentalische Dichtung5 schreibt, „die verlorengegangene ursprüngliche Natürlich-keit durch Reflexion wiederzugewinnen.“6 Die sentimentalische Dichtung steht in Gegensatz zu einer rein gefühlsmäßigen Dichtung, die Schiller im Gegensatz dazu als sentimental bezeichnet. In den durch Reflexion wiederzugewinnenden, im Prozess der Moderne verlorengegangenen In- halten der Kultur, darin besteht dann die eigent- liche moderne Konzeption der Kunst bei Schiller.

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Reflexion und Gefühl

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Metamorphose Was bedeutet nun Metamorphose in der Archi-tektur, welches sind die Verfahren und Techniken und was ist dabei das Neue. Schinkels Technik der Metamorphose zeigt sich besonders ein-drucksvoll in zwei seiner Projekte, in den römi-schen Bädern (1829-40) in Potsdam und dem zuvor errichteten Alten Museum (1825-30) in Berlin. Während das Ensemble der römischen Bäder an italienischen Landhäusern Anleihe nimmt, zeigt sich im Alten Museum die Meta-morphose als Transformationsprozess der klassizistischen Vorbilder. Berühmt, weil spekta-kulär und atemraubend, ist dabei die Loggia, die sich hinter der doppelten Kolonnade aus ioni-schen Säulen der Fassade am Lustgarten befin-det. Die Interkolumnien der hinteren Säulenrei-he sind heute über die ganze Höhe verglast, was aufgrund der Spiegelungen die Situation leider verunklären. Dennoch, wie in keinem anderen Projekt zeigt sich besonders in der Loggia Schinkels Verfahren der Metamorphose und, beim Blick besonders von innen, die szenogra-fisch-affektiven Effekte im Sinne der Wieder- gewinnung des Gefühls durch Reflexion.

Schinkel überlagert in diesem Gebäude drei Typen der Architektur, wie sie aus der Geschichte bekannt sind und in unterschiedlichen Variatio-nen gebaut wurden. Das sind 1. der Palazzo der Renaissance, 2. das römische Pantheon (14 n. Chr.) mit seinem Pronaos, der von vier Reihen von mächtigen korinthischen Säulen getragen wird und 3. die doppelgeschossige Athener Stoa des Attalos (ca. 150 v. Chr.) mit ihren zwei Reihen von ionischen Säulen. (Abb. 1)

Die romantische Dimension Schinkels zeigt sich dann, mit Bezug auf Schiller, in dem durch Reflexion wiederzugewinnenden Gefühl. In Anlehnung an den Begriff der sentimentalischen Dichtung kann man für Schinkel von einer sentimentalischen Architektur sprechen. Denn Schinkels Architektur entsteht in dem Bewusst-sein, „nicht mehr bruchlos in einer lange ver-bindlichen Kunsttradition zu stehen.“7 Schinkel steht nicht mehr naiv der Überlieferung gegen-über, sondern muss in ein reflexives Verhältnis zur Überlieferung treten. Man kann auch von einem Moment der Emanzipation des Men-schen von der Überlieferung sprechen, wo mit dem Zeitalter der Vernunft kein naiver Zugang weder zur Vergangenheit noch zu den menschli-chen Gefühlen möglich ist.

Das Verhältnis des Menschen zur Überlieferung ist kein unbelastetes Verhältnis mehr, es kann nur noch ein reflektiertes Verhältnis sein. Es zeichnet die Romantik aus, dass der Mensch sich zurück in jene Zeit eines nicht entfremdeten Verhältnisses zwischen Mensch und Natur, zwischen Individuum und Gesellschaft sehnt, im Bewusstsein aber, dass eine naive Rückkehr nicht mehr möglich ist. Nur sentimentalisch, das heißt in der Reflexion, kann es gelingen, das Gefühl, als nun komplementär zur rationalen Welt, wiederzugewinnen. Das Gefühl bleibt von nun an infiziert vom Bewusstsein der Unmög-lichkeit einer einfachen Rückkehr zu dem als ideal imaginierten Verhältnisses von Mensch und Natur. Geschichtliche Reflexion und Gefühl sind die zwei Erwartungen, die das beginnende 19. Jahrhundert an Kunst und Architektur stellt.

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Reflexion und Gefühl

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Abb. 1: Drei Grundtypen: Palazzo, Pantheon und Stoa

Schinkel überlagert die drei Typen so, dass sie sich gegenseitig durchdringen, dabei dennoch ihre charakteristischen Merkmale und formale Autonomie erkennbar bleibt: Die Stoa, die mit ihrer ionischen Kolonnade die Fassade zum Lustgarten beherrscht, der Palazzo, der durch seine doppelte Fensterreihe das Museum nach außen auf drei Seiten prägt, und die Rotunde des Pantheons, die den zentralen Raum im Zentrum des Museums bildet.

Das alles wäre nicht sonderlich spektakulär, gäbe es nicht den Pronaos des Pantheons, in dem, auf subtile Weise, die Metamorphose stattfindet, durch die die Idee aufscheint, und die die affektive Qualität hervorbringt. Die Loggia entsteht als Resultierende der drei Figuren Palazzo, Pantheon und Stoa. Dabei spielt der Pronaos die entscheidende Rolle. Während die Rotunde des Pantheons nahezu autonom das Zentrum des Museums bildet, überlagert sich der Pronaos mit den anderen Figuren, er schneidet dabei in die Figur des Palazzos ein und schafft die räumliche Tiefe für die Loggia. Die Doppelgeschossigkeit der Stoa wiederum transformiert den Pronaos und moti-viert die Doppelgeschossigkeit der Loggia. Es öffnet der Pronaos die Wand des Palazzos und schafft den Raum für die zweite, hintere Säulen-reihe der Stoa, die nur an dieser Stelle sichtbar wird, während sie ansonsten in der Wand des Museums aufgeht. Schinkel fügt dann ein neues Element ein: eine paarweise doppelläufige Treppe. Als viertes Element resultiert diese aus der morphologischen Metamorphose und folgt dabei den „Vernunftgesetzen“ der drei anderen

Abb. 2: Überlagerungsfigur

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Reflexion und Gefühl

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ungewohnter Nähe zu den ionischen Kapitellen befindet. Kurt W. Forster schreibt, dass Schinkel in diesem Emporsteigen in der Loggia und Hinaus- und Hinunterschauen auf den Lustgar-ten seine Erfahrungen in den Alpen in Architek-tur umsetzt. "Die Architektur des Vestibüls ist in der Tat eine Nachbildung der alpinen Situation mitten in der Stadt."9 Wobei es vor allem die Nähe zu den mächtigen Kapitellen und weniger die Situation im ersten Geschoss ist, die den Eindruck von schwindelnder Höhe erweckt.

Es stellt sich so ein Vergrößerungseffektein, was ergänzt wird durch die doppelteReihe an ionischen Säulen, durch die hindurchdie Stadt in einzelnen, fragmentierten Bildererscheint, die dynamisch sind, die sich bewegenmittels der perspektivischen Verzerrung. Es istein Spiel aus Nähe und Ferne, Verdecken undEntdecken. Der Betrachter bleibt nicht unbe-rührt. Architektur wird, immer den Vernunftge-setzen der drei Figuren Palazzo, Pantheon undStoa folgend, zum Verstärker der Sinne und derSinnlichkeit. Jörg H. Gleiter

Figuren Palazzo, Pantheon und Stoa. (Abb. 2)

In der Loggia findet dann die großartige Insze-nierung des Eingangs statt, über die Freitreppe, durch die vorhangartige Kolonnade aus ioni-schen Säulen hindurch, durch die Stoa und unter der Treppe hindurch direkt in die Rotunde, oder links und rechts über die Treppe hinauf auf die erste Etage der Loggia. Hier geht dann der Blick zurück und hinaus in die Stadt durch die doppel-te Säulenreihe der Stoa hindurch, über den Lustgarten hinweg auf das Berliner Stadtschloss oder an ihm vorbei auf die Friedrichswerdersche Kirche in der Ferne. Die doppelte Säulenreihe wird zum beweglichen Filter, der die Sicht auf die Dinge in der Ferne nur in körperlicher Bewe-gung, im Hin- und Herwiegend des Kopfes und des Körpers, freigibt. Es ist der Blick auf die große Marmorschale, auf Brunnen, Bäume und Monumente.8

Schinkels großartige Zeichnung des Blicks aus der Loggia auf den Lustgarten macht sichtbar, dass es ihm um das affektive Moment ging, die Transzendierung der architektonischen Erfah-rung durch ein aus der besonderen Raumfigur erwecktes Gefühl. Paarweise sieht man Staffa-gefiguren im ersten Geschoss der Loggia zusam-menstehen oder spazierengehen, dabei erregt gestikulieren und auf Dinge deuten, die gerade ihre Aufmerksamkeit erweckt haben. Der Raum der Stoa wirkt wie ein großartiges Proszenium, das die Loggia von der Stadt als Bühne trennt.

Verblüffend der Effekt, wenn man sich in der Loggia auf halber Höhe und damit quasi in

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Reflexion und Gefühl

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Textnachweise

1 Der Begriff geht zurück auf Emil Kaufmanns Buch Von Ledoux bis Le Corbusier. Ursprung und Entwicklung der autonomen Architektur, Wien u. Leipzig: Dr. Rolf Passer 1933.

2 Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling, Philosophie der Kunst (Vorlesungen an der Universität Jena, 1802/03), unveränderte fotomechanischer Nachdruck der Ausgabe von 1859, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1960, S. 102f.

3 Schinkel zitiert nach Andreas Haus, Karl Friedrich Schinkel als Künstler, München u. Berlin: Deutscher Kunstverlag, 2001, S. 69.

4Ebd., S. 69.

5 Friedrich Schiller, Über naive und sentimentalische Dichtung, Stuttgart: Philipp Reclam Jun. Verlag 1978.

6 Friedrich Schiller zitiert nach Werner Busch, Das senti-mentalische Bild, München: C. H. Beck 1993, S. 7.

7 Werner Busch, Das sentimentalische Bild, München: C. H. Beck 1993, S. 7.

8Vgl. Jörg Trempler, Schinkels Motive, Berlin: Matthes & Seitz, 2007.

9Kurt W. Forster, Schinkel. A Meander Through his Life and Work, Basel: Birkhäuser, 2018, 338.

Bildnachweise

Abb. 1-2: Die Zeichnungen wurden erstellt von Sarah Gretsch

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Reflexion und Gefühl

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Generative Beschreibung in der Architektur

Das Buch von Kurt Forster „Schinkel. A Meander Through His Life and Work”: Rezension und Begegnung mit dem Autor im Rahmen der

Geschichtswerkstatt

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25Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Generative Beschreibung in der Architektur

Das Buch Schinkel. A Meander Through His Life and Work von Kurt W. Forster ist 2018 erschie-nen. Es versucht, die Gesamtwelt von Schinkel einerseits aus dem spezifischen Blickwinkel seines Lebens und Schaffens, andererseits aus dem breiteren Winkel der Ramifikationen seines Denkens und Wahrnehmens zu untersuchen.1 Im Buchdesign hat Dieter Keppler eine Wechselwir-kung zwischen Text und Bild geschaffen,2 welche das architektonische System Schinkels sowohl diskursiv als auch bildhaft neu erschließt. Das Buch gliedert sich durch thematische Exkurse, die sich in Abwechslung zu poetischen und erzählerischen Exkursen entfalten.

Forsters ist eine Gestaltungsreise, die sich jenseits des konventionellen Bildes von Schinkel vollzieht und eine neue Sicht auf den preußi-schen Architekten eröffnet. Das Gefühl ist der zentrale Aspekt, der sein Werk laut Forster prägte. Seine Fähigkeit bestand vor allem darin, eine neue Synthese zu schaffen und somit das vorgegebene Wissen zu transformieren.3 In dieser Hinsicht ist Schinkel nicht von seiner Begabung zu trennen, neue Kompositionen aus dem tiefen Denken und der sinnhaften Erfah-rung des architektonischen Zeitgeistes zu schöp-fen. Er war ein Transponierer, der Formen und Inhalte zu neuer Anschauung brachte. Und sein gestalterisches Denken ist nicht ohne den Idealismus zu begreifen, nach dem – in Anleh-nung an Fichte – das Wissen als Konstruktion und Kreation zu verstehen ist. Die Anschauung ist dabei keine direkte und unmittelbare Ent-sprechung zwischen Phänomenen und Gedan-ken, sondern die generierte Bedeutung imagina-tiver Prozesse, die sich in den verschiedensten medialen Praktiken und Motiven realisieren. Sie resultiert aus dem Blick und Anblick der Gestal-ter und Betrachter, die mit der Objektivität spielen, indem sie eine neue kreieren, hiermit das Alte vorantreiben und zu neuer Form brin-gen. Die Architektur von Schinkel wird somit als Architektur der Anschauung definiert, in der das Sehen produktiv ist. Das betrifft die Gestaltung und Beschreibung des Alten Museums in Berlin, dessen Treppenanlage eine generative Plattform darstellt, auf der der Zuschauer performativ den Ort und seine Zusammenhänge mit der Stadt als vielfältiges Netzwerk von Relationen durch Bewegung selbst erfassen kann. Das Begreifen

Kurt W.Kurt W

Forster

Schinkel

A Meander

Through

His Life And

Work

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funktioniert in diesem Fall nicht ohne die Erfah-rung des Ortes, die das Gefühl in allen räumli-chen Dimensionen kultiviert. Wie Forster poin-tiert anmerkt, gibt es deshalb keine Praxis ohne Theorie und umgekehrt: Die Theorie schafft den Raum der Erfahrung, die sich nur in der ausge-führten Praxis zeigt, mehr noch: „there is no architecture without experience“.4 Das Alte Museum wird somit zum Panorama und kann in freier Analogie mit einer alpinen Landschaft verglichen werden. Das Zeigen ist dabei der performative Akt, der die Architektur jedes Mal zu neuer Gestaltung führt. Die räumliche Reprä-sentation im Assoziieren ist dabei keine bloße Abbildung, sondern die Wunderkammer der architektonischen Form, und dabei stellt speziell die Sammlung der Entwürfe ein Repertoire dar für die Gefühlsmomente des Werks von Schinkel – wie Forster bemerkt: „The ultimate arbiter is not logic, technique, economy or convention, but Gefühl, an intransitive state of being. To create an architecture redolent of Gefühl is to shape it as the image (and source) of sensa-tions“.5

Im Buch Forsters stellt die Beschreibung eine Neuentdeckung von Schinkel dar. Es geht um Schinkel, jedoch auf einer viel allgemeineren Ebene um das Sehen, das Wahrnehmen, das Lesen der Architektur. Diese Ebenen der Archi-tekturbeschreibung entsprechen der Möglich-keit, Architektur zu begreifen. Die Ebene der Theorie- und Geschichtsschreibung betrifft jede Praktik – und somit auch die Architektur – im Allgemeinen. Das Vorhaben, die mehrfach behandelte und codierte Architektur von Schin-

kel auszulegen, ist gleichzeitig in der Sprache von Forster an die Erfahrung der interpretativen Freiheit gebunden. Es mag auch nicht zufällig sein, dass im selben Jahr auch ein anderes Buch von Forster zu Aby Warburgs Kulturwissenschaft erschienen ist, der bekanntlich ein Pionier in der Praktik des freien Assoziierens als Konstitution von neuem Wissen war.6 In Forsters Buch geht es nicht nur um die Beschreibung von Schinkels Leben und der von ihm unzertrennlichen Archi-tektur, sondern auch um die Funktion der Be-schreibung von Architektur in einer spürbaren Resonanz von Aldo Rossis Frage: Wie kann Architektur beschrieben werden? In seiner Wissenschaftlichen Selbstbiographie bemerkt Rossi: „Um jedoch die Architektur zu begreifen, muss ich die Dinge und die Empfindungen wiederholen, sie beschreiben oder doch nach einer Möglichkeit ihrer Beschreibbarkeit su-chen“.7

Es gibt Bücher, die ihre Gegenstände überstei-gen und sich methodisch so ausdehnen, dass ihre Wirkung disziplin- und themenübergreifend wird. Das Buch von Forster ist ein solches Buch, das über seinen Gegenstand hinausragt und seine Wirkung auch dank eines tiefgründigen Verständnisses der architektonischen Beschrei-bung entfaltet. Denn es ist ein Buch „über“ Schinkel, aber zugleich ein Werk, das jenseits der Analyse einzelner Bauten Schinkels eine allge-meinere Ebene der Beschreibung erreicht, die über ihre philosophische Wirkung definiert werden kann; denn Philosophie ist die Disziplin des Allgemeinen oder, spezifischer, des Ver-suchs, die Grenzen zwischen der partikularen

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Generative Beschreibung in der Architektur

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Phänomenen und ihren allgemeineren Zusam-menhängen zu entfalten. Ein solcher kritischer Versuch ist nicht einfach Selbstzweck, ein Spiel mit allgemeineren Reflexionen, sondern – wie Kant es wollte – der Versuch, eine reflexive und zugleich angewandte Disziplin der Grenzen zu definieren, um Lebensräume zu erschließen und erst verständlich zu machen. Die Philosophie soll dabei nicht der Festlegung und Erstarrung, sondern der Dynamisierung der Grenzen gelten, um so unseren Spielraum in Theorie und Praxis zu begreifen und zu lernen, in der Begrenzung uns selbst und die von uns täglich ausgeführten Praktiken zu erkennen. Der Philosoph und die Philosophin sind dabei Grenzgänger, die in ihrer Betrachtung nicht nur Grenzen überfliegen, sondern auch experimentell erfahren. Sie entzie-hen sich den Denkpraktiken nicht; sie gestalten Welten im Denken und denken weltliche Gestal-tungen.

Die beschriebene interpretative Freiheit ist nicht nur ein theoretisches Anliegen, sondern auch eine Haltung im Leben: Als ich im Dezember Kurt Forster bei der von mir und Jörg Gleiter initiierten Schinkel-Geschichtswerkstatt getrof-fen habe, fragte ich ihn, woher diese Freiheit beim Interpretieren und Neulesen der Architek-tur käme. Er hat von seinem Leben in der Schule erzählt und mit uns die Erfahrung geteilt, die er schon in der Kindheit machte, das Wissen jen-seits konventioneller Definitionen zu suchen. Das Neue ist somit auch als ein Tradieren zu verstehen: Das ist ein Wort, tradieren, das einerseits wortwörtlich „überliefern“ bedeutet, andererseits in sich das italienische Wort „tradi-

Textnachweise

1 Kurt Forster, Schinkel. A Meander through his Life and Work, Basel 2018, S. 9.

2 Diese Wechselwirkung wird von Forster als „contrapuntal mesh of image and text“ beschrieben, siehe dazu Forster, Schinkel (Anm. 1), S. 11.

3 Forster, Schinkel (Anm. 1), S. 326.

4 Forster, Schinkel (Anm. 1), S. 292.

5 Forster, Schinkel (Anm. 1), S. 326.

6 Forster, Aby Warburgs Kulturwissenschaft. Ein Blick in die Abgründe der Bilder, Berlin 2018.

7 Aldo Rossi, Wissenschaftliche Selbstbiographie, Bern-Berlin 1988, S. 9.

re“ enthält, das auch „verraten“ heißt – im Sinne von „etwas weitergeben“ (tràdere), das nicht gleichgeblieben ist. Es gibt insofern keine Über-lieferung, die nicht auch in sich das Wissen transformiert und dadurch neu generiert. In dieser Hinsicht ist kein Kopieren möglich, das Architektur vom Zeitgeist entkoppelt und uns von den Fragen befreit, wie wir heute mit den Bauten von Schinkel vorgehen wollen und wie wir auf seine Formen generativ anschauen können. Lidia Gasperoni

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Generative Beschreibung in der Architektur

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Architektur der Empfindung „Die frei fließende räumliche Definition des romantischen Malers Schinkel

wird in den volumetrischen räumlichen Anordnungen städtischer Standorte des neoklassischen Architekten Schinkel wiedergespielt.“1

Hermann G. Pundt

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29Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Architektur der Empfindung

Bäume, Felsbrocken und Wasser. Diese drei natürlichen Motive und deren Repräsentation sind bei Schinkel in fast allen seinen Werken zu sehen. Sowohl in der Malerei als auch in der Architektur, vom Gotischen Dom am Wasser bis zum Alten Museum. Oft lassen sich diese Motive auf Schinkels Anschauung der natürlichen Welt um ihn herum zurückführen und die anschlie-ßende Empfindung, die sie in ihm hervorgerufen haben. Durch Verwendung dieser Motive experi-mentiert Schinkel mit Komposition. Er versucht die Empfindung, die er unter anderem auch in den Alpen sowie an anderen Orten fühlte, in Frage zu stellen und in seine Arbeit einzubauen, damit er die gleiche Empfindung an die Men-schen, die seine Werke sehen, weiterleiten kann.In der Natur sind diese Elemente rau; Bäume klammern sich an Felswände, Wasser rauscht durch die Schluchten, und Felsbrocken liegen darunter oder wippend obenauf.

Um den Nutzen und die Wirkung, die Schinkel beabsichtigte, am Besten zu verstehen, und um seine eigene Empfindung durch seine Anschau-ung zu erfassen, vertiefen wir uns in sein Gemäl-de Gotischer Dom am Wasser (1813). Die Zusam-mensetzung der natürlichen Elemente Stein, Wasser und Baum spiegeln sich in den architek-tonischen Elementen Kirche, Stadt und Brücke wieder. Bei beiden Kompositionen fragt man sich, warum sind sie da? Warum hat Schinkel Gebäudeelemente und -technologien einge-setzt, die so weit zurückreichen; bis zur Antike, zu mittelalterlichen Städten und zu pompösen, nicht baubaren gotischen Kirchen? Die gleichen Fragen stellen sich, wenn die natürlichen Ele-Abb. 1: Motive

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mente im Fokus stehen. Was am meisten ins Auge springt ist der dicke Mantel aus Bäumen, der den gesamten unteren Teil des gotischen Doms verdeckt. Der gotische Dom selbst scheint aus den Bäumen aufzuerstehen, mit seinen hohen, schlanken Türmen, die die Bäume nach-ahmen. Sie stehen buchstäblich davor und werfen die Frage auf, was ist hier wichtig? Die Bäume oder der Dom? Keine der beiden Antwor-ten ist richtig. Wichtig ist die Empfindung, die durch das Verschmelzen von natürlichen und künstlichen Motiven entsteht.

So experimentiert Schinkel mit der Komposition von natürlichen und vom Menschen gemachten Elementen wie der riesigen Klippe, auf der die Bäume und der Dom stehen. Die Treppe, die hinauf führt, sieht aus wie in die Klippe einge-schnitten, was das Natürliche und vom Men-schen Gemachte weiter verbindet. Der Felsvor-sprung trägt dann die Bäume und den Dom, während das Wasser rundherum fließt. Wasser spielt in diesem Bild eine große Rolle, nicht als Wasser, sondern vielmehr durch die Wirkung, die es auf seine Umgebung hat. Das Natuerliche und das vom Menschen Gemachte bilden eine sinnli-che Synthese. Die Kluft zwischen Dom und Stadt wird durch eine hohe Brücke überwunden und dadurch zu einer Einheit verbunden.

Durch diese geschickte Komposition von Moti-ven, denen Schinkel bei seinen Reisen in den Alpen begegnete, schafft er es erfolgreich, die in der Natur erlebten Empfindungen in Architektur zu übersetzen. Schaut man sich jetzt das Alte Museum an oder, besser gesagt, blickt man aus

Abb. 2: Gotischer Dom am Wasser

Abb. 3: Gotischer Dom am Wasser

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31Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Architektur der Empfindung

dem Portikus des Alten Museums auf Berlin, so erfährt man ein ähnliches Zusammenspiel von Natur und Kultur.

Michael Anderson

Textnachweise

1 Hermann G. Pundt, K.F Schinkel‘s Environmental Plan-ning of Central Berlin, in: The journal of the Society of Architectural Historians, 1967, 116.

Bildnachweise

Abb. 1: Die Zeichnungen wurde vom Autor erstellt.

Abb. 2: Jörg Trempler, Schinkels Motive, Berlin 2007, 40.

Abb. 3: Jörg Trempler, Schinkels Motive, Berlin 2007, 37.

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Synthese durch Metamorphose„Die Verzierung der Goten dient einer frei wirkenden Idee, die der Antike

einem Erfahrungsbegriff. Beide wollen charakterisieren, aber die eine charakterisiert nur die auf eine psychische Nützlichkeit gehende Zweck-

mäßigkeit, die andere hat den Zweck, eine freie Idee zu charakterisieren.“1

Gerd Peschken

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Abb. 1: Gebäudesynthese

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Synthese durch Metamorphose

Zu Schinkels Arbeitsweise gehört die scheinbar widersprüchliche Verbindung von Elementen, die bisher nicht zusammen gehörten. Schinkel setzt bewusst gegensätzliche Stilelemente ein, wie es im folgenden Zitat deutlich wird: „Das Antike ist für die neue Baukunst wenig interes-sant, wenn ihm nicht das Gotische gegenüber gestellt wird.“2 Die Kombination von gotischen, klassischen oder anderen Stilelementen hat nicht die Intention einer reinen Reproduktion von Stilprinzipien vergangener Epochen. Im Vordergrund steht die Transformation der Stilelemente hin zu etwas Eigenem im Sinne der Verkörperung zeitgenössischer Ideen, denn „… es soll in ihm [Baukörper] ein anderer menschli-che Geschöpfe belebender Geist wohnen, der mit ihm fortlebt, so lange die Materie hält, welche die Form in sich trägt.“3

Am Anfang der Schaffensperiode von Schinkel steht die Neue Wache. Einige Merkmale des Bauwerks unterstützen die These Synthese durch Metamorphose. Sie sollen im Folgenden erläutert werden.

Der Baukörper der Neuen Wache weist verschie-dene Ähnlichkeiten mit vergangenen Stilprinzipi-en auf. Zum Beispiel erinnern die vier Eckrisalite und die massive Kubatur an ein römisches Castrum. Die Seitenfassaden und die Rückseite des Gebäudes bestehen aus unverputztem Backstein und ähneln in ihrer Materialität goti-schen Backsteinkirchen. An der Hauptfront verschmilzt der massive Baukörper mit einem dorischen Tempelportikus. Im Gebälk über den Säulen sind kleine, von Gottfried Schadow

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Textnachweise

1 Gerd Peschken, Das architektonische Lehrbuch, München 1979, 36.

2 Wolfgang Büchel, Schinkels sieben Einmaligkeiten, Hil-desheim 2010, 98.

3 Ebendort., 112.

Bildnachweise

Abb. 1: Die Zeichnung wurden von der Autorin erstellt.

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Synthese durch Metamorphose

entworfene Siegesgöttinen angebracht. Sie erinnern an Engel und ersetzen die bei dorischen Tempeln üblichen Triglyphen. Die preußische Kriegsszene im Giebelfries ist nach antiken Vorbildern ausgearbeitet und dient als Mahnmal für die Kriegsgefallenen der Befreiungskriege.

Die Übersetzung des klassischen Aufbaus eines griechischen Tempelportikus und dessen Synthe-se mit der Figur eines römischen Castrum er-möglicht die Neuformulierung der vergangenen Architektur. Das Motiv wird zum Träger gesell-schaftlicher Ideen. Der humanistische Neuan-fang Preußens nach der Zeit der napoleonischen Kriege spiegelt sich in der Architektur wieder. Die Friedensgöttinnen, die gleichzeitig auch Engelfiguren sind, führen das heidnisch griechi-sche und das christliche Erbe zusammen. So wie die Architektur Schinkels die verschiedenen Traditionen in eine neue Einheit zusammenführt. Pauline Henke

Ideenmonument

Die Welt steht starr Plötzlich alles sehr klar

Ein rauer Wind, ein Pfeifen Nicht leicht zu greifen

Bäume schauen herab,Einfach doch satt, Schwerter klingen,Die Götter singen!

Fundament für die Ewigkeit,

Aus den Fesseln befreit, Der Schatten ruft

Die Erinnerung sucht

Gebrochene Schönheit,Im roten Kleid,

Zwischen Türmen gewunden, Spielerisch verbunden

Pauline Henke

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Schinkels revolutionärer Klassizismus

„Der Geist ist frei und unberechenbar. Hätten wir ihn in einer Zeit ganz erfasst und wäre keine Änderung weiter möglich, so wären wir am Ende des Erden-

lebens, was wir noch weit hinausgestellt wünschen.“1

Karl Friedrich Schinkel

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Als Architekt ist man immer an Vorgaben gebun-den, denn kein Bau entsteht aus freien Stücken. Auch Schinkel musste sich in seinem Schaffen einschränken, denn er unterlag dem Willen des Königs und der Zeit. Doch wie hat er es ge-schafft, trotz Vorgaben seinen eigenen Stil zu erschaffen?

Betrachtet man das Schauspielhaus, hat Schin-kel die Freiheiten genutzt, die ihm noch blieben. Der größte Teil entstand auf der Basis des Vor-gängerbaus und viele Elemente wurden wieder-verwendet. So entstand ein zweigeschossiges Gebäude, welches auf einem Sockel mit großer Freitreppe steht. Auf ihr thront ein Portikus mit seinen sechs Säulen ionischer Ordnung. Sowohl auf dem Portikus als auch auf dem Bühnenhaus dient ein Giebel als oberer Abschluss. Man stellt sich ein typisch klassizistisches Gebäude vor. Doch weit gefehlt. Schinkels Bauwerk ist ganz und gar nicht klassizistisch. Schinkel entwickelt den Klassizismus auf eigene Art und Weise wei-ter. Man spricht auch von Schinkels revolutionä-rem Klassizismus.

Für die Wandflächen der beiden Hauptgeschosse entwickelte Schinkel ein neues System, indem er sie geometrisch rasterte. Die Pilaster an den Ecken, welche beide Geschosse umfassen, rahmen gemeinsam mit dem Sockel und dem Gebälk die Fensterflächen ein. Das Gurtgesims und die ein Geschoß hohen Pilaster bilden ein Gerüst. Zwischen ihnen liegen vertieft die Fens-ter und Füllwände. Hier wird die Überwindung des Klassizismus ganz deutlich. Durch das Auf-lösen einer festen Wandstruktur entsteht eine

Abb. 1: Ansicht

Abb. 2: Ansicht oberer Giebel

Abb. 3: Ausschnitt linker Gebäudeflügel

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Schinkels revolutionärer Klassizismus

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Abstraktion der tragenden Lasten. Der schwere Giebel schwebt förmlich auf den feinen Pilastern und Fenstern und es entsteht ein Muster aus Massivität und Leichtigkeit. Betrachtet man den Ausschnitt des linken Gebäudeflügels, könnte man annehmen, dass es sich hierbei um eine große Fensterfläche handelt, die erst durch die vorgesetzte Struktur aus Pilastern und Gurtge-simsen zu einem Fensterraster wird.

Auf dem Gendarmenmarkt stehen sich zwei typisch klassizistische Bauten gegenüber. Auf der einen Seite der Deutsche Dom und auf der anderen der Französische Dom. Die Mitte wird jedoch vom Schauspielhaus dominiert und somit steht der revolutionäre Klassizismus im Fokus.

Lea MokoschAbb. 4: Ansicht Gendarmenmarkt

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Schinkels revolutionärer Klassizismus

Textnachweise

1 Karl Friedrich Schinkel zitiert von Hans Mackowsky, Karl Friedrich Schinkel. Briefe, Tagebücher, Gedanken, Berlin 2015, 191.

Bildnachweise

Abb. 1-4: Alle Zeichnungen wurden von der Autorin er-stellt.

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Zwischen Natur und Kultur„Die Architektur ist die Fortsetzung der Natur in ihrer konstruktiven

Tätigkeit.“1

Karl Friedrich Schinkel

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Bei der zeichnerischen Analyse von Schinkels Werken fällt einem schnell eine gewisse Art und Weise der Komposition auf, die ein harmoni-sches Zusammenspiel von Kultur und Natur ermöglicht. Das Gebäude steht nicht im Zent-rum, sondern tritt in den Hintergrund, um Platz für ein bestimmtes, komponiert wirkendes Spiel bereit zu stellen, wie eine Bühne. Es entsteht eine Art Symbiose zwischen Mensch und Raum, welche den Fokus auf die Komposition des Raumes und den Bewegungsfluss der Menschen durch diesen legt.

Am Beispiel des Alten Museums erkennt man, dass der Weg in das Gebäude eine besondere Rolle spielt. Die Besucher werden auf gezielte Weise in das Gebäude geleitet. Die große Frei- treppe und die schützende Vorhalle bieten einen fließenden und einladenden Übergang vom Außen- zum Innenraum. Ähnliches fällt auch bei der Betrachtung der umliegenden Natur auf. Der Lustgarten ist durch mehrere Achsen gegliedert. Die Hauptachse greift den im Gebäude wieder-kehrenden Gang auf. Ohne es zu wissen, erfährt der Besucher vor dem Betreten des Alten Muse-ums einen ersten Eindruck des Innenraums. Auch die Bäume wurden nicht ohne System dorthin platziert, wo sie einen einbettenden Effekt auf das Gebäude haben. Gleichzeitig kommt die volle Wirkung des Gebäudes erst in Verbindung mit den Bäumen zum Ausdruck. Oft erscheint es, als ob Gebäude und Bäume inein-ander übergingen. Beim Blick aus der Säulen- halle des Alten Museums bietet sich ein Panora-ma der Stadt, durchbrochen von Säulen, als ob man durch Bäume auf eine Landschaft blickte.

GSEducationalVersion

Abb. 1: Komposition

n

Abb. 2: Natur

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Zwischen Natur und Kultur

Abb. 3: Mensch

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42 Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Zwischen Natur und Kultur

Die Umgebung wirkt wie ein Gebirge aus Dom und Schloss. Der Lustgarten verbindet diese Elemente dabei wie ein Tal, auf das man vom Alten Museum herabblickt.

Die Komposition wird durch einen großen Brunnen vollendet, der im Lustgarten mittig vor der Freitreppe des Museums steht. Durch dieses zusätzliche Element des Wassers findet eine Erweiterung des Gebäudes in die Umgebung statt. Das Gebäude und die Menschen – die Kultur – spiegeln sich darin. Gleichzeitig lenkt der Brunnen durch seine Position vor der Treppe den Bewegungsfluss der Besucher. Sie müssen kreisförmig um den Brunnen herumlaufen. Diese Figur kündigt die im Inneren liegende Rotunde bereits im Außenraum an. Somit entsteht ein ständiger Austausch zwischen Natur, Mensch und Gebäude, der unsere Kultur und unser Handeln innerhalb dieser beeinflusst. Wer sich Schinkels Gebäude nähert, bewegt sich fließend zwischen Innen- und Außenraum. Er wird gelei-tet von Bäumen und Wasseranlagen, welche den Weg in das Gebäude und das Gebäude selbst formen. Die Bewegung wird zur Verbindung von Natur und Kultur. Monika Mirski

Abb. 4: Umgebung

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43Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Zwischen Natur und Kultur

Textnachweise

1 Mario Alexander Zadow, Karl Friedrich Schinkel - Ein Sohn der Spätaufklärung. Die Grundlagen seiner Erzie-hung und Bildung, Stuttgard/London 2001, 173.

Bildnachweise

Abb. 1-4: Alle Zeichnungen wurden von der Autorin er-stellt.

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Kontinuität des Bruches„Worauf Schinkel aus war, (...) war die Wirkung oder der Effekt auf den

Betrachter.“1

Kurt W. Forster

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46 Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Kontinuität des Bruches

Klare Linien, Symmetrien und eindeutige Struk-turen prägen die Architektur des Klassizismus. Betrachtet man gebaute Architektur, entdeckt man oft Momente und Details, die einen über-raschen, stutzen lassen und manchmal auch verwundern. Dabei handelt es sich um Brüche in der Struktur, durchbrochene Symmetrien und Linien, die man nicht erwartet. Vom Architekten durchdacht, sorgfältig geplant und an den rich-tigen Stellen gesetzt, verleihen sie dem Gebäu-de einen Mehrwert. So durchbrechen sie alte Muster und heben sich von den herkömmlichen Bauwerken ab. Über die verschiedenen Brüche hinweg, die sich in ihrer Unterschiedlichkeit und Unregelmäßigkeit ergänzen, entwickelt sich eine Kontinuität.

Kontinuität durch Unregelmäßigkeit. Die Frei-räume, die mit den Brüchen in Zusammenhang stehen, können diese unterstützen, hervorhe-ben oder kaschieren. Sie können den Ausschlag geben dafür, ob der Bruch angenehm wirkt oder nicht und sind in jedem Fall als Betrachtungs-punkt ein Teil der gestalterischen Arbeit eines Architekten.

In Karl Friedrich Schinkels Arbeit findet man im-mer wieder Brüche, die durchdacht und bewusst platziert sind und seine Gebäude zu den außer-gewöhnlichen Werken machen, die wir so schät-zen. Leicht zu entdecken ist einer dieser Brüche beim Casino in Glienicke. Dessen zum Wasser gerichtete Fassade ist klar strukturiert und regel-mäßig gegliedert. Die drei hölzernen, sich mittig befindenden gleich großen Türen sind wie die gesamte Fassade durch regelmäßig angeordne-

Abb. 1: Casino, Ansicht

Abb. 2: Casino, Detail

Abb. 3: Neue Wache, Deckenspiegel

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te Rechtecke klar strukturiert. Die Türen sind in je zwei Flügel unterteilt. Allerdings sind diese ge-gen die Erwartung nicht immer auf der gleichen Seite, sondern zwei mal links und einmal rechts. Dieser Bruch stellt sich gegen die Symmetrie des Gebäudes und lockert diese auf. Er zeigt an, dass an dieser Stelle etwas passiert, deutet auf die Bewegung des Eingangs und dessen Bedeutung hin. Die Freiflächen, die durch die unverzierte Tür entstehen, unterstützen diesen Effekt noch.

Eine Kontinuität lässt sich natürlich nur deutlich erkennen, wenn man mehrere Gebäude betrach-tet und nebeneinander stellt. Dazu eignen sich in diesem Fall die Neue Wache in Berlin-Mitte, die im Deckenspiegel ihres Vorbaus zwischen den Säulen eine Steinanordnung aufweist, die unter-schiedlich ist und keiner Symmetrie folgt. Das Muster wiederholt sich nur unregelmäßig und erstaunt somit den Betrachter. Im zentral gele-genen Eingang von Charlottenhof in Potsdam gibt es einen ähnlichen Effekt. Dort ist die klare Struktur des Gebäudes durch die Aufteilung des Eingangsbereiches in zwei getrennte Treppen durchbrochen. Diese erstrecken sich rechts und links von der Eingangshalle, was den Be-wegungsfluss des Besuchers unerwartet beein-flusst, da er nicht geradezu gehen kann, sondern sich für eine Seite entscheiden muss.

Das Phänomen der Brüche erinnert an die Natur, die einen durch Unregelmäßigkeiten überrascht, dadurch aber erst lebendig ist. Von dort kommt auch Schinkels Motivation für diese Gestaltungs-art, denn er stellte selbst fest:

„Die Architektur ist die Fortsetzung der Natur in ihrer konstruktiven Tätigkeit.“²

Schinkel hat in seinen Bauwerken in Anlehnung an die Natur eine Kontinuität von Brüchen ge-schaffen. Damit gibt er seinen Gebäuden einen Mehrwert, der über den gewöhnlichen Klassizis-mus hinausgeht.

Clara Zrenner

Textnachweise

1 Kurt W. Forster, Schinkel: A Meander Through his Life and Work, Basel2018, 19.

2 Mario Alexander Zadow, Karl Friedrich Schinkel - Ein Sohn der Spätaufklärung. Die Grundlagen seiner Erzie-hung und Bildung, Stuttgart/London 2001, 173.

Bildnachweise

Abb. 1-3: Alle Zeichnungen wurden von der Autorin er-stellt.

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Kontinuität des Bruches

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Transformierte Erwartung„Überall ist man nur da wahrhaft lebendig, wo man Neues schafft.“1

Karl Friedrich Schinkel

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Abb. 1: Außenansicht des Bauteils

Abb. 2: Grundriss Schloss Charlottenhof

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Transformierte Erwartung

Die menschliche Erwartung ist etwas Sonderbares. Wird sie erfüllt, fühlt man sich bestätigt und ist darüber einigermaßen zufrieden. Doch worum es auch ging, das ganze Ereignis ist bald wieder vergessen. Schließlich geschah nichts Unvorhergesehenes. Karl Friedrich Schinkels Bauwerke hingegen stellen oft nicht das von uns innerlich bereits erwartete Bild der jeweiligen Bauaufgabe dar. Verwirrung und Empörung können die Folge nicht erfüllter Erwartung sein. Doch dies hat auch sein Gutes. Fehlgeschlagene Erwartungen sind schmerzhaft, aber andererseits regen sie auch zum Nachdenken an und erwecken somit unseren Geist.

Am Schloss Charlottenhof in Potsdam gibt es ein Bauteil, das genau eine solche Erweckung des Geistes hervorruft. Es befindet sich an einem Seiteneingang des Schlosses, der einem griechischen Tempel nachempfunden ist. Zwei dieser Bauteile bilden die Seitenwände des Eingangs, auf denen das Dach ruht. Von außen präsentiert es sich als eine schlichte Wand, aus der ein großer Bereich in der Mitte entfernt wurde.

Für einen griechischen Tempel ist das ein unerwarteter Eindruck, da das Element keinerlei weiter untergliedernde und die Situation erklärende Elemente aufweist, beginnt man, das Vorgefundene gedanklich in drei Einzelteile zu dekonstruieren. Erstens in einen Pfeiler auf quadratischer Grundfläche, zweitens in eine Mauerbrüstung und drittens eine raumhohe Wand. Doch ist das Bauteil tatsächlich als ein

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Abb. 4: Situation an der Villa Rotonda

48 49

Abb. 4 Situation an der Villa Rotonda

Abb. 3 Innenansicht des Bauteils

Geschichtswerkstatt II- Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Transformierte Erwartung

additives zu verstehen, das sich aus drei Teilen zusammensetzt? Oder doch als ein subtraktives, das erst durch das gezielte Entfernen eines Teilstücks entsteht?

Betrachtet man die Innenseite des Elements, wird die Situation deutlich . Hier findet durch farbige Malereien eine Unterteilung in verschiedene Elemente statt. Allerdings entspricht die Unterteilung erneut nicht dem klassischen Aufbau eines griechischen Tempels. Anstelle einzelner Säulen und Wände, gliedert Schinkel in einen durchgehenden unteren Sockel, auf den im vorderen Teil der Pfeiler und im hinteren Teil ein Wandelement aufgesetzt sind.

Eine ähnliche Situation lässt sich interessanterweise bereits gut 250 Jahre früher in der Spätrenaissance finden. Die Rede ist von Andrea Palladios Villa Rotonda, deren Eingangs- vorhallen ebenfalls antiken Tempeln nachempfunden sind. Die Seite der vorgelagerten Tempelfront wird jeweils aus einer Mauer mit einer einer fensterartigen Öffnung gebildet, die von einem Rundbogen nach oben abgeschlossen ist. Bereits Palladio benutzte also klassische Figuren und transformierte sie. Allerdings – und das ist der entscheidende Unterschied zu Schinkel – verzichtete er darauf, die Säule mit der Wand zu verbinden. Diese bleibt unangetastet, die beiden Elemente sind behutsam durch einen schmalen Spalt voneinander getrennt.

Geschichtswerkstatt II- Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Transformierte Erwartung

An dem beschriebenen Bauteil lässt sich Schinkels Entwurfsstrategie erkennen. Eine übergeordnete Referenz, in diesem Fall zu klassischen griechischen Tempeln, ist erkennbar. Sie täuscht aber bei genauerem Hinsehen, weil ein solches Bauteil an keinem griechischen Tempel vorkommt.

Schinkel benutzt die klassischen Figuren und transformiert sie zu etwas Neuem. Man bekommt nicht das präsentiert, was man bereits kennt und erwartet, es ist eine Transformation, sodass es bei der Betrachtung von Schinkels Architektur letzten Endes oft mehr zu denken als zu sehen gibt.

Dominik Hoffmann

Quellennachweise

1 Hein-Th. Schulze Altcappenberg, Karl Friedrich Schinkel: Geschichte und Poesie, München, 2012, 10.

Abb. 1-4: Alle Zeichnungen wurden vom Autor erstellt.

Abb. 3: Innenansicht des Bauteils

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Transformierte Erwartung

additives zu verstehen, das sich aus drei Teilen zusammensetzt? Oder doch als ein subtraktives, das erst durch das gezielte Entfernen eines Teilstücks entsteht?

Betrachtet man die Innenseite des Elements, wird die Situation deutlich. Hier findet durchfarbige Malereien eine Unterteilung in verschiedene Elemente statt. Allerdings entspricht die Unterteilung erneut nicht dem klassischen Aufbau eines griechischen Tempels. Anstelle einzelner Säulen und Wände, gliedert Schinkel in einen durchgehenden unteren Sockel, auf den im vorderen Teil der Pfeiler und im hinteren Teil ein Wandelement aufgesetzt sind.

Eine ähnliche Situation lässt sich interessanter-weise bereits gut 250 Jahre früher in der Spät-renaissance finden. Die Rede ist von Andrea Palladios Villa Rotonda, deren Eingangsvor- hallen ebenfalls antiken Tempeln nach-empfunden sind. Die Seite der vorgelagerten Tempelfront wird jeweils aus einer Mauer mit einer einer fensterartigen Öffnung gebildet, die von einem Rundbogen nach oben ab-geschlossen ist. Bereits Palladio benutzte also klassische Figuren und transformierte sie. Allerdings – und das ist der entscheidende Unterschied zu Schinkel – verzichtete er darauf, die Säule mit der Wand zu verbinden. Diese bleibt unangetastet, die beiden Elemente sind behutsam durch einen schmalen Spalt vonein-ander getrennt.

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51Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Transformierte Erwartung

An dem beschriebenen Bauteil lässt sich Schinkels Entwurfsstrategie erkennen. Eine übergeordnete Referenz, in diesem Fall zu klassischen griechischen Tempeln, ist erkennbar. Sie täuscht aber bei genauerem Hinsehen, weil ein solches Bauteil an keinem griechischen Tempel vorkommt.

Schinkel benutzt die klassischen Figuren und transformiert sie zu etwas Neuem. Man bekommt nicht das präsentiert, was man bereits kennt und erwartet, es ist eine Transformation, sodass es bei der Betrachtung von Schinkels Architektur letzten Endes oft mehr zu denken als zu sehen gibt.

Dominik Hoffmann

Textnachweise

1 Hein-Th. Schulze Altcappenberg, Karl Friedrich Schinkel: Geschichte und Poesie, München, 2012, 10.

Bildnachweise

Abb. 1-4: Alle Zeichnungen wurden vom Autor erstellt.

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Morphologische Transformation„Schinkel [...] versuchte eine ganz eigene komplexe Morphologie zu

entwickeln, die sich mehr aus der Struktur selbst als aus der äußeren Erscheinung des Gebäudes entwickelte.“1

Kurt W. Forster

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Abb. 3: Innenraumperspektive

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Morphologische Transformation

Die morphologische Transformation beschreibt einen Vorgang, bei der eine Form auf bestimmte Weise verändert wird, sodass eine neue Form entsteht. Diese behält jedoch grundlegende Eigenschaften der ursprünglichen Form bei. Karl Friedrich Schinkel übertrug dieses, aus der Biologie kommende Prinzip in die Architektur und entwickelte so eine neue Formensprache.

Die Bauakademie von 1834 ist besonders geeig-net, um den Begriff der morphologischen Trans-formation zu erläutern. Es geht vor allem um die Beziehung zwischen der Gestalt im Äußeren und der Konstruktion im Inneren. Von außen wirkt der Backsteinkubus zunächst massiv, glatt und geschlossen. Dieser erste Eindruck steht im Kontrast zum offenen Inneren, das in Skelett-bauweise ausgeführt wurde. Der Eindruck der Geschlossenheit löst sich aber auch bei genaue-rem Betrachten der Fassade auf und man ent-deckt, dass die Tragstruktur des Gebäudes an der Fassade ablesbar ist. Die Pilaster verweisen auf das Stützenraster und die konstruktiv notwendi-gen, aber nicht sichtbaren Zuganker dahinter. Die Segmentbögen über den Fenstern verweisen auf die Kappendecken im Inneren, die horizonta-len Gesimse und vertikalen Lisenen mit ihren Ornamenten zeigen die Positionen der Decken an.

Es handelt sich hier um eine bewusste künstleri-sche Metamorphose, die sich aus dem konstruk-tiven Gedanken heraus entwickelt. Dabei wird die Konstruktion jedoch nicht wörtlich abgebil-det. Die Kappendecken im Inneren beispiels- weise werden durch die Segmentbögen ange-

Abb. 1: Südansicht[Zeichnungstitel]Maßstab: 1:200

2

Abb. 2: Fassadenausschnitt

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Abb. 4: Konstruktionsdetail Zuganker

Horizontalschnitt

[Zeichnungstitel]Maßstab: 1:50

4

Vertikalschnitt

deutet, aber nicht hinter jedem Bogen folgt eine Kappendecke. Dies gilt insbesondere für die Fenster der Räume an den Gebäudeecken, wo die Spannrichtung der Kappendecken parallel zur Fassade läuft, und die Fensterbögen in der Fassade keine wörtliche Entsprechung in der Deckenkonstruktion haben.

Schinkel entwickelt aus dem konstruktiv Not-wendigen das gestalterisch Poetische. Er trans-formiert aus der baukonstruktiven Tragstruktur eine Formensprache, die er zum künstlerischen Gestaltungsthema macht. Diesem liegt jedoch nicht zwingend die Funktion zugrunde. Das Gestaltungsthema transformiert er weiter, indem er im Inneren beispielsweise die Pfeiler als dorische Säulen ausbildet. Dadurch wird den Pfeilern, über ihre reine tragende Funktion hinaus, eine poetische Wirkung verliehen. Poe-tisch behandelt werden die freien, nicht konst-ruktiven Flächen – die Segmentbögen, die Brüstungsfelder, die Fensterleibungen sowie die Eingangsportale. So führt die Metamorphose des konstruktiv Notwendigen zu einer Poetik, die Schinkels Architektur auszeichnet. Sarah Weyand

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Morphologische Transformation

Textnachweise

1 Kurt W. Forster, Schinkel: A Meander Through his Life and Work, Basel 2018, 185 (Übersetzung der Autorin).

Bildnachweise

Abb. 1-4: Alle Zeichnungen wurden von der Autorin er-stellt.

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Rationalität, Gefühl und Phantasie

„Ein bloß funktionierendes Gebäude wäre charakterlos [...] ein Gebäude, an dem das Herz keinen Anteil nehmen kann, erscheine ebenso unschön, wie

dysfunktional.“1

Jens Bisky

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58 Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Rationalität, Gefühl und Phantasie

In seinen Fragmenten beanspruchte Schinkel einen eigenen, neuen Stil. Dieser Stil, der hier untersucht werden soll, stellt einen Bruch in der Geschichte dar und bezeichnet gleichzeitig den Beginn der Moderne. Welche ästhetisch-ethi-schen Voraussetzungen der Architektur waren für Schinkel wichtig? Was war der Anspruch, den er an sich selbst stellte?

„Die Eigenschaften eines Gebäudes, wodurch es eine merkliche Wirkung auf unser Herz tut, nenne ich seinen Charakter.”2

Karl Friedrich Schinkel

Der Begriff des Charakters in der Architektur überwindet die aus dem Vitruvianismus überkommene Spaltung von Zweck, Konstruktion und Schönheit. Er macht einerseits eine Aussage über das Verhältnis des Gebäudes zu Zweck, Bestimmung und Bedürfnis und macht andererseits eine Aussage über dessen Verhältnis zu Auge, Empfindung und Herz. Das Gebäude wird zum Bild einer Idee. Die Wirkungspotenz der Architektur sowie die emotionale Disposition des Rezipienten sind Voraussetzung für die Übersetzung der Idee in Baukunst. Wie Petra Lohmann schreibt: „Der neue Stil ist ein solcher, in dem erstens Tradition und künstlerische Erfindung gleichermaßen zur Geltung kommen.”3

Schinkel ist kein bloßer Mitläufer der Geschichte. Er bildet aus dem Geist der Zeit einen eigenen Stil, der aus der Verbindung von Rationalität, Gefühl und Phantasie entsteht.Seine Anlehnung

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Abb. 2: Alte Nazarethkirche

Abb. 1: Gesamtkomposition

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an den frühchristlichen Kirchenbau ist keine Mode, sondern kommt aus der Motivation, die Vergangenheit unter einem anderen Blickwinkel zu zeigen. In der Nazarethkirche gibt es sichtbare Differenzen zwischen den überlieferten Formen, Proportionen und ihrer gebauten Gestalt. So hat zum Beispiel das Portal keine übertriebene Höhe und Gestaltung, sondern ist auf das Wesentliche reduziert. Die Formen der Grundelemente sind aufgrund von Zweck, Funktion, Material, etc. modifiziert. Diese Art der Gestaltung ist als Kontinuität der geschichtlichen Entwicklung zu verstehen.

Anastasiia Lytvyniuk

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Abb. 3: Grundelemente

Textnachweise

1 J. Bisky, Poesie der Baukunst: Architekturästhetik von Winckelmann bis Boiserée, Weimar 2000, 107.

2 S. Deicher, Zeitschrift für Kunstgeschichte, München, 2005, 391.

3 P. Lohmann, Architektur als Symbol des Lebens, Mün-chen 2010, 77.

Bildnachweise

Abb. 1-3: Die Zeichnungen wurden von der Autorin erstellt.

Geschichtswerkstatt II - Architekturtheorie - Karl Friedrich Schinkel - Rationalität, Gefühl und Phantasie

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Hans PoelzigGruppe 2: FG Bau- & Stadtbaugeschichte

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HANS POELZIGDer Wesenskern der Bauaufgabe und sein zeit-gemäßer Ausdruck

Hans Poelzig (1869-1936) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Charlottenburg, lehrte ab 1894 architektonisches Zeichnen an der Kunst- und Gewerbeschule in Breslau und war 1903-1916 deren Direktor. Ab 1916 wirkte Poelzig als Stadtbaurat in Dresden, wurde 1919 Vorsitzender des Deutschen Werkbundes und lebte und arbeitete ab 1920 in Berlin, wo er 1923 bis 1935 an der TH Charlottenburg als Professor Entwerfen von Hochbauten lehrte. Hans Poelzig war einer der bedeutendsten Architekten seiner Generation in Deutschland und war ein Vorreiter moderner Formgebung. Für seine frühen Industrie- und Gewerbearchitekturen aber ebenso für seine Bauten der 1920er Jahre von den Wohnhäusern bis zu den Verwaltungsbauten entwickelte Poelzig eine künstlerisch-gestalteri-sche Qualität aus dem Verständnis der Bauauf-gabe heraus.

In den 1920er Jahren beriefen sich sowohl die Vertreter der Traditionalisten als auch die Vertre-ter des Neuen Bauens auf ihr Vorbild Hans Poelzig. Die Stuttgarter Schule verlieh ihm die Ehrendoktorwürde, während die Vertreter des Neuen Bauens Poelzig für einen Beitrag zur Stuttgarter Weissenhofsiedlung gewinnen konnten. Dies verwundert nicht, verwendete Poelzig in seinen Bauten und Entwürfen doch ganz unterschiedliche Architektursprachen. Er entwickelte aus einem tiefen Verständnis der his-torischen Baukultur heraus bestehende Bau-

Geschichtswerkstatt II - Bau- & Stadtbaugeschichte - Hans Poelzig - Der Wesenskern der Bauaufgabe und sein zeitgemäßer Ausdruck

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hier das evolutionäre Modell der Moderne. „[F]est auf den Schultern der Vorfahren“3 stehend gelte es, das Überkommene geistig zu verarbeiten und so Freiheit zu gewinnen, der Geschichte etwas Gleichwertiges zur Seite zu stellen. „Wir vergessen auch, daß die ganz ungeschminkte Verwendung von Strukturen früherer Zeiten einem Bau, der in seiner Anlage Lebensforderungen unserer Zeit Rechnung trägt, schon von selbst ein unverwischbares, neuheitliches Gepräge geben muß […].“4

Die Ausstellung zeigt einen Ausschnitt aus dem breiten Bauaufgaben-Spektrum in Poelzigs Werk und Poelzigs jeweilige Herangehensweise. Für die Kirche in Maltsch griff Poelzig auf spezifische Ausdrucksformen des historischen Kirchenbaus und lokale Bautraditionen zurück und entwickel-te sie im Sinne seiner Zeit weiter (Janis Kaisin-ger). Die „innere Logik des Wohnens“ macht den Charakter von Poelzigs Siedlungshäusern aus. Konstruktionsweisen sind hingegen nachrangig wenn sie auch in grundverschiedene Formen-sprachen münden (Olivia Lees). Das Bismarck-denkmal in Bingen wirkt wie aus der Landschaft herausgewachsen und verwandelt diese über inszenierte Zuwegungen in eine Szenographie (Mona Thoma). Das Reichsehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs gestaltete Poelzig als überdachte Feierhalle mit in den Außenbereich geöffneter Bühne und griff dabei Theaterbautypen aus Antike und Barock auf (Yucheng Zhang).

Für neue Bauaufgaben wie Wassertürme oder Industrieanlagen entwickelte Poelzig hingegen

werkscharaktere, also spezifische Ausdrucks- formen für Bauaufgaben wie Wohnbauten oder Kirchen, im Sinne seiner Zeit weiter. Für die neuen Bauaufgaben seiner Epoche wie Geschäftshäuser oder Industriebauten generier-te er hingegen spezifische, aus dem Kern der Bauaufgabe heraus und ohne Zutaten aus anderen Kontexten entwickelte Bauwerks-charaktere.

Wie viele seiner Zeitgenossen kritisierte Poelzig die seit dem Ende des 18. Jahrhunderts vorherr-schende wissenschaftliche Konzeption von Architektur, d.h. den Aufbau von Epochenstil-Dogmen. Aber Poelzig wehrte sich genauso gegen die Schaffung eines neuen Stils, und setzte sich deutlich vom Jugendstil ab: Die Künstlerhäuser in Darmstadt hätten manie-rierte Elemente und Details.1 So etwas passiert, wenn ein Stil einer Bauaufgabe aufgenötigt wird. Wie andere Kunstschuldirektoren auch refor-mierte Poelzig die Breslauer Kunst- und Gewer-beschule entsprechend: Es ging nicht mehr darum, einen klassischen Formenkanon zu lernen, sondern künstlerisch-handwerklich Formen zu entwickeln, und zwar aus der Bau- aufgabe heraus. Poelzig sagte: „Es ist an der Zeit, nicht mehr durchaus einen Stil machen zu wollen, nicht den Künstler mit der Forderung einer sich aufdrängenden eigenen Note zu belasten, die ihn zu Äußerlichkeiten treibt, sondern zunächst nichts zu fordern als unerbitt- liche Sachlichkeit und geschmackvolle Durch- bildung des klar erkannten Problems.“2 Wirkliche Architektur sei Produkt einer künstlerisch gelei-teten intensiven Gedankenarbeit. Poelzig vertrat

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neue Bauwerkscharaktere. Bei den Wasser- türmen fing Poelzig die Last des empor- gestemmten Wassers durch eine Ziegelstein- konstruktion ab, deren Tragfähigkeit durch stufenweise eingetiefte Bögen und massiv hervortretende Pfeiler deutlich gemacht wird (Polina Donchevskaia). Der charakterliche Kern von Industrieanlagen lag für Poelzig in der Logik des Produktionsprozesses und der sich daraus ergebenden Anordnung verschiedener Bau- körper. Für die chemische Fabrik Luban gewann er daraus eine architektonische Komposition mit szenographischer Qualität (Christian Uhl).

Die Ausstellung versucht zu verdeutlichen, wie Poelzig auf der Grundlage einer individuellen und kritischen Auseinandersetzung mit Geschichte und Kultur den Wesenskern jeder Bauaufgabe verstand. Daraus gewann er die Freiheit, diesen zeitgemäß architektonisch zum Ausdruck zu bringen. Freiheit, die aus kritischer Auseinandersetzung mit der Geschichte ent-steht, ist das Prinzip humanistischer Bildung. Dieses Prinzip wandte Poelzig an. Hermann Schlimme

Textnachweise

1 Vgl. Theodor Heuss, Hans Poelzig, Bauten und Entwürfe. Das Lebensbild eines deutschen Architekten, Berlin 1939, 18.

2 Hans Poelzig, Architektur, in: Das deutsche Kunstgewer-be. Zur 3. Deutschen Kunstgewerbeausstellung in Dresden 1906, München 1906, 17-20, zitiert nach: Jerzy Ilkosz, Beate Störtkuhl (Hg.), Hans Poelzig in Breslau. Architektur und Kunst 1900-1916, Delmenhorst 2000, 491.

3 Ebendort, 490.

4 Ebendort, 490.

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KirchenbauEvangelische Kirche Maltsch

„Wir können die Vergangenheit der baulichen Aufgaben unserer Zeit nicht missen, es ist verwirrend, grundlos von neuem selbstständig zu

experimentieren.“1

Hans Poelzig

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Das Werk Hans Poelzigs zeichnet sich besonders durch seine akribische Arbeit im Sinne von jeweiligen Bauaufgaben aus. In seinem Schaffen beschäftigt er sich stark mit neuen Typologien, doch wird sein Werk erst durch den Umgang mit Bauaufgaben im traditionellen Kontext, für den an dieser Stelle der Kirchenbau ausgewählt wurde, deutlich.

Poelzig stützt sich im Kirchenbau nicht nur auf die „universellen Kunststile“, sondern setzt sich intensiv mit den lokal künstlerischen Traditionen Schlesiens auseinander. Durch seine Berufung in die Provinzialkommission für Denkmalpflege Breslau, gelangte er an viele Aufträge von Um- und Ausbauten von Kirchen. Da es keine genau-en Angaben dazu gibt, ist zu vermuten, dass sich Poelzig spätestens während der Planung der Vorhallen für die Friedenskirche in Schweidnitz mit dem traditionellen Kirchenbau Schlesiens beschäftigt hat.

Mit dem Neubau der evangelischen Kirche in Maltsch schafft Poelzig seinen Höhepunkt im Kirchenbau. Er greift entscheidende Motive des traditionellen Kirchenbaus auf und transformiert sie in die Aktualität seiner Zeit. Ohne gotische oder romanische Elemente zu kopieren, entwirft er die Kirche in einer reduzierten, eigenen Formsprache. Poelzig lässt dabei viele unter-schiedliche Referenzen miteinfließen, die so-wohl in der äußeren als auch der inneren Er-scheinung der Kirche deutlich werden.

Die Schnittansicht der Analysetafel stellt dies dar. Die angedeutete Fachwerkstruktur im Putz

Abb. 1: Perspektivische Ansicht SW

Geschichtswerkstatt II - Bau- & Stadtbaugeschichte - Hans Poelzig - Kirchenbau

Abb. 2: Perspektivische Ansicht SO

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67Geschichtswerkstatt II - Bau- & Stadtbaugeschichte - Hans Poelzig - Kirchenbau

zitiert die Bauweise schlesischer Friedens- kirchen, deren wichtigste Beispiele im 17. Jahr-hundert in Jauer, Glogau und Schweidnitz ent-standen. Die vorgelagerten Eingangstreppen, der Sockel und der markante Kirchturm vermit-teln den Typus einer Kirche. Die Schwere und Kompaktheit des Baukörpers nimmt das Wesen der romanischen Dombauten wie beispielsweise in Mainz oder Speyer auf. Die Typologie des Zentralbaus ist hingegen auf Kirchen der italieni-schen Renaissance wie S. Maria delle Carceri in Prato zurückzuführen. Im Innenraum trifft sich diese Zentralität mit der Reduziertheit der architektonischen Sprache Poelzigs. Motive der evangelischen Liturgie, wie das Taufbecken, die Kanzel, der Altar und die Empore integriert er mit eigenen Interpretationen und inszeniert sie als die einzigen markanten Elemente des Raums.

Janis Kaisinger

Textnachweise

1 Theodor Heuss, Hans Poelzig: Bauten und Entwürfe, Berlin 1939, 19.

Bildnachweise

Abb. 1: Architekturmuseum TU Berlin; ATUB, Nr.2558

Abb. 2: Architekturmuseum TU Berlin; ATUB, Nr.2558

Abb. 3: Fotografie des Autors

Abb. 3: Triptychon mit Zeichnung der Kirche in Maltsch im Vergleich mit Referenzprojekten in der Ausstellung

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WassertürmeMassivität

„Jede wirklich tektonische Bauform hat einen absoluten Kern, dem der in gewissen Grenzen wandelbare dekorative Schmuck wechselnden Reiz

verleiht.“1

Hans Poelzig

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1906 nahm Poelzig an einem öffentlichen Wett-bewerb für drei Wassertürme in Hamburg teil und beschäftigte sich das erste Mal mit dem Thema Industriebau. Der Wasserbehälter musste einen Durchmesser von ca. 23 m bei jedem Turm haben, während die Höhe der Türme selbst 42 m, 30 m und 42 m betrug.2 Einer der Wassertürme sollte auf dem Gelände der ehemaligen Befesti-gungsanlage Sternschanze gebaut werden. Der Turm sollte zur Aufnahme zweier Wasserbehäl-ter kreisförmiger Grundrisse dienen, eines oberen von 2000 m³, eines unteren von 2500 m³ Fassungsvermögen.

Um sich den Maßstab und die Wirkung des Baus vorstellen zu können, wird der Entwurf für den Wasserturm auf der Sternschanze als 3D-Modell gedruckt und analysiert. Da keine Schnittzeich-nungen erhalten sind, wurden einige eigene Entscheidungen über den inneren Aufbau des Turmes bei der Herstellung des Modells getrof-fen. Dazu zählt die Hypothese über den Über-gang zwischen sechseckigem Turmschaft und kreisrunder Kuppel im oberen Abschluss, der im Modell durch Pendentifs dargestellt wurde.

Poelzig verzichtete beim Entwurf auf dekorative Elemente und beschränkte sich auf den Kern der Aufgabe. Das Tragen wird deutlich durch einen massiven Bau aus Ziegelstein zum Ausdruck gebracht. Durch große Blendbögen wird der Turm in drei große Geschosse gegliedert, die wiederum in drei Geschosse unterteilt sind. Tief eingegrabene Blendbögen und in die verschlie-ßenden Wände wiederum tief eingeschnittene sichelförmige Fenster machen die Massivität

Abb. 1: Hans Poelzig, Wettbewerbsentwurf für den Wasserturm auf der Sternschanze in Hamburg, Kennwort „Melchior“, Ansicht, 1906/1907

Geschichtswerkstatt II - Bau- & Stadtbaugeschichte - Hans Poelzig - Wassertürme

Abb. 2: Hans Poelzig, Wettbewerbsentwurf für den Wasserturm in Winterhude in Hamburg, Kennwort „Drei Könige“, Ansicht, 1906/1907

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70 Geschichtswerkstatt II - Bau- & Stadtbaugeschichte - Hans Poelzig - Wassertürme

und Tragfähigkeit der Konstruktion sichtbar, die unten, wo die sechs tragenden Pfeiler wuchtig hervortreten, am größten ist und nach oben schrittweise abnimmt. So sind die weniger tief eingegrabenen Wände mit mehr Fenstern versehen. Die Blendbögen deuten auch die Position der zwei Wasserbehälter an. Da der untere Druckring die Gesamtlast der eisernen Konstruktion mit zwei untereinanderliegenden Behältern auf das Mauerwerk des Unterbaues überträgt, ist das Erdgeschoss stark zurück- gesetzt und nur mit drei übereinanderliegenden Fenstern versehen.

Für seine Wassertürme greift Poelzig auf histori-sche Baukunst zurück. Die klassischen Form- elemente wie Blendbögen und Strebepfeiler werden aber nicht rein übertragen, sondern neu interpretiert, womit eine eigene, aus dem inne-ren Kern der jeweiligen Bauaufgabe heraus- gewachsene, Architektursprache entwickelt wird. Polina Donchevskaia

Abb. 3: Hans Poelzig, Wettbewerbsentwurf für den Wasserturm am Waisenhaus in Hamburg, Kennwort „Kaspar“, Ansicht, 1906/1907

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71Geschichtswerkstatt II - Bau- & Stadtbaugeschichte - Hans Poelzig - Wassertürme

Textnachweise

1 Hans Poelzig, Architektur 1906, in: Hans Poelzig in Bres-lau, Architektur und Kunst 1900-1916, Ausstellungskata-log, hg. v. Jerzy Ilkosz und Beate Störtkuhl; Delmenhorst, 2000, 490.

2 Wassertürme für Hamburg, in: Deutsche Konkurrenzen, Nr. 255/6, Jg. 22, 1907, 3-4.

3 Joanna Janas-Fürnwein, Monumente für die Industrie. Hans Poelzigs Industrie- und Ingenieurbauten der Breslau-er Zeit (wie Anm. 1), 248-251.

Bildnachweise

Abb. 1: Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2563

Abb. 2: Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2566

Abb. 3: Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2570

Abb. 4: Fotografie der Autorin

Abb. 4: 3D-Drucke der Wassertürme in der Ausstellung

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DenkmalBismarck-Denkmal Bingen

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Abb. 1: Längsschnitt

BISMARCK-DENKMAL BINGEN

Posener, Julius: Hans Poelzig, Sein Leben, sein Werk, Braunschweig / Wiesbaden, 1994 (S.44) Pehnt, Wolfgang, Schirren, Matthias: Hans Poelzig. Architekt Lehrer Künstler 1869-1936, Deutsche Verlags-Anstalt, München, 2007

Längsschnitt; Architekturmuseum TU Belin; ATUB Nr. 2703

Perspektivische Ansicht; Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2627

Lageplan; Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2276

GESCHICHTSWERKSTATT 2018/19 | HANS POELZIG

D

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A

L

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TU Berlin Architekturmuseum, Inv. Nr. 2276

Hans Poelzig (1869-1936)Bismarckdenkmal auf der Elisenhöhe, BingenLageplan 1:1000Tusche auf Karton 72,2 x 82,1 cm

Es handelt sich um eine Abbildung eines gemeinfreien Werkes. Sie können sie beliebig nutzen. Sollten Sie sie veröffentlichen wollen, freuen wir unsüber einen Abbildungsnachweis.

TU Berlin Architekturmuseum, Inv. Nr. 2627

Hans Poelzig (1869-1936)Bismarckdenkmal auf der Elisenhöhe, BingenPerspektivische Ansicht mit LandschaftsdarstellungAquarell auf Karton 84,3 x 119,9 cm

Es handelt sich um eine Abbildung eines gemeinfreien Werkes. Sie können sie beliebig nutzen. Sollten Sie sie veröffentlichen wollen, freuen wir unsüber einen Abbildungsnachweis.

Das Bismarckdenkmal auf der Elisenhöhe in Bingen ist ein Entwurf von Hans Poelzig aus den Jahren 1909/1911. Das Denkmal sollte anlässlich des 100. Geburtstages Ottos von Bismarck errichtet werden. Aufgrund des Ers-ten Weltkrieges wurde es nie gebaut.

Das Monument befindet sich auf einem Hügel am Rhein, es wirkt, als sei es aus der Natur herausgewachsen, womit es die umgebende Landschaft verstärkt und sich wie eine Krone niederlässt. Poelzig entwirft eine für die damalige Zeit neu-artige Form eines Bismarckdenkmals: es handelt sich hierbei mehr um eine Architektur, ein Denkmal als Versammlungs-raum, als um eine gerahmte Monumentalskulptur wie zum Beispiel das Bismarckdenkmal in Hamburg von 1906, das im Berliner Tiergarten von 1901 oder das Standbild in Bad Kissingen, das bereits aus dem Jahre 1877 stammt. Im deut-schen Kaiserreich wurden sehr viele Bismarckdenkmäler er-richtet, es handelte sich um eine größere Denkmalwelle.

Die architektonische Lösung Poelzigs für das Denkmal als Gemeinschaftserlebnis in Verbindung mit dem Ort und der Landschaft ist der Ausgangspunkt dieser Arbeit.Mit einem Landschaftsmodell, das auf Augenhöhe der Be-sucher steht, sollen bestimmte Standpunkte festgesetzt wer-den, welche besondere perspektivische Ansichten der An-lage generieren. Die geplanten Zuwege von unten hinauf zum Denkmal erinnern an überdachte Wege (Pergolen), ein immer wiederkehrendes Motiv Poelzigs. Auch wenn es hier keine räumliche Begrenzung der Wege gibt, wie es bei der Pergola der Fall ist, kann man den Vergleich durchaus zie-hen. Die Inszenierung der Landschaft und die Sicht- oder We-geachsen, die dadurch geschaffen werden, könnte man als barocke Aspekte bezeichnen, die er in sein Werk einfließen lässt. Zusätzlich zu dieser Inszenierung kommt aber auch der direkte Eingriff in die Natur, der mit den von Poelzig geplan-ten Treppen eine Verbindung zwischen unberührter Natur (der Umgebung mit den Wegen) und dem definitiven archi-tektonischen Eingriff (dem Denkmal) schafft. Dadurch, dass der Künstler oder der Architekt einen Standpunkt vorgibt be-ziehungsweise definiert, reicht die aktive Setzung aus, um aus einer Landschaft und ihrer jeweils bestimmten Ansicht ein Kunstwerk zu machen. Poelzig arbeitet mit der szenogra-fischen Setzung und mit den Durchwegungen in der Natur, endend in einer Architektur.

Die Arbeit soll das Landschafts-/ Architekturerlebnis, das man gehabt hätte, nachvollziehbar machen. Auf dem Weg hinauf zum Denkmal nimmt der Besucher die unterschiedlichen ge-gebenen Standpunkte ein und erhält somit immer neue

Perspektiven. Kommt er schließlich am eigentli-chen Ziel an, hat er einen großen Teil des Werkes bereits erfahren. Das unterstützt den Gedanken des Architekten, dass die Landschaft und der Bau sich gegenseitig bedienen und die Natur unmittel-bar in den Entwurf mit hineingenommen wird.Das Modell soll dieses von Poelzig entworfene Ge-meinschaftserlebnis in mehreren Perspektiven als gesamten Prozess darstellen: Von den ersten Bli-cken aus der Ferne auf das Bismarckdenkmal über den Weg, die Treppen, bis hin zum Betreten des Denkmals und das Erleben in seinem Inneren. Mona Thoma

TU Berlin Architekturmuseum, Inv. Nr. 2757

Hans Poelzig (1869-1936)Bismarckdenkmal auf der Elisenhöhe, BingenQuerschnitt C-D 1:100Tusche und Bleistift aquarelliert auf Karton 96,9 x 153,8 cm

Es handelt sich um eine Abbildung eines gemeinfreien Werkes. Sie können sie beliebig nutzen. Sollten Sie sie veröffentlichen wollen, freuen wir unsüber einen Abbildungsnachweis.

Querschnitt; Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2757

BISMARCK-DENKMAL BINGEN

Posener, Julius: Hans Poelzig, Sein Leben, sein Werk, Braunschweig / Wiesbaden, 1994 (S.44) Pehnt, Wolfgang, Schirren, Matthias: Hans Poelzig. Architekt Lehrer Künstler 1869-1936, Deutsche Verlags-Anstalt, München, 2007

Längsschnitt; Architekturmuseum TU Belin; ATUB Nr. 2703

Perspektivische Ansicht; Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2627

Lageplan; Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2276

GESCHICHTSWERKSTATT 2018/19 | HANS POELZIG

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TU Berlin Architekturmuseum, Inv. Nr. 2276

Hans Poelzig (1869-1936)Bismarckdenkmal auf der Elisenhöhe, BingenLageplan 1:1000Tusche auf Karton 72,2 x 82,1 cm

Es handelt sich um eine Abbildung eines gemeinfreien Werkes. Sie können sie beliebig nutzen. Sollten Sie sie veröffentlichen wollen, freuen wir unsüber einen Abbildungsnachweis.

TU Berlin Architekturmuseum, Inv. Nr. 2627

Hans Poelzig (1869-1936)Bismarckdenkmal auf der Elisenhöhe, BingenPerspektivische Ansicht mit LandschaftsdarstellungAquarell auf Karton 84,3 x 119,9 cm

Es handelt sich um eine Abbildung eines gemeinfreien Werkes. Sie können sie beliebig nutzen. Sollten Sie sie veröffentlichen wollen, freuen wir unsüber einen Abbildungsnachweis.

Das Bismarckdenkmal auf der Elisenhöhe in Bingen ist ein Entwurf von Hans Poelzig aus den Jahren 1909/1911. Das Denkmal sollte anlässlich des 100. Geburtstages Ottos von Bismarck errichtet werden. Aufgrund des Ers-ten Weltkrieges wurde es nie gebaut.

Das Monument befindet sich auf einem Hügel am Rhein, es wirkt, als sei es aus der Natur herausgewachsen, womit es die umgebende Landschaft verstärkt und sich wie eine Krone niederlässt. Poelzig entwirft eine für die damalige Zeit neu-artige Form eines Bismarckdenkmals: es handelt sich hierbei mehr um eine Architektur, ein Denkmal als Versammlungs-raum, als um eine gerahmte Monumentalskulptur wie zum Beispiel das Bismarckdenkmal in Hamburg von 1906, das im Berliner Tiergarten von 1901 oder das Standbild in Bad Kissingen, das bereits aus dem Jahre 1877 stammt. Im deut-schen Kaiserreich wurden sehr viele Bismarckdenkmäler er-richtet, es handelte sich um eine größere Denkmalwelle.

Die architektonische Lösung Poelzigs für das Denkmal als Gemeinschaftserlebnis in Verbindung mit dem Ort und der Landschaft ist der Ausgangspunkt dieser Arbeit.Mit einem Landschaftsmodell, das auf Augenhöhe der Be-sucher steht, sollen bestimmte Standpunkte festgesetzt wer-den, welche besondere perspektivische Ansichten der An-lage generieren. Die geplanten Zuwege von unten hinauf zum Denkmal erinnern an überdachte Wege (Pergolen), ein immer wiederkehrendes Motiv Poelzigs. Auch wenn es hier keine räumliche Begrenzung der Wege gibt, wie es bei der Pergola der Fall ist, kann man den Vergleich durchaus zie-hen. Die Inszenierung der Landschaft und die Sicht- oder We-geachsen, die dadurch geschaffen werden, könnte man als barocke Aspekte bezeichnen, die er in sein Werk einfließen lässt. Zusätzlich zu dieser Inszenierung kommt aber auch der direkte Eingriff in die Natur, der mit den von Poelzig geplan-ten Treppen eine Verbindung zwischen unberührter Natur (der Umgebung mit den Wegen) und dem definitiven archi-tektonischen Eingriff (dem Denkmal) schafft. Dadurch, dass der Künstler oder der Architekt einen Standpunkt vorgibt be-ziehungsweise definiert, reicht die aktive Setzung aus, um aus einer Landschaft und ihrer jeweils bestimmten Ansicht ein Kunstwerk zu machen. Poelzig arbeitet mit der szenogra-fischen Setzung und mit den Durchwegungen in der Natur, endend in einer Architektur.

Die Arbeit soll das Landschafts-/ Architekturerlebnis, das man gehabt hätte, nachvollziehbar machen. Auf dem Weg hinauf zum Denkmal nimmt der Besucher die unterschiedlichen ge-gebenen Standpunkte ein und erhält somit immer neue

Perspektiven. Kommt er schließlich am eigentli-chen Ziel an, hat er einen großen Teil des Werkes bereits erfahren. Das unterstützt den Gedanken des Architekten, dass die Landschaft und der Bau sich gegenseitig bedienen und die Natur unmittel-bar in den Entwurf mit hineingenommen wird.Das Modell soll dieses von Poelzig entworfene Ge-meinschaftserlebnis in mehreren Perspektiven als gesamten Prozess darstellen: Von den ersten Bli-cken aus der Ferne auf das Bismarckdenkmal über den Weg, die Treppen, bis hin zum Betreten des Denkmals und das Erleben in seinem Inneren. Mona Thoma

TU Berlin Architekturmuseum, Inv. Nr. 2757

Hans Poelzig (1869-1936)Bismarckdenkmal auf der Elisenhöhe, BingenQuerschnitt C-D 1:100Tusche und Bleistift aquarelliert auf Karton 96,9 x 153,8 cm

Es handelt sich um eine Abbildung eines gemeinfreien Werkes. Sie können sie beliebig nutzen. Sollten Sie sie veröffentlichen wollen, freuen wir unsüber einen Abbildungsnachweis.

Querschnitt; Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2757 Abb. 2: Querschnitt

Das Bismarckdenkmal auf der Elisenhöhe in Bingen ist ein Entwurf von Hans Poelzig aus den Jahren 1909/1911. Das Denkmal sollte anlässlich des 100. Geburtstages Ottos von Bismarck errichtet werden. Aufgrund des Ersten Welt- krieges wurde es nie gebaut.

Das Monument befindet sich auf einem Hügel am Rhein, es wirkt, als sei es aus der Natur herausgewachsen, womit es die umgebende Landschaft verstärkt und sich wie eine Krone niederlässt. Poelzig entwirft eine für die damali-ge Zeit neuartige Form eines Bismarckdenkmals: es handelt sich hierbei mehr um eine Architek-tur, ein Denkmal als Versammlungsraum, als um eine gerahmte Monumentalskulptur wie zum Beispiel das Bismarckdenkmal in Hamburg von 1906, das im Berliner Tiergarten von 1901 oder das Standbild in Bad Kissingen, das bereits aus dem Jahre 1877 stammt. Im deutschen Kaiser-reich wurden sehr viele Bismarckdenkmäler errichtet, es handelte sich um eine größere Denkmalwelle.

Die architektonische Lösung Poelzigs für das Denkmal als Gemeinschaftserlebnis in Verbin-dung mit dem Ort und der Landschaft ist der Ausgangspunkt dieser Arbeit.Mit einem Landschaftsmodell, das auf Augen-höhe der Besucher steht, sollen bestimmte Standpunkte festgesetzt werden, welche beson-dere perspektivische Ansichten der Anlage generieren. Die geplanten Zuwege von unten hinauf zum Denkmal erinnern an überdachte Wege (Pergolen), ein immer wiederkehrendes Motiv Poelzigs. Auch wenn es hier keine räumli-

Geschichtswerkstatt II - Bau- & Stadtbaugeschichte - Hans Poelzig - Denkmal

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Abb. 4: Perspektivische Ansicht

BISMARCK-DENKMAL BINGEN

Posener, Julius: Hans Poelzig, Sein Leben, sein Werk, Braunschweig / Wiesbaden, 1994 (S.44) Pehnt, Wolfgang, Schirren, Matthias: Hans Poelzig. Architekt Lehrer Künstler 1869-1936, Deutsche Verlags-Anstalt, München, 2007

Längsschnitt; Architekturmuseum TU Belin; ATUB Nr. 2703

Perspektivische Ansicht; Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2627

Lageplan; Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2276

GESCHICHTSWERKSTATT 2018/19 | HANS POELZIG

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Hans Poelzig (1869-1936)Bismarckdenkmal auf der Elisenhöhe, BingenLageplan 1:1000Tusche auf Karton 72,2 x 82,1 cm

Es handelt sich um eine Abbildung eines gemeinfreien Werkes. Sie können sie beliebig nutzen. Sollten Sie sie veröffentlichen wollen, freuen wir unsüber einen Abbildungsnachweis.

TU Berlin Architekturmuseum, Inv. Nr. 2627

Hans Poelzig (1869-1936)Bismarckdenkmal auf der Elisenhöhe, BingenPerspektivische Ansicht mit LandschaftsdarstellungAquarell auf Karton 84,3 x 119,9 cm

Es handelt sich um eine Abbildung eines gemeinfreien Werkes. Sie können sie beliebig nutzen. Sollten Sie sie veröffentlichen wollen, freuen wir unsüber einen Abbildungsnachweis.

Das Bismarckdenkmal auf der Elisenhöhe in Bingen ist ein Entwurf von Hans Poelzig aus den Jahren 1909/1911. Das Denkmal sollte anlässlich des 100. Geburtstages Ottos von Bismarck errichtet werden. Aufgrund des Ers-ten Weltkrieges wurde es nie gebaut.

Das Monument befindet sich auf einem Hügel am Rhein, es wirkt, als sei es aus der Natur herausgewachsen, womit es die umgebende Landschaft verstärkt und sich wie eine Krone niederlässt. Poelzig entwirft eine für die damalige Zeit neu-artige Form eines Bismarckdenkmals: es handelt sich hierbei mehr um eine Architektur, ein Denkmal als Versammlungs-raum, als um eine gerahmte Monumentalskulptur wie zum Beispiel das Bismarckdenkmal in Hamburg von 1906, das im Berliner Tiergarten von 1901 oder das Standbild in Bad Kissingen, das bereits aus dem Jahre 1877 stammt. Im deut-schen Kaiserreich wurden sehr viele Bismarckdenkmäler er-richtet, es handelte sich um eine größere Denkmalwelle.

Die architektonische Lösung Poelzigs für das Denkmal als Gemeinschaftserlebnis in Verbindung mit dem Ort und der Landschaft ist der Ausgangspunkt dieser Arbeit.Mit einem Landschaftsmodell, das auf Augenhöhe der Be-sucher steht, sollen bestimmte Standpunkte festgesetzt wer-den, welche besondere perspektivische Ansichten der An-lage generieren. Die geplanten Zuwege von unten hinauf zum Denkmal erinnern an überdachte Wege (Pergolen), ein immer wiederkehrendes Motiv Poelzigs. Auch wenn es hier keine räumliche Begrenzung der Wege gibt, wie es bei der Pergola der Fall ist, kann man den Vergleich durchaus zie-hen. Die Inszenierung der Landschaft und die Sicht- oder We-geachsen, die dadurch geschaffen werden, könnte man als barocke Aspekte bezeichnen, die er in sein Werk einfließen lässt. Zusätzlich zu dieser Inszenierung kommt aber auch der direkte Eingriff in die Natur, der mit den von Poelzig geplan-ten Treppen eine Verbindung zwischen unberührter Natur (der Umgebung mit den Wegen) und dem definitiven archi-tektonischen Eingriff (dem Denkmal) schafft. Dadurch, dass der Künstler oder der Architekt einen Standpunkt vorgibt be-ziehungsweise definiert, reicht die aktive Setzung aus, um aus einer Landschaft und ihrer jeweils bestimmten Ansicht ein Kunstwerk zu machen. Poelzig arbeitet mit der szenogra-fischen Setzung und mit den Durchwegungen in der Natur, endend in einer Architektur.

Die Arbeit soll das Landschafts-/ Architekturerlebnis, das man gehabt hätte, nachvollziehbar machen. Auf dem Weg hinauf zum Denkmal nimmt der Besucher die unterschiedlichen ge-gebenen Standpunkte ein und erhält somit immer neue

Perspektiven. Kommt er schließlich am eigentli-chen Ziel an, hat er einen großen Teil des Werkes bereits erfahren. Das unterstützt den Gedanken des Architekten, dass die Landschaft und der Bau sich gegenseitig bedienen und die Natur unmittel-bar in den Entwurf mit hineingenommen wird.Das Modell soll dieses von Poelzig entworfene Ge-meinschaftserlebnis in mehreren Perspektiven als gesamten Prozess darstellen: Von den ersten Bli-cken aus der Ferne auf das Bismarckdenkmal über den Weg, die Treppen, bis hin zum Betreten des Denkmals und das Erleben in seinem Inneren. Mona Thoma

TU Berlin Architekturmuseum, Inv. Nr. 2757

Hans Poelzig (1869-1936)Bismarckdenkmal auf der Elisenhöhe, BingenQuerschnitt C-D 1:100Tusche und Bleistift aquarelliert auf Karton 96,9 x 153,8 cm

Es handelt sich um eine Abbildung eines gemeinfreien Werkes. Sie können sie beliebig nutzen. Sollten Sie sie veröffentlichen wollen, freuen wir unsüber einen Abbildungsnachweis.

Querschnitt; Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2757

che Begrenzung der Wege gibt, wie es bei der Pergola der Fall ist, kann man den Vergleich durchaus ziehen. Die Inszenierung der Land-schaft und die Sicht- oder Wegeachsen, die dadurch geschaffen werden, könnte man als barocke Aspekte bezeichnen, die er in sein Werk einfließen lässt. Zusätzlich zu dieser Inszenie-rung kommt aber auch der direkte Eingriff in die Natur, der mit den von Poelzig geplanten Trep-pen eine Verbindung zwischen unberührter Natur (der Umgebung mit den Wegen) und dem definitiven architektonischen Eingriff (dem Denkmal) schafft. Dadurch, dass der Künstler oder der Architekt einen Standpunkt vorgibt beziehungsweise definiert, reicht die aktive Setzung aus, um aus einer Landschaft und ihrer jeweils bestimmten Ansicht ein Kunstwerk zu machen. Poelzig arbeitet mit der szenografi-schen Setzung und mit den Durchwegungen in der Natur, endend in einer Architektur.

Die Arbeit soll das Landschafts-/ Architektur- erlebnis, das man gehabt hätte, nachvollziehbar machen. Auf dem Weg hinauf zum Denkmal nimmt der Besucher die unterschiedlichen gegebenen Standpunkte ein und erhält somit immer neue Perspektiven. Kommt er schließlich am eigentlichen Ziel an, hat er einen großen Teil des Werkes bereits erfahren. Das unterstützt den Gedanken des Architekten, dass die Landschaft und der Bau sich gegenseitig bedienen und die Natur unmittelbar in den Entwurf mit hineinge-nommen wird.Das Modell soll dieses von Poelzig entworfene Gemeinschaftserlebnis in mehreren Perspekti-ven als gesamten Prozess darstellen: Von den

Geschichtswerkstatt II - Bau- & Stadtbaugeschichte - Hans Poelzig - Denkmal

Abb. 3: Lageplan

BISMARCK-DENKMAL BINGEN

Posener, Julius: Hans Poelzig, Sein Leben, sein Werk, Braunschweig / Wiesbaden, 1994 (S.44) Pehnt, Wolfgang, Schirren, Matthias: Hans Poelzig. Architekt Lehrer Künstler 1869-1936, Deutsche Verlags-Anstalt, München, 2007

Längsschnitt; Architekturmuseum TU Belin; ATUB Nr. 2703

Perspektivische Ansicht; Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2627

Lageplan; Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2276

GESCHICHTSWERKSTATT 2018/19 | HANS POELZIG

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TU Berlin Architekturmuseum, Inv. Nr. 2276

Hans Poelzig (1869-1936)Bismarckdenkmal auf der Elisenhöhe, BingenLageplan 1:1000Tusche auf Karton 72,2 x 82,1 cm

Es handelt sich um eine Abbildung eines gemeinfreien Werkes. Sie können sie beliebig nutzen. Sollten Sie sie veröffentlichen wollen, freuen wir unsüber einen Abbildungsnachweis.

TU Berlin Architekturmuseum, Inv. Nr. 2627

Hans Poelzig (1869-1936)Bismarckdenkmal auf der Elisenhöhe, BingenPerspektivische Ansicht mit LandschaftsdarstellungAquarell auf Karton 84,3 x 119,9 cm

Es handelt sich um eine Abbildung eines gemeinfreien Werkes. Sie können sie beliebig nutzen. Sollten Sie sie veröffentlichen wollen, freuen wir unsüber einen Abbildungsnachweis.

Das Bismarckdenkmal auf der Elisenhöhe in Bingen ist ein Entwurf von Hans Poelzig aus den Jahren 1909/1911. Das Denkmal sollte anlässlich des 100. Geburtstages Ottos von Bismarck errichtet werden. Aufgrund des Ers-ten Weltkrieges wurde es nie gebaut.

Das Monument befindet sich auf einem Hügel am Rhein, es wirkt, als sei es aus der Natur herausgewachsen, womit es die umgebende Landschaft verstärkt und sich wie eine Krone niederlässt. Poelzig entwirft eine für die damalige Zeit neu-artige Form eines Bismarckdenkmals: es handelt sich hierbei mehr um eine Architektur, ein Denkmal als Versammlungs-raum, als um eine gerahmte Monumentalskulptur wie zum Beispiel das Bismarckdenkmal in Hamburg von 1906, das im Berliner Tiergarten von 1901 oder das Standbild in Bad Kissingen, das bereits aus dem Jahre 1877 stammt. Im deut-schen Kaiserreich wurden sehr viele Bismarckdenkmäler er-richtet, es handelte sich um eine größere Denkmalwelle.

Die architektonische Lösung Poelzigs für das Denkmal als Gemeinschaftserlebnis in Verbindung mit dem Ort und der Landschaft ist der Ausgangspunkt dieser Arbeit.Mit einem Landschaftsmodell, das auf Augenhöhe der Be-sucher steht, sollen bestimmte Standpunkte festgesetzt wer-den, welche besondere perspektivische Ansichten der An-lage generieren. Die geplanten Zuwege von unten hinauf zum Denkmal erinnern an überdachte Wege (Pergolen), ein immer wiederkehrendes Motiv Poelzigs. Auch wenn es hier keine räumliche Begrenzung der Wege gibt, wie es bei der Pergola der Fall ist, kann man den Vergleich durchaus zie-hen. Die Inszenierung der Landschaft und die Sicht- oder We-geachsen, die dadurch geschaffen werden, könnte man als barocke Aspekte bezeichnen, die er in sein Werk einfließen lässt. Zusätzlich zu dieser Inszenierung kommt aber auch der direkte Eingriff in die Natur, der mit den von Poelzig geplan-ten Treppen eine Verbindung zwischen unberührter Natur (der Umgebung mit den Wegen) und dem definitiven archi-tektonischen Eingriff (dem Denkmal) schafft. Dadurch, dass der Künstler oder der Architekt einen Standpunkt vorgibt be-ziehungsweise definiert, reicht die aktive Setzung aus, um aus einer Landschaft und ihrer jeweils bestimmten Ansicht ein Kunstwerk zu machen. Poelzig arbeitet mit der szenogra-fischen Setzung und mit den Durchwegungen in der Natur, endend in einer Architektur.

Die Arbeit soll das Landschafts-/ Architekturerlebnis, das man gehabt hätte, nachvollziehbar machen. Auf dem Weg hinauf zum Denkmal nimmt der Besucher die unterschiedlichen ge-gebenen Standpunkte ein und erhält somit immer neue

Perspektiven. Kommt er schließlich am eigentli-chen Ziel an, hat er einen großen Teil des Werkes bereits erfahren. Das unterstützt den Gedanken des Architekten, dass die Landschaft und der Bau sich gegenseitig bedienen und die Natur unmittel-bar in den Entwurf mit hineingenommen wird.Das Modell soll dieses von Poelzig entworfene Ge-meinschaftserlebnis in mehreren Perspektiven als gesamten Prozess darstellen: Von den ersten Bli-cken aus der Ferne auf das Bismarckdenkmal über den Weg, die Treppen, bis hin zum Betreten des Denkmals und das Erleben in seinem Inneren. Mona Thoma

TU Berlin Architekturmuseum, Inv. Nr. 2757

Hans Poelzig (1869-1936)Bismarckdenkmal auf der Elisenhöhe, BingenQuerschnitt C-D 1:100Tusche und Bleistift aquarelliert auf Karton 96,9 x 153,8 cm

Es handelt sich um eine Abbildung eines gemeinfreien Werkes. Sie können sie beliebig nutzen. Sollten Sie sie veröffentlichen wollen, freuen wir unsüber einen Abbildungsnachweis.

Querschnitt; Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2757

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Abb. 5: Modell des Bismarck-Denkmals mit Topografie in der Ausstellung

ersten Blicken aus der Ferne auf das Bismarck-denkmal über den Weg, die Treppen, bis hin zum Betreten des Denkmals und das Erleben in seinem Inneren. Mona Thoma

Bildnachweise

Abb. 1: Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2703

Abb. 2: Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2757

Abb. 3: Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2276

Abb. 4: Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 2627

Abb. 5: Fotografie der Autorin

Geschichtswerkstatt II - Bau- & Stadtbaugeschichte - Hans Poelzig - Denkmal

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GedächtnisstätteSchauburg

„Worum handelt es sich bei der Architektur? Doch wohl um Form und zwar um symbolische Form.“1

Hans Poelzig

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Im Sommer 1932 veröffentlichte Hans Poelzig den Entwurf „Schauburg“ für den Wettbewerb des Reichsehrenmales, einer Gedächtnisstätte bei Bad Berka im Thüringer Wald für die im 1.Weltkrieg gefallenen Soldaten. Die Schauburg war für Poelzig die einzige Chance, sich mit dem Thema Festarchitektur zu befassen, die „einmal richtig und ganz neu, die Verbindung von Fest, Feier, Masse und Technik“2 ist. Diesen Ansatz verfolgte Poelzig bereits seit 1911.

In diesem Kontext scheint es verständlich, dass Poelzig die erste „Still-für-Sich“-Fassung3 schließlich zur Schauburg veränderte. Anders als bei den Entwürfen anderer Teilnehmer des Wettbewerbs, stand in der Schauburg statt Ehrung der Toten die Idee der Masseninszenie-rung und kollektiver Festlichkeit im Vordergrund. Das gewaltige in den Landschaftsraum hinein geöffnete Theater das etwa 155 m lang und über 40 m hoch ist, bekrönt einen Hügel oberhalb Bad Berkas. Die Außenfassade wird von aus Bruch-stein gemauerten Bögen und Pfeilern dominiert. Die vertikalen Erschließungen werden durch acht Glockentürme formiert. Die feiernden Menschen werden sowohl durch zahlreiche Eingänge als auch durch die fünf großen ver-schließbaren Öffnungen eingeladen, den Innen-raum zu betreten. Der Ehrenhain mit Zufahrts-weg hinter der Bühne fungiert als Kulisse, vermittelt den Eindruck unendlicher Tiefe. Bühne, Zuschauerraum, Landschaft, alles wird im Rhythmus der riesigen „Balkendecke“ und der Bogen vereint. Es scheint, dass sich die Grenze zwischen Bühne und Zuschauerraum, Innenraum und äußerer Landschaft, auflöst. Deswegen

Abb. 1: Perspektivische Ansicht Blick zur Bühne, frontal

Abb. 2: Längsschnitt

Geschichtswerkstatt II - Bau- & Stadtbaugeschichte - Hans Poelzig - Gedächtnisstätte

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sollten die Menschen in der Schauburg nicht mehr nur als Zuschauer im Hintergrund wie im klassischen Theater oder in der Arena stehen.

Um die architektonische Qualität der neuen Form für große Gedenkveranstaltungen in der Weimarer Republik zu zeigen, werden in einem kurzen Film die Szenen der originalen Zeichnun-gen sowie zusätzlich die nicht gezeichneten Szenen virtuell reproduziert.

Geschichtswerkstatt II - Bau- & Stadtbaugeschichte - Hans Poelzig - Gedächtnisstätte

Abb. 3: Grundriss 1. Ring und untere Halle

Die Vision der Schauburg ist, der Architektur für große Veranstaltungen eine neue Form der Festlichkeit für große Menschenmengen zu geben, was sich jedoch schon kurze Zeit später unglücklich ins Gegenteil verkehrte und zu den problematischen Massenveranstaltungen des heraufziehenden Nationalsozialismus führte.4

Yucheng Zhang

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Textnachweise

1 Hans Poelzig, Der Architekt, 1931, 12.

2 Heike Hambrock, Kollektive Festlichkeit, in: Wofgang Pehnt, Matthias Schirren (Hg.), Hans Poelzig. 1869 bis 1936. Architekt, Berlin 2007, 141.

3 Theodor Heuss, Hans Poelzig. Bauten und Entwürfe. Das Lebensbild eines deutschen Baumeisters ,Stuttgart 1985, 61.

4 Vgl. Heike Hambrock, Kollektive Festlichkeit, in: Wofgang Pehnt, Matthias Schirren (Hg.), Hans Poelzig. 1869 bis 1936. Architekt, Berlin 2007, 142.

Bildnachweise

Abb. 1: Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 5174

Abb. 2: Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 5181

Abb. 3: Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 5174

Abb. 4: Aufnahme der Autorin

Geschichtswerkstatt II - Bau- & Stadtbaugeschichte - Hans Poelzig - Gedächtnisstätte

Abb. 4: Computersimulation der Schauburg in der Ausstellung

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WohnbauStuttgart und Berlin

„Für den Architekten gibt es nur zwei sehr schwere Aufgaben: ein großes Theater und ein kleines Haus. Von den beiden ist das kleine Haus die

schwerere Aufgabe.“1

Hans Poelzig

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82 Geschichtswerkstatt II - Bau- & Stadtbaugeschichte - Hans Poelzig - Wohnbau

In vielerlei Hinsicht stehen Hans Poelzigs Wohn-häuser im Schatten seiner Monumentalbauten für Industrie und Kultur. Dennoch sind durch ihn - zu einer Zeit, in der das Wohnen neu gedacht und debattiert wurde - exemplarische Wohnsied-lungen entstanden. Der Architekt, der analog zur Bildung bedeutsamer avantgardistischer Künst-lergruppen seine theoretischen Prinzipien er- gründet, gilt seinerzeit unter seinen Gegnern als unzeitgemäß. Wie lässt sich also Poelzig im Wohnbau, einer der ältesten Bauaufgaben überhaupt, zwischen Tradition und Avantgarde positionieren?

Insbesondere dienen zwei Wohnhausprojekte von Poelzig als Grundlage für die Einordnung seiner architektonischen, gesellschaftlichen und politischen Gesinnung: zum einen Hans Poelzigs Beitrag zur Werkbundsiedlung in Stuttgart (1927), einer von führenden Vertretern des Neuen Bauens errichteten Flachdachwohnsied-lung, die den Einsatz von experimentellen Materialien und Konstruktionsmethoden propa-gierte; zum anderen Poelzigs Doppelhaus in der Gagfah-Siedlung am Fischtalgrund in Belin- Zehlendorf (1929), einer als Protest zum Neuen Bauen und nach traditionellen Prinzipien errich-teten Satteldachsiedlung, die im Zuge des „Zehlendorfer Dächerkriegs“² umgesetzt wurde.

Zwei gegensätzliche architektonische und gesellschaftliche Haltungen, die sich in ihren äußeren Formen artikulieren, werden mit Hilfe von digital nachgebauten Perspektiv-Darstellun-gen des Innenraums und historischen Fotografi-en sowie Bauplänen im Hinblick auf ihre

Abb. 1: Einfamilienhaus am Weißenhof in Stuttgart

Abb. 2: Doppelhaus am Fischtalgrund in Berlin

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evolutionären architektonischen Prinzipien untersucht. Die Analyse ergibt, dass Formge-bung und Konstruktionsweise für Poelzig hier an zweiter Stelle stehen: Der Verfechter der hand-werklichen Schulung und der tektonischen Wahrheit entzieht sich dem Streit der Zeit um die architektonische Formsprache und begibt sich indes auf die Suche nach der inneren Logik des Wohnens. Zwei grundverschiedene äußere Formsprachen unterliegen einem allgemeinen Verständnis für das familiäre Wohnen, für das er einen von innen heraus entwickelten Grundriss als gemeinsamen Nenner für die in Stuttgart und Berlin realisierten Häuser schafft. Dabei steht der Nutzer im Zentrum der Bauaufgabe und nicht der Betrachter des äußeren Bauwerks.

Olivia Lees

Textnachweise

1 Julius Posener, Hans Poelzig. Sein Leben, sein Werk, Braunschweig/Wiesbaden 1994, 247.

2 Matthias Schirren, Hans Poelzig. Die Pläne und Zeichnun-gen aus dem ehemaligen Verkehrs- und Baumuseum in Berlin, Berlin 1989, 19.

Bildnachweise

Abb. 1: Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. 120573

Abb.2: https://www.stadtrand-nachrichten.de/wp-cont-ent/uploads/2016/10/ddm_10-2016.jpg, abgerufen am 8.3.2019

Abb. 3: Fotografie der Autorin

Geschichtswerkstatt II - Bau- & Stadtbaugeschichte - Hans Poelzig - Wohnbau

Abb. 3: Zeichnungen der Wohnbauten in der Ausstellung

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IndustriebauChemische Fabrik

„Die bei den meisten Fabrikanlagen von selbst erforderlichen Höhenunter-schiede der Bauten, die Größe einzelner Bauteile, der Schornstein, der Wasserbehälter, der [sic!] für viele Betriebe erforderlichen turmartigen

Anlagen genügen völlig, um dem Ganzen einen oft gewaltigen Rhythmus zu sichern.“1

Hans Poelzig

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Abb. 1: Düngemittelfabrik Luban, Zentrale Produktions- anlage

Gegenstand dieser Forschungsarbeit ist die Düngemittelfabrik in Luban, die von Hans Poelzig in den Jahren 1909-1912 entworfen und gebaut wurde.2 Poelzig hebt in seinem Aufsatz „Der Neuzeitliche Fabrikbau“ von 1913 den Industriebau als die monumentale Bauaufgabe seiner Zeit hervor und sieht in ihr die Möglichkeit einer neuen architektonischen Entwurfspraxis, die den charakterlichen Kern der Bauaufgabe unterstreicht.

Daraus ergibt sich die Hypothese, dass der Architekt bei der Planung der chemischen Fabrik einen szenografischen Entwurfsansatz verfolgte, der die einzelnen funktionalen Baukörper in eine architektonische Komposition bringt und für den Betrachter erlebbar macht.

In der Gegenüberstellung von technischen Zeich-nungen, die den Produktionsablauf räumlich darstellen und den Gebäudeansichten, die Poelzig entworfen hat, lässt sich die architekto-nische Übersetzung der technisch erforderlichen Bauvolumen erkennen. Trotz der vermeintlichen Unterordnung des Architekten gegenüber den technischen Erfordernissen einer modernen Produktionsanlage wird in zahlreichen Fotografi-en ersichtlich, wie die verschiedenen Baukörper durch eine architektonische Durcharbeitung und kompositorische Prinzipien zueinander in Bezie-hung gesetzt werden. Durch Abriss und Umbauarbeiten ist die Anlage nur noch in Fragmenten erhalten. Um prüfen zu können, inwieweit sich Poelzigs Entwurfsansatz auf das Erlebnis des Betrachters vor Ort ausge-

Abb. 2: Düngemittelfabrik Luban, Lageplan1910/11; Wolfgang Pehnt

Geschichtswerkstatt II - Bau- & Stadtbaugeschichte - Hans Poelzig - Industriebau

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wirkt hat, wird das Fabrikareal digital rekonstru-iert und eine Bewegungssimulation erstellt. Hierdurch kann die Architektur in der Bewegung verstanden und es können neue Blickpunkte im Areal eingenommen werden. In der Simulation sind deutliche Motive zu erkennen, die die anfängliche Hypothese des szenografischen Raumes bekräftigen. Durch die Rahmung der flankierenden Baukörper und die weiten Freiflächen wird die zentrale Produkti-onsanlage hervorgehoben.

Horizontal verlaufende Förderbänder geben in Verbindung mit den angrenzenden Gebäuden ein Rahmungsmotiv vor, das wichtige Blick- beziehungen unterstreicht. Der achsensymmet-rische Aufbau der einzelnen Bauteile setzt sich in der Positionierung der Volumen zueinander fort, was zu eindrücklichen, geordneten Gebäude-kompositionen führt.

Christian Uhl

Abb. 3: Ansicht Superphosphatfabrik

Abb. 4: Schemaschnitt Produktionsablauf

Geschichtswerkstatt II - Bau- & Stadtbaugeschichte- Hans Poelzig - Industriebau

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Textnachweise

1 Hans Poelzig. „Der neuzeitliche Fabrikbau“ in: Der Indus-triebau 2, 1911, 100-106 neu abgedruckt in: Julius Posener (Hrsg.). Hans Poelzig Gesammelte Schriften und Werke, Berlin 1970, 38-42.

2 Vgl. ausführlich Jerzy Ilkosz und Beate Störtkuhl (Hrsg.). Hans Poelzig in Breslau: Architekt und Kunst 1900-1916, Delmenhorst 2000.

3 Hans Poelzig. „Der neuzeitliche Fabrikbau“ in: Der Indus-triebau 2, 1911, 100-106 neu abgedruckt in: Julius Posener (Hrsg.). Hans Poelzig Gesammelte Schriften und Werke, Berlin 1970, 42.

Bildnachweise

Abb. 1: Architekturmuseum TU Berlin; ATUB Nr. F1496

Abb. 2: Matthias Schirren (Hrsg.). Hans Poelzig,1869 bis 1936, Architekt, Lehrer, Künstler, München 2007, 100.

Abb. 3: Theodor Effenberger, „Die Chemische Fabrik A.-G.“, in: Der Industriebau, Nr. 6, Jg. 7, 1916, 100.

Abb. 4: Theodor Effenberger, „Die Chemische Fabrik A.-G.“, in: Der Industriebau, Nr. 6, Jg. 7, 1916, 101.

Abb. 5: Aufnahmen des Autors

Abb. 5: Computersimulation der Düngemittelfabrik

Geschichtswerkstatt II - Bau- & Stadtbaugeschichte - Hans Poelzig - Industriebau

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Robert Koldewey

Gruppe 3: FG Bauforschung & Baudenkmalpflege

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„Niemand kann mir weismachen, dass er ein antikes Bauwerk ganz versteht, wenn er es nicht gemessen und gezeichnet hat unmittelbar vor dem Objekt. Das Papier ist die Platte, das Auge das Objektiv, aber ein denkendes Objektiv.“ Robert Koldewey

Geschichtswerkstatt II - Bauforschung & Baudenkmalpflege - Der analytische Blick des Bauforschers

DER ANALYTISCHE BLICK DES BAUFORSCHERS

Geboren wird Robert Koldewey am 10. Septem-ber 1855 in Blankenburg im Harz. Als er zehn Jahre alt ist, zieht die Familie nach Hamburg. Bereits auf dem Gymnasium sind das Zeichen-talent und die Beobachtungsgabe des Kindes auffallend. Nach dem Studium der Architektur, Archäologie und Kunstgeschichte in Berlin, Wien und München findet Koldewey 1877 zunächst eine Anstellung als Regierungsbauführer in Ham-burg. Er wird als Zeichner an die Seite amerikani-scher Archäologen gestellt, die die antike Stadt Assos in der heutigen Türkei erkunden. Dieser Auftrag war der Beginn seiner Leidenschaft für die Erforschung antiker Bauwerke. Die antiken Stätten werden seine Leidenschaft.

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LEBENSENDE AKTIVITÄTEN

Mit der Erö�nung des Alten Museums im Jahr 1830 werden

historisch bedeutsame Sammlungen und Kunst erstmals der Allgemein -

heit zugänglich gemacht

1876 wird die Nationalgalerie

erö�net

1950/55 Wiede-raufbau des

Pergamonmu-seums nach

seiner vollständi -gen Zerstörung während des 2.

Krieges

1910 Baubeginn des neuen Pergamon

museum

1930 wird das Pergamonmuseum

erö�net

2014/2023 Renovierungen

des Perga-monmuseums

durch Chipper -

Büro

1928 Walter Andrae übernim-mt die Leitung

des Perga-monmuseums

1958 Rückgabe eines großen

Teils der Artefakte durch die UdSSR an

die DDR

AUSBILDUNG

AUSGRABUNGEN UND EXPEDITIONEN

DAS ALTE BABYLON

NACHFOLGE DER ENTDECKUNG IN BABYLON

AUSGRABUNG IN BABYLON

AUSGRABUNG IN BABYLON

19 Jahren lang

Johannes Gustav Eduard Robert Koldewey, geboren am

10. September 1855 in Blankenburger/Harz

• Seit 1869 Verwendung der Kurzschrift (Stenographie), durchgängig bis zum Tode

• Studium der Architektur, Archäologie und

Kunstgeschichte in Berlin, Wien und München

1882/83 Mitlied der amerikanischen

Ausgrabungsexpedi-tion in Assos

(Südküste der Troas) unter J. T. Clarke und F. H. Bacon

1885/86 Ausgrabun-gen im Auftrag des

Kaiserlich Deutschen

Archäologischen Instituts auf der

Insel Lesbos

1887 Expedition mit dem Arabischen Bruno Moritz und dem Kaufmann

H.F. Ludwig Meyer nach Süd-Mesopotamien, Grabung in Surghul

und El Hibba

1889 selbständlige

Untersuchung von Neandria auf dem Çıgrı Dag (Troas)

1890/91 als Grabungsarchitekt

unter Felix von Luschan in

Zincirli (Sendschirli, 2.

Und 3. Kampagne)

1892/93 Reisen mit Otto

Puschein zur Architektu -

raufnahme in Unteritalien und Sizilien

1894 eurneut in Zincirli als Architekt tätig (4.

Kampagne)

1895 bis 1898 Lehrer an der Baugewerkschule zu

Görlitz, Arbeit an den sizilischen und unterita -

lienischen Griechentempeln

1896 Reise nach Boston/USA zu Francis H. Bacon,

Mitarbeit an der Verö�entli -chung der Untersuchung-

sergebnisse von Assos

1898/1899 Voruntersu-chung in Baalbek

zusammen mit Walter Andrea im Auftrag Kaiser Wilhems II.

1900 Kustos an den König-

lichen Museen zu

Berlin

• Seit 1917 laufende Publikationsarbeiten der Grabungsergeb -nisse in Babylon und ständige Berichte an die Deutsche

Orient-Gesellschaft und die Generalverwaltung der Berliner Museen

• 1902 Einleitung der Grabung in Fara (ausgeführt von W. Andrea)

• 1903 Einleitung der Grabung in Assur (ausgeführt von W. Andrea)

1904, 1910, 1914 Urlaub in Deutschland

• 1912/13 Betreuung der ersten Ausrabung in Uruk von Babylon

Von 1917 bis zu seinem

Lebensende Kustos für auswärtige

Angelegenheiten an den Berliner

Museen

• Seit 1917 Weiterarbeit an der Verö�entli -chung der babylonischen Ergebnisse in Berlin

• In der Urlaubszeit Mithilfe bei den Grabun -gen Carl Schuchhardt in Arkona/Rügen,

„Rethra“ bei Feldberg und Höhbeck an der Elbe, der Grenzburg Karls des Großen

• Weiterarbeit an Publikation und bei Ausgra -bungen in Deutschland (Arkona, Rethra)

Unverheiratet und kinderlos, starb Robert Koldewey am 4.

Februar 1925 in Berlin

Erster Welt-krieg

1898 von der General -direktion der Berliner Königlichen Museen mit der Leitung der

Ausgrabung von Babylon betraut

In 1917 übernahmen von Basrah nach Norden

vordringende englische Truppen das

Grabungshaus in Babylon und eroberten Bagdad

• 1921 Pensionierung

• 1903, 399 Kisten mit Ziegelstei-nen werden nach Berlin geschickt.

• 1902 Entdeckung des Ischtar Tor

• 1902 das Layout der Stadtverte-idigung des Antikers ist festgelegt.

1926 der Rest der Teile kommt in

Berlin an

1800 1810 1820 1830 1840 1850 1860 1870 1880 1890 1900 1910 1920 19301940

1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020

1855 1898 1917 1925

1870

27 Jahre alt

63 Jahre alt

ZweiterWeltkrieg

[39-45][14-18]

Geschichtswerkstatt II - Bauforschung & Baudenkmalpflege - Zeitstrahl Koldeweys Leben

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LEBENSENDE AKTIVITÄTEN

Mit der Erö�nung des Alten Museums im Jahr 1830 werden

historisch bedeutsame Sammlungen und Kunst erstmals der Allgemein -

heit zugänglich gemacht

1876 wird die Nationalgalerie

erö�net

1950/55 Wiede-raufbau des

Pergamonmu-seums nach

seiner vollständi -gen Zerstörung während des 2.

Krieges

1910 Baubeginn des neuen Pergamon

museum

1930 wird das Pergamonmuseum

erö�net

2014/2023 Renovierungen

des Perga-monmuseums

durch Chipper -

Büro

1928 Walter Andrae übernim-mt die Leitung

des Perga-monmuseums

1958 Rückgabe eines großen

Teils der Artefakte durch die UdSSR an

die DDR

AUSBILDUNG

AUSGRABUNGEN UND EXPEDITIONEN

DAS ALTE BABYLON

NACHFOLGE DER ENTDECKUNG IN BABYLON

AUSGRABUNG IN BABYLON

AUSGRABUNG IN BABYLON

19 Jahren lang

Johannes Gustav Eduard Robert Koldewey, geboren am

10. September 1855 in Blankenburger/Harz

• Seit 1869 Verwendung der Kurzschrift (Stenographie), durchgängig bis zum Tode

• Studium der Architektur, Archäologie und

Kunstgeschichte in Berlin, Wien und München

1882/83 Mitlied der amerikanischen

Ausgrabungsexpedi-tion in Assos

(Südküste der Troas) unter J. T. Clarke und F. H. Bacon

1885/86 Ausgrabun-gen im Auftrag des

Kaiserlich Deutschen

Archäologischen Instituts auf der

Insel Lesbos

1887 Expedition mit dem Arabischen Bruno Moritz und dem Kaufmann

H.F. Ludwig Meyer nach Süd-Mesopotamien, Grabung in Surghul

und El Hibba

1889 selbständlige

Untersuchung von Neandria auf dem Çıgrı Dag (Troas)

1890/91 als Grabungsarchitekt

unter Felix von Luschan in

Zincirli (Sendschirli, 2.

Und 3. Kampagne)

1892/93 Reisen mit Otto

Puschein zur Architektu -

raufnahme in Unteritalien und Sizilien

1894 eurneut in Zincirli als Architekt tätig (4.

Kampagne)

1895 bis 1898 Lehrer an der Baugewerkschule zu

Görlitz, Arbeit an den sizilischen und unterita -

lienischen Griechentempeln

1896 Reise nach Boston/USA zu Francis H. Bacon,

Mitarbeit an der Verö�entli -chung der Untersuchung-

sergebnisse von Assos

1898/1899 Voruntersu-chung in Baalbek

zusammen mit Walter Andrea im Auftrag Kaiser Wilhems II.

1900 Kustos an den König-

lichen Museen zu

Berlin

• Seit 1917 laufende Publikationsarbeiten der Grabungsergeb -nisse in Babylon und ständige Berichte an die Deutsche

Orient-Gesellschaft und die Generalverwaltung der Berliner Museen

• 1902 Einleitung der Grabung in Fara (ausgeführt von W. Andrea)

• 1903 Einleitung der Grabung in Assur (ausgeführt von W. Andrea)

1904, 1910, 1914 Urlaub in Deutschland

• 1912/13 Betreuung der ersten Ausrabung in Uruk von Babylon

Von 1917 bis zu seinem

Lebensende Kustos für auswärtige

Angelegenheiten an den Berliner

Museen

• Seit 1917 Weiterarbeit an der Verö�entli -chung der babylonischen Ergebnisse in Berlin

• In der Urlaubszeit Mithilfe bei den Grabun -gen Carl Schuchhardt in Arkona/Rügen,

„Rethra“ bei Feldberg und Höhbeck an der Elbe, der Grenzburg Karls des Großen

• Weiterarbeit an Publikation und bei Ausgra -bungen in Deutschland (Arkona, Rethra)

Unverheiratet und kinderlos, starb Robert Koldewey am 4.

Februar 1925 in Berlin

Erster Welt-krieg

1898 von der General -direktion der Berliner Königlichen Museen mit der Leitung der

Ausgrabung von Babylon betraut

In 1917 übernahmen von Basrah nach Norden

vordringende englische Truppen das

Grabungshaus in Babylon und eroberten Bagdad

• 1921 Pensionierung

• 1903, 399 Kisten mit Ziegelstei-nen werden nach Berlin geschickt.

• 1902 Entdeckung des Ischtar Tor

• 1902 das Layout der Stadtverte-idigung des Antikers ist festgelegt.

1926 der Rest der Teile kommt in

Berlin an

1800 1810 1820 1830 1840 1850 1860 1870 1880 1890 1900 1910 1920 19301940

1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020

1855 1898 1917 1925

1870

27 Jahre alt

63 Jahre alt

ZweiterWeltkrieg

[39-45][14-18]

Geschichtswerkstatt II - Bauforschung & Baudenkmalpflege - Zeitstrahl Koldeweys Leben

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Assos - Kleinasien - Türkei (1882-83); Messa - Lesbos - Griechenland (1885); Tell El-Hiba - Mesopotamien - Irak (1887); Sendschirli (Zincirli) - Kleinasien - Türkei (1890-91); Selinunt - Unteritalien (1892-94); Babylon, Ischtar-Tor - Mesopotamien - Irak (1898 - 1917)

Politische Karte (1900)

STATIONEN VON ROBERT KOLDEWEY

Geschichtswerkstatt II - Bauforschung & Baudenkmalpflege - Stationen von Robert Koldewey

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B

A

B

Y

L

O

N

GESCHICHTSWERKSTATT 2: TEILPROJEKT R. KOLDEWEY

1926ORIGINALE TRANSPORTKISTE AUS BABYLON

1914(ISCHTAR-TOR) - BABYLON

WIEDERAUFBAU IM PERGAMONMUSEUM ZEICHNERISCHE REKONSTRUKTION

1899GRABUNGSHAUS UND REISEZELT- BABYLON

1928ZUORDNUNGSARBEITEN - BERLIN

1898 - 1917BABYLON - MESOPOTAMIEN - IRAK

(ISCHTAR-TOR) TRANSPORT VON MESOPOTAMIEN NACH DEUTSCHLAND

Quelle: Dr. Ralf-B. Wartke - Auf dem Weg nach Babylon Robert Koldewey - Ein Archäologenleben

Quelle: Dr. Ralf-B. Wartke - Auf dem Weg nach Babylon Robert Koldewey - Ein Archäologenleben

Quellen: R. Koldewey-Das wieder erstehende Babylon: Die bisherigen Ergeb-nisse d. dt. Ausgrabungen, Hinrichs, 1913 und Das Ischtar-Tor in Babylon : nach den Ausgrabungen durch die Deutsche Orient-Gesellschaft, Hinrichs, 1918

Aquarell Walter Andrae

Zeichnung von Robert Koldewey

Quellen: Karl Schuchhardt - Robert Koldewey : heitere und ernste Briefe aus einem deutschen Archäologenleben/link: https://www.metmuseum.org/met-around-the-world/?page=10164

Transport des Ischtar-Tors von Mesopotamien nach Deutschland (1926)

Geschichtswerkstatt II - Bauforschung & Baudenkmalpflege - Stationen von Robert Koldewey

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I S C H TA R TO R

Die Rekonstruktion ist nicht nur visuell beein-druckend, sondern vermittelt den Besuchern des Museums zudem durch den Vergleich mit kleineren architektonischen Modellen ein Gefühl für die Anlage und Größe des Ischtar Tors und der Prozessionsstraße. Dabei kommt die Rekon-struktion dem Original so weit wie möglich nahe. Sacha Jonckers

(1) Das Ischtar Tor in Babylon (1.1) Das erste Tor (1.2) Das zweite tor(2) Das Ischtar erste Tor in Berlin(3) Festung(4) Die Prozessionsstraße in Babylon(5) Verteidigungsmauern(6) Die Prozessionsstraße in Berlin(7) Räume mit der assyrischen Kollektion

(1.1)

(1.2)

Abb. 2: Das Ischtar-Tor und die Berliner FassungAbb. 1: Das Ischtar-Tor und die Prozessionsstraße in Babylon, und die Berliner Fassung

Geschichtswerkstatt II - Bauforschung & Baudenkmalpflege - Das Ischtar Tor

(1)

(3)

(4)

(5)

(6)

(7)

(2)

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Pergamon- museum

Bode- museum

Neues Museum

Alte Natio -nalgalerie

Altes Musem

Abb. 3: Das Pergamonmuseum und die Museumsinsel

Geschichtswerkstatt II - Bauforschung & Baudenkmalpflege - Das Pergamonmuseum und die Museumsinsel

Bildnachweise

Abb. 1-3: Alle Zeichnungen wurden vom Autor erstellt.

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D I E KO L D E W E YG E S E L L S C H A F T

Gegründet wurde die Gesellschaft auf der 1. Tagung für Ausgrabungswissenschaft und Bau-forschung vom 24. - 25. Mai 1926 in Bamberg als “Arbeitsgemeinschaft archäologischer Architek-ten”. Gründer waren so bedeutende Bauforscher und Ausgräber wie die Architekten und Professoren:01. ? 12. Karl Wulzinger02. Manfred Bühlman 13. Friedrich Wachtsmuth03. Heinrich Sulze 14. ?04. Uvo Hölscher 15. Hubert Knackfuß05. Arnold Nöldeke 16. Armin von Gerkan06. ? 17. ?07. Hans Hörmann 18. Fritz Krischen08. ? 19. Daniel Krencker09. Friedrich Wetzel 20. Julius Jordan10. ? 21. Walter Andrae11. Oscar Reuther 22. Theodor Dombart

Die Koldewey Gesellschaft hat das Symbol des Löwen als Motto genommen, da die Geschichte auf die wichtige Entdeckung von Robert Kolde-wey zurückgeht, als er die Ausgrabungen von Babylon im Zeitraum 1889-1917 durchführte. An den Wänden des Ishtar-Tors sowie an den Mau-ern des dahinter liegenden Korridors finden sich Reliefs von mythologischen Tieren. Eines dieser Reliefs gehört zu einem Löwen, das zum Logo der Kodewey-Gesellschaft gewählt wurde.Seit ihrer Gründung 1926 führt die Koldewey-Gesellschaft regelmäßig Tagungen zur Bau-forschung durch. Die Tagungen wurden – mit Ausnahme der Jahre 1931 und 1936 – bis 1939 jährlich abgehalten, seit 1947 finden sie alle zwei Jahre statt.

Die Gründer der Koldeweygesellschaft in Bamberg 1926

Löwenrelief auf dem Ischtar-Tor

Geschichtswerkstatt II - Bauforschung & Baudenkmalpflege - Die Koldeweygesellschaft

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Standorte der Tagungen

01 Bamberg 192602 Trier 192703 Dresden 192804 Würzburg 192905 München 193006 193107 Danzig 193208 Hanover 193309 Marburg 193410 Potsdam 193511 Berlin 193712 Bonn 193813 Wien 193914 Bielefeld 1947

15 Karlsruhe 194916 Stuttgart 195117 Göttingen 195318 Trier 195519 Regensburg 195720 Xanten 195921 Berlin 196122 Bamberg 196323 Hildesheim 196524 Lübeck 196725 Speyer 196926 Paderborn 197127 Salzburg 197328 Kassel 197529 Köln 197630 Colmar 197831 Osnabrück 198032 Innsbruck 198233 Trier 198434 Venedig 198635 Lüneburg 198836 Kronach 199037 Duderstadt 199238 Brandenburg 199439 Leiden 199640 Wien 199841 Berlin 200042 München 200243 Dresden 200444 Breslau 200645 Regensburg 200846 Konstanz 201047 Trier 201248 Erfurt 201449 Innsbruck 201650 Braunschweig 2018

Geschichtswerkstatt II - Bauforschung & Baudenkmalpflege - Die Koldeweygesellschaft

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M A N I F E S T D E R KO L D E W E YG E S E L L S C H A F T

„Außerordentlich selten sind Persönlichkeiten, die bemüht sind, die Gebäude im ganzen zu verstehen und vorhandene Lücken durch sach-gemäß Ergänzungen zu schließen, nicht bloß in Worten, sondern sogar auf dem Papier - für eine ernsthafte Bauforschung allerdings ein selbst-verständliches Verfahren.“1

Armin von Gerkan

Abb. 1: Der Triumphbogen von Palmyra (Syrien)

Abb. 2: Die Nachbildung des Triumphbogens von Palmyra in London

Geschichtswerkstatt II - Bauforschung & Baudenkmalpflege - Manifest der Koldeweygesellschaft

„Unter allen denen, die bei der Gründung der Koldewey-Gesellschaft im Jahre 1926 beteiligt waren, hat Armin von Gerkan eine besondere Rolle gespielt: die Initiative ging im wesentlichen von ihm aus, nachdem er bereits 1924 in einem längeren Aufsatz im Zentralblatt der Bauverwal-tung auf die Probleme hingewiesen hatte, denen der sich mit antiker Baukunst befassende Archi-tekt gegenüberstand, der seit der Jahrhundert-wende in immer stärkerem Maße in Grabungen vonnöten war. Was Armin von Gerkan hier schilderte, waren die Probleme aller derer, die solche Aufgaben in echter Begeisterung für die hier liegenden Fragen übernommen hatten und unter anderem natürlich auch die Probleme seines eigenen beruflichen Werdeganges [...]“2

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Stellungnahme der Gesellschaft zu einigen aktu-ellen Themen

In den Tagungen der Gesellschaft werden nicht nur historische Themen sondern auch einige der aktuellen Fragen behandelt. Die folgende Erklä-rung verdeutlicht die Position der Gesellschaft zu den 3D-Drucken historischer Gebäude, die durch den Krieg in den Regionen Irak und Syrien zerstört wurden.

„Die Verwüstungen ganzer Altstadtquartiere und die intentionalen Zerstörungen bedeutender Baudenkmäler in Syrien und im Irak führen der-zeit zu einer breiten öffentlichen Diskussion um deren Rettung oder Rückgewinnung. Vertreter unterschiedlicher Disziplinen fordern den offen-siven Einsatz modernster Technik für die Doku-mentation bestehender und die Rekonstruktion verlorener Denkmäler. Dabei wird suggeriert, man könne mittels digital erzeugter Reproduk-tionen, wie etwa 3D-Plots, alles wiedererstehen lassen, was irgendwann einmal von irgendwem zerstört wurde, und die digital erzeugte Kopie sei ein vollwertiger Ersatz für das verlorene Ori-ginal. Gegen eine solche Auffassung wendet sich die Koldewey-Gesellschaft als Vereinigung für baugeschichtliche Forschung in aller Entschie-denheit.“3

Textnachweise

1 Armin von Gerkan, Die gegenwärtige Lage der archäolo-gischen Bauforschung in Deutschland, in: Zentralblatt der Bauverwaltung, 44, 1924, S. 375 2 Wolfgang Müller-Wiener, Skizzen zum 50-jährigen Beste-hen der Koldewey-Gesellschaft, Köln 1976

3 Die Mitglieder der Koldewey-Gesellschaft auf der Haupt-versammlung in Innsbruck, 5. Mai 2016

Geschichtswerkstatt II - Bauforschung & Baudenkmalpflege - Manifest der Koldeweygesellschaft

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Impressum

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101Geschichtswerkstatt II - Impressum

Katalog zur Ausstellung Die humanistischen Grundlagen der modernen Architektur

am Institut für Architektur (IfA)im Architekturgebäude der TU BerlinAusstellungseröffnung am 15. Juni 2019

© Copyright 2019 IfA TU Berlin

E-mail: [email protected]

Herausgegeben von:

Architekturtheorie Prof. Dr.-Ing. Jörg H. Gleiter

Bau- und Stadtbaugeschichte Prof. Dr.-Ing. Hermann Schlimme

Hist. Bauforschung und Baudenkmalpflege Prof. Dr.-Ing. Thekla Schulz-Brize

Institut für Architektur (IfA) TU BerlinStraße des 17. Juni 152

Autoren und AutorinnenGruppe 1 ArchitekturtheorieMichael AndersonChenzhi GongPauline HenkeDominik HoffmannAnastasiia LytvyniukMonika Mirski

Lea MokoschSarah WeyandClara Zrenner

Gruppe 2 Bau- und StadtbaugeschichtePolina DonchevskaiaJanis KaisingerOlivia LeesMona ThomaChristian UhlYucheng Zhang

Gruppe 3Hist. Bauforschung und Baudenkmalpflege Muhannad GhazalYannick MarquèsMouhamad SobhSacha Yonkers

Wissenschaftliche MitarbeitDr. Lidia Gasperoni Dr.-Ing. Birte Rogacki-ThiemannDipl.-Ing. Mada Saleh

ISBN 978-3-00-063225-9

Die Herausgeber haben sich bemüht, alle Fotografen und Rechteinhaber der Abbildungen in diesem Buch zu ermitteln. Sollte dies nicht in allen Fällen gelungen sein, bitten wir um Nachricht an: Fachgebiet Architekturthe-orie, Sekretariat A65, Institut für Architektur, Technische Universität Berlin, Straße des 17. Juni 152, 10623 Berlin.

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