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Die Ökokonto-Verordnung des
Landes Baden-Württemberg
Fachtagung des BFAD
Stuttgart, 29. September 2014
Wolfgang Kaiser
Referat Biotop- und Artenschutz, Eingriffsregelung
Inhalte
• Rechtsgrundlagen
• Verfahren bei Ökokonto-Maßnahmen
• Bewertung von Biotoptypen und Arten
• Anzahl der registrierten Ökokonto-Maßnahmen
• Bauplanungsrechtliches Ökokonto
• Ausblick
Ökokonto, 29.09.2014, Folie 2
Rechtsgrundlagen des Ökokontos
• § 16 BNatSchG (29.07.2009): Anspruch auf Anerkennung von vorge-
zogenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (ÖK-Maßnahmen);
Ausgestaltung weiterer Regelungen (Verfahren, Bewertung): => Länder
• § 22 LNatSchG (13.12.2005): Verordnungsermächtigung für ÖKVO
• Ökokonto-Verordnung vom 19.12.2010 (GBl. S. 1089 ff)
– Verordnungstext (Voraussetzungen und Verfahren der
Anerkennung, Zuordnung zu Eingriffen, Handelbarkeit, Verhältnis
zum baurechtlichen Ökokonto …)
– Anlage 1 - Ökokontofähige Maßnahmen
– Anlage 2 - Bewertungsregelungen
• Kompensationsverzeichnis-Verordnung vom 17.02.2011 (GBl. S. 79)
– Regelungen zur Buchung von Ökokonto-Maßnahmen.
Ökokonto, 29.09.2014, Folie 3
Zustimmungsverfahren (§ 3 ÖKVO)
• Antrag ist bei der für die Fläche örtlich zuständigen unteren Naturschutz-
behörde zur Zustimmung vorzulegen (§ 3 Abs. 1 ÖKVO)
• Angaben und Antragsunterlagen sind insbesondere (§ 3 Abs. 2 Satz 1
ÖKVO) :
– kartografische Darstellung der Maßnahmenfläche
– Nachweis der Flächenverfügbarkeit
– Ausgangszustand (bei biotop- und bodenbezogenen Maßnahmen
auch in ÖP, vgl. auch §16 Abs. 1 Nr. 5 BNatSchG) durch einen
Fachkundigen
– vorgesehene Aufwertungsmaßnahmen und ihre Bewertung in ÖP
durch einen Fachkundigen
• Antrag durch im Web. verfügbare elektronische Vordrucke, die landes-
einheitlich festgelegt sind (§ 3 Abs. 3 ÖKVO), und postalisch.
Ökokonto, 29.09.2014, Folie 4
Optionale Angaben zum Antrag
(§ 3 Abs. 2 Satz 2)
• Kohärenzsicherungsmaßnahme für Eingriffe in Natura 2000-
Gebiet nach § 34 Abs. 5 BNatSchG
• Vorgezogene Ausgleichsmaßnahme nach § 44 Abs. 5 Satz 3
BNatSchG für Arten des Anhangs IV der FFH-RL oder
europäische Vogelarten
• Geplante Zuordnung zu einem Eingriffsvorhaben
Ökokonto, 29.09.2014, Folie 5
Entscheidung über den Antrag auf
Zustimmung
• Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Antragsunterlagen vollständig vorliegen
und die materiellen Voraussetzungen für den Antrag gegeben sind (§ 3 Abs. 5
ÖKVO).
• Mit der Zustimmung stellt die UNB den Ausgangswert und die Bewertung in ÖP
fest (§ 3 Abs. 6 ÖKVO).
• Im elektronisch geführten Ökokonto-Verzeichnis sind die maßgeblichen Daten
zur Ökokonto-Maßnahme zu vermerken (§ 4 Abs. 1 ÖKVO,
§ 4 Abs. 1 KompVzVO), insbesondere
– Angaben zum Ort der Ökokontomaßnahme (Nr. 3 und 4)
– Ausgangszustand und Ausgangswert in Ökopunkten (Nr. 5)
– Zielzustand und Bewertung der vorgesehenen Maßnahmen in Ökopunkten
(Nr. 6)
Ökokonto, 29.09.2014, Folie 6
Die Ökokontomaßnahme nach Aufnahme
ins Ökokonto-Verzeichnis
• Anzeige des Beginns der Maßnahme (§ 4 Abs. 2 Satz 1 ÖKVO)
– Maßgebliches Datum für den Beginn der Verzinsung (§ 5 ÖKVO)
– Zustimmung erlischt, wenn nicht nach Ablauf von fünf Jahren nach
Bekanntgabe mit der Maßnahme begonnen wird
• Ab Beginn der Maßnahme bis zu deren Zuordnung, jedoch max. 10
Jahre, werden 3 % Zinsen gutgeschrieben (§ 5 ÖKVO)
• ÖK ist öffentlich einsehbar, personenbezogene Daten jedoch nur bei
Zustimmung des Maßnahmenträgers (§ 7 ÖKVO)
Ökokonto, 29.09.2014, Folie 7
Handelbarkeit der Ökokonto-Maßnahmen
Ökopunkte sind (nach Privatrecht) handelbar (§ 10 ÖKVO)
• durch Veräußerung des Grundstücks mit den ÖP. Damit gehen sämtliche
Rechte und Pflichten aus der ÖKVO auf den Erwerber über (§ 10 Abs. 2 Satz 1
ÖKVO)
• durch Veräußerung allein der ÖP
– der Erwerber kann die ÖP zur Kompensation einsetzen
– der Maßnahmenträger hat im Übrigen grds. alleinigen Zugriff auf das
Grundstück und muss im Falle der Zuordnung auch die erforderlichen
Bewertungen beibringen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 ÖKVO).
– Im Übrigen richtet sich das Verhältnis von Eigentümer und ÖP-Erwerber
nach Privatrecht (häufig wird Erwerber dem Eigentümer die Kosten der
Unterhaltungsmaßnahmen bezahlen müssen)
• Veräußerung von Grundstück oder ÖP ist UNB anzuzeigen (§ 10 Abs. 1 Satz 2
ÖKVO)
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Zuordnung der ÖK-Maßnahme beim
Zulassungsverfahren
• Die Verwertung der Ökokonto-Maßnahme erfolgt im Zulassungsverfahren (§ 9
Abs. 1 Satz 1 ÖKVO)
• Verursacher des Eingriffs legt Eingriffsbilanz in ÖP (§ 8 ÖKVO) vor, soweit die
Wirkungsbereiche der ÖKVO betroffen sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 ÖKVO)
• Maßnahmenträger (der ÖK-Maßnahme) legt die erforderlichen Angaben zum
Zustand der ÖK-Maßnahme und zur Bewertung in ÖP vor (§ 9 Abs. 2 Satz 2
ÖKVO)
– auf bereits vorliegende Angaben kann zurück gegriffen werden, wenn diese
noch aktuell sind (z. B. kürzlich erfolgte Zwischenbewertung)
– erneute Angaben erforderlich, wenn bisherige Bewertung schon länger
zurück liegt, bei Umstieg vom Planungs- auf das Feinmodul oder bei
Etablierung einer spezifischen Art
• Nicht vom ÖK erfasste Schutzgüter (z. B. Landschaftsbild) werden wie bisher
nach anerkannten Methoden bewertet.
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Ökokontofähige Maßnahmen
(§ 2 Abs. 2 ÖKVO i. V. m. Anlage 1)
• Abschließend in Anlage 1 festgelegt
• formuliert sind überwiegend Maßnahmenbereiche, die eine Vielzahl von
Einzelmaßnahmen zulassen
• ÖK-Maßnahmen müssen in Fachplanungen eingebettet sein:
– Im Offenland: Aufwertung von N 2000-Gebieten, NSG, ND;
Umsetzung von Landschaftsrahmen- oder Landschaftsplänen oder
sonstige naturschutzfachliche Planungen
– Im Wald: geschützte Biotope, Waldschutzgebiete oder
Eichensekundärwälder
– Gewässer: Aufwertung von Fließgewässern oder gewässeröko-
logische Planungen
Ökokonto, 29.09.2014, Folie 10
Schutzgüter und Wirkungsbereiche nach
§ 2 Abs. 1 Satz 2 ÖKVO
• Schutzgüter der ÖKVO sind Biotope, Arten, Wasser und Boden, die sich
in sechs Wirkungsbereiche aufteilen
– Verbesserung der Biotopqualität
– Schaffung höherwertiger Biotoptypen
– Förderung spezifischer Arten
– Wiederherstellung natürlicher Retentionsflächen
– Wiederherstellung und Verbesserung von Bodenfunktionen
– Verbesserung der Grundwassergüte
• Die ÖK-Maßnahmen müssen sich einem dieser Wirkungsbereiche
zurechnen lassen.
• Schutzgüter Klima, Luft, Landschaftsbild und Erholung nicht berücksich-
tigt, weil keine einfache, schematisierte Bewertung in ÖP möglich.
Ökokonto, 29.09.2013, Folie 10
Bewertungsmodell für die Biotoptypen
• Grundlage: Biotoptypenliste des Landes
• Einstufung der Biotoptypen auf einer exponentiellen Skala von 1 bis 64
(mit fünf Rangstufen), je nach naturschutzfachlicher Bedeutung
• Bewertungskriterien der Einstufung innerhalb der Skala
– Naturnähe
– Bedeutung für gefährdete und sonstige wertgebende Arten
– Bedeutung als Indikator für standörtliche und naturräumliche
Eigenart
• Im Detail: Peter Vogel, Naturschutzinfo 1/2012, S. 19 ff
Ökokonto, 29.09.2014, Folie 12
Bewertung von Biotoptypen
(§ 8 ÖKVO i. V. m. Anlage 2)
• Ausgangswert und Zielwert der Biotoptypen werden durch das Feinmodul (F)
bewertet (Wertspanne). Die Differenz von Ausgangs- und Zielwert wird mit der
Fläche des Biotoptyps multipliziert (ÖP x m²).
• Bei Biotoptypen, deren Wertigkeit sich erst allmählich einstellt, wird der
Planungswert (P) zu Grunde gelegt (Wertspanne).
• Die fachliche Feinjustierung der Bewertung erfolgt durch Bewertungsattribute
(nicht abschließend geregelt).
Nr. Biotoptyp F P
36.70 Trockenrasen 22 – 37 – 50 22 – 31 -37
+ überdurchschnittliche Artenausstattung (Zielartenkonzept)
+ natürliche Vegetation
- beeinträchtigt (z. Eutrophierung)
- artenarme Ausbildung …
Ökokonto, 29.09.2014, Folie 13
Berücksichtigung des Schutzguts Arten
bei der Bewertung der Biotoptypen
• Die Bedeutung gefährdeter Arten fließt bereits bei der Ausgangswert-
spanne der Biotoptypen ein (ein Drittel des Normalwerts)
• Überdurchschnittliche Artenausstattung ist häufig ein Bewertungsattribut
des Biotoptyps (d. h. es erfolgt eine Aufwertung innerhalb der Wert-
spanne des Biotoptyps bei hoher Artenvielfalt oder besonders
wertgebenden Arten).
• Das Auftreten von biotoptypischen Landesarten des Zielartenkonzepts
BW oder stark gefährdeter Pflanzenarten führt zu einer Einordnung im
oberen Drittel der Wertspanne (*)
• Bei außergewöhnlich bedeutsamen Artenvorkommen (besonders hohe
Vielfalt oder wertgebende Art von herausragender Bedeutung) ist eine
Einordnung unter Ausschöpfung des 64-Punkte-Rahmens möglich
Ökokonto, 29.09.2014, Folie 14
Spezifische Artenschutzmaßnahmen
(Anlage 2 der ÖKVO)
Abschließende Liste von:
• 37 Tierarten (z. B. Bekassine, Kreuzkröte, Gelbringfalter, Gefleckte
Heidelibelle …)
Auswahlkriterien:
• Zielartenkonzept, zumeist auch europarechtlich geschützt
• Vorkommen gut überprüfbar
• erprobte Entwicklungsmaßnahmen
• 26 Pflanzenarten (z. B. Frühlings-Enzian, Sand-Veilchen, Zwerg-
Teichbinse …);
Auswahlkriterien:
• stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht (nach Roter Liste)
• Bedarf an spezifischer Planung zur Ansiedlung und Pflege zur Erhaltung
Ökokonto, 29.09.2014, Folie 15
Bewertung spezifischer
Artenschutzmaßnahmen
(Anlage 2 der ÖKVO)
• Ökopunkte gibt es je nach Art
– für Populationseinheiten/Revier (Amphibien,Vogelarten)
– für die Flächengröße des neu geschaffenen Bestands (bei Pflanzen,
Schmetterlingen)
• Anzahl der Ökopunkte
– 20 % der Ökopunkte gibt es nach Durchführung der Maßnahme
– volle Punktzahl nach Etablierung der Art
Ökokonto, 29.09.2014, Folie 16
Deutscher Artname Wissenschaftlicher
Artname
Ökopunkte
Braunkehlchen Saxicola rubetra 300.000 / Revier
Kreuzkröte Bufo calamita 100.000 / Population
Flache Quellbinse Blysmus compressus 20 / m²
Naturschutzrechtliches Ökokonto und
Kommunen
• Kommunen können – unabhängig vom Bauplanungsrecht – Aufwertungen des
Naturhaushalts durchführen und als naturschutzrechtliche ÖK-Maßnahmen
anerkennen lassen.
• Vorgezogene Maßnahmen aus dem kommunalen (bauplanungsrechtl.) ÖK nach
§ 135a Abs. 2 Satz 2 BauGB können von der Kommune veräußert oder auf
eigene naturschutzrechtliche Eingriffe angerechnet werden (§ 12 Abs. 2 ÖKVO),
wenn
– noch keine Anrechnung auf bauleitplanerischen Eingriffe erfolgt ist
– eine Bewertung nach ÖKVO durchgeführt wurde
– eine Löschung aus dem bauplanungsrechtlichen Ökokonto erfolgt ist,
– die Maßnahme formal ins Ökokonto aufgenommen wurde
– der Beginn der vorgezogenen Maßnahme nach Inkrafttreten der ÖKVO
(01.4.2011) erfolgte.
Ökokonto, 29.09..2013, Folie 19
Bauplanungsrechtliches Ökokonto
• Bei Durchführung der Maßnahme muss bereits eindeutig erkennbar sein, dass sie
die Funktion als vorgezogene Kompensationsmaßnahme für den Ausgleich in der
Bauleitplanung wahrnimmt: Dies erfolgt z. B. durch Darstellung im
– F-Plan
– Landschaftsplan
– kommunalen ÖK-Kataster
• Eine Zuordnung zu einem konkreten Bauleitplan ist nicht erforderlich, aber
möglich.
• Eine unmittelbare Übernahme einer Kompensationsmaßnahme eines Dritten aus
dem naturschutzrechtl. ÖK in das bauplanungrechtl. ÖK ist wegen des fehlenden
funktionellen Bezugs der naturschutzrechtl. ÖK-Maßnahme zur Bauleitplanung
nicht möglich.
Ökokonto, 18.9.2013, Folie 20
Ausblick
• Evaluation– Nach 5 Jahren der Erprobung der ÖKVO (Verfahren, Bewertung)
• LNatSchG– Erweiterung des Kompensationsverzeichnisses (z. B. Vermeidungs-
und Minimierungsmaßnahmen, Maßnahmen auf Grund von
Ersatzzahlungen, Beeinträchtigungen von Natura 2000-Gebieten)
• BKompV– Die parallele Anwendung von zwei Bewertungssystemen (für
konventionelle Eingriffe und Ökokonto) sollte vermieden werden
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