die vererbung von farbe und zeichnung bei nagetieren

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Die Vererbung yon Farbe und Zeichnung bei Nagetieren. Von Curt KoBwir. dus dem Tnstitut fur Vererbungsforschuug der Landwirtschaftlichen Hochschule I3erlin. DiI: vier am llngsten und am hiiufigsten dornestizierten Nagetiere, Kaninchen (Lepus cunicrilus), Rleerschmeinchen (Cavia co bayaj, Rander- ratte (Mns decumanus) und Hausrnaus (Mus masculus) gehiiren zii den genetiscli am besten rintersuchten Tieren. Trotzdem ist es fur den dcr speziellen Erbforschung an den Kagern Pernerstehenden schwer, sich von den1 erblichen Verhalten dieser Spezies ein klares Hild zu machen, da es an einer neueren deutschen hrbeit fehlt, die die Fulle des Materials sanimel t, die einzelnen Angalwn niiteinander vergleicht 11nd das Wesent- liche in eine iibersichtliche Form bringt. Dieser G-esichtspunkt bestimnite Herrn Prof. Dr. Kronacher, das Erscheinen eines Saninielreferats in seiner Zeitsclirift zu wiinschen, dessen Abfassung durch Vermittlung von Fraulein Dr. Paula Hertwig mir ubertragen wurdo. Es ist mir eine q p e h n i e Pflicht, Friiulein Dr. H e r t wig hierfiir sowie fur ihren freund- lichen Rat und die niir zur Verfiigung gestellten ‘Tabellen bestens zii clanli(1n. Ebcnso schuldo ich IIerrn Prof. Dr. H. Naclitsheim fur seine liebenswiirdige Hilfe groflen Dank. Vor der Schilderung der einzelnen fiir die verschiedonen Farhtypen \(!rantwortlichen E’aktoren sei eiuiges iiber die chemischen Grnndlagen tier bei den Nagern und wahrscheinlich allen Siiugetieren vorkommenden Pigniente v orausgeschick t. Im einzelnun sind die chemischen Vorgiinge, die zur Pigmentbildung fiihren, noch wenig gekliirt. Man kann jedenfalls zwei Parbkoniponenten unterschciden, eine dunkle, branne bis schwarze, uiid eine gelbe bis rote. I>er tlunkle Farbstoff wird als Melanin bezeichnet und findct sich in ver- schiedener Quantitiit und Anordnung bei brannen, blauen und schwareen Farb- rassen. Die Rlelanine sind schwarze, amorphe, sticltstoffhaltige Pigniente von schwerer Loslichkeit, sie wertlen z. B. von kochender lionzentrierter Sdzsliure nicht angegriffen und kiinnen auf diese Weise von den anderen chemischen Bestandteilen des Felles getrennt nerden. Die prozentuale Zusammensetzung des Melanins aus den einzelnen chemischen Elementen ist noch nicht einwandfrei festgestellt (22,3(i), die gefondenen Werte fiir Kohlenstoff schwanken zwischen 48 o//o und 60 Q/,,, fur Wasserstoff zwischen

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Page 1: Die Vererbung von Farbe und Zeichnung bei Nagetieren

Die Vererbung yon Farbe und Zeichnung bei Nagetieren.

Von

Curt KoBwir.

dus dem Tnstitut fur Vererbungsforschuug der Landwirtschaftlichen Hochschule I3erlin.

DiI: vier am llngsten und am hiiufigsten dornestizierten Nagetiere, Kaninchen ( L e p u s cunicr i lus) , Rleerschmeinchen (Cavia co bayaj, Rander- ratte ( M n s d e c u m a n u s ) und Hausrnaus (Mus m a s c u l u s ) gehiiren zii den genetiscli am besten rintersuchten Tieren. Trotzdem ist es fur den dcr speziellen Erbforschung an den Kagern Pernerstehenden schwer, sich von den1 erblichen Verhalten dieser Spezies ein klares Hild zu machen, da es an einer neueren deutschen hrbeit fehlt, die die Fulle des Materials sanimel t, die einzelnen Angalwn niiteinander vergleicht 11nd das Wesent- liche in eine iibersichtliche Form bringt. Dieser G-esichtspunkt bestimnite Herrn Prof. Dr. K r o n a c h e r , das Erscheinen eines Saninielreferats in seiner Zeitsclirift zu wiinschen, dessen Abfassung durch Vermittlung von Fraulein Dr. P a u l a H e r t w i g mir ubertragen wurdo. Es ist mir eine q p e h n i e Pflicht, Friiulein Dr. H e r t wig hierfiir sowie fur ihren freund- lichen Rat und die niir zur Verfiigung gestellten ‘Tabellen bestens zii clanli(1n. Ebcnso schuldo ich IIerrn Prof. Dr. H. Nacl i t she im fur seine liebenswiirdige Hilfe groflen Dank.

Vor der Schilderung der einzelnen fiir die verschiedonen Farhtypen \(!rantwortlichen E’aktoren sei eiuiges iiber die chemischen Grnndlagen tier bei den Nagern und wahrscheinlich allen Siiugetieren vorkommenden Pignien te v orausgeschick t.

I m einzelnun sind die chemischen Vorgiinge, die zur Pigmentbildung fiihren, noch wenig gekliirt. Man kann jedenfalls zwei Parbkoniponenten unterschciden, eine dunkle, branne bis schwarze, uiid eine gelbe bis rote. I>er tlunkle Farbstoff wird als Melanin bezeichnet und findct sich in ver- schiedener Quantitiit und Anordnung bei brannen, blauen und schwareen Farb- rassen. Die Rlelanine sind schwarze, amorphe, sticltstoffhaltige Pigniente von schwerer Loslichkeit, sie wertlen z. B. von kochender lionzentrierter Sdzsliure nicht angegriffen und kiinnen auf diese Weise von den anderen chemischen Bestandteilen des Felles getrennt nerden. Die prozentuale Zusammensetzung des Melanins aus den einzelnen chemischen Elementen ist noch nicht einwandfrei festgestellt (22,3(i), die gefondenen Werte fiir Kohlenstoff schwanken zwischen 48 o//o u n d 60 Q/,,, fur Wasserstoff zwischen

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101 K o 11 wig :

3 O,',) und 8" o 7 fiir Stickstoff zwischen SO:', und 14()/,. Die pollen Unter- schiede in den Befunden diirften nach v. F i i r t h auf ungenugende Reinigung des ans dem Gewebe estrahierten Nelaoins zririickzufiihren sein. In einer Anzahl von Uelaninanalysen wurden neben den drei gcnannten Elementen auch Schwefel und Eisen gefunden. Im Melanin menschlicher Tumoren fanden B e r d e z u n d N e n c k i (2) 10-11,50/0 Schwefel. Dagegen erwiesen sich andere Melanine als schwefelfrei (49). Ebenso gehen die Angaben iiber Eisen in] Melanin weit auseinander (31). Das Eisen ist dadurch oon priiRerer Wichtigkeit, weil man von seiner Anwesenheit in] Melanin auf die Entstehung des Pigments aus den eisenhaltigen roten Blutkiirperchen glartbte sclilieBen zu kiinnen. Da sich jedoch eine dnzahl Melanine als eisenfrei erwies, kann hcute die Annahme einer Herltunft der Melanine aus Umwancllungsprodukten der Erpthrocyten nicht mehr aufrecht erhalten werden. Dagegen hat sich die von r. F u r t l i aufgestellte Theorie der Nelaninbildung (2) durch eine ganze Reihe von Beweismitteln als richtig erwiesen. Kach ihr sind es Abbauprodukte des tierischen EiweiRes und zwm Aniinosauren, die sich ron zgklischen chemischen Verbindungen ab- leiten, welche durch ein osydati ves Ferment in sauerstoffreichere Korper. Melanine, iibergr>fuhrt werden. Wie wir uns die Entstehnng der Abbau- produkte aus dem EiweiBmolekiil irn einzelnen vorzustellen haben, ist nicht kliLr, jedoch kann man hierbei an die Mitwirkung eines autolytischcn Per- meiits denken. Als dernrtige chromogene Komplese kommen eine ganze Keihe von chemischen Korpcrn in Betracht: Tyrosin (22). Diosyphenylalanin (9.4)- Adrendin, Osyphenylathylaniin (33), Tryptophan (36). Ob sie jedoch alle in der Haut der Sllugetiere tatsachlich vorhanden sind, ist noch nicht sicher. Als eins der wichtigsten Chromogene ist jedenfalls das Tyrosin zu be- trachten (5). y. F i i r t h konnte nachweisen, daR die Schwarzflrbung des Insektenblutes durch die Wirkung einer Oxydase auf ein Chromogen zu- stande kommt; er konnte die Osydase aus dem Blut von Schmetterlings- pltppen isolieren. Einc Tyrosinhung nahm auf Zusatz des Fermentes, also der Tprosjnase, allmlhlich eine tiefschwarze Farbe an, schliefllich schieden sich dunkle Flocken ab, deren chemisches Verhalten grol3e Ahn- lichkeit niit echten Melaninen zeigte. I'rzi b ram untersiichte dann a d V. P i i r t h s i-eranlassung die Tintendruse yon Sepien iind konnte auch in ihr Tyrosinase nachweisen. Ebenso wurde sie in der dunkelpigmentierten Haut vieler anderer Tiere gefnnden. In der Haut dunkler Sager wurde die Anwesenheit von Tyrosinase von I l u r h a m (17) und O n s l o w (:(1) gezeigt. Wenu der Extrakt a m dem Gewebe niit einer Wasserstoffsupcr- oxyd enthaltenden TyrosinlGsung rersetzt wurde, entstand ein schwarzcr Kederschlag yon melaninartigem chemischen Verlialten. All das spricht fiir die Richtjgkeit der Fiirthschen Theorie der fermentatiren RIelaniu- hildung ails zylilischen Ahbauproduktcn des EiweiBes. D ~ s Auftreten ~ 0 1 1 Eisen in den Nelaninanalysen kiinnte dann so erkliirt werden. daR das h e n bei den Osydationsproxessen als Katalgsator niitwirlrte ( 44).

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1)ie Vererliung von Farbe und Zeichnung bei Nagetieren. 103

Soniit haben wir ein Chromogen iind eine Osydase als die beiden Falitoren kennen gelernt. die i m Ziisarumenwirkcn das M e l a n i n hervor- bringen. Weniger gut sind wir iiber die chemische Orundlagc der gel 'nen Farhe orientiert. 0 11s 1 o \v (34) hat eine Osydase im gelbeit Kaninchenfell nicht nachweisen kiinnen. Das gelbe Pigment kann diffus otler, wie das Nel;inin, in Kornchenform vorkommen. E:s ist in verdiinnten Siiurcn rind Alkalien leicht Ioslich. v. P'iirth vertritt die Ansiclit, daD es sich bei dem roteii Farbstoff um eine Vorstufe des Melanins oder uni eiue aiif ein Kebenglcis geratenc Melaninbildung liandeln kilnn, d i i es niiiglich ist, einr violettfiirbende Tyrosinase durch vorsichtiges Erwiirnien in eine rot fiirbende zu verwandeln. W r i F Ii t (45) niucht den theoretischen V m u c h , diirch Wirkung zweier Permente auf dasselbe Chromogen die gelbe hezw. dunkle Fatbe zu erliliiren, indeni er anninimt. dafl das sohwiichcre Enzyni die gelbe und ini %usarnmeuwirken mit einem stiirkeren die dunkle Ktirper- farbe liervorruft.

Ecbrn schnwzen und gelben Typen stehen endlich ni)ch ganz oder teilwisc f 'arblose I u d i v i d uen. Es wiire ani einfnchsten, nnznnelimen, dall eine der beiden fiir die Pignientbildung verantwortliclien Kutnponentt:n h e n felilt. Cliromogen konntc mehrfuch in der :Hatit totaler wie par- tiellcr Albinos ii:ichgewiesen werden ( 5 , 23, 37). Tyrosinaso dagegen hat bislier ini unpignientierten Fcll nicht gefuniden wertlen kiinnen. Lau r<i K a ufni an (?!I) kommt durcli ihre Versuche an1 ttussenkaninchen denn auch zu tleni SchluD, d a 0 sie liier fehlt und glaubt, tlaR mit einer i n d e - rung in tler Wasserstoffionenkonzentration die iiusbiltlung bezw. Kictit- ausbiltlung des l'ignients erkliirt werden kann. Wenu man jcdocti bedeukt. d d \ alle ()sytlascn mit Hydrosylionen (OH') zusatnnienwirken untl diirch

erstof'fionen (H.) gehemtnt werden (441, w i d es theoretisch denkbar sein, daW die Tyrosinase lediglich irgendwie inaktiviert ist. Totdcr Albinismus ist gegeniiber Fiirbitng i n seinein crblichen Verhaltcn rezessiv. Auch kennen wir bei den Nagcrn rezessive SclieckunK. Bei bciden Farh- typon ist der Xacliweis von Tyrosinase in dor ungefiirbten IIaut. nocli tiidit gelringen. IJnti~rsnchunjien iin Institut fiir Vererbui~gsforsct~~tn~ an dcr I;atid~~irtsclinftliclien Hoctischulc 13erlin zur Kliirung iler I h g e sinil ini Gaiige. Es gibt aber auch eirie Scheckun;r, dic gcgcniiber (ianzfalbigkeit doniinant i d . Hicrher gciliiiren z. B. die ,.englisch jiesclieckteti" Ilaninclien. Sei tlcn tloniinanten Scliecken miissen wir annehmen, daQ die Oxydasc duixti cin inl~ibitorisclies Agens an der Yarbstoffbildung gehindert wird (:'d).

Zur Erleicliterung tles 1.jberblicks bei der folgenden I3esprecliung tier cinzelncn bei Sagern gefundenen Faktoren sollen jetzt znniiclist tlic wiclitigsten Farbtypen 1iul.z aufgeziihlt werden. Die \Z'ildfornien unserer vier Nagetierc zcigen i n ilirer Haarfiirbung eine st.arko i4linliclikeit. Iler Iliickcn ist gclblicti-grauhraiin, die Bauchseite einfarbig gniu bis neiU. Betr actitet nian die Riickenhaare genauer, so sietit n i a n , diiB sie nicht gleicliniliflig gefiirbt siritl, rondei~i dan eine breite gelhe Hinde i n dem sonst

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104 Koflwig:

dunklen Haar auftritt. Die Spitzen der kriiftigen Grannenhaare sind ober- halb der Binde intensiv schwarz. Der Gesamteindruck dieser Zeichnung ist dadurch erdfarben, und fur die von vielen Feinden verfolgten Tiere ist sie daher eine ausgezeichnete Schutzfarbung. Durch die grundlegenden Arbeiten von C a s t l e (6,7), D u r h a m (18), C u b n o t (13), B a u r (l), H a g e - d o o r n (24, 25) wissen wir, da13 fur das Zustandekommen der Wildfarbe eine oder

A

u

c D

0

gauze Anzahl von Erbeinheiten, oder wie mir auch sagen, von Genen Faktoren notwendig ist. Die wichtigsten Faktoren sind : ein Faktor, der fur die Ausbildung jeglichen Pigments unerlaBlich ist ; nn-Tiere sind Albinos. der Faktor fur die Ausbildung des groBten Teiles des dunklen Pigments; bb-Tiere sind gelb. B bewirkt allein aber nur eine graue, ins Braunliche oder Blaue spielende Farbe. macht die durch B hervorgerufene Fiirbung schieferblau. ist ein weiterer Verdunkelungsfaktor, der die durch H und C be- dingte blaue Farbe in tiefschwarz verwandelt. Wird mit diesen 4 Faktoren noch der Faktor kombiniert, so wird die schwarze Korperfarbe in die Wildfarbe, wie sie oben besclirieben wurde, umgewandelt. Wir schreiben demnach als vollstdndige Erbtormel fLir das wild-

farbige Sagetier: A I3 CD GI) Mit dieser vorlaufipen Ubersicht iiber die Faktoren wollen wir uns

an dieser Stelle begniigen. Alle fuut Faktoren mendeln unabhiingig von einander, die Rreuzung

zweier Individaen, die sich in einem Faktor unterscheiden, ergibt in der F2-Generation also eine monohybride Spaltung usw.

%a der Benutzung der Buchstabensymbole fur die einzelnen Fak- toren sei noch benierkt, da13 ich unter Ablehnung der mneniotechnischen Methode die von B a u r (1) und P n p (38) benutzten iibernommen habe, da sie in Deutschland als die gebriiuchliclisten anzusehen sind, und es unvorteilhatt erscheint, von der einmal iiblichen Xethodik abzuweichen, ehe nicht die miinschenswerte internationale Verstandigung iiber die Paktorenbezeichnung znstande gekommen ist.

U ber den Ursprung der verschiedenen doniestixierten Farbrassen kann Genaueres nicht angegeben werden. Mitteilnngen uber das Auf- treten roil Mutationen, wic wir sie in der Drosophilaliteratur zahlreich finden, sind nicht bekannt (vgl. S. 125). Wahrscheinlich handelt es sich aber uni Mutationen und nicht, wie H a g e d o o r n (26) annimmt, uni

l ) Es 1st auf die doppelte Anfuhrung jedes Faktors, die bei der Uiploidie jeder somatischen Zeile eigentlich richtig ist, des besseren I'.berbliclis wegen verzichtet, WO

es nicht aus besonderen Griinden niitig ist.

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Die Vererbung von Farbe und Zeichnung Iiei Nagetieren. 105

Faktoren, die durch Kreiizung verscliiedener Spezies in Erscheinung ge- treten sincl. Gelegentlich kommen auch in der Natur gelbe, blaue untl schwarze Individuen, beispielsweise beim Kaninchen vor. Ob es sicli hier urn Mutationen liandelt, oder urn Faktoren, die diirch verwilderts Hauskaninchen iibertragen wurden, ist nngewiI3.

Die Tabelle 1 gibt eine Zusammenstellung der bei den vier Nage- tierspezies aufgetretenen Farhrassen. Da sicli bei den betreffendcn Arten eine ganze Reihe von Faktoren finden, die sich nicht nur morphologisch, sondern auch in ihrem erblichcn Verhalten weitgehend decken, sind ihnen in der Tabelle die gleichen Buchstabensymbole gegeben worden, und es sol1 der Versuch gemacht werden, sie miteinander zii honiologisieren.

T a b e l l e 1. U b e r s i o h t i iber d i e be] K a n i n c h e n , N e e r s c h w e i n , R a t t c u n d M a u s v o r k o m n i e n d e n F a r b - u n d H a a r f a k t o r e n . (Nach 1’. Hertwig . )

Faktoren fur

Ausbildong drs I’ignients

Verteiluiig ales Pigments

~ .~

WeiBe hreale odereinzelne weill

h a r e in1 Fell

IIaarlange untl ITaar f o r m

lymbol do-

ninant

- L , -.4(;

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C D €1

E

I:

;,-G,

V

i<OS

u

Dominanter PIiLnoty pus

Alleloniorphen- seiie 1.

Allelonior~rhen - wrie 11. schn arz

dunkelfarbig norinale Farbe

dunhles Fell dunkle \ugen

.\ llelotnorphen- seiic 111.

gescheckt gauzfarbig gesilbert

ungesilbert

kurzhaarig Haare i n Iiosetten

angeordnet Icicht

rosettenartig

~ ~ ~~~~ .~

v

1’0s

111

.\lbino

gelb

brauo verdiinnt (I)lauj

inatt gc!flrbt I)lalJ gefarbt YOSH Augen gc4bes Fell rot(: Lugen

liiicken und Bauch gleich- inaBig gefirbt

ganzfarbig geachrckt

ungesil bert gesil belt

langliaarig

glat tha:trig

-~ ~.

~~~ ~~~

~~ ~ .. .-

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Ich gelie nunmehr zur eingehenden Besprechung der einzelnen Palitorenpaare, b e m . Faktorenreilien iiber.

I. Serie m u l t i p l e r Alleloxnorphexi.

Faktoren: A , ; . A, . A,, A,, A ! , A , , n ( A l b i n o s e r i e ) . Die Wildformen tinserer vier Kagetierspezies besitzen siimtlich den

Faktor A , ( a d Seite 104 als A bezeichnet), d. 11. sie lionnen bei Tor- ,handensein der iibrigen, den wilden Rassen znkonimenden Parhfaktoren sowohl das dnnlrle Pigment (Melanin), wie auch den gelben Farbstoff am- bilden. Das rezessive, zuerst bekannt gewordene Allelomorph zu A, ist a. Siimtliche an-Tiere haben die Fahigkeit jeglicher Pignientbildung verloren, sie hnben ejn weil3es Fell und rote Augen und werden als A l b i n o s hezeichnet. In1 Laufe der Zeit wurden eine Reihe Rassen bekannt, deren Fell und Augenfarbe ,,anEgehellt'. erscliien. Die Aufhellung besteht in einer Verniindernng des schwarzen und des gelben Farbstoffea, uncl zwar g i l t e s als e i n a l l g e m e i n e s K e n n z e i c h e n d i e s e r a n f g e h e l l t e n F a r b r a s s e n , dafi d a s g e l be P i g m e n t s c h n e l l e r u n d v o l l s t i i n d i g r e d u z i e r t w i r d , w a h r e n d d a s s c h w a r z e n o c h s o i n t e n s i v v o r - l i a n d e n i s t , da13 d e r G e s a m t e i n d r u c k e t w a s e p i a f a r b i g ist. Im Rastardierungsexperinient zeigten alle Individuen dieser Farbtypen eine einfache nionoliybride Spaltung sowohl niit A , A,-Tieren \vie mit Albinos, wobei A , sich stets als ganz oder fast viillig dominantes, n stets als rezes- sives Allelomorph zeigte. ' Wurdon zwei Typen der neu bekannt ge- wordenen Farbrassen untereinander gekreuzt, so ergab sic11 auch hier die monohybride Spaltung - Homozygotie des Ausjiangsniaterials immer vor- aasgesetzt - mit Doniinanz eines der Alleloniorphen. Diese Farbrassen waren also als jSwiscbengliedcr z w w h e n Ganzfarbung nnd totalem Albinis- nius anzusehen und erhielten je nach ihreni rezessiven Verhalten zu A, und iintereinander die Faktorenbezeichnung As his A , .

Wiihrentl wir bisher nur von Fnktorenpaaren gesprochen haben, in denen sich die einzelnen Farbrassen voneinander nnterscheiden, lernen mir h e r Reihen von Erheinheiten kennen. nus dencn aber ininier nur zwei in eineni Individuuni kombiniert sein kiinnen. Es gibt kein Kaninchen, dns die Faktorcii A, ; , A , nnd A , gleichzeitig in sich vereinigt, sondern nu r solche niit A,A,;. A, A , . A , ; A , . A , A , , A , A, oder A , A , . Wenn wir der Ansiclit von dcr Lokalisation der (Gene i n den Chroniosomen folgen, heifit dns: Es handelt sich bei A,;. A , und A , uiclit uni verschiedene Faktoren. sie liegcn also auch nicht an verscliiedenen Stellm in] Chromosoni, sonderu sie sind nrir r e r s c h i e d e n a r t i g c Zus t i i nde d e s s e l b c n Gens, sie liegen nlso an d e r s e l b e n Stelle in] Ctiromosom. Solche Keihen von F;tktoren lielinen wir ninltiple Al'lelomorphen. I ) Ich bin mir bewufit, dan die \\'ah1

I) I : a u r uild l 'ap sprechen iiicht yoti multililvm h l l e l o ~ l l o ~ ~ ~ l l i s n ~ u s sonderri VOD ~ ~~~ ~.

absoluter Koppelung.

Page 7: Die Vererbung von Farbe und Zeichnung bei Nagetieren

Die Vererhung yon Farhe und Zeiclinurig hei Nagyetieren. 107

der 13nchstabenspmbole niit einer %ah1 als Suffix alc; unvorteilhaft an- gesehen werden kann. Wenn eine bisher nnbekannte Aiifl~ellungsrasse bekannt wird, niiissen jedesmal Tcile dcr Sonienklatiir geiindert werden. Jedoch gilt hier dasselbr, was iiber die Faktorenbezeiclinnng in1 allgemeinen gesagt wurdr. Ehc nicht cine internationale Verstiindigung tler Oenetiker iiber tliese E'rage herheigefiihrt ist, kann durch Xnderungen der hisherigen Rezriclinungsweisen die Verwirrung nur gesteigert wetden.

T a b e l l e 2. T o r k o n i n i e n (-+-I r o n F a k t o r e n d e r A l b i n o s e r i e .

(Nach P. Hcr twig . )

Katte

Nnus

Tabelle 2 zeigt die Faktoren der ,,,4lbinoscrie" in ilirem \'orkorniiien bei den vier Xagetierspezies.

D i e A 1 b i n o s e r i e d e s I< a n i n c h ens . Alle Individuen, die einnial dcn Fakt,or A,; hcsitzen. sind voll gefiirbt.

l'iere, dele11 sonstige erbliche Konstitntinn gelb ist, sind also gelb, scliirarze sind schwarz u n d wildfarbige weisen tlic! charakteristische Abwechslung v n n schwrzeni rind grlhem Pigment auf der Riickenseite atif. w-iihrend die Bnuchhnarc in ihrem oberen l'eil weiB sind. Die iZng~n sind ditnkcl. Im Gegensatz zu ihnen sind die na-Tndividuen rosaiiugig mit rein weineni Fell. l'rotzdctn boi den Albinos die Farhentwicklnng gehcmnit ist, rer- when sie tlic tibrigen Faktoren weiter, was bei Kreuzungen mit gefiirhten Rassen inirner wieder zii ersehen ist.

Der Faktor A3 charnkterisicrt die in Ziichterkreisen als ,,ChinchillaLh bezeichnete Rassc. Diesct Tiere iihneln auf den erstcn Hlick den ge- wiihnlicheii wildfarbigen Tiercn. sic hesitzcri auch dic typisclirl Anordnnng des schwarztw Pigments in Itingelii, die dnzwischcn licgenden, beim wild- farbigen Kaninchen gelhen Partien sind jedoch weiR (silver agonti). Such die Rugenfarbe zoigt nicht mehr die starke 1'jgrnenta.tion dcr &'L'icre. menn sie rincti nicht in rleni Xifk. wie beini Faktor A, tle!: Rleerschweinchens

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108 KoO wig:

oder der Ratte als rubinfarbig bezeichnet werden kann. - Zur Erleichterung des Uberblicks sei hier eingeschoben, daB wir den Faktor 8 als Symbol fiir die Ausbildung des dunklen (schwarzen), b des gelben Pigments be- nutzen und der Kiirze halber C und D bezw. c iind d fortlassen, G fur Wildfarbigkeit, g fur deren Fehlen; somit kommt den Chinchillakaninchen der Zuchter die Formel A , B G zu. Ein Chinchillakaninchen der Formel A , 6 g oder A, b G, also ein genetisch gelbes, mu13 phiinotypisch von einem Albino nicht zu unterscheiden sein, denn ihm fehlt 1. der Faktor fiir dunkles Pigment und 2. infolge Anwesenheit von A, auch die Fiihigkeit, das gelbe Pigment zu entwickeln. C a s t l e (10) gibt an, daB ,,gelbe" Chinchillas sich durch graue Augen, die nur bei ge- eigneter Beleuchtung rot erscheinen, von den echten Albinos unter- scheiden. A:, Bg-Tiere habe ich noch nicht gesehen. Es ist anzunehnien, da13 sie gleichmaRig am ganzen Korper gefarbt sind und - wenn man an die entsprechende Meerschweinchenrasse denkt - nicht so intensiv schware sind. wie A, By-Individuen, sondern etwa dunkelgraubraun. C a s t l e (10) berichtet, daB sich in jungen Chinchillas manchmal noch Spureri gelben Pigments nachweisen lassen, die aber bei spateren Haarungen vollig rer- loren gehen. 1)

Der Paktor A, kommt dem Russenkaninchen unserer Ziichter - auch Himalaya-Kaninchen genannt - zu. Die Russen sind nicht mehr am ganzen Kiirper pigmentiert, sondern nur an deu ,,Akra", an Nase, Ohren, Schwanz und Pfoten. Das iibrige Fell ist rein wei13, die Augen sind rosa. S c h u l t z (42) hat gezeigt, daB es jedocli moglich ist, an jeder beliebigen Korperstelle das schwarze Pigment zu erzeugen, wenn man die Haare mechanisch entfernt und das Tier einer kalten Temperatur aus- setzt. Wenn B a u r (1) schreibt, man konne Russen in allen Farbkombi- nationen zuchten, so ist das nur so weit berechtigt, als es sich um Indi- viduen niit dem Faktor fur dunkles Pigment ( B in Kombination mit C, c, B. d ) handelt, denn g e l b e s P i g m e n t bildet das Rusnenkaninchen gleichfalls nicht mehr Bus. Rasiert man ein A, B O-lndividuum, d. h. einen (schwarz)- wildfarbigen Russen, dessen Wildfarbigkeit an der weiBen Unterseite des Schwanzchens und an der ringeltormigen Anordnung des schwarzen Pigmentes an den Korperspitzen zu erkennen ist, auf dem Biicken und setzt das Tier der Kalte aus, so wachsen die Haare hier nach dem Wildfarbigkeitstypus nach, die eigentlich gelben Zonen bleiben auch hier, wie schon beim Chinchilla wei13. Neugeborene Russenkaninchen sind rein weiB, erst nach etwa zwe6 Wochen beginnen sich die Korper- spitzen dunkler zu fiirben. Jungtiere, die im Kest zu kalt liegen, ent- wickeln auch pignientierte Haare an den gewviihnlich weiuen Arealen des Fells.

I) Mit Chinchillakaninchen sind irn Institut fiir Ve~erbungsforschuug ausgedehnte Versuche irn Gdnge.

Page 9: Die Vererbung von Farbe und Zeichnung bei Nagetieren

Die Vererhuug von Farlw und Zeichnung bei &-agetieren. 109

Rucken: Zwisclien den1

ringelformig an- geordneten

schwarzen Pig-l nient ein gelhesl

];and. Bauch: weil3.

Tabel le 3. K o m b i n a t i o n d e r P a k t o r e n d e r A l b i n o s e r i e d c s K a n i n c h e n s niit d e n F a k t o r e n fiir d u n k l e s (R) u n d g e l b e s (b) F e l l , s o w i e d i e s e niit

(G) u n d o h n e ( g ) W i l d f a r b i g k e i t s f a k t o r .

gleichmaflig schwarz

a a

ment ringel- fijrmig angeord- net. Gelb fehlt

Fell far be bei Anwesenheit von

braunlich- grau (?)

1: (schwarz)

mit Vildfarbigkeits-

faktor G

ohne Wildfarbig- keitsfaktor g

ganz. 1:auch: meiI3.

Pigment an Nasr., Ohren,

Pfoten,

______

Nase, Ohren, Schwanzober- 1 I'foten und seite ringel- I Schwanz forrnig ange- sind schwarz, ordnet. Gelb I sonst weil fehlt; sonst 1

weif3.

weiB ~ weil

b (gelb) ___ ___ mit obne

riildfarbig- Wildfarbi itsfaktor G 1 keitsfakto

I ,

dunkel-

dunkel whildpai

Baucli:

wei5

_-____

weiB

waiB

weil3

weil I weiD

dunkel ~ dunkel

dunkel- , grau, rot rubin- i schim- farbig mernd I )

rosa 1 rosa

Auf der Tabelle 3 sind die rerschiedenen miiglichen Kombinationen der Faktoren der Albinoserien des Kaninchens rnit den1 Faktor fur schwarzes (El), fur gelbes (b) Pigment und mit (0) oder ohne (,Q) Wildfarbigkeits- faktor zusamniengestellt.

D i e A 1 b i n o s e r i e d e s M e e r s c h w e i n c h e n s. A,B- Individuen sti mmen im wesentlichen mit den genetisch gleich-

artigen Kaninchen uberein; bei Anwesenheit von CJ sind sie wildfarbig

i , nach Castle.

Page 10: Die Vererbung von Farbe und Zeichnung bei Nagetieren

110 li o Q wig:

mit hellem Bauch (siehe spater unter G ) , A , Bg-Tiere sind gleichmiiBig schwarz.

Eine nur beirn Meerschweinchen bekannte Besonderheit zeigen die A, 6-Tiere. Nach dem, was uber Individuen dieser genetischen Konstitution beim Kaninchen gesagt wurde, rniihten sie gelb sein. Tatsiichlich ist aber beim Meerschweinchen durch A , das gelbe Pigment auch so konzentriert vorhanden, daB der Gesamteindruck rot ist.

Der erst kurzlich bekannt gewordene Faktor A, (48) ist durch eine ganz. geringe Verminderuug des schwarzen und eine starkere des roten Pigmentes gekennzeichnet (dark dilution nach W r i g h t ) .

T a b e l l e 4. K o m b i n a t i o n d e r F a k t o r e n d e r A l b i n o s e r i e u n t e r e i n a n d e r u n d m i t d e n F a k t o r e n f u r d u n k l e s (B) u n d g e l b e s (b) P i g m e n t be im

Meerscl i w e i n c hen. (Nach Wright, gelndert.) -

~~

Far bung des Felles bei Anwesenheit von

B (schwarzes Fell) I b (gelbes Fell)

schwarz :jc hw arz sc hwarz schmarz schwarz

tief dunkelsepia dunkelsepia

dunkelsepia dunkelsepia duukelsepia ’

I

tief dunkelsepia I

hellsepia dun kelsepia

hellsepia , Nur an Nase, Ohren ~

und Pfoten schwarz- \ 1 lich, sonst weil \ ,

rot rot rot rot rot

duokelgelb gelb

c r h e creme gelb

crGme creme weiQ meiW

weil3

~~~ -

Bugenfarbe bei Anwesenheit von

I: I b

schwarz schwarz schwarz schwarz sch w arz schwarz schwarz schwarz schwarz schwarz schwarz schwarz

rot ’ i I

rot ’

schwarz schwarz schwarz schwarz schwarz schwarz schwarz schwarz schwarz schwarz schwarz schwarz

rot rot

rosa I rosa

Die dufhellung ist deutlicher beim Faktor A,. A , Bg-Tiere er- scheinen sepiafarbig, A , 6 g- Individuen sind gelb. A, B Q-Meerschweine haben in dem sepiafarbenen E’ell eine gelbe Binde und sind hellbiiuchig.

Bei Anwesenheit eines der Faktoren A,, A , oder A , sind die Augen stets dunkel. Mit dem Faktor A, andert sich das, die Augen werden rubinfarbig. Gleichzeitig hort die Bildung des gelben Pigmentes ganz

Page 11: Die Vererbung von Farbe und Zeichnung bei Nagetieren

Diti Vererbung voti ll’arhc urid Zeichnuiig hei Sagclieren. 111’

auf. (Sach W r i g h t tritt tlas tliinkle Pigment jedoch intensiver hervor als- bei ,4,i-Tieren.) Ilie l’ypen tier ,,red eyed diluteLc entsprechon in1 wesentlichen denen der Chinchillakaninchen. Die Tabelle 4 zeigt die miiglichen Konibi- nationcn iibersichtlicher, d s eine Beschreibung sie zu geben vermag.

Der Faktor A, hat eine tlem Russenfaktor der Iianinchen sehr iilin- liche Wirkung, menii aricli die Kiirperspitzen bei Anwesenheit von 13 nie SO inteusiv geschwiirzt erscheincn. wie bei letzterem. S o h u l tz (42) gelang es auch bei Russennieerschweincllen durch Rasur des weiSeri Fells unter Kiiltewirkung schwarze Haare sich entwickeln zu lassen.

Hot- bis rosaiiugige Meerschweinchen niit rein weillen] Fell sieht man hilufig, es hantielt sich bei ihnen aber nienials uni Albinos in1 Sinne der weifien, rosaiiugigen an - Kaninchen, -Itatten und -Miluse, sondern ent- weder uni weiSe Tiere von den RUS Tabelle 4 ersichtlichen genetischen Kon- stitutiouen oder um Jlitwirkung des spilter zu besprechenden Paktors e (siehe S. ll!]). aa-Meerschweine g i b t es a l so n i c h t , das rezessivste Allelo- morph der Albinoserie fehlt den) Jleerschwein, wenigstens ist es bisher nicht bekannt geworden.

Die A l b i u o s e r i c d e r Kat te . I3ei der Ratte sind nur die Faktoren A,, A, und a bekannt, die

sich homolog denen der K;ininchen BuBern. Da auBerdem bb-Tiere noch nicht nufgetreten sind, so gibt es nur schwarziugige (sc1iwarz)- wildfarbige (.A,; a), schwarze ( A , , y), sepiawildfarbige und sepiafarbige mit rubinroten Augen (/I:{ Q, A:; y), rind die entsprechenden albinotischen rosailugigen Rasseri (an), die C bemv. 9 latent vererben.

D i e A l b i n o s e r i e d e r I Iausmaus . Die gewiihulichen Farbrassen besitzen den Faktor A,;. Wiihrerid

m-Miiuse schon sehr lnnge bekannt sind, berichtete D e t l e f s e n (14, 151, vor kiirzem uber eine schwachgefiirbte, rosaaugige Rasse, die in die Albino- serie gehort und der in der Tabelle 2 der Faktor A:! gegehen wurde. F e l d n i a n n (19) hat auBerdern eine Maus gefunden, die etwas dunkler als die von D e t l e f s e n beschriebene war und gleichfalls in die A-Serie gehiirt, die jedoch in der Tabelle nicht niitaufgefiihrt worden ist.

11. Serie niultipler Allelomorphen. Faktoren: I ] , , 4. Ill, b. Den Wildformen unserer vier Sager konimt allgemein der Faktor

I?, zu (der von uns bisher als 11 bezeichnete Paktor), d. 11. sie sind sanit- lich fiihig, dunkles Pigment am ganzen Xorper ausxubilden, das durch (3 in dem Wildfarbigkeitstypus angeordnet wird. Da der Faktor G die durch U, at1 sich bedingte dunkle Korperfarhe in Wildfarbe umwandcln kann, nennen mir €I2 den Faktor, der G! gegeniiber hypostatisches Schwarz bedingt. In der

(11-Serie.)

Page 12: Die Vererbung von Farbe und Zeichnung bei Nagetieren

112 KoPwig :

Tabel le 5. Vorkommen d e r Fak to ren d e r B-Serie .

(Nach P. Hertwig.)

Kaninchen . . Meerschwein . Batte . . . . Maus . . . .

schwarz, epistatisch

iiber Wildfarbigkeit

B,

schwarz, I schwarz hypostatisch 1 uud gelb

zu ' gefleckt Wildfarbigkeit (Japaner)

b

1 gelb

+ I + I + + - I + +

+ I + I + B-Ser i e des Kan inchens

treffen wir in €2, auf den gegenuber G epistatisches Schwarz bedingenden Faktor. Bei manchen Kaninchen kann es rorkommen, daB die Kreuzung zweier schwarzer Individuen wildfarbige Junge ergibt. Die Erklarung (liegt in der genotypischen Verschiedenheit zwcier phiinotypisch nicht .unterscheidbarer schwarzer Tiere. Ein Kaninchen kann also schwarz sein ,bei folgenden genetischen Konstitutionen:

4 4 9 B:i 9 . 1 G B3 B. g B, & g 4 B, 9 B, B, 9 B3 b 9 B. b g

Piir die Ausbildung des hypostatischen Schwarz geniigt einmal der Faktor B2. Zur Ausbildung des epistatischen Schwarz bei Gegenwart von 0 ist aber die Homozygotie des Faktors notwendig (B, B:,). Wahrend B. G- Kaninchen (schwarz-) wildfarbig sind, sind B, B, G- und B:, b G-Tiere nicht rein schwarz, sondern wildfarbig, allerdings vie1 d u n k l e r als die normal wildfarbig gefiirbten, von denen sie durch den dunk len Bauch, .an dem deutlich wi ldfarb ige Haarc zu erkennen sind, unterschieden ,werden konnen. Die Ziichter bezeichnen diese SchlLge als ,,eisengrau".

Als weiterer Faktor in der B-Serie ist auf Tabelle 5 Bl angepeben, .der Faktor fur die Japanerzeichnung. Als Japanerkaninchen bezeichnet man schwarz und gelb unregelmaBig am ganzen Korper gefleckte Tiere. Cas t le (9) vergleicht die Japaiierzeichnung mit einem Mosaik von epi- statisch schwarzen und von gelben Teilen im Fell, denn er hat festgestellt, daB 1. bei Anwesenheit von G die schwnrzen Areale im Fell des Japaners schwarz bleiben. Der Wildfarbigkeitstypus wird wie bei B3 in diesen Bezirken unterdruckt, wahrend in den gelben Partien sich die Wild- farbigkeit nachweisen li13t; 2. der Japanerfaktor ist dominant uber gelb (b). rezessiv zu B,. Zu demselben Ergebnis kommt P u n n e t t (41), auch er

Page 13: Die Vererbung von Farbe und Zeichnung bei Nagetieren

Die Vererbung von Fmbe und Zeichnung bei Sagetieren. 113

gibt an, daB G in den schwarzen Arealen des Japaners nur latent vererbt wird und fiihrt hierfur Beispiele an. Wiihrend Cas t le die U-Serie (bci ihm 15-Serie) nach dem Dominanzrerhalten der Faktoren untereinander zusanirnen- stellt: E,, (epiatatisches Schwarz), E (hypostatisches Schwarz), ej (Japaner), e (gelb), ordnet Pu n n e t t die Faktoren nach ihrem epistatischen bezw. hypo- statischen Verhalten gegeniiber G : D (epistatisches Gchwarz), d (Japaner), F: (hypostatisches Schwarz), e (gelb), wobei also E dom:inant iiher d ist. Eine der Kreuzungen im Institut fur Vererhungsforschung laWt sich vorliiufig mit diesen Resultaten nicht ganz in Einklang bringen. Es nwrde gekreuzt ein ,Japanerrammler mit einer El2 g-Hiisin. Es wurden sechs Junge ge- worfen, von denen eines ganz schwarz war, funf wildfarbig mit deutlichen Japanerabzeichen , z. B. gelben Pfoten, groBen schwiirzlichen oder eisen- graum Flecken am Rauch und dem im ubrigen (schwarz-) wildfarbigen Rucken. Der Vater besitzt also den G-Faktor latent hetcrozpgotisch; so weit liiflt sich das Ergebnis der Kreuzung rnit den Befunden der genannten Autoren rereinbaren, das Auftreten von deutlichen Spuren der Japanerzeiclinung ist aber etwas Eigenartiges, wofur augenblicklich eint! geeignete Erklirung noch fehlt. 1) bb-Tiere entwickeln kein dunkles Pigment, sondern sind gelb gefiirbt. B., ist viillig dominant iiber b. PI-l!iere atis der Kreuzung gelb (h) x Japaner (13,) zeigten bedeutend geringere schwarze Fleckung als reinrassige Japaner. Cast I e und Pun n e t t bezeichnen unsern Faktor B, als dominant black und nennen ]Iz recessive black. Ich schliel\e mich dieser Bezeichnung nicht an, denn der Ausdruck dominant bezw. rezzesiv hezieht sich ini ursprhnglichen Sinne auf das Verhalten der Faktoren eines Allelomorphenpaares oder einer Serie rnultipler Allelomorphe, wilirend Epistase und Hylwstase dns Verhalten von Faktoren verschiedener Paare oder Serien von Genen zueinander ausdriicken, woruni es sich ja in dem vorliegenden Pall handelt.

Anschliefiend sollen hier noch Faktoren des Kaninchens und Illeer- schweinchens genannt werden, die sich auf Anderungen im Verhalten cles gelben Pigments beziehen. Hierher gehijren : P a p s (33) hypothetische, gleichsinnig wirkende Palitoren y1 y2 . . des Hasenkaninchens. Diese Hime ist ebenso wie die Schwarzlohs dadurch ausgezeiohnet, daU bei ihr das gelbe Pigment durch ein riitliclies ersetzt wird. Die gewiihnlichen (schwuz-) wildfarbigen Ilassen sind 1;) I- . . . . . Reziprok wirkt ein von W r i g h t beim Meerschweinchen mit f bezeichneter Faktor, der das rote oder gelbe I’igni en t red uziert.

I> i e 11- S e r i e d e s 11 e e r s c h w e i n c h e n s.

B, ist beim Jleerschwein nicht bekannt. Die meisten Parbrnssen fiihren den Faktor Zlz und verhalten sich entsprechend den1 Kaninclien. 11, jst ein den1 Japanerfaktor der Kaninchen iihnliclier Faktor, fur den in

’) Wahrscheinlich ist B, unvollstandig doniinaut uber 13,. Zeitschvift fiir Tiorziichtuns und Zuc1itungssb;ologic. V, I . 8

Page 14: Die Vererbung von Farbe und Zeichnung bei Nagetieren

114 K '3 I3 m i g :

der amerikanischen Literatur die Bezeichnungen ,,tortoise shell" nnd ,,yellow brindled oder mottled with black" vorkommen. Da jedoch mit tortoise beim Kaninchen eine genetisch anders LU erklarende Porm bezeichnet wird, ersetzen wir ihn hier durch ,,Japanermeerschwein". B, -Tiere sind schwarz und rot (da A, beim Meerschwein gelb in rot verwandelt) un- regelmiil3ig gefleckt. Die schwarzen Areale im Fell des Japanermeer- schweines werden im Gegensatz zu denen des Japanerkaninchens durch G wildfarbig (9). Gelbe bezw. rote Meerschweinchen haben bb in der Erbformel.

D i e B - S e r i e d e r R a t t e . Bereits bei Besprechung des Albinoserie wurde bemerkt, daB wir

bei der Ratte nur den Faktor B2 kennen.

D i e 1 2 - S e r i e d e r M a u s . Wir wissen bisher bei der Maus niir von den Faktoren 12, und

vielleicht b, die in ihrer Kombination mit den anderen Farbfaktoren in Tabelle S zusammengestellt sind.

Die Faktoren C und 1).

Wie schon auf Seite 104 gesagt, bedingt der Faktor I& nicht allein die schwaree Kiirperfarbe. Erst unter Mitwirkung von C und D wird sie erreicht. Wir schreiben demnach von jetzt an als volle Formel fur das schwarze Nagetier A, B2 C D g , und fiir das (schwarz-) wildfarbige: A, I& C D G. Fehlt der Faktor D, so entsteht niemals schwarz, sondern (schiefer-) blau: B2 Cdg. Fehlt aiifierdern der Faktor C, so ist das Tier, mie oben bemerkt, grau, B2 c d g . Wenn der Faktor D bei Pehlen von C mit B2 kombiniert wird, so entstehen dunkelbraune Individuen, z. B. die Havannakaninchen der Ziichter: B, c Dg.

Beim Kaninchen und der Maus kommen die Faktoren C und D bezw. ihre rezessiven Allelomorphen c und d vor.

Beim Meerschweinchen kerint man d bisher nicht, blaue Meer- schweinchen gibt es also nicht. Rohl aber kann bei ihm C durch c er- setzt werden, wir bekommen scliokoladenbraune Tiere (12, cD).

Bei der Ratte sind c und cl noch nicht bekannt. Bei Anwesenheit von B2 sind C iind D vollig dominant uber c iind (3. Auch auf die anderen Faktoreo der B-Serie wirken C und D ein.

Werden sie mit b kombiniert, so sieht man, daB aiich sie z u r Bildung tles schwarzen Pigments beitragen und zwar C in starkereni MaBe als D. Beim Kaninchen mussen also bcd-Tiere ganz hellgelb gefiirbt sein. wurden bisher weder im Institut fur Vererbungsforschung gezuchtet, noch wird in der Literatiir ihrer Erwahnung getan. b c Dg-Kaninchen sind orangefarbig (39). Nur wenige, vereinzelte dunkle Haare sind vorhanden. 2, Cdg-Individuen erscheinen durch stiirkere Entwicklung schwarzer Haare demgegeniiber dunkler (gelb mit blauem Schimnicr, hellschildpattfarbig).

Sie '

Page 15: Die Vererbung von Farbe und Zeichnung bei Nagetieren

Die Vererbiulg \-on Far be nnd Zeiclinung bei N:igetieren. 115

1) C'Dg - Tiere endlich sind die tortoises oder sooty yellows der englischen nnd amerikanischen Literatim. Die deutschen Ziichter bezeichnen sie nls ,,Tliiiringer" oder madagaskarfarhig. Ihr gelbes Fell erscheint namentlich an den Estremitiiten, am Kopf und Bauch infolge starker Entwicklung sch~varzen Pigmentes \vie ruBig.

S c ti a1 tz niacht auf (irund dieser Fiirbung den Versuch, den Thiiringern (A,; h C U ) einen iihnlichen Paktor fiir Akromelanie zuznschreibcn, wie ihn die Russenkaniuchen ( A , Z?, C D) fiihren. Dieses Cnterfangen ist nur ails einer erbkundlich durch nichts zii hegriindenden falschen Analogisierung zu erltliiren. Wenn auch beim ,,Thuringcr" die ,,liiilteschw~rznng~' ein- tritt, so ist hierfiir gewin die Beeinflussung der durch C' und 1) ge- schaffenen cheniischen Situation durch die Kalte verantwortlich zu machen, wahrend beini Russen eine rein phanotypisch analoge Schwarzfiirbung durch A, bedingt wird.

H a g v d o o r n s tortoise-hfiiuse waren rielleicht auch f ) 6-Tiere. Auch die Intcnsitiit der Japanerzeichnung wird durch C und I1

Iiedingt. 11, c dg-Kaninchen wurden noch nicbt geziiohtot. I ] , c Dg macht (schokoladen-)branne Japaner nii t orangefarbigen Flecken, I], Cdg-Ticre sind blau und liellschildpattfarbigirbi~ gefleckt, B, CI)!I-Indivicduen endlich sind schwarz und dunkelschildpattfarbig gezeichnet.

Die eisengr;iue Farbe ( Z13 B, G) wriiert gleichfalls unter 1l;inwirkuug von C' und D. In bezug auf C homozygotische Knninchen sind die agouti- blacks von P u n n e t t (39), bei denen nur einzelne Haare. besonders in der Nackengegend , wildfarbig sind. Die eigentlich , ,Eisenpuen" haben die Forniel 113 B, Cc G, je nachdem die Tiere auBerdeni homo- oder hetero- zygotisch fiir D sind, ist die Fiirbung lieller oder dunkler. Wir stehen hier vor dem henierkenswerten Fall, daB bei Gegenwart von 13:, die Unter- scheidung von in C' odcr D Homo- und Heterozygoten niit den1 Auge rniy$ich ist, was bei den auderen Faktoren der Z3- Serie ausgeschlossen ersc hein t.

111. Serie iuultiplcr Alleloiua~phen. Faktoren G4, G,. 02, GI, g (Agoutiser ie) . AUS dieser Serie multipler Alleloniorphen fiihren unsere vier Sager

in der Wildform entweder a, oder G,, Falctoren, die wir hisher einfach niit (I' bezoichnet haben und die die Wildfiirbung hedingen. Der Agouti- faktor 1iiBt das eigent,lich schwarze Fell durch das Auftreten einer g-ell)en I3inde in den einzelnen Haaren graubraun erscheinen. I)er Kame ,,Agouti" starnrnt von dem siidamerikanischen Kager I) a s y p r o c t a a g o u t i , bei tleni tliese Zeichnung besonders ausgepriigt ist. Die Bauchseite der wild- farbigen Tiere ist einfarbig hellgrau (G,) oder mei13 ( U 3 ) . y konimt bei allen vier Speziesvor. D i e T i e r e s i n d s t e t s d a r a n z u e r k e n n e n , da13 s i e a u f R i i c k e n u n d B a u c h g l e i c h m i i 1 3 i g g e f i i r b t s i n d .

8*

Page 16: Die Vererbung von Farbe und Zeichnung bei Nagetieren

116 KoPwig :

Kaninchen. . . Meerschwein . . Iiatte . . . . Maus . . . .

____ - -~ - ~ , G:, , G, I G, g

I -t ~+ , -:

~~ , ~~~ ~ ~ ~~

G4 I

Tildfarbig ' wildfarbig am ganzen intensiv gelb mit weiPem ~ mit grauem ' lohfarbig Korper 1 gleich gefiirbt Bauch Bauch

I

I - 1 ~+ -1 -

+ -t -1. I i-

Page 17: Die Vererbung von Farbe und Zeichnung bei Nagetieren

Kombination r o n A,; rnit

T a b o l l e 7.

Z 11 sa m rn e n s t e 1 I ung d e r F e rs ch i ed e n e n B ezei c hn 11 ng en b ei K a n i n c h en r a ss e n. ~

3ezeichnung im Institut orTererbungsforsch~lng,

Berlin-Dahlein

...

noch nicht geziichtet orange

hellschildpattfarbig dunkelschildpattfarbig

braunlich-fahlblau braun blau

schwarz noch nicht geziichtet orange (wildfarbig) hellgelb (wildfarbig)

dunkelgelb (wildfarbig) noch nicht geziichtet

braunwildfarbig hlaumildfarbig

(schwarz-) wildfarbig noch nicht gezuchtet

orange (lohfarbig) hellgelb (lohfarbig)

dunkelgelb (lohfarbig) noch nicht gezuchtet

braunlohfarbig blaulohfarbig

schwarzlohfarbig

- -~ _ _ _ .~

I Entsprechend getarbte Geueunung bei P a p Benennung bei 1 Benennung bei C a s t l e Kdssen der deutschen

l ’ u n n e t t Zuchter

gelb

fahlbraun braun blau

schwarz

gel bwild

b r a u n d d

blauwild mildfarbig

blaulohfarbig schaarzlohf arbig

I

~

j 1 I

1

!

i

1

I

orange

tortoise

chocolate blue black

dilute cinnamon

yellow

cinnamon

agouti qol.ti.b!ue

~ yellow (brown eyed) pale sooty

sooty yellow, yellow (black eyed)

lilac brown blue black

~

cream yellow (white bellied)

cinnamon blue gray

bray

black aud tan

4 (D

(D

U

Tiiiringer oder mada- $ gasliarfarbig

Feh Havanna

Blau (Wiener) Alaska

mit Faktor P = Gelb- sil her

,, iiiesenfeh’; m. Faktor P-Braunsilber

Blauloh Scha rz loh

Page 18: Die Vererbung von Farbe und Zeichnung bei Nagetieren

118 KoBwig:

D i e A g o u t i - S e r i e d e r R a t t e . Bei der Ratte sind nur am ganzen Korper gleichm5Rig gefarbte (!I)

und wildfarbige Individuen niit graueni Bauch (G,) bekannt,.

D i e A g o u t i - S e r i e d e r M a u s . Keben glejchmiil3ig gefarbten (9) Mausen steht als gewohnlicher

Typus die wildfarbige Hausmaus mit grauem Bauch (G,). Haufig kann man jedoch auch im Preien wildfarbigen Mausen niit weiBeni Bauch be- gegnen. Letztere Form erweist sich als epistatisch uber G,. AuBer durch den weil3en Bauch konnen G,-Mause auch an dem gegeniiber G, stiirker hervortretenden gelben Pigment erkannt werden. G, gibt den Mausen ein intensiv gelbes Aussehen und erweist sich als epistatisch gegeniiber allen anderen Paktoren mit Ausnahme von a (und A , ? ) . Die durch G, hervorgerufene epistatisch gelbe Farbe ist dadurch von der rezessiv gelbcn (bb) bei jeder Bastardierung leicht zu unterscheiden. 1% ist jedoch noch niemals gelungen, einen reinen Stamm von dominant gellen Jlausen zu ziichten. Immer wieder ist ein Teil der Jungen ails jedem Wurf ein- farbig (gg) oder wildfarbig ( U , oder G3). Es mu0 daher angenonimcn werden, daB die Form G, G, nicht existenzfahig ist, sondern daB die Zygoten mit derartiger Kombination im intrauterinen Zustand zugrunde gehen. Die Zahl der Jungtiere in einem Wurf zwischen 2 G,-Individuen ist geringer als die in Kreuzungen von G,- Miinsen niit nicht-gelben oder von nicht-gelben untereinander. Bereits C u 6 n o t hat darauf hin- gewiesen, daB auch das Zahlenverhiiltnis zwischen gelben und nicht-gelben bei Kreuzung zweier G,-Tiere von den] eigentlich - bei vorausgeset.zter Heterozygotie in 0, - zu erwartenden (3 gelbe : 1 nicht-gelbes) abweicht und in 2 gelbe: 1 nicht-gelbem geandert jst, was durch den Ausfall der Homozygoten (a, G,&) zu erkliiren ist. G,& in doppelter Dosis wirkt dem- nach letal (28, 30). Erwachsene epistatisch gelbe MBuse leiden meist an Verfettung und werden zur Zncht oft untauglich. Bei dem starken Hervortreten'der gelben Farbe ist es schwer oder zum griiBten Teil gar nicht moglich, vom Phanotypus auf die genetische Konstitution in bezug auf die Paktoren B,, C, D iind H zu schlieBen. Erst geeignete Kreuzungen geben hieriiber AufschlnQ.

In ihrem genetischen Verhalten noch nicht voll geklart iind aus Versuchen im Institut fur Vererbungsforschung teilweise noch nicht be- kannt sind die sables Miiuse (Mi8 D u r h a m 18), die sogenannten black and tans und die reds ( D u n n 16). Bei den black und tans ist der Riicken schwarzlich und der Rauch gelblich. Die red-Miiuse sind orangerot. Die sables-Tiere sind gelb niit einem nur in der Jugend deutlich sichtbareni dunklen Streifen auf dem hinteren Teil des Ruckens. Diinn erklart die Fornien, die stets heterozygot auftreten, als Kombinationen von G, teils niit verschiedenen Farbtypen und linter Zuhilfenahnie eines besonderen Verdunkelnngsfaktors.

Page 19: Die Vererbung von Farbe und Zeichnung bei Nagetieren

Die Vererbung von Farbe und Zeiclinung bei Sagetieren. 1 l!)

1)er Faktor IT. hh iul3ert sich in einer Abschwachung der Fartie, die dadurch heller

oder fahler wird. Bei Miusen ist IL bei einer grol3en Anzahl voii Genotypeii gut zu erkennen. A, B2 C DII - Tiere sind sattschwarz, solche mit lih fahl- schwarz. Resonders hei Zutritt des Paktors Q, oder G, zu diesen Erbformeln tritt. er deutlicli hervor. lilt G-Individuen unterscheiden sich von NO-Miiusen durch ein Zuriicktreten des gelben I'igmentes (fade agouti H a g e d o o r n ) .

Beini Kaninchcn ist eiu ahnlicher Faktor anzunehmen, den man bri der Havannarasse (Zr, c U g ) nnd den ,,blauen Wienern" (U, C'tlg) erkennt. Narnentlich die letzteren komnien in eineni hellblauen und einem dunkel- blauen Schlage vor, ersteren bezeichnen wir niit h h, letzteren mit 1111 oder H h . 12 ist viillig dominant iiber h.

Der Faktor 3:. Wiihrend c, d und It doch nur verhiiltnismiil3ig gering die Fiirbung

gegetiiiber der Wildform beeinflussen, andert e den gesaniten Phanotypus sehr stark ab. Trotz Anwesenheit von A,, &, C, D und I1 sind alle cc - Tiere nur ganz blan gefiirbt und haben rosa bis rote Augen. Resonders das schwarze Pigment wird stark reduziert. Die Uuterscheidung der A,; JJ-Rassen der Maus, die auf Tabelle S zusammeugestellt sind, bereitet bei einiger Ubung keine besonderen Schwierigkeiten. Bei A , e - Mausen kann nber niir selten vom Phanotypus auf die genetische Beschaffenheit geschlossen werden, weil die Parben bei der starken Aufhellung nicht mehr deutlicli zu erkennen sind. L' G, -Tiere sind clentlich gelb und rotiiugig und Icicht von den tinderen ee -Rassen zu untersclteiden. Uber 66er -Miuse finden sich gar keine Mitteilungen, auch iiber die Jlijglichkeit tier Erkenniing wildfarbiger von nicht mildfarbigen konnten genauere An- gaben nicht gefunden werden. Wahrscheinlich werdeii G, oder G:, - In- dividuen einen etwas gelberen Ton zeigen (pink eyed cinnamon , Mill D 11 r h am). Eigentlich sohwarze Miiuse niit dem Verdiinnungsfaktor c werden als ,,lilac" bezeichnet, iind zwar unterscheidet IliB 1 ) u r h a m (1s) die in C honiozygoten als ,,blue lilac" von den heterozygoten (Cc), die sic als ,,chocolate lilac" bezeichnet. CuOnot (1:j) fiilirt fiir A,; B2 C D e - Miiuse die Bezeichnung gris perle. Rraune Tiere niit Verdiinnungs- faktor ( 11, c D e ) sehen gelblich weilS aus, C u On o t nennt sie daher ,,cafi, aaf lait", D iir h a m bezeiclinet sic als champagnefarbig. Z12 c d c - Tiere (hell brau n -b Verd u nn ungsf ak tor) si nd n och bl asser ge fii rb t. (si I verc h ani - pagne, D u r h a m ) . Alle diese Farbenunterschiede sind auch nur in der J ugend cinigerniaflen zu erkennen, bei zunehmendeni Alter vorblassen die Farben der ce-JIiiuse noch niehr.

Blaflgefiirbte Neerschweinchen sind gleichfnlls haufig. Wird c c niit den1 Russenfaktor ( A , ) liombiniert, entstelien rein weil3e lndividuen niit rosa hugen, die also nicht mit ,.echten" Albinos veriveohsclt wcrden diirfen.

Gelblich gefiirbte, rosaiiugige Ratten sind gleichfallii c e.

Page 20: Die Vererbung von Farbe und Zeichnung bei Nagetieren

120 KoBwig:

Benennung im istitut fur Ver- rbungsforschung Berlin-Dahlem

'I 'abelle 8. Z u s a m m e n s t e l l u n g von v e r s c h i e d e n e n B e z e i c h n u n g e n v o n F a r b -

r a s s e n d e r M a u s m i t d e n P a k t o r e n A, u n d E.

Benennung bei Hagedoorn

Die Falitoren & und E

liombiniert mit

b '

I:, '

Bz'

' c d h c d H c D h c D H C d h C d R C D h C D H

c d h c d l i c D h c D H C d h C d H C D h C D H

c d h c d H c D h c D H C d h C d H C D h C D H

c d h c d H c D h

c D E C d h

C d H C D h

C D H

tortoise ( Y )

1 fade silverfawn silverfawn

braun chocolate mattblau I fade blue

blau blue mattschwarz 1 fade black

schwarz black

nocht nicht ge- geziichtet

I

noch nicht ge- ziichtet

I I yellow agouti

mattbraunwild- 1 farbig I

braunwildfarbig 1 mattblauwild- '

blauwildfarbig dilute agouti farbig

Eenennung be1 MiB Durham

bei anderen Autoren

silverfawn

chocolate

blue

black

silver cinnamon 1

silver agouti 1 ' I -,.n..4;

- 1 matt- (schwarz) I fade agouti wild farbig

I (schwarz) k d - ~ agouti Fn,h;n

pale chocolate (Castle)

} payca;jfeqainon

blue gray (Castle)

6"U tl. Y C i l l L l O

roux (Cubnot)

Der Faktor R. R ist ebenso wie E zur Ausbildung der dunklen Korperfarbe not-

wendig. r r - R a t t e n - denn wir kennen den Faktor bisher nur bei

Page 21: Die Vererbung von Farbe und Zeichnung bei Nagetieren

Die Vererhung von Farbe und Zeichnung bei Xagctieren. 121

cler Ratte - sind intensiv gelb gefarbt and haben rote Augen; das dunkle Pigment erscheint vdlig zuruckgedriingt. wihrend das gelbe gar nicht reduziert ist. Dan es sich in diesen gelben, rotaugigen Individuen tat- Gchlich niclit nur urn eine Modifiliation ron e, sondern um zwei ver- schiedene Faktoren handelt, geht aus einer Rreuzung von blal3gelben niit sattgelben Tieren hervor. Die F, -Generation ist dunkel gefarbt und schwarz- Liugig. Die Erklarung ist die, daB die hellen, rosaiugigen e e-Ratten gleich- zeitig I2 R waren, umgelielirt die r r-Individuen gleichzeitig El?.

Der Ftrktor K. K ist ein Faktor fur gegonuber Ganzfarbigkeit ( k ) dominante Scheckung.

In groSeren oder kleineren Arealen wird schon bei einmiiliger Anwesen- heit von h7 trotz aller anderen fiir die norniale I'igmentierung notwendigen Faktoren iiberhaupt keine Farbe ausgebildet, die betreffenden Partieen bleiben wein.

T a b e l l e 9. % u s a m m e n s t e l l u n g d e r v o n a n d e r e n A u t o r e n b e n u t z t e n B u c h -

s t a b e n s y m b o l e f d r d i e E r b f a k t o r e n d e s K a n i n c h e n s . (In Klainmern bind andere oder In frulieren Arbelten angmandte hymbole gesetzt.)

D1ese Pap Hagedoorn Punnett 1 Castle 1 Wright Arbeit

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K ist beim Kaninchen und der Naus beobachtet worden. Beim Kaninchen fiihren ihn die ,,Englischen Schecken". die ,,Deutschen Kiesen- schecken" und die .,Rheinischen Schecken". Wiihrund bei den englischen Schecken sich ncben unregelniiiflig verteilten schwarzen Flecken die dunkle

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Zeichniing noch durch den Aalstrioh Iiings des Riickgrats, schw-arze Ohren und Augenrander sowie einen breiten schwarzen Fleck auf der Nase (but,terflies) zu erkennen gibt, sind beini Riesenschecken die weiBen Areale noch rergroflert und die schwarzen unregelmifligen Flecke auf dcm Korper bis auf Aalstrich, Nasen- und Augenfleck und gefarbte Ohren beseitigt. Eine bestinimte Erkliirung fur diese verschiedenen Grade der domina~ten Scheckung kann uoch nicht gegeberi werden. Entweder sind Modifikations- faktoren an der Ausbildung der Sclieckzeichnung beteiligt, oder der Faktor R ist in gleicher Weise quantitativen Veriinderungen zugangig, wie wir sie von den Serien multipler Allelomorphen kennen. Nach C a s t l e (10) bewirkt K bei Kaninchen in homozygotem Zustand eine starkere Bus- dehnung der weiBen Areale als die nu r einmalige Anwesenheit von K. Die rheinischen Schecken sind Tiere der Formel Bl C D K , d. h. drei- farbige, schwarz-gelb auf weieem. Grund gezeichnete Tiere (gescheckte Japaner), wallrend die anderen beiden Rassen b oder B2 in beliebiger lionibination mit C und D fuhren.

Der dominante Scheckungsfaktor der Maus ist stets nur heterozygot vorhanden. da R hier in homozygotem Zustand letal wirkt (rgl. G4). Wird Ii mit den1 rezessiven Scheckungsfaktor (s) kombiniert, entstehen weiBe, schwarziiugige Miiuse ( K k s s).

Dcr Faktor B'. f f bedingt die rezessive Silberung. I n den] gefarbten Fell stehen

vereinzelte weiSe Haare. Der Faktor ist beim Kaninchen ( H u r s t [ a i l und H a g e d o o r n ) und der Maus bekannt. - E' ist viillig dominant iiber f :

Der Faktor P. P ist das Symbol fur die dominaute Silberung des Kaninchens. An

der Produktion der Silberung sind drei gleichsinnig wirkende Faktoren beteiligt, was zur Erklarung der verschieden starken Silberung einzelner Kaninchen eine geeignete Erklarung ist. Man denke an die Grausilber einerseits, bei denen einzelne weil3e Haare im gefarbten Fell stehen, und an das hnzosische Itiesensilberkaninchen andererseits, dessen Fell infolge starker Silberung einen weiBprauen Eindruck niacht. P laBt sich beliebig niit jeder Farbrasse kombinieren. Die Silberung tritt erst an einige Wochen alten Tieren auf (31 a).

Der Faktor S. Gegeniiber Ganzfarbigkeit rezessire Scheckung ist bei den vier Yage-

tieren allgeniein verhreitet und tritt bei den einzelnen Spezies in ver- schiedener Anordnung gefarbter und ungefarbter Fellteile auf.

Beim Kaninchen fuhren die sogenannten ,,Hollander" die Faktoren fiir rezessive Scheckung (s). Da sich fiir die Hollander eine kontinuier- liche Reihe aufstellen 1gBt von Tieren mit geringen weiBen Abzeiclien bis zu Fornien. bei denen die Pignientiernng auf die (blauen) Angen be-

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Die Vererbung von Farbe und Zeichuung bei Nagetiereu. 123

T a b e l l e 10 B e z e i c h n u n g d e r E r b f a k t o r e n d e r Maus b e i a n d e r e n A u t o r e n .

Diese Arbeit Kagedoorri luin 1 Castle Cubnot ’ ~ r i g ~ i t Durham I

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schrlnkt und das game Fell weiB ist, und bei Kreuziingeii zwischen €101- liindern verschieden starker WeiBfiirhung die F,-Tiere an1 bestcn durch Kombination der einzelnen Faktoren (S, S’, S’ und sl, s’, s :) zii erliliiren sind, ist es am ~~~ahrschcinlichsten. daB es sich be1 der rezessiven Scheckung

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11'4 K o 13 \v ig:

um eine Reihe gleichsinnig wirkender Paktoren handelt (8, 40). Allerdings mu13 die Moglichkeit zugegeben werden, da13 der fur die wei13en Wiener (ganz TeilSe, blauaugige) von P a p aufgestellte Fa1:tor J: tatsiichlich besteht und weifie, blauiiugige Kaninchen durch ihn in Zusammenarbeit mit den Hollanderfaktoren entstehen. Die Wirkungsweise der einzelnen Falitoren ist noch wenig geklart. Untersuchungen hieriiber sind im Institut fur Vererbungsforschung im Gange. Blauaugigkeit kommt nicht nur bei den weiBen Wienern vor, sondern auch bei Hollandern. Bei letzteren ist oft nur das eine Auge blau, wahrend das andere dunkelbraun ist, ja, es kommt auch vor, daI3 ein Auge zur Hdfte blau oder grau, zur anderen braun ist.

Beim Meerschwein wurden ahnliche Verhaltnisse gefunden, nur da13 bei ihm die fiir die Kaninchen charakteristische Hollanderzeichnung durch vollig unregelmahig verteilte gefarbte und nichtgefiirbte Areale ersetzt ist. Rezessiv gescheckte Ratten sind die ,,Hauben6' und .,irisch" gefarbten. Haubenratten sind grofitenteils weiB gefarbt, nur der Kopf und oft ein schmaler oder breiterer Streifen auf dem ganzen oder einem Teil des Riickens sind schwarz. Wahrscheinlich ist auch diese Scheckung anf mehrere gleichsinnig wirkende Paktoren zuruckzufiihren. Als irisch ge- fiirbt bezeichnet man oberseits dunkle Ratten, die die Scheckenzeichnung nur auf der Bauchseite haben. Ob es sich bei der Haubenzeichnung und der irischen Parbung nur urn multiple Allelomorphe mit dem Faktor fur Ganzfarbigkeit handelt, ist noch nicht entschieden.

Auch bei tler Maus ist eine rezessive Scheckung bekannt.

Faktoreii fur Haarlliige und Haarform.

Zum SchlulS der Aufzahlung der Farb- und Zeichnungsfaktoren sollen menigstens noch kuw einige Erbeinheiten fur Haarlange und Anordnung der Haare erwahnt werden. Von ihnen besitzt der Faktor V zugleich Be- deutung fur das spater zu behandelnde Problem der Paktorenkoppelung bei Nagern.

Der Paktor V , den wir beim Kaninchen und beim Meerschwein kennen, bedingt die norrnale Wuchsigkeit der Orannen- und Wollhaare der Wildform. Sein rezessives Allelomorph v verursacht ein starkes Langen- wachstum der feinen seidenartigen Wollhaare. Bei den Kaninchenzuchtern sind die Tiere der langhaarigen Rasse als Angorakaninchen bekannt. Jungen T-c-Individuen ist die Heterozygotie noch an den etwas langeren Haaren gegeniiber VV-Kaninchen anzusehen.

Beim Kaninchen ist aulSerdem noch eine von P a p als struppig- angorahaarig bezeichnete Form bekannt geworden, die in den Zuchten des Instituts fur Vererbungsforschung auftrat. Sit! ging jedoch ein, ehe aus- reichende Kreuzungsexperimente angestellt werden konnten.

In der letzten Zeit sind die Kaninchenziichter durch eine Neuheit in betrachtliche Erregung vcrsetzt worden. Iu Prankreich wurde eine

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Die Vererbung van Farbe und Zeichnung bei Xagetiexen. 125

Rasse geziichtet, deren Grannenhaare stark reduziert und deren Wollhaare sehr dicht und hochstens 15 mm lane sind: das Castorresfianinclien. ijber die Vererbung dieser eigenartigen, fur die Fellindustrie iiuI3erst wichtigen Eigenschaft ist noch nichts Sicheres bekannt. Nach den bisher veroffentlicliten IGtteilungen iiber die Entstehung der neiien Rasse ist kaum damn zu zweifeln, daB das Castorrexkaninchen durch eine Mutation entstanden ist.

Beini Meerschwcinchen sind schlieBlich noch zwei Faktorenpaare fiir die rosettenartige Anordnung der Haare zu erwahnen. Ros ist ein doniinantes Gen und bedingt Rosettenhaare, ros ist der Faktor fur norniale Haaranordnung. Da der Faktor im Institnt fur Vererbungsforschung nicht untersucht worden ist, benutze ich hicr fur ihn ein ninemotechnisches Symbol. Zu Ros kennen wir noch einen ron C a s t l e ( L O ) mit M be- zeichneten Modifikationsfaktor. Durch ihn wird die wirbelartige HInar- anordnung zu ,,leicht rosettenartig" abgeschwicht. Auf rosros-Dleerschweine wirkt M nicht ein.

Wenn arif den vorhergehenden Seiten die Faktoren, die bei den vier Nagetieren iihnliclie Phinotypen bedingen, rniteinander identifiziert wurden, so soll daniit nicht gesa@ werden, da13 die betreffenden Spezies dasselbe Gen in ihrer Erbmasse fuhren. Wir wissen nicht, und werden es bei der Unmoglichkeit der Bastardierung von Mcerschwein und Ratte nie erfahren, oh der Faktor e der Ratte in das Meerschweinchen iiber- gefiihrt, denselben Effekt haben wiirde wie innerhalb der Spezies Mus decumani i s . Wenn aber bei drei tier hier besprochenen Kager ein Erb- faktor vorkonmit, dor ihrer sonsticen genetisrhen Konstitution nach dunkel- iiugige, schwarze Individuen in rotiiugige, gelblich-helle rerwandelt, so liegt es doch nahe, ihni bei den drei Arten eine lhnliclie physikalisch- chemische Wirksamkeit zuzuschreiben. Und weiin in den Serien der niultiplen Allelomorphen beispielsweise A,, fiir rubinaugige, sepiafarbene Tiere bei Kaninchen, Jleerschwein und Ratto gesetzt wurde, so bedeutet auch dies nur, daC, die Wirknng von A , bei den drei Rassen eine ent- sprechende ist, daQ durch den Faktor jedesmal cline Situation geschaffeu wird, bei der dnnkler Farbstoff nur abgeschwiicht und gelbes Pigment iiberhaupt nicht mehr ausgebildet wird. DaB A, bei den drei Spezies cluantitav im Sinne des Cheniikers genau gleich dosiert ist, soll diese Homologisierung nicht hedeuten. Andererseits durfte es schwer vorst.ellbar sein, daB die in dieser Arbeit miteinander verglichenc,n Falitoren rein zii- fiillig bei grundlegender innerer Verschiedenheit so iihnliche Phiinotypcn bedingen. Denn nicht nur bei den vier in dieser Arbeit hcrangczogenen Arten treffen wir auf niiteinander homologisierbare Erbeinheiten, sondern auch bei anderen Kagetieren finden sie sich, wenn wir dariiher auch be- deutend weniger wissen. weil andere Spezies noch wonig zu eingehenden

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126 K o U w i g :

Esperimenten herangezogen sind. Abgesehen vou albinotischen Exem- plaren, die wir bei zahlreichen Nagetieren treffen, kennen wir durch S u m n e r (43) eine blaegefarbte, rotaugige Rasse von P e r o m y s c u s , beim Eichhornchen (S c i u r u s v u 1 g a r i s) kommt gleichfalls eine rotaugige schmachgefarbte Form vor, das Schwarz der Hausratte ( M u s r a t t u s ) erweist sich hei einer Kreuzung niit der nahe verwandten M n s d e x a n d r i n u s als epistatisches Schwarz (31). Ein Vergleich des wilden Chinchilla ( E r i o m y s l a n i g e r ) mit jungen A, B2 G,-Kaninchen 1aBt eine grol3e Ahn- lichkeit im Haarkleid beider systematisch nicht eng zusammengehoriger Sager erkennen, usw.f.

Wichtiger noch, als die rein morphologischen Vergleiche der Farb- tgpen erscheint mir, daB der Erbgang einzelner Faktoren bei den vcr- schiedenen Arten teilweise eine auffallende Ubereinstimmung zeigt. Zu- niichst sei auf die Serien der multiplen Allelomorphen, besonders die Blbinoserie verwiesen. Miigen quantitative Verschiedenheiten zwischen den einzelnen Faktoren der Slbinoserien unserer vier Kager bestehen, die Tatsache, daS sich derartige Faktorenreihen finden, deren einzelne Glieder in so weitgehend iibereinstimmender Weise die Pigmentbildung beeinflussen, 15St den SchluB berechtigt erscheinen, daO wir es hier mit einem Erbgut zii tun hahen. das der Ordnnng der Kagetiere irgendwie gemeinsam ist. Eine weitere Stiitze des Versuchs, die Farbfaktoren der vier Nagerarten miteinander zu homologisieren, liegt in dem Befund, dafl sich bei einzelnen Spezies dieselben Faktoren als gekoppelt crwiesen, d. h. sie liegen an verschiedenen Stellen d e s s e l b e n Chromosoms.

Cas t le und W a c h t e r (12) sowie F e l d m a n (20) haben an sehr grol3eni Material die Untersuchung iiber die Koppelungserscheinungen bei Jlaus und Ratte durchgefuhrt. Bei der Maus sind die Faktoren der Albinoserie mit den] Faktor E gekoppelt, bei der Ratte kommt als dritter in demselben Chroniosom gelegener Faktor roch IZ hinzu. Die beste Methode znr Feststellung der Austauschwerte der Faktoren zwischen den beiden Chromosonienpartnern ist die Kreuzung cines F, -Tieres z. B. HUS

der Bastardierung einer gelben, rotiiugigen Ratte (r r E E ) x einer bit& gelben, rosnaugigen ( e e R R) mit einem in beidcn Faktoren. also doppelt rezpssiven Individuum (e e r r ) . Die Nachkommenschaft miiBte bei freiem Mendeln vun E und IZ (Lagernng in v e r s c h i e d e n e n Chromosomen) im Verhaltnis 1 E R e r : 1 E r e r : 1 e Re r : 1 erer aufspalten. Tatsachlich treten aber die Kombinationen EI2e.r und erer vie1 seltener auf. C a s t l e erhielt z. B. ans der Kreuzung Elir e r x e r e r ini ganzen 4746 Individuen, von denen n u r S70 sich von der Konstitiition E R e r oder e r e'r erwiesen. Unter 100 Gameten wurden also nur in 1S,33 Fallen in dem doppelt hcterozygoten Elter solche mit beiden dominanten oder beiden rezessiven Falitoren gebildet, wiihrend diese Kombinationen bei freiem Jilendeln in 50"/,, der Gameten sich hiitten finden miissen. Die Erkliirung ist die: das dunkelgefiirbte, doppelt hcterozygote Elterntier ( E r e R) hatte von

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Die Vererbung vuti Farbe und Zeichnuog bt,i Sag8:tieren. 127

seineni einen Elter e und R, und zbTar in tlernselberi Chroniosorn niit- bekomnien. Der Garnet seines anderen Elters brachte in den1 honiologen Chroniosom I*' und r mit. Die Individualitat der Chromosonien wird niit grufler Zahigkeit festgehalten und nur in wenigen Fiillen wurden bei der Keifung der ('ratneten des E r e R-Tieres Ktiicke der honiologen Chromosome ausgetauscht, die dann zu der Kombination E n und e r fuhrten. In analoger Weise w u d e die Koppelung zwischen F und der dlbinoserie festgestellt. Wenn I< rnit R einerseits und rnit der A - Serie mdererseits gttkoppelt ist, muR auch R niit der A-Serie gekoppelt sein. C a s t l e und W a c h t e r geben fvlgende Prozentzahlen fur die Austauschwerte bei der Ratte an :

Aiistauschwert zwischen E: iind R = 18.383 & 0169 1)

.. E ., A-Serie = 19.67 0,26 1 ., 12 ., A-Serie = 0,31 + 0,-11

Die Austauschwerte sind nicht gleich groB, das betleutct in der Ausdrucksweise von M o r g a n ( 3 2 ) ) , da13 diejenigen Falitoren, die den groBten Prozentsatz der ,,cross - ovtm" aufweisen, irn Chromosoni am weitesten voneinander entfernt liegen, weil Gene, je mttiter dcr Zwischen- raiini zwischen ihnen ist, einc uni so griiliere Chance hahen, beini crossing- over getrennt zii werden. Die lineare Ariordnung der Gene wiire dem- nach 1. A-Serie, 3. l?, 3. E.

Bei der Maus, hei det wir den E'aktor R nicaht kennen, betrggt n;ich C a s t l e der Austauscliprozc!ntsatz zwischen der A-Serie und E 14,61 k 0,46. In1 Gegensatz zii der Fruchtfliege D r o s o p h i l a , bei der nur ini weibliclien Geschleclit cin Faktorenaustausch bekannt ist, komnit er bei den Nagcrn in beiden Geschleclitern vor. Allerdings ist er nacli Fe ldn i aiis (201 Best- stellungen bei Elatte und JIaus beim Weibchen griiDer ids beini kliinucllen. Be ld ni a n gibt folgentle %ahlei1 an: Cnter 3345 Weibchen fand crossing- over in 5,50 Fiillen statt (= 16.44 + O,St'o wiilirend unter 7 0 5 i Jllnncheii Austilusch in 965 Fiillen auftrat (= 13,77 0,57 ('lo). \Vie diese Differenz zu erkliiren scin wird, ist nocli nicht bekannt.

i'rber eine Koppelung der E'nktoren der A-Serie init 1.: beini RIeer- schwein ist nichts beltannt.

Beim Kaninchen sind die Faktoren h-, S und I' gekoppelt. C a s t l e (10) kreuzte einen kurzhaarigen englischeu Schecken ( K K V 1') rnit eineni un- gesclreckten Angorakaninchen (kli r c). Die P, war kurzhaarig, gescheckt (AT/; J'z.). Die Fl-Tiere wurden niit / ;A - Individuen riickgelrreuzt. Uriter 1233 Naclikonirnen waren nur lti9 Klrc~. oder /;lc V r . Der Austausch- prozentsate ist also: 13,70 5 0,9k In der gleichen Weise nusgefiihrt. er- gab die Hestininicing dcs crosing-over- Wertes zwischen S und I' 10,s L 4,09 ". Bei den1 sehr geringen Bustauscliwert znischcn K und S hiilt, C a s t l e es sogar fiir mijglich, da13 these Berechnung n w h fehlerhaft

' ) Letztere Zalil gilit den mittleren Feliler a11.

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125 EoBwig :

ist und sich A- und S als Ftrktoren einer Alleloniorphenserie erweisen konnten, eine Erkliirung, die sich mit unserer Auffassung, nach der es sich bei der Hollanderzeichnung urn mehrere gleichsinnig wirkende Fak- toren handelt, noch nicht in Einklang bringen liiOt.

Wenn wir zum SchluW wenigstens noch einen kurzen Blick auf die Farbung und Zeichnung anderer Saugetiere auBerhalb der Ordnung der Rodentia werfen, so treffen wir besonders bei den domestizierten Formen auf Typen, die uns rein morphologisch zuniichst gestatten, einen Vergleich mit den Parbrassen unserer Na.ger zu ziehen. Wir kennen z. B. beim Hund gelbe, braune, blaue, schw arze, wildfarbige, lohfarbige und gescheckte Individuen, bei der Hauskatze kommen gelbe, schwarze, wildfarbige, blau- graue, ja auch .,akromelanistische" Tiere (siamesische Katze) ror. Auch bei unsern groBen , landwirtschaltlich bedeutungsvollen Saugero , Schwein Rind und Pferd gibt es, wie bekannt, zahlreiche Farbrassen. In diesem Zusammeahang sei nur auf einige noch verwiesen. Die halbroten baye- rischen Schweine, die rote Fiirbung mit rezessiver Scheckung vereinigen; dominunte Scheckung finden ir beim Hildesheimer (hannover-brann- schweigischen) Landschwein , Silberung kennen wir bei Rind und Pferd, ebenso ist Scheckung bei beiden haufig. Bernerkenswert sind auch noch die rotaugigen, gelblichen, sogenmnten isabellfarbigen Pferde. Diese Auf- ziililung konnte noch beliebig vermehrt werden. Ns wird fiir die moderne Erblichkeitsforschung eine dankbare, wenn auch etwas schwere uud lang- wierige Aufgabe sein, bei unsern domestizierten SBugetieren eine ein- gehende Erbanalyse durchzufuhren, weil daniit rielleicht eine wichtige Frage ihrer Liisung nahergebracht werden kmn: Die Frage nach den verwandtschaftlichen Beziehungen der Saugetiere iu ihrcr Erbmasse.

K a c h s c h r i f t be i d e r K o r r e k t u r :

Cas t le (Proceedings of the Nat. Ac. of sciences 1924) berichtet iiber s ine Kopplung zwischen den Faktoren der Aibinoserie und C beini Kaninchen.

Eine kurzlich erschienene Arbeit von W i t s c h i (Revue Suisse de Zoo1 1925) wird in dieser Zeitschrift besprochen werden.

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Ihe Vererbung von Farbe und Zeiclinung hei Xagetieren. l?!)

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