die wirtschaft

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„Der Preis ist das einzige Element des Marketing-Mix, das für das Unternehmen keine Ausgaben mit sich bringt“, sagt US-Marketingexper- te Philip Kotler. Gleichwohl wird Pricing als Marke- tininstrument von vie- len Un- terneh- men ver- nachlässigt. Wir erklären, wie Prei- se sinnvoll angesetzt werden, was sie über die Marke aussagen – und wel- che Fehler beim Pricing unbe- dingt vermieden werden sollten. Seiten 16 und 17 Von Oliver Schulz Nationalismus ist ein starker Trend der vergangenen Jahre. Er zeigt sich im Brexit-Votum ebenso wie im Ergebnis der US-Wahl. Er zeigt sich aber auch in den schwierigen Verhandlungen über die Handels- abkommen TTIP und CETA. Und er steht in einem klaren Missver- hältnis zu dem, was den deutschen Handel ausmacht: Export und in- ternationale Verflechtung. Das gilt auch für den Norden der Republik. Die deutsche Wirtschaft ist eng mit den internationalen Märkten verflochten – die Wirtschaft Schles- wig-Holsteins setzt insbesondere auf europäische Länder. So sind nach Angaben des Statis- tikamtes Nord aus unserem Bun- desland im Jahr 2015 Waren im Wert von 19,7 Milliarden Euro ex- portiert worden, 0,4 Prozent mehr als vor Jahresfrist. 65 Prozent der Ausfuhren gingen in europäische Länder – zwar etwas weniger als im Jahr 2014, trotzdem bleiben die Länder der Europäischen Union die wichtigsten Absatzmärkte für Schleswig-Holstein. Besondere Bedeutung für Schles- wig-Holstein hat der Ostseeraum. „Durch transnationale Zusammen- arbeit, durch die gegenseitige Er- gänzung der vielfältigen Kompe- tenzen in Wissenschaft, Forschung und Innovation kann Schleswig- Holstein nicht nur als Wirtschafts- standort profitieren, sondern gleich- zeitig die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Region weiter stär- ken“, sagt Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Mey- er. „Acht der neun Anrainer sind Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Trotz wirtschaftlicher und kultureller Unterschiede bilden die Ostseeanrainerstaaten einen ge- meinsamen Wirtschaftsraum und sind in vielfältiger Weise miteinan- der verbunden.“ So war wichtigster Abnehmer für Produkte aus Schleswig-Holstein im Jahr 2015 Dänemark. Dort wur- den Waren im Wert von 1,6 Milliar- den Euro aus unserem Bundesland abgesetzt. Zu besonders beliebten Destinationen für schleswig-holstei- nische Unternehmen mausern sich zudem die baltischen Staaten. Est- land, Lettland und Litauen – erst seit 2004 Mitglieder der Eurozone – gel- ten als besonders entwicklungsstar- ke Märkte. Aber auch Finnland hat sich in wenigen Jahrzehnten zu ei- ner modernen Industrie- und Dienst- leistungsgesellschaft entwickelt. Ganz vorne bei den Exportdesti- nationen liegen ebenso andere eu- ropäische Länder. So bezogen die Niederlande im vergangenen Jahr Güter im Wert von 1,28 Milliarden Euro aus dem nördlichsten Bundes- land und nahmen damit Rang 3 der Exportkunden ein – gefolgt von Frankreich mit 1,25 Milliarden Euro und dem Vereinigten König- reich mit 1,14 Milliarden Euro. Doch neben den inter-europäi- schen Wirtschaftsbeziehungen ist Schleswig-Holstein auch deutlich transatlantisch ausgerichtet. Der US-Markt wird aus der Sicht Schleswig-Holsteins als der dyna- mischste überhaupt eingeschätzt, Made in Germany ist dort beliebt. In die Vereinigten Staaten, dem zweitwichtigsten Handelspartner Schleswig-Holsteins, gingen im letzten Jahr Waren im Wert von 1,45 Milliarden Euro, ein Zuwachs von 8,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Aber es gibt auch immer mehr Re- gionen, in denen die Lage alles ande- re als stabil ist. So stockt, was in Rich- tung Westen immer effektiver läuft, in der entgegengesetzten Himmels- richtung zunehmend: Der Handel mit Russland ist nach den EU-Sank- tionen und Gegenmaßnahmen Mos- kaus stark zurückgegangen, die Quote fällt weiter. Und es ist die Wirt- schaft Norddeutschlands, die beson- ders darunter leidet. Gleichzeitig gibt es im Osten neue Märkte, die sich öffnen – und auch wieder schließen. Während die Lage im Nahen Osten auf abseh- bare Zeit unübersichtlich ist, blei- ben die großen Volkswirtschaften Asiens unverändert im Fokus – wenn auch auf relativ niedrigem Ni- veau. Nach einer bedrohlichen Flau- te erholte sich die Konjunktur Chi- nas zuletzt. Indiens Wirtschaft ent- wickelt sich unterdessen stabil. Das Auf und Ab der Wachstums- kurven der großen asiatischen Na- tionen oder der Einbruch des Russ- land-Geschäftes sind nur Beispie- le dafür, wie sehr der globale Han- del in den vergangenen Jahren re- gionalen Schwankungen unter- worfen war. Sie sind aber vor al- lem gute Argumente dafür, Unter- stützung anzubieten, wenn lokale Akteure internationale Märkte er- schließen wollen. Daran mangelt es in unserer Regi- on nicht. Schleswig-Holsteins Unter- nehmen können heute auf ein breit gefächertes Informationsangebot für den Außenhandel zurückgrei- fen. Hilfe bekommen sie etwa bei der Industrie- und Handelskammer, der Wirtschaftsförderung und Tech- nologietransfer in Schleswig-Hol- stein (WTSH), bei den Hansebüros der Landesregierung Schleswig- Holstein – aber auch bei den Deut- schen Auslandshandelskammern. Und der Weg dorthin lohnt sich. Denn bei allen Einbrüchen und Kri- sen der Weltwirtschaft lässt sich ei- nes festhalten: Der Außenhandel im Ganzen bleibt stabil. Deshalb darf man hoffen, dass der Trend zu Inseldenken und Na- tionalismus nur ein kurzfristiger und oberflächlicher ist. Die Ent- wicklung zu einer auch in der Zu- kunft immer enger verflochtenen globalen Wirtschaft lässt sich kaum umkehren. A A Große Chancen Unter den Handelssanktionen der Europäischen Union gegen Russland leidet die gesamte deut- sche Exportwirtschaft. Doch von den Gegensanktionen aus Mos- kau, die die Einfuhr von Milch- produkten, Fleisch, Obst und Ge- müse aus dem Westen verbieten, sind besonders Unternehmer im Norden betroffen. Denn hier ist die Ernährungswirtschaft über- durchschnittlich stark. Aber auch in der norddeutschen Tourismus- branche sind Russlandkrise und EU-Sanktionen spürbar: Die Zahl der Übernachtungen von Gästen aus Russland ging um etwa ein Drittel zurück. Seite 6 A Gute Nachbarschaft FREITAG, 25. NOVEMBER 2016 AUSGABE 04/16 EINZELVERKAUF: 1,90 ß Lübeck und Schleswig-Holstein A Perfektes Marketinginstrument Europa, Asien, die ganze Welt – der Handel ist längst globalisiert. Unternehmen aller Größenordnungen sind heute international vertreten. Foto: Artalis-Kartographie, jamesteohart / Fotolia, Montage: af „Think positive!“ ist das Motto: Der nordamerikanische Markt bie- tet Unternehmen aus der Region Wachstumschancen – besonders im hochwertigen Bereich. Die Be- deutung norddeutscher Produkte hat sich etwa mit dem Begriff „Draegerman“ sogar in der ameri- kanischen Sprache niedergeschla- gen. Einen großen Anteil am Im- und Export Schleswig-Holsteins in die USA hat der Bereich Pharma- zie. Auch Maschinen aus Schles- wig-Holstein kommen dort gut an. Anders der Handel mit Kanada: Der Warenaustausch bleibt weit hinter den Möglichkeiten beider Volkswirtschaften zurück. Seite 4 A Deutliche Einbrüche Zwei Drittel aller Exporte aus Schleswig-Holstein gingen 2015 in EU-Länder. Besonders mit den skandinavischen Nachbarn ver- bindet unsere Region eine lange Handelstradition. Seite 3 Weltweit vernetzt Der Außenhandel boomt – allen Krisen zum Trotz. Fotos: denisismagilov, pres- cott09, adempercem / Fotolia DIE WIRTSCHAFT Schleswig-Holsteins Außenhandel wächst – mit den Ländern der Europäischen Union ebenso wie mit den USA. Politische Trends und wirtschaftliche Sanktionen können die positive Entwicklung nicht aufhalten. DIE WIRTSCHAFT – Das Informationsblatt für Entscheider und Mitdenker in Unternehmen der Region Lübeck und Schleswig-Holstein. Internet: www.cavier.de • Schöne Ziegeldächer • Dichte Flachdächer • Moderne Metalldächer • Dach-KUNDENDIENST Zeißstraße 2 23560 Lübeck Tel.: 04 51 / 580 530 Bad Schwartau · Gewerbegebiet Langenfelde 2-4 Fon 0451 - 280 880 · www.schoeppich.de CLEVER KOMBINIERT Ihr Lebensgefühl bestimmt unsere Küchenplanung: ob offener Wohn-Essbereich mit Kochinsel oder die praktische Eckpla- nung – Hauptsache perfekt geplant und Sie fühlen sich wohl. Schöppich hat Ihre Küche – einfach cleverer! nfach cleverer! ÜBER 40 JAHRE SCHÖPPICH! 419850 3701909 50047

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Page 1: Die Wirtschaft

„Der Preis ist das einzige Element des Marketing-Mix,das für das Unternehmen keine Ausgaben mitsich bringt“, sagt US-Marketingexper-te Philip Kotler. Gleichwohlwird Pricing als Marke-tininstrumentvon vie-len Un-terneh-men ver-nachlässigt. Wirerklären, wie Prei-se sinnvoll angesetztwerden, was sie über dieMarke aussagen – und wel-che Fehler beim Pricing unbe-dingt vermieden werdensollten. Seiten 16 und 17

Von Oliver Schulz

Nationalismus ist ein starker Trendder vergangenen Jahre. Er zeigtsich im Brexit-Votum ebenso wieim Ergebnis der US-Wahl. Er zeigtsich aber auch in den schwierigenVerhandlungen über die Handels-abkommen TTIP und CETA. Under steht in einem klaren Missver-hältnis zu dem, was den deutschenHandel ausmacht: Export und in-ternationale Verflechtung.

Das gilt auch für den Norden derRepublik.

Die deutsche Wirtschaft ist engmit den internationalen Märktenverflochten – die Wirtschaft Schles-wig-Holsteins setzt insbesondereauf europäische Länder.

So sind nach Angaben des Statis-tikamtes Nord aus unserem Bun-desland im Jahr 2015 Waren imWert von 19,7 Milliarden Euro ex-portiert worden, 0,4 Prozent mehrals vor Jahresfrist. 65 Prozent derAusfuhren gingen in europäischeLänder – zwar etwas weniger alsim Jahr 2014, trotzdem bleiben dieLänder der Europäischen Uniondie wichtigsten Absatzmärkte fürSchleswig-Holstein.

BesondereBedeutung für Schles-wig-Holstein hat der Ostseeraum.„Durch transnationale Zusammen-arbeit, durch die gegenseitige Er-gänzung der vielfältigen Kompe-tenzen in Wissenschaft, Forschungund Innovation kann Schleswig-Holstein nicht nur als Wirtschafts-standort profitieren, sondern gleich-zeitig die Wettbewerbsfähigkeitder gesamten Region weiter stär-ken“, sagt Schleswig-HolsteinsWirtschaftsminister Reinhard Mey-er. „Acht der neun Anrainer sindMitgliedstaaten der EuropäischenUnion. Trotz wirtschaftlicher undkultureller Unterschiede bilden dieOstseeanrainerstaaten einen ge-meinsamen Wirtschaftsraum undsind in vielfältiger Weise miteinan-der verbunden.“

So war wichtigster Abnehmer fürProdukte aus Schleswig-Holsteinim Jahr 2015 Dänemark. Dort wur-den Waren im Wert von 1,6 Milliar-den Euro aus unserem Bundesland

abgesetzt. Zu besonders beliebtenDestinationenfürschleswig-holstei-nische Unternehmen mausern sichzudem die baltischen Staaten. Est-land,Lettland undLitauen– erst seit2004 Mitglieder der Eurozone –gel-tenals besondersentwicklungsstar-ke Märkte. Aber auch Finnland hatsich in wenigen Jahrzehnten zu ei-nermodernenIndustrie-undDienst-leistungsgesellschaft entwickelt.

Ganz vorne bei den Exportdesti-nationen liegen ebenso andere eu-ropäische Länder. So bezogen dieNiederlande im vergangenen JahrGüter im Wert von 1,28 MilliardenEuro aus dem nördlichsten Bundes-land und nahmen damit Rang 3der Exportkunden ein – gefolgtvon Frankreich mit 1,25 MilliardenEuro und dem Vereinigten König-reich mit 1,14 Milliarden Euro.

Doch neben den inter-europäi-schen Wirtschaftsbeziehungen istSchleswig-Holstein auch deutlichtransatlantisch ausgerichtet. DerUS-Markt wird aus der SichtSchleswig-Holsteins als der dyna-mischste überhaupt eingeschätzt,Made in Germany ist dort beliebt.In die Vereinigten Staaten, demzweitwichtigsten HandelspartnerSchleswig-Holsteins, gingen imletzten Jahr Waren im Wert von1,45 Milliarden Euro, ein Zuwachs

von 8,5 Prozent gegenüber demVorjahr.

AberesgibtauchimmermehrRe-gionen, indenendieLageallesande-realsstabil ist.Sostockt,was inRich-tung Westen immer effektiver läuft,in der entgegengesetzten Himmels-richtung zunehmend: Der Handelmit Russland ist nach den EU-Sank-tionenundGegenmaßnahmenMos-kaus stark zurückgegangen, dieQuotefälltweiter.Undes istdieWirt-schaftNorddeutschlands,diebeson-ders darunter leidet.

Gleichzeitig gibt es im Ostenneue Märkte, die sich öffnen – undauch wieder schließen. WährenddieLage imNahenOsten aufabseh-bare Zeit unübersichtlich ist, blei-ben die großen VolkswirtschaftenAsiens unverändert im Fokus –wennauchauf relativniedrigemNi-veau.NacheinerbedrohlichenFlau-te erholte sich die Konjunktur Chi-nas zuletzt. Indiens Wirtschaft ent-wickelt sich unterdessen stabil.

Das Auf und Ab der Wachstums-kurven der großen asiatischen Na-tionen oder der Einbruch des Russ-land-Geschäftes sind nur Beispie-le dafür, wie sehr der globale Han-del in den vergangenen Jahren re-gionalen Schwankungen unter-worfen war. Sie sind aber vor al-lem gute Argumente dafür, Unter-

stützung anzubieten, wenn lokaleAkteure internationale Märkte er-schließen wollen.

Daranmangeltes inunsererRegi-onnicht.Schleswig-HolsteinsUnter-nehmen können heute auf ein breitgefächertes Informationsangebotfür den Außenhandel zurückgrei-fen. Hilfe bekommen sie etwa beider Industrie- undHandelskammer,derWirtschaftsförderung und Tech-nologietransfer in Schleswig-Hol-stein (WTSH), bei den Hansebürosder Landesregierung Schleswig-Holstein – aber auch bei den Deut-schen Auslandshandelskammern.

Und der Weg dorthin lohnt sich.Denn bei allen Einbrüchen und Kri-sen der Weltwirtschaft lässt sich ei-nes festhalten: Der Außenhandel imGanzen bleibt stabil.

Deshalb darf man hoffen, dassder Trend zu Inseldenken und Na-tionalismus nur ein kurzfristigerund oberflächlicher ist. Die Ent-wicklung zu einer auch in der Zu-kunft immer enger verflochtenenglobalen Wirtschaft lässt sich kaumumkehren. A

A Große Chancen

Unter den Handelssanktionender Europäischen Union gegenRussland leidet die gesamte deut-sche Exportwirtschaft. Doch vonden Gegensanktionen aus Mos-kau, die die Einfuhr von Milch-produkten, Fleisch, Obst und Ge-müse aus dem Westen verbieten,sind besonders Unternehmer imNorden betroffen. Denn hier istdie Ernährungswirtschaft über-durchschnittlich stark. Aber auchin der norddeutschen Tourismus-branche sind Russlandkrise undEU-Sanktionen spürbar: Die Zahlder Übernachtungen von Gästenaus Russland ging um etwa einDrittel zurück. Seite 6

A Gute Nachbarschaft

FREITAG, 25. NOVEMBER 2016 AUSGABE 04/16 EINZELVERKAUF: 1,90ß

Lübeck und Schleswig-Holstein

A Perfektes Marketinginstrument

Europa, Asien, die ganze Welt – der Handel ist längst globalisiert. Unternehmen aller Größenordnungen sind heute international vertreten. Foto: Artalis-Kartographie, jamesteohart / Fotolia, Montage: af

„Think positive!“ ist das Motto:Der nordamerikanische Markt bie-tet Unternehmen aus der RegionWachstumschancen – besondersim hochwertigen Bereich. Die Be-deutung norddeutscher Produktehat sich etwa mit dem Begriff„Draegerman“ sogar in der ameri-kanischen Sprache niedergeschla-gen. Einen großen Anteil am Im-und Export Schleswig-Holsteins indie USA hat der Bereich Pharma-zie. Auch Maschinen aus Schles-wig-Holstein kommen dort gut an.Anders der Handel mit Kanada:Der Warenaustausch bleibt weithinter den Möglichkeiten beiderVolkswirtschaften zurück. Seite 4

A Deutliche Einbrüche

Zwei Drittel aller Exporte ausSchleswig-Holstein gingen 2015in EU-Länder. Besonders mit denskandinavischen Nachbarn ver-bindet unsere Region eine langeHandelstradition. Seite 3

Weltweit vernetztDer Außenhandel boomt – allen Krisen zum Trotz.

Fotos: denisismagilov, pres-

cott09, adempercem / Fotolia

DIE WIRTSCHAFT

Schleswig-HolsteinsAußenhandel wächst –mit den Ländern derEuropäischen Union

ebenso wie mit den USA.Politische Trends und

wirtschaftliche Sanktionenkönnen die positive

Entwicklung nicht aufhalten.

DIE WIRTSCHAFT – Das Informationsblatt für Entscheider und Mitdenker in Unternehmen der Region Lübeck und Schleswig-Holstein.

Internet: www.cavier.de

• Schöne Ziegeldächer

• Dichte Flachdächer

• Moderne Metalldächer

• Dach-KUNDENDIENST

Zeißstraße 2

23560 Lübeck

Tel.: 04 51 / 580 530

Bad Schwartau · Gewerbegebiet Langenfelde 2-4

Fon 0451 - 280 880 · www.schoeppich.de

CLEVER KOMBINIERTIhr Lebensgefühl bestimmt unsere Küchenplanung: ob offener

Wohn-Essbereich mit Kochinsel oder die praktische Eckpla-

nung – Hauptsache perfekt geplant und Sie fühlen sich wohl.

Schöppich hat Ihre Küche – einfach cleverer!nfach cleverer!

ÜBER 40 JAHRE SCHÖPPICH!

419850 3701909 50047

Page 2: Die Wirtschaft

2 Freitag, 25. November 2016AUSSENHANDEL

Von Dr. Bernd BöscheGeschäftsführer Wirtschaftsförderung

und TechnologietransferSchleswig-Holstein GmbH

Die Globalisierung hat schon lan-ge den Mittelstand erreicht. Kleineund mittlere Unternehmen sindheute weltweit auf den interessan-ten Zielmärkten vertreten. AuchSchleswig-Holsteins Mittelstandnimmt in vielen Bereichen Spitzen-positionen ein – die Hidden Cham-pions aus dem echten Norden sindinternational erfolgreich – auchund gerade in Nischenmärkten.Ein großer Teil der Arbeitsplätzein Schleswig-Holstein hängt inzwi-schen vom Export und der Einbin-dung in den Welthandel ab.

Eine besondere Herausforde-rung für Mittelständler ist dabei,dass die Märkte in den letzten Jah-ren immer volatiler gewordensind. Während ein Jahrzehnt langdie Bric-Staaten, also Brasilien,Russland, Indien und China, diemaßgeblichen Wachstumstreiberwaren und für einen kontinuierli-chen Anstieg des Welthandelssorgten, hat sich das Bild inzwi-schen deutlich gewandelt. Brasi-lien und Russland sind in eine Re-zession gerutscht, China hat mit ei-ner Umstrukturierung seiner Wirt-schaft und geringeren Wachs-tumsraten zu kämpfen und Indienist dabei, nach einer Schwäche-phase wieder Anschluss an denfrüheren Wachstumstrend zu fin-den. Neue Zielmärkte wie derIran oder Vietnam sind in den Fo-kus gerückt. Die neuen Hoff-nungsträger können zwar dasMarktvolumen der Brics nicht er-reichen, weisen aber vergleichbarhohe Eintrittsbarrieren auf.

Hier greift das Unterstützungs-angebot der WTSH, das speziell

auf die Bedürfnisse von kleinenund mittleren Unternehmen zuge-schnitten ist. Von der Einstiegsbe-ratung über Marktrecherchen undStandortanalysen bis hin zur Be-gleitung bei der Erarbeitung vonMarkteintrittsstrategien reichendie Dienstleistungen. In wichtigenZielmärkten ist die WTSH vor Ortmit eigenen Büros – den Schles-wig-Holstein Business Centers(SHBCs) – vertreten. Diese Firmen-gemeinschaftsbüros bieten Mittel-ständlern die Möglichkeit, sich miteinem überschaubaren Risiko undbeherrschbaren Kosten in neueMärkte hinein zu entwickeln. Seitnunmehr 20 Jahren hat die WTSHdas Modell der SHBCs weiter ent-wickelt und auf die Bedürfnissevon Mittelständlern zugeschnit-ten. Weit mehr als 200 Unterneh-men haben das Angebot derSchleswig-Holstein Business Cen-ter inzwischen genutzt und wur-den durch diesen Vor-Ort-Servicebetreut – ein wirksamer Beitragzur Förderung der Internationali-sierung der schleswig-holsteini-schen Wirtschaft.

Der Wettbewerbsdruck und dieAnforderungen an die Unterneh-men werden in Zukunft weiter zu-nehmen. Neben den etabliertenWettbewerbern kommen neuePlayer ins Spiel, die unseren mittel-ständischen Unternehmen Markt-anteile und –positionen streitig ma-chen wollen. Vor allem China hatsich aufgemacht, seine Rolle als Fa-brik der Welt zumindest um die Fa-cette eines wettbewerbsfähigenEntwicklers und Anbieters techno-logisch anspruchsvoller Produktezu erweitern. Dazu investiert dasReich der Mitte massiv in den Aus-bau der technologischen Kompe-tenz sowie in den Zukauf interes-santer Technologien – auch und ge-

rade in Deutschland. Vor allem inden USA beschäftigen sich zahlrei-che Firmen mit Geschäftsmodel-len, die dazu geeignet sind, deut-sche Hersteller auf den Status ei-nes Hardwarelieferanten zu redu-zieren. Das Silicon Valley arbeitetdaran, die Deutungs- und Nut-zungshoheit über alle denkbarenDaten von Konsumenten und Un-ternehmen zu übernehmen und da-durch etablierte Anbieter allen-falls in die Rolle von Zulieferern zudrängen – eine wenig erfolgver-sprechende Perspektive für dendeutschen Mittelstand. Vor die-sem Hintergrund wird es in Zu-kunft gerade für unsere mittelstän-dischen Unternehmen noch mehrdarauf ankommen, die technologi-sche Spitzenposition ihrer Produk-te zu verteidigen. Ergänzend dazuwird es erforderlich sein, neue Ge-schäftsmodelle zu entwickeln, inderen Mittelpunkt nicht mehr dasProdukt in Form von Hardwaresteht, sondern eine intelligente Lö-sung, die auf der Grundlage derVerschmelzung von IT- und Hard-warekomponenten das Problemdes Kunden löst. Solche anspruchs-vollen Lösungen zu erarbeiten undim weltweiten Maßstab zu ver-markten ist eine echte Herausfor-derung für unseren Mittelstand.Aber gerade die zusätzliche Intelli-genz und Vernetzung der Produk-te bietet auch die Chance, denweltweiten Service und die Main-tainance künftig effizienter undkostengünstiger gestalten.

Insgesamt werden die Heraus-forderungen für mittelständischeFirmen vor diesem Hintergrundweiter zunehmen. Aber unser Mit-telstand bringt hervorragende Vo-raussetzungen mit, sich auch künf-tig im weltweiten Wettbewerb zubehaupten. A

SCHWERPUNKTAUSSENHANDELSeiten 1 bis 14

3 Stabile VerhältnisseEuropa ist der größte Markt fürSchleswig-Holsteins Exportwirt-schaft. Die meisten Waren ausdem Norden gehen zu direktenNachbarn. Dänemark bleibt Ex-portland Nummer eins.

4 „Think positive“Große Zuwachsraten für den Ex-port Richtung Nordamerika:Das Qualitätsmerkmal „Madein Germany“ ist gefragt. Voraus-gesetzt, der Preis stimmt.

5 Holpriger AbschlussDie CETA-Verhandlungen wur-den haarscharf abgeschlossen,die Prognosen für TTIP sindschlecht. Woher rührt die euro-päische Scheu vor transatlanti-schen Handelsabkommen?

6 Norddeutsche EinbußenLange Handelsbeziehungen,baltische Häfen, ein Schwer-punkt auf der Ernährungswirt-schaft – dennoch bremsen dieSanktionen gegen Russlanddie Export-Wirtschaft im Nor-den.

7 UnwägbarWann lohnt sich der Marktein-tritt im Iran? Was folgt aus denpolitischen Verwerfungen inder Türkei für die Wirtschaft?Wie entwickelt sich die Sicher-heitslage im Irak? Im Nahen Os-ten locken neue Märkte –gleichzeitig drohen weitereKonflikte.

8 Das Interviewzum SchwerpunktWerner Koopmann, Geschäfts-bereichsleiter International derIHK zu Lübeck, über Chancenund Herausforderungen im in-ternationalen Handel. 9 Kein Land in Sicht?

Die Containerschiffskrisekommt nicht nur die Reederteuer zu stehen. Sondernvoraussichtlich auch das Land.Und damit jeden einzelnenSteuerzahler.

10Raus aus der TalsohleChinas Wirtschaftentwicklunghat einen Knick bekommen.Nur kurzfristig, wie es scheint.

11 Solides WachstumIndiens Wirtschaft hat wiederan Dynamik gewonnen. Wel-che Chancen bieten sich fürdeutsche Unternehmen?

12 und 13 BrückenbauerFür den Small Talk mag das ei-gene Englisch reichen. Für kom-plizierte Sachverhalte sind Dol-metscher unersetzlich. Doch dieArbeit der verbalen Brücken-bauer geht weit über das reineÜbersetzen hinaus.

MÄRKTE &MANAGEMENTSeiten 15 bis 22

15Kampf um GlaubwürdigkeitDer Kurs der europäischen Zen-tralbank und der Federal Reser-ve gerät weiter in die Kritik.Kommt ein Richtungswechsel?

16und 17 PreisgestaltungPreise lassen sich geschickt vari-ieren, um flexibel auf Marktge-schehnisse zu reagieren. Wir er-klären die Tricks und Risiken.

18und 19 ZeitfresserJeder lässt sich mal bei der Ar-beit ablenken. Aber wo lauerndie großen Fallen? Wie arbeitetman wirklich effizient?

22IntegrationWie Wilkommenslotsen beiSpracherwerb und Berufsorien-tierung helfen.

PANORAMA

Seiten 23 bis 28

23Suche nach der SteinzeitDas Planfeststellungsverfahrenfür die Feste Fehmarnbeltque-rung in Deutschland ist nochnicht abgeschlossen – aber ar-chäologische Untersuchungenbringen Steinzeitliches zu Tage.

24 „Zeit ist egal“Viele Geschäftsleute reisen umdie ganze Welt. Wie sie Busi-ness-Trips gegen die innereUhr in ihr Leben integrieren.

25Europäische KooperationIn Toulouse wurde die Ausliefe-rung des zehntausendsten Air-bus gefeiert.

26 und 27 TermineMessen & Veranstaltungen

28„We serve“Internationale Service-Clubsverbinden Ehrenamt undfreundschaftliche Wirtschafts-kontakte.

INHALTDIE WIRTSCHAFT

ist die Zeitung für Entscheider undMitdenker in Unternehmen der RegionLübeck und Schleswig-Holstein

Verlag und Druck:Lübecker Nachrichten GmbHHerrenholz 10-1223556 LübeckTel. 0451/144-0E-Mail: [email protected]

Redaktion:Tessa Maiborg (v.i.S.d.P.)Tel. 0451/144-1790Christian RischOliver Schulz

Layout: Anne Fidelak

Autoren und Fotografen:Fabian Joeres, Nicole Hollatz,Britta Kessing, Nathalie Klüver,Hannes Lintschnik, Olaf Malzahn,Wolfgang Maxwitat, Carola Pieper

E-Mail: [email protected]

Anzeigen:Rüdiger Kruppa (v.i.S.d.P.)Christian RoggeTel. 0451/144-1201E-Mail: [email protected]

Vertrieb:Rüdiger Kruppa (v.i.S.d.P.)

Die Verteilung erfolgt direkt undpersonalisiert an 10 000 ausgewählteAdressen von Unternehmen undFührungskräften der Region Lübeckund Schleswig-Holstein.

Tel. 0451/144-1620E-Mail: [email protected]

Erscheinungsweise:4 x jährlich

Nächster Erscheinungstermin:April 2017

28 Service-Clubs Rotary,Lions-Clubs & Co sind regional,deutschlandweit und internationalvernetzt.

9 Reedereien Der Insolvenzantrag der südkoreanischen Hanjin Shippinghat ein Branchenbeben ausgelöst. Fotos: Maja Nicht, helmutvogler, laufer/Fotolia

15 Finanzwirtschaft Warum eine Maßnahme der Zentralbanken nachder anderen im Sande verläuft.

Unser Mittelstand bringt beste Voraussetzungen mit, um sich im globalen Wettbewerb zu behaupten, sagt Dr. BerndBösche, Geschäftsführer Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH. Foto: WTSH

STANDPUNKT

Die Globalisierung hat schonlange den Mittelstand erreicht

A IMPRESSUM

DIE WIRTSCHAFT – Das Informationsblatt für Entscheider und Mitdenker in Unternehmen der Region Lübeck und Schleswig-Holstein.

Page 3: Die Wirtschaft

Freitag, 25. November 2016 3AUSSENHANDEL

Von Hannes Lintschnig

„Die Märkte in der EU sind hoch-kompetitiv. Das ist eine Herausfor-derungfür uns“, sagt Christian Krü-ger, der bei dem Lübecker Unter-nehmen Euroimmun für den inter-nationalen Vertrieb zuständig ist.Das Unternehmen produziert Test-und Automatisierungssysteme fürdie medizinische Labordiagnostikund vertreibt diese in den meistenLändern der EU über eigene Nie-derlassungen oder Distributoren.„Wir gehen davon aus, dass unsereGeschäfte in den EU-Ländern in ei-ner Größenordnung von etwa fünfProzent und maximal zehn Prozentwachsen werden.“

Besonders mit den skandinavi-schen Ländern verbindet Schles-wig-Holstein eine lange Handels-tradition – und auch heute nochnehmen sie eine wichtige Stellungein. Dänemark ist das wichtigsteExportland. Der Wert der Ausfuh-ren betrug laut Statistikamt NordimvergangenenJahr rund 1,6 Milli-arden Euro, was eine Steigerung

von 7,2 Prozent im Vergleich zumVorjahr bedeutet. Dänemark ist da-mit auf Platz eins der Ausfuhrlän-der Schleswig-Holsteins. Auch beidänischen Unternehmern ist dasnördlichste Bundesland sehr be-liebt. Laut der Industrie- und Han-delskammer haben mehr als einDrittel aller dänischen Unterneh-mer, die sich im Jahr 2014 inDeutschland niedergelassen ha-ben, die Region zwischen Ham-burg und Flensburg gewählt. Diedänischen Unternehmer schätzendie vergleichsweise geringen Ar-beitskosten und die flexiblen Ar-beitszeiten.

„Deutschland ist mit Abstand derwichtigste Absatzmarkt für däni-sche Unternehmen, und innerhalbDeutschlands nimmt Norddeutsch-land eine klare Spitzenpositionein“, sagt Sandra Bækby-Hansenvon der deutsch-dänischen Han-delskammer. „Außerdem wagenviele dänische Unternehmen denMarkteintritt über Norddeutsch-land. Allein in Norddeutschlandsind knapp 1400 dänische Tochter-gesellschaften ansässig, insgesamtsind es 2600 in Deutschland. Nord-deutschland ist sozusagen der er-weiterte Heimatmarkt dänischerUnternehmen.“Derwichtigste Fak-tor für die erfolgreichen Außenhan-delsbeziehungen sei die Nachbar-schaft der Regionen, kulturell herr-sche eine große Affinität. „Bisherwarvor allemJütland Norddeutsch-land sehr nahe. Mit der neuen Feh-marn-Verbindung wird dann auchdas östliche Dänemark besser mitNorddeutschland zusammenwach-sen können“, sagt Bækby-Hansen.Beim letzten Hamburg-Copenha-gen-Business-Forum haben sichrund 250 UnternehmensvertreterüberdiegeschäftlichenMöglichkei-ten informiert.

Auch die Niederlande und Bel-gien zählen zu Schleswig-Hol-steins wichtigsten Exportpartnern.Auf der Liste der wichtigsten Be-stimmungsländer für Waren ausSchleswig-Holstein 2015 steht derdeutsche Nachbar auf Platz drei.Die Niederlande bezog im vergan-genen Jahr Waren im Wert vonrund 1,28 Milliarden Euro, das sind9,4 Prozent weniger als im Vorjahr.Belgien ist auf Platz sieben derwichtigsten Exportländer Schles-wig-Holsteins, etwa 930 MillionenEuro betrug der Wert der Ausfuh-ren 2015. Das Land mit rund elf Mil-lionen Einwohnern ist besonders

bei deutschen Investoren beliebt,genauso wie das GroßherzogtumLuxemburg. „Laut neuesten ver-fügbaren Zahlen hatte das König-reich Ende 2014 einen Anteil vonvier Prozent am weltweiten kumu-lierten Bestand von deutschen Di-rektinvestitionen im Ausland unddas Großherzogtum sogar von 7,1Prozent“, meldete die Wirtschafts-förderungsgesellschaft der Bun-desrepublik Deutschland, Germa-ny Trade & Invest (GTAI), im Maidieses Jahres. „Damit standen bei-de Länder vor weitaus größerenMärkten wie Frankreich (3,6 Pro-zent) oder Italien (3,3 Prozent).“

Polen ist ebenfalls unter denTop Ten der wichtigsten Ausfuhr-länder für Waren aus Schles-

wig-Holstein. 2015 betrugen dieExporte nach Polen 837 MillionenEuro (10,3 Prozent mehr im Ver-gleich zu 2014). „Der Handel zwi-schen Norddeutschland und Polenist seit 2002 stetig gestiegen, mitAusnahme der Jahre weltweitenWirtschaftskriese zwischen 2008und 2009“, sagt Katarzyna Sosz-ka-Ogrodnik von der Deutsch-Pol-nischen Industrie- und Handels-kammer. Polen ist aktuell, was dieExporte betrifft, vor Österreich derneuntgrößte HandelspartnerSchleswig-Holsteins. Die am häu-figsten von Schleswig-Holsteinnach Polen exportierte Waren sind

unter anderem chemische Erzeug-nisse, Maschinen, Gummi- undKunststoffwaren, Nahrungs- undFuttermittel sowie Bekleidung,Kraftwagen und pharmazeutischeErzeugnisse.

In der jüngsten Konjunkturum-frage der Deutsch-Polnischen Au-ßenhandelskammer im Frühjahrdieses Jahres bemängeln deutscheUnternehmer die politischen Rah-menbedingungen im Land. Dieüber 200 befragten ausländischenInvestoren stehen zwar der Ent-wicklung des polnischen Marktesoptimistisch gegenüber. Aller-dings bemängeln sie die politischeStabilität, was auf den Regierungs-wechsel in Polen Ende 2015 zurück-zuführen ist. In vorigen Ergebnis-

sen wurde dieses Kriterium meistpositiv beantwortet.

Deutsche Unternehmer solltenim Umgang mit europäischen Ge-schäftspartnern auf gewisse Re-geln achten. Denn auch wenn zwi-schen Deutschland und Däne-mark, den Niederlanden oder Bel-gien nur wenige Kilometer liegen,gibt es doch eine Menge Fettnäpf-chen, in die man besser nicht tretensollte. Kai Oppel, Autor des Buches„Business-Knigge“, hat darin eini-ge sehr nützliche Tipps zusammen-gestellt.

Deutsche Unternehmen habendanach beispielsweise in Däne-mark einen sehr guten Ruf, sie gel-ten als solide, verlässlich und inno-vativ. Fast alle dänischen Ge-schäftsleute sprechen Englisch,manche sogar Deutsch. Trotzdemkönnen einige Worte auf Dänischweiterhelfen. „Jeder Versuch, inder Landessprache zu kommuni-zieren, signalisiert Ihren potenziel-len Geschäftspartnern Interesseund Wertschätzung“, sagt Oppel.Außerdem sollten deutsche Unter-nehmer beachten, dass in Däne-mark sehr flache Hierarchien herr-schen, Protzerei und prahlerischesAuftreten kommen nicht gut an.„Treten Sie gegenüber dänischenPartnern mit Understatement undBescheidenheit auf, gepaart mit ei-nem kräftigen Schuss Flexibili-tät“, sagt Oppel.

Inden Niederlanden sind diehie-rarchischen Strukturen ebenfallssehr flach. Deutsche Unternehmersollten auch Praktikanten ernstneh-men, wenn sie am Verhandlungs-tisch sitzen, schreibt Oppel. Bei Ge-schäftsverhandlungen wirdschnell geduzt. Das ist üblicherwei-se nicht unbedingt eine Freund-schaftsbekundung, sondern einepragmatische Vereinfachung der

Kommunikation. Schulter klopfenoder überschwängliche Gestenwerden als übertrieben und zu nahempfunden. Und aufpassen sollteman besonders darauf, den Begriff„Holland“ richtig einzusetzen.Denn Holland bezieht sich nur aufzwei Regionen in den Niederlan-den. Oppel rät, diese Bezeichnunglieber zu vermeiden, wenn mannichtgenau weiß,aus welcher Regi-on der Geschäftspartner stammt

In Belgien fängt es bereits mitder Sprache an. Denn in unseremNachbarland werden sowohl nie-derländisch, französisch als auchdeutsch gesprochen. Zwar ist Eng-lisch als Geschäftssprache sehr ver-breitet und reicht völlig aus, aberman sollte sich darüber bewusstsein, aus welchem Teil Belgiensder Geschäftspartner stammt. Bel-gier sind laut Oppel Genießer, sienehmen sich viel Zeit zum Essenund verstehen es deshalb nicht,wenn man sein Essen hastig herun-terschlingt. Außerdem gehört zufast jeder Mahlzeit ein Glas Wein,Bier wirkt hingegen eher bäuer-lich. Wer keinen Wein trinken will,der sollte eine Krankheit oder Un-verträglichkeit anführen, damit esnicht so wirkt, als wolle man im Ge-schäftsgespräch unbedingt dieKontrolle behalten.

Für Christian Krüger, der die je-weiligen kulturellen Unterschiedeebenfallskennt, sind einige Verhal-tensformen in jedemLand unerläss-lich: „Überall gilt, dass man sich alsKooperationspartner dadurch gutetablieren kann, wenn man seinenWorten Taten folgen lässt und zu-verlässig, nachvollziehbar sowietransparent kommuniziert.“ A

Kontakte zu allen europäischenAußenhandelskammern:www.ahk.de

„Deutschland ist mit Abstand der wichtigste Absatzmarktfür dänische Unternehmen, und innerhalb Deutschlandsnimmt Norddeutschland eine klare Spitzenposition ein.“

Sandra Bækby-HansenDeutsch-dänische Handelskammer

EUROPA

Der größte Markt für Schleswig-HolsteinDie meisten Waren aus dem Norden gehen in die EU – besonders zu direkten Nachbarn. Dänemark ist das Exportland Nummer eins.

Als könnte man die Silhouette Norddeutschlands von dort aus sehen: Das dänische Kopenhagen liegt nur einen Sprung über das Meer entfernt von Schleswig-Holstein. Entsprechend intensiv ist der Handel. Foto: canbedone, JiSign, SG-design / Fotolia

Knapp zwei Drittelaller Exporte aus

Schleswig-Holstein sindim vergangenen Jahr in

EU-Länder geliefertworden. Das sind zwar

etwas weniger als im Jahr2014, trotzdem bleiben die

Märkte innerhalbder EU die wichtigsten

Absatzmärkte fürSchleswig-Holstein.

DIE WIRTSCHAFT – Neben Dänemark zählen die Niederlande und Belgien zu Schleswig-Holsteins wichtigsten Exportpartnern.

Page 4: Die Wirtschaft

4 Freitag, 25. November 2016AUSSENHANDEL

USADeutsch-AmerikanischeHandelskammer80 Pine Street, Floor 24New York, NY 10005, USATel. +1 212 974 [email protected]://www.gaccny.com

KanadaDeutsch-Kanadische Industrie-und Handelskammer480 University Avenue, Suite 1500Toronto, Ontario, M5G 1V2, KanadaTel. +1 416 598 33 55Info.toronto(at)germanchamber.cawww.germanchamber.ca

Von Nicole Hollatz

Die Bedeutung des Handels zwi-schen Schleswig-Holstein und denUSA lässt sich einfach auf denPunkt bringen: „Der US-Marktzeigt aus unserer Sicht in den letz-ten Jahren die größte Dynamik“,sagt Werner Koopmann, federfüh-rend für den Bereich „Internatio-nal“ bei der IHK Schleswig-Hol-stein.

Waren im Wert vonrund1,45 Mil-liarden Euro gingen alleine im Jahr2015 in die Richtung, ein Plus von8,5 Prozent im Vergleich zum Vor-jahr.Zum Vergleich:die Gesamtex-porte aus Schleswig-Holstein imWert von 19,7 Milliarden Euro sindim gleichen Zeitraum um nur 0,4Prozent gestiegen. Hamburger Un-ternehmen verzeichnen gar einPlus von 32 Prozent für den Umsatzin den USA – Waren im Wert von4,5 Milliarden Euro schippertenaus Hamburg in das „Land der un-begrenzten Möglichkeiten“.

Fast unwichtig erscheint im Ver-gleich dazu der Handel mit Kana-da: „Der Umfang des Warenaus-tauschs bleibt hinter den Möglich-keiten beiderVolkswirtschaften zu-rück“, urteilt das Auswärtige Amt.Der Wert aller Exporte Deutsch-lands nach Kanada beträgt im Jah-resschnitt um die 8,6 MilliardenEuro, während Deutschland rund3,4 Milliarden Euro an Waren ausKanada importiert.

Unbekanntes MarzipanEin Beispiel für den transatlanti-schen Handel ist Lübecker Marzi-pan. Nordamerikaner mit deut-schen Wurzeln wollen auf die süßeHeimatverbundenheit nicht ver-zichten. „Die US-Amerikaner undKanadier schätzen hochwertigeProdukte aus Deutschland. Gleich-zeitig stehen wir vor der Herausfor-derung, dass sich nicht jeder etwasunter dem Begriff Marzipan vor-stellen kann“, sagt Willi Meier, Lei-ter Export beim Marzipanherstel-ler Niederegger. Das Unterneh-men setzt auf Marketingaktionenund Verkostungen, um den Marktnoch weiter zu erschließen.

Einen großen Anteil am Im- undExport Schleswig-Holsteins hatder Bereich Pharmazie, dort sindim letzten Jahr Waren im Wert vonzirka 600 Millionen Euro zwischenSchleswig-Holstein und den USA-gehandelt worden. Auch Maschi-nen aus Schleswig-Holstein kom-men in Übersee gut an – alleineWaren im Wert von 380 MillionenEuro wurden im vergangenenJahr in dieser Branche nach Nord-amerika exportiert.

„Nordamerika ist für uns einhochattraktiver Markt, in dem wirlange schon tätig sind, die USAsind für Dräger nach Deutschlandder zweitwichtigste Markt“, sagtRainer Klug. Er ist beim LübeckerTraditionsunternehmen DrägerVorstand für die Region Amerika.Seit mehr als 100 Jahren agiert dasinternational führende Unterneh-men im Bereich Medizin- und Si-cherheitstechnik dort – aber nichtnur als Exporteur. In Nordamerikawerden auch Produkte entwickeltund hergestellt. Gut 20 Prozentdes weltweiten Dräger-Umsatzeskommen aus Nordamerika, „einsignifikanter dreistelliger Millio-nenbetrag.“

Die Bedeutung der Ausrüstungvon Draeger hat sich sogar in derUS-amerikanischen Sprache nie-dergeschlagen. „Draegerman“heißt dort der Grubenwehrmannunter Tage. Die Bergbau-Sicher-

heitstechnik aus Lübeck war na-mensgebend. Viele Grubenmän-ner identifizieren sich mit dem Na-men, lassen sich den Schriftzugauf den Oberarm tätowieren.

Dräger liefert Atemschutztech-nik und Pressluftatmer für die ame-rikanischen Feuerwehren, im Me-dizinbereich Geräte für die Inten-sivbeatmung oder Inkubatoren„made in Lübeck“ für Frühchen-stationen in den USA. Das medizi-nische Fachpersonal in den USAwird an Dräger-Geräten weiterge-bildet. Anästhesiegeräte werdenin Lübeck für den Weltmarkt pro-duziert. „Es gibt in NordamerikaRegionen, in denen wir in diesemSektor über 50 Prozent Marktan-teil haben“, sagt Klug. „Wenn Siein New York ins Krankenhaus müs-sen, kommen Sie mit großer Wahr-scheinlichkeit an ein Gerät aus Lü-

beck.“ Das Label „Made in Germa-ny“ zieht. „German Engineeringist ein zusätzlicher Wertfaktor“, be-tont Rainer Klug. Das punkte auchgegenüber dem sonst gern patrio-tisch kaufenden US-Amerikaner.

Dass deutsche Ingenieursarbeitin Nordamerika gefragt ist, bestä-tigt Lutz Nehls von der LübeckerPossehl-Gruppe. Vorausgesetzt,der Preis stimme. 8,5 Prozent desUmsatzes macht das Unterneh-men in Amerika. „Das ist nicht derwichtigste Markt für uns– das sinddas Inland und Europa“, führtNehls weiter aus. Die Hälfte desUnternehmensumsatzerlöses von3,5 Milliarden Euro werden im In-land generiert. „Aber im BereichMaschinenbau ist Nordamerikaein wichtiger Markt für uns“, soNehls. Reifenbaumaschinen fürden amerikanischen Automobil-

markt, deutsche Dokumentenma-nagementsysteme wie Kuvertier-maschinen für Banken und Versi-cherungen in den USA oder Druck-maschinen für die amerikanischenZeitungen. Reinigungsmaschinenfür die Supermärkte sind zwar ei-ne deutsche Entwicklung, werdenaber in Amerika produziert. „DieAmerikaner merken, dass wir mitunseren deutschen Produkten teu-rer, aber oft besser sind. Die Frageist, ob der amerikanische Marktdas so will. Ist er bereit, für dieseQualität zu zahlen?“

Nicht immer, weiß Lutz Nehlsund beschreibt die amerikanische„Wegwerfmentalität“, bei dereher nach einigen Jahren neu in-vestiert wird anstatt einem Pro-dukt mit einem Ersatzteil ein länge-res Leben zu ermöglichen. „Wir se-hen das an unseren Reinigungsma-

schinen, bei denen haben wir ei-nen Marktanteil in den USA, abermit deutschen Maschinen würdenwir den nicht erreichen. Wir produ-zieren in Amerika, dann kostet dieMaschine 20, 30 Prozent wenigerund ist nicht ganz so hochwertigwie das Produkt aus Deutsch-land.“ Der starke US-Dollar helfederzeit den deutschen Unterneh-men. „Unsere Produkte sind so et-was preiswerter auf dem Markt“,sagt Nehls.

Die leichten Zuwächse für seinUnternehmen auf dem Markt wür-de er mit dem Anziehen der nord-amerikanischen Wirtschaft erklä-ren. Trotzdem: „Es ist schwer, diein Deutschland hergestellten Pro-dukte in den USA zu verkaufen,trotz der günstigen Wechselkurs-bedingen“, fasst Nehls zusam-men. Wichtig sei dabei der Service

vor Ort. „Wenn eine Maschinesteht, muss sie schnell wieder in Be-trieb genommen werden können.“In so einem riesigen Land wie denUSA ist es eine große Aufgabe,schnell vom Servicestützpunkt inder Fläche beim Kunden zu sein.

Diese Größe des Marktes mit allseinen Chancen und Risiken sei,so IHK-Fachmann Werner Koop-mann, die größte Herausforde-rung für die Unternehmen. „Wirhaben nicht einen NationalstaatUSA, wir haben 50 Bundesstaatenmit unterschiedlichen Regeln undSteuergesetzen.“

Zusammenarbeit vor OrtFür Marzipanhersteller Niedereg-ger ist die Herausforderung groß,die Produkte auf dem amerikani-schen und kanadischen Markt ver-kehrsfähig zu machen. „Es müs-sen einige Vorbereitungen getrof-fen werden, bevor die Produkte indie USA oder nach Kanada einge-führt werden können“, erklärtWilli Meier. Die Produkte müssen– trotz gleicher Inhaltsstoffe imVergleich zum deutschen Pro-dukt – anderes etikettiert werdendurch unterschiedliche Anforde-rungen bei der Auflistung vonNährwerten. „Um die Bedürfnis-se der Kunden gut einschätzen zukönnen, hat sich die enge Zusam-menarbeit mit Partnern vor Ortwie etwa Importeuren bewährt“,so Meier.

Auch die Zulassungsregeln sindeine beondere Herausfordeung.So sagt Werner Koopmann von derIHK: „In Europa kennen wir dasVorsorgeprinzip, wir testen ein Pro-dukt so lange, bis wir ausschließenkönnen, dass es Risiken für die Ver-braucher birgt. Die Nordamerika-ner denken anders. Ein Produkt er-hält im Zweifel schneller eineUS-Marktzulassung, die dann biszum Eintritt eines etwaigen Scha-densfalls gilt. Neue Produkte kom-men also weit schneller auf denMarkt, die Geschwindigkeit inden USA ist enorm.“ Das heißt fürdie Unternehmen dann auch, dasssie schneller auf dem Markt sind,aber auch schneller von der Kon-kurrenz überholt. „Wer erfolg-reich sein will, muss sich an diesesTempo gewöhnen.“

Aber auch die andere Mentali-tät jenseits des Atlantiks muss ver-stehen, wer dort Geschäfte ma-chen will. Als die Haltung von„Machern“ beschreibt RainerKlug die Denkweise der Nordame-rikaner – Menschen, die, andersals der alles durchdenkende deut-sche Ingenieur, möglicherweiseauftretende Probleme nicht im Vor-feld durchplanen, sondern erst,wenn sie tatsächlich auftreten. Zu-dem habe der nordamerikanischeMarkt eine größere Geschwindig-keit, mit er es gelte, Schritt zu hal-ten.

Dazu passt der nordamerikani-sche „Think positive“-Gedanke.Das Glas wird halb voll gesehen,der „worst case“ erst dann bespro-chen, wenn er eintritt. Der Ameri-kaner, der nicht vom Problemspricht, sondern vom „issue“ – derAngelegenheit. ADie Wall Street in New York. Die USA sind einer der wichtigsten Außenhandelpartner Schleswig-Holsteins. Foto: Fotolia / Péter Mács

NORDAMERIKA

„Think positive!“ ist das MottoDer nordamerikanische Markt bietet Unternehmen aus der Region Wachstumschancen – besonders im hochwertigen Bereich.

ANSPRECHPARTNER

Amerika-Experten

Große Zuwachsraten fürden Export RichtungNordamerika: Das

Qualitätsmerkmal „Made inGermany“ ist gefragt.

Vorausgesetzt,der Preis stimmt.

DIE WIRTSCHAFT – Die Bedeutung norddeutscher Produkte hat sich mit dem Begriff „Draegerman“ sogar in der amerikanischen Sprache niedergeschlagen.

Page 5: Die Wirtschaft

Freitag, 25. November 2016 5AUSSENHANDEL

Mit der „Transatlantic Trade andInvestment Partnership“ (zuDeutsch: Transatlantische Han-dels- und Investitionspartner-schaft) sollen Regelungen der euro-päischen und amerikanischenWirt-schaft besser aneinander ange-passt werden, Zölle und nicht-tari-färe Handelshemmnisse abgebautunddie Märkteweiter geöffnetwer-den, was ebenfalls mehr Wachs-tum und Beschäftigung bringensoll. Dennoch erklärt das Bundes-wirtschaftsministerium: „Das Frei-

handelsabkommen zwischen derEU und Kanada und TTIP sindkaum miteinander vergleichbar.“Mehr noch: Sigmar Gabriel meint,dass die USA nicht sehr erbautüber CETA seien, weil die dort ver-einbarten Standards Amerikani-schen Interessen entgegenstün-den. „CETA ist ein Schutz für einschlechtes TTIP“, so der Bundes-wirtschaftsminister ineiner Bundes-pressekonferenz.

Tatsächlich liegen die USA undEU bei vielen Punkten weit ausei-

nander – das Bundesministeriumspricht von „grundsätzliche Auffas-sungsunterschieden“ – und es läuftalles andere als glücklich zwischenden Handelspartner, was das Ab-kommen betrifft. „Es gab vierzehnVerhandlungsrunden und keineder wesentlichen Fragen ist auchnur im Ansatz geklärt“, sagte Ga-briel :„Ichglaube,dassdieAmerika-ner TTIP aktiv beendet haben –durch schlichte Nichtbereitschaft,auf die Europäer zuzugehen.“

Laut dem Bundeswirtschaftsmi-

nisterium hakt es an vielen Ecken:Die Amerikaner beharrten weiterauf private Schiedsgerichte, zeigtenkeine Bewegung beim Zugang zudenamerikanischenöffentlichenBe-schaffungsmärkten für europäischeUnternehmen, lehnten das europäi-sche System der geographischenHerkunftsbezeichnungen ab undkämen auch hinsichtlich der ILO-Kernarbeitsnormen nicht der EUentgegen. Nach der 14. Verhand-lungsrundeimJulidiesesJahreshat-te das Ministerium eine Bewertung

des aktuellen Verhandlungsstan-des vorgenommen. Demnach warfür keines der 27 bis 30 Kapitel desAbkommens eine Einigung erzieltworden. Ursprünglich sollte derHandelsvertrag zwischen den USAund der EU bis Jahresende ausge-handelt sein.

Frankreichs Präsident FrançoisHollande sagte bereits Ende Au-gust,erhalte imgegenwärtigenUm-feldkeineVereinbarung zu TTIPbiszum Jahresende für möglich. EineAbmachung vor Ende der Amtszeit

von US-Präsident Barack Obamakönne er nicht unterstützen. Jetztglauben fast alle, dass TTIP für län-gere Zeit auf Eis liegt. ObamasNachfolger Donald Trump lehntTTIP jedenfalls ab, das hat er in sei-nem Wahlkampf immer wieder be-tont. Zwar fand vom 3. bis 7. Okto-ber noch die 15. TTIP-Verhand-lungsrunde in New York statt. NachTrumps Wahlsieg geht aber auchEU-Handelskommissarin CeciliaMalmström von einer Verhand-lungspause aus – Ausgang offen.

Von Britta Kessing

Gerade einmal 0,7 Prozent derEU-Bürger wohnen in der Wallo-nie, rund 3,5 Millionen. Doch wasCETA betrifft, kommt dem franzö-sischsprachigen Teil im Süden Bel-giensgroßeMachtzu–unddienutz-te der dortige Regierungschef PaulMagnette. Bis zuletzt weigertensich die Wallonen gegen das Ab-kommen mit Kanada. Auch andereRegionalvertreter schlossen sichan.Weil die belgische Zentralregie-rungaber auf ein „Ja“ aller Landes-teile angewiesen ist, konnte auchsie CETA nicht zustimmen. Dennauf EU-Ebene gilt: Ohne Belgiengeht es nicht. Der Handelsvertragkann nur einstimmig beschlossenwerden.Nach tagelangen Nachver-handlungen gab es dann doch eineEinigung – am 30. Oktober, drei Ta-ge später als geplant, wurde CETAschließlich unterzeichnet.

Impulse für den MittelstandVerhandeltwurde das Comprehen-sive Economic and Trade Agree-ment (CETA, zu Deutsch: Umfas-sendesWirtschafts-undHandelsab-kommen) bereits seit 2009. Mit demWegfall fast aller noch bestehenderZölle, leichterem Marktzugang fürUnternehmensowie vereinheitlich-tenRegeln imHandel solleseingrö-ßeres Handelsvolumen sowie zu-sätzliche Arbeitsplätze schaffen.

„Ein gemeinsames Abkommenlöst neue Impulse für den Mittel-stand aus“, heißt es seitens desBundeswirtschaftsministerium.„Nach Angaben der EU-Kommissi-on dürfte infolge der Umsetzungdes Abkommens das bilateraleHandelsvolumen bei Waren undDienstleistungen EU-weit umrund 23 Prozent steigen. Europäi-sche Unternehmen würden infol-ge des Zollabbaus jährlich rund470 Millionen Euro einsparen. DieEU-Kommission erwartet, dasssich durch CETA das jährlicheBruttoinlandsprodukt der Europäi-schen Union um etwa 12 Milliar-den Euro jährlich erhöhen wird.“Kritiker befürchten indes, dassdies auf Kosten von Umwelt undVerbrauchern geschieht, demokra-

tische Grundsätze ausgehebeltund in erster Linie Großkonzernevon CETA profitieren werden.

Nachdem die technischen Ver-handlungen 2014 und die folgendeRechtsförmlichkeitsprüfung desAbkommens Anfang dieses Jahresabgeschlossen worden waren,schlug die EU-Kommission demRat vor, CETA als „gemischtes Ab-kommen“ zu beschließen – und er-möglichtesomit das Vetoder Wallo-nen. Denn manche Teile von CETAverbleiben dadurch in der Zustän-digkeit der einzelnen Mitglieds-staaten und fallen nicht in die Ge-meinsame Handelspolitik der EU.

Entsprechend ist die Zustim-mung der nationalen Parlamentezum Abkommen notwendig, alle28 EU-Mitgliedsstaaten werdenVertragspartner sein. Nach Ratsbe-schluss, Unterzeichnung des Han-delsvertrags und Zustimmung imEuropaparlament muss dieserdann noch in allen Ländern ratifi-ziert werden – was Jahre dauernkann. Erst danach tritt das Abkom-men vollständig in Kraft.

Das Bundeskabinett hat dem Ab-kommen unter Auflagen des Bun-desverfassungsgerichts zuge-stimmt.Letzteres hatte am13.Okto-ber zwar Eilanträge gegen CETAabgelehnt. Die Bundesregierungmüsse allerdings sicherstellen, sodas Gericht, dass – unter anderem –eineeinseitige Beendigung der vor-läufigen Anwendung durchDeutschland möglich ist.

Rund 200 000 Personen hattensich mehreren Anträgen, unter an-derem von Campact, Foodwatchund „Mehr Demokratie“, ange-schlossen – die bislang größte Bür-gerklage vor dem Bundesverfas-sungsgericht. Hunderttausendewaren zudem wenige Wochen zu-vor in mehreren deutschen Städtengegen CETA und TTIP auf die Stra-ße gegangen. Aufgerufen hattenunter anderem Wohlfahrts- und So-zialverbände, Umwelt- und Ver-braucherschutzorganisationen so-wie Gewerkschaften. „Beide Ab-kommen schaffen eine konzern-freundliche Paralleljustiz, beidesind eine Gefahr für die Demokra-tie, für Sozial- und Umweltstan-dards und die öffentliche Daseins-vorsorge, beide müssen gestopptwerden. CETA bedeutet TTIPdurch die Hintertür“, so die Organi-satoren.

Derartige Bedenken weisen dieEuropäische Kommission sowie dasBerlinerWirtschaftsministerium zu-rück. So könnten die EU-Länderstaatliche Monopole für bestimmteDienste beibehalten und verpflich-te CETA eben nicht zur Privatisie-rung öffentlicher Dienstleistungenwie der Wasserversorgung oder imBereich Gesundheit, Soziales oderBildung. Ausschreibebedingungenkönnten wie bisher von Kommu-nenoder anderen Stellen festgelegtwerden. Hinsichtlich des Investiti-onsschutzes weist das Ministeriumzwar darauf hin, dass DeutschlandeinesolcheEinbeziehungindasAb-kommen stets kritisch gesehen ha-be: „Denn die Bundesregierung istder Auffassung, dass Kanada übereinebelastbareRechtsordnung ver-

fügt und damit ausreichend Rechts-schutz für europäische Investorenvor unabhängigen nationalen Ge-richten gewährleistet.“ Zugleichwird aber betont, dass mit dem neu-en Ansatz der EU – dem sogenann-ten Investment Court System (ICS,zuDeutsch: Investitionsgerichtssys-tem) – „erstmals ein moderner In-vestitionsschutz vereinbart“ wor-den sei, mit einem öffentlich legiti-mierten Investitionsgericht mit vondenVertragsparteienernanntenun-abhängigen Richtern, einer Beru-fungsinstanz sowie transparentenVerfahren mit öffentlichen Ver-handlungen, Entscheidungen undSchriftsätzen, wobei der Verliererdie Prozesskosten trage.

Rechte haben BestandAuch Arbeitsrechte und -stan-dards, Umwelt- und Verbraucher-schutz würden durch CETA nichtaufgeweicht, sondern bekräftigt.Ebenso werde das Vorsorgeprinzipgewahrt.„Eine Abkehrvom Vorsor-geprinzip durch ein Abkommenmit Kanada ist auch deshalb nichtzu erwarten, weil Kanada entgegenvielerBehauptungen das Vorsorge-prinzip in vielen Fällen selbst an-wendet“, heißt es dazu aus demBundeministerium. Und die EU-Kommission stellt klar: „Kanadi-sche Erzeugnisse dürfen wie bishernur dann eingeführt und in der EUverkauft werden, wenn sie dieEU-Vorschriften uneingeschränkteinhalten. So beeinträchtigt CETAetwa nicht die EU-Beschränkun-gen für Rindfleisch mit Wachstums-hormonen oder GVO“, also gene-tisch veränderte Organismen.

Dennoch bleiben Zweifel. CE-TA-Kritiker fürchtenetwa,dass indi-rekt, über in Kanada verwendetesTierfutter, gentechnisch veränderteLebensmittel nach Europa gelan-gen, ohne gekennzeichnet zu sein,unddasssich insgesamtbeigemein-samen Regelungen der geringereStandard durchsetzen wird. 101Rechtsprofessoren aus 24 EU-Staa-ten riefen zudem Mitte Oktober ineiner Stellungnahme zum Investiti-onsschutz dazu auf, ganz auf selbi-gen sowie entsprechende Verfah-ren zu verzichten, und zahlreicheEU-Parlamentarier äußerten wenigspäter ihre Unterstützung für dieHaltung der Wallonie.

Bereits zuvor war Kanada auf vie-le Änderungswünsche seitens derEU eingegangen – das Abkommenist, rein wirtschaftlich, für die Kana-dier wichtiger als für die EU. So istlaut EU-Kommission Kanada fürdie Europäische Union der zwölft-wichtigste Handelspartner, diesewiederum für Kanada mit einemAnteil von zehn Prozent am kanadi-schen Außenhandel aber der zweit-größte nach den USA. Insgesamt er-reiche der Warenhandel zwischender EU und Kanada ein Volumenvon fast 60 Milliarden Euro jähr-lich.

Ausschließlich positiv wird dasAbkommen allerdings auch in Ka-nadanicht gesehen. Wie in der Wal-lonie werden auch hier negativeAuswirkungen auf die Landwirt-schaft befürchtet – durch billigereMilchprodukte aus Europa. A

Der schwierige SuperpaktDrei Jahre, fünfzehn Verhandlungsrunden und keine Einigung in Sicht – das Handelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA liegt jetzt auf Eis.

CETA

Holpriger AbschlussErst nach zahlreichen Verzögerungen und Einwänden einigten sich

die Europäische Union und Kanada auf ein Handelsabkommen.

Die Metropole Toronto im Abendlicht. Nützt CETA den Kanadiern mehr als den Europäern?

Nach Jahren derVerhandlung sollte dasFreihandelsabkommenzwischen der EU und

Kanada eigentlich EndeOktober unterzeichnet

werden. Mit demvorläufigen „Nein“ aus

Belgien musste derEU-Kanada-Gipfel

verschoben werden.Nach nervenaufreibenden

Verhandlungen einigteman sich doch. Aber dienationalen Parlamente

müssen noch zustimmen.

DIE WIRTSCHAFT – CETA-Gegner fürchten gentechnische veränderte Produkte. Und dass sich insgesamt ein geringerer Standard durchsetzen wird.

Page 6: Die Wirtschaft

6 Freitag, 25. November 2016AUSSENHANDEL

Deutsch-RussischeAuslandshandelskammer1. Kasatschi per. 7119017 Moskau Russische FöderationTel. +7 495 234 49 [email protected]

WTSH-Wirtschaftsförderungund TechnologietransferSchleswig-Holstein GmbHPostfach, 24100 Kiel

Besuchsadresse:Lorentzendamm 24, 24103 KielTel. 0431 / 666 66 – [email protected]

Ost-Ausschuss derDeutschen WirtschaftGeschäftsführungHaus der Deutschen WirtschaftBreite Straße 29, 10178 BerlinTel: 030/ 2028 [email protected]

Von Hannes Lintschnig

Thomas Nielsen bereut seine Ent-scheidung nicht, in Estland eineFirma gegründet zu haben. Der Ge-schäftsführer der schleswig-hol-steinischen Firma „YachtsportEckernförde“ ist seit 2007 auch inEstland geschäftlich tätig. „VonBeginn an zeigte sich, dass manmit den Esten sehr gut zusammen-arbeiten kann. Man ist dort sehrdeutsch, denkt und handelt in vie-len Dingen wie wir“, sagt Nielsen.In diesem Jahr hat er eine Werft inEstland übernommen, beschäftigt20 Mitarbeiter und lässt dort Luxus-segelyachten bauen. „Ich habe dieEsten als sehr zuverlässig, ehrlich,bescheiden und sehr offen kennengelernt. Außerdem hat man als aus-ländischer Investor dieselbenRechte wie Esten. Das ist sehr posi-tiv.“

Auchandere deutsche Unterneh-mer schätzen die baltischen Staa-ten. Bei der Konjunkturumfrageder Deutsch-Baltischen Außenhan-delskammer(AHK),beider imFrüh-jahr dieses Jahres 114 deutsche Fir-men in Estland, Lettland und Litau-en befragt wurden, bekamen diedrei Länder des Baltikums wie inden Jahren zuvor gute Noten. DieMehrheit der Unternehmer erwar-ten steigende Umsätze, neun vonzehn würden sich erneut für den

Standort entscheiden. Im Ver-gleich zu Befragungen in anderenLändern in Mittel- und Osteuropa,die im selben Zeitraum befragtwurden, belegen die drei balti-schen Staaten die ersten drei Plät-ze.

„Besonders erfreulich ist daslangjährige Bekenntnis unsererMitglieder zu den baltischen Staa-ten“, sagt AHK-Präsident Tho-mas Schöllkopf. „Das zeigt uns,dass Estland, Lettland und Litau-en attraktiv für langfristige Inves-titionsprojekte sind.“ Die deut-schen Unternehmer haben beson-ders die Zahlungsdisziplin, dieQualifikation der Arbeitnehmer,die akademische Ausbildung unddie Rechtssicherheit sowie dieQualität und Verfügbarkeit vonZulieferern als Standortfaktorenhervorgehoben. „Estland, Lett-land und Litauen haben die Maas-tricht-Vorgaben erfüllt und sindMitglieder der Eurozone – unddas, obwohl sie erst 2004 EU-Mit-glieder wurden“, sagt Schöllkopf.„Das ist eine beeindruckendewirtschaftliche Leistung und inVerbindung mit niedrigen Lohn-kosten eine äußerst attraktiveChance für deutsche Investoren.“Wachstumsbranchen im Balti-kum seien laut AHK besonders In-formations- und Kommunikations-technik, Nahrungsmittelverarbei-tung, Energieeffizienz, Chemi-sche Industrie, Transport und Lo-gistik, Biotechnologie.

„Wirtschaftliche Beziehungenzwischen Estland und Lettlandmit Norddeutschland haben einelange Tradition und werden durchhistorisch-kulturelle Beziehun-gen verstärkt“, sagt Lars BjörnGutheil, stellvertretender Ge-schäftsführer der AHK und meintdamit die Nähe zur Ostsee sowiefrühere Handelsbeziehungen zurZeit der Hanse. „Aber auch Litauenhat eine enge Bindung an Deutsch-land, und es bestehen zahlreicheBindungen zu Unternehmen imdeutschen Norden. Potenzial zu ei-ner wirtschaftlichen Zusammenar-beit gibt es etwa in den BereichenWindenergie und Hafenwesen,Landwirtschaft, aber auch Maschi-nenbau und Metallbearbeitung.“

Deutsche Unternehmen expor-tieren nach Lettland vor allemElektrotechnik und Elektronik,Fahrzeuge und Fahrzeugteile, Ma-schinen und Ausrüstungsgegen-stände, Nahrungsmittel sowie che-mische Erzeugnisse. Exportgüteraus Lettland sind in erster LinieHolzprodukte, Fahrzeugteile so-wie Metallwaren. Aus Schleswig-Holstein wurden im vergangenenJahr Waren im Wert von rund 140Millionen Euro in die Länder desBaltikums exportiert, den Haupt-anteil daran haben die Länder Est-land und Litauen.

Es gibt aber auch Probleme inden Ländern an der Ostküste derOstsee. Nach Angaben von Germa-ny Trade & Invest (GTAI), der Wirt-schaftsförderungsgesellschaft derBundesrepublik Deutschland, gibtes auch eine Kehrseite des schnel-len, wirtschaftlichen Wachstums.So seien die Expansionsmöglich-keiten für Unternehmer durch denimmer stärkeren Fachkräfteman-gel eingeschränkt. Außerdem seibesonders in der Verarbeitung vonAgrar- und Forsterzeugnissen so-wie in der Textilindustrie kräftigeLohnsteigerungen zu verzeich-nen.

Dazu leidet die Wirtschaft derbaltischen Staaten unter denEU-Handelssanktionen gegen-über Russland. „Betroffen ist insbe-sondere der landwirtschaftliche so-wie der Nahrungsmittelsektor. Un-ternehmen, die Geschäfte in Russ-land gemacht haben oder Dienst-leistungen für russische Unterneh-men erbracht haben“, sagt Gut-heil. A

Von Hannes Lintschnig

Pelze und Wachs haben Kaufleuteaus der Hansestadt Lübeck im Mit-telalter in Russland gekauft und da-für Kleidung, Lebensmittel undWerkzeuge in das damalige Han-delszentrum Nowgorod gebracht.Die historischen Verflechtungenvon Norddeutschland und Russ-land gingen allerdings weit überden üblichen Handel hinaus.Durch die strategisch angelegteHeiratspolitik der holsteinischenFürsten führen beispielsweise dieWurzeln von Zar Peter III. oder Ka-tharina der Großen direkt nachNorddeutschland.

Heutesind dieHandelsbeziehun-gen zwischen Norddeutschlandund dem größten Land der Weltstark beeinträchtigt. Wegen desUkraine-Konflikts im Jahr 2014und dendaraus folgenden Handels-sanktionen der EU sowie den Ge-gensanktionen Russlands hat derHandel zwischen den beiden Län-dern hat stark abgenommen.

„Seit März 2014 sind die Exportenach Russland bundesweit um 37Prozent gesunken“, schreibt die In-dustrie- und Handelskammer Nord(IHK) in einer Mitteilung im Sep-temberdieses Jahres. „Der wertmä-ßige Export ist von rund 500 Millio-nen Euro im Monat auf die Hälftegeschrumpft und hat sich ab April2015 bei knapp über 200 MillionenEuro eingependelt“, sagt FritzHorst Melsheimer, amtierenderVorsitzenderder IHK Nord undPrä-ses der Handelskammer Hamburg.Dies entspreche ungefähr dem Ni-veau der Finanzkrise im Jahr 2009.

Die norddeutsche Wirtschaft istsogar noch stärker betroffen als derRest des Landes. Die Exporte ausNorddeutschland gingen seit März2014 um knapp 50 Prozent zurück.In absoluten Zahlen ist der Exportaus Norddeutschland nach Russ-land zwischen dem ersten Quartal2014 und dem zweiten Quartal2016 um 523,5 Millionen Euro zu-rückgegangen, die Ausfuhren aus

Deutschland nach Russland insge-samt um rund 2,8 Milliarden Euro,geht aus den Daten der IHK Nordhervor. Betroffen sind vor allemhochtechnisierte Exportproduktewie Kraftwagen, Kraftwagenteile,Maschinen sowie Elektronik.

Die Gegensanktionen von Russ-land, die die Einfuhr von Milchpro-dukten, Fleisch, Obst und Gemüseaus dem Westen für russische Un-ternehmerverbieten, zeigen beson-ders im Norden Wirkung, da die Er-nährungswirtschaft in Nord-deutschland überdurchschnittlichstark ist. Auch in der norddeut-schen Tourismusbranchesind Russ-landkriseund EU-Sanktionenspür-bar: Die Zahl der Übernachtungenvon Gästen aus Russland in Schles-wig-Holstein und Bremen ging umetwa ein Drittel zurück, in den übri-gen Bundesländern durchschnitt-lich um 25 Prozent. Deswegen for-dertFritz Horst Melsheimervon Sei-ten der Politik einen vertieften Dia-log mit Russland, um die Krise zuentschärfen.

„Norddeutschland ist vor allemwegen seiner Häfen für diedeutsch-russischen Wirtschaftsbe-ziehungen wichtig“, sagt AlexejKnelz, Sprecher der Deutsch-Russi-schen Außenhandelskammer „Ins-besondere die Schiffsverbindun-gen von norddeutschen Häfen – et-wa Lübeck, Hamburg, Kiel – nachSt. Petersburg spielen logistisch ei-ne wichtige Rolle“. Doch auch imSeeverkehr zeigen sich die Auswir-kungen der Handelssanktionen. Soging beispielsweise in Hamburgder seeseitige Containerverkehr imvergangenenJahrumeinDrittel zu-rück.

Dementsprechend ist die Stim-mung bei deutschen Unterneh-

mern. Die Zahl der in Russland ver-tretenen Unternehmen mit deut-schem Kapitalanteil hat sich 2015unter dem Eindruck der Krise von6000 auf 5600 reduziert. In der jähr-lichen Geschäftsklima-Umfragedes Ost-Ausschusses der Deut-schenWirtschaft undderAHKRuss-land vom Anfang dieses Jahres, beider 152 Unternehmen befragt wur-den, die im Russland-Deutsch-land-Geschäft tätig sind, waren dieErwartungen der Unternehmernicht positiv. Das aktuelle Ge-schäftsklima bezeichneten 94 Pro-zent der befragten Unternehmenals negativ oder leicht negativ. 82Prozent der Befragten gingen voneiner negativen oder leicht negati-ven Entwicklung der russischenWirtschaft aus und 57 Prozent er-warteten weitere Beeinträchtigun-gen bei den Ausfuhren nach Russ-land. Bezüglich der Wirtschafts-sanktionen gab es ebenfalls einedeutlicheEinstellung der Unterneh-men.60 Prozentplädieren fürdie so-fortige Aufhebung, 28 Prozent for-dern einen schrittweisen Abbauder Sanktionen. Nur zwölf Prozentsehen einen Anlass zur Beibehal-tung der Sanktionen. Vor einemJahr hatte dieser Wert noch bei 24Prozent gelegen.

Gleichzeitig wird in der Umfrageallerdings auch deutlich, dass dieUnternehmen nicht mit einer ver-stärkten Zuwendung Russlandsnach China rechnen. Etwa die Hälf-te geht davon aus, dass die EU undChina für Russland wichtige Han-delspartner bleiben, ein Fünftelsieht die EU sogar als bevorzugterHandelspartner Russlands. „Russ-land orientiert sich wieder mehrnach Europa. Der Wille zur Erneue-rung der Partnerschaft nimmt zu“,

sagt der Ost-Ausschuss-Vorsitzen-de Wolfgang Büchele. „Wir hoffen,dasskluge Politikdiese Signale auf-nimmtundnochstärker aufgemein-same Lösungen hinarbeitet, die wirfür wirtschaftliches Wachstum unddie Entschärfung einer Vielzahlvon Konflikten dringend brau-chen.“

Eine wirtschaftliche Annähe-rung der beiden Länder spiegelndiedeutschen Investitionen in Russ-land wider. Nach Angaben desNachrichtenmagazins„Spiegel On-line“ unter Berufung auf Zahlender Deutschen Bundesbank habendeutsche Unternehmen im erstenHalbjahr 2016 etwa 1,73 MilliardenEuro investiert – das ist etwa so vielwie im gesamten Vorjahreszeit-raum. Lutz Jürgensen weiß, warumdeutsche Firmen gerade jetzt inRussland investieren. Jürgensen istseit 1989 als Unternehmensberaterin Russland tätig. Seitdem hat der71-Jährige rund 500 Firmen ausDeutschland, Österreich und Ita-lien bei einem Markteintritt in Russ-land beraten. Etwa 150 dieser Un-ternehmen sind dauerhaft geblie-ben, darunter große Unternehmenwie der „Otto Versand“ und die„Tchibo“. „Unternehmen, die jetztnach Russland kommen, treffen aufgroße Unterstützung aller öffentli-chen Stellen“, sagt Jürgensen.„Deutschland ist immer nochWunschpartner Nummer eins derRussen. Alle hoffen auf ein schnel-les Ende der Sanktionsblockade.“Laut Jürgensen stehen viele Unter-nehmen momentan in den Startlö-chern und bereiten sich auf das En-de der Sanktionen vor.

Nach seiner langjährigen Erfah-rung auf dem russischen Markt gibtJürgensen allen deutschen Unter-nehmern, die in Russland Geschäf-te treiben möchten, einen Rat: „InRussland geht man besser in sehrkleinen und transparenten Schrit-ten vor. Man sollte nicht gleich eineigenes Unternehmen gründen,sondernerst einmal Vertriebsaktivi-täten starten und nur so viel inves-tieren,wie es sichmit dem tatsächli-chen Wachstum vereinbarenlässt“, sagt Jürgensen. Außerdemsollte mandie russischen Unterneh-mer nicht unterschätzen und im-mer auf Augenhöhe verhandeln.„Nachhilfeunterricht von Export-managern aus Deutschland, diedenken, sie müssten die Marktwirt-schaft erklären, sind schon oft ge-nug in Comics zu sehen.“ A

Deutsch-BaltischeHandelskammer

BÜRO ESTLAND Suurtüki 4b, 10133 TallinnTel. +372 6276 940

BÜRO LETTLAND Strelnieku iela 1-4, LV-1010 RigaTel. +371 6732 0718

BÜRO LITAUENVinco Kudirkos 6, LT-03105 VilniusTel. +370 5 213 1122

http://www.ahk-balt.org

BALTIKUM

Dauerhaftattraktiv

Estland, Lettland und Litauen entwickeln sich

zu langfristig interessanten Handelspartnern.

Blick auf Russlands Hauptstadt Moskau: Das Handelspotenzial ist gewaltig, aber die Stimmung hat sich verfinstert. Foto: Zakharov Evgeniy / Fotolia

ANSPRECHPARTNER

Vermittler für das Russlandgeschäft

Kohleverladung im Hafen von Riga.Foto: Fotolia / Igor Groshev

ANSPRECHPARTNER

Baltische Kontakte

Die Länder des Baltikumszählen zu dendynamischsten

Volkswirtschaften der EU.Auch bei deutschenUnternehmern sind

Estland, Lettland undLitauen sehr beliebt.

Seit Einführung derHandelssanktionen gegen

Russland verzeichnendeutsche Akteure starkeEinbrüche. Trotzdem wird

viel investiert.

DIE WIRTSCHAFT – Die russischen Gegensanktionen zeigen besonders in Norddeutschland Wirkung, wo die Ernährungswirtschaft stark ist.

RUSSLAND

Die Sanktionenschaden dem Norden

Die Exporte aus Norddeutschland nach

Russland sind um fast die Hälfte zurückgegangen.

Page 7: Die Wirtschaft

Freitag, 25. November 2016 7

AHK IranNelson Mandela Ave. (Africa Ave.)Navak Bld. No. 17P.O.Box: 15875-6118Teheran, IranTel. +98 21 8133 -1000http://iran.ahk.de

DeutschesWirtschaftsbüro Irak / ErbilTel. +964 750 325 85 [email protected]

Deutsch-EmiratischeIndustrie- undHandelskammerVereinigte Arabische EmirateBüro DubaiTel. +971 444 70 [email protected]

AUSSENHANDEL

Von Hannes Lintschnig

Neben den schon lange andauern-den Konflikten rund um Israel unddie Palästinensischen Gebiete so-wie im Irak hemmt seit 2011 beson-ders der Bürgerkrieg in Syrien diewirtschaftliche EntwicklungderRe-gion des Nahen Ostens. Doch derBedarf an Produkten aus dem Aus-land, besonders an erneuerbarenEnergien und Medizintechnik,aber auchananderen Warenwie et-wa Maschinen, ist in den Länderndes Nahen Ostens groß. Besondersder Iran steht bei deutschen Unter-nehmern gerade hoch im Kurs, siewollenamhohen Wachstumspoten-tial des 78-Millionen-Einwohner-Landes teilhaben.

„Iran befindet sich in einer Um-bruchphase“, sagt Rene Harun, Ge-schäftsführer der deutsch-irani-schen Industrie- und Handelskam-mer in Teheran. Nach der Aufhe-bungder EU-Sanktionen am 16. Ja-nuar dieses Jahres ist das Interessedeutscher Unternehmen, im IranGeschäfte zu machen, groß. „DerIran hat großen Modernisierungs-bedarf – und zwar in allen Berei-chen. Iran hat wirtschaftlich ein gro-ßes Potential. Im vergangenen Jahrbetrug das Außenhandelsvolumenvon Deutschland rund 2,4 Milliar-den Euro, in diesem Jahr wird es vo-raussichtlich ein bisschen mehr. Inden nächsten zwei bis drei Jahren

könnte es sich bei etwa 5 Milliar-den Euro und langfristig kann essich sogar bei 10 Milliarden Euroeinpendeln“, sagt Harun.

Und deutsche Produkte habenim Iran einen hervorragenden Ruf.„Made in Germany ist absolut einLabel! Was aus Deutschlandkommt, ist zwar häufig teurer alsdie Konkurrenzprodukte zum Bei-spiel aus China, aber meist auchqualitativ besser – das wissen dieMenschen. Deutsche Produktesind sehr begehrt.“

Schließlich war Deutschlandvor den Sanktionen der wichtigs-te Außenhandelspartner für denIran – nach den Sanktionen wurdees China. Aus Deutschland wer-den momentan besonders Maschi-nen und Anlagen, Automobilzulie-ferteile aber auch Medizintechnikoder Technologien für erneuerba-re Energien und anderes ver-kauft. „Wir haben im Moment ei-nen regelrechten Ansturm an An-fragen von deutschen Unterneh-men, die hier Fuß fassen wollen.Die Unternehmen wittern ihreChance. In diesem Jahr war schonjedes deutsche Bundesland mit ei-ner Wirtschaftsdelegation hier.“Auch aus Schleswig-Holstein warkürzlich eine Delegation mit Wirt-schaftsminister Reinhard Meyervor Ort.

Rene Harun vergleicht die aktu-elle Situation im Iran mit der inRussland in den 90er Jahren. „Ichsehe da deutliche Parallelen“, sagtHarun, der damals für diedeutsch-russische Auslandshan-delskammer gearbeitet hat. „Es isthier eine ähnliche Aufbruchsphasewie in Russland nach dem Zerfallder Sowjetunion, die Strukturensind sehr ähnlich.“ Aber nicht alleshat sich nach Aufhebung der Sank-tionen sofort vereinfacht. „Trotzdes Implementation Days im Janu-ar sind wir heute ein bisschen er-nüchtert, weil die Veränderungennicht so schnell kamen wie erhofft.In vielen Fällen herrscht noch vielzu viel Bürokratie, außerdem sind

auch immer wieder protektionisti-sche Maßnahmen zu beobachten“,sagt Harun. „Besonders Firmen,die auch in den USA aktiv sind, ver-halten sich wegen der bestehen-denUS-Sanktionenbeim Marktein-tritt in den Iran vorsichtig. Es be-steht Unsicherheit, die Firmen wol-len keine Nachteile in ihremUS-Geschäft riskieren.“

Das Investitionshemmnis Num-mer eins ist, dass direkte Finanz-transaktionen immer noch nicht

möglichsind. Mankann imIran kei-ne Kreditkarte nutzen und es istsehr schwierig, Geld von außen indas Land einfließen zu lassen. „Dasist das drängendste Problem, vordem wir stehen. Die Erwartung derdeutschen Unternehmen vor Ortwird immer größer“, sagt Harun.Auch Christian Krüger, zuständigfür den internationalen Vertriebbei der Euroimmun AG, kennt dieZahlungsschwierigkeiten im Iran:„Die Finanztransaktionen sind bü-rokratisch, werden aber in Zusam-menarbeit mit unserem dortigenGeschäftspartner, mit dem uns ei-ne langjährige fast freundschaftli-che Beziehung verbindet, noch ge-meistert. Hier ist eine Verbesse-rung bei der Abwicklung aber drin-gend erforderlich.“

Auch im Nachbarland Irak ha-ben deutsche Produkte ein hohesAnsehen. „Deutschland schöpftaus der Verlässlichkeit und derQualität ihrer Produkte die Wettbe-werbsfähigkeit gegenüber vor al-lem asiatischen Lieferländern“,

sagt Nisrin Khalil, Irak-Koordinato-rin bei der Deutsch-EmiratischenIndustrie- und Handelskammer.Die Exporte in den Irak sind vor-nehmlich Maschinen, Baumaschi-nen, Nutzfahrzeuge, Fahrzeugeund Produkte für Produktion undVerteilung der Elektrizität und da-zu gehörige Ersatzteile. Im letztenJahr wurden Waren im Wert von et-wa 1 Milliarde Euro aus Deutsch-land in den Irak exportiert. AusSchleswig-Holstein wurden 2015

Waren im Wert von über 23 Millio-nen Euro in den Irak geliefert.

Doch die Sicherheitslage im Irakerschwert internationale Geschäf-te. „Die Wirtschaftsbeziehungenleiden unter der Doppelbelastungdes Irak durch gefallene Ölpreiseeinerseits und Belastungen ausdem Krieg gegen den ‚IslamischenStaat'. Dies hat die Jahre 2014 und2015 stark belastet und setzt sich in2016 fort“, sagt Khalil.

Deutschen Unternehmern, dieim Irak aktiv werden wollen, rätNisrin Khalil, auf die Besonderhei-ten der orientalischen Kultur zuachten. „Es ist wichtig, mit den Ge-schäftspartnern auch persönlicheine solide Beziehungsebene zuhaben. Die orientalische Kultur istsehr beziehungsorientiert“, be-tont Khalil. Und besonders am An-fang der Geschäftsbeziehungensollten gewisse Themen nicht an-gesprochen werden. „Um die Be-ziehungsebene möglichst stö-rungsfrei zu halten, ist es ratsamvor allem zu Beginn von Geschäfts-

beziehungen, politisch oder auchreligiös sensible Themen zu mei-den.“

In der Türkei sind die aktuellenpolitischen Entwicklungen The-ma Nummer eins bei deutschenUnternehmen. Aus Schleswig-Hol-stein wurden im vergangenenJahr Waren im Wert von rund 255Millionen Euro geliefert, mehr alszehn Prozent mehr als 2014.Deutschland ist für die Türkei hin-ter China der zweitwichtigste Han-delspartner was die Importe an-geht. Insgesamt wurden im ver-gangenen Jahr Waren im Wertvon fast 11 Milliarden Euro ausDeutschland in die Türkei gelie-fert. Eigentlich hat der DeutscheIndustrie- und Handelskammer-tag (DIHK) mit einem signifikan-ten Anstieg der deutschen Expor-te in die Türkei von 5 bis 10 Pro-zent gerechnet. Nach dem Putsch-versuch im Juli dieses Jahresmacht sich aber Ernüchterungbreit. „Wir gehen bestenfalls nochvon einer Stagnation der Ausfuh-ren aus“, sagt DIHK-Außenwirt-schaftschef Volker Treier.

In einer Umfrage der Deutsch-Türkischen Außenhandelskam-mer zur aktuellen Situation in derTürkeizeigt sich, dassdeutsche Un-ternehmen grundsätzlich positivgestimmt sind. Über die Hälfte derUnternehmen würde ihre geplan-ten Investitionen immer noch um-setzenund auchanderen Firmen ra-ten, in der Türkei zu investieren.Auch die Beratungsanfragen vondeutschen Unternehmern, die inder Türkei aktiv werden wollen, ha-ben sich nach einem kurzen Ein-bruch wieder auf das alte Niveauvon etwa vier bis fünf Anfragen proWoche eingependelt. Gleichwohlräumt AHK-Chef Jan Noether ein,dass es zum Beispiel durch die Säu-berungen in Ämtern und BehördenzuIrritationen komme.Es gebe Ver-fahren, die bis zur Unterschriftsrei-fe durchlaufen worden seien, „unddann ändern sichdie Ansprechpart-ner“. Noether sieht die Rechtssi-

cherheit in der Türkei komplett ge-wahrt, allerdings sollten deutscheUnternehmen Zahlungen promptverlangen und Geldtransfers nichtin Zukunft verlagern. „So könntenetwaige Zahlungsausfälle vermie-den werden.“

Für Christian Krüger sind dieLänder des Nahen Ostens Wachs-tumsmärkte. „Die Wirtschaft vomIran, derTürkei oder auch Israel ha-ben hohes Potential. Wir rechnenmit einem Wachstum unserer Ge-schäfte in einer Größenordnungvon etwa 10 bis 20 Prozent“, sagt er.Als besondere Herausforderungsieht er die Teilhabe an einemMarkt, der überproportionalwächst. Allerdings sei der Mangelan technisch-wissenschaftlichemFachpersonal auf Seiten der Ge-schäftspartner ein Problem, das dasVerständnis von und den Umgangmit erklärungsbedürftigen Produk-ten erschwert. A

„Der Iran hat großenModernisierungsbedarf – und zwar in allen

Bereichen.“

Rene HarunGeschäftsführer der deutsch-iranischen

Industrie- und Handelskammer in Teheran

NAHER OSTEN

Wachsende Märkte, wachsende ProblemePolitische Konflikte bestimmen die Wirtschaftsbeziehungen in den Nahen Osten.

Skyline der iranischen Hauptstadt Teheran: Aus Deutschland werden besonders Maschinen und Anlagen, Kfz-Zulieferteile, Medizintechnik und Technologien für erneuerbare Energien in das asiatische Land verkauft. Foto: anekoho / Fotolia

KONTAKTE

Mittler in denden Nahen Osten

Unübersichtlicher geht eskaum: Nach Aufhebung

der EU-Sanktionen wartendeutsche Unternehmen aufeinen Markteintritt im Iran.In der Türkei macht sichnach dem PutschversuchUnsicherheit breit, im Irakerschwert der Terrorismus

die Geschäfte.

DIE WIRTSCHAFT – Deutschland war vor den Sanktionen der wichtigste Außenhandelspartner für den Iran – danach wurde es China.

Page 8: Die Wirtschaft

8 Freitag, 25. November 2016AUSSENHANDEL

Herr Koopmann, was bedeu-tet der Wahlsieg von DonaldTrump für den deutschen Han-del mit den USA?Unmittelbar bedeutet das nochnichts. Mittelbar berühren uns na-türlich Trumps Anti-Freihandels-Aussagen. Allerdings gilt auch,dass nichts so heiß gegessen wird,wie es gekocht wurde.

Trump hat Protektionismus inseinem Wahlkampf angekün-digt. Wird es auch für Unter-nehmen in Schleswig-Hol-steinschwieriger, ihreProduk-te in den USA zu vertreibenoder dort Filialen aufzubauen?Nein, das waren Ankündigungenaus dem Wahlkampf. Es ist nichtausgemacht, dass wir den Politi-ker Trump schon kennengelernthaben. Er wird sich sicher daranerinnern, dass Google auch Kun-den in Europa hat oder US-Fir-men hier High-Tech-Schmiedenübernehmen, wie zuletzt Tesla ei-ne Batteriefabrik im Schwarz-wald. Es gibt keinen Anlass, jetztunruhig zu werden.

Wie werden Unternehmensonst von der Entwicklung inden USA betroffen sein?Es kann sein, dass es bei den Wech-selkursen von Dollar und Euro et-was erratischer zugehen wird. Wasmich mehr umtreibt, ist aber dieTatsache, dass die Amerikaner esnicht vermocht haben, den Sackbeim transpazifischen Handelsab-kommen TPP zuzumachen. Dashatten sie tun wollen, um ihre öko-nomische Präsenz im pazifischenRaum weiter zu stärken. Das istsehr ärgerlich deswegen, weil an-dere größere WirtschaftsnationenKonkurrenzbündnisse für das re-gionale Zusammenwachsen inAsien entwickeln, diesie nun in die-ses Vakuum schieben – ohne dieAmerikaner.

Donald Trump hat keine Ambi-tionen, weiterhin über TTIP zuverhandeln–sehenSiedarinei-nen Verlust?Ja, die Verhandlungen liegen imMoment auf Eis. Das ist ein Verlust.Man hat sich die Karten gelegt,aber in echte Verhandlungen istman noch gar nicht eingetreten.Man hat Marathonläufer zum Auf-wärmen geschickt und ohne Start-schusswieder in dieUmkleidekabi-nen zurückgeholt. Sportsgeist gehtanders.

Das CETA Abkommen mit Ka-nada – was kann es bringen?Erstens finde ich es prima, dass wirdoch noch Handelsabkommen ab-schließen können. Zweitens wer-den dadurch die Unternehmen fürdie jeweiligen Möglichkeiten aufderanderen Seite des Atlantikssen-sibilisiert und drittens erwarten wirmit Blick auf die Zollerleichterun-gen und den Abbau technischerHemmnisse eine optimierte Ar-beitsteilung zwischen den betroffe-nen Volkswirtschaften, oder an-ders ausgedrückt: einen größerenHandelsaustausch. Nun ist ein Ab-kommen mit Kanada nicht so be-deutend wie eines mit den USA,aber den kleinen Bruder haben wirauf die Welt gebracht. Insofern ist

es doppelt ärgerlich, dass wir beiTTIP einfach nicht weiterreden.

Welchen Stellenwert hat derHandel mit den USA für unseremittelständischgeprägteWirt-schaft?Die USA zählen zu den wichtigstenHandelspartnern Schleswig-Hol-steins. Für Deutschland insgesamtsind die USA zurzeit das wichtigsteExportland. Die USA stehen so-wohl im Bund als auch in Schles-wig-Holstein für die größten Ex-portzuwächse der letzten Jahre.2015 erzielten die Unternehmen imNorden ein Umsatzvolumen von et-wa 1,35 Milliarden Euro. Aber dieFrage nach dem Stellenwert istnicht nur mit dem Platz auf einerRangliste zu beantworten. Die USAsind ein sehr großes Land, das in-dustriell ausentwickelt ist. EinLand, das viele jener hochentwi-ckelten Produkte und Leistungengebraucht, die wir in Deutschlandproduzieren.Das ist schon eineech-te Hausnummer, daher ist es miss-lich, dass wir das Momentum nichtgenutzt haben, um bei TTIP weiter-zukommen. Das ärgert uns schon.

Haben sie einen Wunsch,wann über TTIP weiterverhan-delt werden soll?Man kann ja einsehen, dass Trumpnun viel damit zu tun hat, Posten zu

besetzen. Aber spätestens wenn erins Amt kommt, sollte er das Signalgeben: Wir verhandeln weiter. Daswürden wir begrüßen.

Was sagen Ihre Kontaktperso-nen in den USA zu diesem The-ma?Trump ist auch vielen Unterneh-mern verbunden und wir haben esin den USA nicht mit lauter Frei-handelsgegnern zu tun. UnsereKontaktpersonen in der Außen-handelskammer beobachten dieSzenerie sehr genau. In den nächs-ten Monaten dürfte es Andeutun-gen von Trump geben, die vermu-ten lassen, wohin die Reise geht.

Was werden Sie den Unterneh-mern raten?Wir raten Unternehmen, sich nichtkirre machen zu lassen. Die Ge-schäfte laufen weiter. Es gibt kei-nen Grund anzunehmen, dass esschwieriger werden wird. Wir ha-ben in diesem Jahr unsere Veran-staltungsangebote verdoppelt imVergleich zum Vorjahr. Und allewaren stark nachgefragt. Unserenächste Veranstaltung ist am 29.November. Mit einer amerikani-schen Expertin besuchen wir insge-samt 12 Unternehmen in der Regi-on Lübeck. Das kommt gut an. An-dersherum erkennen uns die USAübrigens auch als sehr großen und

wichtigen Markt. Die USA undDeutschland arbeiten schon engbeim Thema Digitalisierung der In-dustrie zusammen.

WositzendiewichtigstenHan-delspartner für unsere Unter-nehmen? Und wo sehen Siedie größten Entwicklungs-chancen?Die wichtigsten Handelspartnerfür den Export sind Dänemark, dieNiederlande, Großbritannien,Frankreich und die USA. Die ers-ten fünf sind relativ stabil undwechseln ab und zu die Positionen.Ich bin fest davon überzeugt, dassdas Vereinigte Königreich ein sehrwichtigerPartner bleibenwird, Bre-xit hin oder her.

RücktChina nunstärker in denBlickpunkt, trotz seinerWachstumsdelle?Die Umschlagmenge mit China istkleinergeworden, das hat in Schles-wig-Holstein aber nicht zu dramati-schen Einbrüchen geführt. Wirsind auch nicht enttäuscht darüber.Wir erleben ein anhaltendes Inte-resse der Unternehmen an China,zwischen den Gipfeln liegen haltauch Täler. Insgesamt bin ich beiChina-Relationen zuversichtlich.

Wie wird sich der Handel mitRussland entwickeln?

Forderungen aus der Wirtschaftnach Aufhebung der Sanktionengegen Russland sind verstummtseit dem Eingreifen der Russen inSyrien. Was wir aber erleben ist,dass der Handel mit Russland wie-der etwas anzieht. Das erkläre ichdamit, dass Unternehmen mittler-weile deutlich größere Hand-lungssicherheit haben darüber,was sie im Rahmen des Sanktions-regimes dürfen und was nicht.Die Sanktionen wirken ja nur zueinem geringeren Teil direkt. DieHürden sind indirekt: Bin ich be-troffen von Dual-Use-Regelun-gen? Überschreite ich Grenzenfür Meldepflichten? Benötige ichExportgenehmigungen? Stehtein Aufsichtsratsmitglied des Ge-schäftspartners auf der Sanktions-liste? Und so weiter. Das sind Un-sicherheitsfaktoren, die geradebei kleineren Unternehmen dazuführen, dass sie die Finger vomRusslandgeschäft lassen. Jetztgibt es bei den Unternehmen wiebei den Rechtsexperten eine ge-wisse Erfahrung und Sicherheitim korrekten Umgang mit den Re-gularien.

Sie waren gerade mit einer De-legation im Iran unterwegsund haben viele Kontakte ge-knüpft. Welche Chancen se-hen Sie dort?

Das ist eine spannenden Geschich-te. Die Iraner lieben Deutschlandund Made in Germany und rollenuns den Teppich aus. Sie hoffensehr auf eine Zusammenarbeit, aufKnow-how-Transfer und kräftigeInvestitionen aus Deutschland. Siesind auch darüber informiert, dasssich unsere Banken aus bekanntenGründen schwertun, Geschäfte mitdem Iran zu begleiten. Allen istklar, hier muss schnell etwas ge-schehen, denn jetzt wird die Saatgesät für das, was in den kommen-den Jahren hier passiert.

Was interessiert die Iranerkonkret?Es gibt Interesse an den BereichenPharmazie,Maschinenbau, derEnt-wicklung der Häfen und der Infra-struktur und an erneuerbaren Ener-gien. VW will hier eine Partner-schaft schließen, Daimler sondiertebenfalls die Lage. Die Iraner set-zen sehr auf uns, auch im Bereichberufliche Ausbildung. Diedeutsch-iranische Außenhandels-kammer gehört zu den Pilotkam-mern, die Module des deutschenBerufsausbildungssystems vor Ortumsetzen wollen. Es gibt Überle-gungen für eine deutsch-iranischeFachhochschule, das alles findetstatt in Gesprächen mit größerenUnternehmen, die Investitionsplä-ne im Iran haben. Es ist ein Land imUmbruch mit fast 80 Millionen Ein-wohnern, in der Nachbarschaftnoch einmal 360 Millionen Men-schen rund ums Kaspische Meer.

Also können wir ein starkesWachstum erwarten?Ich warne vor zu hohen Erwartun-gen. Wir haben einen deutlichenAufschwung und der Trend gehtweiter, aber vom Niveau, das es vorden Iran-Sanktionen gab, sind wirnoch weit entfernt. Es wird etwasdauern. Wir brauchen einen Brust-löser, und das ist dieFinanzierungs-frage. Da muss etwas passieren, da-mit es weiter aufwärts geht.

Viele erhoffen sich dort guteGeschäfte...Der Iran ist eine Bank in der Region,und deshalb geben sich die deut-schen Bundesländer dort geradeauchdieKlinkeindieHand.Sehrpo-sitiv wurde verzeichnet, dass Ham-burg und Schleswig-Holstein dortgemeinsam auftreten. Ich bin sehrzuversichtlich, dass wir da Einigeserreichen werden. Viele kleine Ma-schinenbauerliefernschonErsatztei-le in denIran, das ist ein spannendesGeschäft. Die Kooperationsbörse imRahmen der Delegationsreise ha-ben die mitgereisten Unternehmerals sehr vielversprechend gewertet.Auch ich war in höchstem Maße an-getan von der klaren Fokussierungder jungen iranischen Unterneh-mensvertreter, die das Gespräch mitder IHK gesucht haben.

Was müssen Unternehmer be-achten, wenn sie im AuslandFuß fassen wollen?Unternehmen müssen sich gut undgründlich vorbereiten und sich fra-gen:Habenwir daspassende Perso-nal, wie gut sind die Sprachkennt-nisse, das nötige Wissen? Das The-ma Außenwirtschaft muss man alseine Art zweite Existenzgründungverstehen, die man in Ausschnittenvom Ende her denken muss. Wennman sich am Anfang zu wenig Ge-danken macht, bleiben zu viele He-rausforderungen unbeantwortet.Und viele Fehler im Auslandsge-schäft haben eine hohe strafrechtli-che Relevanz, mit existenziellenAuswirkungen auf das Gesamtun-ternehmen, zum Beispiel bei feh-lenden Genehmigungen einschlä-giger Behörden. Nicht nur Aus-landsneulinge brauchen Rat, auchdie alten Hasen auf fremden Märk-ten wissen, dass das Auslandsge-schäft komplexer geworden ist undallein häufig nicht mehr bewältigtwerden kann. Wir, die IHK, freuenuns über jeden Ratsuchenden –und jeden, der sich darüber freut,uns aufgesucht zu haben.Interview: Christian Risch

Der Iran biete beste Perspektiven, Großbritannien werde trotz Brexit im Rennen bleiben, sagt Werner Koopmann von der IHK. Foto: Olaf Malzahn

DAS INTERVIEW ZUM SCHWERPUNKTTHEMA

„Wir raten zu Gelassenheit“Werner Koopmann, Leiter der Abteilung International der IHK Schleswig-Holstein, zu Perspektiven des Handels mit den USA und Iran.

DIE WIRTSCHAFT – Im Austausch mit Russland gibt es für deutsche Unternehmen jetzt mehr Handlungssicherheit, meint IHK-Experte Werner Koopmann.

Der Machtwechsel in denUSA hat zunächst keine

Folgen für deutscheUnternehmen, sagt der

Außenhandelsexperte derIHK Schleswig-Holstein.Die Entwicklung im Iransei hochspannend, dieMenschen dort liebtenDeutschland und das

Label „Made in Germany“.Jetzt müssten Fragen

der Finanzierungschnell geklärt werden.

Page 9: Die Wirtschaft

Von Nicole Hollatz

„Die Lage für die Reeder war nochnie so dramatisch wie jetzt“, sagtUlrich Malchow. Der Professor fürNautik und Seeverkehr an derHochschule Bremen ist Fachmannfür die maritime Wirtschaft. Vieleder Reedereien, die es heute nochgibt, werde es in zehn Jahren nichtmehr geben. Aber: „Ich glaube, soweit blicken die Reeder derzeitnicht in die Zukunft, die hangelnsich von Jahr zu Jahr.“

Es ist eine heftige Krise. Und dieLänder Schleswig-Holstein undHamburgwerden bluten, sagen Ex-perten. Mit ihnen der Steuerzahler.Denn der wurde – indirekt und oh-ne es zu wissen – in den letzten Jah-ren zum Reeder. „Das Land hat eingewaltiges Problem mit der HSHNordbank. Die Bank wurde inner-halb von zehn Jahren zum größtenSchiffsfinanzierer auf dem Welt-markt. Nun ist alles wie ein Karten-haus zusammengefallen“, so Mal-chow. Mehr als 30 Milliarden EuroSchiffskredite standen Ende 2000in den Büchern der HSH Nord-bank. Kredite, die angesichts derglobalen Krise nicht mehr viel wertsind. Experten gehen davon aus,dass die HSH ihren Haupteigentü-mern und damit dem Steuerzahlereine Summe zwischen zwölf undsechzehn Milliarden Euro kostenwird. Vielleicht auch mehr. Unddie HSH Nordbank ist natürlichnicht die einzige Bank mit diesemProblem.

Dabei sah esgutaus. Selbst Skep-tiker staunten über das, was denLändern mitderHSH Nordbank ge-lang. Saftige Gewinne wurden ein-gefahren. Nicht wenige davon amRande der Legalität. Die HaushalteHamburgs und Schleswig-Hol-steins profitierten über die HSHNordbank von der enormen Nach-frage.

Die ganz Großensitzen in HamburgGenauso wie die Hamburger Ree-der. Sie betreiben fast 10 Prozentder weltweiten Handelsflotte, überein Drittel der weltweit fahrendenContainerschiffe sind in deutscherHand. „In Schleswig-Holstein gibtes einige kleinere Reedereien“, er-klärtMalchow.Diegroßen,die„Glo-bal Player“, sitzen in Hamburg.

Zwischen 1990 und 2008 verdop-pelte sich der Seegüterumschlag inNorddeutschland auf ein Rekord-hoch von 318 Millionen Tonnen. Inder Zeit verfünffachte der Hambur-ger Hafen seinen Containerum-schlag im Im- und Export fast. „DieAuslastung der Weltflotte ist auf 95Prozent gestiegen“, berichtete Her-mann J. Klein vom GermanischenLloyd im Jahre 2004. Die Schiffewurden immer größer, immerschneller, um mithalten zu können.Die Reeder bescherten den Werf-ten weltweit Aufträge für Schiffs-neubauten.

Doch jetzt ist es schwer, Reederim Land zu finden, die sich öffent-lich über die Situation in ihrem Un-ternehmen äußern wollen. Der Mil-lenium-Goldgräberstimmung aufdem Wasser folgte 2008 mit der Fi-nanzkrise die Beerdigungsstim-mung. Die Insolvenzder amerikani-

schen Investmentbank „LehmannBrothers“ im September 2008 war,so Malchow, einer der großen Aus-löser für die Krise auf dem Wasser.

„Einige der Probleme der Bran-che sind auch hausgemacht“, sagtLudovic Subran, Chefvolkswirt derEuler Hermes Gruppe. Der Kredit-versicherer hat gerade eine großeStudie zur Lage der Schifffahrts-branche veröffentlicht. Subran wei-ter: „Es gab einige Jahre lang ei-nen regelrechten Wettlauf der Ree-der um die größten Schiffe. DieserNeubau-Boom holt sie jetzt wiederein, die ganzen Megacontainer-

schiffe sind in den letzten Jahrensukzessive vom Stapel gelaufen,weitere werden in diesem Jahrnoch abgeliefert.Durchdie Überka-pazitäten, die so über die Jahre auf-gebaut wurden, befinden sich dieFrachtraten im Sinkflug – und dasausgerechnet zu einem Zeitpunkt,in dem der Wert des Welthandelsschrumpft und der für die Schiff-fahrt enorm wichtigen chinesi-schen Wirtschaft zumindest vorü-bergehend etwas die Puste aus-geht.“ Er weiß, 80 Prozent des welt-weiten Handelsvolumens werdenper Schiff transportiert.

Ein Überangebot an Schiffen trifftaufeingesunkenesHandelsvolumi-na. Der Ring für den Preiskampfwurde eröffnet. Die Reeder habendynamisch Kapazität aus demMarkt genommen. „Sie haben dieSchiffe einfach langsamer fahrenlassen, um so auch die Kosten proContainer zu senken“, erklärt Ul-rich Malchow. Oder sie lassen dieSchiffe „aufliegen“. In den Welthä-fen liegen Schiffe ungenutzt , war-ten auf neue Ladung und die teureReaktivierung. Die Zahl dieser Auf-lieger hat sich innerhalb von sieben,acht Monaten verdoppelt.

Das Ergebnis sind die überwie-gend roten Pfeile im New-Con-Tex-Index der Hamburger Schiffs-makler. Sie zeigen an, dass die Prei-se für die Anmietung von Contai-ner-Frachtern gesunken sind. Undweiter sinken. Die Reeder unterbie-ten sich und graben sich selbst dasWasser unterm Kiel ab.

Nunder nächste weltwirtschaftli-che Paukenschlag. Die größte süd-koreanische Reederei Hanjin Ship-ping stellte Ende August einen In-solvenzantrag und löste damit einBranchenbeben aus. BeladenenSchiffen wurde die Einfahrt in die

Häfen verwehrt, aus Angst, die Ge-bühren könnten nicht bezahlt wer-den. „Viele Mitbewerber habenzur Pleite von Hanjin gesagt, Gottsei Dank, ein Player weniger. Aberdie Schiffe sind ja nicht weg. Diewaren nur kurzzeitig vom Markt,die kommen nun zurück zu Preisenunter Buchwert. Das treibt diePreisspirale noch weiter nach un-ten“, berichtet Professor UlrichMalchow. Noch ist offen, wie esmit der großen Containerreedereiweitergeht. Ein Szenario sehe vor,die Flotte durch Verkauf von 37 aufhöchstens 15 Schiffe zu schrump-fen, dazu sollen fast alle der 61 ge-charterten Schiffe an ihre Besitzerzurückgegeben werden. Die ers-ten Schiffe haben bereits den Besit-zer gewechselt. Hanjin ist nur ei-ner von vielen – laut Euler Hermessind zwischen Januar und Mai2016 die Insolvenzen in der Bran-che im Vergleich zum Vorjahr ummehr als zehn Prozent gestiegen.

Und die deutschen Reeder?Deutschlands größte Container-

reederei Hapag-Lloyd mit Sitz inHamburg blickt nach roten Zahlenim ersten Halbjahr – minus 19 Pro-zent beim Umsatz – optimistischerin die Zukunft. Damit gehört dasUnternehmen zu dem einen Drittelder Reeder in Deutschland, dielaut Umfrage von Wirtschaftsprü-fer PwC in den kommenden zwölfMonaten mit steigenden Erlösenrechnen. „Vor einem Jahr warennoch 55 Prozent der Reeder opti-mistisch gestimmt“, sagt ClausBrandt, Partner und Leiter desKompetenzzentrums MaritimeWirtschaft bei PwC, in der aktuel-len Reederstudie des Wirtschafts-prüfungsunternehmens. Die Stu-die erläutert auch, woher das Um-satzplus kommen könnte, wennnicht vom Geschäft auf den Welt-meeren. Mehr Reeder als im Vor-jahr, so die Ergebnisse derPwC-Umfrage, wollen Schiffe ver-kaufen.

Allianzen und Fusionen,um Marktmacht zu sichernDie Unternehmen gehen in dieKonsolidierung, bilden Allianzen,nachdem die Sparpotentiale beiden meisten mehr als ausgereiztsind.“Das ist schon fast ein perfek-ter Sturm, dem die großen Contai-nerreedereien versuchen, mit Alli-anzen und Fusionen zu begegnen,um ihre eigene Schiffe besser aus-zulasten, ihre Marktmacht zu stär-ken, Kosten zu senken und damitdie eigene Profitabilität zu stüt-zen“, sagt Ron van het Hof, CEOvon Euler Hermes in Deutschland,Österreich und der Schweiz.„Trotz dieser Maßnahme werdeneinige Reedereien erhebliche Ver-luste schreiben.“ Er sieht dabei be-sonders die kleineren Reedereienin akuter Gefahr.

Nautik-Professor Malchow präzi-siert: „In Schleswig-Holstein agie-ren viele Mittelständler, die mitdrei, vier Schiffen im Bereich derOstsee fahren.“ Ron van het Hofmeint über diese kleinen Unterneh-men: „Sie können bei den aktuel-len Charterraten auf Rekordtiefkaum kostendeckend arbeitenund die finanzielle Decke ist in vie-len Fällen durch die andauerndeSchifffahrtskrise dünn. Das ist einTeufelskreis, der in der Folge auchSchiffsfonds mit in ihren Sog ziehtund finanzierenden Banken zumTeil erhebliche Schäden durch aus-gefallene Kredite beschert.“

„Es sind diverse Reedereien aufdem Markt, die mit dem Rücken ander Wand stehen“, fasst Malchowzusammen. In zehn Jahren, so sei-ne Prognose, wird es weit wenigergroße Player geben, auch inDeutschland. „Es gibt drei Maß-nahmen, die vielleicht helfen könn-ten. Erstens verschrotten. Zwei-tens verschrotten. Drittens ver-schrotten.“ A

REEDEREIEN

Kein Land in Sicht?Die Containerschiffskrise kommt nicht nur die Reeder teuer zu stehen. Sondern voraussichtlich auch das Land.

Bereits mit der Finanzkrise2008 knickten die

Reederein ein. Jetzt folgenneue Paukenschläge.

Zuletzt stellte diesüdkoreanische

Hanjin Shipping einenInsolvenzantrag – und

löste damit einBranchenbeben aus.

DIE WIRTSCHAFT – Durch Überkapazitäten sind die Frachtraten im Sinkflug – und das ausgerechnet, während der Welthandel schrumpft.

AUSSENHANDEL 9

Containerriese auf hoher See. Auf den einstigen Wettlauf um die größten Schiffe folgte vor einigen Jahren die Flaute. Foto: Fotolia / Janni

Page 10: Die Wirtschaft

10 Freitag, 25. November 2016AUSSENHANDEL

Von Oliver Schulz

China ist der wichtigste Wirt-schaftspartner Deutschlands inAsien, Deutschland ist Chinas be-deutendster Handelspartner in Eu-ropa. Aber die Volksrepublik be-trachtetDeutschland nicht nur wirt-schaftlich, sondern auch politischals wichtigen strategischen Part-ner. Dynamische Handelsbezie-hungen, Investitionen, Umweltzu-sammenarbeit, forschungs- undwissenschaftspolitische Zusam-menarbeit und intensiver hochran-giger Besucheraustausch prägendie Beziehungen.

Chinas wirtschaftlicher Aufstiegist beispiellos. Seit 2010 ist dasLand die zweitgrößte Volkswirt-schaft der Welt nach den USA, seit2014 nach Kaufkraft sogar die größ-te. Beim Bruttoinlandsprodukt proKopf liegt China mit rund 5000Euro im weltweiten Mittelfeld. Zu-dem hält China bis heute die welt-weit höchsten Devisenreserven.

Doch in den vergangenen Jah-ren erhielt die Entwicklung einenDämpfer.DieZahlen für2015beleg-ten eine schwächelnde Dynamik,insbesondere vom industriellenSektor gingen keine Impulse aus.Für 2016 erwartete die Regierungein Wachstum von 6,5 bis 7 Prozent– angesichts der Probleme im Woh-

nungsbau und bestehender Über-kapazitäten vor allem in derSchwerindustrie ein sehr optimisti-scher Wert. Und tatsächlich sankdas Wachstum im ersten Halbjahr2016mit6,7Prozentaufseinen nied-rigsten Wert seit zwei Jahrzehnten.

Die schlechten Handelsbilanzenhaben in China Sorgen geschürt.Doch das Niveau bleibt hoch. Sohat sich chinesische Außenhandelin den letzten 12 Jahren mehr alsverzehnfacht. Die chinesischen Ex-porte sanken zwar 2015 um 2,9 Pro-zent (gegenüber einem Anstieg 6,1Prozent im Jahr 2014 ), die Importesogar um 14,2 Prozent (gegenübereinem Plus von 0,4 Prozent 2014).Der Handelsbilanzüberschuss be-trug dabei im selben Jahr rund 593Milliarden.US-Dollar (plus55,2Pro-zent). Doch China bleibt damit Ex-portweltmeister vor den USA undDeutschland.

Größter Absatzmarkt für chinesi-sche Güter sind auch 2015 aller-dings die USA. Dorthin lieferte Chi-na fast 18 Prozent seiner Waren.Die EU ist der zweitwichtigsteMarkt. Nach Deutschland gingenrund3Prozentderchinesischen Pro-dukte – damit ist die Bundesrepu-blik viertwichtigstes Abnehmer-land chinesischer Waren.

Für Ängste sorgt in der Volksre-publik neben dem eingenicktenWachstumaberaucheineZukunfts-aussicht: Prognosen sagen, dassdas Land, in dem lange dieEin-Kind-Politik verordnet wurde,noch mehr als andere Länder unterdem demographischen Wandel lei-den werde; deutlich weniger Men-schen werden zukünftig für den Ar-beitsmarkt zur Verfügung stehen.Das Wachstumspotenzial werdedemzufolge mittel- und langfristigniedriger ausfallen.

Vor diesem nach Jahren des ra-santen Wachstums eingetrübtenwirtschaftlichen Hintergrund hatsich Peking zuletzt auf die Fahnengeschrieben, mit mehr Innovation,Nachhaltigkeit und Qualität einen

neuen Wachstumspfad einzuschla-gen. Das strategische Industrieent-wicklungsprogramm „China 2025“kann man als Kampfansage an dasinternationale Innovations- undTechnologie-Establishment inter-pretieren. Das Papier skizziert Chi-nas Marschroute an die industrielleWeltspitze.Wer künftigWeltmarkt-führer bleiben oder werden will –ob aus- oder inländisch – dürftedemnach an „Made in China 2025“und seinen Ergebnissen nicht vor-beikommen.

Zwar scheint es formal durchausAussichten zu geben, dass sich die

rechtlichen Bedingungen für denHandel mit China verbessern – zu-letzt durch den Beitritt des Landeszur Welthandelsorganisation(WTO) 2001. Ende 2013 fiel zudemder Startschuss für Verhandlungenüber ein umfassendes Investitions-abkommen zwischen der EU undChina, das neben Regelungen füreinen ehrgeizigen Investitions-schutz auch wichtige Marktzu-gangsbestimmungen enthaltensoll. Und Ende des vergangenenJahres erzielten die Verhandlungs-partner eine grundsätzliche Eini-gung auf die Reichweite eines sol-chen Abkommens.

Gleichwohl haben sich aus inter-nationaler Sicht viele Erwartungen

an China nicht erfüllt. Eine Vielzahlvon Wirtschaftsbereichen bleibtweiterhin unter starker staatlicherKontrolle, der Zugang zu vielenSektoren ist nachwie vorproblema-tisch.

Und die Notwendigkeit von Ent-gegenkommen gegenüber interna-tionalen Partnern ist aus chinesi-scher Sicht zuletzt wieder gesun-ken. Die wirtschaftliche Lage hatsich merklich entspannt.

In den vergangenen Monatenmehrten sich die Anzeichen, dassdie Ökonomie sich wieder erholt.Er sehe „positive Veränderungenund viele Lichtblicke“, besondersin der Realwirtschaft, sagte ShengLaiyun, Sprecher des statistischenAmtes, bei der Vorlage der Wirt-schaftsdaten für den Monat Au-gust. Besonders deutlich zeigtensich die positiven Veränderungenim Außenhandel. Zwar liegen dieExporte von Januar bis August ins-gesamt noch um ein Prozent unddie Importe um 2,9 Prozent unterdem Vorjahreszeitraum. Doch al-lein im August stiegen die Einfuh-ren um 10,8 Prozent und die Expor-te um 5,9 Prozent über den Vorjah-resmonat.

Sprecher Sheng führte die Wen-de der Exporte auf eine „belebte-re“ Weltwirtschaft zurück. Die star-ke Binnennachfrage treibe die Im-porte an, seine Landsleute kauftenwieder mehr ein. So stieg im Au-gust die Nachfrage nach Ver-brauchsgütern um 10,6 Prozent, 0,4Prozent mehr als im Juli. Auch dieIndustrieproduktion stieg wiederauf 6,3 Prozent, 0,3 Prozent überden Juliwert.

Einer, der die chinesische Indus-trie aus eigener Erfahrung kennt,ist Joachim Wilczek, Inhaber vonCTSComposite Technologie Syste-me GmbH aus Geesthacht. Seit 25Jahren ist das Unternehmen in Chi-na engagiert. An vier Standortenim Großraum Shanghai lässtWilczekheute Gitterroste produzie-ren. Mehr als hundert Arbeiter pro

Werk produzieren mehr als Hun-derttausend Quadratmeter proJahr. Mit steigender Tendenz.

InChina lockendie geringenPer-sonalkosten. „Wir können wegendes Lohnniveaus in Deutschlandnicht produzieren“, sagt Wilczek.China sei im internationalen Ver-gleich ausgesprochen billig, wennes um einfache Verfahren geht.

Deshalb reist er regelmäßig indie Volksrepublik. Tuchfühlung seibei dieser Art der Kooperation ent-scheidend, sagt er. Es reiche nicht,mit den Werken per E-Mail aus derDistanz Kontakt zu halten. „Vierbis sechs mal pro Jahr müssen Siedahin. Sie müssen mit den Leutensprechen. Mit ihnen essen und trin-ken.“

Und gewisse kulturelle Hürdenüberwinden:„Mansollte sichzu be-nehmen wissen,“ sagt Wilczek.„Und zwar chinesisch.“ Es habeihm von Anfang an geholfen, einfa-che, aber entscheidende Dinge inder Landessprache ausdrücken zukönnen. „Ich kann Guten Tag sa-gen und Danke. Aber auch: ,Sie se-hen sehr gut aus heute’.“ Das helfe.

Obwohl es bei tiefer gehenderKommunikation heute wenigerSprachbarrieren gebe. „Die jungenLeute sprechen gut Englisch. DieÄlterennicht – aber die lassenüber-setzen. Wir unterhalten uns dortnur auf Englisch.“

Eine gravierende Herausforde-rung ist dagegen der Umgang mitUrheberrechten.

Das Problem der Produktpirate-rie ist nicht neu in China. Aber dieInternationalisierung der Märkteverschärfe es noch, sagt der Geest-hachter Unternehmer. Denn dieWerke, mit denen Wilczeks Firmakooperiert, besuchen natürlich in-ternationale Messen. Kundenkönnten direkt bei ihnen kaufen –statt beim Entwickler CTS. „Aberwir wollen natürlich nicht, dass un-ser Wissen woanders angebotenwird. Dass jemand sich mit frem-den Federn schmückt.“ Doch da-gegen gebe es wenige Mittel. „Ichhabe keine Lust, die Chinesen inShanghai zu verklagen.“

Sein Unternehmen gebe vielKnow-how weg, sagt Wilczek. Ersei deshalb vorsichtig geworden.Und er wolle künftig versuchen,die Produktion nach Deutschlandzurückzuholen. „Aber bei denStandards werden wir wegen desniedrigen Lohnniveaus kaum umAsien herumkommen.“

Zumal China trotz des Abflau-ens seiner Wirtschaftsdynamik si-cher weiter einer der ganz gro-ßen internationalen Player blei-ben werde. „Die ökonomischeEntwicklung in China wird wei-tergehen. Nur eben nicht soschnell.“ A

„Wir geben viel Know-howweg. Ich bin deshalb

vorsichtiger geworden. Undwill versuchen, die

Produktion künftig stärkernach Deutschlandzurückzuholen.“

Joachim WilzcekCTS Composite Technolo-

gie Systeme GmbH

GermanIndustryandCommerceGreater China GmbHBismarckstraße 45,76133 Karlsruhe, GermanyTel. 0721 / 1614 -284http://china.ahk.de/about-us/con-tact-us-in/germany/

Schleswig-Holstein BusinessCenters (SHBC)

Mr. Yao LiangHangzhou Office15 Hangda Road, Room 601Jiahua International Business CenterHangzhou 310007, ChinaTel. + 86 571 / 56 83 80 71E-Mail: [email protected]://china.ahk.de/de/marketin-fo-germany/investment-support/schleswig-holstein/

CHINA

Raus aus der TalsohleChinas Wirtschaftsentwicklung hat einen Knick bekommen. Nur kurzfristig, wie es scheint.

Hafen von Shanghai: Wenn es um einfache Produkte geht, ist China im internationalen Vergleich kaum schlagbar. Doch dem Handel stehen für ausländische Unternehmen vor allem Copyright-Probleme gegenüber. Foto: Fotolia /zhu d.

ANSPRECHPARTNER

Fachleute für die Volksrepublik

DIE WIRTSCHAFT – Geringe Lohnkosten, kulturelle Besonderheiten und die Gefahr, Wissen zu verlieren kennzeichnen China als besonderen Markt.

Nach einem beispiellosenAufschwung hat sich

China in wenigenJahrzehnten in die Riegeder ökonomisch stärksten

Nationen weltweiteingereiht. Lief es zuletztnicht mehr ganz so rund,

so scheint sich dieWirtschaft jetzt

wieder zu fangen.

Page 11: Die Wirtschaft

Freitag, 25. November 2016 11

Deutsch-IndischeHandelskammerCitadellstraße 1240213 DüsseldorfTel. 0211/ 36 05 97E-Mail: [email protected]

Indo-German Chamberof CommerceGerman House 2Nyaya Marg, ChanakyapuriNew Delhi 110021, IndiaTel. +91/ 11-47168 888 / 801E-Mail: [email protected]

AUSSENHANDEL

Von Oliver Schulz

Im Sommer 1991 stand Indien vordem Staatsbankrott. Die Jahres-teuerung war auf 17 Prozent ange-wachsen, die Bedienung der Aus-landsschulden schluckte 30 Pro-zent der Deviseneinnahmen. DieWährungsreserven reichten gera-de noch zur Finanzierung der Im-porte für zwei Wochen. Nach vier-einhalb Jahrzehnten fordertenStaatswirtschaft und Protektionis-mus – mit den entsprechenden bü-rokratischen Auswüchsen – ihrenTribut.

Mit dem achten Fünf-Jahres-Plan für die Jahre 1992 bis 1997 zo-gen der damalige PremierministerNarasimha Rao und sein Finanzmi-nister Manmohan Singh die Reiß-leine. Die neue Wirtschaftspolitikverfolgte drei Hauptziele: Erstenswurden, um die dramatische Fi-nanzlage in den Griff zu bekom-men, massive Kürzungen derStaatsausgaben – in erster Hin-sicht durch Streichung von Sub-ventionen – beschlossen. Zwei-tens sollte der Außenhandel libera-lisiert werden, um Importe und Ex-porte zu steigern; die Rupie wurdeabgewertet, die umfangreichenEinfuhrbeschränkungen (Import-quoten) und Zolltarife abgebaut.Drittens wurde auch der Binnen-markt dereguliert. Private Unter-nehmer erhielten Zugang zu vie-len zuvor ausschließlich dem Staatvorbehaltenen Wirtschaftsberei-chen, etwa dem Bankwesen. Ge-nehmigungen und Lizenzen fürPrivatunternehmen wurden erheb-lich vermindert. Regelungen zur

Einschränkung ausländischer Di-rektinvestitionen wurden aufgeho-ben, ebenso die gesetzlich vorge-schriebenen indischen Mehrheits-beteiligungen an ausländischenInvestitionen.

Die positiven Effekte warenrasch zu spüren. Innerhalb vonnur einem Jahr erholte sich dasauf 0,8 Prozent geschrumpfte Wirt-schaftswachstum auf 5,3 Prozent –ein Wert, der seither mit wenigenAusnahmen gehalten oder über-schritten wurde. Private Bankenund Fluggesellschaften entstan-den. Das Warenangebot wuchsmit den anziehenden Importen.Die Zölle sanken von durchschnitt-lich 87 Prozent in wenigen Jahrenauf knapp 20 Prozent.

Und heute ist Indien – nach einerFlaute in den vergangenen Jahren– wieder energisch auf Wachstums-kurs. Die Inflation, die 2014 nochbei 9 Prozent lag, ist auf 5 Prozentausgebremst. Die niedrigen Ölprei-se sorgen in dem von Importen ab-hängigenLand vorallemfür Erspar-nisse beim Einkauf. Die Asian De-velopment Bank prognostiziert einWirtschaftswachstum in Höhe vonmehr als 8 Prozent. Zum ersten Malseit 1999 verzeichnet das Land einehöhere Wachstumsrate des Brutto-inlandsprodukts (BIP) als die Volks-republik China – allerdings wurdeerstmalsauch der sogenannte infor-melle Sektor einbezogen.

Als Wachstumstreiber gilt derDienstleistungssektor, gefolgt vomproduzierenden Gewerbe. Die Re-gierung investiert unterdessen mas-siv in industrielle Arbeitsplätze.Die Kampagne „Make in India“solldas LandfürAuslandsinvestitio-nen attraktiver machen – die An-siedlung von Samsung und Airbuskönnen als Erfolge der Maßnahmegewertet werden. Im Rahmen der„Make in India“-Kampagne hatdie indische Regierung eine Reihevon Programmen auf den Weg ge-bracht, die ausländische Geschäfts-aktivitäten und Direktinvestitio-nen – vorzugsweise im verarbeiten-den Gewerbe – durch finanzielleund steuerliche Anreize fördern.

Bei derwirtschaftlichen Entwick-lung des Landes wird auf starkesprivatwirtschaftliches Engage-ment sowie Finanzierung undKnow-how aus dem Ausland ge-setzt. Die Vorhaben bieten zahlrei-che Beteiligungsmöglichkeiten

und Chancen für deutsche Firmen.NachAngaben des indischen De-

partment of Industrial Policy andPromotion (DIPP) stiegen die ge-samten ausländischen Direktinves-titionen (Foreign Direct Invest-ment) FDI im Finanzjahr 2015 um24,5 Prozent auf 44,9 MilliardenUS-Dollar gegenüber 36,0 Milliar-den US-Dollar im Jahr 2014. DasFDI, das über das Foreign Invest-ment Promotion Board (FIPB) insLand floss, wuchs sogar um 26 Pro-zent auf 31,9 Milliarden US-Dollargegenüber 25,3 Milliarden US-Dol-lar im vorvergangenen Jahr an,was als Hinweis darauf gewertetwerden kann, dass die Initiativender Regierung, Geschäfte in Indien

zu machen und insbesondere FDIzu fördern, fruchtbar waren. DenDaten zufolge wuchs der Anteil desFDI besonders in den Bereichen In-frastruktur und Dienstleistungen.Im Zeitraum von Januar bis März2016 betrugen die FDI etwa 14,5Millionen US-Dollar.

Deutschland ist nach Angabendes Auswärtigen Amtes Indienswichtigster Handelspartner inner-halb der EU und (in absoluten Zah-len) sechstwichtigster Handelspart-ner im weltweiten Vergleich. SeitBeginn der indischen Reformpoli-tik 1991 hat das bilaterale Handels-volumenrasant zugenommen. Auf-grund der Wachstumsschwächeder indischen Wirtschaft war der bi-laterale Handel in den letzten Jah-ren allerdings leicht rückläufig. Soschrumpfte das bilaterale Handels-volumen 2014/2015 im Vergleichzum Vorjahr um 0,87 Prozent auf15,97 Milliarden Euro. In den ers-ten11 Monaten 2015 nahmdasbila-terale Handelsvolumen im Ver-gleich zum Vorjahreszeitraum um8,1 Prozent zu. Deutsche Ausfuh-

ren stiegen um 9,8 Prozent, wäh-rend Einfuhren aus Indien um 6,4Prozent anzogen.

In der Rangfolge der deutschenHandelspartner steht Indien nachAngaben des Statistischen Amtesauf Platz 25, bei Einfuhren auf Platz27 und bei Ausfuhren auf Platz 25.Umgekehrt steht Deutschland in In-dien als Lieferant an 8. Stelle undals Abnehmer indischer Waren an5. Stelle. Der Schwerpunkt indi-scher Exporte nach Deutschlandliegt demnach im Textilbereich, ge-folgt von chemischen Erzeugnis-sen, Elektrotechnologie, Metallwa-ren, Leder und Nahrungsmitteln.

Schleswig-Holstein hat zuletztnur noch Waren im Wert von 180

Millionen Euro nach Indien expor-tiert – zum Vergleich: Noch 2011und 2012 waren es jeweils mehr als250 und 260 Millionen Euro. Vor al-lem Pumpen und Medizintechnikaus Norddeutschland waren dabeigefragt. Aus Indien importiert hatSchleswig-Holstein zuletzt Güterim Wert von rund 170 MillionenEuro – vor allem Textilien.

Ein reiner Absatzmarkt ist dasLand mit mehr als 1,2 MilliardenEinwohnern für die Gebr. SchröderGmbH aus Kiel. „Unser Unterneh-men hat erste Markterkundungenin Indien seit 2007 betrieben“, sagtJürgen Usinger, Vertriebsleiterund Prokurist bei dem Herstellerhochwertiger Schneidwerkzeugefür den professionellen Obst- undWeinbau sowie für handwerklicheund industrielle Einsätze: „Wie füralle Exportmärkte unseres Unter-nehmens suchten wir einen Impor-teur und Vertriebspartner, der un-sere Original Löwe Scheren in In-dien am Markt einführt und nachund nach möglichst flächende-ckend vertreibt.“

Bei einer Delegationsreise mitVertretern aus Wirtschaft und Poli-tik, organisiert durch die WTSH inKiel, habe man erste Eindrücke ge-wonnen und sei in Matchmakingsin Delhi und Mumbai mit interes-sierten Unternehmern persönlichin Kontakt getreten. „Anschlie-ßend haben wir als weitere Leis-tung derWTSH dasGemeinschafts-büro der IGEP, Neu Delhi für eini-ge Jahre genutzt und ,anteilig’ ei-nen Mitarbeiter mit 50 Prozent des-sen wöchentlicher Arbeitszeit fürunsere Belange in Anspruch ge-nommen. Dort wird unter EinsatzindischerMitarbeiter eineNahtstel-le zur Wirtschaft gebildet, Recher-chen, Kommunikation und Vor-Ort-Bereisungen werden für einenüberschaubaren finanziellen Ein-satz kompetent organisiert unddurchgeführt. Diese Leistung istobendrein förderfähig und wird biszu 18 Monate lang mit bis zu 50 Pro-zent unterstützt.“

Den ersten tatsächlichen Ge-schäftspartner habe das Unterneh-men aber dann über einen Messe-kontakt in Deutschland kennenge-lernt und mit ihm 2008 bis 2013 zu-sammengearbeitet. „Dann muss-tenwiraufgrund stagnierenderUm-sätze beziehungsweise fehlendenEngagements nach einem neuenPartner suchen“

In Indien sei, so Usinger,dieKom-munikationaufEnglisch absolutun-kompliziert und vollständig. Kultu-relle Hindernisse habe er nichtkennnengelernt. „Generell ist nurviel Geduld gefragt, denn alle Ab-läufe sind von Langsamkeit ge-prägt und Feiertage unterbrechennur zu oft das Tagesgeschäft.“

Eine Herausforderung bei derVermarktung hochpreisiger Pro-dukte sei das geringe Lohnniveau,gerade im Agrar-Bereich in demsüdasiatischen Land. Hürden bei

der Einfuhr bestünden für die Pro-dukte des Kieler Herstellers kaum.„Eher gilt es, sich bei der Zahlungder Lieferungen auf ein für beideGeschäftspartner annehmbaresProcedere abzustimmen – ist dochdas enorm dokumenten-aufwändi-ge und gebühren-intensive Akkre-ditiv traditionell noch erstes Mittelder Wahl,von demwir uns aber auf-grund von Beträgen im unterenZehntausenderBereich verabschie-det haben.“

Usinger geht davon aus, dass derMarkt stabil bleibt. „Für die nächs-ten Jahre erwarten wir weder einegrundlegende Veränderung hin zuwestlichen Wirtschaftsstrukturennoch einen massiven Aufschwungder Wirtschaftskraft insbesonderein dem für uns relevanten Bereichder landwirtschaftlichen Betriebeim Einzelnen. Aber soweit wir ver-lustfrei oder gar inzwischen mit ge-ringen Gewinnen unsere Präsenzam Markt für die weitere Zukunftvorbereiten können, wollen wirrechtzeitig mit am Start sein. Viel-leicht kann man sogar sagen, wirsind schon einen kleinen Schrittweiter.“

Doch trotz allgemein guter Prog-nosen sind auch Zweifel erlaubt. Sosieht der „Global CompetitivenessReport 2015-16“, ein Länderver-gleich zur Bewertung der Wettbe-werbsfähigkeitder Volkswirtschaf-ten weltweit, Indien, entgegen sei-ner konjunkturellen Erfolge, nichtnur positiv. Das Land hat seinePosi-tion von Platz71 auf 55zwar verbes-sern können, liegt aber immer nochhinter anderen Bric-Staaten zu-rück. Nur Brasilien hat schlechterabgeschnitten. Die HerausgeberderStudiebetonen,dass sozialeUn-gleichheit und mangelhafter Um-weltschutz, besonders in den urba-nen Zentren, zu einer schlechtenBewertung geführt hat. A

„Bei der Zahlung der Lieferungen gilt es, auf ein fürbeide Geschäftspartner annehmbares Procedere

abzustimmen. Denn das enorm dokumenten-aufwändigeund gebühren-intensive Akkreditiv ist traditionell noch

erstes Mittel der Wahl.“

Jürgen UsingerVertriebsleiter / Prokurist,

Gebr. Schröder GmbH

INDIEN

Stabil auf WachstumskursIndiens Wirtschaft hat wieder an Dynamik gewonnen. Die Prognosen sind entsprechend.

Skyline der boomenden südindischen Finanzmetropole Mumbai. Die Wirtschaft hat an Fahrt gewonnen – die sozialen Probleme in dem riesigen Land bleiben. Foto: Fotolia / saiko3p

ANSPRECHPARTNER

Fachleute für den Subkontinent

25 Jahre ist es her, dassIndien antrat, seine

Wirtschaft zu liberalisieren.Heute sprechen manche

dem Land bessereökonomische Aussichten

zu als China. Wo steht dieWirtschaft Indiens derzeitwirklich? Welche Chancenbieten sich für deutsche

und internationaleUnternehmen?

DIE WIRTSCHAFT – Vor einem Vierteljahrhundert öffnete Indien seine Wirtschaft. Der Prozess scheint langfristig Wirkung zu entfalten.

Page 12: Die Wirtschaft

12 Freitag, 25. November 2016AUSSENHANDEL

Von Nathalie Klüver

Aneinem Tag geht es zu einer tech-nischen Tagung, am nächsten Tagum Ernährungsthemen und dannzur Aufsichtsratssitzung eines gro-ßen Unternehmens: Manuela Wil-les Arbeitsalltag wird nie zur Routi-ne. Ständig neue Themen, neueVeranstaltungen, andere Men-schen, langweilig wird das nie,sagt die Dolmetscherin aus Ham-burg vom Netzwerk der Konferenz-dolmetscher Unisono. Und das istes, was sie an ihrem Beruf soschätzt. Seit 26 Jahren dolmetschtsie in den Sprachen Englisch,Deutsch und Spanisch, und obwohlsie schon bei vielen Veranstaltun-gen und Verhandlungen gearbei-tet hat, gibt es immer wieder neueSituationen und Herausforderun-gen zu meistern.

Dasind nichtnur die ständig neu-en Vokabeln und Fachbegriffe, mitdenen sich die Dolmetscherin aufdie Veranstaltungen vorbereitet.Das dicke Oxford Dictionary reichtdafür längst nicht aus, denn oftgeht es um ganz spezielle, unter-nehmensspezifische technischeAusdrücke,die in normalen Wörter-büchern nicht zu finden sind. Hierkommt häufig Fachsoftware zumEinsatz.

Eine ganz besondere Herausfor-derung sind die Tücken der Tech-nik. So kommt es schon mal vor,dass die Kopfhörer, über die sie dieRedebeiträge hört, ausfallen. EineFestrede im allgemeinen Gera-schel und Gehuste im großen SaalWort für Wort zu hören und zu dol-metschen, ist gar nicht so einfach.Und wenn dann auch noch ihr Mi-

krofon versagt, das ihre Verdolmet-schung in die Kopfhörer des Publi-kums überträgt, dann bleibt oft nurnoch das „Beflüstern“: die Zuhörerum sich scharen und leise, abernicht zu leise, das Gesagte dolmet-schen.

Abwechslungsreich sei ihr Berufimmer, sagt Manuela Wille. Unddas liege nicht nur an der erforder-ten Konzentration.

In der gesamten MetropolregionHamburg ist sie für ihre Kunden un-terwegs, aber es kommt auchschon mal vor, dass sie nach Berlinoder auch Übersee reist, um bei-spielsweise bei Vertragsverhand-lungen zwischen Unternehmen zudolmetschen. Denn gerade bei ver-traulichen Angelegenheiten sei esdenKunden wichtig, einen Dolmet-scher dabei zu haben, auf den siesich verlassen können. „Es gehtsehr oft um Diskretion, dann darfvon so einem Termin nichts nachaußen dringen.“

Manuela Wille wird nicht nur beiAufsichtsratssitzungen oder Ver-tragsverhandlungen gerufen, siedolmetscht auch bei Hauptver-sammlungen von Unternehmen,die etwa internationale Anteilseig-ner oder Vorständehaben, bei Pres-sekonferenzen mit internationalenPressevertretern, bei Festvorträ-gen von Firmenjubiläen, bei Händ-lertagungen, bei denen zum Bei-spiel Verkäufer aus ganz Europafortgebildet werden, bei Betriebs-versammlungenoder Eurobetriebs-ratssitzungen.

Da auch immer mehr Mittel-ständler ausländische Anteilseig-ner haben und die internationalenVerflechtungen in den vergange-nen Jahren ständig weiter zuge-nommen haben, wird ihre Hilfe im-mer häufiger gebraucht. Englischist dann oft die Verkehrssprache,ihr Spanisch musste sie in den ver-gangenen Jahren immer seltenerzum Einsatz bringen. „Die Leutesprechen heute besser Englisch –aber die Arbeit von uns Dolmet-schern wird dennoch sehr ge-braucht“, sagt Manuela Wille.

Denn oft reiche das Englisch

zwar zum Small Talk beim Mittag-essen, aber wenn es um komplizier-tere Sachverhalte gehe oder gar umVertragsverhandlungen, bei denenjedesWort zähle und Missverständ-nisse fatal wären, sei ihre Arbeit alsDolmetscherin unerlässlich.

„Unsere Arbeit wird sehr oft un-terschätzt.“ Englisch, das könnedoch jeder – das denken viele, aberdem sei nicht so. Sie merke immerwieder, wenn sie nicht von Anfangin Vertragsverhandlungen dabeiist, sondern erst in der zweiten oderdritten Runde dazu trifft, dass dieVertragspartner bis dahin nicht sel-ten haarscharf aneinander vorbei-geredet haben. „Selbst, wer flie-

ßend Englisch spricht, ist einemMuttersprachler gegenüber immerin einem Nachteil“, so ManuelaWille. Smarte Manager arbeiten da-her lieber mit Dolmetschern, alssich nur auf ihr Schulenglisch zuverlassen.

In 80 Prozent der Fälle geht esums Simultandolmetschen, beidem Dolmetscher nur ganz leichtzeitversetzt das Gesagte überset-zen – man kennt es von großenFernsehshows, wo der Dolmet-scherals Stimme ausdem Off wahr-nehmbar ist. Das Simultandolmet-schen erfordere eine spezielleTechnik, die man im Studium ler-ne, erklärt Manuela Wille. Dabeigeht es darum, Inhalte gleichzeitigzu erfassen und in der jeweils ande-ren Sprache genau wiederzuge-ben – aber dabei auch das zu erfas-sen, was zwischen den Zeilen ge-sagt wird. Nicht nur die Fakten gel-te es rüberzubringen, sondernauch den Tonfall.

Deshalb sei es so wichtig, denRedner zu sehen – und optimaler-weise auch das Publikum und des-sen Reaktionen. Gerade bei inter-kulturellen Veranstaltungen sei eswichtig, auch den kulturellen Kon-text zu kennen und zu beachten.„Wir Dolmetscher sind nicht nurMittler zwischen Sprachen, son-dern auch zwischen den Kultu-ren“, betont Manuela Wille. So hatein Fluch im Deutschen eine ganzandere Bedeutung als bei den höfli-chen Briten – ein im Deutschen he-rausgerutschtes „Verdammt nochmal!“ sollte man auf Englisch nichtunbedingt so übersetzen.

Um diese kulturellen Unterschie-de zu kennen, sollten Dolmetscheram besten eine Zeitlang im Aus-land gelebt haben. Im Studium er-lerntman die Sprachen und die Dol-metschtechniken, aber nur durchdas Eintauchen in andere Kulturenbegreift man den kulturellen Kon-text.

Das Simultandolmetschen lerntman im Studium, es handelt sichhierbei um eine ganz besondereTechnik, bei der man gleichzeitigInhalte erfasst und in eine andere

Sprache dolmetscht. Um in dieserTechnik drinzubleiben, muss mansie regelmäßig trainieren, sagt Ma-nuela Wille. Ein bisschen wie beimKlavierspielen, wo die Finger auch„einrosten“, wenn man eine länge-re Pause macht. „Beim Simultan-dolmetschen muss man hochkon-zentriert sein“, so Manuela Wille.Kein Wort darf man verpassen, kei-ne Message zwischen den Zeilenüberhören. Diese Konzentrationkönne man nur schwer länger als30 bis 45 Minuten aufrechterhal-ten,weshalb Dolmetscher in derRe-gel im Team arbeiten und sich re-gelmäßig abwechseln.

„Dazu kommen noch die beson-deren Herausforderungen, die je-de Sprache mit sich bringt.“ Eng-lisch zum Beispiel sei 30 Prozentkürzer als die deutsche Sprache.Ganz abgesehen von landestypi-schen Redewendungen, die manselten wörtlich übersetzen kann.Ein Heinz-Erhardt-Zitat aus demDeutschen ins Englische zu über-setzen, ohne dass die Pointe dabeiflöten geht, sei nicht immer ganzeinfach.

Das Konsekutivdolmetschen,bei dem man nicht zeitgleich über-setzt, werde heute seltener ange-wendet als früher, so Manuela Wil-le. Es sei nicht unbedingt einfa-cher, das Gesagte nach Absätzenzusammenzufassen – denn beimKonsekutivdolmetschen sei manviel präsenter, da man oft direkt ne-ben dem Hauptredner sitze, statt ineiner abgeschotteten Kabine.

Aber egal, ob Simultan- oderKonsekutivdolmetschen: Nicht nurdie Konzentration muss hoch sein,auch die Sorgfalt. Nicht zuletztauch, weil Dolmetscher haftbar ge-macht werden könnten, etwa beiVerträgen oder Schiedsgerichtver-handlungen.„Man muss diesenBe-ruf lieben und auch diese besonde-re Art von Stress“, sagt die Dolmet-scherin. Da verwundert es nicht,dass sich 90 Prozent der Absolven-ten einesStudiums für denÜberset-zerberuf entscheiden und nur zehnProzent den Weg des Dolmetscherseinschlagen. A

„Ein Heinz-Erhardt-Zitat ausdem Deutschen ins Engli-sche zu übersetzen, ohne

dass die Pointe dabei flötengeht, ist nicht immer ganz

einfach.“

Manuela Wille

Dolmetscherin

DOLMETSCHER

Verbale BrückenbauerDie Arbeit von Dolmetschern geht weit über das reine Übersetzen hinaus.

Für den Small Talk mitinternationalen Kunden

mag das eigene Englischreichen. Für komplizierte

Sachverhalte sindDolmetscher unersetzlich.

DIE WIRTSCHAFT – Für spezielle Vokabeln und Fachbegriffe greifen Dolmetscher heute nicht mehr auf Wörterbücher sondern auf Software zurück.

Page 13: Die Wirtschaft

Freitag, 25. November 2016 13

Wenn sich trotz harter Arbeit, guterSelbstorganisation und hoher Füh-rungskompetenz kein wirtschaftli-cher Erfolg einstellen will, bedarf esUnterstützung von außen. Mit bran-chenübergreifendenMethodenver-hilftThomas Salow kleinen und mit-telständischen Unternehmen zumwirtschaftlichen Erfolg.

Salowkannauf25-jährigeBerufs-erfahrung bauen, als Geschäftsfüh-rer, CFO, kaufmännischer Leiter so-wieFührungskräftetrainerunter an-derem bei Dräger. Jetzt möchte derzertifizierte Business Coach seinWissen an Inhaber kleiner und mit-telständischerUnternehmenweiter-geben. Dabei setzt er auf die Metho-denkompetenz von ActionCoach.

„Ich würde mich am ehesten miteinem Fußballtrainer vergleichen,der seine Spieler durch die ganzeSaison begleitet und zum Sieg führt.Wenn die dafür qualifizierte Firmanach 17 Wochen Einzelcoachingund Umsetzung der vereinbartenAktionen nicht mindestens diese In-vestitionzusätzlichverdienthat,ma-che ich solange kostenfrei weiter,bis sich der Erfolg einstellt. Das istunser Garantieversprechen, das wiraufgrund unser weltweiten Erfah-rungvon über 20Jahren geben kön-nen“, sagt Thomas Salow.

DasCoachingvariiert jenachPha-se, in der sich das Unternehmen be-findet. Bei Neugründungen vermit-telt Salow unter anderem auch Busi-ness Basics. Gemeinsam mit ande-

ren Inhabern kann unter anderemim Rahmen eines eintägigen Grup-pen-Workshops zum Unterneh-menswachstum ein Quartalsplanfür die eigene Firma erstellt werden.„Es ist wichtig, eine klare unterneh-merische Vision zu entwickeln. Aufdieser Grundlage wird ein Maßnah-men-Plan ausgearbeitet, um die ge-steckten Ziele zu erreichen“, sagtder Business Coach, der auf Augen-höhe mit seinen Kunden kommuni-ziert und auch nicht vor ehrlichenWorten zurückschreckt.

„Wenn ich Dinge für nicht erfolg-versprechend halte, sage ich auch

schon mal: Lass es lieber sein!“ Tho-mas Salow ist seit jeher Pragmati-ker,derauchmalübersichselber la-chen kann. Er arbeitet branchen-übergreifend und kann daher unge-ahnte Perspektiven liefern – demkleinen Handwerksbetrieb etwa,der trotz redlicher Arbeit stagniertunddiesen oder jenen Kunden nichtfür sich gewinnen kann. Dabei nutztder zweifache Vater die ExpertisevonActionCoach. Die 1993 gegrün-dete Organisation gehört zu denPionieren des Business Coachingsfür Unternehmensinhaber und istauf allen fünf Kontinenten in 63

Ländern mit über 1000 Coaches er-folgreich tätig.

Eine der von ActionCoach entwi-ckelten Methoden ist das Programm „In sechs Stufen zur Spit-zenfirma“. „Es geht unter anderemdarum, zunächst das Unternehmenzu stabilisieren, auf (mehr) Gewinnauszurichten, um dann das Teamzu stärken, so dass der Betrieb wieeine gut geölte Maschine funktio-niert. Der Inhaber arbeitet dannnicht mehr in, sondern vor allemam Unternehmen und hat mehrZeit fürsich, seine Familieund ister-holter. Beim Coaching werdenneue Inhalte und Methoden – auchmitSpaß–aufeinfacheArtundWei-se verständlich vermittelt. Dabei istwichtig, dass wir alles, was wir ge-meinsam tun, testen und den Erfolgauch messen“, sagt Thomas Salow.

Umherauszufinden,wie fitdasei-gene Unternehmen ist, reichen zu-nächst fünf Minuten. Unterwww.actioncoach. de/business-fit-ness- check können Inhaber einenkurzen Check machen. Die Ergeb-nisse dienen als Grundlage für einkostenfreies und unverbindlichesErstgespräch.

„Ichmöchte Inhabern helfen,effi-zienter, erfolgreicher und erholterzu werden“, sagt Thomas Salow.

A Thomas Salow – ActionCoachSeelandstraße 14-16, 23569 Lü[email protected]. 0451/ 16086040

AUSSENHANDEL

Im allgemeinen Sprachge-brauchwerdendieWorteDol-metschen und Übersetzen oftals Synonyme verwendet.Sie bedeuten jedoch nichtdasselbe. Dolmetscher über-tragen das gesprocheneWort, Übersetzer übersetzengeschriebene Texte. Damithaben Übersetzer den Vor-teil, während ihrer ArbeitWörter und Redewendungennachschlagen und das Über-setzte redigieren undüberarbeiten zukönnen. Dolmet-scher hinge-gen dolmet-schen in derRegel simul-tan, also fastzeitgleich,oder kon-

sekutiv, mit einer Verzöge-rung von maximal zehn Mi-nuten, das heißt, es bestehtkeine Möglichkeit, Fachbe-griffe nachzuschlagen – dieentsprechenden Vokabelnmüssen also zuvor gelerntsein. Daher ist die intensiveVorbereitung auf jeden Ein-satzmit detaillierterEinarbei-tung in das jeweilige Fachge-biet sowichtig. Denn Dolmet-scher sind keine wandeln-

den Wörterbücher,die nur ein Wortdurch ein anderesersetzen. Nur Zu-sammenhänge,die man versteht,

können auchsinngetreu ge-dolmetschtwer-

den.

Da man einen Dolmetscher nichtzum Vorsprechen oder Probedol-metschen einlädt, sollte man beider Auswahl genau hinschauenund auf den Abschluss achten. Essollte sich um ein Hochschul-Di-plom oder einen Master im Konfe-renzdolmetschen handeln. Wich-tig ist ebenfalls die berufliche Er-fahrung und Routine. Auch die Mit-gliedschaft in der AIIC, dem inter-nationalen Konferenzdolmetscher-verband, ist ein Hinweis auf einengut qualifizierten Dolmetscher:Um in diesen Verband aufgenom-men zu werden, muss man seineKompetenz und Erfahrung nach-weisen. Einige Dolmetscher sindauf bestimmte Fachgebiete spezia-lisiert wie etwa Medizin oder Land-wirtschaft, andere dagegen sindGeneralisten.

Diplom Wirtschaftsingenieur Thomas Salow hilft Inhabern kleiner und mittel-ständischer Unternehmen, effizienter und erfolgreicher zu werden. Foto: Salow

BERUFSBILDER

Dolmetschen undÜbersetzen: Derfeine Unterschied

SERVICE

Daran erkenntman einen guten

Dolmetscher

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Thomas Salow – ActionCoach

Business Coaching für Unternehmer

DIE WIRTSCHAFT – Dolmetscher übertragen das gesprochene Wort, Übersetzer dagegen geschriebene Texte.

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Page 14: Die Wirtschaft

14 Freitag, 25. November 2016AUSSENHANDEL

Von Nicole Hollatz

Sucht ein Unternehmer Zugang zueinem ausländischen Markt, ist einerster Ansprechpartner immer dieIndustrie- und Handelskam-mer (IHK) vor Ort. Die IHK Schles-wig-Holstein bietet fast wöchent-lich Weiterbildungen zu den ver-schiedensten internationalen The-men zwischen den aktuellen Ände-rungen im Zoll-und Außenwirt-schaftsrecht zum Jahreswechsel2016/2017 oder den rechtlichenGrundlagen für Exportverträgeund AGB im Auslandsgeschäft bei-spielsweise und besonderen Län-dertagen. Erste Online-Recher-chen zu Handels- und Wirtschafts-daten, Handels- und Wirtschafts-recht, Geschäftskultur, Messenund wichtigen Adressen hat dieIHK Schleswig-Holstein für dieSchwerpunktländer Dänemark,Norwegen, Finnland und Schwe-den erarbeitet. Ganz aktuell undim Zweifelsfalle einiges an Geldwert ist der Leitfaden für EU-För-dermittel.

Ebenso bietet die Wirtschafts-förderung und Technologie-transfer Schleswig-Holstein(WTSH) als zentrale Einrichtungder Wirtschaftsförderung in Schles-wig-Holstein Beratung zur Außen-wirtschaft. Das Außenwirtschafts-team der WTSH analysiert die Ex-portpotenziale kleiner und mittle-rer Unternehmen und zeigt konkre-te, auf die betriebliche Situation zu-geschnittene Markteintrittsstrate-gien auf. Der Fokus liegt dabei aufden wachstumsstarken Schwellen-ländern, die zwar beträchtlicheMarktchancen, aber auch hoheMarkteintrittsbarrieren für KMUaufweisen – beispielsweise Brasi-lien, Russland, Indien, China so-wie Malaysia und Indonesien.Über die aufgebauten Unterstüt-zungsinfrastrukturen, die soge-nannten Schleswig-Holstein Busi-ness Center, stehen effiziente Be-treuungseinrichtungen in den Ziel-märkten zur Verfügung.

Die WTSH ist in wichtigenWachstumsmärkten mit eigenenBüros – den Schleswig-HolsteinBusiness Centers (SHBC) – vertre-ten. Sie vernetzt so die Unterneh-men in Hangzhou (China), Neu De-lhi (Indien), São Paulo (Brasilien),Moskau (Russland), Jakarta (Indo-nesien) und Kuala Lumpur (Malay-sia).

Über den Messeservice könnenUnternehmen an schleswig-hol-steinischen oder norddeutschenGemeinschaftsständen auf interna-tionalen Leitmessen teilnehmen.Praktische Unterstützung bei derEntwicklung von Geschäfts-, Tech-nologie- und Projektpartnerschaf-ten ist im Rahmen des EuropeanEnterprise Network (EEN) mög-lich.

Für unternehmerische Engage-ments im Ostseeraum betreibt dieLandesregierung Schleswig-Hol-stein sechs Hansebüros. Die Han-sebüros fungieren als Interessen-

vertretung des nörd-lichen Bundeslan-des an ausgewähl-ten Plätzen rund

um die Ostsee. Ne-ben Büros in den

russischen Metro-polen St. Peters-

burg und Kali-

ningrad existieren Hansebüros inDanzig (Polen), Tallinn (Estland),Riga (Lettland und Vilnius (Est-land).

Ganz andere Märkte haben dieFachleute der Deutschen Gesell-schaft für Internationale Zu-sammenarbeit (GIZ) mit ihrenBüros in Lübeck und Schwerinbeispielsweise im Blick. Dort be-raten die „EZ- Scouts“ als Exper-ten im Auftrag des Bundesminis-teriums für wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung(BMZ), sie sind auf die Beratungund Hilfestellung beim wirtschaft-lichen Engagement in Schwel-len- und Entwicklungsländernspezialisiert. Die EZ-Scouts sindals Ansprechpartner für mittel-ständische insbesondere Unter-nehmen zu Themen der Entwick-lungszusammenarbeit (EZ) inWirtschaftsverbänden, Länder-vereinen, Industrie- und Handels-

kammern sowie Handwerkskam-mern tätig. Der Markteintritt inSchwellen- und Entwicklungslän-dern bietet große Chancen, abergenauso große Herausforderun-gen. „Die deutsche Wirtschaft istexportorientiert und hat Interes-se, auch in diese Märkte einzustei-gen“, sagt Torsten Klinke. Er istals EZ-Scout im Auftrag des BMZan der IHK Hannover tätig, inHamburg agiert Christine Falken-berg als EZ-Scout. Die „Scouts“beraten zum breiten Spektrum anKooperations-, Förder- und Finan-zierungsangeboten der deutschenEntwicklungszusammenarbeit.Ein wichtiger Aspekt der Unter-stützung: Der EZ-Scout vernetztdie Unternehmen bei Bedarf mitden Akteuren der Entwicklungs-zusammenarbeit auch vor Ort.

Konkret im Ausland helfen diedeutschen Auslandshandels-kammern (AHK) weiter. Unter-

nehmen, die ihr Auslandsge-schäft auf- oder ausbauen wol-len, werden so „weltweit“ bera-ten, betreut und vertreten. Anüber 130 Standorten in 90 Län-dern vertreten diese AHKs so diedeutschen Wirtschaftsinteressenmit rund 45 000 Mitgliedern welt-weit und in enger Partnerschaftmit den IHKs in Deutschland. AlsDienstleister bieten die Außen-handelskammern InteressentenBeratungen zu Themen rund umden Markteinstieg und den ers-ten Schritten auf dem Auslands-markt.

„Der Bedarf der Unternehmenan Beratungen zum Auslandsge-schäft steigt“, kommentierte Vol-ker Treier als Außenwirtschaft-schef des Deutschen Indus-trie- und Handelskammerta-ges (DIHK) den kürzlich er-schienenen DIHK-Außen-wirtschaftsreport. A

KONTAKTE

Mittler für internationale MärkteEin dichtes Netzwerk von Experten bietet Unternehmen in Schleswig-Holstein kompetente Informationen für den Außenhandel.

DIE WIRTSCHAFT – Unsere Wirtschaft ist exportorientiert – aber der Eintritt in neue Märkte bietet ebenso Chancen wie Herausforderungen.

Wie finde ich Zugang zu in-ternationalen Märkten?Experten helfen Un-ternehmen in derRegion.

Ministerpräsident Torsten Albig, Bernd Bösche (2. v. l.) und Staatssekretär Ralph Müller-Beck (l.) bei der Eröffung des Schleswig-Holstein Business Centers im chinesischen Hangzhou. Foto: dpa

Neue Märkte erschließenoder schlichtweg

preiswerter produzieren –es gibt viele Gründe fürUnternehmen, über denheimischen Tellerrand zu

gucken. FachlicheUnterstützung und

Fördermittel bekommensie dabei von

verschiedenen Stellen.

IHK Schleswig-Holsteinwww.ihk-schleswig-holstein.de

Wirtschaftsförderungund Technologietransfer inSchleswig-Holstein (WTSH)https://wtsh.de

Hansebüros der Landesregie-rung Schleswig-Holsteinhttps://www.schleswig-hol-stein.de/DE/Fachinhalte/O/ost-seepolitik/schleswig_hol-stein_buero.html

Deutsche Gesellschaftfür InternationaleZusammenarbeit (GIZ)

GmbHhttps://www.giz.de

Deutsche Auslandshandels--kammern

https://www.ahk.de

Page 15: Die Wirtschaft

Von Fabian Joeres

Bald könnte eintreffen, worauf pri-vate und institutionelle Anlegerseit Wochen und Monaten ge-spannt warten: ein Richtungs-wechsel und damit ein Ende der la-xen Geldpolitik von europäischerZentralbank (EZB) und der Fede-ral Reserve (Fed). Nötig – denn esdroht Ungemach. Sogar innerhalbder eigenen Reihen werden dieStimmen gegen den Kurs beiderNotenbanken immer lauter. Ent-sprechend hatten die amerikani-schen Zins-Entscheider bei ihrerletzten Sitzung des Offenmarkt-ausschusses im September auchnur noch „knapp“ gegen eine so-fortige Leitzinserhöhung entschie-den. Zwar haben sich laut Proto-koll jener Sitzung einige Mitglie-der für eine sofortige Erhöhungausgesprochen, die Zweifler hiel-ten allerdings gerade noch dasPatt. Im Dezember werde es abersoweit sein, hieß es weiter, dannwürden auch die letzten Kritikerverstummt sein.

Und dem wird wohl auch tat-sächlich so sein, schließlich geht esbei der kommenden Sitzung undder ausstehenden Entscheidungum mehr als nur schnöde Geld-marktpolitik. Etwas noch viel Wert-volleres steht auf dem Spiel: dieGlaubwürdigkeitder Fed, derWäh-rungshüter rund um Janet Yellen.Nicht auszudenken, würde dieseverlorengehen. Zu oft und zu offenhatte man über eine baldige Zinser-höhung gesprochen, zu laut wurdeeine schnelle Rückkehr zu einemnormalen Zinsniveau angekündigt.Es jetzt nicht zu tun wäre fatal.

Um den Verlust der Glaubwür-digkeit müssen sich auchdie Direk-toren der EZB rund um Mario Drag-hiderzeit sorgen. Draghi arbeite ak-tuell aktiv an der Dekonstruktiondieser Glaubwürdigkeit, heißt eszynisch in Branchenkreisen.Schließlich wirke es nicht beson-ders überzeugend, wenn eine Maß-nahme der Zentralbänker nach deranderen im Sande verläuft.

Das sieht auch Ulrike Kastens,StellvertretendeLeiterin Volkswirt-schaft im deutschen Bankhaus Sal.Oppenheim so. Sie warnt indes:„Wenn Mario Draghi betont, dassder Instrumentenkasten der EZBgut gefüllt sei, gilt dies nur theore-tisch.“ Auch die unendliche Feuer-kraft der EZB sei nur theoretischerNatur. Argumente, die darauf hin-deuten, dass die EZB mit dem La-tein am Ende zu sein scheint, liefer-teDraghi kürzlich etwashilflos klin-gend selbst, als er vor dem Europa-

ausschuss seine Zinspolitik mit denWorten „die niedrigen Zinsen, diewir gegenwärtig haben, sind nötig,um künftig zu höheren Zinsen zu-rückzukehren“ erklärte.

Abgesehen davon, dass offen-bar alles, was Universitäten in Be-triebs- und Volkswirtschaftslehrein Bezug auf Geldwertstabilität leh-ren, in der Realität nicht so zu funk-tionieren scheint. Oder, wie Adair

Turner, britischerWirtschaftsmana-ger und Hochschullehrer AnfangOktober in Zürich formulierte:„Wirtschaftslehrbücher gehörenneben Harry Potter“. Draghi istüberzeugt von dem, was er tut.Jetzt sieht er die Politik in derPflicht, mit Strukturreformen dieWettbewerbsfähigkeitder europäi-schen Volkswirtschaften zu erhö-hen. Mehr kann der Mann hinterdem Steuer wohl nicht mehr ma-chen. Er kann das Geld nur dru-cken, verteilen müssen es andere.

DieMunition ist verschossen, Ne-gativzinsen machen sich breit, dieGesetze der Marktwirtschaft schei-nen außer Kraft. Und noch immer

liegen die angestrebten zwei Pro-zent Inflation bei den aktuell0,4 Prozent Kerninflationsrate inweiter Ferne. Jetzt einfach von denzwei Prozent, beziehungsweise„unter, aber nahezwei Prozent“ ab-rücken und behaupten, es wäre ei-ne wohlüberlegte und angemesse-ne Entscheidung – das wäre un-denkbar. Und auch unmöglich, oh-ne erneut die eigene Glaubwürdig-

keit aufs Spiel zu setzen. Respekti-ve sie ganz zu verlieren.

Dochwarumüberhaupt zwei Pro-zent? Die Frage lässt sich mit einemkleinen Exkurs beantworten, dermit einem Namen und einer Ge-schichte im Jahr 1989 beginnt. Da-malswar DonaldThomas BrashNo-tenbankchef von Neuseeland – der„Vater“ der zwei Prozent. Brashhatte, gerade frisch im Amt, gesagt,er werde alles tun, dass die Preis-teuerung in seinem Land unterzwei Prozent bleiben würde – undformulierte damit als erster Noten-bankchef ein konkretes Inflations-ziel. Ein absolutes Novum. Undheute State of Art.

Die EZB hat sich das Ziel, die In-flation „unter, aber nahe zwei Pro-zent“ zu fixieren 2003 gesetzt, alsdas Mandat der Zentralbank, dasim EU-Vertrag geregelt ist, verant-wortlich gemacht wurde für stabilePreise. Die Zwei, das vermeintlicheIdeal, um jeden Preis zu halten, istaus Angst vor dem Schreckge-spenst Deflation entstanden. Denndie dabei auftretenden dauerhaftsinkenden Preise können dazu füh-ren, dass Verbraucher ihre Einkäu-feaufmorgen vertagen,weil sie hof-fen, das Produkt dann noch günsti-gerkaufen zukönnen. Weil dieLöh-ne dabei aber unverändert bleiben,sinken bei niedrigeren Verkaufs-preisen die Gewinne der Firmen.Und dann beginnt sich eine Spiralezu drehen – die in einer handfestenWirtschaftskrise münden können –wie zuletzt in Japan. Das Ideal derZwei birgt gewisse Gefahren.

Zumal inzwischen klar ist, dassZinspolitik ihre Grenzen hat. Undzumal viele unbekannte und un-konventionelle Zutaten in den ver-gangenenJahren in den Währungs-rettung-Mix geworfen wurden.Und nichts die Inflation den zweiProzent näher brachte.

Fakt ist vielmehr: Der Markt istgesättigt, der Konsum auf hohemNiveau, Unternehmen stehen mitprall gefüllten Taschen da, brau-chen, beziehungsweise wollen garkein billiges Geld mehr. Sogar dieBank für Internationalen Zahlungs-ausgleich in Basel (BIZ),die sich tra-ditionell vorsichtig oder lieber gar

nicht zu den Machenschaften ihrerEigentümer – der Fed, der EZB undanderer Notenbanken – äußert,zeigt langsam Zeichen von Unru-eh. „Man dachte immer, dass Geld-politik wie ein Auto funktioniert",sagte Hyun Song Shin, BIZ-For-schungschef kürzlich. „Die Noten-bank drückt bei den Zinsen aufsGas und die Konjunktur nimmtFahrt auf.“ Also wie aus dem Lehr-buch: Erst setzten die Banken dieLeitzinsen global auf null, dann be-gannen die Quantitative-Easing-Programme, später kamen sogarnegative Leitzinsen dazu. Ohne Er-folg. Außerdem wurde damit einWeg eingeschlagen, dessen Endeniemand kennt oder vorherzusa-gen weiß, so die vorsichtige Kritikaus Basel.

Der Journalist undGeldmarktex-perte Carlo Sporkmann bringt esauf den Punkt, wenn er sagt: „Dra-ghi tut derweil mit seinem Nichts-tun mehr, als man meint. Er experi-mentiert nicht einfach auf Gutdün-kenwie 2011, als er mit einer abrup-ten Erhöhung des Zinssatzes kurz-zeitig die Märkte aufschreckte.“Oder aber wie dieser Tage mit demdem Tapering, dem Zurückfahrendes Ankaufprogramms der EZB.

Was immer auch geschehen mag,ob die Fed im Dezember die Zinsenanhebt oder nicht: Yellen und Dra-ghi müssen auf lange Sicht Erfolghaben. Und bis zum Ende kämpfen.Gegendie Zahl Zwei zu verlieren istkeine Option. Ebenso wenig wie einAbrücken davon. A

„Wenn Mario Draghi betont, dass der Instrumentenkastender EZB gut gefüllt sei, gilt dies nur theoretisch.“

Ulrike Kastens

Stellvertretende LeiterinVolkswirtschaft Sal. Oppenheim

FINANZWIRTSCHAFT

Der Kampf um GlaubwürdigkeitWarum eine Maßnahme der Zentralbanken nach der anderen im Sande verläuft.

MÄRKTE & MANAGEMENT 15

Sitz der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main: Hier arbeitet der oberste Währungshüter der EU am Ziel einer Inflationsrate von zwei Prozent. Foto: Fotolia / JFL Photography

Der Kurs der EuropäischenZentralbank und der

Federal Reserve der USAgerät weiter in die Kritik.

Wird es einenRichtungswechsel geben?

DIE WIRTSCHAFT – Die Munition scheint verschossen, Negativzinsen machen sich breit. Wohin steuern EZB und Fed?

Page 16: Die Wirtschaft

16 Freitag, 25. November 2016MÄRKTE & MANAGEMENT

Von Nathalie Klüver

„Der Preis ist das einzige Elementdes Marketing-Mix, das für das Un-ternehmen keine Ausgaben mitsich bringt“, so ein Zitat des renom-miertenUS-MarketingexpertenPhi-lip Kotler, der die Preisgestaltungzudem als flexibelstes Element desMarketing-Mixes beschreibt. Zweigute Argumente dafür, sich als Un-ternehmen,seiesGroßkonzern,Mit-telständler oder Einzelunterneh-mer, mehr mit dem Thema Preisge-staltung zu befassen. Und dennochstellt Karen Cabos, Professorin fürinternationales Management ander FH Lübeck, immer wieder fest,dass die Preisgestaltung, auch Pri-cing genannt, in ihrer Wirkung un-terschätzt wird. „Viele Unterneh-men sind sehr zurückhaltend, wennes darum geht, aktive Preispolitikzu betreiben“, hat die Pricing-Ex-pertin beobachtet.

Vielleicht liegt es daran, dassPreisveränderungen immer sofortauch das Unternehmensergebnisbeeinflussen. Oder daran, dassPreispolitik ein komplexes Themaist, bei dem viele Marktdaten eineRolle spielen: die Wettbewerbssi-tuation, die Kunden und ihre Nach-frage, die Positionierung und dasImage, die Kosten und nicht zuletztauch noch die Preispsychologie,denn bei der Wahrnehmung vonPreisen spielt das eine große Rolle.

Oft stelle sie fest, dass Unterneh-men beim Festlegen eines Preisesnur die Kosten betrachten unddann pauschal einen Preis festle-gen, der sich beispielsweise zehnProzent über den Kosten bewegt, soKaren Cabos.„Da werden dieMög-lichkeitenderPreispolitik nichtaus-reichend genutzt.“ Sich nur an deneigenen Kosten und an den Preisender Mitbewerber zu orientierenoder gar nur aufs Bauchgefühl zuverlassen,sei füreineklugePreisge-staltung nicht ausreichend.

Preise sind keine einmal festge-legten, starren Gebilde, sondernkönnen variiert werden und bietenUnternehmen so die Möglichkeit,flexibel auf Marktgeschehnisse zureagieren.DaskönnenzumBeispielSonderaktionen und Sonderrabattesein, saisonale Angebote, Mengen-rabatte,aberauchKombinationsan-gebote, die manchmal auch nurscheinbar günstiger sind oder beidenen die Ersparnis vernachlässig-bar ist. Da gibt es beim Kauf einesLaptops eine passende Laptopta-sche zum Aktionspreis dazu – undauch wenn die Ersparnis gegen-über einem Einzelkauf der beidenArtikelbeiunter fünfEuro liegt,grei-fenmehrKundenbeidemvermeint-lich günstigen Angebot zu.

NebenRabatt-oderGutscheinak-tionen gibt es die Möglichkeit zueinfachen Preissenkungen oderauch Preissteigerungen. Doch hier-bei seien Schmerzgrenzen zu be-achten, so Karen Cabos.Einen Preisnachträglichzuerhöhen,kannKun-den abschrecken oder verärgern.

Der umgekehrte Weg ist oft derbessere: Ein hoher Einführungs-

preis, der nachträglich nach untenkorrigiert wird, so wie die FirmaApple das erfolgreich bei seinenProduktneuheiten macht – für dieKunden trotz des hohen Einfüh-rungspreises eine Nacht vor deneinschlägigen Apple-Geschäftencampieren. Die Möglichkeit vonnachträglichen PreissenkungensollteschonbeiMarkteinführung ei-nes Produktes einkalkuliert wer-den. Auch Gutscheine oder Rabattebei einem Wiederkauf können alsPreissenkung für Bestandskundenfungieren. Nicht nur im Onlinehan-del übrigens – auch Dienstleisterkönnen so in Preisverhandlungengeschickt argumentieren: „Sind Siezufrieden mit meiner Leistung,dannerhaltenSiebeimzweitenAuf-trag einen Rabatt.“ So verkauftman sich nicht als Billigheimer –aber stellt dem Kunden dennoch ei-nen Preisnachlass in Aussicht.

Beliebighäufige oderauchzuag-gressive Preissenkungsstrategienkönnen aber auch zu einem Verlustdes Markenimages führen – vielführt nicht zu viel. Tatsächlich istbei zu niedrig angesetzten Preisen– abhängig vom Produkt natürlich –Vorsicht geboten. „Kost’ nix – taugtnix“ oder „Qualität hat ihren Preis“sind nur zwei typische Sätze, diebei Kaufentscheidungen fallen.

Denn Preise haben auch eineImagewirkung. Sie sind bei Status-symbolen sogar ein Zusatznutzendes Produktes. Wer sich eine Louis-Vuitton-Handtasche kauft, wärewahrscheinlich wenig erfreut, siekurz darauf für 49 Euro auf demWühltisch zu finden.

„Produkte imPremiumbereicher-füllen oft noch Zusatznutzen, dieüber die reine Qualität hinaus ge-hen“, so Karen Cabos. Dieser Zu-satznutzen kann ein Zugehörig-

keitsgefühl sein oder eine Bestäti-gung fürs eigene Ego nach demMotto „Ich kann es mir leisten, weilich es mir verdient habe.“ InDeutschlandseidieVorliebefürSta-tussymbole übrigens höher als bei-spielsweisebeiunseren skandinavi-schen Nachbarn, so Professorin Ca-bos. Hierzulande definiere man sei-ne Stellung in der Gesellschaft stär-ker über Marken – und sei somitauch bereit, einen deutlich höherenPreis zu zahlen. Durch den Preis er-folgt also auch eine Positionierung.

Ein zu niedrig angesetzter Preiskann also genauso nach hinten los-gehen wie ein zu hoch angesetzterPreis – eine Tatsache, die auchDienstleister nicht vergessen soll-ten. Bei einer Angebotsabgabe nurauf einen möglichst günstigen Preiszusetzen, führenicht immerzumEr-folg. Denn eine Dienstleistungkann meistens nicht wie ein Pro-

dukt aus dem Regal direkt mit demKonkurrenzprodukt verglichenwerden. „Bei der Beurteilung derQualität spielt auch der Preis eineRolle“, erklärt Cabos. Wird derMarktpreis stark unterboten, kom-men Zweifel auf: „Für den Preiskann das ja nichts sein.“

Wie geschicktes Pricing erfolgt,machen große Onlinehändler undBuchungsplattformen für Hotelsoder Flüge vor: Der Preis wird im-mer wieder variiert und angepasst,Sonderaktionen schöpfen die Kauf-bereitschaft ab. Analysen der Kun-dendaten und Internetstatistikenmachen es den Onlineplattformenmöglich,Preise nicht nur tagesaktu-ell zu halten sondern auch noch anden jeweiligen Internetnutzer undseine Vorlieben anzupassen. „Da-für müssen jedoch große Mengenan Marktdaten analysiert werden“,so Cabos – eine komplexe Aufgabe,

die sich kleinere Unternehmennicht unbedingt leisten können.

Aber andere Möglichkeiten derPreisgestaltung lassen sich einfa-cher umsetzen. Das sind zum einendie Schwellenpreise. So gibt es tat-sächlich Produkte, bei denen Ver-braucherbesonderssensibel reagie-ren – ein bekanntes Beispiel ist derButterpreis, an dem viele Konsu-menten diegesamtePreispalette ei-nes Supermarktes messen. 0,99Euro erscheinen sehr viel günstigerals 1 Euro, obwohl die Ersparnis beieinem ganzen Cent liegt. Im Le-bensmitteleinzelhandel enden lautverschiedenen Statistiken etwa70 Prozent der Preise auf eine 9.

Durch eine künstliche Verknap-pung kann man ebenfalls eine grö-ßere Bereitschaft erzielen, höherePreise zu zahlen. Gerne genutztwird dies zum Beispiel von On-line-Hotelbuchungsplattformen,die ihre Angebote gerne mit einem„nur noch 4 freie Zimmer zu diesemPreis“hinterlegen.Ähnlich funktio-nieren zeitlich beschränkte Ange-bote wie „Nur im Dezember 5 Pro-zent Rabatt bei Vertragsab-schluss“.

Auch durch suggerierte Gratis-zugaben, könne man Kunden zumKaufenbewegen, soCabos.DasAn-gebot „Ein Printabo für 30 Euro unddazu ein Gratis Online-Abo“ bewe-ge mehr Menschen zum Aboab-schluss als das Angebot „ein Printa-bo für 25 Euro und ein Online-Abodazu für weitere 5 Euro“ – obwohldie Summe unterm Strich dieselbeist. Studien haben hier gezeigt,dass Verbraucher in solchen FällenzueinemirrationalenVerhaltennei-gen.

Ein wichtiges und oft angewen-detes Instrument der Preisgestal-tung ist es, dem Kunden mehrereProdukt- und Preisalternativen an-zubieten:am bestendrei.Eine güns-tige Variante, eine teure Luxusvari-ante und eine mittlere Alternative.Studien haben gezeigt: Die meistenKunden greifen zu der mittlerenPreisvariante. Nach dem Motto:Das Teure brauche ich nicht, dasGünstige kann ja nichts sein, mitdem Mittleren mache ich nichtsfalsch. Der sogenannte Decoy-Ef-fekt wird in der Praxis sehr häufigangewendet. Für ein Unternehmensei es somit empfehlenswert, denaus Gewinnsicht optimalen Preisbei der mittleren Alternative anzu-setzen, so Cabos.

Einzelhändler können auch vomDecoy-Effekt profitieren, in dem siedie Produkte, die für sie den meis-ten Gewinn erwirtschaften zwi-schen einem deutlich teureren undeinem billigeren Produkt platzie-ren.

Die Vergleichbarkeit von Preisenist in Zeiten des Internets leichtergeworden: Gab es früher beim örtli-chen Einzelhändler drei Waschma-schinenmodelle zur Auswahl undmuss man sich auf die Preise dortverlassen, kann man heute mit ei-nem Klick verschiedenste Preiseund Modelle im Internet verglei-chen. Ein Vorteil für die Verbrau-cher, so Karen Cabos, aber auch fürdie Verkäufer: „Die Preisbereit-schaft der Kunden lässt sich einfa-cher und schneller überprüfen unddie Spielräume, Kunden gezielt an-zusprechen sind größer gewor-den.“

Einen sorgfältigen Prozess derPreisfindung und Preisgestaltungersetze dies aber nicht. A

PREISGESTALTUNG

Das unterschätzte MarketinginstrumentBeim Pricing sind viele Unternehmen erstaunlich zurückhaltend.

Zu teuer? Oder vielleicht zu billig? Preispolitik ist keine Sache des Bauchgefühls – sondern eine ausgeklügelte Technik. Fotos: Hunta, pattilabelle / Fotolia

Sie kostet nichts und sieist ein äußerst flexibles

Instrument. Dennoch wirddie Preisgestaltung im

Marketing oft unterschätzt.

DIE WIRTSCHAFT – Preise können geschickt variiert werden, um flexibel auf aktuelle Marktgeschehnisse zu reagieren.

Page 17: Die Wirtschaft

Freitag, 25. November 2016 17

Nur auf denUmsatz achtenUmdieProduktionaus-zulasten oder weilman auf Folgeaufträ-

ge hofft, setzen einige Firmen ihrePreise so niedrig, dass sie zwar denUmsatz steigern, aber die Kostennicht decken. Das kann auf Dauernicht funktionieren. Umsatz um je-den Preis führt nicht zwangsläufigzu mehr Gewinn.

NurKostenund Mar-ge in die Kalkulati-on einbeziehenWas fehlt in dieserRechnung? Der Kun-

de. Welchen Nutzen hat der Kundevon dem Produkt, das ich ihm an-biete? Was ist dem Kunden das Pro-dukt wert? Bei der Definition einesPreises sollte das Unternehmennicht mit den Kosten argumentie-ren – sondern den Kundennutzenherausstellen.

GrenzenloseRabatteRabatte undSonderak-tionen sind ein gutesInstrument der Preis-

gestaltung. Aber nicht grenzenlos.Bei Preisverhandlungen sollteman immer eine Schmerzgrenzevor Augen haben, sich auch an die-

se halten – und seine Vertrieblerebenfalls an diese Linie binden.Macht man deutliche Abschlägedann muss klar kommuniziert wer-den, dass es eine einmalige Aus-nahme ist.

Nur eineinziger PreisProdukt- oder Service-bündel zu verkaufen,lässt einem Unterneh-

meneinen größeren Verhandlungs-spielraum und öffnet weitere Preis-gestaltungsmöglichkeiten. Um die-se voll auszuschöpfen, sollte mannie nur einen einzigen Preis anset-zen.

Preisschwellennicht beachtenDie Psychologie desKäufers ist nicht zu un-terschätzen. Bestimm-

te Schwellenpreise sollte man beider Preispolitik im Auge behalten.

Der Preis passtnicht zur Markenpo-sitionierungEigentlich will man jaein Luxusprodukt an-

bieten, aber um möglichst vieleKäufer anzusprechen, setzt manauf günstige Preise? Besser nicht.Der Preis muss zum Image passen.

MÄRKTE & MANAGEMENT

Schwellenpreise, die mit einer9 hinterm Komma enden, sind denmeisten Verbrauchern bekannt.Aber es gibt noch weitere Möglich-keiten, die Preise psychologisch ge-schickt zu gestalten. So haben Stu-dien ergeben, dass Preise günsti-ger wahrgenommen werden,wenn die Zahl nach dem Kommaniedriger ist als die Zahl vor demKomma. 67,90 Euro schreckt zumBeispiel mehr ab als der eigentlichhöhere Preis von 68,75 Euro. Wer-den reduzierte Preise zudem grö-ßer neben den alten Preisen darge-stellt, nehmen die Kunden die Re-

duzierung als noch stärker wahr alssie tatsächlich ist.

Sozialpsychologen der Universi-täten Lüneburg und Trier habenherausgefunden, dass präzise Prei-se seltener verhandelt werden. Sowird beim Verkauf eines Ge-brauchtwagens, der etwa 15 000Euro wert ist, ein Preisaufruf von14 875 Euro häufiger ohne Verhan-deln akzeptiert als ein Preis von15 000 Euro – der vielleicht gleichauf 14 500 Euro heruntergehan-delt wird. Die präzise Zahl sugge-riere, dass man sich Gedankenüber den Preis gemacht habe.

Decoy kommt aus dem Engli-schen und bedeutet „Köder“ oder„Lockvogel“. Das auch „Täusch-Effekt“ genannte Marketing-Phä-nomen beschreibt, dass sich dieKaufentscheidung durch das An-gebot eines dritten Produktes zumVorteil des Unternehmens beein-flussen lässt. So wählt ein Konsu-ment aus zwei Alternativen vonMineralwasser wahrscheinlichdie günstigere heraus – aber so-bald eine dritte, deutlich teurereVariante zur Auswahl hinzu-kommt, entscheiden sich die meis-ten Kunden für die mittlere Varian-te – auch wenn es bei nur zwei Al-ternativen die teurere gewesenwäre.

Entdeckt hat den Decoy-Effektder amerikanische Marketing-Professor Joel Huber, der 1982Versuchspersonen befragte, obsie lieber in einem unbekanntenentfernten Fünf-Sterne-Restau-rant essen wollten oder in einemnahe gelegenen, ebenfalls unbe-kannten Drei-Sterne-Restaurant.Die Auswahl fiel schwer. EinigenVersuchspersonen bot Hubernoch eine dritte Variante an: einsehr weit entferntes Vier-Sterne-Restaurant.

Das eigentlich viel zu weit ent-fernt liegende Vier-Sterne-Restau-rant fungierte in diesem Fall als Kö-der, als Decoy, der es möglichmachte, die beiden anderen Vari-anten sehr viel leichter miteinan-der zu vergleichen. Die Probandenentschieden sich nun auf einmalohne Zögern für das Fünf-Sterne-Restaurant: Der Vorteil des Drei-Sterne-Restaurants, nämlich dieräumliche Nähe, schrumpfte mitdem Mal, als das weit entfernteVier-Sterne-Restaurant in der Aus-wahl erschien. Der Decoy-Effektwirkt übrigens auch bei Wahlen.

Ein teures vondrei gleichen Pro-dukten ändert dasKundenverhalten

entscheidend.

DECOY-EFFEKT

Ein Köderkann helfen

NO-GO’S

Die größten Fehler bei

der Preisgestaltung

Wonach greift der Käufer? Beim Pricing sollte der Kundennutzen herausgestellt werden. Fotos: 06photo, picsfive / Fotolia

ZAHLEN-PSYCHOLOGIE

Was steht hinter dem Komma?

DIE WIRTSCHAFT – Image und Preis müssen passen: Wer ein Luxusprodukt vermarkten möchte, darf es nicht zu billig anbieten.

Page 18: Die Wirtschaft

18 Freitag, 25. November 2016 Freitag, 25. November 2016 19

Von Nathalie Klüver

„Das, was ich heute geschafft habe,hätte ich auch in der Hälfte der Zeiterledigen können“, denkt man oft.Oder: „Schon wieder acht Stundenrum und ich habe nichts geschafft.“Das Gefühl kennen wahrscheinlichdie meisten von uns. Da startet manso verheißungsvoll motiviert in denTag und dann stolpert man dochwieder über die vielen Zeitfresser,die die Produktivität ganz schnellzusammenschrumpfen lassen.Nicht wenige halbtags tätige Müt-ter merken auf einmal, dass sie inder Hälfte der Zeit, die Tätigkeitenschaffen, die sie früher in acht Stun-den erledigt haben. Ganz einfach,weil man effektiver arbeitet, sichnicht an Unwichtigkeiten aufhält,wenn man weiß, dass um Punkt dreidie Erzieherin mit strenger Mienevor dem Kindergartentor steht.

Esgibt viele große undkleine Zeit-fresser, die, wenn man sie alle zu-sammenzählt, Unternehmen sogarrichtig Geld kosten können. Dennsie rauben Produktivität und kön-nen nicht nur der Motivation scha-den sondern auch der Gesundheit.

Diegrößten Zeiträuber im Arbeits-alltag sind E-Mails und Meetings.Die US-UnternehmensberatungBain hat ausgerechnet, dass ein Kon-zern mit 10 000 Mitarbeitern imSchnitt 60 Millionen US-Dollar anUmsatz verliert, weil die Mitarbei-ter in Meetings ihre E-Mails lesenanstatt zuzuhören. Ganz einfach,weil sie ansonsten keine Zeit ha-ben, all ihre E-Mails zu lesen.21 Stunden pro Woche verbrachtenlaut Studie der Unternehmensbera-tung Mitarbeiter in diesen Großkon-zernen in Konferenzen – acht Stun-den davon hätte man ersatzlos strei-chen können. Acht Stunden pro Wo-che kostete das Schreiben und Be-antworten von E-Mails – laut Bainwaren davon vier Stunden unnötig.

Das sind nur die Zahlen der „nor-malen“ Mitarbeiter. Die Beraterschauten sich auch die Führungs-ebene an und stellten fest: Füh-rungskräfte erhalten im Schnitt30 000 Emails pro Jahr – noch in den70er-Jahren waren es etwa 1000 An-fragen pro Jahr. Eine Führungs-mannschaft eines durchschnittli-chen Konzerns sitzt 7000 Stundenjährlich in Konferenzen – zählt manvorbereitende Besprechungen undFolgemeetings dazu, kommt Bainauf insgesamt 300 000 Stunden, dieso eine Führungsmannschaft in Be-sprechungen verbringt.

E-MailsDas tägliche Lesen undBeantworten vonE-Mails ist wohl einerder Zeiträuber, der den

meisten Berufstätigen bekannt vor-kommt. Seitdem fast jeder einSmartphonehat, hat sich dieErreich-barkeit auch noch auf den Feier-abend ausgeweitet. Eine E-Mail istschnell geschrieben, schnell ver-schickt und ganz praktisch lassensich auch noch ganz viele Kollegenin CC mit in die Mail aufnehmen.Laut einer Adobe-Studie verbringenwir im Schnitt 31,5 Stunden pro Wo-che mit dem Checken von elektroni-scher Post – und darin ist noch nichteinmal die Zeit eingerechnet, dieman fürs Beantworten braucht!

Ein einfacher Tipp lautet daher:Die E-Mail-Benachrichtigung aus-schalten und nur in selbst gesetz-ten, regelmäßigen Abständen indas Postfach schauen. Wenn eswirklich brennt, wird schon ein An-ruf kommen. E-Mails sollten zudemgewichtet werden: Wichtige Anfra-gen sollte man direkt nach dem Le-sen, mindestens aber am selbenTag beantworten. Für das Lesenund Schreiben sollte man feste Ta-

geszeiten einräumen. Wer ständigsofort auf E-Mails reagiert und jedeöffnet, die in der Benachrichtigungs-funktion angezeigt wird, wird auchständig aus dem Arbeitsrhythmusgerissen.

MeetingsEs ist nicht nur die vieleZeit, die man im Mee-ting verbringt. Dazukommt noch die Vorbe-

reitung und Nachbereitung. Und dieTatsache, dass man für so ein Mee-ting aus dem Arbeitsfluss gerissenwird. Viele dürften es aus eigener Er-fahrungkennen:DieAnwesendenre-den aneinander vorbei oder nutzendie Konferenz zur Selbstdarstellung,man kommt vom Hundertsten insTausendste– und am Ende sind allegeschafft, aber das Problem ist nichtgelöst. Meetings sollten deshalb vonvorneherein zeitlich begrenzt wer-den,nurTeilnehmereingeladenwer-den, die wirklich betroffen sind undkeine Besprechung sollte ohne Ter-minabsprache stattfinden, so dasssichallevorbereiten könnenund kei-ner währenddes Meetings nochzeit-raubend auf den aktuellsten Standgebracht werden muss.

SmalltalkKlar istes fürdasArbeits-klima fördernd, wennmannichtnurüberBeruf-liches redet, sondern

auch mal Privates zum Themamacht. Und zusammen mit nettenKollegen arbeitet es sich auch vielbesser. Aber im Schnitt verbringtman eine Stunde am Tag mit Small-talk – die sich vielleicht besser direktin die Mittagspause legen lässt oderan den Feierabend. Eine Lösungkann sein, die ganze Abteilung ge-meinsam zum Mittagessen schreitenzu lassen und dort in entspannter At-mosphäre zu klönen. Und wenn je-mandunangemeldet ins Bürokommtund man gerade wenig Zeit hat,dann kann ein kleiner Trick helfen:Aufstehen, wenn das Büro betretenwird, vor den Schreibtisch treten underst wieder hinsetzen, wenn der Kol-lege das Büro verlassen hat.

SmartphoneEigentlich wird es janicht benötigt, wennman am Computer amSchreibtisch sitzt, dort

seine E-Mails abrufen kann undsein Telefon parat hat. Dennoch ha-ben viele ihre Mobiltelefone direktneben der Tastatur liegen – undschauen bei jeder kleinen Regungauf das Display. Die Lösung lautet:Handy indieHandtasche, Pushnach-richten aus und nur zu festen Zeitendraufschauen.

InternetEigentlich wollte mandie kurze Pause ja nurnutzen, um einmal dieTagesnachrichten zu le-

sen. Und dann ist der Text interes-sant und dieser Link und dieser auchund klick und klick – schon hat manstatt fünf Minuten eine Stunde im In-ternetverbracht.HierhilftnurSelbst-disziplin, sich an die selbst gesetztenZeiten zu halten und sich bei Recher-chen im Internet auch immer wiedervor Augen zu halten: Was wollte icheigentlich suchen? Und führt michdiese Homepage wirklich zu mei-nem Ziel?

Nicht neinsagen können„Können Sie noch ein-mal schnell?...“ Viele –vor allem Frauen, sa-

gen die Psychologen – können danicht nein sagen, auch wenn es ge-rade überhaupt nicht passt. Undnatürlich kann man mal einen Ge-fallen tun – das fördert ja auch dasBetriebsklima. Und niemandmöchte die egoistische Zicke sein,die nie hilft. Aber in entscheiden-den Situationen, wenn der eigeneArbeitsberg zu hoch ist und dieAufgabe eben mal nicht „einmalschnell“ erledigt ist, sollte auchein standhaftes „Nein“ gesagt wer-den können.

MultitaskingMultitasking, um Zeitzu sparen? Das klapptnicht, denn dazu istdas menschliche Ge-

hirn einfach nicht ausgelegt. For-scher der Universität Utah habenherausgefunden, dass mit Multi-tasking die Leistungsfähigkeit um40 Prozent sinkt. Manche For-scher sagen sogar, dass Multitas-king gar den IQ senkt. Denn dasGehirn kann sich nur auf eine kom-plexe Sache zurzeit konzentrie-ren. Wer telefoniert und gleichzei-tig eine E-Mail schreibt, tut beidesnicht gleichzeitig, sondern seinGehirn wechselt zwischen den bei-den Tätigkeiten hin und her. Da-bei bekommt man vom Telefonatnur die Hälfte mit – und die Quali-tät des Geschriebenen leidetauch. Wenn man etwas macht, soll-te man es richtig machen. Undnacheinander. Der Output ist bes-ser, man muss weniger doppeltmachen, korrigieren und dasmacht die gesparte Zeit ruckzuckwieder wett.

PerfektionismusDa wird bis spätabends an der Präsen-tation gefeilt, damitauch wirklich alles per-

fekt ist. Ein Anschreiben wird im-mer wieder geändert, damit auchja jedes Wort sitzt. Und bei einerRecherche wird jedes noch so klei-ne Detail zusammengetragen, umja auch nichts vergessen zu ha-ben. Natürlich muss ein Herzchi-rurg perfekt operieren. Natürlichmuss ein Buchhalter die Zahlenperfekt zusammenrechnen. Aberganz ehrlich: Bei vielen Dingenwird die 100-prozentige Perfekti-on weder benötigt noch bemerkt.Das kann natürlich auch frusten,wenn man merkt, dass das Lobund die Begeisterung auch ohnedie perfekten Details so ausgefal-len wäre. In diesem Falle gilt dasPareto-Prinzip, nach dem 80 Pro-zent der Ergebnisse in 20 Prozentder Gesamtzeit erreicht werden.Ist es wirklich noch nötig, die restli-chen 20 Prozent durch mühsam in-vestierte Zeit zu erreichen oderkann man die Mühe nicht besserin andere Aufgaben stecken?

TelefonOft spart man durchsTelefonieren Zeit, weilman direkt eine Ant-wort erhält und auch di-

rekt nachfragen kann, wenn manetwas nicht verstanden hat – stattaus Bequemlichkeit eine E-Mail zuschreiben, kann ein kurzer Griffzum Hörer tatsächlich effektiversein. Aber wenn man angerufenwird, dann reißt einen das Klingelnaus der Konzentration. Wenn manwirklich ungestört arbeiten will,dann empfiehlt es sich, die Anrufeweiterzuleiten – an die Zentraleoder einen Kollegen oder aber ei-nen Anrufbeantworter einzuschal-ten.

ProkrastinationAufschieberitis nenntman es landläufig. ImFachjargon heißt dasPhänomen Prokrastina-

tion. Unangenehme oder aufwändi-ge Aufgaben schiebt man gernevor sich her. Und so kommt esdann, dass man Dinge ganz ausden Augen verliert oder aber sie inletzter Minute erledigt – mit dem Er-gebnis, dass man furchtbar ge-stresst ist und sich Fehler einschlei-chen. Besser, man trägt sich für die-se unangenehmen Aufgaben festeTermine ein – an die man sich dannauch hält.

Fehlende PausenEs ist ein Irrtum zuglauben, dass man be-sonders schnell ist,wenn man einfach oh-

ne Pause drauflospowert. DennKörper und Gehirn benötigen Pau-sen, wie Studien zeigen sogarrecht eng getaktet, nämlich im45-Minuten-Rhythmus. Das müs-

sen keine langen Pausen sein,aber fünf Minuten für ein paarAtemzüge am offenen Fenster(Sauerstoff belebt!), eine in Ruhegetrunkene Tasse Kaffee oder einkleiner Gang um den Block ma-chen wach und laden die Akkusschnell wieder auf.

Zu vieleverschiedeneTätigkeitenStatt auf jeden Impulssofort zu reagieren – al-

so nach einem Telefonat schnell et-was aus der Akte suchen oder jedeEmail zu beantworten –, empfiehltes sich, gleichartige Aufgaben zu-sammenzufassen und hintereinan-der abzuarbeiten. Also mit Schreib-arbeiten anfangen, danach die Ta-bellenkalkulation erledigen undnach der Mittagspause alles, wasmit Ablage zu tun hat. Dabei sollteman auch auf die Tagesform ach-ten. Wer morgens konzentrierter ar-beitet als nachmittags, sollte diekomplizierten Berechnungen eherdann machen und sich dafür wäh-rend des Nachmittagstiefs um Ar-beiten wie Ablage oder Schreib-tischaufräumen kümmern. A

MÄRKTE & MANAGEMENT

Nach einer Untersuchung desUS-Beratungsunternehmens Bainwird15 Prozent der Zeit in Unterneh-men in Meetings verbracht. Zu vielAufwand, in der anderes liegenbleibt. Wenn dann auch noch dieMeetings an sich überflüssig und in-effektiv sind, hat das noch mehr ne-gative Folgen.

Dererste Schritt für effektivere Be-sprechungen ist eine gute Planungder Tagesordnung und nur die Auf-nahme wirklich wichtiger Punkte.Den Punkt Sonstiges kann man vonvorneherein streichen.

Einweiterer Schritt zu mehr Effek-tivität ist die Verknappung der Zeit:Der Zeitrahmen sollte von vornehe-rein feststehen und auch nicht über-schritten werden. Dabei hilft, nachderHälftederZeit alleKonferenzteil-nehmerdaraufhinzuweisen,dassbe-reits die Hälfe des Meetings um ist

und man noch ein paar Tagesord-nungspunkte vor sich hat.

Die Besprechungen im Stehen ab-zuhalten ist übrigens ein einfachesMittel zur Verkürzung. Die Teilneh-mer können sich dabei um ein Steh-pult gruppieren. Stehen macht wachund ganz ehrlich: Wir sitzen eh alleviel zu viel und viel zu lange.

Bei einem Meeting sollten niemehr Personen als nötig eingeladenwerden, als maximale Zahl wird oftdie 7 genannt. Auch ein Moderatormacht Sinn – vor allem, wenn er ver-hindert, dass man sich zu sehr in De-tails verliertoder Selbstdarsteller zurHochform auflaufen. Auch solltennur Dinge besprochen werden, diealle Teilnehmer etwas angehen.Punkte, die nur zwei Mitarbeiter be-treffen, sollten dann auch entspre-chend nur im kleineren Rahmen be-sprochen werden.Meetings kosten Zeit. Deshalb sollten möglichst nicht mehr als sieben Kollegen daran teilnehmen. Auch ein Moderator kann nützlich sein.

Keine Pausen zu machen, hindert ebenso wie durch Telefon, Smartphone oder Smalltalk unterbrochen zu werden. Fotos: Composer, DigiClack, Svyatoslav Lypynskyy, anyaberkut, zozzzzo, Rawpixel.com, Robert Kneschke

ARBEITSEFFIZIENZ

Die größten Zeitfresser im BüroJeder lässt sich mal bei der Arbeit ablenken. Aber wo lauern die wirklich großen Fallen?

DIE WIRTSCHAFT – Verschwendete Zeit – verschwendetes Geld: Ein Konzern mit 10 000 Mitarbeitern verliert einer Studie zufolge durchschnittlich 60 Millionen US-Dollar Umsatz pro Jahr, weil die Mitarbeiter in Meetings ihre E-Mails lesen anstatt zuzuhören.

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Wie arbeitet man eigentlichwirklich effizient? In demman sich die Zeit nicht

rauben lässt. Und so stetsmotiviert bleibt.

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Page 19: Die Wirtschaft

20 Freitag, 25. November 2016FINANZEN & VERSICHERUNGEN

Amtliche Mitteilungen sind nichtjedermanns Sache. Für Stefan Glä-ser, Spezialist für öffentliche För-dermittel bei der Hamburger Spar-kasse, gehören sie allerdings zurPflichtlektüre. Es ist sein Job, Lichtin den Dschungel der Fördermaß-nahmen des Bundes, der Länderund der EU zu bringen. Die Er-kenntnisse, die er dabei gewinnt,sind für viele Firmenkunden derHamburger Sparkasse bares Geldwert. Er kürzlich vermittelte er derJürgen Liebisch GmbH, die mitKfz-Ersatzteilen handelt, Zuschüs-se in Höhe von mehr als 800.000Euro für eine wachstumsbedingteStandortverlagerung ins Hambur-ger Umland. Das Messebauunter-nehmen Meissner Expo in Halsten-bek freute sich über Zuschüsse vonmehr als 160 000 Euro für den Baueiner neuen Halle.

„Die Förderlandschaft ist breitund bunt“, so Gläser. „Leider aberauch sehr unübersichtlich. In gro-ßen Unternehmen sind ganze Stä-be damit beschäftigt, vor jeder In-vestition genau zu prüfen, ob undwie öffentliche Fördermittel ange-zapft werden können. Mittelständ-ler tun sich eher schwer damit. Eserfordere sehr viel Zeit und Experti-se, den Markt der Möglichkeitenzusondieren, sagt der Fördermittel-spezialist.

Finanzierungsstrategiemuss stimmen

Auch Banken machen nicht im-mer darauf aufmerksam, dasssich Investitionsvorhaben mit öf-fentlichen Fördermitteln optimie-ren lassen – teils aus Unkenntnis,teils mit Bedacht, um nicht das ei-gene Kreditgeschäft zu beein-trächtigen. Stefan Gläser: „Zu vie-le Programme blieben in der Ver-gangenheit ungenutzt. Das wol-len wir ändern. Die Haspa-Strate-gie ist seit jeher, die bestmöglicheFinanzierungsstruktur vorzu-schlagen, also wann immer mög-lich auch öffentliche Fördermitteleinzubeziehen. Das ist langfristigfür beide Seiten das bessere Ge-schäft.“

Grundsätzlich gilt: Alle For-men der öffentlichen Förderungsind an bestimmte Bedingungenund Verfahren geknüpft. Vielekönnen nur in Zusammenarbeitmit einer Bank beantragt wer-den. Die Haspa ist in der Metro-polregion Hamburg der größtePartner der Bürgschaftsgemein-schaft und der KFW-Bank.

„Bei Investitionsfinanzierun-

gen gibt es große Gestaltungs-spielräume“, erklärt MichaelEich, der mit seinem Team Firmen-kunden der Haspa im Kreis Stor-marn betreut. „Wenn wir ein Vor-haben auf den Tisch bekommen,ist unser Ehrgeiz geweckt. Zusam-men mit unseren Spezialistenschauen wir gründlich von allenSeiten drauf, um die Finanzierungoptimal zu strukturieren. Förder-

mittel sind dabei eine Komponen-te unter vielen.“

Bei komplexen Finanzierungenzahlt es sich aus, wenn die Bankdas Geschäft des Kunden verstehtund den gesamten Kontext der In-vestition betrachtet. Dies kannnur ein Stab von Spezialisten leis-ten. „In dieser Hinsicht ist die Ha-spa in Hamburg konkurrenzlos“,so Eich.

Die Haspa ist traditionell in dergesamten Metropolregion aktiv,um sicherzustellen, dass auchkomplexe und großvolumige Vor-haben realisiert werden können.Zwischen Hamburg und Lübeckbetreut sie derzeit über 3.000 Un-ternehmen.

Die öffentlichen Fördermaßnah-men lassen sich in vier Gruppeneinteilen:

1. Klassische Zuschüsse und Bei-hilfen von EU, Bund und Ländern,also Geld, das die Unternehmenweder verzinsen noch zurückzah-len müssen. Diese Fördermittelsind zumeist an Investitionen ge-bunden, die Arbeitsplätze schaf-fen oder sichern. Aber auch Investi-tionen im Bereich Umwelt undEnergieeffizienz können teilweisebezuschusst werden.

2. Zinsgünstige Darlehen fürden gewerblichen, wohnwirt-schaftlichen oder auch Innovati-onsbereich durch die KfW-Bankoder Landesförderinstitute wie dieIFB Hamburg oder die Investitions-bank Schleswig-Holstein.

3. Oft fehlen einem gewerbli-chen Unternehmen, das eine In-vestition per Kredit finanzierenmöchte, die banküblichen Sicher-heiten. Hier springt unter Umstän-den eine Bürgschaftsbank ein, dieder Bank bis zu 80 Prozent des Kre-ditausfallrisikos abnimmt. DieseForm der Unterstützung konzen-triert sich auf kleine und mittlereUnternehmen mit maximal 50 Mil-lionen Euro Umsatz, 43 MillionenEuro Bilanzsumme oder 250 Mitar-beitern.

4. Die vierte Säule sind Eigenka-pital-Ergänzungen durch landesei-gene Beteiligungsgesellschaften.In Hamburg ist es die BTG und inSchleswig-Holstein die MBG. Bei-de Beteiligungsgesellschaften en-gagieren sich mit stillen Beteili-gungen, die bilanziell wie Eigen-kapital in Erscheinung treten.

A Hamburger Sparkasse [email protected]. 040 / 3579 -7955www.haspa.deMichael Eich

Für den neuen Standort der Jürgen Liebisch GmbH in Glinde vermittelte die Haspa Fördermittel in Höhe von800 000 Euro. Fotos: Haspa

Der Anspruch auf vermögenswirk-same Leistungen kann in Tarifver-trägen geregelt sein, die die Ar-beitgeberverbände mit den Ge-werkschaften für ganze Branchenabschließen. Aber Arbeitgeberkönnen sich auch in Betriebsver-einbarungen oder in Arbeitsver-trägen zur Zahlung vermögens-wirksamer Leistungen verpflich-ten. Oftmals haben auch schonAzubis einen Anspruch auf dieZahlungen.

Was diese über die zusätzlicheVergütung wissen sollten, erklä-ren Experten des deutschen Versi-cherungskonzerns ARAG.

VermögenswirksameLeistungen: Was ist das?

Vermögenswirksame Leistungensind nichts anderes als ein Geldge-schenk, das Sparer vom Arbeitge-ber und vom Staat dafür erhalten,dass sie ihr Geld in bestimmte Anla-gen investieren. Der Betrag kannderzeit zwischen rund 6 Euro und40 Euro monatlich liegen. Die ge-naue Höhe regelt der Arbeits- oderAusbildungsvertrag, eine Betriebs-vereinbarung oder ein Tarifver-trag.

Während der Ausbildung erhal-ten die Azubis unter Umständennur einen bestimmten Prozentsatzan vermögenswirksamen Leistun-gen im Gegensatz zu den ausge-lernten Kollegen. Die vermögens-wirksamen Leistungen gehörenrechtlich zum Einkommen, manmuss für sie also auch Sozialabga-ben und gegebenenfalls Steuernabführen.

Wiebekommtmanvermögens-wirksame Leistungen?

Zunächst muss der Auszubildendeklären, ob ein Anspruch auf vermö-genswirksame Leistungen besteht.Informationen dazu bekommt derAzubi am besten im Personalbüronach oder in kleinen Betrieben di-rekt beim Ausbilder.

Wenn ein Anspruch auf vermö-genswirksame Leistungen besteht,schließt der Azubi einen Sparver-trag ab und gibt dem Arbeitgebereine Kopie davon. Dabei sollte derAzubi ihm auch mitteilen, ob er auseigener Tasche noch etwas draufle-gen will, denn auch das ist möglich.Der Arbeitgeber überweist dannmonatlich direkt den vereinbartenBetrag an das Geldinstitut, mit demder Sparvertrag besteht. In der Re-gel wird sechs Jahre lang einbe-zahlt, im siebten Jahr ruht der Ver-trag. Danach kann der Sparer überdas angesparte Geld, einschließ-lich der vom Staat gewährten Zula-gen, verfügen.

Welche Anlageformengibt es?

Wer Anspruch auf vermögenswirk-same Leistungen hat, kann diese inverschiedene Anlageformen inves-tieren, wie zum Beispiel den Spar-planbeieiner Bank,Bausparen, Ak-tienfonds oder die Tilgung einesBaukredits.

Möglich ist es auch, die vermö-genswirksamen Leistungen mit ei-ner Riester-Rente zu kombinierenoder einen Vertrag für die Alters-vorsorge abzuschließen.

GELDANLAGEN

Auch Azubishaben Anspruch

Vermögenswirksame Leistungen sind

auch für Auszubildende interessant.

DIE WIRTSCHAFT – Azubis mit Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen können etwa in den Sparplan einer Bank, Bausparen oder Fonds investieren.

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Page 20: Die Wirtschaft

Es ist doch eigenartig. Allen istklar, dass wir uns mitten im digita-lenKommunikationszeitalter befin-den. Laut der aktuellen Online-Stu-die von ARD und ZDF nimmt sogardie Gruppe der älteren Internetnut-zer immer weiter zu. Unternehmerkönnen also davon ausgehen, dassKunden oder potentielle Kundenfrüher oder später Berührungs-punkte mit ihrer Website habenwerden. Dennoch wird die eigeneWebsite von vielen Unternehmeneher stiefmütterlich behandelt.

Es wird anscheinend unter-

schätzt, dass ein negatives Nut-zungserlebnis auf der Website ei-nen ähnlichen Effekt haben dürfte,als wennKunden in einem persönli-chen Gespräch kalter Kaffee ser-viert wird. Und gegen einen solchnegativ-geprägten Eindruck müs-sen Unternehmer in der Folge erst-mal erfolgreich anarbeiten. Dabeiist dieser Negativeindruck schnellpassiert. Beispielsweise wenn dieWebsite sich auf mobilen Endgerä-ten nicht optimal nutzen lässt, oderwenn sie mit Informationen über-frachtet ist.

Mit einer veralteten Website ver-passenUnternehmer aucheine gro-ße Chance, den Kunden zu begeis-tern und positiv auf ihr Unterneh-men oder ihre Produkte einzustel-len. Eine gute Website kann ihnensogar Arbeit abnehmen, indem siedem Nutzer wichtige Erstinforma-tionen anbietet und qualifizierteKundenanfragen ermöglicht. RalfPispers weist in seinem Buch „Neu-romarketing im Internet“ daraufhin, dass klassischeWebsites im Re-sponse- und Verkaufsprozessschlicht versagen – eben weil sie

den Faktor Mensch ignorieren undweder Erlebnis, Nutzwert nochDialog ermöglichen.

Aber was macht eine moderneWebsite heute aus? Sie stellt denFaktor Mensch in den Mittelpunktund ist konsequent nutzerorien-tiert entwickelt worden. Dasklingt vielleicht einfach – ist esaber nicht. Denn eine Websitewird in der Regel aus Unterneh-mens- und Agentursicht erstellt.Das Problem? Die Kundensichtgeht dabei schnell verloren. Umdas zu verhindern, setzen wir bei-spielsweise in unserer Werbeagen-tur die Personatechnik ein. Hier-bei werden real-wirkende Kun-denprofile erstellt, die repräsenta-tiv für eine bestimmte Zielgruppestehen. So können wir uns in diespäteren Website-Nutzer hinein-versetzen und ihre Bedürfnisseverstehen. Dieser Sichtwechsel istder entscheidende Erfolgsfaktorbei einer Website-Entwicklung.

Es gibt natürlich einige anderewichtige Anforderungen. So solltesich eine Website immer dem je-weiligem Endgerät anpassen undnicht andersherum. Flexibel sollteauch das System sein, mit dem dieWebsite erstellt wird. Ein moder-nes Content-Management-Sys-tem wie WordPress ermöglichtauch unerfahrenen Nutzern dieeinfache Anpassung von Inhalten,das Veröffentlichen von dynami-schen Beiträgen wie Newsartikelund die schnelle Erweiterung derWebsite. Unbedingt zu beachtenist auch die intuitive Nutzbarkeitder Website. Der Usability-Exper-te Steve Krug formulierte mit sei-nem Fachbuchtitel das zentraleKriterium: 'Don't make me think'.

Um sich einen Eindruck zu ver-schaffen, wie eine moderne Websi-te aussehen kann, können sich Un-ternehmer das Praxisbeispielwww.komplettbad-spezialist.deanschauen. Diese Beispielwebsitewurde für ein deutschlandweitesNetzwerk von Komplettbad-An-bietern erstellt, das Hansolu seit et-wa zwei Jahren im Marketing be-rät. Für weitere Fragen bietet Han-solu eine kostenlose Fachbera-tung an.

A Hansolu GmbhAn der Untertrave 823552 LübeckTel. 0451 790 74 0 [email protected]

Freitag, 25. November 2016 21UNTERNEHMEN / ANZEIGEN

Dennis Siggelow. Fotos: AGA

Das Webteam von Hansolu auf dem Weg zur modernen Website. Fotos: Hansolu (2) / Anne Fidelak

Für Betriebsratstätigkeit ist das Arbeitsentgelt fortzuzahlen. Bei der Zahlungvon Zuschlägen kommen häufig Fragen auf.

Das Webteam entwickelt eine Persona.

Das Webteam testet eine Website auf mobilen Endgeräten.

UNTERNEHMEN

Hansolu

Eine moderne Websiteist heute Pflicht

Wird ein Mitarbeiter in den Be-triebsrat gewählt, führt er die da-mit verbundenen Aufgaben unent-geltlich als Ehrenamt aus. Damitihm daraus keine Nachteile entste-hen, ist er vom Arbeitgeber in denZeiten, in denen er seine Betriebs-ratstätigkeit ausübt, von der Arbeitfreizustellen – unter Fortzahlungdes Arbeitsentgelts. Dies ist gesetz-lich vorgeschrieben.

Häufig stellt sich allerdings dieFrage, welche Entgeltbestandteilevon der Fortzahlungspflicht erfasstwerden.

Grundsätzlich gilt in diesem Falldas sogenannte Lohnausfallprin-zip. Danach ist dem Betriebsrats-mitglied das Arbeitsentgelt zu zah-len, das es erhalten hätte, wenn esseine Arbeitsleistung regulär er-bracht hätte. Die Fortzahlung bein-haltet damit alle Entgeltleistungeneinschließlich aller Zuschläge undZulagen. Beispielsweise Erschwer-niszulagen, Funktionszulagen,Wechselschichtzulagen oderSchlechtwetter- oder Winterzula-gen sind inbegriffen, auch wennder damit verfolgte Zweck garnicht eintritt.

Nach einer aktuellen Entschei-dungdes Bundesarbeitsgerichtsge-staltet sich die Situation allerdingsanders, wenn der Grund für dieZahlung der Zuschläge nicht we-gen der Betriebsratstätigkeit ent-fällt. In dem entschiedenen Fallhat-te ein in der Logistik eines Einrich-tungshauses beschäftigter Mitar-beiter regelmäßig Nachtarbeit ge-leistet und dafür Nachtarbeitszu-schläge erhalten. Nachdem er zumBetriebsratsvorsitzenden gewähltworden war, wurde sein Arbeitsbe-ginn mit seinem Einverständnis auf6Uhr verschoben,um denMitarbei-tern eine bessere Kontaktaufnah-me zum Betriebsrat zu ermögli-chen. Infolgedessen stellte der Ar-beitgeber die Gewährung vonNachtarbeitszuschlägen ein. ZuRecht, wie das Bundesarbeitsge-richt urteilte, denn in diesem Fallist die Verschiebung der Arbeits-zeit durch eine einvernehmlicheVereinbarung erfolgt. Wenn derMitarbeiterkeine Betriebsratstätig-keit mehr ausüben würde, hättedie Verschiebung des Arbeitsbe-ginns weiterhin Bestand. Der An-spruch auf Nachtarbeitszuschläge

wäre ohne Betriebsratstätigkeitdann auch nicht gegeben. Dem-nach sind diese nach dem Lohnaus-fallprinzip auch nicht zu berück-sichtigen.

A Rechtsanwalt Dennis SiggelowLeiter der AGA-GeschäftsstelleSchleswig-HolsteinAGA NorddeutscherUnternehmensverbandGroßhandel, Außenhandel, Dienst-leistung e.V.

AGA-GeschäftsstelleSchleswig-HolsteinHaus der VerbändeLindenallee 16, 24105 KielJerusalemsberg 7, 23568 LübeckAlle Veranstaltungen unter:www.aga.de/veranstaltungen

Tel.: 0431 540288-0E-Mail: [email protected]

Im AGA sind mehr als 3500 überwie-gend mittelständische Groß- und Au-ßenhändler sowie unternehmensna-he Dienstleister aus Norddeutsch-land organisiert. Der AGA unterstütztin Unternehmens- und Personalfüh-rung sowie in allen arbeits- und sozi-alversicherungsrechtlichen Fragen.Ferner vertritt der AGA die bran-chen- und firmenspezifischen Belan-ge seiner Mitglieder gegenüber Poli-tik, Verwaltung und Öffentlichkeit.

www.aga.de

TIPP VOM RECHTSANWALT

Dennis Siggelow, AGA

Welches Gehaltfür Betriebsratstätigkeit?

DIE WIRTSCHAFT – Eine moderne Website stellt den Faktor Mensch in den Mittelpunkt und ist konsequent nutzerorientiert.

Page 21: Die Wirtschaft

22 Freitag, 25. November 2016

Von Carola Pieper

„Ich habe gute Nachrichten fürSie“, ruft Frauke Lympius dem jun-gen Mann schon von Weitem zu.Gute Nachrichten? Der 30-jährigeIraner schaut zunächst fragend, lä-chelt scheu. Dann versteht er. Ge-meinsam gehen sie ins Büro, woKlaus Mirow, der Inhaber der Bau-schlosserei G. Prill in Ratekau, un-geduldig wartet. Wie geht es weitermit seinem jüngsten Auszubilden-den aus dem Iran?

Als Frauke Lympius Klaus Mi-rowvor einigen Wochen kennenge-lernt hatte, wollte der sich in derFlüchtlingshilfe engagieren. Er botder Willkommenslotsin von derHandwerkskammer Lübeck einenPraktikumsplatz in seinem Betrieban. Sofort dachte Lympius an Sa-djad Zaree, der gerne Schweißerwerden wollte. Die Willkommens-lotsin organisierte, dass die Auslän-derbehörde in Lübeck dem Prakti-kum in Ratekau zustimmte. So ka-men sie zusammen, der Flüchtlingaus dem Iran und der Handwerker-meister aus Ratekau. Seit 1. Okto-ber macht Zaree nun eine Ausbil-

dung zum Metallbauer.„Das ist einwesentlicher Aspekt meiner Ar-beit: Menschen zusammenbrin-gen“, sagt Frauke Lympius. „WirWillkommenslotsen sind Netzwer-ker. Wir sprechen mit Mitarbeiternvon Institutionen, Ämtern und Be-hörden, wir pflegen den Kontaktmit Bildungsträgern, ehrenamtli-chen Helfern und mit den Geflüch-teten selbst und stehen auf dieseWeise den Betrieben zur Seite, diesich in dem Dschungel von aufent-haltsrechtlichen Bestimmungenkaum alleine zurechtfinden.“

Nun, beim Termin vor Ort, kannFraukeLympiuseinweiteresErgeb-nis ihrer Netzwerkarbeit präsentie-ren – die gute Nachricht: Die Behör-de hat bewilligt, dass Zaree eine as-sistierte Ausbildung machen kann,obwohl diese eigentlich nur bis zueinem Alter bis 25 angeboten wird.Der Maschinenbaumeister undsein neuer Auszubildender atmenauf. Das hilft. Denn die deutschenSprachkenntnisse des Iraners sindein Problem. „Sadjad versteht zwarschon erstaunlich gut Deutsch, aberinder Berufsschule, wozudem Eng-lisch und Politik auf dem Stunden-planstehen, fälltes ihmschwer, mit-zukommen“, sagt Klaus Mirow. Oftsaß der Ratekauer dann noch nach-mittags mit dem Flüchtling zusam-men und beide gingen den Lehr-stoff durch. Dass man Sadjad Zareenun als einen Härtefall einstuft undihm ausbildungsbegleitende Hilfenzusagt,nützt beiden.FraukeLympi-us wird sich auf die Suche nach ei-nem Anbieter machen.

Doch schon treten die nächstenFragen auf: Macht es überhauptSinn, dass die Nachhilfe am Ort derAusbildung stattfindet und nichtbesser am Wohnort? Ist vielleichtein Umzug von Lübeck nach Rate-kau denkbar? Darf er überhaupt

umziehen? Das käme Zaree zwarentgegen, der unterder Wohnsitua-tion in der Gemeinschaftseinrich-tung in der Hansestadt leidet undgerne näher an seinem Ausbil-dungsbetrieb leben würde. Aberdie Aufenthaltsgestattung, die Be-scheinigung, die Personen erhal-ten, die in Deutschland einen Asyl-antrag gestellt haben, besagt, dass

derWohnsitzauf dieHansestadt be-schränkt ist. Die Willkommenslot-sin notiert sich das Problem. Siewird mit den Mitarbeitern der Aus-länderbehörde sprechen, dem derAsylbewerber zugewiesen ist. Viel-leicht kann man eine Ausnahmemachen.

Auch das Thema Geld brenntdenbeidenaufderSeele.Diestaatli-che finanzielle Unterstützung, dieSadjad Zaree 15 Monate erhält,wird mit der Ausbildungsvergü-tung verrechnet. Und danach? Wiees aussieht mit einer Berufsausbil-dungsbeihilfe, die man bei der Ar-beitsagentur beantragt und für dieeinige Voraussetzungen erfüllt seinmüssen – auch darum wird sich dieWillkommenslotsin kümmern undbeim nächsten Treffen hoffentlichwieder eine gute Nachricht parathaben.„Es isteine großeHerausfor-derung für alle Beteiligten“, sagtFrauke Lympius. „Aber bei man-chen Menschen habe ich das Ge-fühl: Sie schaffen das.“

Seit März arbeitet Frauke Lym-pius als Willkommenslotsin beider Handwerkskammer Lübeck.Als Mitarbeiterin des Projekts„Passgenaue Besetzung“ kenntsich die Diplom-Betriebswirtinund – Sozialökonomin mit den auf-enthaltsrechtlichen Bestimmun-gen in Deutschland aus. „Die The-matik ist sehr umfangreich. De-tails bestimmen darüber, ob je-mand eine Arbeit aufnehmenkann oder nicht. Viele kümmernsich um die Geflüchteten, aberkaum jemand um die Betriebe, diediese Integration bewerkstelligensollen. Dafür sind wir als Willkom-menslotsen da, und die Betriebefreuen sich, dass sich jemand derProbleme annimmt.“

Zwischen März und August die-ses Jahres haben die bundesweit

agierenden 150 Willkommenslot-sen rund 1500 Geflüchtete vermit-telt. 809haben ein Praktikum absol-viert, 144 Hospitationen, 235 ha-ben Einstiegsqualifizierungen be-gonnen. 246 Geflüchtete konntenmit Hilfe der Willkommenslotsendirekt eine Ausbildung beginnen,137 haben durch das Lotsenpro-gramm einen Arbeitsplatz bei ei-nem Mittelständler gefunden.

„In unserem Kammerbezirkkonnten wir auf diese Weise bis-her 69 Flüchtlinge vermitteln“, soChristian Maack, GeschäftsführerRecht/Berufsbildung der Hand-werkskammer Lübeck. Die indivi-duelle Beratung der Unterneh-men durch die Willkommenslot-sen und der persönliche Kontaktzwischen Betrieben und Flüchtlin-gen stellen oft die Weichen für diezukünftige betriebliche Integrati-on. „Unsere Mitgliedsbetriebesind sehr interessiert. Sie bewer-ten die handwerklichen Fertigkei-ten der geflüchteten Menschenmeist als sehr gut und sehen dasPotential auch für die Zukunft ih-res Betriebes.“ Da für die meistenTätigkeiten anerkannte Qualifika-tionen gesetzlich vorgeschriebensind, sei eine möglichst rascheQualifizierung zuwandernderFlüchtlinge von großer Bedeu-tung. Doch schon die Frage, in wel-chem Aufenthaltsstatus sich derGeflüchtete befindet, bestimmedarüber, ob ein Betrieb einenFlüchtling überhaupt einstellenkann. „Willkommenslotsen leitendie Betriebe und ihre Schützlingedurch den Gesamtprozess der Inte-gration“, so Maack.

Insgesamt sei das Projekt, dasvom Bundesministerium für Wirt-schaft und Energie finanziert wird,sehr akzeptiert. Frauke Lympius,die50Betriebe inden Bereichen Lü-

beck, Ostholstein, Stormarn undHerzogtum Lauenburg betreutundzwei Kollegen inKiel und Elms-horn hat, wünscht sich, dass nochmehr Betriebe auf sie zukommen,auch wenn die Schwierigkeiten zu-

nächst groß scheinen. Klaus Mirowund sein Schützling haben mit Un-terstützung der Willkommenslot-sin Frauke Lympius schon vieleSteine aus dem Weg geräumt. Diestarke positive Energie, die vonKlaus Mirow und Sadjad Zaree aus-geht, hat bisher alle überzeugt.

Eine Zukunft hat der große per-sönliche Einsatz der beiden auch:Dasneue Integrationsgesetz gestat-tet ein Aufenthaltsrecht für die Zeitder Ausbildung und zwei Jahre da-nach. „Das sind schon einmal fünfJahre, die man planen kann“, soKlaus Mirow. „Und weil Sadjadaus dem Iran kommt, hat er eine gu-te Bleibeperspektive. Das machtMut.“ A

Willkommenslotsin für Lübeck,Ostholstein, Stormarn, HerzogtumLauenburgFrauke LympiusTel. 0451/[email protected]

„Unsere Mitgliedsbetriebesind sehr interessiert. Sie

bewerten diehandwerklichen Fertigkeitender geflüchteten Menschen

meist als sehr gut undsehen das Potential auch fürdie Zukunft ihres Betriebes.“

Christian MaackGeschäftsführer Recht /

Berufsbildung derHandwerkskammer Lübeck

FLÜCHTLINGE

Klaus Mirow, Inhaber der Bauschlosserei G. Prill in Ratekau (r.), und der iranische Flüchtling Sadjad Zaree haben mit Unterstützung der Willkommenslotsin schon viele Steine aus dem Weg geräumt. Fotos: Carola Pieper

DIE WIRTSCHAFT – Willkommenslotsen helfen Betrieben durch den Dschungel von aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen.

WILLKOMMENSLOTSEN

Netzwerker der beruflichen IntegrationWillkommenslotsen vermitteln Flüchtlingen einen frühzeitigen Spracherwerb, sorgen für eine Qualifikationsfeststellung

und begleiten bei der Berufsorientierung sowie beim Übergang in Ausbildung oder Beruf.

In Zeiten desFachkräftemangels würden

Betriebe gerne aufFlüchtlinge zurückgreifen.

Mit ihrem Wissen überaufenthaltsrechtliche

Bestimmungen stehenWillkommenslotsen ihnen

bei der Bewältigung dieserAufgabe zur Seite.

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Page 22: Die Wirtschaft

FEHMARNBELTQUERUNG

Auf der Suche nach der SteinzeitDas Planfeststellungsverfahren für die Beltquerung ist noch nicht abgeschlossen – aber archäologische Untersuchungen haben bereits begonnen.

Von Hannes Lintschnig

Um acht Uhr morgens ist es ganz ru-hig auf dem abgeernteten Maisfeld.Es regnet. Hin und wieder fährt einAuto auf der Autobahn 1, die direktdaneben verläuft. Für Grabungs-techniker Sigmar Burkhardt undsein Team beginnt der Arbeitstag.Auf dem Feld zwischen Oldenburgin Holstein und der kleinen Ort-schaft Sebent suchen sie mit Bag-ger, Spaten und Kellen nach Über-bleibseln aus lange vergangenenZeiten. „Wenn es weiter so schüttet,dann müssen wir heute abbre-chen“, sagt Burkhardt.

Daswäre nichtgut, dennderAus-grabungstrupp vom Archäologi-schen Landesamt Schleswig-Hol-steinhatnoch viel zu tun.DieExper-ten führen momentan auf der ge-samtenStrecke entlang der geplan-ten Bahntrasse für die Schienenan-bindung der Festen Fehmarnbelt-querung Grabungen durch, umSpurenaus der Jungsteinzeit, Bron-ze- und Eisenzeit zu sichern – dassind etwa 80 Kilometer in ganz Ost-holstein. „Im Moment sind es nochVoruntersuchungen. An 110 Stel-len entlang der geplanten Trassehaben wir Hinweise auf Spuren al-ter Siedlungen“, so Annette Gul-din, Diplom-Prähistorikerin im Ar-chäologischen Landesamt Schles-wig-Holstein. „Diesen Hinweisengehen wir nach und schauen dann

in welchen Bereichen es sich lohnt,gründlicher zu suchen.“

Beauftragt wurden Annette Gul-din und ihr Team von der Deut-schen Bahn. Obwohl das Planfest-stellungsverfahren auf deutscherSeite noch nicht abgeschlossen ist,habendieAusgrabungenbereitsbe-gonnen. „Es ist Standard in Pla-nungsprozessen von Infrastruktur-projekten, dass unter anderem ne-benUmwelt-undBaugrunduntersu-chungen auch archäologische Vor-untersuchungen stattfinden. Daherist es ein selbstverständlicher Pla-nungsschritt.DieErgebnissederUn-tersuchungen sind zwingender Be-standteilderPlanfeststellungsunter-langen“, sagt Maja Weihgold, Spre-cherin der Deutschen Bahn. „Zielder archäologischen Voruntersu-chungen ist es, frühzeitig festzustel-len, welche denkmalschutzrechtli-chen Maßnahmen bei den weiterenPlanungen zu berücksichtigen undgegebenenfalls vor Baubeginndurchzuführen sind.“

Der Regen hat aufgehört. Burk-hardts Team ist auf dem Feld. Diegroße Schaufel des Baggers dringtin die weiche Erde ein und hebt ei-nen etwa zwei Meter breiten und 50Zentimeter tiefen Graben aus. Di-rekt vor dem Bagger in einem Erd-loch steht Marcus Kai. Der Gra-bungsassistent hat einen Spaten inder Hand und untersucht den Bo-den bei jedem Schaufelabzug nachersten Funden. „Ich habe schon ei-nen Flintmeißel aus der mittlerenSteinzeit gefunden. Wahrscheinlichhatte er mal einen Holzschaft undwurde zur Holzbearbeitung ge-nutzt“, erklärt der 45-Jährige. Kailiebt seinen Job. „Ich habe jahre-lang privat gesammelt und gesucht.Dann habe ich mein Hobby zumBe-ruf gemacht. Es ist für mich etwasganz Besonderes, wenn ich etwasfinde,was vor etwa 5000 Jahren vonMenschen genutzt wurde.“ Zwarseidie Arbeit auf dem Feldbei Windund Wetter nicht immer gemütlich.„Aber die Belohnung dafür ist, et-was zu finden. Und einen Flintmei-ßel findet man wirklich selten.“

Wenn der Bagger den Oberbo-den weggenommen hat, kann manmit geschultem Auge schon fast er-kennen, ob sich in der Erde stein-zeitliche Hinterlassenschaften be-finden. „Wir achten auf Verfärbun-gen und Veränderungen des Bo-dens“, sagt Burkhardt und zeigtauf ein etwa zehn Quadratmetergroßes Areal, auf dem einigeschwarze Flecken zu sehen sind.„Das sind Brandstellen. An diesenStellen müssen die Menschen frü-her Feuer gemacht haben. Daswird etwa in der Jungsteinzeit ge-wesen sein“, vermutet Burkhardt,der bereits seit 23 Jahren als Gra-bungstechniker arbeitet. „Im Prin-zip erkennt man jeden Bodenein-griff, den Menschen einst gemachthaben, wieder. Selbst wenn mannur einen Hering beim Zelten inden Boden haut, hinterlässt dasSpuren, weil der Oberboden in den

anstehenden Boden darunter ge-langt.“

Grabungsassistent Manuel Veitkniet in dem ausgehobenen Erd-loch und glättet den Boden mühse-lig mit einer kleinen Kelle, so dassdie dunklen Stellen besonders gutzu erkennen sind. Es nieselt wie-der ein wenig. „Mit dem Wettermusst du halt leben, das gehört da-zu. Ich habe mich daran gewöhnt“,sagt der 37-Jährige. „So, jetzt kön-nen wir ein Foto machen“, ruftVeit. Denn so ein Befund muss na-türlich dokumentiert werden. Burk-hardt holt die Kamera und legt alsMaßstab einen rot-weiß gestreif-ten Holzstab vor eine der dunklenStellen. Anschließend nummerierter die Befunde, macht Fotos davonund trägt die exakte Stelle sowiedie Art des Befundes in ein Büch-lein ein. „Ob in diesem Gebiet eineHauptuntersuchung erfolgen

wird, hängt davon ab, wie vieleFunde wir haben und ob vielleichteine Struktur erkennbar ist, die aufmehr Befunde schließen lässt“,sagt Burkhardt. Als zuständigerGrabungsleiter stuft Burkhardt dieBefunde und Funde als vielverspre-chend oder nicht vielversprechendein. „Die Fläche hier hat Potenzialfür eine Hauptuntersuchung. Abernoch sind wir nicht fertig.“

Mittlerweile hat der Bagger eineweitere, etwa 50 Meter lange Flä-che freigeschaufelt. Burkhardtstapft über das Maisfeld entlang derGrube und überlegt. Mit jedemSchritt hört man es matschen. DerLehmboden haftet an seinen Schu-hen. Dann steht sein Urteil fest. „Ar-chäologisch uninteressant. Hier istnichts“, sagt er und gibt dem Bag-gerfahrer ein Zeichen, dass er denSuchabschnitt wieder verfüllenkann. „Das ist ja auch eine Erkennt-nis.“

Dass die archäologischen FundeundBefundeaufdemGebietderzu-künftigen Bahntrasse das Mega-Projekt Feste Fehmarnbeltquerungbeeinträchtigenkönnten,glaubtAn-nette Guldin nicht. „Nein, wir sindnur hier, um die Spuren zu sichern.VielleichtwürdemanbeieinemHü-gelgrab oder Gräberfeld darüberdiskutieren, ob es irgendwie mög-lich wäre, die Schienen nicht direktdarüber verlaufen zu lassen. Abersolche Anzeichen gibt es bishernoch nicht.“ Guldin freut sich darü-ber, dass nun so ein großes Gebietarchäologisch bearbeitet werdenkann. „Aus archäologischer Sichtsind die Trassenplanungen derBahn ein wirklicher Glücksfall.DurchdiegeplanteTrassederDeut-schenBahnbekommenwirdieMög-lichkeit,dieostholsteinischeBesied-lungsgeschichte vom Auftauchendes ersten modernen Menschen bisin die Slawenzeit näher zu beleuch-ten. Natürlich kennen wir bereitsviele Fundplätze, aber die meistendavon sind bislang nur durch Ober-flächenfunde bekannt, wenn einSammler im überpflügten Acker einArtefakt fand und dieses meldete.“

Durch die Voruntersuchung beste-he nun die Möglichkeit viele dieserFundstellenimGeländezuüberprü-fen und deren Erhalt und Wertig-keitzubestimmen.„Ohnesolchege-planten Baumaßnahmen bleibendem Archäologischen Landesamtdiese Fundplätze verschlossen, dawir nur noch dort denkmalschutz-rechtliche Maßnahmen durchfüh-ren, wo eine geplante Baumaßnah-me die Zerstörung eines Fundplat-zes verursacht.“

Die Kosten übernimmt die Bahn.Bislang sind etwa 80 der 110 Ver-dachtsflächen untersucht worden.Annette Guldin rechnet damit, dassfür rund 25 Fundplätze Hauptunter-suchungen erfolgen werden.

In einem anderen Suchabschnittsieht es besser aus. Wieder sind di-verse schwarze Stellen im Boden zusehen,diedirektnebeneinanderan-geordnet sind. „Hier muss frühereinmal ein Haus gestanden haben.Die dunklen Stellen im Boden sindhöchstwahrscheinlich die Spurenvon Holzpfosten, die damals zumHausbau verwendet wurden“, sagtBurkhardt. Wieder wird der Befundwissenschaftlich dokumentiert.„Dieses Gebiet hier scheint einGlücksfall zu sein. Es ist schon derzweite Befund, der Potenzial zu ha-ben scheint. Eigentlich kommt dasnicht so häufig vor.“

Annette Guldin ist mit der Arbeitvon Burkhardt und seinem Teamsehr zufrieden. „Aus der Positionder Pfostenstandpuren zueinanderlässt sich bislang mindestens einHausgrundriss rekonstruieren. Zu-sammen mit den SiedlungsgrubenunddenaufgefundenenFeuerstein-artefaktenundGefäßscherben istei-ne vorläufige Datierung der Sied-lung in die Jungsteinzeit möglich“,sagt Guldin. Eine genauere Datie-rung sei allerdings erst möglich,wenn man das Gebiet noch gründli-cher prüfen würde. „In der Gesamt-betrachtung sind die Funde von ho-hem wissenschaftlichen Wert. Der-zeit gehen wir davon aus, dass aufdiesem Gebiet eine Hauptuntersu-chung erfolgen wird.“ A

PANORAMA 23

Spurensicherung, damit dieZukunft kommen kann:

Während derFehmarnbelttunnel auf

deutscher Seite noch nichteinmal beschlossene

Sache ist, fördernGrabungen entlang dergeplanten BahntrasseSteinzeitliches zutage.

DIE WIRTSCHAFT – Derzeit wird nicht davon ausgegangen, dass archäologische Funde die Fehmarnbeltquerung beeinträchtigen werden.

Marcus Kai präsentiert einen gefundenen Flintmeißel.

Nach jedem Schaufelabzug des Baggers wird der Boden untersucht.Grabungsassistent Manuel Veit glättet den Boden mit einer Kelle, um die Konturen des Befundes besser sichtbar zu machen. Fotos: Hannes Lintschnig

Page 23: Die Wirtschaft

24 Freitag, 25. November 2016PANORAMA

Von Hannes Lintschnig

In diesem Jahr ist er schon 23 Malgeflogen. Keine Seltenheit bei Ertu-grul Karabacak. Südafrika,Panama, Mexiko, Dubai und einpaar europäische Länder waren da-bei. Manchmal ist er nur fünf Tageim Monat zuhause. Karabacak istGlobal Trainer beim Lübecker Un-ternehmen Dräger. Er reist um dieWelt und erklärt, wie Drägers Alko-hol- und Drogentestgeräte bedientund bei einem Defekt wieder repa-riert werden können. Dafür sitzt erstundenlang im Flugzeug und jet-tet zwischen den Zeitzonen hinund her, manchmal hat er nur zweiTage Aufenthalt. „In dieser kurzenPhase kann man sich nicht an dieZeitzone anpassen. Dann ist Arbei-ten natürlich besonders schwierig.Aber da muss man einfach durch –auch mit einem dicken Kopf undschweren Gliedern.“

Eine seine anstrengendsten Rei-senhat der42-Jährige imvergange-nen Jahr gemacht. Von Hamburgnach Dubai, von dort nach Tokio,weiter nach Wellington in Neusee-land und wieder zurück – in knappzwei Wochen. Und Karabacakkann im Flieger nicht gut schlafen.„Ich reise Economy. Da schreit häu-fig mal ein Baby oder jemandschnarcht direkt neben mir“, sagter. Auch die Ohrstöpsel helfen danicht unbedingt weiter. „Nachdem Flug bin ich meist ziemlich ge-rädert. Manchmal wache ich imHo-tel mitten in der Nacht auf undkann nicht mehr schlafen, weil mei-ne innere Uhr es nicht zulässt.Dann schaue ich mir die Präsentati-on noch einmal an, die ich amnächsten Morgen halte und versu-che danach noch einmal die Augenzu schließen“, sagt Karabacak. Oftgenug klappt es nicht, dementspre-chend anstrengend sind auch dieMeetings, die er abhält. „Manmuss sich schon ein bisschen zwin-gen. Aber das mache ich gerne,man muss seinen Job dafür lie-ben“, sagt der Vielflieger, der seit23 Jahren bei Dräger arbeitet.

Was ihm gegen den Jetlag hilftist ein ausgiebiges Frühstück und

einelangeDu-sche. Was ihmallerdings nochmehrhilft, ist seine Fa-milie. „Ich verbringe soviel Zeit mit meiner Familie wieich kann. Meine Tochter fragt trotz-dem oft ,Papa, musst du schon wie-der weg?’“, sagt er. Er muss die Fra-ge oft genug mit Ja beantworten.„Aber meine Familie ist immer inmeinem Kopf, auch auf Reisen. Oh-nesie würde ich das gar nicht schaf-fen.“

Das, was im Volksmund die „in-nere Uhr“ genannt wird, nennt sichwissenschaftlichzirkadianer Rhyth-mus. „Wir haben uns diesen Rhyth-mus über Jahrmillionen angeeig-net. Bei einem Flug über verschie-dene Zeitzonen wird er komplettdurcheinander gewürfelt“, sagtder Flugmediziner Dr. Gerd UlrichLange von AeroMed B.V. in Lü-beck. „Vor 150 Jahren haben sichdie Menschen höchstens im Pferde-tempo bewegt, und eine Reisenach Italien dauerte drei Wochen.Mit der technischen Entwicklungvon heute können wir in ein paarStunden um die Welt fliegen. Un-ser vegetativer Rhythmus kannsich aber nicht so schnell daran ge-wöhnen.“ Wenn man lediglich drei

Zeitzonen überfliegt, wirke sichdie Zeitumstellung bereits auf denmenschlichen Biorhythmus inForm eines Jetlags aus. „Schon beider Zeitumstellung von Winterzeitauf Sommerzeit kann man die Fol-gen der verlorenen Stunde sehen:Die Unfallstatistik an diesen Tagensteigt an, die Menschen sind nichtso leistungsfähig und machen Feh-ler im Straßenverkehr. Das ist wis-senschaftlich bestätigt.“

Auch Miriam Mende weiß wases bedeutet, mit einem Jetlag um-gehen zu müssen. Die Produktma-nagerin bei dem Lübecker Unter-nehmenEuroimmun ist für die welt-weiten Vertriebswege der Firmen-produkte zuständig und besuchtdeswegen häufig Fachkongresseauf der ganzen Welt. Australien,Malaysia, Indonesien, Kanada, Sin-gapur, Japan, China – manchmalist Mende nur für drei Tage in demjeweiligen Land. „Wenn ich einen

Abend vorher ankomme und nocheine Nacht entspannen kann, be-vor ich einen Vortrag halten muss,dann ist es eigentlich in Ordnung“,sagt die 38-Jährige. „Aber so ist esleider nicht immer.“

Vom Flieger direkt ans Redner-pult, „das ist echt schwierig“, sagtMende. Der Kopf, die schwerenGlieder machen ihr zu schaffen.„Ich versuche mich beim Ankom-men sofort an den jeweiligen Zeit-rythmus zu gewöhnen. Ich gehedann an der frischen Luft spazie-ren, auch wenn ich eigentlich nurliegen will“, sagt sie. Auch wennsie im Flieger eigentlich gut schla-fen kann. „Ich bin früher viel mitmeiner Familie gereist und deswe-gen daran gewöhnt. Aber es isttrotzdem anstrengend.“

Tricks und Tipps, wie man denJetlag abmildern oder gar umge-hen kann, gibt es kaum. „Nach aus-giebigem Duschen oder nach ei-nem guten Frühstück mit einemkräftigen Kaffee fühlt man sich viel-leicht vorübergehend ein bisschenfrischer. Aber das sind nur kurzfris-tige Effekte“, sagt Lange. Bei Lang-streckenflügen und einem länge-ren Aufenthalt in dem Land emp-fiehlt er, sich so schnell wie mög-lich an die Ortszeit anzupassen.Hat man allerdings – wie so häufigals Geschäftsreisender – nur einoder zwei Tage Aufenthalt undmuss sogar noch Vorträge halten,dann sollte man in der Zeit des Ab-flugortes weiterleben. „Einfach dieUhr nicht umstellen und nach ihrweiterleben. Das Wichtigste ist da-bei das Licht. Sollte der Tag nochnicht vorbei und es an dem An-kunftsort allerdings schon dunkelsein,dann sollte mansich in künstli-chem Licht aufhalten“, sagt Lange.Andersherum sollte man sich wennmöglich in seinem dunklen Hotel-zimmer verkriechen, wenn die UhrNacht anzeigt, es aber draußennoch hell ist. Diese auch als Licht-management bezeichnete Vorge-hensweise ist laut Lange momen-tan die einzige wissenschaftlich

fundierte Empfehlung gegen dieAuswirkungen des Jetlags. Allge-mein gilt außerdem, dass es leich-ter ist, Tage zu verlängern, als zuverkürzen. „Flüge von Ost nachWest sind besser zu verkraften alsFlüge von West nach Ost.“

Auch auf die Ausgangssituationvor dem Flug kommt es an, wiestark der Jetlag eine Person beein-trächtigt. „Wenn man vor dem Ab-flug noch mehrere Termine wahr-nimmt und gestresst in Flugzeugspringt, werden die Auswirkungendes Jetlags stärker. Man sollte aus-geruht reisen“, sagt Lange. Auchdas Lebensalter spielt eine Rolle:„Beim jungen Menschen stabili-siert sich das vegetative Gleichge-wicht schneller, oberhalb des fünf-zigsten Lebensjahres brauchenKörper und Seele deutlich länger.“

Von der Einnahme von Tablettenmit dem Wirkstoff Melatonin, demkörpereigenenHormon,dasdenzir-kadianen Rhythmus und damitauch den Schlaf reguliert und demJetlagentgegenwirkensoll, rät Lan-geentschiedenab. „FürdieAnwen-dungdieserTablettensindnochkei-ne gesicherten Erkenntnisse hin-sichtlichDosierung oder Einnahme-zeitpunkt verfügbar. Bei den kom-plexenAngriffspunktendes körper-eigenen Melatonins müssten Mela-tonin-Tabletten sehr individuell an-gewendet werden. Eine gravieren-de Desynchronisation der zirkadia-nen Steuerung kann die Folgesein“, sagt Lange, der als Flugmedi-ziner bei seinen Piloten mit diversenMedikamenten Erfahrungen ge-macht hat. „Ich würde gerne den Pi-loten sagen, dass sie einfach nur ei-ne Pille in Hongkong einzunehmenbrauchen und sich dann erst einmalrichtigausschlafensollen–das funk-tioniert aber so einfach nicht.“

„Zeit wird irgendwann vollkom-men egal, man funktioniert einfachund schaut kaum noch auf dieUhr“, sagt Karabacak. Deswegenerwischt er sich auch häufig dabei,dass er seine Familie anrufen will,dann aber merkt, dass es in

Deutschlandge-rade mitten in der

Nacht ist. Umge-kehrt komme es aber

auch vor, dass ihn seinedeutschen Kollegen mitten in

der Nacht kontaktieren. „Bei man-chen Skype-Meetings, die inDeutschland am Morgen oder amNachmittag stattfinden, muss ichteilnehmen, auch wenn ich geradein Dubai bin“, sagt Karabacak.Aber nicht jeder Flug ist so anstren-gend wie der andere, nicht in je-dem Land wirkt sich für KarabacakderJetlag gleich aus. „Ich habemit-bekommen, dass es mir bessergeht, wenn ich von einem kalten inein warmes Land reise“, sagt er.„Wenn ich aber in einem kaltenLand aus dem Flieger steige, dannbin ich doppelt geschafft.“

Den Jetlag spürt Miriam Mendebesonders, wenn sie aufgeregt ist.„Wenn ich gewisse Aufgaben zumersten Mal mache und noch nichtgenau weiß, was auf mich zu-kommt,dann belastetmich das Flie-gen und die Zeitumstellung mehrals sonst. Ich denke, dass Routinedabei das einzige ist, was hilft."Trotz der Strapazen macht Mendeihren Job gerne. Ihr Mann gönntihr die vielen Reisen in dieverschie-denen Länder. „Ich vermisse ihnnatürlich, wenn ich auf Geschäfts-reise bin. Aber ich kann mich aufihn verlassen, dass er zuhause allesim Griff hat. Mit Kindern könntemein Job dannnoch einmal wesent-lich schwieriger werden.“

Lange weiß natürlich auch, dassin der schnelllebigen und globalenGeschäftswelt die gesundheitli-chenBelangemanchmal zurückste-hen müssen. Trotzdem sei das Ein-zige, was gegen einen Jetlag hilft,Zeit zum Ausruhen zu haben. „Lan-ges Fliegen über Zeitzonen ist wi-dernatürlich. Wenn man sich dieZeit nicht nehmen kann um auszu-ruhen, dann ist man eingeschränktin seiner Befindlichkeit und Leis-tungsfähigkeit. Darauf muss mansich einstellen und damit umge-hen“, sagt Lange. Spätestens wennman von einer Geschäftsreise wie-der zurück nach Hause kommt, soll-te man dem Körper dann aber ZeitzumAusruhen geben.„Als Faustre-gel kann man sagen, dass man sichpro überflogener Zeitzone etwa 24Stunden ausruhen muss“, sagt Lan-ge. Da muss dann nur noch der Ar-beitgeber mitspielen. A

LEBEN MIT JETLAG

„Zeit ist irgendwann vollkommen egal“Heute Dubai, morgen Neuseeland und dann wieder zurück: Viele Geschäftsleute reisen um die ganze Welt.

Doch die Business-Trips gegen die innere Uhr sind anstrengend – und ungesund.

Koffer und Reisepass parat, das Taxi kommt gleich: Ertugrul Karabacak ist oft nur fünf Tage pro Monat zuhause.

Der Erdball ist für manche zu einerUnterlage für Langstreckenflüge ge-worden. Fotos: i-picture, rosifan19 / Fotolia, Hannes

Lintschnig

Vom Flieger ansRednerpult, von Zeitzonezu Zeitzone. Wie gehenInterkontinentalreisendedamit um, nie wirklich

irgendwo anzukommen?

DIE WIRTSCHAFT – Bei einem Flug über verschiedene Zeitzonen wird der zirkadiane Rhythmus des Menschen komplett durcheinander gewürfelt.

Page 24: Die Wirtschaft

Freitag, 25. November 2016 25PANORAMA

Airbus-Chef Tom Enders spricht bei der Feier zur Auslieferung des zehntausendsten Airbus im südfranzösischen Toulouse vor der internationalen Presse. Fotos: Airbus, Oliver Schulz (1)

Von Oliver Schulz

„Vor weniger als neun Jahren ha-ben wir den fünftausendsten Air-bus ausgeliefert, sagte Tom En-ders, CEO des Konzerns, im Okto-ber in Toulouse. „Es kommt mirvor wie vorgestern.“ Es folgte eineRede über gewachsene Marktan-teile und beschleunigte Produkti-on. Enders verwies auf die rasanteEntwicklung des Konzerns, seitvor mehr als 42 Jahren der allerers-te Verkehrs-Jet aus seiner Produk-tionshalle rollte. Insgesamt 19 Jah-re brauchte Airbus, um seine ers-ten 1000 Flugzeuge auszuliefern –heute werden genauso viele Jets ingerade mal 19 Monaten produ-ziert.

Im Anschluss an Tom Enders ver-sicherte Goh Choom Phong, CEOvon Singapore Airlines, seine Air-line wolle ein A380-Kunde bleibenund im kommenden Jahr weitere

Maschinen in Dienst stellen. „Dieheutige Auslieferung zeigt, wieweit Airbus in den letzten Jahr-zehnten gekommen ist“, bilanzier-te der Unternehmenschef. Goh ze-lebrierte auch die Aussicht, nochim selben Monat direkt von Singa-pur nach San Franciso zu fliegen.Und in 2018 nach Los Angeles undNew York.

Stewardessen in Singapore-Air-lines-Kostümen und Flugkapitänein Uniformen applaudierten. EineTänzerin in Weiß bewegte sich wieein Vogel über die Bühne. Die Vor-hänge hinter der Bühne gingenauf, und da stand er im südfranzösi-schen Herbstniesel: Der Rekord-Jet mit der Jubiläums-Lackierung.Eine A350 XWB, bereit, um vonSingapore Airlines in Empfang ge-nommen zu werden.

Gebaut wurde sie in ganz Euro-pa. 11 Produktionsstätten gibt esauf dem Kontinent. Der Airbus isteine europäische Idee.

Es ist die 43. Maschine diesesTyps, die der Konzern bisher auslie-ferte. Mehr als 16 700 Flugzeugbe-stellungen hat das Unternehmennach eigenen Angaben in seinerGeschichte verzeichnet. In denAuftragsbüchern stehen jetzt alsonoch mehr als 6700 Flugzeuge, de-ren Produktion die kommendenzehn Jahre in Anspruch nehmenwird. Für dieses Jahr rechnet Air-bus mit „mindestens 650 übergebe-nen Flugzeugen“. Weltweit nut-zen nach Konzernangaben 400Fluggesellschaften Airbus-Maschi-nen.

Und was in boomenden Zeitender Luftfahrt runde Zahlenschreibt, fing relativ unspektaku-

lär an. Die Airbus-Historie reichtvom ersten A300 B2, ausgeliefertam 10. Mai 1974 an Air France. Alshoffnungsfroher, aber damalsnoch oft belächelter deutsch-fran-zösischer Unternehmensverbandhatte der heutige Weltkonzern be-gonnen. In seinen Anfängen galtdas Unternehmen noch als kompli-ziertes Konglomerat, das ein Ni-schenprodukt offerierte.

Doch Airbus knackte bald mitseiner einzigartigen europäischenKooperation nicht nur erfolgreichdie Dominanz des US-Konkurren-ten Boeing – sondern sorgte auchimmer wieder mit technologischenNeuerungen für Aufsehen in derLuftfahrt-Branche.

Etwa mit der revolutionierendenEntwicklung, Steuerbefehle imCockpit nicht wie zuvor üblich perSteuersäule und Muskelkraft zuübertragen – sondern auf elektroni-schem Wege per Joystick. Diese„fly-by-wire“-Technik ist heutelängst zum Standard in modernenCockpits weltweit geworden.

Die Geschichte des Unterneh-mens reicht aber auch von Lastwa-gen-Konvois voller Komponenten,die sich in den frühen Jahren überfranzösische Landstraßen schlepp-ten, bis hin zu den heute verwende-ten Belugas. Fünf Transportflug-zeuge unterhält Airbus eigens zudem Zweck, die Komponenten derFlugzeuge aus den verschiedenenHerstellungsorten in Europa zu-sammenzuführen. Das Verladender Komponenten dauert typi-scherweise nur eine Stunde undwird von nicht mehr als fünf Män-nern vorgenommen. Ein ganzerAirbus-Flügel hat in einer Beluga

Platz. In Zukunft sollen es sogarzwei sein : 2019, wenn die geplan-ten „Beluga XL“ kommen. Undauch sie werden Komponententransportieren, die aus ganz Euro-pa kommen. Nicht zuletzt aus Fin-kenwerder.

Mehr als 11 000 Mitarbeiter hatdas Unternehmen in Hamburg.Dort findet in zwei Fertigungsendli-nien die Endmontage für die A318,A319 und A321 statt. Seit 2008wird auch die A320 in einer drittenFertigungslinie in Hamburg end-montiert. Bei der A380 wird in Fin-kenwerder die Sektionsmontagemehrerer Rumpfsektionen sowiedie Kabinenausstattung und La-ckierung durchgeführt.

Das Konzept scheint aufzuge-hen. In Südfrankreich herrschteFeierlaune – aber es ist nicht zuübersehen: Auch Airbus musste zu-letzt dazu lernen. Heute setzenFluggesellschaften verstärkt aufmittelgroße Langstreckenjets – fürden europäischen Hersteller resul-tiert daraus eine schleppendeNachfrage nach seinen A380. Sohatte Airbus im Juli wegen derschwachen Nachfrage nach demRiesenflieger eine Produktionskür-zung beschlossen.

Gleichwohl blickt das Unterneh-men optimistisch in die Zukunft:„Und was ist mit den nächsten100 000“, fragte Airbus-Chef TomEnders am Ende seiner Rede inToulouse. „Wir werden noch smar-ter werden. Noch digitaler. Siche-rer und sauberer, leichter zu unter-halten. Design und Herstellungwerden noch schneller werden.“

Und dazu wird auch unsere Regi-on ihren Teil beitragen. A

LUFTFAHRT

Der zehntausendste AirbusDer europäische Luftfahrtriese feierte einen wichtigen Meilenstein in seiner Geschichte.

Montagehallen in Toulouse. Auf mehreren Fertigungslinien werden die A320, A330, A350 und A380 endmontiert.

Monteur in Toulouse. In Frankreich arbeiten rund 23 000 Menschen bei Airbus.

Transport von Flügeln. Airbus unterhält eigens für diesen Zweck fünf Flieger.

Airbus-Hauptsitz in Südfrankreich: Hier werden die Flugzeug-Komponenten aus ganz Europa zusammengebaut.

Champagnerlaune inSüdfrankreich: In Toulousewurde die Auslieferung des

zehntausendsten Airbusgefeiert. Mit

Produktionsstätten inverschiedenen Länderndes Kontinents ist das

Unternehmen einParadebeispieleuropäischer

Wirtschaftskooperation.

DIE WIRTSCHAFT – Angefangen als manchmal belächeltes Konglomerat, hat das Unternehmen die Geschichte der Luftfahrt massiv geprägt.

Page 25: Die Wirtschaft

26 Freitag, 25. November 2016MESSEN & TERMINE

Ein besonderer Gast eröffnet diedie it-for-business Kongressmesseam Mittwoch, 8. Februar 2017, inden Lübecker Media Docks: Pro-fessor Horst Zuse, Sohn des Com-puterpioniers Konrad Zuse,kommt zu Norddeutschlands ein-zigartiger IT-Kongressmesse indie Hansestadt. Dort präsentierenmehr als 40 IT-Unternehmen unterdem Motto: „HanseDIGITAL“ ihreProdukte und Dienstleistungender regionalen Wirtschaft. Ausstel-lern bietet die it-for-business Kon-gressmesse zahlreiche Vorteile:Sie knüpfen interessante Kunden-kontakte, steigern ihren Bekannt-heitsgrad, präsentieren ihr Know-how und erweitern gleichzeitig ihrKooperationsnetzwerk.

Da bereits mehr als 80 Prozentder Standflächen fest gebucht sind,gehen die Veranstalter auch bei derfünften Auflage der it-for-businessvoneinervollenAuslastungderMe-dia Docks aus. Interessierte Unter-nehmen aus der IT-Branche kön-nensichnochbis zumEndedesJah-reseinederverbleibendenStandflä-chen sichern.

Ausrichter der it-for-businessKongressmesse ist der ArbeitskreisITK & Neue Medien der IHK zu Lü-beck. Der Arbeitskreis setzt sich ausengagiertenundmotivierten Unter-nehmerinnen und Unternehmernder IT- und Kommunikationsbran-chezusammen,diegemeinsamThe-men bewegen und bearbeiten.

„Mit der it-for-business habenwir es geschafft, eine hochwertigeIT-Kongressmesse in Lübeck zuetablieren. Die Mischung aus Aus-stellung, Beratungsgesprächen,Fachvorträgen und Workshopsmacht die it-for-business in Nord-deutschland einzigartig und damitzu einer idealen Plattform für Aus-tausch, Information und Vernet-zung“, sagt Stefan Stengel, Vorsit-zender des Arbeitskreises ITK &Neue Medien.

Die IT-Fachmesse richtet sich anGeschäftsführer, Marketing- undIT-Leiter sowie andere Führungs-kräfte in den regionalen Unterneh-men. Bei der fünften Auflage derit-for-business werden wieder über500 Besucher in den Lübecker Me-dia Docks erwartet. Das Besucher-spektrum wird sich vom Handels-unternehmen über den Dienstleis-tungsbereich und das Gastgewer-be bis hin zum Industriebetrieb er-strecken.

Begleitet wird die Messe von ei-nem umfangreichen Vortrags-und Workshopprogramm rundum die Themen IT-Anwendun-gen, IT-Sicherheit und OnlineMarketing. Anwender aus derWirtschaft erhalten somit dieMöglichkeit, sich aus erster Handüber die neuesten Trends und Ent-wicklungen im IT-Bereich zu in-formieren. In Expertengesprä-chen an den Ausstellerständenoder in den rund 25 Vortrags- undWorkshopsessions erhalten dieBesucher Anregungen, wie sieihr Unternehmen fit für die digita-le Zukunft machen können. Da-bei profitieren die Besucher vondem Know-how der IT-Expertenund sammeln so wertvolle Ideenund Ansätze, um die IT-Strategieihres Unternehmens zukunftssi-cher auszurichten.

Tickets für die it-for-businesssind ab sofort zum Vorteilspreisvon nur 10 Euro erhältlich. DerFrühbucherrabatt gilt noch bis zum31. Dezember 2016, anschließendkosten die Tickets 15 Euro.

A it-for-businessMittwoch, 8. Februar 201710 bis 20 UhrMedia Docks LübeckAnmeldung: www.it-for-business.infoAnsprechpartner:Christian Wegener, IHK zu LübeckTel. 0451 [email protected].

26. bis 27. November 2016HannoverHIGH END

Spezialmesse für hochwertigeUnterhaltungselektronikHannover Congress CentrumTheodor-Heuss-Platz 1-330175 Hannover

6. bis 7. Dezember 2016HamburgAVIATION FORUM

Konferenz und Fachausstellungzur strategischen Entwicklung derLuft- und Raumfahrt-Wertschöp-fungskette. Entscheider und Füh-rungskräfte der Luftfahrtindustriediskutieren auf dem Forum überEntwicklungen ihrer Unterneh-men sowie Kernentwicklungenund Herausforderungen in derBrancheCCH – Congress Center HamburgAm Dammtor / Marseiller Straße20355 Hamburg

6. bis 7. Dezember 2016HamburgHAMBURGER

VERSCHRAUBUNGSFORUM

Der Treffpunkt der Experten rundum die Verschraubungstechnolo-gie im norddeutschen Raum.Experten laden an ihren Ausstel-lungsständen zu Beratungsgesprä-chen einEast Hotel HamburgSimon-von-Utrecht-Straße 3120359 Hamburg

13. bis 15. Januar 2017HamburgHAMBURGER ENERGIETAGE

Produkte und Dienstleistungenrund um nachhaltiges Bauen undSanierenInselparkhalleKurt-Emmerich-Platz 10-1221109 Hamburg

18. bis 19. Januar 2017Hamburg

MERCHANDISING MESSE

Zahlreiche Aussteller präsentierenauf der Hamburger Merchandi-sing Messe ihre Giveaways undMerchandising-Produkte wie Ta-schen, Fahnen, Lanyards, Gno-me-Polystone, Caps, Schlüsselan-hänger, Handtücher, T-Shirts, Ac-cessoires und vieles mehrVolksparkstadionSylvesterallee 722525 Hamburg

25. bis 26. Januar 2017ALL ABOUT AUTOMATION

Messe für Industrieautomation inNorddeutschland. ZahlreicheHersteller und regionale Händlerpräsentieren auf der Messe denaktuellen Stand industrieller Au-tomatisierungstechnik. Im Fokus

stehen bewährte und erfolgrei-che Produkte, einsatzbereite Lö-sungen und leistungsfähige Kon-zepteMesseHalle Hamburg-SchnelsenModering 1a22457 Hamburg

1. bis 5. Februar 2017HannoverAUTOTAGE HANNOVER

Messe für Automobile und Zube-hör. Angesagte Top-Marken prä-sentieren ihre aktuellen Modelleund Neuheiten – vom wendigenCity-Flitzer über elegante Groß-raumlimousinen bis hin zumPS-starken SUVMessegelände HannoverHermesallee30521 Hannover

8. bis 12. Februar 2017HamburgREISEN HAMBURG 2017

Große Ideenmesse für Urlaub undCaravaning. Rund 900 Ausstellerzeigen faszinierende Reisezieleund neue Urlaubstrends, vonStrandurlauben in Europa undÜbersee, Städtetrips und Kreuz-fahrten über Deutschlandreisenoder Abenteuertouren bis zumneuen Trend AktivurlaubHamburg Messe und CongressMesseplatz 120357 Hamburg

13. bis 14. Februar 2017HusumNORDGASTRO & HOTEL

Fachmesse für Gastronomie undHotellerie. Produkte und Dienst-

leistungen für für Hotellerie, Gas-tronomie, Gemeinschaftsverpfle-gung, Catering und Partyservice.Messe HusumAm Messeplatz 16-1825813 Husum

8. Februar 2017LübeckIT-FOR-BUSINESS

Kongressmesse für Informations-technologie und Neue Medien.Produkte und Dienstleistungenrund um die Themen Online-Marketing, IT-Anwendungensowie IT-SicherheitMedia DocksWilly-Brandt-Allee 3123554 Lübeck

14. bis 16. Februar 2017HannoverTIRE TECHNOLOGY EXPO

Europäische Ausstellung und Kon-ferenz für Reifenkonstruktion und-herstellungMessegelände HannoverHermesallee30521 Hannover

25. bis 26. Februar 2017HamburgHAMBURGER

KULTURREISEMESSE

Reiseveranstalter, Reisevermittlerund Kulturinstitutionen wie Mu-seen, Ausstellungshäuser, Thea-ter- und Opernhäuser präsentie-ren sich auf der KulturReisemessemit ihren aktuellen Reiseangebo-ten und InformationenKoppel 66 – Haus fürKunst & HandwerkLange Reihe 75, 20099 Hamburg

16. bis 19. März 2017HusumNEW ENERGY

Produkte und Dienstleistungenaus dem Bereich der erneuerbarenEnergien. Solarenergie, Bioener-gie, Geothermie, Kleinwindener-

gie, Elektromobilität, Energiebera-tung sowie energiesparendes Bau-en und FinanzierungsberatungMesse HusumAm Messeplatz 16-1825813 Husum

17. bis 21 März 2017HamburgGASTRO VISION

Der innovative und exklusive Bran-chentreff für Visionäre und Ent-scheider aus Hotellerie, Gastrono-mie und Catering. Rund 120 Aus-steller präsentieren ihre neuen Pro-dukte und Dienstleistungen.Empire Riverside Hotel HamburgBernhard-Nocht-Straße 9720359 Hamburg

20. bis 24. März 2017HannoverCEBIT

Lösungen aus der Informations-und Kommunikationstechnik fürdie Arbeits- und Lebenswelt.Mehr als 4000 nationale und inter-nationale Aussteller präsentierenauf der CeBIT Hannover ihre Pro-dukte und Services aus allen Berei-chen der Informations- und Kom-munikationstechnikMessegelände HannoverHermesallee30521 Hannover

23. bis 24. März 2017HamburgDIGITAL COMMERCE DAY

Konferenz für Handel, Herstellerund Marken. Zahlreiche Top-Spea-ker informieren über innovativeE-Commerce Strategien, neuesteTrends, Erfahrungen sowie aktuel-le Entwicklungen des Online-Han-dels und geben Einblick in ihreHandelsstrategien. Eine einzigarti-ge Plattform für Händler, Herstel-lern und MarkenScandic Hamburg EmporioDammtorwall 1920355 Hamburg A

In den Media Docks in Lübeck und anderswo stehen interessante Veranstaltungen an. Foto: Wolfgang Maxwitat

Innovationen der Branche werden auf der Messe in den Media Docks hautnah präsentiert. Fotos: IHK

MESSEKALENDER

DIE WIRTSCHAFT – Die wichtigsten Messen und Veranstaltungen in den kommenden Monaten in unserer Region.

Kundenkontakte und das Kooperationsnetzwerk zu erweitern, sind Funktionen, die die Messe bestens erfüllt.

UNTERNEHMEN Anzeige

it-for-business

Fünfte Auflage der Kongressmesse in Lübeck

Weitere Informationen fi nden Sie unter www.holstenhallen.de www.holstenhallen.de

Merci Udo – Hommage an Udo JürgensTermin am 24.11.2016

Ort: Holstenhallen - Auktionshalle

Das Beste von Emmi & Herrn Willnowsky 2016Termin am 26.11.2016

Ort: Holstenhallen Neumünster

DTB Bundesfi nale – Rendevouz der Besten 2016 Termin am 26.11.2016

Ort: Holstenhalle 1

Hallenfl ohmarkt Termin am 27.11.2016

Ort: Holstenhallen 3 - 5

Adventsmarkt Termin vom 03.12. bis 04.12.2016

Ort: Holstenhalle 4

SHZ Wissensimpulse – Showtime Termin am 13.12.2016

Ort: Stadthalle - Festsaal

Rinderauktion Termin am 15.12.2016

Ort: Auktionshalle Holstenhallen

Hallenfl ohmarkt Termin am 18.12.2016

Ort: Holstenhalle 5

Reisemesse Dehn-Reisen Termin vom 28.01. bis 29.01.2017

Ort: Forum der Holstenhallen

Page 26: Die Wirtschaft

Freitag, 25. November 2016 27VERANSTALTUNGEN / MELDUNGEN

Sarah Harms (31) hat die Bereichs-leitungin derAgentur fürArbeitLü-beck auf Dauer übernommen. Vorzwei Jahren startete sie ihre Tätig-keit bei der Bundesagentur für Ar-beit und war als ArbeitsvermittlerinimArbeitgeber-Service derArbeits-agentur Kiel, als Teamleiterin imJobcenter Rendsburg/Eckernfördeund die letzten Monate bereits alsBereichsleiterin in Lübeck tätig.

1986 zogen die ersten Unterneh-men in die Räumlichkeiten desTechnikzentrums Lübeck (TZL)ein. Seitdem hat die Fördergesell-schaft viele Jungunternehmer ausder Region auf die Erfolgsspur ge-bracht. Zurzeit werden in den 20Gebäuden des TZL mehr als 200Firmen betreut. Mit 300 gelade-nen Gästen, Live-Musik und kur-zen Talks feierte das TZL jetztsein 30-jähriges Bestehen.

29. November 2016AhrensburgIT-FOR-BUSINESSROADSHOWIHK zu Lübeck– Geschäftsstelle AhrensburgBeimoorkamp 622926 Ahrensburg

30. November 2016LübeckTOURISMUS IN SCHLESWIG-HOLSTEINHanseatischer HofWisbystraße 7-9, 23558 Lübeck

30. November 2016LübeckPATENTANALYSEN– NEUE ANGEBOTE FÜRUNTERNEHMENDräger Safety AG & Co. KGaARevalstraße 123560 Lübeck

30. November 2016NeumünsterSTABWECHSEL– NACHFOLGEDIALOGIHK zu KielZweigstelle NeumünsterSachsenring 1024534 Neumünster

5. Dezember 2016LübeckAKKREDITIVE UND INKASSO-BEARBEITUNG VON EXPORT-AKKREDITIVEN (TEIl II)Industrie- und Handelskammerzu LübeckFackenburger Allee 223554 Lübeck

6. Dezember 2016AhrensburgBERATUNG UNTERNEHMENS-FINANZIERUNGIHK zu Lübeck – GeschäftsstelleAhrensburg

Geschäftsstelle AhrensburgBeimoorkamp 622926 Ahrensburg

14. Dezember 2016LübeckIT-FOR-BUSINESS-BERATER-TAGE DES ARBEITSKREISESITK & NEUE MEDIENAK ITK & Neue MedienFackenburger Allee 223554 Lübeck

15. Dezember 2016LübeckINFO-TAGEXISTENZGRÜNDUNGHandwerkskammer LübeckBreite Straße 10-1223552 Lübeck

11. Januar 2017LübeckIT-FOR-BUSINESS-BERATER-TAGE DES ARBEITSKREISESITK & NEUE MEDIENAK ITK & Neue MedienFackenburger Allee 223554 Lübeck

1. Februar 2017LübeckKOMPLEXE AUSSENHAN-DELSGESCHÄFTE AUSUMSATZSTEUER-, ZOLL- UNDAUSSENWIRTSCHAFTS-RECHTLICHER SICHTIndustrie- und Handelskammerzu LübeckFackenburger Allee 223554 Lübeck

8. Februar 2017LübeckIT-FOR-BUSINESS-BERATER-TAGE DES ARBEITSKREISESITK & NEUE MEDIENAK ITK & Neue MedienFackenburger Allee 223554 Lübeck

Sie ist Schleswig-Holsteins größ-te und bedeutendste Immobilien-messe für den Privathaushalt: dieImmomeile der Lübecker Nach-richten geht am 18. und 19. März2017 in die fünfzehnte Runde.

Die LN-Immomeile bietet Ant-worten auf alle Fragen rund umdas große Thema Immobilien.Von der Finanzierung über Pla-nung, Bau, Kauf und Gartenge-staltung bis hin zu den einzelnenBaugruppen und Gewerken wieTreppen und Fenster, Energiesys-temen, Sanitär, Küchen, Sicher-heitstechnik, Elektroinstallation,Maler, Dachdecker und Zimme-reien finden die Messebesucherein riesiges und umfassendes An-gebot.

Wie schon in den vergangenenJahren werden die über 100 Aus-steller den erwarteten 8.000 Besu-chern ihre Produkte, ihre Dienstleis-tungen und ihren Service auf fast3000 Quadratmetern überdachterAusstellungsfläche und 1500 Qua-dratmetern Freifläche vorstellen.

Die Aussteller loben an der Im-momeile besonders die über-durchschnittlich vielen konstruk-tiven Gespräche und den Informa-tionsdurst der Eigenheimbesitzerund Interessenten. Die Besucherwiederum sind regelmäßig vomfacettenreichen Angebotsspek-

trum und den idealen Vergleichs-möglichkeiten vor Ort beein-druckt.

Auf dem Verlagsgelände der Lü-becker Nachrichten, direkt an derAutobahnabfahrt Lübeck Moisling

gelegen und somit gut zu errei-chen, erstreckt sich das Einzugsge-biet der Immomeile von Mecklen-burg über Lübeck bis in die RegionKiel im Norden und in den Groß-raum Hamburg im Südwesten.en.

A 15. LN-Immomeile18. und 19. März 2017Verlagsgelände derLübecker NachrichtenHerrenholz 10 –12, 23556 LübeckDer Eintritt ist kostenlos

Das Präsidium der Industrie- undHandelskammer (IHK) zu Kiel hatden Geschäftsbereichsleiter Mar-cus Schween (40) Anfang Novem-berzum stellvertretendenHauptge-schäftsführer bestellt. Schween istseit 2007 in den Diensten der IHKund leitet die Abteilung Recht undSteuern seit 2009.

Die holländische van-Herk-Grup-pe setzt auf einen Neustart auf Feh-marn, um ihr seit 2008 geplantesVier-Sterne-plus-Hotelprojekt inBurgtiefe doch noch zu realisieren.Dafür will sie mindestens 180 Mil-lionen Euro investieren. Weil es ei-nen rechtskräftigen Bebauungs-plan gibt, kündigten die Projektent-wickler für 2017 einen Baubeginnbeim „Fehmarn Hotel Resort“ an.

„Die Augen geben uns die inten-sivste Möglichkeitdie Welt wahrzu-nehmen“, sagt Walter Hermannvon Colibri. „Als Optiker interes-siert uns alles, was gutes Sehen aus-macht. Wir beschäftigen wir seit 25Jahren mit dem Thema Wahrneh-mung und wie sie sich im Laufe derZeit verändert.“

Als Lübecks Erlebnisoptiker prä-sentiert Colibri regelmäßig moder-ne und unkonventionelle Formender visuellen Kommunikation undmacht den komplexen und varian-tenreichen Prozess der Wahrneh-mung und der Informationsverar-beitungdeutlich. „Jedervon unser-lebt täglich neue Sinneseindrücke.Wie wir sie verarbeiten ist starkvon den eigenen Erfahrungen undErwartungen abhängig“, sagt Her-mann.

Digitale Arbeitsmittel, wie sieheute zum Einsatz kommen, be-wirkten eine ebensolche Verände-rung der Wahrnehmung und derKommunikation wie es beispiels-weise der Übergang von derSprach- zur Schriftkultur in der An-tike, die Entwicklung des Buch-drucks, und der Wechsel zur digita-len Fotografie waren. Colibri nutztintensiv solche digitalen Arbeits-mittel. Neue Messinstrumente wieder DnEye Scanner von Roden-stock, ermitteln zum Beispiel deut-lich exaktere Ergebnisse bei derAugenprüfung. Beim neuen Inter-netauftritt setzt Colibri auf die mo-derne Medientechnik. „Unser In-ternetauftritt ermöglicht den Besu-

chern virtuell sich in die Räumevon Colibri zu begeben. “

Ein Click auf www.colibri.de –und schon ist man mitten drin inder Colibri-Erlebniswelt. Hier wirdder Besucher zu all jenen Themengeleitet, die den Lübecker Optikerausmachen: Ein Rundflug zeigt dieSchönheit Lübecks aus verschiede-nen Perspektiven. Die einzigeStadt die global, konzeptionell er-flogen worden ist. Colibri lädt wei-terhin auf eine 360-Grad Darstel-lung des Geschäftes in der Wahm-straße 29 ein. Mit einem weiterenClick kann über die Smartphone-welt direkt Kontakt aufgenommenwerden. Der Betrachter findet sichim Colinet wieder und kann bei Fa-cebook, Youtube und Flickr kom-munizieren. Über QR-Codes wer-

den kurze Links zu weiteren Infor-mationsquellen geschaffen und da-mit das Prinzip der virtuellen Tiefeerweitert. „Das neue Gesamtkon-zept macht die Beziehungen unter-schiedlicher Themen zueinanderoffenbar“, so Hermann. „UnsereKunden entscheiden, welches Me-dium sie interessiert. Sie könnensich aber auch die sympathischenStimmen unserer Mitarbeiter freu-en, wenn sie einfach zum Hörergreifen und uns anrufen. Denn derpersönlicheKontakt, und die klassi-sche Beratung hat immer noch diehöchste Qualität.“

A Colibri – Contactlinse & BrilleWahmstraße 27, 23552 LübeckTel. 0451/ 776 [email protected], www.colibri.de

Mit einer deutlichen Stellenaufsto-ckung im Landesbetrieb für Stra-ßenbau und Verkehr reagiert dieLandesregierung Kiel auf den Pla-nungsstau bei wichtigen Verkehrs-projekten. Im kommenden Jahr sol-len zu den derzeit 92 reinen Planer-stellenbiszu30hinzukommen,kün-digte Verkehrsminister ReinhardMeyer an – wenn das Land Fach-kräfte findet. Dafür sind über dieNachschiebeliste bis zu 170 000Europro Jahr undStelle eingeplant.

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15. LN-Immomeile

Informationen und Gespräche rund um dieThemen Bauen und Kaufen, Finanzieren und Renovieren

VERANSTALTUNGEN

Der DnEye Scanner, 3D-Brillen und Smartphone ermöglichen präzise Ergeb-nisse sowie virtuelles Erleben der Colibri-Welt, so Walter Hermann. Foto: cp

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Colibri

Modernste Medientechnik machtdas Sehen zum Erlebnis

Die Immomeile 2017 ist Treffpunkt für Anbieter und Interessierte rund um die Themen Bauen und Wohnen. Foto: Archiv

TOURISMUS

Vier–Sterne-Hotelprojektfür Fehmarn

NEUER POSTEN II

Marcus Schweenwird stellvertretenderHauptgeschäftsführer

INFRASTRUKTUR

Mehr Stellenfür die

Verkehrsplanung

NEUER POSTEN I

Sarah Harms wirdBereichsleiterin derAgentur für Arbeit

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Page 27: Die Wirtschaft

28 Freitag, 25. November 2016EHRENAMT

Von Nicole Hollatz

„Manch einer vermutet hinter ei-nem Service-Club einen Geheim-bund, eine Loge oder Bruderschaftoder gar eine Sekte“, berichtetClubmitglied Dorothee Thoma-nek. Dem ist nicht so – auch wennnicht jeder Mitglied werden kann.Rein kommt, wer sich engagierenwill und ein „Macher“ in Schlüssel-positionen ist: Selbständig, Füh-rungskraft oder Manager. Und wervoneinem anderen Mitglied vorge-schlagen wird.

Die Hausfrau oder den angestell-ten Handwerksgesellen wird mandeshalb in einem Service-Club ver-geblich suchen. Dafür findet manRechtsanwälte, Mediziner, Steuer-berater, Doktoren und Professorenbeispielsweise.

„Bildungshöhere Schichten sindinden Clubsweit überdurchschnitt-lich vertreten“, sagt Dorothee Tho-manek vom SI-Club Kiel Baltica(2003 gegründet, 39 Mitglieder). SIsteht für „Soroptimist Internatio-nal“. Es ist einer der rein weibli-chen Service-Clubs. Dasselbe giltfür Zonta. Unternehmerinnen, Ma-nagerinnen, Ärztinnen sind in die-sen Clubs Mitglieder. Dem stehendie oft männlich dominierten oderals reine Männerclubs gegründe-ten Service-Clubs wie Rotary, Ki-wanis oder Lions gegenüber.

Wirtschaftliche Kontaktpflegesei, so beschreiben viele Mitgliederder Service-Clubs, nicht vorder-gründig bei ihrem Engagement. Eshelfe aber, Mitglied zu werdenoder zu sein. Man kennt sich, manvertraut sich. „Wenn einer meinerTischbrüder einen Anwalt braucht,fragt er mich“, erzählt der EutinerDr. Moritz Hinz. Als der junge An-walt nach dem Referendariat neuin die Stadt kam, half das Engage-ment im Round Table-Club, anzu-kommen und aufgenommen zuwerden. Gesellschaftlich und auchwirtschaftlich.

Der Round Table 122 Malen-te / Eutin (gegründet 1982, 16 Mit-glieder) ist einer von über 200 „Ti-schen“ von Round Table inDeutschland. Nach dem Motto„adapt, adopt, improve“ engagie-ren sich die Mitglieder für das Ge-meinwohl. Alle selbstständig oderim oberen Management, alle ver-gleichsweise jung und männlichals Grundvoraussetzung. „Wir ha-ben durch die Altersbeschränkungeinen kontinuierlichen Abgang,man scheidet mit Erreichen des 40.Lebensjahres automatisch aus“, er-zählt Hinz.

Damit scheint dieser Service-Club aber eine Ausnahme zu sein.So sind die Männer im KiwanisClub Bad Schwartau (1991 ge-gründet, 34 Mitglieder) im Schnitt55 Jahre alt, die engagierten Frau-en im Lübecker Zonta Club mit we-nigen Ausnahmen 50 Jahre und äl-ter. Denn man braucht auch Zeitfür konkretes lokales Engagement–„Karteileichen“ werden nicht ger-ne gesehen. „Bei großen Aktionensind in der Regel bis zu 80 Produzie-ren aller Clubmitglieder beteiligt.Das schweißt zusammen und ist dieBasis von echten Freundschaften“,sagt Dorothee Thomanek.

Es ist beachtlich, was die ver-schiedenen Clubs lokal und auchinternational für das Gemeinwohl

leisten. Der Lions Club Lübe-cker Bucht (1974 gegründet, ak-tuell 38 Mitglieder, einer der sie-ben Lions Clubs in Lübeck), hat indiesem Jahr alleine 20 000 Euro andas Projekt „Frühe Hilfen“ des Kin-derschutzbundes Ostholstein ge-spendet –„die bisher höchste Spen-de unseres Clubs“, so PräsidentMatthias Benkstein. Das Geld –auch das ist typisch Service-Club –ist selbst erwirtschaftet. Die 20 000Euro sind der Erlös des Lions Ad-ventskalenders 2015, ein Kalender

mit der Möglichkeit, gespendetePreise zu gewinnen und gleichzei-tig etwas Gutes zu tun. Mehr als ei-ne halbe Million Euro hat der Clubinnerhalb von zehn Jahren so er-wirtschaftet und gespendet mitdem Schwerpunkt, benachteiligtenKindern und Jugendlichen in derRegion Lübecker Bucht zu helfen.

Auch die Frauen im Zonta ClubLübeck (1968 gegründet, 47 Mit-glieder) haben gute Erfahrungenmit solch einem Kalenderprojekt.5000 Euro – ein Teil des Erlöses,

ging an die Caritas für den Fondsgegen Altersarmut von Frauen. DieZontians sind, so wie viele der Ser-vice-Clubs, kreativ beim Erwirt-schaften von „Servicegeldern“ –zum Beispiel mit 1000 Euro aus ei-nem Benefizflohmarkt für einen„Familienstammtisch“ im AgapeHaus, Benefizkonzerten oder Golf-turnieren für das Frauenhaus, Un-terstützung für Kinder und Müttermit Migrationshintergrund, aberauch für naturwissenschaftlich be-gabte Abiturientinnen.

„Freunde nach innen, Hilfenach außen“ – vom Credo des Ro-tary Club Lübeck (1951 gegrün-det, derzeit 79 Mitglieder) profitie-ren oft Schulen der Stadt zwischenSchulbibliothek, Schreibwerk-statt, Theatergruppen, Frühstücks-versorgung oder Musiktherapie.Die Rotarier haben ein Fahrzeugfür die Lübecker Tafel mitfinan-ziert, vergeben Stipendien für aus-ländische Studenten der Musik-hochschule Lübeck und unterstüt-zen die Jugendbauhütte der Stadt.„Die finanziellen Unterstützun-gen bewegen sich in einer Größen-ordnung zwischen 1500 und10 000 Euro pro Förderprojekt",sagt der Lübecker Rotarier Dr.Uwe Hautz.

SI-Aktive Dorothee Thomanekberichtet: „Unser Club unterstütztjährlich mit rund 15 000 Euro sozia-le Projekte.“ Das Geld kommt bei-spielsweise vom 15. Weihnachts-markt der 20 Kieler Service-Clubsund Serviceorganisationen An-fang Dezember. Im vergangenenJahr nahmen die Ehrenamtler andiesem einen Tag gut 24 000 Euroein, die dem dem Projekt „Deutsch-stunde“ und damit Flüchtlingenzu Gute kamen.

„So ein Verkaufswochenendebringt zwischen 500 und 1500Euro“, erzählt Rechtsanwalt Dr.Hinz. „Wir verkaufen Glühwein,Bier oder Würstchen beispielswei-se, oder Dinge, die wir vorherdurch Spenden eingesammelt ha-ben“, er lacht – dann stehe maneben ein paar Stunden in der Weih-nachtsmarktkälte. Auch dasschweißt zusammen mit den„Tischkollegen“. Letztes Jahrkonnte der Round Table so bei-spielsweise der Grundschule Fis-sau einen Spielgarten mit Geld –und auch den Einsatz der eigenen

Handwerker im Club schenken.An Grundschulen wird das Projekt„Raus aus dem toten Winkel“ „ge-fahren“ im wahrsten Wortsinne.Die Schüler dürfen im Fahrerhauseines Lkws sitzen und selbst erle-ben, was im toten Winkel allesnicht zu sehen ist.

Unter anderem Finanzspritzenfür konkrete Schulprojekte – imSchnitt 5000 Euro im Jahr – verteiltder Kiwanis Club Bad Schwartau.„Getreu dem Kiwanis-Motto ,Ser-ving the children’ kümmern wiruns um Kinder und Jugendliche inunserer Region“, sagt Heinz-Wer-ner Kurth. Das Geld kommt ausjährlichen Aktionen wie einemSchulmusikfestival und einer Jazz-nacht.

Es ist viel Zeit, die für so ein En-gagement aufgewendet wird, sagtHeinz-Werner Kurth: „Neue Mit-glieder zu gewinnen, ist eineschwierige Aufgabe, denn nichtdie Anzahl allein ist entscheidend.So muss auch die Identifikationmit den Kiwanis-Zielen gegebensein sowie die Bereitschaft, sichzeitlich zu engagieren.“

Denn bei den Clubs gehört auchein gewisser „Ehrencodex“ dazu.„Dazu zählt insbesondere berufli-che Ethik, Toleranz und die Bereit-schaft zu Mitwirkung und Dienst-Service für den Nächsten“, so Do-rothee Thomanek. Ein besondershohes Einkommen oder Vermö-gen, das größere Geldspenden ge-stattet, sei allerdings im Gegen-satz zu einem verbreiteten Vorur-teil, kein Kriterium

„Auf lokaler Ebene hat der Zon-ta Club einen guten Ruf, die Mit-glieder stehen für Integrität“, sagtAdelheid Rasch, langjährige Lübe-cker Zontian und ehemalige Area-Direktorin: „Zontian zu sein, istwie eine Auszeichnung.“ A

SERVICE-CLUBS

„We serve“Zwischen Freundschaften, sozialem Engagement, Wirtschaftsbeziehungen und Internationalität.

Bettina von Amsberg-Scheve (rechts) und Dr. Petra Böhmer vom Zonta Club Lübeck überreichen Caritas-Mitar-beiterin Sybille Kolk (Mitte) einen Scheck.

Etwas elitär muten sie an– Rotary oder Lions-Club

beispielsweise. Dieinternationalen

Service-Clubs in unsererRegion verbinden

Ehrenamt undfreundschaftliche

Wirtschaftskontakte. Auchüber den lokalen Tellerrandhinaus – sie sind regional,deutschlandweit und global

vernetzt.

DIE WIRTSCHAFT – Service-Clubs dienen dem Gemeinwohl. Sie setzen sich vor allem aus Selbständigen und Führungskräften zusammen.

Lokal verankert – global vernetzt: Ein Mitglied des Rotary Clubs von Antigua in Guatemala spricht mit einem Gemeindeleiter über die Projektkarte, aus der hervorgeht, wo ein Clean-Water-System für die Gemeinde gebaut wird. Fotos: Rotary International / Monika Lozinska, Dagmar Hennel