dokumentation 2013

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JuniorAkademie Adelsheim 11. SCIENCE ACADEMY BADEN-WÜRTTEMBERG 2013 Astronomie Chemie Germanistik/Geschichte Mathematik Physik/Informatik TheoPrax Regierungspräsidium Karlsruhe Abteilung 7 – Schule und Bildung

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JuniorAkademie Adelsheim

11. SCIENCE ACADEMY

BADEN-WÜRTTEMBERG

2013

Astronomie Chemie Germanistik/Geschichte

Mathematik Physik/Informatik TheoPrax

Regierungspräsidium KarlsruheAbteilung 7 – Schule und Bildung

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Dokumentation derJuniorAkademie Adelsheim 2013

11. Science AcademyBaden-Württemberg

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Träger und Veranstalter der JuniorAkademie Adelsheim 2013:Regierungspräsidium KarlsruheAbteilung 7 –Schule und Bildung–Hebelstr. 276133 KarlsruheTel.: (0721) 926 4454Fax.: (0721) 933 40270E-Mail: [email protected]

[email protected]

Die in dieser Dokumentation enthaltenen Texte wurden von den Kurs- und Akademieleiternsowie den Teilnehmern der 11. JuniorAkademie Adelsheim 2013 erstellt. Anschließend wurde dasDokument mit Hilfe von LATEX gesetzt.Gesamtredaktion und Layout: Jörg RichterDruck und Bindung: RTB Reprotechnkik BensheimCopyright © 2013 Georg Wilke, Petra Zachmann

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Vorwort

Mittlerweile sind es schon 11 Jahre, in welchen sich rund 70 Schülerinnen und Schüler aus ganzBaden-Württemberg gemeinsam mit dem 30-köpfigen Leitungsteam im Rahmen der ScienceAcademy Baden-Württemberg in Adelsheim treffen. Sie verbringen dort auf dem Eckenberg amLandesschulzentrum für Umwelterziehung das Eröffungswochenende, die 14-tägige Akademie imSommer und das Dokumentationswochenende.In dieser Zeit wächst aus den einzelnen Teilnehmern eine große Gemeinschaft, die auch überdie Zeit der Akademie hinaus bestehen bleibt. Jeder Einzelne beschäftigt sich während dieserZeit nicht nur mit den naturwissenschaftlichen Inhalten der Kurse, sondern entwickelt sich auchpersönlich weiter.Um der Akademie über die Kursarbeit hinaus einen Rahmen zu geben, steht sie in jedem Jahrunter einem übergeordneten Motto.In diesem Jahr war dieses Motto das Thema „Licht“. Natürlich ist Licht mit unglaublich vielenAssoziationen verbunden, die in sehr verschiedene Richtungen gehen. Für uns war Licht währendder Akademie mit Erkenntnissen und mit Lichtblicken verbunden. Wir alle haben viel Neues gelerntund hatten oft wunderbare Erlebnisse, die sich in diesen Lichtblicken wiederfinden. Ein andererAspekt für uns war das Licht in Form einer Flamme, die uns während der gesamten Akademiebegleitete, und die hoffentlich auch nach der Akademie in uns allen weiter brennen wird. Jederder Teilnehmer weiß, dass es nicht die Kurse allein sind, die die einzigartige Akademieatmosphäreschaffen. Auch diesen Aspekt spiegelt das Licht wider. Kommt wie im Bild Licht verschiedenerFarben zusammen, so entsteht etwas Neues: helles, weißes Licht.

Wir alle zusammen lassen das Akademielicht entstehen, und auch wenn wir dieses Licht nun wiederin seine Farben getrennt haben, so können wir euch mit Sicherheit garantieren: es findet auchwieder zusammen. Ihr habt während unserer Zeit in der Akademie Freundschaften geschlossen,

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VORWORT

Erlebnisse gehabt und Erkenntnisse gewonnen, die euch keiner mehr nehmen kann. Das Akademie-„Licht“ wird euch von nun an begleiten und euch vielleicht auch auf das ein oder andere Projektaufmerksam machen. Geht mit offenen Augen durchs Leben und achtet auf neue Möglichkeiten,die sich euch auftun, und vor allem habt den Mut, diese auch wahrzunehmen.Wir wünschen euch alles Liebe und Gute für das, was als nächstes auf euch zukommt, und wirfreuen uns darauf, euch – in egal welchem Zusammenhang – wieder zu sehen, vielleicht ja sogar inzwei oder drei Jahren hier in Adelsheim.Und nun wünschen wir euch viel Spaß beim Lesen und Schmökern!

Eure/Ihre Akademieleitung

Patricia Keppler (Assistenz) Wendelin Wiedemer (Assistenz)

Georg Wilke Dr. Petra Zachmann

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

VORWORT 3

KURS 1 – ASTRONOMIE 7

KURS 2 – CHEMIE 29

KURS 3 – GERMANISTIK/GESCHICHTE 55

KURS 4 – MATHEMATIK 83

KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK 101

KURS 6 – THEOPRAX 125

KÜAS – KURSÜBERGREIFENDE ANGEBOTE 143

DANKSAGUNG 159

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KURS 1 – ASTRONOMIE

Kurs 1 – Supernovae: Wenn Sterne explodieren

Unser Kurs

Unser Astrokurs war eindeutig der krassestevon allen. Das äußerte sich unter anderem imkrassesten Schlachtruf („Big Bang BOOM“),den krassesten Kurs T-Shirts, den krassestenExperimenten mit den krassesten Leitern undder krassesten Schülermentorin. Aber wir hat-ten auch die krassesten Kursmitglieder undnatürlich ganz viel Spaß miteinander. Und wirmögen irgendwie die Wörter „krass“ und „Pan-zertape“. Aber dazu später mehr . . .

Ann-Kathrin Gelmroth Mit ihrer lieben, sehrruhigen und einfühlsamen Art war Ann-Kathrin eine unglaubliche Bereicherung fürden Kurs. Wenn sie sich auch niemals inden Vordergrund drängte, konnte ihr sym-pathisches Lächeln Herzen erwärmen. Siemag Tennis und ihre Klarinette, ist ordent-

lich, aufmerksam, vielseitig interessiert undruht vollkommen in sich selbst.

Christoph Grundke hat eine eher ruhige Art,die aber sehr angenehm ist. Im Kurs hatman sehr schnell gemerkt, dass er sich gutmit dem Thema auskennt und einiges dar-über weiß. Sein handwerkliches Geschickhat er durch das Schalenmodell eines Sternsunter Beweis gestellt, das er gebaut hatte.Auch dank seiner Mitarbeit an der Myon-kanne wurde das Experiment ein Erfolg.

Florian Mandl war immer sehr hilfsbereit undhalf vor allem gern bei technischen Proble-men, wenn wir mit unseren Laptops etc.nicht weiter kamen. Er verfolgte uns im-mer mit seiner Kamera, und bei Partys war

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KURS 1 – ASTRONOMIE

er der perfekte DJ. Durch seine offene Artbrachte er gute Laune in den Kurs.

Hannah Fischer Von unsrer lieben Hanni konn-te man lernen, alles zu hinterfragen. OhneAngst sich zu blamieren, hat sie immer nach-gefragt, wenn sie etwas noch genauer wissenwollte. Ihre offene und ruhige Art hat auchzum guten Kursklima beigetragen.

Beim Sportfest

Johannes Pfaff war unser Experte für Tele-skope und Neutrinos, die er bei den Prä-sentationen sehr verständlich erklärte. Beider Nachtwanderung nutzte er seinen ex-trem guten Orientierungssinn und führteseine Gruppe direkt zu den richtigen Zie-len. Er ist sehr humorvoll und groß undhat eigentlich fast jede KüA ausprobiert,außer Ballett. Johannes ist ein echt krasserTeilnehmer!

Jule Hintz – unsere fantastische Ballerina –hatte stets ein Lächeln im Gesicht. Dank ih-rer Kreativität half sie uns, den Aufbau derMilchstraße zu verstehen und auch beimGammaspektrometer experimentierte sietatkräftig mit. Jules Frisur war auch im-mer ein Barometer unseres Verzehrs vonSchoko-Bons, dessen Ausmaß uns immerein wenig schockierte. Ihre liebe, ruhige undfeinfühlige Art war einmalig für die ganzeAkademie.

Katrin Geng Immer motiviert erschien sie zuunseren Kurstreffen, auch als die gesamteAstrogruppe nach einigen anstrengendenAkademietagen total ausgelaugt und müdewar. Mit jeder Menge Humor bereichertesie unseren Kurs. Und waren auch manch-mal die Augen fast am Zuklappen, gab sie

nie auf und bewegte die übermüdeten übri-gen Astronomen zum weitermachen. Gabes etwas zu tun, war sie sofort dabei undarbeitete mit viel Freude und Engagementmit.

Kristina Nagel ist sehr sportlich und übertrafbei den Gruppenspielen regelmäßig denRest von uns. Sie ist wie wir alle verliebtin Cola und Chips. Außerdem ist sie künst-lerisch begabt, denn sie hat das krassesteKurs-T-Shirt gestaltet. Immer hilfsbereitund gut gelaunt, mit den Himmelkörpernkennt sie sich gut aus – das ist Kristina.

Lisa Mutschler hat eine nette, ruhige Art. Ob-wohl sie ein wenig zurückhaltend ist, istauch sie immer für einen Spaß zu haben.Außerdem hat sie im Kurs immer fleißigmitGeschrieben, um so wenig wie möglichzu vergessen. Mit ihrem netten und freund-lichen Lächeln steckt sie die anderen mitguter Laune an und verbreitet gute Stim-mung im Kurs.

Fleißig beim Messen

Lucia Eberl konnte mit ihrer vergnügten Artden ganzen Kurs aufheitern. Wenn Lucialächelt – was sie zum Glück oft tut – ist esunmöglich, wütend zu sein. Niemand kannso gut zuhören wie Lucia, die außerdemphänomenal Klarinette spielt. Im Kurs istsie so strukturiert, konzentriert und gewis-senhaft wie kaum ein anderer. Und sobaldder Kurs rum ist, hopst sie fröhlich hinaus.Ein Astrokurs ohne Luci mit ihrer ehrlichen,offenen, unglaublichen lieben Art wäre ein-fach unvorstellbar.

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KURS 1 – ASTRONOMIE

Markus Weigelt ist starker Befürworter desPanzertapes und hat maßgeblich zur gutenAtmosphäre in unserem Kurs beigetragen.Er war immer für praktische Experimen-te zu begeistern und hat ein Talent fürsTheater und auch dafür, Fehler in Textenanderer zu finden, auch wenn er seinerseitsdie Korrekturleser mit endlos langen Sätzenärgerte. Er war sehr interessiert, und es hatSpaß gemacht mit ihm zu arbeiten. Mit sei-nem Gesangs- sowie Improvisationstalentbrachte er alle zum Lachen.

Niklas Merk Mit seinem Fachwissen und sei-ner Gabe alles einfach und freundlich zuerklären, hat er unseren Kurs sehr berei-chert. Er war immer sehr hilfsbereit, lustig,locker, lief mit einem Grinsen im Gesichtherum und half gerne und geduldig, wennirgendjemand eine Frage hatte. Zu jeder Le-benslage hat er eine passende Formel bereitund sein riesengroßes Handy darf natürlichauch nicht fehlen. Außerdem sind wir alleein bisschen neidisch auf sein Schulsystem,das der Akademie ähnelt.

Nach dem Sportfest

Carolin Liefke Immer wenn es etwas zu lachengab, war Carolin mit dabei. Sie hat uns un-terstützt und den Kurs durch tolle Ideenbereichert. Außerdem hat sie die Materiali-en, wie zum Beispiel die Teleskope organi-siert und wahnsinnig viel Hintergrundarbeitgeleistet. Auch konnten wir mit ihrer undDominiks Hilfe für ein paar Stunden aufden Nachthimmel Frankreichs schauen. ZurMotivation hat sie uns gut mit Süßigkeitenversorgt und dadurch den Kreativitätsfluss

verstärkt.Dominik Elsässer war der perfekte Kursleiter.

Die Art wie er den Kurs zusammen mitCaro gestaltete, kam bei allen gut an! Durchseine einfallsreichen Ideen kam viel Ab-wechslung in den Kurs. Er war immer offenfür alle Fragen und unterstütze uns bei un-serer Arbeit. Mit glänzenden Augen küm-merte er sich um die Myonkanne. Obwohler seine Brille dauernd verlegte, hatte erimmer den vollen Durchblick und mit ei-ner Flasche Cola am Morgen rettete er denTag!

Beim Schreiben dieser Dokumentation

Ronja Geppert Unsere Schülermentorin ver-sprühte stets gute Laune, war sehr engagiertund half uns in jeder Lage. Sie munterteuns vor Vorträgen auf, animierte uns zumSüßigkeitenessen, und wenn wir mal einePause brauchten, hatte sie stets ein Spielparat. Außerdem hat sie alles rund um dieFotos und die krassesten Kurs-T-Shirts or-ganisiert. Medientechnisch ist sie auf demneuesten Stand und akzeptierte es, dass je-der von uns mal ihr Namensschild trug. Ihreliebsten Hobbys sind Kursleiter necken undTiramisu essen.

EinleitungRonja Geppert

Sommerferien – Die Gedanken schweifen abRichtung Urlaub, Sonne, Strand und Meer.Doch anstatt die schulfreie Zeit zu genießen,versammelten sich zwölf Jugendliche in Adels-heim, um ihre Ferien einmal anders zu ver-

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KURS 1 – ASTRONOMIE

bringen, um gemeinsam wissenschaftlich zu ar-beiten. Für manche sicherlich unvorstellbar,dass man freiwillig in den Ferien an Lernendenken kann, doch wer bei uns vorbeigeschauthat, hat in zwölf strahlende Gesichter geblickt– und das lag nicht nur an den spaßreichenGruppenspielen oder dem überdimensionalenSüßigkeitenhaufen, der sich in unserem Kurs-raum befand und wie durch Geisterhand immerwieder Zuwachs bekam.

Neben den Gesichtern entdeckten wir nochganz andere Dinge die strahlten: Steine, Er-de, Pilze und nicht zuletzt Supernovaüberreste.Womit wir auch schon bei dem Thema unse-res Kurses wären: „Supernovae – wenn Sterneexplodieren“. Bei so einer Supernova werdenenorme Mengen an Strahlung freigesetzt, undgenau diese galt es in unserem Kurs zu messen.Welcher Methoden wir uns dabei bedienten,welche Highlights es während der zwei WochenKursarbeit gab und mit welchen Fragen wir unszu diesem Thema auseinandergesetzt haben,werden die Teilnehmer nun selbst berichten.

Durch eine intensive Zusammenarbeit wuchsdie Teamgemeinschaft und der Kurszusammen-halt zusehends. So war nach zwei Wochen füruns alle klar: Der Astrokurs ist der krassesteund wird uns sicherlich allen in guter Erinne-rung bleiben!

Geburt und Tod der SterneHannah Fischer

Die geheimnisvollen leuchtenden Punkte imAll, deren Licht trotz einer Geschwindigkeit von300 000 km/s oft tausende von Jahren braucht,um zur Erde zu gelangen, werfen stets neueFragen auf. Auch wenn wir einiges über Sternewissen, bleiben sie doch was sie schon immerwaren – ein Rätsel. Mehrere Millionen bis Bil-lionen Sterne bilden zusammen eine spiralför-mige Struktur, die sich um sich selbst dreht:eine Galaxie. Neben unserer eigenen Galaxis,der Milchstraße, gibt es noch ca. 100 Milliardenandere Galaxien im beobachtbaren Universum.Doch wie entstehen Sterne eigentlich? Warumleuchten sie? Wie endet ihr Leben? Und wasist eine Supernova?

Bei der Entstehung eines Sterns beginnt Gas ineinerWolke sich aufgrund der Gravitationskraftzu einer Kugel zu verdichten, die hauptsäch-lich aus Wasserstoff besteht. Ist das Innere derKugel heiß und dicht genug, beginnen die Was-serstoffatome zu verschmelzen und wandelnsich in Helium um. Die Energie, die dabei freiwird, heizt die Gaskugel auf, die hell zu leuch-ten beginnt – ein Stern ist entstanden. Diesessogenannte Wasserstoffbrennen findet statt, so-lange im Inneren des Sterns genügend Wasser-stoff vorhanden ist. Unsere Sonne zum Beispielkann noch ca. sechs Milliarden Jahre in dieserForm Licht an uns abgeben, bis das nukleareFeuer versiegt. Wenn das Wasserstoffbrennenaufhört, nimmt die Schwerkraft überhand undder Stern stürzt in sich zusammen. Dadurchwird das Innere stark verdichtet, und zwar so-lange bis es dicht und heiß genug ist, dass dasHelium ebenfalls fusionieren kann – und zwarzu Kohlenstoff.

Der Ringnebel im Sternbild Leier, ein Planeta-rischer Nebel, aufgenommen mit dem Hubble-Weltraumteleskop. Bild: NASA, ESA, and C. Ro-bert O’Dell (Vanderbilt University)

Wenn unsere Sonne diesen Punkt erreicht hat,ist Schluss: Für weitere Kernfusionen hat sieeinfach nicht genügend Masse. Ihr Inneres ver-wandelt sich nun in einen Kern aus Kohlenstoff,der ungefähr die Größe der Erde hat, aber sehrheiß ist und deshalb auch Weißer Zwerg ge-nannt wird. Die äußeren Hüllen aus den leich-

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KURS 1 – ASTRONOMIE

teren Elementen Wasserstoff und Helium hinge-gen entfernen sich vom Stern – die Strahlungdes Weißen Zwergs bläst sie sozusagen weg,weit hinaus ins All. Die wegtreibenden Hüllennennt man Planetarischer Nebel. Er leuchtet,weil die Strahlung aus der Restwärme des Wei-ßen Zwergs die Atome im Nebel zum Leuchtenanregt.Allerdings sterben nicht alle Sterne so, wie dieSonne einmal sterben wird: Manche Sterneexplodieren! Dieser spektakuläre Sterntod istdas, was wir Supernova nennen. Dabei leuch-tet der Stern Milliarden mal heller als sonst.1987 konnte man ein solches Ereignis am Süd-himmel in der Großen Magellanschen Wolkebeobachten, einer Begleitgalaxie unserer Milch-straße. Die Supernova war monatelang als hel-ler Stern sichtbar. Sehnsüchtig warten Forscherauf die nächste Supernova, denn durchschnitt-lich sollte es in der Milchstraße alle 50 Jahreeine geben – oft verdecken jedoch Staubwolkendie Sicht.

Christophs Modell der Schalenstruktur eines mas-sereichen Sterns am Ende seines Lebens

Aber warum explodieren manche Sterne, dieSonne jedoch nicht? Der Grund liegt in ihrerMasse: Masse erzeugt Schwerkraft, Schwerkrafterzeugt Druck im Inneren, Druck erzeugt Hit-ze und genügend Druck und Hitze führen zuKernfusionsreaktionen. Ein Stern wie unsereSonne fusioniert etwa zehn Milliarden Jahrelang Wasserstoff zu Helium. Die anschließendeFusion des Heliums zu Kohlenstoff dauert nur

etwa 100 Millionen Jahre. Massereiche Sternekönnen anschließend im Gegensatz zur Sonneauch noch den Kohlenstoff zu Sauerstoff weiter-fusionieren. Dafür benötigen sie gerade einmal600 Jahre. In nur sechs Monaten verschmilztdann der Sauerstoff zu Silizium, und innerhalbweniger Tage entsteht aus Silizium Eisen. Ei-sen ist das stabilste und energetisch günstigsteElement überhaupt und kann nicht mehr wei-ter fusionieren. Der Druck der viele MillionenKilometer großen äußeren Schalen nimmt nunüberhand und drückt den Eisenkern zusammen.Nach den Gesetzen der Quantenphysik lassensich die Teilchen in den Atomkernen jedochnicht beliebig zusammendrücken. Stattdessenverbinden sich Protonen und Elektronen derEisenatome zu Neutronen und Neutrinos. Neu-trinos sind geheimnisvolle Elementarteilchen,die mühelos nahezu alles durchdringen und inunvorstellbaren Mengen bei einer Supernova-Explosion sowie bei der Kernfusion zum Bei-spiel im Inneren unserer Sonne entstehen. Innur einer Sekunde fliegen ca. 70 MilliardenNeutrinos von der Sonne durch jedermannsDaumennagel!Während die flüchtigen Neutrinos zum großenTeil aus dem Sterninneren entkommen, bil-den die Neutronen eine unglaublich kompakte,dichte Kugel (Neutronenstern genannt). Diesgeschieht innerhalb von Sekundenbruchteilen,während alle äußeren Hüllen aus den leichterenElementen zur Mitte hin stürzen. Dort pral-len sie auf den Neutronenstern. Die vom Neu-tronenstern ausgehenden Neutrinos und dieungeheure Geschwindigkeit der aufprallendenHüllen führen dazu, dass die Implosion in eineExplosion umgewandelt wird.Ein Spielzeug für kleine und große Astronomenkann diesen Prozess vereinfacht veranschauli-chen: Der sogenannte Astroblaster soll die ver-schiedenen Schichten eines sterbenden Sternsim Querschnitt darstellen. Die große blaue Ku-gel steht für den massereichen Kern aus Eisen,gefolgt von den äußeren Schichten Sauerstoff,Kohlenstoff, Helium undWasserstoff, dem leich-testen Element, dargestellt durch die kleine ro-te Kugel. Lässt man den Astroblaster fallen(das entspricht dem Einstürzen der Sternhül-len), springt die kleine rote Kugel meterhochin die Luft. Die Aufprallenergien der verschie-

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KURS 1 – ASTRONOMIE

denen Schichten summieren sich und stauensich allesamt in der kleinen roten Kugel bzw.der äußeren Sternhülle. Diese wird voller Ener-gie weit ins All geschleudert, was als Explosionsichtbar ist.

Der Astroblaster

Was übrig bleibt, sieht man zum Beispiel andem berühmten Krebsnebel, einem Supernova-überrest im Sternbild Stier. Der nur etwa 20Kilometer große Neutronenstern im Zentrumdes Überrests hat eine so große Dichte, dass eineinziger Teelöffel davon über hundert MillionenTonnen wiegen würde!Wenn jedoch bei einem sehr massereichen Sternder Gegendruck der Atomkernteilchen (der Ent-artungsdruck) zu gering ist, um das Zusam-menstürzen der riesigen Massen aufzuhaltenund einen Neutronenstern entstehen zu las-sen, dann wird der Kern des Sterns zu einemSchwarzen Loch. Bei einem Schwarzen Lochist die Materie so stark konzentriert, dass sieeine ungeheure Gravitationskraft ausübt – sogroß, dass nicht einmal Licht seiner Anziehungentkommen kann. Deshalb hat kein Menschbisher ein Schwarzes Loch direkt gesehen, For-scher entdecken lediglich immer wieder Him-

Der Krebsnebel, aufgenommen mit dem Hubble-Weltraumteleskop. Bild: NASA, ESA, J. Hester undA. Loll (Arizona State University)

melskörper, die sich mit schneller werdenderGeschwindigkeit um einen Punkt drehen.Der Geldspendetrichter im Zoo ist vereinfachen-des Modell dazu: Eine Münze, die man in dieSchale hineinfallen lässt, kreist immer schnellerum die Mitte, bis sie im Loch verschwindet.Ob jedoch bei der Entstehung eines Schwar-zen Lochs überhaupt eine Supernova-Explosionbeobachtet werden kann, fragen sich auch dieProfi-Astronomen.Auch wenn wir also heutzutage schon einigePhänomene im All erklären können, sind diesBruchteile von dem, was in den Weiten desUniversums wirklich passiert, und mit jeder Er-kenntnis tauchen neue Fragen auf. Trotzdemzählt der Beruf des Astronomen zu den ältes-ten der Welt, denn schon immer faszinierteder Sternhimmel die Menschen und unzähli-ge Mythen und Geschichten drehen sich umdie geheimnisvollen Sternkonstellationen, diewir von der Erde aus am Nachthimmel sehenkönnen.

Orientierung am SternhimmelKristina Nagel

In den zwei Wochen im Sommer waren wirmehrmals abends oder nachts draußen und ha-

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KURS 1 – ASTRONOMIE

ben gemeinsam die Sterne beobachtet und unsdie Sternbilder zusammen angeschaut. Um unsüberhaupt am Sternhimmel zurechtzufinden,haben wir eine drehbare Sternkarte benutzt.

Sternkarte zum Orientieren am Himmel

Zu Beginn wusste keiner von uns, was mit derKarte zu tun ist, doch nach einer kurzen Einwei-sung unserer Kursleiter war es gar nicht mehrso schwer, damit umzugehen. Zuerst muss mandie Karte auf das richtige Datum und die richti-ge Uhrzeit einstellen. Dann zeigt die Karte denTeil des Sternhimmels in einem Sichtfenster an,den wir zu diesem Zeitpunkt über uns sehenkönnen. Ebenfalls auf der Karte eingezeichnet,ist ein Koordinatennetz des Himmels.Der kleine schwarze Kreis in der Mitte desSichtfensters zeigt den Punkt am Himmel an,der sich direkt über einem befindet. Also gingenwir mit unseren Karten nach draußen auf denSportplatz und schauten senkrecht nach oben,in den sogenannten Zenit. Danach versuchtenwir den Polarstern zu finden. Dazu erklärtenuns Caro und Dominik einen kleinen Trick, mitdem man den Polarstern immer ganz schnellfinden kann: Man muss den Großen Wagen su-chen, dann wird der Abstand der zwei hinterenSterne des Großen Wagens ungefähr fünfmalverlängert und so kommt man zum Polarstern.Nach und nach arbeiteten wir uns mithilfe derKarte voran und gingen die wichtigsten Ster-nenbilder durch. Um die Bilder deutlich zeigenzu können, benutzten wir spezielle Laser, mitdenen wir jedoch sehr vorsichtig sein mussten.

Wie man den Polarstern mithilfe des Großen Wa-gens findet. Grafik: Public Domain/Wikipedia-Nutzer Flups

Erstaunlicherweise konnten wir uns die Stern-bilder alle sehr schnell einprägen und zeigtenuns die verschiedenen Figuren dann ein paarTage später gegenseitig noch einmal.

Da wir uns jetzt am Sternhimmel auskannten,durften wir in Zweiergruppen die Nachtwande-rung leiten. Uns wurde eine Gruppe der ande-ren Akademieteilnehmer zugeteilt, mit der wirdann in einer Nacht die Sterne beobachtet ha-ben, in der der Himmel besonders klar war. MitGPS und Sternkarte ausgerüstet gingen wir zudrei verschiedenen Standorten. Am ersten Ort,einer Wiese, zeigten wir das Sommerdreieck mitspeziellen Taschenlampen, deren Strahl so hellwar, dass man mit ihm die Form der Sternen-bilder nachfahren konnte. Das Sommerdreieckwird von drei besonders hellen Sternen gebildet:Vega, Deneb und Atair. Atair liegt im SternbildAdler, Vega im Sternbild Leier und Deneb istim Sternbild Schwan zu finden, zu welchem wirauch noch einen Mythos erzählt haben:

Demnach gab es einmal einen Sänger namens

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KURS 1 – ASTRONOMIE

Arion, der wunderschön singen und Leier spie-len konnte. Eines Tages wurde er von Seeräu-bern überfallen, die ihn töten wollten. Er batsie noch ein letztes Lied singen zu dürfen, unddie Seeleute ließen ihn gewähren. Das Lied erin-nerte an einen sterbenden Schwan und zog dieSeeräuber kurz in einen Bann, so dass Arion insMeer springen konnte. Auf wundersame Weiselandete er auf dem Rücken eines Delfins, derihn an Land brachte. Zur Erinnerung erhobendie Götter Arions Leier, den Delfin und einenSchwan an den Himmel.

Am nächsten Ort, ebenfalls einer großen Wie-se, konnte man gut den Polarstern, sowie denGroßen und Kleinen Wagen sehen. Auch hiererzählten wir wieder einen Mythos: Kallisto, ei-ne wunderschöne Nymphe, begegnete im Waldder Jagdgöttin Artemis inmitten ihrer Gefähr-tinnen. Kallisto bat Artemis, sie begleiten zudürfen, da sie so bezaubert von Artemis Schön-heit war. „Du kannst gerne mit uns kommen.Doch musst du geloben, mit niemandem zusprechen außer mit mir oder meinen Freundin-nen“, antwortete ihr Artemis. Kallisto willigteein und schloss sich voller Freude der Scharan. Eines Tages verirrte sich Kallisto ganz al-leine im Wald und wurde von Zeus bemerkt,der sich sofort in sie verliebte. Um ihr näherzu kommen, nahm der listige Gott die Gestaltvon Artemis an. Zunächst hielt Kallisto ihntatsächlich für Artemis, bemerkte sein falschesSpiel jedoch nach kurzer Zeit. Doch der Gottließ sich nicht zurückweisen und so geschahes, dass Kallisto einige Zeit später ein Kinderwartete. Aus Angst vor Artemis verstecktesie sich tief im Wald. Nach dem zehnten Voll-mond brachte sie einen Sohn zur Welt, demsie den Namen Arkas gab. Hera, die Gemahlindes Zeus, hatte alles beobachtet, und nach derGeburt des Kindes spürte sie Kallisto im Waldauf und verwandelte sie in eine große Bärin.Von da an wanderte sie einsam in den Wäldernumher. Zwei Frauen, die den Säugling Arkasfanden, nahmen ihn zu sich und zogen ihn auf.Fünfzehn Jahre vergingen, und Arkas war zueinem kräftigen Jüngling herangewachsen. Ei-nes Tages ging er in den Wald und traf auf einegroße Bärin. Sie hatte ein Junges, das sie inder Zwischenzeit geboren hatte, an ihrer Seite.Tief in ihrem Herzen erkannte Kallisto ihren

Sohn Arkas, doch dieser fürchtete sich vor derBärin. Er holte mit seiner Keule aus und woll-te zuschlagen – da verhinderte der allwissendeZeus das Unglück. Voller Mitleid erhob er alleBeteiligten zusammen als Sternbilder an dennördlichen Himmel.Am Endpunkt der Nachtwanderung wartetenCaro, Dominik und Georg mit großen Telesko-pen auf uns. Durch das eine Teleskop konntejeder von uns den Kugelsternhaufen M13 se-hen, der im Sternbild Herkules liegt, durch dasandere Teleskop sahen wir den Cirrusnebel, einÜberrest einer Supernova.

Der CirrusnebelKatrin Geng

Nach Ankündigung unserer Kursleiter trafenwir uns abends noch einmal im Kursraum, ge-spannt und voller Vorfreude auf die nächstetolle Idee, die Caro, Dominik und Ronja hattenund die wir gemeinsam durchführen konnten,obwohl wir eigentlich aufgrund des anstrengen-den Akademiealltags sehr müde waren. Undzwar wollten wir den Cirrusnebel nicht nur an-schauen, sondern ein Bild mit einem Teleskopmachen: unser eigenes Foto eines Supernova-überrests.

Das 1,93m-Teleskop am Observatoire de Haute Pro-vence bei Nacht. Foto: Jens Hackmann

Da es an diesem Abend in Adelsheim aller-dings bewölkt war, haben wir das ROTAT-Teleskop der Stiftung Interaktive Astronomieund Astrophysik verwendet, das am Observa-toire de Haute Provence in Südfrankreich steht.Das Gelände befindet sich etwas nördlich deskleinen Ortes Saint-Michel-l’Observatoire. Der

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KURS 1 – ASTRONOMIE

Standort eignet sich besonders gut, weil dortdas Wetter oft gut, also die Nächte klar sindund die Beobachtungen nicht durch Lichtereiner Stadt gestört werden, da das Geländeabseits größerer Ortschaften liegt. Mit dem1,93m Teleskop auf diesem Gelände wurde inJahr 1995 der erste Stern mit einem eigenemPlanetensystem entdeckt.ROTAT besteht aus einem großen Spiegeltele-skop mit einem Durchmesser von 60 cm. Par-allel dazu ist ein kleineres Linsenteleskop mit10 cm Durchmesser angebracht, mit dem wirgearbeitet haben. ROTAT lässt sich über dasInternet steuern, das heißt man kann es ein-fach über den Computer von jedem beliebigenOrt aus bedienen. Die Möglichkeit Teleskopefernsteuern zu können, ist auch für die profes-sionelle Astronomie wichtig.

Das ROTAT-Teleskop in Betrieb. Foto: Jens Hack-mann

Der Zugang zu dem Programm, mit dem mandas Teleskop bedient, ist allerdings durch einPasswort gesichert und man braucht eine Aus-bildung um die Teleskope selbst steuern zudürfen. Nachdem man seine Zugangsdaten ein-gegeben hat, stellt man die Himmelskoordina-ten des Objekts ein, das man beobachten will,und das Teleskop fährt an die entsprechendeHimmelsposition. Es gibt für den Himmel ähn-lich wie für die Erde ein Koordinatensystem,bei dem man nicht Längen- und Breitengradehat, sondern Rektaszension und Deklination.In unserem Fall war unser zu beobachtendesObjekt der Cirrusnebel, ein Supernovaüberrestim Sternbild Schwan, also die auseinandertrei-bende Gaswolke eines vor ca. 18 000 Jahrenexplodierten Sterns. Der Cirrusnebel befindetsich ca. 1500 Lichtjahre von uns entfernt und

hat eine scheinbare Ausdehnung von 230 x 160Bogenminuten, was ungefähr 40 mal der Schei-be des Vollmondes entspricht.Man kann mit dem Teleskop kein direktes Farb-bild machen, sondern nur Schwarzweißaufnah-men. Jedoch kann man mit verschiedenen Farb-filtern die Farbinformation für das Bild erhal-ten, und das funktioniert so: Wenn man rotes,grünes und blaues Licht addiert, entsteht wei-ßes Licht. Dies wird beim Fotografieren mitdem Teleskop ausgenutzt, indem man nach-einander rote, grüne und blaue Filter vor dieKamera schiebt. Die Filter sind der Reihe nachin einer Scheibe angeordnet, die sich mit einemMotor drehen lässt. Dabei war bei diesem Te-leskop die Schwierigkeit, dass die Filter nichtso angeordnet waren wie am Computer ange-geben, also zum Beispiel grün statt rot. Caround Dominik wussten aber, welche Filterfarbeim Computerprogramm wie bezeichnet wird.

Das Prinzip der additiven Farbmischung. Grafik:CC-BY-SA/Wikipedia-Nutzer Quark67

Trotz der Müdigkeit waren alle noch fasziniertdavon, wie das Teleskop und das Steuerpro-gramm funktionieren und freuten sich auf dashoffentlich gute Bild, das wir selbst erarbei-tet haben. Wir durften die Aufnahme selbststarten und haben nach Anleitung von Caround Dominik erst zehn Minuten mit dem rotenFilter belichtet und dann das Bild gespeichert.Dann haben wir ebenfalls zehn Minuten mitdem grünen Filter belichtet und dasselbe noch-

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KURS 1 – ASTRONOMIE

mal mit dem blauen Filter. Das Lustige war,dass uns beim Fotografieren mit dem grünenFilter ein Flugzeug durchs Bild geflogen ist, wasdie Kamera natürlich auch aufgenommen hatund nun auf dem Bild als grüner Strich schrägübers Bild sichtbar ist. Nach dem Fotografierenmit den Farbfiltern haben wir auch noch einDunkelbild gemacht, das ist eine Aufnahme mitgeschlossenem Objektivdeckel. Das dient dazu,Störsignale, die die Kamera aufnimmt, sowiedie kaputten Pixel aufzuzeichnen, damit mansie danach von den Bildern abziehen kann undein reines Bild hat. Die Bilder, aufgenommenmit den verschiedenen Farbfiltern, haben wirdann übereinandergelegt, zusammengeschnit-ten und noch bearbeitet, bis der leichte Grün-stich nicht mehr zu sehen war.

Unser Cirrusnebel-Bild

Mit unserem Ergebnis sind wir mehr als zufrie-den und sind auch froh, dass uns eine Verschie-bung der Nachtruhe trotz Müdigkeit gestattetwurde. Wir haben gemeinsam ein tolles undecht einfach mega krasses Bild des Cirrusne-bels mit dem Teleskop in Frankreich gemacht,auf dem man die beiden auseinandertreibendenbunten Nebel-„Kreisstücke“ richtig gut erken-nen kann und auf das wir echt stolz sind.

Die kosmische StrahlungJohannes Pfaff

Bei einer Supernova bleibt am Schluss nicht nurein Supernovaüberrest übrig, sondern es wer-den beim Absprengen der äußeren Sternenhülleauch jede Menge Teilchen beschleunigt. Diesebeschleunigten Teilchen werden als kosmischeStrahlung bezeichnet. Die kosmische Strahlungentsteht bei jeder Supernova im ganzen Uni-versum, sie durchzieht daher den ganzen Kos-mos. Die kosmische Strahlung besteht zumgrößten Teil aus Protonen, Elektronen (Ele-mentarteilchen, also nicht mehr weiter teilbareTeilchen) und vollständig ionisierten Atomen,also Atomkernen. Die kosmische Strahlung ge-langt jedoch nicht bis zum Erdboden, denn dieErdatmosphäre schützt uns davor. Allerdingszerstört die kosmische Strahlung Atome in derAtmosphäre, sie „zerfetzt“ die Atome regel-recht. Was von den Atomen übrig bleibt, sindsogenannte Sekundärteilchen, darunter auchdas Pion, ein Teilchen aus der Gruppe derHadronen. Das Pion hat allerdings nur einesehr kurze Halbwertszeit und zerfällt schnellin ein Neutrino und in ein Myon. Auch die-ses Myon hat im Ruhezustand eine so kurzeHalbwertszeit, dass es zerfallen würde, nochbevor es den Erdboden erreicht und dort ge-messen werden kann. Da sich Myonen aber fastmit Lichtgeschwindigkeit bewegen, greift nachAlbert Einstein die Zeitdilatation, die besagt,dass die Zeit für schnell bewegte Objekte lang-samer vergeht. Dadurch wird es möglich, dassMyonen den Erdboden noch vor dem Zerfallerreichen und dort gemessen werden können.Zugleich ist diese Messung ein Beweis für diespezielle Relativitätstheorie.Doch wie oben bereits erwähnt, wird die kos-mische Strahlung von unserer Erdatmosphä-re abgeschirmt und es kommt fast nichts beiuns am Erdboden an. Das ist ansich sehr gut,denn die kosmische Strahlung ist hochgradigschädlich für Lebewesen. So zählen zum Bei-spiel Piloten zur Gruppe der beruflich strah-lenexponierten Personen. Für Astronomen, diedie kosmische Strahlung messen wollen, ist dieabschirmende Erdatmosphäre allerdings sehrhinderlich. Doch es gibt verschiedene Möglich-keiten, wie man die kosmische Strahlung am

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KURS 1 – ASTRONOMIE

Schema zur Entstehung der Myonen aus der kosmi-sche Strahlung

Erdboden trotzdem messen kann. Man kannzum einen ein Messgerät, zum Beispiel mit ei-nem Flugzeug, in die Höhe bringen und dieStrahlenbelastung in Abhängigkeit zur Flug-höhe im Steigflug bestimmen. Vorgemacht hatdies der österreichische Wissenschaftler Vic-tor Hess, indem er mit einem Fesselballon auf5000m aufstieg.

Viktor Hess in seinem Ballon

Die MyonkanneMarkus Weigelt

Man kann diese kosmische Strahlung aber auchüber ihre Sekundärteilchen, wie zum Beispieldie Myonen, nachweisen, wofür wir eine Myon-kanne gebaut haben. Da die Sekundärteilchennicht so einfach nachzuweisen sind, haben wiruns den Effekt des relativ bekannten Tscheren-kow-Lichtes (zum Beispiel als blaues Leuchtenin den Abklingbecken von Kernreaktoren sicht-bar) zu nutze gemacht. Doch wie kommt es zudiesem ominösen blauen Leuchten? Tscheren-kow-Licht entsteht, wenn sich geladene Teilchenmit einer Geschwindigkeit durch ein Mediumbewegen, die größer ist als die Geschwindigkeitdes Lichts in diesem Medium. Laut Albert Ein-stein kann sich aber nichts schneller als Lichtbewegen, oder? Einstein bezog sich bei dieserAussage jedoch auf die Geschwindigkeit desLichts im Vakuum von etwa 300 000 000m/s.In einem Medium wie Luft oder Wasser ist dieLichtgeschwindigkeit geringer, so beträgt dieLichtgeschwindigkeit im Wasser zum Beispielnur etwa 225 000 000m/s, wodurch unsere ener-giereichen Myonen im Wasser schneller seinkönnen als das Licht. Auf ihrem Weg durchdas Medium polarisieren schnelle Teilchen (wiein unserem Fall die Myonen) kurzzeitig die an-grenzenden Atome, die dann Licht aussenden– einen zum Überschallknall analogen „Über-lichtblitz“ – das Tscherenkow-Licht.

Unsere Myonkanne haben wir im Werkraumdes Landesschulzentrums für Umwelterziehungzusammengebaut, wo wir auch mit schweremGerät an die Arbeit gingen, um zum Beispielein Loch in den Deckel der Kanne zu bohrenoder Holzblöcke für die Befestigung des Detek-tors zuzusägen. Zum Einsatz kam eine handels-übliche Thermoskanne, auf die wir zuerst einenLichtwellenleiter montierten, der mit unseremDetektor verbunden war, einem sehr lichtemp-findlichen Halbleiterchip.

Diesen stellten wir in eine schwarz ausgeklei-dete Kupferbox, um Licht und Strahlung vonaußerhalb abzuschirmen, was unsere Messer-gebnisse stören könnte. Zur Abschirmung stö-render Untergrundstrahlung verwendeten wireine dicke Eisenplatte. Anschließend schlossen

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KURS 1 – ASTRONOMIE

Der Detektor

wir den Detektor an ein Oszilloskop an, dasdie unterschiedlichen elektrischen Signale desDetektors über einen bestimmten Zeitraum gra-fisch darstellt.

Der Detektor auf der Kanne in der Box

Leider gab es einige Schwierigkeiten (unter an-derem wurde der Lichtwellenleiter beschädigt),so dass wir ein wenig herumbasteln mussten.Wir entschieden uns dann dafür, den Detektordirekt auf die Kanne zu setzen und das gan-ze mit Panzertape lichtdicht zu verschließen.Schlussendlich hatten wir dann aber die fertigeMyonkanne. Im Inneren der Kanne werden nundie Lichtimpulse des Tscherenkow-Lichts durchdie Verspiegelung der Thermoskanne reflektiertund anschließend von unserem Detektor gemes-sen. Die gemessenen Impulse werden dann andas Oszilloskop gesendet, das diese aufzeichnetund grafisch darstellt.Auf dem Bildschirm des Oszilloskop kann manauf den ersten Blick nur eine durchgehendehorizontale Linie sehen. Wenn man genauerhinschaut, erkennt man „Gezappel“, kleinere

Der fertige Aufbau

vertikale Ausschläge, den Untergrund. Mankann jedoch auch vereinzelt größere Ausschlägebeobachten, das sind dann die energiereiche-ren Myonen. Um dies zu beweisen, haben wireine Messung mit und ohne Wasser in der Kan-ne durchgeführt und konnten dann feststellen,dass wir mit Wasser in der Kanne mehr Ereig-nisse messen konnten als ohne Wasser. Somitkönnen wir sagen, dass die mit Wasser gemes-senen Ereignisse mit großer Wahrscheinlichkeitunsere Myonen sind. Desweiteren haben wirauch draußen und in zwei unterschiedlichen Ge-bäudestockwerken gemessen, im Astronomie-raum und im Keller. So wollten wir feststellen,ob es zwischen den verschiedenen Stockwerkenund draußen einen Unterschied gibt. Soetwaswäre möglich gewesen, da die energiereichenMyonen zwar eine hohe Durchdringungskraftbesitzen, aber von dem Beton in den Wän-den aufgehalten werden können. Dies war inunserem Fall aber nicht so, da sich die Messer-gebnisse zwischen verschiedenen Stockwerkennur sehr gering unterscheiden:

• Kanne ohne Wasser: 3,2 Ereignisse alle 10Minuten

• Kanne mit Wasser (Werkraum im Keller):8,8 Ereignisse alle 10 Minuten

• Kanne mit Wasser (draußen): 8,6 Ereignissealle 10 Minuten

Abschließend lässt sich sagen, dass die Myon-kanne ein gelungenes und auch spannendes Ex-periment war und auch sehr gut funktionierthat. Dominik und Caro haben unsere Myonkan-ne in ihrem Gesamtaufbau dann sogar auf derLehrerfortbildung der Jahrestagung der Astro-

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KURS 1 – ASTRONOMIE

nomischen Gesellschaft in Tübingen gezeigtund vorgestellt.

DosimetermessungenNiklas Merk

Ein weiteres Experiment unseres Kurses wa-ren die Dosimetermessungen. Zu Beginn diesesExperiments wollten wir herausfinden, ob dieAktivität der radioaktiven Untergrundstrah-lung durch die zusätzliche Abschirmung desuns bei diesem Experiment umgebenden Ge-bäudes verringert wird. Danach haben wir dieErgebnisse mit unseren Messungen außerhalbdes Gebäudes verglichen, um daraus Schluss-folgerungen zur Abschirmung zu ziehen.Zuerst noch eine kurze Beschreibung unseresVersuchsaufbaus: Wir haben sowohl draußenals auch drinnen jeweils drei Dosimeter aufge-stellt, die die Aktivität der radioaktiven Hin-tergrundstrahlung messen sollten, die uns tag-täglich umgibt.

Messung mit dem Dosimeter

Aktivität heißt in diesem Fall die Zahl der ra-dioaktiven Zerfälle pro Sekunde und wird nor-

malerweise in Becquerel angegeben (1 Becque-rel (Bq) = 1 Zerfall/Sekunde). Wir haben dannjeweils über einen Zeitraum von 52 Minutendie Aktivität messen lassen. Unsere Ergebnissewerden in der folgenden Tabelle zusammenge-fasst:

Draußen DrinnenMessgerät 1 2000 Zerfälle 2033 Zerfälle

(0,641 Bq) (0,652 Bq)Messgerät 2 1915 Zerfälle 2040 Zerfälle

(0,614 Bq) (0,654 Bq)Messgerät 3 2594 Zerfälle 2028 Zerfälle

(0,831 Bq) (0,650 Bq)Mittelwert 2170 Zerfälle 2034 Zerfälle

(0,695 Bq) (0,652 Bq)

Dosimetermessungen der natürlichen Radioaktivi-tät

Die Abweichung bei dem draußen gelegenenGerät Nr. 3 wollten wir in Zusammenarbeitmit den Mathematikern analysieren. Leiderhat die Zeit dafür nicht mehr ausgereicht undwir mussten auf die statistische Analyse ver-zichten. Einer der Gründe für die Abweichungbei unserer Messung ist vermutlich, dass die-ses Dosimeter unter der Tischtennisplatte lag,die aus Beton besteht. Dieser Beton könnteleichte Verunreinigungen durch radioaktivesGestein enthalten. Wie man den Messwertenebenfalls entnehmen kann, ist die Abweichungzwischen der durchschnittlichen Aktivität imäußeren Bereich und der Aktivität im Gebäudenicht sonderlich groß. Daraus folgt, dass sowohldrinnen als auch draußen ungefähr die gleicheAktivität an radioaktiver Strahlung herrscht.Wichtig ist aber natürlich, dass die von unsgemessene Aktivität im normalen und vollkom-men ungefährlichen Bereich liegt. Nach demnuklearen Unglück von Tschernobyl herrschtein einem relativ großen Gebiet beispielswei-se eine ca. 61 000 Mal höhere Aktivität. Beider Einstufung der Gefahr durch radioaktiveStrahlung spielt aber nicht nur die Aktivität,sondern auch die Dosis eine Rolle. Die Dosis istdie Energie, welche ein Kilogramm des Präpa-rats abgibt. Sie wird in Gray gemessen (1Gray= 1 Joule/Kilogramm), doch leider hatten wirnicht die Möglichkeit die Strahlungsdosis zumessen.

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KURS 1 – ASTRONOMIE

GammaspektrometerversucheLucia Eberl

Wir wollten aber nicht nur allgemein die radio-aktive Untergrundstrahlung messen, sondernauch von bestimmten Proben, deswegen sindwir ausgerüstet mit Dosimetern in den Waldgegangen. Wir waren auf der Suche nach Din-gen, die vielleicht ein wenig mehr strahlen alsdie Umgebung. Voll bepackt kamen wir zurück:Wir hatten Pilze, etwas Erde, einen Stein aberauch ein paar Beeren dabei.

Unsere Proben aus dem Wald

Um die Strahlung genauer zu messen, habenwir ein Gammaspektrometer verwendet, dasim LSZU II steht. Von außen sieht man amGammaspektrometer nur rote Bleiziegel, diedie Aufgabe haben, möglichst viel von der Un-tergrundstrahlung abzuhalten. Innen ist einHohlraum, in dem sich das Messgerät und dieProbe befinden. Mit dem Gammaspektrometerkann man die Strahlung radioaktiver Präpara-te sehr genau untersuchen. Es misst nicht nurdie Anzahl der Zerfallsimpulse, sondern auchdie Energie der ankommenden Strahlung.Aus diesen Messungen entsteht ein Spektrum,also ein Diagramm, auf dessen x-Achse dieEnergie der Photonen in Megaelektronenvolt(MeV) und vertikal die Anzahl der Impulse beidieser Energie aufgetragen sind. Ein Elektro-nenvolt ist eine Energieeinheit, mit der man dieEnergien von sehr kleinen Teilchen angibt, dadiese meist sehr niedrig sind. Um die Energies-kala, also die x-Achse, zu kalibrieren, musstenwir zuerst eine Eichmessung mit Europium-137

Das Gammaspektrometer

vornehmen. Europium ist ein radioaktives Ele-ment, das sich als Salz in Wasser lösen lässt. Eshat den Vorteil, dass sein Spektrum deutlicheAusschläge zeigt, die sogenannten Spektrallini-en. Die Energiewerte dieser Spektrallinien sindsehr gut bekannt.

Gammaspektrum von Europium

Zunächst mussten wir die gesammelten Pro-ben in kleinere Stücke schneiden, so dass sie indie Probenbehälter des Gammaspektrometerspassten. Um aus den Messungen der Probenkeine falschen Schlüsse zu ziehen, haben wirdanach eine Untergrundmessung durchgeführt.

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KURS 1 – ASTRONOMIE

Dazu haben wir das Spektrum eines leeren Pro-bendöschens aufgenommen, um die Strahlungvon außerhalb zu vermessen, die man bei jederMessung zusätzlich hat. Dieses Spektrum wirdvon den Spektren der Proben abgezogen, umderen tatsächliche Strahlung herauszufiltern.Nun kamen wir zur eigentlichen Messung derProben. Der Reihe nach wurden die Proben,die wir schon in Döschen gepackt hatten, ge-messen. Da unsere gesammelten Proben nichtstark gestrahlt haben, mussten wir sie mehrereStunden, teilweise auch über Nacht, in demGammaspektrometer lassen, um überhaupt einaussagekräftiges Spektrum zu erhalten.

Spektrum der Untergrundmessung über Nacht

Am Spektrum der Untergrundstrahlung kannman erkennen, dass ähnlich wie bei Europiumbei bestimmten Energiemengen mehr Impulsevon unserem Messgerät registriert wurden, wirsehen also auch hier Spektrallinien. Von diesenkann man nun mit dem steinalten Computer,der an das Gammaspektrometer angeschlos-sen ist, den Schwerpunkt berechnen, also diegenaue Energie, bei der die meisten Impulseangekommen sind. Da jedes Element seine ty-pischen Spektrallinien hat, kann man sich diesewie den Fingerabdruck des jeweiligen Elementsvorstellen. Somit kann man mit ihnen heraus-finden, welche radioaktiven Elemente in derProbe vorhanden sind.

Wenn man die anderen Spektren mit der Unter-grundmessung vergleicht, stellt man fest, dasssie fast identisch aussehen. Das heißt, dass diemeisten Zerfälle, die von dem Gammaspektro-meter registriert wurden, nicht von einer radio-aktiven Belastung der jeweiligen Probe stam-men, sondern aus der Umgebung, also zum

Bei der Messung

Beispiel von den Bleiklötzen, aus der Wandoder aus der Erde.

Luft Erde Pilze SteineCo-57/Hf-181 — — 0,13Ru-97/U-235 0,20 0,22 0,19 0,22Th-208 0,52 0,51 0,52 0,49Ka-40 1,43 1,46 1,45 1,45Th-208 — 2,62 — —

Schwerpunktsenergien vermessener Spektrallinienin MeV und Zuordnung zu radioaktiven Isotopen

Bei den Schwerpunkten im Bereich von 0,192bis 0,223MeV lässt sich nicht eindeutig sagen,von welchem Element diese stammen, da esmehrere Elemente gibt, die in diesem Bereichstrahlen. Unsere Proben sind jedenfalls nichtgefährlich, da sie wie fast alles in unserer Um-gebung nur wenig strahlen. Ihre Radioaktivitätliegt weit unterhalb der Stärke, die gefährlichfür uns werden kann.

RotationAnn-Kathrin Gelmroth

Natürlich wollen wir unseren neu erarbeitetenStoff auch allen anderen Akademieteilnehmernvorstellen und ihnen zeigen, was wir Tolles ge-macht haben. Dazu diente nach der Hälfte derAkademie die Rotation. Das Wort Rotationkommt aus dem Lateinischen und bedeutetDrehung. Die Mitglieder der Kurse wurden in4 Gruppen à 3 Schüler unterteilt. Diese prä-

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KURS 1 – ASTRONOMIE

sentierten den Teilnehmern der anderen Kurseihre erarbeiteten Ergebnisse. Dabei rotiertenwir einmal im Kreis, also durch jeden Kurs,so dass jeder einen Eindruck von den anderenKursen der Akademie bekam. Wir präsentier-ten unsere Projekte in Form einer PowerPoint-Präsentation, die wir vorher gemeinsam erstellthatten. Es wurden die bisherigen Ergebnisse,Leistungen, aber auch Probleme vorgestellt undjeder Kurs gab noch einen kleinen Ausblick,welche Themen noch folgen werden. Bei derganzen Rotation konnten wir unsere Präsen-tationskenntnisse verbessern und unser Wis-sen über den Kursinhalt prüfen, da meist auchknifflige Fragen gestellt wurden.

Versuche mit radioaktiven Strah-lern

Lisa Mutschler

Der Tag fing an wie jeder andere hier in derAkademie, doch als wir uns unserem Kursraumnäherten, merkten wir, dass irgendetwas anderswar. Die Gänge, die unserem Kursraum führtenwaren voll gepflastert mit Radioaktivitätsschil-dern und die Tür unseres Kursraums war so-gar mit rot-weißem Sperrband versiegelt. Aberwie wir nachher feststellten, ist die Akademienicht durch einen Unfall mit radioaktiven Stof-fen verseucht worden, unsere Kursleiter wolltenmit uns „nur“ Versuche mit radioaktiven Prä-paraten durchführen. Dazu durften natürlichnicht unsere stylischen Strahlenschutzanzüge,Mundschutz, Schutzbrille, Einweghandschuheund Fußüberzieher fehlen!Alles ordnungsgemäß angezogen, sind wir erst-mal quer durchs Forum gelaufen, um andereAkademiebewohner zu erschrecken. Als wir wie-der in unserem Kursraum ankamen, wurdenwir in den Umgang mit radioaktiv strahlen-den Stoffen eingewiesen. Auch das Geheimnisum die Metallbox in der Mitte des Raumeswurde gelüftet: Dabei kamen Probenbehältermit den radioaktiven Materialien Strontium-90, Americium-241, Radium-226 und Kobalt-60 zum Vorschein, ebenso wie ein Stein, des-sen Herkunft und Zusammensetzung uns unbe-kannt waren. Als Messgeräte hatten wir unse-re Dosimeter und als Hilfsmittel verschiedene

Unsere Ausrüstung um uns erfolgreich vor radioak-tiven Strahlen zu schützen

abschirmende Materialien: Holz, Metall, eineFlasche mit Wasser, einen Mundschutz wie wirselber sie verwendeten, ein Blatt Papier, Plas-tik, Alufolie, ein grünes Blatt, Panzertape, eineStofftasche, einen 1 cm dicken Stapel Papier,eine leere Flasche und einen Bleiklotz vomGammaspektrometer. Unser Auftrag war esherauszufinden welche dieser Materialien dieradioaktiven Strahlen der verschiedenen Präpa-rate am besten absorbieren. Außerdem wolltenwir über den Vergleich der Ergebnisse schluss-folgern, welche Präparate welche Strahlung aus-senden.

Das Geheimnis um den Metallkasten wird gelüftet,natürlich messen wir sofort mit unseren Dosimeterndie Strahlung

Die Materialien schirmen radioaktive Strahlenin folgender Reihenfolge ab: Blei am stärks-ten, dann Metall, Holz, die Wasserflasche, der

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KURS 1 – ASTRONOMIE

Sr Am Ra CoHolz 0,13 0,50 0,02 1,14Metall 0,04 0,03 — 1Wasserflasche 0,04 0,19 0,02 —Mundschutz 0,67 — 0,06 —Papier 0,89 0,34 0,08 —Plastik 0,98 — 0,13 —Alufolie 0,92 0,83 0,77 —grünes Blatt 0,72 — — —Panzertape 0,86 — 0,44 —Stofftasche 0,6 — — —1 cm Papier — 0,39 — —leere Flasche — 0,97 — —Bleiklotz — — — 0,33

Abschirmung radioaktiver Strahlung bei Sr-90, Am-241, Ra-226 und Co-60. Die Zahlen geben das Ver-hältnis von abgeschirmter zu unabgeschirmter Zähl-rate an

Mundschutz, Papier und am wenigsten Plasti-k/Alufolie/Panzertape.Über das Tonsignal des Dosimeters konnten wirauf Anhieb erkennen, dass die radioaktiven Prä-parate unterschiedlich starke Strahlung aussen-den. Kobalt-60 strahlt beispielsweise stärker alsdie anderen Präparate. Selbst durch Blei hin-durch lässt sich seine Strahlung nicht komplettabschirmen. Daraus konnten wir schließen, dasses sich dabei möglicherweise um einen Beta-oder Gammastrahler handelt. Radium-226 undAmericium-241 scheinen Alphastrahler zu sein,da deren Strahlung durch Papier, Alufolie etc.fast vollkommen verschluckt wird. Die radio-aktive Strahlung des Strontium-90-Präparatskann durch Papier nur wenig abgeschirmt wer-den, demnach wäre es ein Betastrahler.Anhand der durchgeführten Versuche habenwir schnell festgestellt, dass es unterschiedlicheStrahlungsarten gibt. Das kommt dadurch dasses in unserem Universum instabile Elementegibt, welche unter Abgabe von radioaktiverStrahlung zerfallen. Man unterscheidet dabeizwischen 3 verschiedenen radioaktiven Strah-lungsarten.

• α-Strahlung: Der Kern solcher strahlendenStoffe sendet doppelt positiv geladene He-liumkerne bestehend aus zwei Neutronenund zwei Protonen aus. Das wird nun als

α-Strahlung bezeichnet und kann bereitsdurch ein Blatt Papier/einen Karton abge-schirmt werden, da die Durchdringlichkeitdieser Art der Strahlung nicht besondersgroß ist.

• β-Strahlung: Der Kern solcher strahlendenStoffe sendet Elektronen aus (negative La-dung), was als β-Strahlung bezeichnet wirdund durch Karton, Blech, Mauern etc. ab-geschirmt werden kann.

• γ-Strahlung: Stoffe, welche elektromagneti-sche Strahlung aussenden (bzw. kurzwelli-ges, energiereiches Licht). Durch die starkeDurchdringlichkeit dieser Strahlung reichennicht einmal dicke Bleiklötze um sie abzu-schirmen.

Damit wissen wir, dass die Strahlenintensitätvon α- zu β-Strahlung zunimmt. Zusätzlichstellte sich uns dann noch die Frage wie derAbstand zur Strahlungsquelle deren Intensitätbeeinflusst. Dazu benutzten wir die PräparateStrontium-90, Americium-241 und Radium-226von unserem vorherigem Experiment und stell-ten die Dosimeter in unterschiedlichen Abstän-den dazu auf.

Ein Team bei der Abstandmessung

Erkennen konnten wir bei diesem Experiment,dass sich die Strahlenintensität der radioak-tiven Stoffe mit größer werdendem Abstandverkleinert. Wieder zu sehen ist, dass die Prä-parate unterschiedlich stark strahlen, was mitihrer Strahlungsart zusammenhängt. Darauskonnten wir schließen, dass Abstand zur Strah-lungsquelle halten wohl die beste Abschirmung

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KURS 1 – ASTRONOMIE

Abstand Sr-90 Am-241 Ra-2261 cm — 353 642,53 cm — 122 —4 cm — 100 —5 cm — 83 —6 cm — 65 —7 cm — 46 —8 cm — 36 —9 cm — 28 —10 cm 135,2 23 226,315 cm — 9,5 —20 cm — 6 47,730 cm — 4 —40 cm — 2,5 8,250 cm 6,48 — —60 cm — 1 3,170 cm — — 1,780 cm — 1 1,690 cm — — 1,41m 1 1 1

Abstandmessungen. Die Zahlen sind relativ zur ge-messenen Rate bei 100 Zentimetern Abstand ange-geben.

ist, da dadurch die Strahlung verteilt bzw. ab-geschwächt wird.Um unser Ergebnisse mit allgemein bekann-ten Fakten zu vergleichen hier noch ein paarInformationen zu den Präparaten:

Strontium-90 (Sr-90)

• ist ein radioaktives Isotop von Strontium• besitzt eine Halbwertszeit von 29 Jahren• ist ein Betastrahler• ist eines der häufigsten Spaltprodukte (also

ein durch Kernspaltung entstandenes Nuk-lid) überhaupt

Americium-241 (Am-241)

• ist ein radioaktives Isotop von Americium• besitzt eine Halbwertszeit von 432,2 Jahren• ist ein Alphastrahler• wird in Ionisationsrauchmeldern eingesetzt

Kobalt 60 (Co-60)

• Halbwertszeit von 5,27 Jahren

• Gammastrahlungsquelle (wird für Konser-vierung von Lebensmitteln verwendet)

• Gewinnung von Co-60 ausschließlich künst-lich durch Neutronenaktivierung aus Co-59

Radium 226 (Ra-226)

• ist ein natürliches radioaktives Nuklid• ist ein Alphastrahler

Der rätselhafte SteinJule Hintz

In unserem nächsten Experiment haben wirden bereits erwähnten Stein näher untersucht.Auch bei diesem Versuch trugen wir Schutzan-züge, Schutzbrillen und Atemmasken. Mit demDosimeter stellten wir fest, dass der Stein ver-gleichsweise stark radioaktiv strahlt, wodurcher für uns erst interessant wurde. Wir warenalle sehr gespannt zu erfahren, was es mit demStein auf sich hat und haben überlegt, welcheMethoden wir anwenden könnten, um mehrüber den Stein zu erfahren.Wir wussten nicht, welche Elemente im omi-nösen Stein enthalten sind, hatten aber dieVermutung, dass es sich um Uranerz handelnkönnte, weil Uran in der ehemaligen DDR ge-zielt abgebaut wurde. Daher führten wir zu-nächst einen Versuch durch, bei dem wir denStein durch verschiedene Gegenstände abge-schirmt haben. In einer bestimmten Entfer-nung vom Stein haben wir dann ein Dosimeteraufgestellt, das den Strahlenwert gemessen hat,genau wie wir es mit den radioaktiven Präpara-ten gemacht haben. Zum Einsatz kamen Holz,Metall, Plastik und ein grünes Blatt.Durch diesen Versuch wollten wir herausfin-den, von welchen Gegenständen die radioaktiveStrahlung des Steins am besten abgeschirmtwird. Die Spannung stieg, als die Werte in einerTabelle auf die Tafel geschrieben wurden.Um sicher zu gehen, dass wir nicht ungenaugemessen haben und unsere Annahme zu bestä-tigen, haben wir noch das Gammaspektrometerim LSZU II genutzt, um ein Spektrum der Ener-gien des Steins zu erstellen. Wir hatten vielFreude daran, den uralten Computer entspre-chend zu programmieren. Beim Betrachten des

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KURS 1 – ASTRONOMIE

Holz Metall Plastik grünes Blatt0,18 0,17 1,19 1,28

Abschirmung der Strahlung des Stein für verschie-dene Materialien. Die Zahlen geben das Verhältnisvon abgeschirmter zu unabgeschirmter Zählrate an.Dass die Strahlung für Plastik und das grüne Blatthöher als ohne Abschirmung ist, liegt wahrscheinlichan Messschwankungen.

Spektrums haben wir dann schnell die starkeÄhnlichkeit mit dem von Radium-226 bemerkt.Da Radium-226 ein Zerfallsprodukt von Uran-238 ist, das sich im Stein ansammeln konnte,haben wir den Schluss gezogen, dass es sich beidem Stein tatsächlich um Uranerz handelt.

Das Spektrum des Steins

Die Zerfallsreihe veranschaulicht, über welcheIsotope Uran-238 zu Blei zerfällt. Ein α-Zerfallfindet statt, wenn Kernladungszahl und Neu-tronenanzahl jeweils um zwei abnehmen. Wenndie Kernladungszahl um eins zunimmt und dieNeutronenanzahl um eins abnimmt liegt einβ-Zerfall vor.Alle waren sehr erstaunt wie viel wir durchdiese Versuche über den Stein herausfindenkonnten.

Exkursion zum Flugplatz Schlier-stadt

Florian Mandl

Unser letzter Versuch vereint Radioaktivitätund kosmische Strahlung. Dazu waren wir auf

Die Zerfallsreihe von Uran-238. Grafik: PublicDomain/Wikipedia-Nutzer Pajs

dem Sportflugplatz bei Schlierstadt, um diekosmische Strahlung in unterschiedlichen Hö-hen mit zwei Dosimetern in einem Flugzeugzu messen. Wir trafen uns in der Nachmittags-kursschiene und wurden dann, ohne zu wissen,wo es hingeht, von Theo, Carolin und Domi-nik zum 15 Minuten entfernten Flugplatz beiSchlierstadt gefahren. Nico, der Sportmentor,und Daniel, einer der Leiter des Physikkurses,kamen auch mit.Am Flugplatz angekommen wurden wir zu-erst von Andy Boss begrüßt. Er ist der Chefund Pilot der an diesem Flugplatz ansässigenSouthsidebase, einem Unternehmen, das Fall-schirmsprünge anbietet. Zur Messung der kos-mischen Höhenstrahlung wollten wir ihm zweiDosimeter mitgeben. Alle 1000 Höhenmetersollte er die Werte aufschreiben, die die Dosime-ter anzeigen. Nico und Daniel sollten mitfliegen,um die Richtigkeit der Messwerte sicherzustel-len. Außerdem wollten die beiden in Begleitungeines erfahrenen Springers tandemspringen.Während Nico und Daniel die nötigen Formu-lare ausfüllten, bekamen wir von Carolin undDominik Ferngläser zur Verfügung gestellt, um

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KURS 1 – ASTRONOMIE

das Flugzeug und die Fallschirmspringer bes-ser beobachten zu können, jedoch unter derstrikten Anweisung im Schatten zu bleiben,denn ein Blick mit dem Fernglas in die Sonne,und unsere Augen wären irreparabel geschä-digt gewesen. Während wir warteten, hielt einEiswagen am Flugplatz, und wir bekamen vonunseren Kursleitern ein Eis spendiert.Danach bestimmten wir mit unseren drei Dosi-metern zuerst den durchschnittlichen Messwertam Boden, um einen Vergleichswert zu denLuftmessungen zu bekommen. Anschließenddurften wir zum Flugzeug, um es uns näher an-zuschauen. Andy Boss erklärte uns, dass es sichum eine einmotorige Propellermaschine vomTyp Pilatus Porter mit Gasturbine handelte,und wir durften uns sogar in das Flugzeug hin-einsetzen! Nun konnten wir uns vorstellen, wieeng es für Springer mit ihrem Fallschirm seinmusste, denn es war auch jetzt schon eng. Nachdieser Besichtigung machten wir mehrere Fotosmit Nico und Daniel in ihren Overalls, die siefür ihren Sprung anziehen mussten.

Der Astrokurs im Flugzeug

Nun ging es los. Das Flugzeug startete unddrehte mehrere Runden, um an Höhe zu gewin-nen. Währenddessen schrieben wir am Bodenalle 5 Minuten die Messwerte des einen Dosime-ters auf, das am Boden blieb. Nach ungefähr 10Minuten sprang jemand aus ca. 3000 MeternHöhe.Danach setzte das Flugzeug seinen Steigflugnoch fünf Minuten fort. Fast direkt über demFlugplatz sprangen Nico und Daniel nun ausdem Flugzeug, und wir beobachteten gebanntihren Fall und Flug, von dem wir auch vieleBilder schossen. Als das Flugzeug kurze Zeit

später wieder gelandet war, bekamen wir dieMesswerte vom Piloten.

Wir verabschiedeten uns und beobachteten, wiedas Flugzeug in den Hangar geschoben wur-de. Der Hangar wäre eigentlich zu klein, aberdurch ein ausgeklügeltes System passte es mil-limetergenau. Schlussendlich wurden wir wie-der zurück zum LSZU gefahren und aßen zuAbend.

Gemessene Strahlendosis in Abhängigkeit von derHöhe

Am nächsten Morgen werteten wir die Messer-gebnisse aus und erstellten ein Diagramm, dasdie Referenzmessung am Boden, die Messun-gen im Flugzeug und die Flugstrecke sowie dieFlughöhe enthält. Das Flugzeug flog eine Stre-cke von insgesamt 60 Kilometern und erreichtedabei eine maximale Höhe von 4100 Metern.

Die Strahlungswerte waren am Boden leichterhöht, sanken dann wieder ein wenig und stie-gen ab etwa 1300 Metern stark an. Das liegtdaran, dass aus dem Boden radioaktives Ra-don aufsteigt und so in Bodennähe eine erhöhteStrahlung erzeugt. Steigt man jedoch noch hö-her hinauf, wird der Einfluss des Radons immerschwächer.

Die Strahlungsintensität in größerer Höhe er-höht sich dagegen exponentiell, da nun die kos-mische Strahlung wirken kann. Grund dafürist die mit zunehmender Höhe immer dünnerwerdende Erdatmosphäre. Wir haben also er-folgreich den Versuch von Viktor Hess von vor100 Jahren wiederholt. Diese Exkursion warmein absolutes Highlight der Akademie.

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KURS 1 – ASTRONOMIE

Exkursion ans Max-Planck-Institutfür Kernphysik

Christoph Grundke

Unsere zweite Exkursion führte uns zum Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg,weil sich das MPIK wie wir auch mit der Erfor-schung kosmischer Strahlung beschäftigt. Nachdem Frühstück sind wir zusammen mit denMathematikern und Physikern mit dem Busnach Heidelberg gefahren.

Am MPIK angekommen, wurden wir von Ber-nold Feuerstein, dem Leiter der Öffentlichkeits-arbeit des MPIK, begrüßt und zu einem Vor-tragsraum gebracht. Dort erklärte uns HerrFeuerstein das Tätigkeitsfeld des MPIK. Die-ses umfasst zwei Hauptthemengebiete, nämlichdie Astroteilchenphysik, bestehend aus Hoch-energie-Astrophysik, Teilchen- und Astroteil-chenphysik sowie die Quantendynamik mit denSchwerpunkten gespeicherte und gekühlte Io-nen, theoretische Quantendynamik, Quanten-elektrodynamik und experimentelle Mehrteil-chen-Quantendynamik.

Nach dem interessanten Vortrag wurde unserKurs in zwei Gruppen aufgeteilt und von HerrnFeuerstein und seiner Kollegin Gertrud Hönesdurch das Institut geführt. Während der Füh-rung wurde uns H.E.S.S., das High-Energy Ste-reoscopic System, näher erklärt. H.E.S.S. dientdazu, Gammastrahlung von Himmelsobjektennachzuweisen. Wenn die Gammateilchen aufdie Erdatmosphäre auftreffen, erzeugen sie ei-ne Lawine von Elektronen und Positronen, dieTscherenkow-Licht auslösen. Diesen Lichtblitzkönnen die Teleskope von H.E.S.S. wahrneh-men. Da sie in einem bestimmten Abstandzueinander stehen, können sie zusätzlich auchnoch den Ursprung der Gammastrahlung be-stimmen, da man den Lichtblitz aus verschie-denen Blickwinkeln sieht, wodurch dieser vonjedem Teleskop etwas anders dargestellt wird.Mithilfe eines Computerprogramms wird dannder Schnittpunkt der einzelnen Bilder berech-net, der dem Ursprungspunkt der Gammastrah-lung entspricht. Zur Veranschaulichung diesesVorgangs stand am MPIK auch ein maßstabsge-treues Modell der H.E.S.S.-Anlage. An diesemModel konnte man selber mittels eines beweg-

lichen leuchtenden Glasstabs die Richtung derGammastrahlung einstellen. Mit Hilfe von indie Teleskop-Modelle eingebauten Webcamskonnten wir dann Aufnahmen machen. Eineinfaches Computerprogramm hat dann ausden Bildern die Orientierung des Glasstabesberechnet.

Die H.E.S.S.-Anlage in Namibia. Foto: CC-BY-SA/Wikipedia-Nutzer Christian99

Anschließend haben wir uns den Prototypen ei-ner Kamera angesehen, von der ähnliche Model-le bei H.E.S.S. eingesetzt werden, und uns ihrFunktion erklären lassen. Eine solche Kamerabesteht aus ca. 1000 bis 2000 Photomultipliern(sehr empfindliche Lichtsensoren) und hat einenDurchmesser von 1,4 bis 2,30m. Eine solcheKamera wirkt wenn man vor ihr steht sehr im-posant und entspricht nicht wirklich dem Bildeiner klassischen Kamera, wie zum Beispiel beieiner Spiegelreflexkamera. Zusätzlich bekamenwir Einblick in ein weiteres Forschungsgebiet,in dem es um die Zerlegung von Molekülenmittels Laserbeschuss ging.Anschließend haben wir in der Kantine (in derdas Essen für eine Kantine recht gut ist) aufdem Gelände des EMBL (European Molecu-lar Biology Laboratory) zu Mittag gegessen.Dort steht auch ein interessantes Gebäude, dasAdvanced Training Centre ATC des EMBL,das nach der Struktur der DNA gebaut wurde.Nach dem Essen haben wir uns zu Fuß auf denWeg nach Heidelberg gemacht. Dabei kamenwir an einem alten Aussichtsturm vorbei.Von der Spitze dieses Turmes konnte man Teiledes Rheintals überblicken. In der Stadt ange-kommen, hatten wir 1 1/2 Stunden zur freien

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Page 30: Dokumentation 2013

KURS 1 – ASTRONOMIE

Eine unserer Gruppen vor Konstruktionszeichnun-gen von H.E.S.S

Verfügung, in denen wir shoppen gehen oderuns ausruhen konnten. Anschließend sind wirzum Bus gelaufen, wo wir noch auf die verspä-teten Mathematiker warten mussten. Danachsind wir zurück nach Adelsheim gefahren. Nach-dem wir dann von der Exkursion zurück waren,hatten wir aber noch einige anstrengende undarbeitsreiche Tage vor uns, da die Abschluss-präsentation noch anstand und wir diese nochvorbereiten mussten.

AbschlusspräsentationAnn-Kathrin Gelmroth

Die Abschlusspräsentation lief analog zur Ro-tation ab, da wir wieder in unseren Dreiergrup-pen präsentieren durften. Es gab jedoch einengroßen Unterschied. Wir teilten unseren Kurs-inhalt nicht nur den anderen Teilnehmern undLeitern mit, sondern auch den anwesenden El-tern, ehemaligen Kursteilnehmern, sowie denFörderern der Akademie, die sich für die The-men der Akademie interessierten.Die Abschlusspräsentation fand am vorletztenTag statt und war für die Öffentlichkeit zu-gänglich. Folglich war die Aufregung bei unsKursteilnehmern sehr groß. Doch nach den be-ruhigenden und aufbauenden Worten unsererLeiter und unserer Schülermentorin waren wiruns sicher, dass wir auch die Abschlusspräsen-tation meistern würden.Zur Einleitung zeigten wir Bilder der letztenzwei Wochen, damit die Zuhörer einen Ein-

Zuhörer bei der Abschlusspräsentation

druck von uns und unseren Aktivitäten beka-men. Nachdem alle Besucher einen Platz fan-den, wurde das Thema und die Gliederung derPräsentation vorgestellt. Jeder Präsentierendeübernahm einen Themenblock und am Endegab es für die Anwesenden die Gelegenheit, Fra-gen zu stellen. Es wurden viele Fragen gestelltund wir hatten den Eindruck, dass sich die Zu-hörer für unser Thema interessierten. Am Endewaren wir erleichtert, dass alles so gut geklappthatte.

SchlussRonja Geppert

So gingen zwei wunderbare, aber auch anstren-gende Wochen zu Ende. Wir werden diese schö-ne Zeit, geprägt durch die krasse Atmosphärein unserem Kursraum sicherlich nie vergessenund um die entstandenen Freundschaften wei-terhin aufrecht zu erhalten, sind schon ersteNachtreffen geplant!

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Page 31: Dokumentation 2013

KURS 2 – CHEMIE

Kurs 2 – Chemie: Forschung für unsere Gesund-heit

EinleitungJudith Gernert

GEBRAUCHSINFORMATION:Information für den AnwenderChemiekurs 2013®, Lektüre zum EinnehmenKonzentration:15 Vollblutchemiker/Science Academy 2013Wirkstoffe:William, Marvin, Miriam, Jennifer, Tobias, Re-becca, Julian, Laura, Annika, Niklas, Mikail,Johanna, Stefan, Jana, Judith

• Lesen Sie die gesamte Packungsbeilage sorg-fältig durch, bevor Sie mit der Einnahmedieser Lektüre beginnen.

• Heben Sie die Packungsbeilage auf. Viel-leicht möchten Sie diese später nochmalslesen.

• Wenn eine der aufgeführten Nebenwirkun-gen Sie erheblich beeinträchtigt oder Sie Ne-

benwirkungen bemerken, die nicht in dieserGebrauchsinformation angegeben sind, in-formieren Sie bitte ihren Arzt oder Apothe-ker.

1. Was ist Chemiekurs 2013® und wofür wirdes angewendet?

Chemiekurs 2013® ist eine homogene Grup-pe zwölf junger Chemiker in den besten Jah-ren inklusive ihrer drei (re)aktionsfreudigenKursleiter, die sich zum ersten Mal im Juni2013 in Adelsheim traf. Die Chemie unterein-ander stimmte von Anfang an und so konntebereits am Eröffnungswochenende mit dem ge-meinsamen Forschungsprojekt über das mys-teriöse Geheimnis um die Synthese von ASS,Paracetamol, Methylorange und Nifedipin be-gonnen werden. Zwei unvergessliche Wochenin den Sommerferien folgten, in denen nichtnur mit rauchenden Köpfen über Strukturfor-

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KURS 2 – CHEMIE

meln, Synthesegleichungen gebrütet und Teegebrüht, sondern auch im Labor selbst Handangelegt wurde. Dass die Adelsheimer Luft vonSpaß und unvergesslichen Momenten übersät-tigt war, ließ sich unschwer an unserem Stim-mungsbarometer erkennen, der sich seit Akade-miebeginn nahezu im Dauerausschlag befand.Möglicherweise hat auch das „Lachgas“ in un-serem Kursraum zu dieser besonderen Atmo-sphäre beigetragen. Denn gute Laune wurdevon jedem einzelnen Teilnehmer versprüht.

2. Welche Nebenwirkungen sind bei der Ein-nahme von Chemiekurs 2013® möglich?

• Bei der Anwendung von Chemiekurs 2013®

wird gelegentlich die Lachmuskulatur über-ansprucht. :-)

• Suchtpotential wird aus eigener Erfahrungbestätigt.

3. Wenn Sie die Einnahme von Chemiekurs2013® vergessen haben . . .

. . . dann sollten Sie dies nun unbedingt unver-züglich nachholen – im Sinne der Forschungfür ihre Gesundheit!

Judith Die Starfotografin (oder Paparazzi, wiemans nimmt;-) ließ ihre Spiegelreflexkame-ra nicht aus der Hand und verfolgte uns aufSchritt und Tritt durch die Akademie. Ihrelustigsten und peinlichsten Bilder präsen-tierte sie an unserer einzigartigen Fotowand.Ihre Kreativität und ihr Einfallsreichtumbrachte uns reichlich Lachstoff.

Stefan Unser Computerfreak <3 (auch wenner Nachhilfe in der Kunst der Desktopord-nung seines Laptops gut brauchen könnte)konnte auch die schwierigsten Strukturfor-meln mühelos zeichnen. Dabei blieb er im-mer ruhig und war gut gelaunt. Er scheutewegen uns keine Überstunden und brachteauch die langweiligste Theorie spannendrüber.

Jana Sie ist wahrhaftig die beste Kuchenbäcke-rin und Pralinenkonditorin und versorgteuns reichlich mit Raffaellos und anderemGebäck. Liebe künftige Kursleiter, bittenehmt euch ein Vorbild an Jana Brüßler!

Sie ist immer gut organisiert und gut ge-launt, egal wie oft wir versehentlich denbesonders hübschen, auffälligen roten (!)Notausknopf gedrückt haben.

William Am Anfang war er noch recht schüch-tern und ruhig, aber dann schlüpfte er ausseinem goldenen Kokon und entpuppte sichals Linuxhassender, Synthesevorschriftbe-folgender Ken, der eine sehr ansteckende La-che hat. Mit seinen einzigartigen Kommen-taren und hoffnungslosen Musikgeschmack. . .William sein Name!

Marvin Der ruhige (jedoch nie schnarchende),zum Glück Grammatik beherrschende Mar-vin hat’s nicht nur im Kurs voll drauf, son-dern auch seine sehr männliche T-Shirt Kol-lektion hat Stil.

Johanna Als unsere „muscle-woman“ (zurück-zuführen auf die vielen Lachanfälle, die sieleider erleiden musste), war JoRocko fürjeden Spaß zu haben. Egal ob im Kurs oderbeim Zumba, unsere sich ständig am Tee-tisch bedienende Johanna war immer gutdrauf!

Miriam Miriam brachte uns mit ihrer natür-lichen Art und ihre Blicken immer zumLachen. Wenn sie nicht im Kurs arbeitete,in der Kantine aß oder im Bett schlief, sofand man sie gewiss auf dem Sportplatz.

Niklas Unser Narben-Mann – oder auch dasKänguru genannt – war immer elektrophil!Zum Glück konnten wir ihn davon abhal-ten, seine Finger in die Steckdose zu stecken(’tschuldigung, das war jetzt erfunden). Je-de Zelle seines Körpers ist glücklich! UnserMr. Perfect, wir hoffen du verzeihst uns,falls dies nicht hundertprozentig deine per-fektionistischen Erwartungen erfüllt!

Mikail Produktbezeichnung: Mozart 2.0. Seitdem legendären Hausmusikabend steht fest:Mikail wird berühmt. Unser Pianist mitder Lockenpracht ist ein sehr ausgewogenerMensch, der immer zur richtigen Zeit amrichtigen Ort ist.

Rebecca Klein, aber oho . . . das bewies sieuns immer wieder mit ihrem starken Stim-morgan. Damit brachte sie selbst in denaufgeregtesten Momenten immer Stille in

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KURS 2 – CHEMIE

den Raum. Mit ihrer freundlichen und wit-zigen Art hatten wir immer viel Spaß imRaum.

Annika Annika hatte im Kurs immer den Über-blick, selbst nach Dutzenden fehlgeschla-genen DC-Versuchen behielt sie stets dieRuhe. Sie hat voll den coolen WhatsApp-Status. Ihre kreative Art hat viel dazu bei-getragen unseren Kurs lustig zu gestalten.

Jennifer Während der Akademie lernten wirJennifer als freundlich und hilfsbereit ken-nen. Jeden Morgen kam sie gut gelauntund entspannt zum Kurs. Ohne sie wäre inunserem Kurs nichts los gewesen, da sie dieganze Energie aus ihrer Meditation schöpf-te.

Tobias Tobi, der „Größte“ aus unserem Kurs,lachte immer mit und konnte sich primaselbst unterhalten. Man muss aber wissen,dass das mit dem Seilhüpfen nicht so gutklappt, weil er sich sehr leicht verheddertund sich dann verletzen könnte. Mit unse-rem Sunnyboy hatten wir immer mega vielSpaß. Danke!

Laura Laura Gonzalez, jeden Morgen kam siemit einem knackigen Apfel in den Kurs.Ihr spanisches Temperament machte sie zueiner tollen Kumpanin. Unser Pikki warimmer gut drauf. Und nach endlosen Lach-flashs hat sie jetzt bestimmt einen megaSixpack.

Julian Good morning ladies and gentlemen,today we want to introduce you JulianHarrison-Wirth. In der Tanz-KüA gab erstets alles und auch im Kurs war er immerhilfsbereit.

LaborsicherheitMarvin Kreft

In unserem Leben hat die Sicherheit des Men-schen hohe Priorität. So auch in einem Che-mielabor, in dem vieles passieren kann, woraufman in einem Notfall nicht vorbereitet ist. Da-mit so etwas nicht geschieht, muss man nurwenige Regeln beachten, die einen schützenund einem auch das Leben retten können. Weil

das Alles, wie am Anfang erwähnt, eine wichti-ge Rolle spielt, haben wir dieses Thema schonam ersten Abend behandelt. Bevor überhauptmit Chemikalien und Gerätschaften gearbeitetwird, muss die Schutzbrille aufgesetzt werden,um die Augen vor Säuren oder Ähnlichem zuschützen. Seine eigene hat dann auch jeder beiunserem Ausflug zu „Merck“ erhalten. Ein La-borkittel, der die gleiche Funktion hat mussauch getragen werden. Außerdem sollten lan-ge Haare zusammengebunden werden, damit,falls mit einem Gasbrenner gearbeitet wird,diese vor den Flammen geschützt sind. BeiBenutzung von ätzenden Chemikalien sind zu-dem Handschuhe empfehlenswert, um die Hautvor diesen Substanzen zu schützen. Sollte esdoch aus irgendeinem Grund zu einem Notfallkommen müssen folgende Punkte eingehaltenwerden: Bei Verunreinigung der Augen mussschnellstmöglich die nächste Augendusche auf-gesucht und benutzt werden, welche durch eingrünes Schild gekennzeichnet ist. Bei einemPersonenbrand gilt es, sofort den Kittel auszu-ziehen bzw. sich direkt unter eine Notduschezu stellen, um Verbrennungen zu vermeiden.Diese Notdusche ist ebenfalls durch ein grü-nes Schild markiert und kam glücklicherweise,wie auch die Augendusche, bei unseren vielenVersuchen nicht zum Einsatz. Bei einem etwasgrößeren Brand sind dann zum einen die Feu-erlöscher und zum anderen der Löschsand unddie Löschdecke zur Hand zu nehmen. Ist da-nach dennoch der Brand nicht gelöscht, mussdas Zimmer geräumt und die Feuerwehr zurHilfe gerufen werden. Beim Wählen der 112 istes wichtig, dass man möglichst genau auf dieFragen der Leitstelle eingeht.

Damit auch die Laboranten wissen, mit wel-chen Stoffen sie es zu tun haben und welcheAuswirkungen diese haben können, gibt es Ge-fahrensymbole, die die Eigenschaften der Che-mikalien kennzeichnen. Darunter gibt es giftige(T) und sehr giftige (T+), brandfördernde (O),umweltgefährdende (N), reizende (Xi) und ät-zende (C) sowie explosionsgefährliche (E) Stof-fe. Zu den jeweiligen Symbolen gibt es auchKürzel, die hier in den Klammern stehen. In-zwischen wurden weltweit gleiche und neueSymbole eingeführt. Allerdings unterscheidendiese sich nicht sehr von den alten Symbolen.

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Page 34: Dokumentation 2013

KURS 2 – CHEMIE

Am Ende des ganzen Versuchs bzw. beim Ver-lassen des Labors, muss alles fachgerecht ver-staut, aufgeräumt und entsorgt werden. Beher-zigt man diese Regeln und Vorschriften, ist einziemlich reibungsloser und sicherer Laborauf-enthalt möglich. Dennoch ist jeder selbst fürsein Handeln verantwortlich.

Kleine Einführung in die Organi-sche Chemie

Johanna Rettenmeier

Die organische Chemie ist die Chemie der Koh-lenwasserstoffe. Da der Kohlenstoff vier Außen-elektronen hat, geht er in der Regel vier Bindun-gen ein. Typisch für Kohlenstoff sind deswegendie vielen verschiedenen Verbindungen, die ereingehen kann. So kann er z. B. sehr lange, aberauch verzweigte Verbindungen bilden. Dabeigibt es unterschiedliche Stoffgruppen:

Bei den Alkanen sind die C-Atome immer miteiner Einfachbindung aneinander gebunden undan den anderen zwei (wenn der Kohlenstoff ineiner Kette ist) bzw. drei (wenn ein Kohlen-stoff am Ende einer Kette ist) Außenelektronenbinden sie ein Wasserstoffatom. So entsteht diehomologe Reihe der Alkane.

Wenn in einem Kohlenwasserstoffmolekül eineoder mehrere Doppelbindungen vorkommenso nennt man sie Alkene. Sie haben ähnlicheNamen wie die Alkane, nur enden sie statt auf-an auf -en. Ein Beispiel ist Ethen.

Wenn die Kohlenstoffe untereinander eine Drei-fachbindung eingehen, so spricht man von Al-kinen (z. B. Ethin). Alle Alkine haben die En-dung -in. Alkane, die die gleiche Anzahl an Koh-lenstoffen besitzen, aber verzweigt sind, nenntman Isomere. Zum Beispiel gibt es das norma-le Butan (n-Butan) und das Isobutan. Beidesmal haben wir eine Summenformel von C4H10,jedoch sind die Kohlenstoffe beim n-Butan ineiner langen Kette angeordnet und beim Iso-butan verzweigt. Wenn sich die Kohlenstof-fe ringförmig anordnen, so spricht man vonCycloalkanen/-enen/-inen. Ein Beispiel hierfürist das Cyclohexan.

Mesomerie

Bei manchen Molekülen können wir die Elek-tronenverteilung nicht genau bestimmen, daman sie nicht eindeutig einem Atom oder ei-ner Atomgruppe zuordnen kann. Zum Bei-spiel sieht man auf der Abbildung 1,3-Buta-dien. Hier kann es sein, dass die π-Elektronen(das zweite-Paar an Bindungselektronen) derersten Bindung auf die mittlere Bindung um-klappen. Jetzt müssen die π–Elektronen derletzten Bindung auch verschoben werden, dasonst der dritte Kohlenstoff fünf Bindungenhätte, was auf Grund des Atommodells nichtmöglich ist. Also klappen diese auf das dritteKohlenstoffatom.Umso mehr mesomere Grenzformeln ein Mo-lekül bilden kann, umso stabiler ist es, da esseine Elektronen umlagern kann und es nichtzu einem lokalen Elektronenüberschuss kommt,was eine Instabilität zur Folge hätte. Wenn einringförmiges Molekül eine bestimmte Anzahlan Wasser- und Kohlenstoffatomen hat undvollständig durchkonjungierbar ist, wird es Aro-mat genannt. Ein Beispiel hierfür ist der Ben-zolring: ein Ring mit sechs Kohlenstoffen undsechs Wasserstoffen, wobei die Kohlenstoffe im-mer abwechselnd mit einer Einfach- bzw. Dop-

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KURS 2 – CHEMIE

pelbindung gebunden sind. Die π–Elektronenkönnen so immer zwischen den verschiedenenMöglichkeiten hin- und herklappen. Die Elek-tronen sind sozusagen über den ganzen Ring„verschmiert“.

Funktionelle Gruppen

Funktionelle Gruppen hängen sich an ein Al-kan/-en/-in anstelle eines H-Atoms bzw. sieersetzten ein Wasserstoffatom davon. Sie prä-gen die Eigenschaften und das Reaktionsver-halten von Molekülen entscheidend. Es gibtsehr viele verschiedene funktionelle Gruppen.Ich werde hier aber nur die vorstellen, die wirbrauchen, um die von uns hergestellten Stof-fe Paracetamol und ASS sowie Nifedipin undMethylorange genauer zu betrachten.

Die Hydroxylgruppe der Alkohole: Das R stehthierbei für einen Rest (außer einem H-Atom!).Das kann zum Beispiel eine Kohlenwasserstoff-kette sein. An diese sind ein Sauerstoffatomund an dieses wiederum ein Wasserstoffatom

angehängt. Diese Gruppe verleiht dem Molekülpolare Eigenschaften was zum Beispiel zur Bil-dung von Wasserstoffbrücken führen kann, diein der Natur eine entscheidende Rolle spielenkönnen.In der Gruppe der Amine gibt es verschiedeneUntergruppen. Wenn zwei der Reste Wasser-stoffatome sind, liegt ein primäres Amin vor.Bei einem Wasserstoff spricht man von einemsekundären Amin und wenn kein Rest ein Was-serstoff ist, dann wird es tertiäres Amin ge-nannt.Die Amidgruppe besteht aus einem Kohlenstof-fatom, an dem sowohl ein Sauerstoffatom miteiner Doppelbindung gebunden ist, als auch einStickstoffatom und daran ein Wasserstoffatom.An dem C- und dem N-Atom liegt hierbei jeein Rest an.Die Estergruppe besteht aus einem Kohlenstof-fatom und zwei Sauerstoffatomen, wobei andem Kohlenstoff und an einem Sauerstoff jeein Rest hängt. Die Carboxygruppe ist der Es-tergruppe sehr ähnlich: Hier wird für den Restam C-Atom ein Wasserstoffatom eingesetzt.Die Nitrogruppe: NO2. Hier ist die Position derDoppelbindung nicht sicher feststellbar (sieheMesomerie). Die Gruppe der Peroxide bestehtaus zwei Sauerstoffatomen und je einem Restdaran. Azogruppen bestehen aus zwei mit einerDoppelbindung verbundenen Stickstoffatomen.Das soll als Theorie genügen, wir fangen mitdem eigentlichen Konsumieren an.

AcetylsalicylsäureLaura Gonzalez, Miriam Welser

Geschichte

Acetyl – Salicyl – Acetyl – Salicyl – Acetyl –Salicyl – Säure! Unser Schlachtruf vom Sport-fest hat eine lange Geschichte: Schon in derAntike wusste man von der schmerzlinderndenWirkung der Weide und selbst bei Tieren gibtes Funde, die zeigen, dass jene sich selbst mitWeidenrinde behandeln. Der Grund: Die Wei-denrinde enthält Salicylsäure. Der Vater desChemikers Dr. Felix Hoffmann musste gegen

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KURS 2 – CHEMIE

seine Rheumakrankheit Natriumsalicylat ein-nehmen. Die Salicylsäure jedoch bringt starkeNebenwirkungen mit sich, weshalb Hoffmannjene durch chemische Modifikation reduzierenwollte.Erstmals wurde die Acetylsalicylsäure (kurzASS) 1835 von Charles Frédéric Gerhardt her-gestellt. Diese war jedoch noch nicht chemischrein und deshalb auch nicht haltbar. Am 10. Au-gust 1897 gelang es schließlich Dr. Felix Hoff-mann und Arthur Eichengrün, die ASS zum ers-ten Mal in chemisch reiner und stabiler Form zusynthetisieren. Heute gilt allein Felix Hoffmannals Erfinder. Schon eineinhalb Jahre später, am6. März 1899 kam die Acetylsalicylsäure unterdem Namen „Aspirin“ von der Firma Bayer aufden Markt. Der Name leitet sich vom EchtenMädesüß, einem salicylhaltigen Rosengewächs,ab. Zu Beginn wurde es als Pulver verkauft,doch bereits um das Jahr 1900 in Tablettengepresst. Heute ist die Acetylsalicylsäure auchoft in Kombination mit anderen Wirkstoffenerhältlich und ist eines der am häufigsten ver-wendeten Schmerzmittel. Erst 1971 wurde derWirkungsmechanismus entdeckt und auch heu-te wird noch an der ASS geforscht.

Pharmakologie

Das Wort Pharmakologie kommt aus dem Grie-chischen und ist die Wissenschaft der Wech-selwirkung zwischen Lebewesen und Stoffen.Was genau macht aber Acetylsalicylsäure, auchkurz ASS genannt, im Körper? Gute Frage,denn man sollte ja wissen bei welchen Schmer-zen man dieses Schmerzmittel einnehmen kann.ASS hemmt die Cyclooxygenase (Moleküle, dieverschiedene Botenstoffe herstellen), weshalbdie Botenstoffproduktion reduziert wird, sodassSchmerzen nachlassen, Entzündungen zurück-gehen und die Blutungsneigung steigt.Der Wirkungsmechanismus von ASS funktio-niert nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. Hierentspricht die Cyclooxygenase dem Schloss unddas ASS dem Schlüssel. Wenn man Acetylsa-licylsäure einnimmt, geht der „Schlüssel“ indas passende „Schloss“. Die Cyclooxygenasewird hierbei irreversibel gehemmt, d. h. dass der„Schlüssel“ im „Schloss“ abbricht. Die Acetylsa-licylsäure bleibt zum Teil in der Cyclooxygen-

ase, weshalb das Protein (aus Aminosäuren auf-gebaute biologische Makromoleküle) zerstörtwird.

ASS hemmt …

… Blutgerinnung

… Entzündungen, Schmerzen

ASS

ASS

Cyclooxygenase

Dabei überträgt die Acetylsalicylsäure bei derHemmung einen Acetylrest auf einen Amino-säurerest kurz vor dem aktiven Zentrum. Da-durch kann dieses aktive Zentrum nicht mehrerreicht werden, und das Protein wird dauer-haft deaktiviert.Auch auf den Blutplättchen (Thrombozyten)ist die Cyclooxygenase wichtig, sie reguliertdie Fähigkeit der Blutplättchen zu verklumpen.Die ASS hemmt diesen als Thromboxan-Wegbezeichneten Mechanismus und dadurch auchdie Blutgerinnung.

Toxikologie

Die Toxikologie ist die Lehre von den Giftstof-fen, den Vergiftungen und deren Behandlung.Aber was hat die Giftigkeit mit dem „Jahrhun-dert-Pharmakon“ ASPIRIN® zu tun, dessenWirkstoff Acetylsalicylsäure ist?Auch ASS wirkt bei zu hoher Dosierung giftig.Aber wann ist ein Stoff giftig? Die Toxizität(Giftigkeit) eines Stoffes hängt mit der Kon-zentration des betreffenden Stoffes zusammen.Manche Substanzen wirken in geringen Mengengünstig auf den Körper, können aber in höhe-ren Konzentrationen sehr gefährlich werden.Hier spricht man von der Dosierung. Die Do-sierung von Medikamenten steht auf dem Bei-packzettel. Die längerfristige Einnahme diesesSchmerzmittels kann zu Schwindel, Übelkeit,eingeschränktem Hörvermögen, Sehstörungenund Ohrensausen führen. Die soeben genann-ten Nebenwirkungen verschwinden aber wieder,sobald das Medikament ganz abgesetzt oderdie Dosis reduziert wird.Die auf dem Beipackzettel genannte Höchst-menge von ASS liegt bei 4 g pro Tag. Wenn

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KURS 2 – CHEMIE

man diesen Hinweis nicht ernst nimmt, könnensogar lebensgefährliche (!) Folgen auftreten. InLebensgefahr schwebt man, sobald die Einzel-dosis von 10 g eingenommen wurde. Der pH-Wert des Körpers verschiebt sich nach unten,und er übersäuert (metabolische Azidose). Manspricht von einer Vergiftung. Erste Beschwer-debilder einer Vergiftung zeigen sich in denersten zwei Tagen nach der Einnahme. Manbekommt Fieber, einen nachlassenden Appetit,leidet an Gesichtsblässe, Übelkeit und an Er-brechen. Auch sind erhöhte Leberwerte im Blutmessbar und eine gesteigerte Atmung tritt auf,welche schlimmstenfalls zu einer Atemlähmungführen kann.Ein weiterer und wichtiger Aspekt ist, dass ASSkurzfristig schmerzstillend, aber längerfristigauch „blutverdünnend“ wirkt. Die Bezeichnung„Blutverdünner“ ist irreführend, da dieses Mit-tel das Blut nicht dünner im Sinne einer gerin-geren Viskosität (Maß für die Zähflüssigkeit)macht, sondern, dass das Blut langsamer ge-rinnt. Wegen dieser Nebenwirkung müssen oftoperative Eingriffe in Kliniken abgesagt wer-den, wenn der Patient zuvor ASPIRIN® ein-genommen hat. Die Folgen der „Blutverdün-nung“ können fatal sein, da die Blutung dannnicht rechtzeitig gestoppt werden kann. Auf-grund dessen kann ein großer Blutverlust zueinem Herzkreislaufschock, zur Bewusstlosig-keit, Unterzuckerung, zu schweren Entgleisun-gen des Säure-Basen-Haushaltes, zur Gewebe-zerstörung und letzten Endes auch zum Todführen.Toxikologie ist wie oben beschrieben nicht nurdie Lehre von Giftstoffen und den Vergiftun-gen. Auch die Behandlungen von Vergiftungengehört zur Toxikologie. Wenn keine schnelleärztliche Therapie erfolgt, so besteht in gut10% aller ASS-Vergiftungen die Möglichkeiteines bleibenden Leberschadens, woran wieder-um etwa 20% der Betroffenen versterben. Et-was seltener kann es auch zu Nierenversagenkommen. Man behandelt den Patienten je nachAusmaß der Vergiftung in einer Intensivstation.In den ersten Stunden nach der Medikament-Einnahme wird versucht, das Gift über einenMagenschlauch zu entfernen. Auch durch ei-ne medikamentöse Verschiebung des pH-Wertsdes Urins in den alkalischen Bereich wird die

Ausscheidung der ASS gefördert. Weitere Ver-giftungserscheinungen werden symptomatischbehandelt, z. B. künstliche Beatmung bei Atem-störungen oder eine Dialyse bei akutem Nie-renversagen, d. h. dass das Blut außerhalb desKörpers gereinigt wird.

Synthese

Am Eröffnungswochenende haben wir die Syn-these der Acetylsalicylsäure durchgeführt. DerAufbau sah dabei wie folgt aus: An einem Sta-tiv haben wir einen Dreihalskolben befestigt.Einer der Hälse wurde mit einem Glasstopfenverschlossen und in dem mittleren Hals wur-de ein Rückflusskühler angebracht, der dafürsorgen sollte, dass entstandene Gase abgekühltwerden und in flüssiger Form zurück in denDreihalskolben fließen können. Um die Tempe-ratur der Flüssigkeit zu messen, haben wir einThermometer im dritten Hals befestigt. DasHeizgerät wurde auf einen Laborboy gestellt,damit man die Höhe dem Kolben anpassenkann.Zuerst haben wir 10 g Salicylsäure in den Drei-halskolben gegeben und 20ml Essigsäurean-hydrid mit einer Pipette dazu getropft. An-schließend wurden die beiden Stoffe von unsdurch Schwenken des Kolbens vermischt. So-bald nun die 10 Tropfen konzentrierte Schwe-felsäure (Sehr Ätzend! Dürfen nur Kursleiteranwenden!), die als Katalysator dient auf dieanderen Substanzen traf, begann die Reaktion.Aus weißen bzw. durchsichtigen Ausgangssub-stanzen wurde eine bräunliche Flüssigkeit.Nun musste man den Inhalt des Kolbens für30min auf 70–80 ◦C erhitzen. Danach wurdedie Substanz ca. 5min bei Raumtemperaturabgekühlt und in Wasser gestellt. Sie kühlteschließlich in Eiswasser endgültig ab, wobei sieauskristallisierte. Daraufhin haben wir den Kol-beninhalt abgenutscht. Dabei filtrierten wir dieKristalle unter Unterdruck durch einen Büch-nertrichter mit Hilfe einer Saugflasche, die aneine Wasserstrahlpumpe angeschlossen war, ab.Dazu goss man die Flüssigkeit mit den Kris-tallen oben in den Büchnertrichter, in dem 2Filterpapiere lagen. Durch den Unterdruck ausder Wasserstrahlpumpe wird die gesamte Flüs-sigkeit abgesaugt und die Kristalle bleiben im

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KURS 2 – CHEMIE

Filterkuchen. Während der zwei Wochen inden Sommerferien haben wir die Substanzenerneut umkristallisiert, um sie aufzureinigen,da wir durch verschiedene Nachweismethodenfeststellen mussten, dass einige Verunreinigun-gen enthalten waren.

Natürlich haben wir nicht nur im Labor gear-beitet, sondern auch Theorie gebüffelt, um zuverstehen, was bei den Synthesen im Kolben

überhaupt vorgeht: Bei der Acetylsalicylsäu-re reagiert zunächst das Essigsäureanhydridmit einem H+-Ion des Katalysators, also derSchwefelsäure. Das freie Elektronenpaar amSauerstoff geht eine Verbindung mit diesemIon ein. Dabei entsteht ein Zwischenprodukt,bei dem der Sauerstoff positiv geladen ist.

Da dies chemisch sehr ungünstig ist, klappt einElektronenpaar der Doppelbindung zwischendem Sauerstoff und dem Kohlenstoff zum Sau-erstoff. Nun hat zwar der Kohlenstoff eine po-sitive Ladung, was aber immer noch besser istals ein positiv geladener Sauerstoff. Dieses Zwi-schenprodukt reagiert nun mit der Salicylsäure.Eines der beiden freien Elektronenpaare amSauerstoff der Salicylsäure geht eine Verbin-dung mit dem positiven Kohlenstoff des ande-ren Moleküls ein. Nachdem der inzwischen po-sitive Sauerstoff das Bindungselektronenpaarzum Wasserstoff zu sich umgeklappt hat, gehtder Wasserstoff erneut eine Bindung ein, dies-mal mit einem anderen Sauerstoff. Daraufhinspaltet sich Essigsäure von dem großen Molekülab.

Beim übriggebliebenen Molekül löst der Sau-erstoff die Bindung zum Wasserstoff und dasElektronenpaar klappt weiter zu einer Doppel-bindung zwischen Sauerstoff und Kohlenstoff.Das Endprodukt Acetylsalicylsäure ist entstan-den und der Katalysator wie erwünscht wiederfreigesetzt.

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Page 39: Dokumentation 2013

KURS 2 – CHEMIE

ParacetamolNiklas Boltz, Tobias Kaiser

Paracetamol, chemisch N -Acetyl-para-amino-phenol, ist ein schmerzlindernder und fiebersen-kender Arzneistoff aus der Gruppe der Nicht-Opioid-Analgetika. Paracetamolhaltige Medi-kamente gehören zu den am häufigsten verwen-deten Schmerzmitteln auf der Welt.

Geschichte

1878 beschrieb Harmon Northrop Morse erst-mals die Herstellung von Paracetamol, als Pro-dukt der Reduktion von p-Nitrophenol mit Zinkin konzentrierter Essigsäure. Josef von Meringsetzte 1887 Paracetamol zum ersten Mal als Me-dikament ein, dies wurde jedoch von der Öffent-lichkeit wenig beachtet. Viel wichtiger wurdendafür Acetanilid und Phenacetin, zwei Substan-zen, die mit Paracetamol verwandt sind. Jedochblieben die neuen Erkentnisse über Paraceta-mol als Metabolit der beiden Stoffe weiterhinohne Aufsehen. Erst nach dem zweiten Welt-krieg, als Bernard B. Brodie und Julius Axelrod1948 die schmerzlindernde Wirkung von Aceta-nilid und Phenacitin eindeutig auf Paracetamolzurückführen konnten, schaffte der Wirkstoffden Durchbruch und wurde 1955 erstmals ineinem Arzneimittel verwendet. Seit 1956 istParacetamol als Tablette mit 500mg Wirkstofferhältlich. Zu Beginn war der Arzneistoff re-zeptpflichtig, heute ist er in geringen Dosenrezeptfrei erhältlich.

Pharmakologie & Toxikologie

Der genaue Wirkungsmechanismus von Para-cetamol ist bis heute nicht geklärt, relativ ge-sichert sind folgende Annahmen:

Paracetamol wirkt fiebersenkend . . . :Bei Anwesenheit von Fieber erzeugendenbakteriellen Bestandteilen wird das Cyclo-oxygenase-2-System (COX-2) vermehrt ak-tiviert, infolge dessen wird eine größere Men-ge Prostaglandin (PGE2) produziert, wel-ches die Thermorezeptoren im Hypothala-mus (Zwischenhirn) reizt und somit zur Soll-werterhöhung der Körpertemperatur führt.

Paracetamol kann als nicht-saures Analgeti-kum sehr leicht ins Zentrale Nervensystem(ZNS) gelangen, dort die Cyclooxygenasehemmen, und somit Fieber senken.

. . . und schmerzlindernd: Auch hier wird derEffekt auf die COX-Hemmung im ZNS zu-rückgeführt, da entstehende Prostaglandinedie Schmerzrezeptoren sensibilisieren undParacetamol deren Produktion verringert.

. . . nicht entzündungshemmend: Im Gegen-satz zu sauren Analgetika wie z. B. Ace-tylsalicylsäure wirkt Paracetamol nicht ent-zündungshemmend, weil keine ausreichen-de Menge Paracetamol (bei therapeutischerDosierung) ins entzündete Gewebe gelangt.

. . . nicht gerinnungshemmend: Das COX-1-System wird nur geringfügig beeinflusst, da-her ergeben sich auch keine Auswirkungenauf die Thrombozyten (Blutplättchen) imGegensatz zur Acetylsalicylsäure.

Paracetamol wird in der Leber abgebaut undwirkt, vor allem bei überhöhter Dosis, leber-und nierentoxisch. Der Großteil wird zu Sulfatund Glucuronid inaktiviert, ein Bruchteil (2%)wird unverändert ausgeschieden, ein kleiner Teil(4%) wird über das Cytochrom P-450-Enzym-System abgebaut. Dabei entsteht der hochre-aktive Stoff N -Acetyl-p-benzochinonimin, dernormalerweise durch Glutathion entgiftet wer-den kann.

Ist aber wenig oder gar kein Glutathion vor-handen, weil der Vorrat z. B. durch Überdo-sierung aufgebraucht ist, reagiert N-Acteyl-p-benzochinomin mit Leberzellproteinen, und eskommt zum Absterben der Leberzellen. Beider Einnahme von mindestens 10–12 g Para-cetamol einmalig oder 7,5 g/Tag über längereZeit treten schwerste Schädigungen auf. Die

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KURS 2 – CHEMIE

Maximaldosis beträgt bei einem Erwachsenen4 g/Tag.

Leberzellnekrosen (Absterben von Leberzel-len) entstehen verstärkt bei der gleichzeitigenEinnahme von Alkohol und Paracetamol, dadurch den Alkohol vermehrt Paracetamol durchdas Cytochrom P-450-Enzym-System abgebautwird, somit mehr N -Acetyl-p-benzochinominentsteht und die Glutathionreserve schnelleraufgebraucht ist.Zusätzlich hemmt Paracetamol wie viele ande-re Schmerzmittel die Durchblutung der Niere,wodurch Nierengewebe abstirbt, dies geschiehthauptsächlich bei langer hochdosierter Einnah-me.Als Antidot bei Überdosierung wird Acetylcys-tein gegeben, denn es fördert die Bildung vonGlutathion.Nebenwirkungen treten bei der Einnahme vonParacetamol selten auf. Zu den häufigsten un-ter ihnen gehören allergische Reaktionen undAnalgetika-Asthma, das aber im Vergleich mitASS deutlich seltener auftritt.Der Wirkstoff sollte auf keinen Fall bei Über-empfindlichkeit, schweren Leberfunktionsstö-rungen oder chronischem Alkoholmissbraucheingenommen werden.Bei Verwendung von Paracetamol in der Spät-schwangerschaft erhöht sich, neueren Studienzufolge, das Asthma-Risiko des Kindes, bei Ein-nahme während der Stillzeit sind keine uner-wünschten Wirkungen bekannt.Nachdem wir uns ausführlich mit der Pharma-kologie und Toxikologie befasst hatten, wand-ten wir uns jetzt der Herstellung des Paraceta-mols zu.

Synthese

Passend zu unsrem Kursthema „Forschung fürunsere Gesundheit“ synthetisierten wir am Er-öffnungswochenende zwei Arzneistoffe, einerdavon war Paracetamol.

Für seine Synthese benötigt man Acetanhy-drid, auch Essigsäureanhydrid genannt, para-Aminophenol, abgekürzt p-Aminophenol, Ak-tivkohle sowie demineralisiertes Wasser. Derkomplette Synthesevorgang muss unter demAbzug durchgeführt werden, da giftige oderumwelt- und gesundheitsschädliche Dämpfeentstehen können.

In einen 500ml Dreihalskolben geben wir 33 g p-Aminophenol, die in 100ml demineralisiertemWasser suspendiert werden, sowie einen Rühr-fisch. Der mittlere Hals des Dreihalskolbenswird an einem Stativ befestigt, dann wird einHeizgerät mit integriertem Magnetrührer unterden Kolben gestellt. Auf den mittleren Halswird ein Rückflusskühler gesetzt, durch denaufsteigende Gase kondensieren und dadurchin den Kolben zurückfließen. Der Rückfluss-kühler wird mit einer Drahtklemme am Kol-ben gesichert und mit einer Klemme am Stativbefestigt. Dann wird der Rückflusskühler aneinen Wasserkreislauf angeschlossen, sodass einlangsamer Wasserdurchfluss gewährleistet ist.Die obere Öffnung des Rückflusskühlers bleibtoffen.

Als nächstes befestigten wir an der linken Öff-nung ein Schliffthermometer, das auch wiedermit einer Drahtklemme gesichert und am Sta-tiv befestigt wird. Das untere Ende muss indie Suspension ragen, damit deren Temperaturbestimmt werden kann. Das Thermometer darfaber nicht zu weit hineinragen, sonst könnte esdurch den sich drehenden Rührfisch zerbrochenwerden. Auf den letzten freien Hals wird einTropftrichter aufgesetzt, der ebenfalls gesichertund am Stativ befestigt wird. Der Tropftrichterwird mit 37ml Acetanhydrid befüllt, die späterlangsam hinzugetropft werden.

Jetzt begann die eigentliche Synthese: Wirschalteten das Heizgerät ein, zuerst aber nurdie Rührfunktion, sodass sich der Rührfischmäßig schnell drehte und die Suspension ausWasser und p-Aminophenol trüb wurde. Nun

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ließen wir das Acetanhydrid dazu tropfen, aller-dings leckte unser Tropftrichter und so musstenwir es innerhalb von fünf anstatt von 15 Minu-ten dazu geben. Das Gemisch erwärmte sichwährend diesem Vorgang. Jetzt heizten wirauf 80–90 ◦C hoch. Nach dem Erreichen dieserTemperatur musste sie für weitere 15 Minutengehalten werden, ohne das Rühren zu unter-brechen. Danach nahm man den Kolben vomHeizgerät und holte den Rührfisch mit einemRührfischentferner aus dem Kolben. Damit sichKristalle bilden, ließen wir den Kolben für zehnMinuten in einem Eisbad stehen. Durch dasAbkühlen wurde die Löslichkeit des Stoffs ge-senkt, wodurch es zur Auskristallisation kam.Die entstandenen Kristalle wurde abgenutscht.Um Unreinheiten zu entfernen, kristallisierteman das Paracetamol noch um. Dazu lösteman die Kristalle in 220ml demineralisiertemWasser in einem Becherglas, indem das Ge-misch nochmal auf 90 ◦C erwärmt und mit ei-nem Rührfisch gerührt wurde. Anschließendgab man 5 g Aktivkohle hinzu und ließ diesehomogen suspendieren. Die Aktivkohle wur-de auch mit einem Büchnertrichter abfiltriert.Danach stellte man die Lösung wieder in Eis-

wasser, wodurch sich wieder Kristalle bildetenund filtrierte diese erneut ab, wie es schon obenbeschrieben ist. Damit wirklich die komplet-te Flüssigkeit entfernt wird, drückte man miteinem umgedrehten Glasstopfen auf das Para-cetamol im Büchnertrichter, gab es dann auf ei-nem Uhrglas in den Trockenschrank und trock-net dieses dann bei 120 ◦C bis zur Massenkon-stanz. Als letzten Schritt kann man es mörsernoder direkt in ein Glas zum Aufbewahren ge-ben.

Jetzt stellt sich für uns die Frage, was über-haupt chemisch gesehen passiert ist und wieman das erklärt:Die Ausgangsstoffe para-Aminophenol (p-Ami-nophenol) und Essigsäureanhydrid (Acetanhy-drid) sollen zu Reaktion gebracht werden. DerStickstoff in der Aminogruppe des p-Amino-phenols hat eine negative Partialladung, da erdie Elektronen der an ihn angrenzenden Was-serstoffe zu sich zieht. Im Gegensatz dazu hateiner der Kohlenstoffe des Acetanhydrid seinepositive Partialladung, da die zwei angrenzen-den Sauerstoffe seine Elektronen von ihm wegziehen.Diese beiden Partialladungen ziehen sich an,verbinden sich allerdings erst unter Energie-zufuhr, in unserem Fall in Form von Wärme.Das entstandene Produkt hat eine positive La-dung am Stickstoff und eine negative Ladungan einem der Sauerstoffe des Acetanhydrids.Deshalb holt sich dieser den Wasserstoff, deran den Stickstoff angrenzt. Der Stickstoff be-hält das Elektron und der Wasserstoffkern (dasProton) wandert zum Sauerstoff, sodass beideihre Ladung ausgleichen können.Das jetzt entstandene Molekül ist allerdingsnicht stabil. Deshalb spaltet sich der Sauer-stoff zwischen den beiden Kohlenstoffen ab,wird negativ geladen und nimmt dem ande-ren Sauerstoff wiederum das Proton, das dieser

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im vorherigen Schritt selbst an sich gebundenhat. Dieser andere Sauerstoff hat jetzt eine ne-gative Ladung, der angrenzende Kohlenstoffeine positive. Deshalb bilden sie eine Doppel-bindung mit dem einen überschüssigen Elek-tron des Sauerstoffs aus. Es entstehen unserebeiden Endprodukte, Paracetamol (C8H9NO2)und Essigsäure (C2H4O2).Nun hatten wir unsere beiden Stoffe hergestelltund haben uns gefragt, wie viel Substanz beider Synthese entstanden ist. Diese Ausbeutewerden wir nun berechnen.

Berechnung der Syntheseausbeu-te

Marvin Kreft

Um die Ausbeute zu berechnen, muss man dieEdukte und das Produkt bzw. die Produktekennen. Außerdem muss noch bekannt sein,wie viel man von diesen Stoffen benutzt undnach dem Versuch erhalten hat.

Acetylsalicylsäure

Reaktionsgleichung:Acetanhydrid + Salicylsäure → ASS + Essig-säureMengen:Acetanhydrid: 20ml; Salicylsäure: 10 g; Pro-dukt 1: 7,4 g; Produkt 2: 12 g; Produkt 3: 7 gDichte von Acetanhydrid: 1,08 g/mlMolmasse von Acetanhydrid: 102,09 g/molMasse von 20ml Acetanhydrid:1,08 g/ml · 20ml = 21,6 g

Stoffmenge n = m/M

= 21, 6 g102, 09 g/mol

= 0, 212mol

Molmasse von Salicylsäure: 138,12 g/moln = m/M = 10 g/138,12 g/mol = 0,072molDadurch, dass Acetanhydrid mit Salicylsäureeins zu eins reagiert, können auch max. nur0,072mol ASS entstehen. Das liegt daran, dass

wir nur 0,072mol Salicylsäure für den Versuchverwendet haben. Das wird als theoretischeAusbeute bezeichnet.Molmasse von ASS: 180,16 g/mol

Masse von ASS = n ·M= 0, 072mol · 180, 16 g/mol= 12, 97 g

Die theoretische Ausbeute von ASS beträgt beidiesem Versuch 12,97 g.ASS (1): 7,4 g7,4 g/12,97 g = 57,1% AusbeuteASS (2): 12 g12 g/12,97 g = 92,5% AusbeuteASS (3): 7 g7 g/12,97 g = 54% AusbeuteDiese Werte sind grundsätzlich nicht schlechtfür die Voraussetzungen, die wir hatten. Jedochweicht die berechnete Ausbeute von ASS (2)stark von den anderen ab und scheint sehrunwahrscheinlich hoch zu sein. Wahrscheinlichwar dieses Produkt noch zu sehr verunreinigt.

Paracetamol

Reaktionsgleichung:p-Aminophenol + Essigsäureanhydrid → Pa-racetamol + EssigsäureMengen:p-Aminophenol: 33 g; Acetanhydrid: 37ml; Pro-dukt 1: 27,5 g; Produkt 2: 34,9 gDichte von Acetanhydrid: 1,08 g/mlMolmasse von Acetanhydrid: 102,09 g/molMasse von 37ml Acetanhydrid:1,08 g/ml · 37ml = 39,96 g

Stoffmenge n = m/M

= 39, 96 g102, 09 g/mol

= 0, 391mol

Molmasse von p-Aminophenol: 109,13 g/moln = m/M = 33 g/109,13 g/mol = 0,302molAuch hier reagiert p-Aminophenol mit Acetan-hydrid eins zu eins. Bei diesem Versuch können

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wir max. nur 0,302 mol Paracetamol erhalten,weil wir nur 0,302mol p-Aminophenol verwen-deten.Molmasse von Paracetamol: 151,16 g/mol

Masse von Paracetamol = n ·M= 0, 302mol · 151, 16 g/mol= 45, 65 g

Die theoretische Ausbeute von Paracetamolliegt bei diesem Versuch bei 45,65 g.Paracetamol (1): 27,5 g27,5 g/45,65 g = 60,2% AusbeuteParacetamol (2): 34,9 g34,9 g/45,65 g = 76,5% AusbeuteUnsere Ausbeute ist ziemlich gut für die ge-gebenen Voraussetzungen. Allerdings kann esgerade deshalb auch bei dieser Synthese nochein wenig Verunreinigungen geben. Aufgrunddessen haben wir mehrere Nachweisversuchedurchgeführt. Im folgenden Abschnitt werdenwir diese genauer beschreiben.

Nachweise

KristallformJennifer Maier

Ein Kristall ist in der Regel ein Festkörper,dessen Bausteine Atome, Ionen oder Molekülesind. Diese sind nicht zufällig, sondern regelmä-ßig in einem Kristallgitter angeordnet. Unterdem Mikroskop besteht die Möglichkeit die un-terschiedlichen Formen der Kristalle zu unter-schieden. Anhand der Kristallform kann manerkennen zu welchem Kristalltyp eine Substanzgehört, oder ob die Substanz vielleicht aufgear-beitet ist, also zum Beispiel zermahlen wurde,was bei den industriell hergestellten Arzneimit-tel oft der Fall ist. Auch anhand von Bildernkann man verschiedene Stoffe miteinander ver-gleichen und gegebenenfalls den Stoff zu einerbestimmten Kristallform zuordnen.Je nach der Art der Kräfte, die die Kristal-le zusammenhalten, können wir sie wie folgtklassifizieren:

Ionenkristalle

Positiv und negativ geladene Ionen werdendurch elektrostatische Anziehung zusammenge-halten. Es handelt sich um starke Anziehungs-kräfte, weshalb die Ionenkristalle hohe Schmelz-punkte haben. Zudem sind sie hart und spröde.

Molekülkristalle

Die Moleküle im Kristall werden untereinandernur durch Dipol-Dipol-Kräfte zusammengehal-ten. Diese Kräfte sind um einiges schwächer alsdie elektrostatischen Kräfte in Ionenkristallen.Dementsprechend sind Molekülkristalle weichund haben niedrigere Schmelzpunkte, meistunterhalb von 300 ◦C.

Metallische Kristalle

Metall-Atome haben ihre Valenzelektronen aneine allen Atomen gemeinsam angehörendeElektronenwolke abgegeben. Die verbliebenenpositiv geladenen Ionen nehmen feste Plätzeim Kristall ein. Im Gegensatz zu den positi-ven Kernen können sich sie Elektronen in derWolke frei im ganzen Kristall bewegen.In unserem Versuch bildet die im Aspirin ent-haltene Acetylsalicylsäure flache bis nadelför-mige Kristalle.

Paracetamol ist ein weißer, kristalliner Feststoff,der in mindestens zwei verschiedenen Modifi-kationen vorkommt. Dies bezeichnet man alsPolymorphie, diese Eigenschaft ist von pharma-zeutischer Bedeutung, weil sie Auswirkungenauf die Verpressbarkeit des Arzneistoffs hat.Bei unserem zweiten Versuch mit Paracetamol

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konnten wir unter dem Mikroskop eckige Kris-talle sehen.

SchmelzpunktJennifer Maier

Beim Erwärmen einer kristallinen Substanzschmilzt diese stets bei derselben Temperatur,bei der die Flüssigkeit erstarrt. Der Schmelz-punkt ist dementsprechend die Temperatur, beider ein Stoff schmilzt, das heißt vom festen inden flüssigen Aggregatzustand übergeht. DieSchmelztemperatur ist jedoch fast nur abhän-gig vom Stoff und wird nur sehr wenig von demDruck beeinflusst, welcher bei der Bestimmungder Siedetemperatur grundlegende Veränderun-gen hervorbringen kann.In der qualitativen Analytik spielt die Bestim-mung des Schmelzpunktes einer Substanz einewichtige Rolle, da über den Schmelzpunkt vieleSubstanzen identifiziert werden können. DieReinheit von Stoffen kann qualitativ ebenfallsüber den Schmelzpunkt nachgewiesen werden.Selbst wenn es wenige Verunreinigungen gibt,sind von der Referenz abweichende Schmelz-punkte die Folge.Zur Bestimmung des Schmelzpunktes kannman die Apparatur nach Thiele verwenden.Bei dieser Apparatur wird die zu überprüfen-de Substanz in einen Kolben gegeben und ineinem Ölbad erhitzt, bis die Substanz schmilzt.Dann wird zum Zeitpunkt des Schmelzens dieTemperatur im Ölbad mit einem Thermometergemessen. Die ermittelten Werte können dannmit verschiedenen Substanzen verglichen wer-den oder wenn die Substanz schon bekannt istauf die Reinheit überprüft werden, indem miteiner Referenzsubstanz verglichen wird. Hierbeikann jedoch nur die Aussage getroffen werden,ob die Substanz rein oder nicht rein ist. Überdas Ausmaß oder die Beschaffenheit der Verun-reinigungen kann mit diesem Experiment keineAussage getroffen werden. Wir haben bei unse-rem Nachweis eine ähnliche Apparatur wie jenenach Thiele verwendet. Den Aufbau haben wiruns jedoch selbstständig überlegt. Ein wich-tiger Anhaltspunkt bei der Entwicklung desAufbaus der Apparatur war das Thermometer,da dieses nicht direkt in die Substanz gehalten

werden durfte, weil die Gefahr bestand, dassdas Thermometer kaputt gehen würde. Ausdiesem Grund mussten wir uns einen anderenAufbau überlegen.Bei der Durchführung haben wir bei unserenVersuchen bei Paracetamol einen Schmelzpunktim Temperaturbereich von 173–174 ◦C gemes-sen. Die Referenz hat eine Schmelztemperaturvon 174 ◦C. Somit lag der gemessene Schmelz-punkt im Bereich der Referenz, es sind alsokaum Verunreinigungen nachgewiesen worden.Bei der Acetylsalicylsäure lag der gemesseneSchmelzpunkt im Bereich von 133–144 ◦C, derReferenzwert liegt bei 135–139 ◦C. Aus diesemGrund sind auch hier nur minimale Tempe-raturunterschiede gemessen und somit kaumVerunreinigungen festgestellt worden. Der er-mittelte Schmelzpunkt liegt im Bereich des Re-ferenzwertes.

pH-Wert – Theorie und ErgebnisseWilliam Roberts

Theorie

Ein weiterer wichtiger Theorieteil, dem wir unsgewidmet haben war die Säure/Base-Theorie.Hierzu hielt Judith uns einen ausführlichenVortrag, dessen wichtigste Punkte hier kurzerklärt werden sollen.Säuren sind definiert als Stoffe, die in der Lagesind, Protonen (positiv geladenen Wasserstoffa-tome) an andere Stoffe abzugeben. Sie werdendaher auch als Protonendonatoren bezeichnet.Der Stoff, der die Protonen an sich bindet, istder Protonenakzeptor. Nach der Abgabe desProtons liegt nun ein Anion vor, die sogenann-te „konjugierte Base“, im Falle der Reaktionvon Chlowasserstoff und Wasser, ist der Chlor-wasserstoff die Säure, Wasser die Base.HCl + H2O → H3O+ + Cl–

Das Proton reagiert mit einem Wasseratom zueinem H3O+-Ion (das sogenannte Oxoniumi-on). Ohne Wasser kann diese Reaktion nichtstattfinden und die Wirkung der Säure bleibtaus. Interessant ist hierbei noch, dass man-che Säuren wie zum Beispiel die Schwefelsäure

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in der Lage sind, mehrere Protonen abzuge-ben. Mit jedem abgegebenen Proton wird dieLadung des Anions um eins negativer. DieseSäuren werden mehrprotonig genannt.Gegenstücke zu Säuren sind die Basen. Diesesind Protonenakzeptoren. Bei der Reaktion mitWasser nehmen sie dem Sauerstoff eines seinerWasserstoffatome weg, so dass sich ein OH–-Ion („Hydroxidion“) bildet. Die Base hat nunein Proton zu viel, wird zu einem Kation undwird nun die „Konjugierte Säure“ genannt.Wasser hat die Eigenschaft, selbstständig in Hy-droxidionen und Oxoniumionen und wieder inden Ausgangsstoff zu reagieren. Dieser Vorgangwird Autoprotolyse genannt. Auch in reinemWasser sind also stets diese Ionen enthalten.Um zu ermitteln, wie viele Ionen dabei in ei-nem Liter Wasser sind, ist leider eine ganzePalette an Berechnungen nötig. Wenn wir alsofür die Reaktion 2 H2O → H3O+ + OH– dieGleichgewichtskonstante bilden, so ergibt sichein sehr kleiner Wert, was bedeutet, dass dasGleichgewicht sehr weit auf der linken Seitedieser Reaktionsgleichung liegt.

Kc =cH3O+ · cOH−

cH2O2

Da die Konzentration des Wassers sich kaumändern wird, lässt sich diese Konzentrationmit der Konstante zu einer neuen Konstantemultiplizieren, dem sogenannten Ionenprodukt(KW). Dieses besteht aus dem Produkt derKonzentrationen an H3O+-und OH–-Ionen undliegt bei Raumtemperatur bei 10−14 mol2/l2.Da die Konzentration der Hydroxidionen mitder der Oxoniumionen gleichgesetzt werdenkann, lässt sich die tatsächliche Konzentrationder H3O+- bzw. OH–-Ionen einfach berechnen,indem man die Wurzel des Ionenproduktes bil-det. Sie beträgt (bei Raumtemperatur) exakt10−7 mol/l.Da sich solch große (oder auch kleine) Zahlen(beim Wasser beträgt die Oxoniumionenkon-zentrationen z. B. 0,000001mol/l) nur schlechtzur schnellen und übersichtlichen Verwendungeignen, wurde der negative dekadische Loga-rithmus der H3O+-Konzentration als pH-Wertdefiniert. Dieser besteht nur noch aus einereinfachen Zahl zwischen (in der Regel) 1 und

14. Je kleiner der pH-Wert, desto saurer dieLösung.

pH = − log10 cH3O+

Zur Ermittlung der pH-Wertes stehen verschie-dene Methoden zur Verfügung. Am einfachstenist sicher die Messung mit einer pH-Elektrode.Dabei braucht die Elektrode nur in die Lösunggehalten zu werden, wo sie die Leitfähigkeitmisst und daraus die Oxoniumionenkonzentra-tion und auch den pH-Wert sofort berechnetund anzeigt.Auch einige Indikatoren (wie z. B. Phenolph-thalein, Methylorange, Bromthymolblau undder beliebte Universalindikator) können denpH-Wert anzeigen. Während Universalindikato-ren allerdings bei jedem pH-Wert eine spezielleFarbe annehmen, haben die meisten Indikato-ren nur einen „Umschlagpunkt“, bei dem sichdie Farbe ändert. Methylorange beispielswei-se wird einfach ab einem Wert von unter ca.3,3 rot. Oft wird Indikatorpapier benutzt, einin Universalindikator getränktes Papier. DieseMethode ist zwar sehr schnell, gibt jedoch nureinen groben Überblick und ist recht ungenau.Sie ist jedoch vollkommen ausreichend, fallseine exakte Einstellung des pH-Wertes nichterforderlich ist.Ein weiterer wichtiger Begriff in diesem Zusam-menhang ist die Säure- bzw. Basenstärke. Nachder Definition von Broensted ist die Stärke ei-ner Säure die Tendenz, Protonen abzugebenund die der Base, diese aufzunehmen. Dabeiist die konjugierte Base einer Säure so schwach,wie die Säure stark ist und umgekehrt. Auchist die konjugierte Säure einer Base umso stär-ker, je schwächer die Base ist. Für die Stärkevon Säuren und Basen gibt es ebenfalls Wer-te, die pKS- bzw. pKb-Werte. Der pKb-Wertwird allerdings eher selten verwendet. Je klei-ner der pKS-Wert ist, desto mehr ist eine Säuredissoziiert (in Ionen zerfallen), desto stärkerist sie. Der pKS-Wert ist der negative deka-dische Logarithmus der Säurekonstante (KS),welche aus dem Quotienten des Produkts derOxoniumionenkonzentration mit der Chloridio-nenkonzentration und der Konzentration derSäure gebildet wird.

KS =cH3O+ · cCl−

cHCL

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pH-Messung der Syntheseprodukte

Auch die Messung des pH-Wertes stellte einenVersuch zur Überprüfung der Reinheit dar. Die-ser Wert gibt (wie gerade näher erklärt) an,wie sauer oder basisch sich eine Lösung verhält.Acetylsalicylsäure besitzt eine Carboxylgruppeam Benzolring, welche gut in der Lage ist, Pro-tonen abzuspalten. Daher reagiert sie deutlichsauer. Paracetamol besitzt dagegen eine phe-nolische Hydroxylgruppe. Diese Gruppe kannebenfalls Protonen abgeben, wenn auch nichtim selben Maße wie ASS. Es reagiert also sauer,sein pH-Wert sollte jedoch im reinen Zustandüber dem von ASS liegen. Vor allem eine Ver-unreinigung durch restliche Essigsäure könnteden Wert stark beeinflussen.Unsere Methode, den pH-Wert der Produktezu messen bestand darin, jeweils eine Spatel-spitze der Probe in 50ml Wasser aufzulösenund anschließend mit einer Glaselektrode denpH-Wert zu ermitteln.Zuerst haben wir die Werte der gekauften Rein-stoffe gemessen, um Referenzwerte zu haben.Die Messungen ergaben bei ASS einen pH-Wertvon 3,3 und bei Paracetamol 6,5, womit sich

unsere Hypothesen bezüglich des sauren Ver-haltens der Stoffe bestätigten.Die pH-Werte der von uns hergestellten Acetyl-salicylsäure lagen stets zwischen 3,3 und 3,5, sodass diese Messungen nicht auf nennenswerteVerunreinigungen schließen ließen.Unser Paracetamol hingegen wies Werte zwi-schen 5,2 und 5,3 auf, was auf Essigsäurever-unreinigung hindeutet, die bis zur Verwendungals Wirkstoff zur Applikation am Menschennoch entfernt werden müsste.

Nachweis auf phenolische Hydroxygrup-pen

Jennifer Maier

Warum wird ein Nachweis mit dem Eisen(III)-chlorid durchgeführt? Eisen(III)-chlorid ist einechemische Verbindung, die aus einem Eisen(III)-Ion und drei Chloridionen besteht. Die Lö-sung von Eisen(III)-chlorid hat eine gelblicheFärbung. Sie dient zum Nachweis einer odermehrerer freier phenolischer Gruppen. Phenolesind in der Chemie Verbindungen, die aus ei-nem aromatischen Ring und mindestens einerdaran gebundenen Hydroxygruppen bestehen.Im Gegensatz zu den Alkoholen reagieren ihrewässrigen Lösungen schwach sauer.Phenole können mit Eisen(III)-chloridionen imGegensatz zu Alkoholen farbige Komplexe bil-den. Diese Komplexe zeigen charakteristischeFarbveränderungen, welche blau, violett, grünoder sogar schwarz sein können. Diese Farb-reaktion wird schon seit über 2000 Jahren vonMenschen für die Herstellung von Tinte ge-nutzt. Natürlich kannte man damals die chemi-sche Zusammensetzung der Tinte noch nicht,geschweige denn die Struktur der farbgeben-den Moleküle. Heutzutage weiß man, dass dieschwarze Farbe der Tinte durch Komplexbil-dung zwischen den Eisen(III)-Ionen und denin der Tinte enthaltenen Phenolen und Poly-phenolen hervorgerufen wird.Diese Nachweisreaktion kann zur Unterschei-dung von Phenolen und Alkoholen verwendetwerden. Sie ist jedoch leider nicht spezifischfür Phenole, denn auch andere Benzolabkömm-linge und Enole sowie Carbonsäuren bildenmit Eisen(III)-Salzen farbige Komplexe. Beim

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Nachweis von Phenolen mit unserem selbsthergestellten Paracetamol ist der Nachweis po-sitiv ausgefallen, was durch die charakteristi-sche Blaufärbung der Lösung zu erkennen war.Die Blaufärbung beruht auf eine Komplexbil-dung von freien phenolischen Gruppen mitden Eisen(III)-chlorid Ionen. Die freien pheno-lischen Gruppen des Paracetamols lagern sichum das Eisen(III)-Ion an, der dadurch gebilde-te Komplex hat eine charakteristische, blaueFärbung. Somit ist die freie phenolischen Grup-pen beim Paracetamol nachgewiesen worden.Der positive Nachweis sagt jedoch nichts überdas Vorhandensein von Verunreinigungen aus.Dazu müssen weitere Nachweise durchgeführtwerden (zum Beispiel die Schmelzpunktbestim-mung).

Der Eisen(III)-chlorid-Nachweis fällt bei unse-rem selbst hergestellten Aspirin, welches Acetyl-salicylsäure als Wirkstoff enthält, positiv aus.Normalerweise sind bei der reinen Substanzkeine freien phenolischen Gruppen vorhanden,weshalb sich auch kein Komplex ausbildet unddie Lösung seine gelbe Anfangsfarbe beibehält.Da sich ein tiefroter Komplex ausbildete, konn-ten wir Verunreinigungen in der Substanz fest-stellen. Der Grund für die Verunreinigung ist,dass die bei der Synthesereaktion möglicherwei-se nicht voll umgesetzte Salicylsäure eine phe-nolische Gruppe aufweist und somit positiv aufdiesen Nachweis reagiert. Dabei platzieren sichwie beim Paracetamol die freien phenolischenGruppen der Salicylsäure um das Eisen(III)-Ion und bilden im Gegensatz zum Paracetamoleinen tiefroten Komplex. Nach erneuter Aufrei-

nigung durch Umkristallisation des Produktskann man den Nachweis wiederholen. Nun soll-te die Reinheit des Stoffes erhöht sein und derNachweis auf freie phenolische Gruppen mitEisen(III)-chlorid und Aspirin negativ ausfal-len.

DünnschichtchromatographieRebecca Kohlhaas

Die Chromatographie ist ein Verfahren, das dieAuftrennung eines Stoffgemisches durch unter-schiedliche Verteilung seiner Einzelbestandteilezwischen einer stationären und einer mobilenPhase erlaubt. Sie wird zur Isolierung oderReinigung von Substanzen benutzt.Schon zu Zeiten Aristoteles gab es mehrere Ver-fahren zur Meerwasseraufbereitung, die nachdem Verfahren einer Chromatographie funktio-nierten. Über die nächsten Jahrtausende hin-weg war die Chromatographie nur als Farb-auftrennungsmethode bekannt, bis Michael S.Twett im Jahr 1903 entdeckte, dass es auchandere Anwendungen der von ihm benann-ten Chromatographie gab. Weitere Entdeckun-gen machten 1941 die Herren A. J. P. Mar-tin und R. L. M. Synge. Sie erwähnten alserste die Möglichkeit einer Gas-Liquid-Chro-matographie. Später erhielten sie dafür einenNobelpreis in Chemie.Die Chromatographie kann man am besten miteinem Fluss vergleichen. Ein reißender Flusskann einiges an Treibgut mit sich führen. DieGeschwindigkeit, mit der das Treibgut weiter-bewegt wird, hängt von der Art des Treibgutes,von der Art des Flussbettes (raue Oberflächenerhöhen die Reibung des Treibguts und verrin-gern somit die Geschwindigkeit des Abtrans-ports) und von der Strömungsgeschwindigkeitab.Im übertragenen Sinn steht das Treibgut fürdie Substanzen, die man trennen möchte, dasWasser des Flusses für die sogenannte mobi-le Phase und das Flussbett für die stationärePhase. Während der Chromatographie geheneinzelnen Teilchen des Stoffes Wechselwirkun-gen mit der mobilen und der stationären Phaseein. Das heißt: entweder bleiben sie an der Plat-te haften, oder sie fließen mit dem Laufmittel

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mit. Dabei geht jede Teilchenart, die im Stoffvorhanden ist unterschiedlich viele Wechselwir-kungen ein und legt eine andere Distanz aufder Platte zurück.

Es gilt: Je unpolarer das Fließmittel ist, de-sto weniger wandern polare Substanzen, undumgekehrt.

Außerdem gehen polare Substanzen eher Wech-selwirkungen mit polaren stationären Phasenals mit weniger polaren ein. Anhand von diesenKriterien muss man auch die stationäre unddie mobile Phase aussuchen. Denn wenn mandie falschen Phasen auswählt, kann es sein, dassich der zu untersuchende Stoff nicht auftrennt,weil alle Verunreinigungen mit dem Reinstoffmitfließen.

Eine Art der Chromatographie ist die soge-nannte Dünnschichtchromatographie, kurz DC.Für eine DC benötigt man zusätzlich zu denzwei Phasen und dem zu trennenden Stoff eineChromatographiekammer (eine Art Glaskastenmit Deckel) und eine, oder mehrere Kapillaren,sehr dünne Glasröhrchen. Die stationäre Phaseist bei der DC eine feste Platte und die mobilePhase eine Flüssigkeit.

Wenn man alles beisammen hat, gibt man zu-erst die mobile Phase in die Chromatographie-kammer, verschließt diese und beschwert denDeckel mit einem Gewicht. Nun hat man ei-ne luftdichte Kammer, also ein geschlossenesSystem. Die Luft in diesem System sättigt sichnun mit der mobilen Phase, sodass die Ergeb-nisse nicht durch ein Verdampfen der mobilenPhase verfälscht werden. Dann löst man die zuuntersuchende Substanz in einem geeignetenLösungsmittel und hält die Kapillare in die Lö-sung, sodass etwas der gelösten Substanz dieKapillare hinaufsteigt, was aufgrund von Ka-pillarkräften automatisch passiert. Jetzt tipptman mit der Kapillare senkrecht auf die mo-bile Phase. Dabei wirken die Kapillarkräfte

und ziehen die Substanz aus der Kapillare aufdie mobile Phase. Achtung: Nicht zu nah amRand der mobilen Phase auftragen, sondernmindestens einen Zentimeter davon entfernt.Der Punkt, den man produziert, sollte so kleinwie nur möglich sein, damit auch Substanzenmit kleinen Unterschieden in ihrer Laufstreckegetrennt werden können. Oft macht man nebendem Punkt der zu untersuchenden Substanzauch noch einen Punkt mit der Lösung einesReinstoffes als Vergleich.Zudem sollte man eine waagerechte Linie aufdie stationäre Phase zeichnen. Diese Linie gehtdurch die Punkte, auf denen man Substanzaufgetragen hat und heißt Startlinie. Wenndies getan ist, muss man das restliche Lösungs-mittel verdunsten lassen, da es ansonsten dasErgebnis der DC verfälschen würde.Das obige Bild zeigt den gesamten Chroma-tographieprozess. Ganz links kann man einestationäre Phase erkennen, auf der drei unter-schiedlich große Substanzflecken (in violett)und die Startlinie aufgetragen sind. Diese sta-tionäre Phase wird in eine Chromatographie-kammer gestellt, in der das Fließmittel (in hell-blau) bereits vorhanden ist. Dann wird dieKammer verschlossen und mit der Zeit steigtdie mobile Phase die stationäre hinauf undtrennt dabei die violetten Substanzflecken inblaue und rote Flecken. In dem Bild kann mandeutlich erkennen, dass sich die roten Punk-te immer weiter am oberen Rand der statio-nären Phase befinden als die Blauen, also besservon der mobilen Phase mitgenommen werden.Ganz rechts im Bild sieht man die stationärePhase nach der Chromatographie. Sie wurdegetrocknet und die Fließmittelfront (die Obers-te Grenze des Fließmittels) in hellblau einge-zeichnet. Am rechten Rand wurden zudem dieAbstände von der Startlinie zu den blauen Fle-cken, den roten Flecken und der Laufmittelfrontmit Zahlen gekennzeichnet.

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Page 49: Dokumentation 2013

KURS 2 – CHEMIE

Die bei der Chromatographie entstandenenSubstanzflecken kann man nur selten sehen.Diese Flecken sichtbar zu machen nennt manDetektion. Am einfachsten geht dies mit UV-Licht. Es gibt stationäre Phasen, die unter ei-ner UV-Lampe floureszieren und bei denen dieStellen, an denen sich die Substanzflecken be-finden, nicht mehr leuchten, also als dunkleFlecken erscheinen. Allerdings muss man be-achten, dass die Floureszenzfarbstoffe, die da-für auf der Platte aufgetragen sind, nicht mitder mobilen Phase mitfließen, sondern auf derstationären Phase haften bleiben. Wenn diestationäre Phase nicht floureszierend ist, kannman sie vor der Chromatographie mit Reagen-zienlösungen besprühen, sodass sie UV-aktivwird.Eine weitere Detektionsmöglichkeit sind Farb-reaktionen, die man mithilfe von bestimmtenStoffen ablaufen lassen kann, die zum Nachweisbestimmter funktioneller Gruppen verwendetwerden. Auch Eigenschaften wie die Radioak-tivität von Stoffen können für die Detektionbenutzt werden.

L

S

Laufmittelfront

Substanzfleck

Startlinie

Im Bild kann man eine fertig chromatogra-phierte Substanz auf ihrer stationären Phaseerkennen. Der Substanzfleck ist in rot einge-färbt, die Startlinie unten und die Laufmittel-front oben jeweils mit einer gepunkteten Liniegekennzeichnet. S bezeichnet den Abstand zwi-

schen der Startlinie und dem Substanzfleck,also die Strecke, die die Substanz während derChromatographie zurückgelegt hat. L bezeich-net den Abstand zwischen der Startlinie undder Laufmittelfront. Ist S=L, oder S=0, dannsollte man die Chromatographie mit einer an-deren mobilen oder stationären Phase wieder-holen, denn dann ist die Substanz entweder nurmit der mobilen Phase mitgeflossen, oder aufder stationären Phase geblieben.

Wenn man die Substanzflecken z. B. mit UV-Licht sichtbar gemacht hat, kann man oft schonerkennen, wo in einer Spalte mehrere Fleckensind. Von diesen Flecken kann nur einer derReinstoff sein, also sind alle anderen Verunrei-nigungen.

Unser Versuch

Wir wollten unsere selbst hergestellten Arznei-stoffe mithilfe der DC analysieren. Dazu ha-ben wir unsere drei verschiedenen Proben ASSund zwei Proben Paracetamol jeweils gegeneinen Reinstoff auf einer Kieselgelplatte chro-matographiert. Wir haben von jedem selbsthergestellten Stoff eine umkristallisierte undeine nicht umkristallisierte Probe aufgetragen.Zudem haben wir auch zwei verschiedene mo-bile Phasen eingesetzt: 30ml Toluol, 60ml 2-Propanol, 10ml Ammoniak und 30ml Toluol,20ml Aceton, 0,5ml Ameisensäure. Bei unse-rem Paracetamol sah man keine Verunreini-gungen, die Substanzflecken haben sich nichtaufgetrennt, sondern sind alle gleich weit nachoben gewandert.

Bei unseren DCs von ASS war das anders. Auchhier hatten wir jeweils eine Probe des abge-nutschten und eine Probe des unabgenutschtenStoffes aufgetragen und wieder zwei verschiede-ne mobile Phasen benutzt: 60ml Toluol, 39mlAceton, 1ml Ameisensäure und 30ml Toluol,60ml Isopropanol, 10ml NH3. Nach der Chro-matographie konnten wir sehen, dass in derSpalte, in der wir die Probe eins aufgetragenhaben, zwei Substanzflecken getrennt wurden.Einer dieser beiden war also eine Verunreini-gung, wir vermuten, dass es nicht reagierte Sa-licylsäure war.

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KURS 2 – CHEMIE

Nachweis auf primäre aromatische Ami-ne

William Roberts

Eine weitere Untersuchung zum Nachweis vonVerunreinigungen stellte der Versuch zum Nach-weis primärer aromatischer Amine mit Hilfeeiner Diazo-Kupplung dar. Da es sich bei ASSnicht um ein Amin handelt, war dieser Nach-weis nur für Paracetamol interessant. Bei einersolchen Kupplung wird durch Zuführung vonNitrosylkationen zum p-Aminophenol ein Dia-zoniumion gebildet, welches zu einem farbigenaromatischen System weiterreagiert. Da es sichaber bei Paracetamol nicht um ein primäres,sondern um ein sekundäres Amin handelt, soll-te der Nachweis bei einer reinen Probe negativausfallen. p-Aminophenol jedoch ist ein pri-märes Amin, sodass der Nachweis bei einerVerunreinigung durch diesen Stoff anschlagensollte. Der Nachweis wurde wie folgt durchge-führt:Zur Hydrolyse wurden 50mg der Probe in 1mlSalzsäure (3N) in einem Reagenzglas gelöst undfür ca. 10 Minuten erhitzt. Bei nicht zu hydroly-sierenden Proben wurde das Erhitzen unterlas-sen. Anschließend wurden zwei Tropfen Diazo-Reagenz 1 (Natriumnitritlösung) zugegebenund diese gemischten Lösungen zum Schlussin ein Reagenzglas mit 2ml Diazo-Reagenz 2(0,25 g β-Naphtol in 100ml 3N Natronlauge)überführt. Lagen primäre aromatische Aminevor, so war eine orangene Farbe zu beobachten.Zur Überprüfung der Reinheit des Paraceta-mols nach der Umkristallisation führten wireine Versuchsreihe durch. Zum Positivtest nutz-ten wir neben unserem p-Aminophenol auchsauer hydrolysiertes Paracetamol. Während derHydrolyse kommt es durch ein Proton zur Akti-vierung der Acetylgruppe, wodurch ein nucleo-philer Angriff am Carbonyl-Kohlenstoff durchden Wasser-Sauerstoff erfolgen kann. Das Pa-racetamolmolekül wird daraufhin instabil, wor-aufhin sich Essigsäure abspaltet und p-Amino-phenol wieder frei vorliegt. Deshalb sollte derNachweis aus oben genannten Gründen wiederpositiv ausfallen.Nicht hydrolysiertes, gekauftes Paracetamoldiente als Probe zum Negativtest. Den Test

führten wir an den von uns hergestellten Pro-ben jeweils einmal mit und einmal ohne Hy-drolyse durch. Nach Durchführung des Versu-ches war die Lösung mit p-Aminophenol braunbis schwarz, was an der hohen Konzentrationder primären aromatischen Amine lag. Durchstarke Verdünnung der Probe kam eine rötlich-bräunliche Farbe zum Vorschein. Dieser Po-sitivtest hat also sehr gut angeschlagen. AlleLösungen mit unseren hydrolysierten, selbsthergestellten Substanzen wiesen eine tiefrotebis bräunliche Färbung auf. Die Lösungen mitder gekauften Probe sowie die mit den nichthydrolysierten, hergestellten Produkten hatteneine orangene Färbung, was darauf schließenlässt, dass in allen dieser Proben (auch in der ge-kauften „Reinsubstanz“) doch noch Reste vonp-Aminophenol enthalten waren. Der positiveNachweis bei der gekauften Reinsubstanz istdurch deren lange Lagerung zu erklären: Hier-bei kommt es zur Abspaltung der Essigsäurevom Paracetamolmolekül, wodurch wieder p-Aminophenol vorliegt, das dann zum positivenNachweis führt. Ein eindeutig negativer Testgelang uns also bei keiner unserer Proben, biszur Weiterverarbeitung in Arzneimitteln wärennoch weitere Aufreinigungen erforderlich.

Proben von links nach rechts: p-Aminophenol, Refe-renz ohne Hydrolyse, Referenz mit Hydrolyse, Probe2 mit und ohne Hydrolyse, Probe 1 mit und ohneHydrolyse

Nachdem wir unsere hergestellten Stoffe Para-cetamol und Acetylsalicylsäure auf Verunrei-nigungen geprüft hatte, durften wir noch zweiandere Substanzen synthetisieren: Methyloran-ge und Nifedipin.

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KURS 2 – CHEMIE

MethylorangeMikail Öztürk

Methylorange ist ein Azofarbstoff, der ein Na-triumsalz der 4’-(Dimethylamino)-azobenzol-4-sulfonsäure ist. Azofarbstoffe sind synthetischund bilden quantitativ die größte Farbstoffklas-se. Ihr Kennzeichen ist die allgemeine FormelR1 − N = N − R2, wobei die beiden Reste„R“ gleich oder verschieden sein können, in derRegel aber aromatisch sind. Azofarbstoffe ha-ben typischerweise mindestens eine Azobrücke– N = N –, die für die Farbigkeit des Stoffessorgt. Falls im Molekül des Farbstoffes mehrals eine Azobrücke vorhanden ist, spricht man,in Anlehnung an griechische Zahlen von Di-,Tri-, Tetra- und Polyazofarbstoffen.Azofarbstoffe sind aufgrund von Substitutionenvon Wasserstoffatomen an den Benzolringen,die eine farbverstärkende Wirkung erzeugen,sehr vielfältig. Sie sind einfach herzustellen,indem man aromatische Amine durch Diazotie-rung koppelt. Daher haben wir Methylorangeselbst synthetisiert. Bei dieser Synthese gehtman von einem aromatischen Amin, bei unsN ,N -Dimethylanilin, und einer Natriumnitrit-Lösung aus. Nachdem man das Natriumnitritgelöst hat, muss die Lösung durch Salzsäureangesäuert werden, wodurch sich ein Nitrosyl-Kation (NO+) bildet. Besonders muss auf dieTemperatur der Lösung geachtet werden: Sie

darf 5 ◦C nicht übersteigen, da sonst die Gefahrbesteht, dass Diazoniumsalze Stickstoff abspal-ten. Deshalb haben wir das Becherglas in einerWanne mit Eiswasser kühl gehalten.

Da nun das Nitrosyl-Kation (positiv geladen)den Stickstoff des N ,N -Dimethylanilin-Mole-küls (partial negativ) elektrophil angreift, er-folgt eine elektrophile Substitution (kurz: SE).Das H+-Ion spaltet sich ab, und es entstehtnach Umlagerung in eine N -Nitroso-Verbin-dung das instabile Phenyldiazohydroxid, dasein OH–-Ion abspaltet, wodurch man ein Phe-nyldiazonium-Ion erhält. Die Azo-Kupplung isteine elektrophile Zweitsubstitution, bei der dieSubstituenten mit +M-Effekt (ein mesomererEffekt) für eine größere Reaktivität verantwort-lich sind.

Wir haben den entstandenen Stoff filtriert, ge-trocknet, und, um einen höheren Reinheitsgradzu erhalten, umkristallisiert. Es war ein brau-nes Pulver, welches so aussah:

Die Nutzung des Methyloranges, aber auch dieanderer Azofarbstoffe, ist erkennbar: Durch dasvom pH-Wert abhängige Vorliegen der Azo-brücken (protoniert oder deprotoniert) ergibtsich eine variable Farbtiefe. Deshalb verwendetman solche Stoffe als Säure-Base-Indikatoren.Das Methylorange, das aus orangefarbene Kris-talle besteht, besitzt eine protonierte Azogrup-pe, wenn es in einem stark sauren, wässrigen

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KURS 2 – CHEMIE

Milieu vorliegt. Wenn man eine Base zugibt,ist zwischen einem pH-Wert von 3,1 und 4,4eine Farbveränderung von rot nach gelb zu be-obachten.

Methylorange ist giftig, und die mittlere tödli-che Dosis (LD50) beträgt bei Ratten 60mg/kg.Obwohl man diesen anhand eines Tierversu-ches ermittelten toxischen Wert nur bedingtauf den Menschen anwenden kann, bietet die-ser einen groben Anhaltspunkt um den Stoffmit Gefahrensymbolen zu versehen. Deshalbhaben wir bei der Arbeit mit diesem Stoff ge-eignete Schutzhandschuhe getragen und unterdem Abzug gearbeitet.

NifedipinMikail Öztürk

Die Verbindung Dimethyl-1,4-dihydro-2,6-di-methyl-4-(2-nitrophenyl)pyridin-3,5-dicarboxy-lat ist eher als Arzneistoff unter dem NamenNifedipin bekannt und gehört als Dihydropyri-din zur Gruppe der Calciumkanalblocker (Cal-ciumantagonisten). Es ist ein sehr lichtemp-

findliches, gelbes, kristallines und in Wasser na-hezu unlösliches Pulver. Eingesetzt wird es zurBehandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen,als starkes Mittel zur Senkung des Blutdrucksund zur Erweiterung der Gefäße, da es die glat-te Muskulatur der Gefäße erweitert. Es hemmtdie spannungsabhängigen Calciumkanäle vomL-Typ und verhindert, dass Calcium in dieglatten Gefäßmuskelzellen einströmt. Die Wir-kung lässt sich durch die Tatsache erklären,dass Calcium für die Kontraktion der glattenMuskelzellen benötigt wird. Nifedipin ist unteranderem indiziert bei chronisch-stabiler undvasospastischer Angina pectoris (Herzschmerz,verursacht durch Übererregbarkeit der Gefäßewegen eines Krampfes der Gefäßmuskulatur),essentieller Hypertonie (Bluthochdruck) undakuter hypertensiver Krise (plötzlich auftreten-de Fehlregulation des Blutdrucks). Die Einnah-me erfolgt mit Retardtabletten bzw. Kapseln,wobei die Tagesdosis üblicherweise 20mg bzw.80mg nicht übersteigt.Nifedipin besitzt die Anfälligkeit, Wechselwir-kungen mit anderen, parallel dazu eingenomme-ne Arzneimittel einzugehen, weshalb Vorsichtgeboten ist. Außerdem soll es nicht mit Grape-fruitsaft verabreicht werden. Zu den häufigstenNebenwirkungen zählt man Schwäche, Unwohl-sein, Kopfschmerzen, Verstopfung und Ödeme.Eine absolute Kontraindikation (vollständigesVerbot der Einnahme) aller Calciumkanalblo-cker ist nicht kompensierte Herzinsuffizienz, zuden relativen Kontraindikationen (mehr Nut-zen als Schaden im konkreten Einzelfall) ge-hören Hypotonie (Blutniederdruck) und einge-schränkte Leberfunktion. Eine Überdosis verur-sacht unter Umständen starken Abfall des Blut-drucks, sowie Verlangsamung oder Beschleuni-gung des Herzschlags, Trübung des Bewusst-seins bis zur Bewusstlosigkeit, erhöhten Blut-zuckerspiegel, Minderdurchblutung von Orga-nen und Schock mit Lungenödem ausgelöst vonHerzversagen.Wir haben Nifedipin selbst synthetisiert, wobeizwei Intermediate entstehen (siehe Abbildung):Intermediat 1 ist das Produkt aus Acetessig-säuremethylester und 4-Nitrobenzaldehyd, In-termediat 2 aus Acetessigsäuremethylester undAmmoniak. Die beiden Intermediate reagierenzu einem Nifedipinderivat, welches sich vom

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KURS 2 – CHEMIE

Nifedipin dadurch unterscheidet, dass wir dasstark toxische 2-Nitrobenzaldehyd durch 4-Ni-trobenzaldehyd ersetzten, undWasser. Die zweiPfeile in der Abbildung symbolisieren, dass dieReaktion zum Endprodukt über mehrere Zwi-schenschritte erfolgt. Wir hielten uns bei derArbeit mit Nifedipin an die H- und P-Sätze,die vorsichtigen Kontakt und Schutzkleidungempfehlen.

Tabletten und KapselnJulian Harrison-Wirth

Außer den Synthesen und Nachweisen habenwir auch Tabletten und Kapseln hergestellt.Tabletten werden aus Wirkstoffen, gemischtmit Füllmitteln, verpresst und bieten daher ei-ne gute Dosierbarkeit. Da sie schnell und billigherzustellen sind, machen sie 50% der verkauf-ten Medikamente aus. Wir haben sie mit einerTablettenmaschine gepresst, die den oberen,beweglichen Stempel auf den unteren, festste-henden presst. Durch den Druck wird dabeidas Pulver so stark verdichtet, dass Tablettenentstehen.Kapseln bieten hohe Individualität, da sie vonApotheken herstellbar sind und außerdem ver-schiedene Arten und Füllungstypen ermögli-chen. So gibt es etwa Stärkekapseln, die heuteselten genutzt werden, da sie sehr feuchtigkeits-empfindlich sind. Stattdessen werden Hartgela-tinekapseln aus Gelantinemasse zur Aufnahmevon Pulvern, Granulaten, Pellets und Mikro-kapseln benutzt. Diese Kapseln werden meist

mit dem Rillen-Noppen-Prinzip verschlossen,wobei eine Erhebung im Kapseloberteil in eineVertiefung im Kapselunterteil greift. Wir ha-ben im Kurs Hartgelantinekapseln mit einer30-Kapsel-Maschine hergestellt.

ExkursionAnnika Gernsbeck

Um etwas über den Beruf eines Chemikers zuerfahren, machten wir uns am Mittwoch den28. August in zwei Kleinbussen Richtung Darm-stadt auf. Als wir die große blaue Pyramideentdeckten, wussten wir, dass wir hier richtig

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waren. Diese Pyramide steht am Eingang zurFirma Merck. Merck ist eine pharmazeutischeund chemische Industriestätte. Insgesamt be-schäftigt sie weltweit ca. 38 000 Mitarbeiter.Davon alleine 8 100 Mitarbeiter in Darmstadt.Nachdem wir unsere Besucherausweise und ei-ne kurze Einweisung erhalten hatten, durftenwir auf das Werksgelände. Wir fuhren mit ei-nem Bus zu einem Labor, in dem wir bereitserwartet wurden. Dort bekamen wir eine kur-ze Unterweisung zur Laborsicherheit und hör-ten einen Vortrag über IR-Spektroskopie sowieGaschromatographie.Spektroskopie ist ein Analyseverfahren. Bei derInfrarotspektroskopie (kurz: IR-Spektroskopie)wird in Nah-IR, Mittel-IR und Fern-IR unter-schieden. Durch die Infrarotstrahlung (Wär-mestrahlung) werden die Moleküle in Schwin-gung versetzt, wobei die Strahlung durch dieMoleküle absorbiert wird. Das Ausmaß der Ab-sorption von Strahlung über verschiedene Wel-lenlängen ist für ein Molekül spezifisch. Manbenutzt die IR-Spektroskopie, um z.B. Sub-stanzen an Hand von Referenzproben zu iden-tifizieren. Nur falls die Spektren genau gleichaussehen, handelt es sich auch um die gleicheSubstanz. Man kann damit auch die Strukturvon unbekannten Substanzen untersuchen.Bei der Chromatographie handelt es sich umein Trennverfahren für Stoffgemische. Es gibtverschiedene Arten der Chromatographie (z. B.Dünnschicht-, Säulen- oder Gaschromatogra-phie). Bei der Gaschromatographie können nurStoffe getrennt werden, die gasförmig oder un-zersetzt verdampfbar sind. Es gibt wie bei allenchromatographischen Verfahren eine mobileund eine stationäre Phase. Die mobile Pha-se ist bei der Gaschromatographie gasförmig,meist Helium oder Stickstoff. Für die stationärePhase wird eine Trennsäule eingesetzt. Hier-bei handelt es sich um ein aufgedrehtes, zehnbis zweihundert Meter langes Quarzrohr, dasmit einer bestimmten stationären Phase ausge-kleidet ist. Je nachdem wie die Eigenschaften(Polarität) der verschiedenen Moleküle sind, istdie Wechselwirkung mit der stationären Phasestärker oder schwächer, das heißt sie verblei-ben länger oder kürzer in der stationären Phase.Ein Detektor stellt den Austrittszeitpunkt dereinzelnen Substanzen aus der Säule fest. Die-

ser kann dann graphisch dargestellt und mitbekannten Referenzen verglichen werden.Im Anschluss an die Vorträge durften wir dannpraktisch tätig werden und selbst eine Dünn-schichtchromatographie durchführen. Wir wur-den in drei Gruppen aufgeteilt. Jede Gruppesollte Farbgemische, die mit grün, blau und rotgekennzeichnet waren, auftrennen, wobei un-terschiedliche Fließmittel (mobile Phase) undstationäre Phasen verwendet wurden. Anschlie-ßend wurden die Fließmittel hinsichtlich ihrerEignung für die Trennung der Farbstoffe be-wertet. Nachdem wir unsere Ergebnisse aus-gewertet hatten, gingen wir in einer der vierKantinen von Merck Mittagessen.

Nach derMittagspause legten wir wieder unsereSchutzkleidung und -brillen an und besichtig-ten die Labore der Qualitätskontrolle. Es warspannend und sehr informativ, da wir währendlaufender Untersuchungen ins Labor durften.Nach der Führung hatten wir noch die Möglich-keit, in einem kleinen Museum etwas über dieGeschichte von Merck von den Ursprüngen alsApotheke bis hin zum großen Betrieb erfahren.Der Ausflug hat uns sehr gut gefallen. Es warbeeindruckend, dass das ganze Betriebsgeländewie eine eigene Stadt scheint, mit eigener Feu-erwehr und eigenem Bahnhof. An diesem Tagkonnten wir einen tollen Einblick bekommen,wie wir uns in solch einem Betrieb beruflichengagieren können.

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Page 55: Dokumentation 2013

KURS 2 – CHEMIE

Quellenangaben• Chemie – Basiswissen der Chemie;7. korrigierte Auf-

lage 2001; Charles E.Mortimer; Georg Thieme Ver-lag Stuttgart,New York

• Netters Innere Medizin; 1. Auflage 2000; Frank H.Netter; Thieme Verlag

• Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxi-kologie; 8. Auflage; 2005; Forth, Henschler, Rummel;Urban & Fischer Verlag

• Reptitorum Allgemeine und spezielle Pharmakolo-gie und Toxikologie, 2.Auflage; 2012; K. Aktoris, U.Förstermann, F. B. Hofmann & K. Starke; Elsevier,Urban & Fischer Verlag

• Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxiko-logie; Dr. Wolfgang Forth u.a.; 1983; Wissenschafts-verlag Bibliographisches Institut

• Packungsbeilage Aspirin• http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons

/7/7d/Aspirin.jpg (25.9.2013 19:35)• http://www.chemieunterricht.de/dc2/phenol/nac

hw.html (8.1.10.2013 15:33)• http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Karl_Jo

hannes_Thiel (8.1.10.2013 19:14)• http://de.wikipedia.org/wiki/Eisen(III)-chlorid

(8.1.10.2013 15:26)• http://werkstoffe.e-learning.imb-uni-augsburg.de/

system/files/RM - 15.png (8.1.10.2013 19:24)• http://werkstoffe.e-learning.imb-uni-augsburg.de/

book/export/html/1279 (17.10.2013 15:28)• https://de.wikipedia.org/wiki/Paracetamol

(06.07.2013, 09:49)• http://www.suchtmittel.de/?object=2901

(06.07.2013, 08:32)• https://de.wikipedia.org/wiki/Chromatographie

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edidaktik/service/fundgrube/chrom2.html?lang=de (16.10.2013, 17:43)

• http://de.wikipedia.org/wiki/Nifedipin(06.10.2013, 12:05)

• http://www.whocc.no/atc_ddd_index/ ?code=C08CA05&showdescription=yes (06.10.2013, 12:13)

• http://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Nifedipin (06.10.2013, 11:48)

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• http://www.merckmillipore.com/germany/life-science-research/nifedipine/EMD_BIO-481981/p_9Uqb.s1LIL8AAAEWlWEfVhTm (06.10.2013, 12:08)

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• http://de.wikipedia.org/wiki/Kapsel_(Medikament) (11.10.2013, 21:30)

• http://de.wikipedia.org/wiki/Tablette(11.10.2013, 21:54)

• http://de.wikipedia.org/wiki/Merck_KGaA(18.10.2013 21:52)

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• http://daten.didaktikchemie.uni-bayreuth.de/umat/aspirin/aspirin.htm (06.07.2013 16:22)

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• http://hausarzt-in-ditzum.com/2007/06/25/acetylsalicylsaure-ass (07.10.2013 17:52)

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• http://de.wikipedia.org/wiki/Pharmakologie(06.10.2013 16:23)

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Page 57: Dokumentation 2013

KURS 3 – GERMANISTIK/GESCHICHTE

Kurs 3 – Germanistik/Geschichte: Martin Luther,Reformator der Kirche – Reformator der Spra-che?

VorwortSebastian Neu, Martin Christ,Rebecca Ulshöfer

Der Kurs Germanistik/Geschichte nahm aufder Science Academy eine besondere Stellungein, weil er sich nicht mit naturwissenschaftli-chen Inhalten befasste. „Was hat Martin Lu-ther zwischen Sternexplosionen und Vektorenzu suchen?“, könnte man sich fragen. UnserKurs hatte in vielerlei Hinsicht andere Zielset-zungen und Fragestellungen als die anderen,naturwissenschaftlichen Kurse. So befasstenwir uns mit der These, ob Martin Luther derReformator der deutschen Sprache sei. Um denTeilnehmerinnen und Teilnehmern zu ermögli-chen, diese These eigenständig zu untersuchen,

wurden sie an geisteswissenschaftliche Arbeits-weisen herangeführt. Unsere wichtigste Metho-de hierbei war die Quellenarbeit, bei der dieTeilnehmer intensiv Quellen kritisch analysierthaben – oft auch als Originaltexte auf Früh-neuhochdeutsch oder Mittelhochdeutsch, wasdiese Arbeit zu einer großen Herausforderungmachte. Diese haben die Teilnehmer jedochmit Bravour gemeistert. Diese Dokumentationbietet den Teilnehmerinnen und Teilnehmernim Folgenden die Möglichkeit, ihr mit großerFreude und beachtlichem Engagement erarbei-tetes Wissen in strukturierter Form schriftlichfestzuhalten.

Zunächst haben wir uns mit einer zeitlichenund örtlichen Eingrenzung beschäftigt und uns

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KURS 3 – GERMANISTIK/GESCHICHTE

vergegenwärtigt, wie sehr das Heilige Römi-sche Reich Deutscher Nation sich vom heuti-gen Deutschland unterscheidet. Ebenso wichtigwar die sprachgeschichtliche Einordnung des16. Jahrhunderts und das grundsätzliche Ver-ständnis von Quellen, um sich schließlich mitder Person Luthers fundiert auseinandersetzenzu können.Im Zuge unserer Kursarbeit rückte dabei vorallem die Sprache Luthers in den Fokus. Umsich über diese einen Überblick zu verschaf-fen, war eine Auseinandersetzung mit Primär-quellen, beispielsweise seiner Bibelübersetzung,nötig. Auch eine Interpretation seiner Über-setzungstechnik wurde durchgeführt. Des Wei-teren haben wir uns mit der Wechselwirkungvon Reformation und Buchdruck als Mittel derSprachverbreitung beschäftigt und schließlichnoch die Rezeption des Reformators vor allemdurch die katholische Kirche behandelt.Es war toll zu sehen, wie die Teilnehmerin-nen und Teilnehmer sich für die komplexenhistorischen und germanistischen Sachverhal-te begeistern konnten – unsere Erwartung andie zwei Wochen wurde bei weitem übertrof-fen. Die Kursarbeit hat uns Kursleitern großenSpaß gemacht, und es war großartig, mit so mo-tivierten und interessierten Schülerinnen undSchülern zu arbeiten.

Periodisierung und räumliche Ein-ordnung

Zacharias Wiedemer, Anna Liu

Wo befinden wir uns? In welcher Epoche be-wegen wir uns? Was ist das „Heilige RömischeReich Deutscher Nation“, in dem Martin Lu-ther geboren wurde und lebte? Um uns mitLuther und seinem Wirken auseinandersetzenzu können, müssen wir uns zunächst vor Augenführen, unter welchen kulturellen Umständener lebte.

Räumliche Einordnung

Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation– schon der Name lässt stutzen: Was hat Rommit Deutschland zu tun? Damals sah man das

Reich als Nachfolger des antiken RömischenReiches an. Zudem verdeutlichte der Zusatz„Heilig“ das Gottesgnadentum, das im Heili-gen Römischen Reich Deutscher Nation vonden Kaisern und Herrschenden zu ihrer Legiti-mation herangezogen wurde. Bestimmte Men-schen hatten demnach von Gott einen Auftragzum Herrschen bekommen. Zumindest nomi-nell zeigte es also auch die enge Verbundenheitzwischen Kaiser und Papst.Das Reich bestand von der Gründung durch Ot-to den I. 921 n. Chr., mit der er die KaiserideeKarls des Großen verwirklichte, bis zur Auf-lösung des Reichs durch Napoleon 1806. DieHerrschaftsform war eine Monarchie, welcheständisch geprägt war. So bestand der obereStand aus dem Adel (Grafen, Herzöge), derMittelstand bestand aus dem Klerus (Geistli-che) und der untere Stand aus den Bürgernund Bauern. Dabei hatte die untere Schicht,obwohl sie den mit Abstand größten Teil derBevölkerung darstellte, fast keine Rechte gegen-über den ersten beiden Ständen. Die Grenzendes Reiches unterschieden sich von Jahrhun-dert zu Jahrhundert signifikant, da es zu jenerZeit immer wieder Kriege und Friedensverträ-ge gab, die mit Änderungen der Reichsgrenzeneinhergingen.Luther lebte und wirkte vor allem in und umWittenberg, einer Stadt mit damals ca. 2000Einwohnern. Sie befindet sich im Osten des heu-tigen Bundeslandes Sachsen-Anhalt und wardie erste Stadt, die eine Universität hatte, wel-che von Landesfürsten und nicht von der Kirchegegründet wurde. Da Luther in Mitteldeutsch-land lebte, konnten sich seine Schriften undIdeen zu allen Seiten des Reiches ausbreiten.

Zeitliche Einordnung

Martin Luther lebte von 1483 bis 1546, wes-halb dieser Zeitraum für unseren Kurs beson-ders relevant war. Zu dieser Zeit wurde Früh-neuhochdeutsch gesprochen, weshalb wir seineTexte, wie zum Beispiel die Bibelübersetzung,ohne größere Schwierigkeiten lesen und ver-stehen können, da dies die Sprachstufe ist, diedirekt vor unserem heutigen Deutsch (Neuhoch-deutsch) steht. In den Übergängen zwischen

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diesen Sprachstufen liefen verschiedene Laut-wandelprozesse ab, worauf wir später noch nä-her eingehen werden.Um das 15. Jahrhundert wurde Nordameri-ka durch Kolumbus entdeckt, was auch signifi-kante Auswirkungen auf das Heilige RömischeReich hatte. Eine wichtige Erfindung dieserZeit war der Buchdruck, welcher die Reforma-tion erheblich voranbrachte, selbst aber wieder-um von der Reformation profitierte.Durch Holz- und Kupferstiche verbreiteten sichWissen und Informationen auf einmal rasant.Auch Laien konnten nun selbst lesen und schrei-ben, sodass sie auch ohne priesterliche Aus-legung die Heilige Schrift verstehen wollten.Gleichzeitig wurde der Bezug der Menschenzur Religion immer stärker. Sie machten Wall-fahrten, glaubten an Wunder, verehrten Heiligeund kauften Ablassbriefe, die sie vor Leidennach dem Tod bewahren sollten.Durch die Veränderungen wurden Anpassun-gen erforderlich: Kritik an Missständen derKirche und Bemühungen um eine „Reform anHaupt und Gliedern“ waren die Folge.

Humanismus

Luther lebte zur Zeit des Humanismus. Die-se Weltanschauung, welche die Gedanken derPhilosophie der Antike aufgreift und sich ander Unabhängigkeit des Menschen orientiert,breitete sich im 15. und 16. Jahrhundert überden größten Teil Europas aus. Zu dieser Zeitlebte auch Erasmus von Rotterdam (ca. 1467–1536), ein katholischer Priester, welcher derMeinung war, dass die Kirche einer tiefgrei-fenden Veränderung bedurfte. Allerdings blieber bis zu seinem Lebensende dem Papsttumtreu, weshalb eine Diskussion zwischen ihmund Luther entbrannte. Sie begegneten sichaber nie, sondern korrespondierten nur überihre Veröffentlichungen.Der Renaissance-Humanismus war vor allemfür die Sprache wichtig, denn die Menschensahen sich selbst als schöpferisches Wesen. Inden antiken Philosophiekreisen wurde immerwieder betont, dass der Unterschied zwischenMensch und Tier die Sprache sei. Aus diesemGrund achteten Humanisten sehr stark auf eine

gepflegte Sprache, weshalb Luthers Versuch, einüberregionales Deutsch durchzusetzen, positiveResonanz fand.Wichtig für Luthers Erfolg als Reformator, dereinen Meilenstein in der deutschen Sprachge-schichte setzte, waren nicht nur seine revolu-tionären Ideen und Werke, sondern auch dieörtlichen und zeitlichen Gegebenheiten. Lutherhatte ideale Voraussetzungen, um Geschichtezu schreiben.

Entwicklung der deutschen Spra-che

Leonie Baisch, Niklas Kienzle

Die Sprache entwickelte sich keineswegs nurdurch die Werke Einzelner, sondern sie verän-derte sich im Lauf der Jahrhunderte, zu derSprache, die wir heute kennen und sprechen.Im Laufe der Geschichte lassen sich unterschied-liche Sprachstufen erkennen. Diese werden anVeränderungen der Syntax (Satzbau) oder derOrthographie (Rechtschreibung) festgemacht.Es ist sehr schwierig, die Stufen genau zu peri-odisieren, da die Schwerpunktlegung, also dieMerkmale, auf die geachtet wird, in den Au-gen des Betrachters liegen und unterschiedlichinterpretiert werden können. Ein Unterschei-dungsmerkmal kann z. B. das Wegfallen oderHinzufügen von Buchstaben sein. Deshalb sindsich auch die Wissenschaftler nicht einig, wanneine Sprachstufe beginnt und eine andere en-det.Im Deutschen gibt es vier Sprachstufen: DasAlthochdeutsche (6./7. Jhd. bis ca. 1050), dasMittelhochdeutsche (ca. 1050 bis 1350), dasFrühneuhochdeutsche (ca. 1350 bis 1650) unddas Neuhochdeutsche (ca. 1650 bis heute). Inunserem Kurs haben wir uns hauptsächlichmit dem Übergang vom Mittelhochdeutschenzum Frühneuhochdeutschen sowie dem Früh-neuhochdeutschen an sich beschäftigt, da indieser Zeit Martin Luther lebte und wirkte. Indiesem Zusammenhang haben wir die Auswir-kungen Luthers auf die Sprache untersucht.Außerdem ist diese Zeit auch für die Forschungsehr interessant, da das Frühneuhochdeutscheerst im Laufe der Jahre von Germanisten als

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eigene Sprachstufe und nicht mehr nur als Über-gang gesehen wurde. Mit der Zeit lernten wirdann auch, sprachliche Veränderungen selbstwahrzunehmen und zu interpretieren.

Wurzeln der deutschen Sprache

Die deutsche Sprachgeschichte hat ihren Ur-sprung im Indogermanischen, welches sich be-dingt durch die Völkerwanderung vom westli-chen Europa bis zum nördlichen Indien aus-breitete und spezialisierte. Daraus entwickeltesich in den umliegenden Gebieten der Nordseedas Germanische. Das erste Textzeugnis derdeutschen Sprache verkörpert die Wulfilabibel,eine Übersetzung des Neuen Testaments in dasGotische, eine Form des Germanischen.

Die Sprachstufen

Das Althochdeutsche

Ab dem 6. Jahrhundert nach Christus und mitdem Ende der Völkerwanderung entstand danndas Althochdeutsche. Hochdeutsch wird hierals sprachgeografischer Begriff gebraucht undist nicht im Sinne der Dialektlosigkeit gemeint.Das Hochdeutsche ist schlicht eine Form desDeutschen, das früher eher in Süd- und Mittel-deutschland gesprochen wurde. Nach und nachverdrängte es dann das Niederdeutsche, daszu dieser Zeit in Norddeutschland geläufig war.Mit Hoch und Nieder sind also rein geographi-sche Aspekte gemeint. Im Althochdeutschenist das heutige Deutsch nur geringfügig wieder-zuerkennen. Sprachliche Veränderungen dieserZeit waren zum Beispiel, dass aus Verschluss-lauten (p,t,k) Zischlaute (f,s), beziehungsweiseAffrikaten (pf, ts, kh) wurden. Aus Reibelau-ten (b,d,g) wurden Verschlusslaute (p,t,k). AlsBeispiel für einen Althochdeutschen Text sindhier die ersten Verse des Hildebrandsliedes zulesen:Ik gehorta dat seggen,dat sih urhettun aenon muotin,Hiltibrant enti hadubrant untar heriun tuem.Sunufatarungo iro saro rihtun.Dieses Lied handelt von zwei blutsverwand-ten Kriegern verschiedener Stämme (Vater und

Sohn), die sich im Kampf gegenüber stehen, oh-ne jedoch von ihrer Verwandtschaft zu wissen.Das Ende des Liedes ist nicht überliefert, essteht also nicht fest, wer den Kampf gewonnenbzw. verloren hat. Zweifelsfrei ist hier jedochzu erkennen, dass die Sprache, wie bereits er-wähnt, für Laien kaum zu verstehen ist.

Das Mittelhochdeutsche

Dem Althochdeutschen folgte das Mittelhoch-deutsche, welches ungefähr von 1050 bis 1350gesprochen wurde. Auch dort gab es im 11.Jahrhundert nach Meinung vieler Sprachfor-scher deutliche sprachliche Veränderungen, indiesem Fall Lautwandelerscheinungen: Die Ab-schwächung unbetonter Vokale (taga wurde zutage), die deutliche Ausbildung von Umlau-ten und Diphthongen (zwei zusammengehörigeVokale, die getrennt gesprochen werden) undAbschwächen oderWeglassen von Konsonantenhinter Vokalen (Gitragidi wird zu Getreide).Außerdem sind nun auch mehr Texte der deut-schen Sprache überliefert. Als Beispiel lässt sichein berühmtes Gedicht von Walther von derVogelweide, einem bedeutenden Lyriker undMinnesänger des Mittelalters, nennen:Ich saz ûf eime steine,und dahte bein mit beine,dar ûf satzt ich den ellenbogen;ich hete in mîne hant gesmogendas kinne und ein mîn wange.Auch wenn der Text uns sehr fremd erscheint,so kann man ihn doch schon relativ gut lesenund auch verstehen. Er stellt also im Vergleichzum althochdeutschen Text eine deutliche Ver-änderung der Sprache dar.

Das Frühneuhochdeutsche

Das Frühneuhochdeutsche löste das zuvor ge-sprochene Mittelhochdeutsche ab. Es wurdeetwa von 1350 bis 1650 gesprochen. Mit die-ser Sprachstufe haben wir uns im Kurs haupt-sächlich beschäftigt. Im Frühneuhochdeutschengab es mehrere Kanzleisprachen wie zum Bei-spiel die Prager Kanzleisprache und die Säch-sische Kanzleisprache, welche Luther benutzte.Die Kanzleisprache wird in Kanzleien (Gebiete,

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in denen eine Mundart gesprochen wird) imSchriftverkehr und zur Erstellung von Urkun-den verwendet. Der Einfluss dieser Kanzleien,der Reformatoren, sowie auch des Buchdrucksund den an den Universitäten gesprochenenSprachen Latein und Französisch sind aus derEntwicklung der Sprache dieser Zeit nicht weg-zudenken.Außerdem entwickelte sich in dieser Zeit eingrößeres Textsortenspektrum, zu dem unteranderem der Schwank, ein Vorläufer des Witzes,gehörte. Auch private Personen begannen zuschreiben. So sind aus dieser Epoche erstmalsDokumente wie private Briefe oder Memoirenüberliefert.In dieser Sprachstufe vollzogen sich auch Verän-derungen im Schriftbild, wie zum Beispiel dieMonophthongierung (zwei Laute werden zu ei-nem, also zum Beispiel: „uo“ wird zu „u“) unddie Diphthongierung (ein Laut wird zu zweiLauten, also wird zum Beispiel: aus „i“ derLaut „ei“). Gesprochen wurde so aber höchst-wahrscheinlich schon früher.Beispielsatz für die Monophtongierung: Aus„liebe guote brüeder“ wird „liebe gute brüder“Beispielsatz für die Diphtongierung: Aus „mînniuwes hûs“ wird „mein neues Haus“Außerdem gab es Änderungen bezüglich derSyntax, das heißt, dass die Satzstruktur neugeordnet wurde (zum Beispiel muss das Verbim Hauptsatz an zweiter und im Nebensatz anletzter Stelle stehen). Ebenfalls wurden unsereheutigen Satzzeichen anstelle der Virgel, diewir heute als Schrägstrich kennen, als Zeichenfür das Ende eines Satzes verwendet.

Das Neuhochdeutsche

Aus diesen Sprachstufen ging das Neuhochdeut-sche, welches wir heute sprechen, hervor. Da-mit ist jedoch die Entwicklung der Sprache, wieman fälschlicherweise annehmen könnte, nochnicht zu Ende. Wir verändern unsere Sprachegenauso, wie die Menschen vor 500 Jahren dasgetan haben. Es wird nie einen Stillstand in derEntwicklung der Sprache geben, da jede Gene-ration durch Gesellschaft, Kultur usw. andersbeeinflusst wird und dadurch auf die Spracheeinwirkt. Als aktuelles Beispiel hierfür wäre

das Internet zu nennen, das immer stärker aufuns wirkt und dadurch auch auf die Sprache.

QuellenarbeitFriederike Lutz

Wie sich Sprache vor unserer Zeit entwickelthat, können wir heute anhand von Quellennachvollziehen. Denn was wäre eine Geisteswis-senschaft wie Geschichte ohne eine historischeQuelle? Wie sollte ein Germanist die Sprach-stufen rekonstruieren, wenn es keine Texte ausentsprechender Zeit gäbe? Aus diesem Grundsind Quellen für die Germanistik und Geschich-te unverzichtbar. So stellten sie auch in unse-rem Kurs eine wichtige Basis unserer Arbeitdar. Entsprechend intensiv widmeten wir unsderen Bearbeitung.

Was ist eine Quelle?

Eine Quelle ist im geschichtswissenschaftlichenSinne ein geschriebenes, visuelles, abstraktesoder gegenständliches Objekt, das den Betrach-ter in Kenntnis über die Vergangenheit setzt.Allerdings kann die Definition je nach Schwer-punktsetzung variieren. In unserem Fall ist eineQuelle deshalb ein Objekt mit Bezug zur Re-formation, das Aufschluss über geschichtlicheoder germanistische Daten und Zusammenhän-ge gibt.

Welche Arten von Quellen gibt es?

Im Allgemeinen können Quellen sehr unter-schiedlich klassifiziert werden, da es keine Ein-teilung gibt, die von allen Historikern geteiltwird.

Primärquellen

Allerdings unterscheidet man Primär- und Se-kundärquellen. Eine Primärquelle hat ihrenUrsprung in der Zeit, von der sie handelt. EinBeispiel für eine Primärquelle aus der Zeit derReformation ist die Bannandrohungsbulle ausdem Jahr 1520.

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Eine Primärquelle kann, wie bereits erwähnt,ein geschriebenes Objekt sein. Unter diese Ka-tegorie fallen exemplarisch: Briefe, Tagebücher,Chroniken, Bücher, Flugblätter, Rechnungen,Urkunden, Akten, Verträge usw. Aufgrund ih-rer Unterschiedlichkeit können schriftliche Quel-len noch tiefer gehend unterteilt werden. Einemögliche Unterteilung kann zwischen erzählen-den Quellen (z. B. Annalen, Chroniken, Kom-pendien, Biographien, fiktive Werke, etc.), Ur-kunden und Akten (auch diplomatische Quel-len), sozialen und fiskalen Dokumenten (z. B.Geburtenregister, Volkszählungen, Steuerbü-cher, Rechnungen, Belege) und Selbstzeugnis-sen (auch Ego-Dokumente genannt, z. B. Auto-biographien, Briefe, Memoiren) vorgenommenwerden.

Daneben gibt es visuelle Quellen. Dazu zählenzum Beispiel: Gemälde, Holzschnitte, Drucke,Karikaturen und Flugblätter. Darüber hinausexistieren noch gegenständliche Quellen. Bei-spiele wären in diesem Fall: Bauwerke, Siegel,Plaketten, Münzen, aber auch Bücher, da derEinband und die Art und Weise der Verarbei-tung bis hin zur Entstehung des Buches wich-tige Informationen über Arbeitstechniken undMaterialverwendung geben können.

Schließlich gibt es noch abstrakte Quellen. Die-se lassen sich nicht eindeutig einer der bereitsgenannten Arten von Quellen zuordnen, wes-halb man diese in eine eigene Rubrik einteilt.Eine abstrakte Quelle ist beispielsweise einVolksfest, das schon seit Jahrhunderten in ei-nem Dorf gefeiert wird. Es gibt Aufschluss überTradition, Lebensweise und Gepflogenheitender Einwohner. Allerdings sind die Grenzenzwischen den unterschiedlichen Quellenartenfließend. Viele Dokumente können deshalb inmehrere Kategorien gleichzeitig fallen. Dem-nach kann ein Gerichtsprotokoll:

• die Geschichte des Angeklagten erzählen

• Urkunden enthalten und als Akte abgelegtwerden

• fiskale Einordnungen und Einschätzungenenthalten

• die Situation des Klägers / der Kläger auf-nehmen

Sekundärquellen

Dies war lediglich die Unterteilung der Pri-märquellen, aber auch Sekundärquellen kön-nen unterteilt werden, indem man sie ihremjeweiligen Bezugsgebiet zuordnet. So etwa Poli-tikgeschichte, Sozialgeschichte, Gender-History,Post-Modern History und dergleichen.Im Allgemeinen spricht man von einer Sekun-därquelle, wenn es sich um eine Quelle (meistschriftlicher Form) handelt, die Bezug auf ei-ne Primärquelle nimmt. Bei solch einer Artvon Quelle kann es sich aber auch durchausum Abschriften und Zitate aus Primärquellenhandeln.Neben dieser Möglichkeit, Quellen zu untertei-len, indem man sie ihrem jeweiligen Bezugs-gebiet zuordnet, gibt es noch das Kriterium„Tradition und Überrest“. Als Überrest wirdbezeichnet, was direkt aus der Vergangenheit,ohne Blick auf die Nachwelt, erhalten geblie-ben ist. Als Tradition hingegen gelten Quellen,wenn sie zwar auch aus der Vergangenheit er-halten sind, jedoch durch ein Bild vermitteltwerden. Beispielsweise ist demnach ein Über-rest ein Brauch, eine Tradition hingegen z. B.Memoiren.Doch Quellen können auch auf andere Weiseunterteilt werden, nämlich in deskriptive undnormative Quellen. Eine deskriptive Quelle solldem Leser eine möglichst wertfreie Darstellung,der von ihm beobachteten Wirklichkeit bieten.Sie kann somit bis zu einem gewissen Gradvon Subjektivität – oder zumindest versuchterSubjektivität – geprägt sein. Im Wesentlichenjedoch erfüllt eine deskriptive Quelle die Auf-gabe der Beschreibung sowie Sachlichkeit zuvermitteln. Beispiele wären Memoiren oder einReisebericht.Eine normative Quelle wieder legt eine Normfest. Sie gibt also Anweisung, wie sich jemandzu verhalten hat, oder wie etwas gehandhabtwerden sollte. Eine Quelle normativer Naturkönnte somit ein Gesetzesblatt oder ein ver-schriftlichtes Verbot sein.Zusammenfassend weisen alle drei Untertei-lungsmöglichkeiten Schwächen und Stärken auf.Außerdem kann es oft passieren, dass sich diejeweiligen Ergebnisse verschiedener Methoden

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und Quellenbearbeitungen unterscheiden.

Wie wird eine Quelle generell bearbei-tet?

Je nachdem, welche Informationen eine Quelleliefern soll, und was man mit ihrer Hilfe bele-gen, erläutern oder weiter ausführen möchte,variiert die Bearbeitungsweise enorm abhän-gig von der Schwerpunktsetzung. So entstehenauch gewisse Unterschiede bei der Bearbeitungeiner Quelle im germanistischen oder histori-schen Sinne. Zunächst jedoch ist es entschei-dend für Germanisten oder Historiker, eine Ba-sis zu legen. In diesem Fall mit Hilfe einesFragenkatalogs, der Aufschluss über Rahmen-daten und entscheidende Fakten geben soll undsomit einen anfänglichen Überblick verschafft:

• Wer? (Autor)• Wann wurde die Quelle verfasst? (siehe Au-

tor, Geschehen)• Warum? (Verfassungsgrund)• Wo? (Verfassungsort)• Wie? Welches Material? (Tinte, Papier, . . . )• Für wen? (Adressaten)• Was? (Inhalt)

Allerdings sollte selbst dem ehrgeizigsten Ger-manisten und Historiker im Vornhinein schonklar sein, dass es nicht immer möglich ist, al-le Fragen zu beantworten, etwa aufgrund vonfehlenden Informationen oder zu wenigen An-haltspunkten in der Quelle. Eine Quelle stelltein (ur-)altes Objekt dar, das Geheimnisse undMythen birgt und diese häufiger nicht ohneMühsal freigibt. Gerade deshalb ist es umsowichtiger, sich jede Frage mehrmals durch denKopf gehen zu lassen, immer eine kritische Hal-tung anzunehmen und sich selbst zu fragen,was relevant ist und was nicht und in welchemBezug diese Relevanz eine Rolle spielt. Zudemsollte man sich immer einer elementaren Fra-ge bewusst sein: Was zeigt oder bedeutet eineAuffälligkeit? Dabei ist es unabdingbar, aufden Kontext zu achten und ihn in den korrek-ten Zusammenhang zu bringen. Denn beimAnalysieren einer Quelle geht es in erster Linienatürlich darum, Ergebnisse zu sichern, aberauch kritisch zu hinterfragen.

Wie wird eine Quelle im historischen Sin-ne bearbeitet?

Um einen Überblick über die Quellenarbeit ausder Sicht eines Historikers zu bekommen, wirdan dieser Stelle eine Textpassage aus einemBrief Luthers als Textvorlage dienen.Brief von Luther an Spalatin vom 29.Dezember 1520, geschrieben aus Witten-berg:„Ihr erbittet darin von mir Auskunft, was ichim Falle einer Vorladung durch Kaiser Karltun werde. Ich meinerseits werde, soviel dannauf mich ankommt, einer Vorladung Folge leis-ten; wenn ich gesund nicht kommen kann, lasseich mich krank hinführen. Denn darauf darf eskeinen Zweifel geben: Ein Ruf des Kaisers be-deutet, dass ich von Gott gerufen werde. Ferner:Wenn sie, was wahrscheinlich ist, Gewalt an-wenden – denn sie betreiben meine Vorladunggewiss nicht, um eines Besseren belehrt zu wer-den –, so muss die Sache dem Herrn befohlenwerden. [ . . . ] Will er (mich) nicht schützen,so ist mein Haupt eine Kleinigkeit im Vergleichzu Christus [ . . . ]. Hier darf es keine Rücksichtauf Gefahr oder Wohl und Wehe geben; hiergibt es vielmehr nur eine Sorge: dass wir dasEvangelium, mit dem wir angetreten sind, nichtdem Spott der Gottlosen preisgeben, dass wirden Feinden keinen Anlass zum Triumph überuns geben, als wagten wir kein freies Bekennt-nis unserer Lehre, dass wir uns nicht fürchten,unser Blut für das Evangelium zu vergießen.Vor solcher Feigheit bei uns und solchem Tri-umph bei ihnen bewahre und Christus in seinerBarmherzigkeit! Amen. [ . . . ] “Die allererste Hürde, die es zu nehmen gilt, istes, eine Basis zu schaffen. Deshalb zieht manzunächst den Fragenkatalog zu Rate:

• Wer hat die Quelle verfasst?→ Martin Luther

• Wann wurde die Quelle verfasst?→ Am 29. Dezember 1520

• Warum war es nötig, die Quelle zu verfas-sen?→ Als Antwortschreiben auf einen vorheri-gen Brief.

• Wo wurde die Quelle verfasst?

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→ In Wittenberg• Wie? Welches Material?→ Kann in diesem Fall nicht bestimmt wer-den, da es sich um eine Abschrift bzw. Kopiehandelt und nicht um das Original.

• Für wen?→ An Georg Spalatin

• Was?→ Brief:– Luther unterwirft sich Gottes Wille– legt sein Schicksal in Gottes Hände→ Vertrauen

– Ziel war es, den Menschen ein „berichtig-tes“ Bild Gottes zu zeigen.

– Stellt dieses Ziel über eigene Bedürfnisse– Festhalten an seiner Lehre und Überzeu-

gung

Nachdem nun also eine Basis geschaffen wurde,kann man näher ins Detail gehen, egal, ob mansich näher mit der Persönlichkeit Luthers, sei-nen Ansichten oder auch seiner Wirkung undder Verbreitung seiner Texte befassen möch-te. Ohne vorher einen Rahmen abzustecken,lässt sich keine der darauf folgenden Fragenbeantworten.

Wie wird eine Quelle im germanistischenSinne bearbeitet?

Um nun einen Einblick in die quellenbezogeneArbeit des Germanisten zu bekommen, wirdexemplarisch das Beispiel des Psalms 23 be-handelt.Martin Luthers Übersetzung, 1524„Der HERR. Ist meyn hirtte/myr wird nichts mangeln.Er lesst mich weyden da viel gras steht/und furet mich zum Wasser das mich erkulet.Er erquickt meyne seele/er furet mich auff rechter strasse umb seynsnamens willen.Und ob ich schon wandert ym finstern tal/furcht ich keyn ungluck/Denn du bist bey myr.Deyn stecken und stab trösten mich.“

Äquivalent zur Bearbeitung im historischenSinne wird zunächst der Fragenkatalog zu Rategezogen:

• Wer?→ Übersetzer: Martin Luther

• Wann wurde die Übersetzung angefertigt?→ 1524

• Wo?→ Gibt die Quelle nicht preis

• Wie? Welches Material?→ Kann in diesem Fall nicht bestimmt wer-den, da es sich um eine Abschrift bzw. Kopiehandelt und nicht um das Original.

• Für wen?→ Die Übersetzung war an das breite Volkgerichtet.

• Was?→ Da es sich um einen Bibeltext handelt,ist der Inhalt religiöser Natur. In diesemFall wird von Gottes Rolle als Beschützerseiner gläubigen Anhänger berichtet.

Doch was unterscheidet nun die Arbeit einesHistorikers von der eines Germanisten im Be-reich der Quellenarbeit? Ganz einfach: DieSchwerpunktsetzung. Der oben stehende Psalm23 bietet für einen Historiker auf den erstenBlick eher weniger als für einen Germanisten.Dem germanistischen Auge jedoch bietet sicheine Vielzahl von Auffälligkeiten. Beginnt manzum Beispiel mit der Periodisierung des Textesbzw. der Übersetzung in einen sprachgeschicht-lichen Rahmen, so lässt sich dieser der Spra-chepoche des Frühneuhochdeutschen zuordnen.Zudem fallen noch folgende Auffälligkeiten insAuge:

• Groß- und Kleinschreibung• unregelmäßige Setzung des i/y• einige Doppelkonsonanten• phonetisches Prinzip findet Anwendung• Virgel als „Trennungszeichen“• teilweise Nutzung von Umlauten• keine Kommata• Punktsetzung als Satzbegrenzung• „HERR“ in Großbuchstaben→ Priorität im Alltag/Leben der Menschen

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Zusammenfassend lässt sich noch ein weiteresMal betonen, wie unverzichtbar und grundle-gend Quellen sind. Durch intensive Bearbei-tung konnte jeder der Kursteilnehmer viel imUmgang mit ihnen lernen und ein gewissesGespür für das Hinterfragen und die kritischeAnalysieren entwickeln. Eine Bereicherung, dienoch über die Akademie hinaus Anwendungfinden wird.

Martin LutherSarah Katja Herold, PhilippSchröppel

Viele der von uns behandelten Quellen sind vonMartin Luther verfasst worden; schließlich ist erder Kern unseres Kurses. Nun stellt sich jedochdie Frage: Wer war Martin Luther eigentlich?Der Name Martin Luther dürfte wohl allenein Begriff sein. Er war ein Mann, der die An-sichten der katholischen Kirche mit Skepsisbetrachtete, der Gott als gnädig ansah, derletztendlich unabsichtlich eine Spaltung derKirche bewirkte. In unserem Kurs haben wiruns mit all diesen Punkten beschäftigt. Zurnäheren Untersuchung des Sachverhalts habenwir die These aufgestellt: Luther beeinflussteals Reformator der Kirche auch die deutscheSprache.

Kindheit, Jugend und Studium

Martin Luther wurde als zweiter Sohn von Mar-garethe und Hans Luder am 10. November 1483in Eisleben, Thüringen, geboren. Er hatte achtGeschwister, und ab seinem fünften Lebens-jahr besuchte er für neun Jahre die MansfelderStadtschule nahe Eisleben. Anschließend ginger für ein Jahr auf die Magdeburger Domschule,und schließlich schickten ihn seine Eltern von1498 bis 1501 nach Eisenach auf die Pfarrschulezu St. Georgen, in der er seine Lateinkenntnissevervollständigte.Sein Vater, zuerst Bauer, dann Bergmann undschließlich Mineneigner, kam im Laufe der Jah-re zu einem kleinen Vermögen, da der Bergbauzu dieser Zeit stark florierte. Später wurde erRatsherr, was es Luther ermöglichte zu studie-ren. So begann Luther sein Studium im Jah-

re 1501 an der Universität Erfurts. Dort stu-dierte er die „Septem artes liberales“ (Siebenfreie Künste: Grammatik, Rhetorik, Dialektik,Arithmetik, Geometrie, Musik und Astrono-mie). Im Januar 1505 schloss er seine akademi-sche Grundausbildung mit den Magister Arti-um ab. Auf Anraten seines Vaters begann eranschließend im Sommer 1505 sein Jurastudi-um, brach dieses aber ab. Später behauptete erunter anderem in seinen Tischreden, dass dassogenannte „Blitzschlagereignis“ seinen Ein-tritt ins Kloster bewirkt hätte.

Martin Luther. Porträt von Lucas Cranach d.Ä.,1529.

Blitzschlagereignis

Der Legende nach besuchte Luther einige Wo-chen nach Beginn seines Jurastudiums seineEltern in Mansfeld. Am 2. Juli 1505, so heißtes, kam er auf seinem Heimweg nach Erfurt inein gewaltiges Gewitter bei einem Dorf namensStotternheim. Auf freiem Feld stehend suchteer Schutz unter einem Baum, doch da ließ ihn

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ein Blitzschlag sich zu Boden werfen. In seinerTodesangst schwor er der Heiligen Anna, derMutter Marias: „Ich will Mönch werden, wennich das hier überlebe!“ Rund zwei Wochen spä-ter, am 17. Juli 1505, trat Luther in das Klosterder Augustiner-Eremiten in Erfurt ein.

Heute ist diese Version der Ereignisse jedochumstritten. Wahrscheinlicher ist es, dass Lutherschon vor dem eigentlichen Blitzschlagereignismit dem Gedanken gespielt hatte, in einen Or-den einzutreten, jedoch einen Vorwand suchte,gegen den Willen seines Vaters Geistlicher zuwerden.

Ordensleben

Luther befolgte die Ordensregeln stets strengund penibel und wurde bereits nach zwei Jah-ren zunächst zum Diakon und dann zum Pries-ter geweiht. Trotz aufrichtiger Reue und Bußewar Luther stets von Gewissensbissen geplagt,da er sich ständig von seinen Sünden und demTeufel verfolgt fühlte. Er fragte sich: „Wie kannich als sündiger Mensch vor Gott bestehen?“ Inseiner Ordenszeit lebte Luther, wie viele Men-schen jener Zeit, in Angst vor der Vergeltungseiner Sünden und dem Fegefeuer.

Da Luther an sich selbst zu verzweifeln drohte,legte ihm sein Beichtvater Johann von Stau-pitz nahe, ein Theologiestudium zu beginnen.Luther stimmte zu und trat 1508 sein Studiumin Wittenberg an. Dort lernte er unter ande-rem die Überzeugung Wilhelm von Ockhamskennen, die im Wesentlichen auf dem freienWillen des Menschen beruht. Nachdem Luther1509 den Grad „Baccalaureus sententiarius“erworben hatte, wurde er nach Erfurt zurück-beordert.

Als Luther 1510 aus ordenspolitischen Gründennach Rom reiste, rutschte er auf Knien die„heilige Treppe“ am Lateran hinauf, um einenverstorbenen Verwandten aus dem Fegefeuerzu befreien. Luther war erschreckt von denZuständen, die er in Rom vorfand.

1511 nahm Luther auf Anraten seines Beichtva-ters Johann von Staupitz den Lehrstuhl „Lec-tura in Biblia“ in Wittenberg an.

Turmerlebnis

Der Begriff Turmerlebnis beschreibt Luthersangebliche spontane Erleuchtung, durch die erdas Prinzip der Gerechtigkeit Gottes entdeck-te. Daraus ging unter anderem der Grundsatz„sola gratia“ (allein aus Gnade) hervor. DieseErkenntnis gewann Luther aus dem BibelversRöm 1,17: („Denn darin wird offenbart die Ge-rechtigkeit, die vor Gott gilt, welche aus Glau-ben in Glauben; wie geschrieben steht: ‚DerGerechte wird aus Glauben leben.‘“). Dieses Er-eignis, das angeblich in Luthers Arbeitszimmerim Südturm des Augustinerklosters in Witten-berg stattfand, führte zu einem völlig neuenSchriftverständnis Luthers. Wie auch schon dasBlitzschlagereignis ist das Turmerlebnis nichtbelegbar.Heutige Historiker gehen von einer allmähli-chen Veränderung von Luthers Schriftverständ-nis aus. Sein „neues“ Schriftverständnis führtezu neuen theologischen Ansätzen, die für denVerlauf der Reformation und die heutige pro-testantisch-lutheranische Kirche prägend sind.Sie lassen sich in drei lateinischen Aussprüchenzusammenfassen:

1. sola gratia (allein aus Gnade)2. sola fide (allein durch den Glauben)3. sola scriptura (nur die Heilige Schrift)

95 Thesen

Überzeugt und mit der Gewissheit, im SinneGottes zu handeln, verfasste Luther im Okto-ber 1517 seine 95 Thesen, die sich direkt gegenden Ablasshandel der katholischen Kirche rich-teten. Am 31. Oktober 1517 soll laut PhilippMelanchton der Thesenanschlag am Tor derSchlosskirche in Wittenberg stattgefunden ha-ben.Zu jener Zeit wollte Luther die Kirche reformie-ren und nicht spalten. Er suchte den Dialog mitder Kirchenführung. Aus diesem Grund soll erein Exemplar seiner 95 Thesen dem Papst ge-schickt haben. Die Thesen wurden anfangs vonder katholischen Kirche ignoriert. Erst als dasgemeine Volk Zugang zu den Thesen erlangte,bekamen Luthers Thesen die Aufmerksamkeit,die er sich erhofft hatte.

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Die Schrift, die den kommerziellen Handel mitAblassbriefen stark verurteilte, war die ersteSchrift Luthers, in der er die katholische Kir-che offen kritisierte. Die Thesen sind in diereformatorischen Schriften Luthers beziehungs-weise die Werke einzuordnen, die zur Abgren-zung gegenüber der römisch-katholischen Lehredienten. Spätere Schriften Luthers dienten un-ter anderem zur Abgrenzung gegenüber ande-ren Reformatoren, da es auch unter den Protes-tanten unterschiedliche Standpunkte gab (zumBeispiel Calvinisten und Zwinglianer).

Reichstag zu Worms

Luther geriet durch die Schriften, die er ver-öffentlichte, immer mehr in Konflikt mit dergeistlichen Kirchenobrigkeit im Vatikan. Am15. Juni 1520 erließ der Papst die Bannandro-hungsbulle „Exsurge Domine“, welche Luthermit der Exkommunikation, also dem Ausschlussaus der katholischen Kirche drohte, falls er sei-ne Schrift nicht widerriefe. Luther verbranntedie Bulle und weitere geistliche Schriften vorden Toren Wittenbergs. Daraufhin wurde eram 3. Januar 1521 exkommuniziert.Luthers wichtigster Unterstützer war KurfürstFriedrich derWeise von Sachsen. Er veranlasste,dass Luther, der zunehmend an Bekanntheit ge-wann, seine Denkweise nochmals vortragen undverteidigen konnte. Dies geschah am 17. April1521 während des Reichtags zu Worms. AlsLuther zum letzten Mal zur Widerrufung sei-ner Thesen aufgefordert wurde, antwortete erder Legende zufolge mit dem heutzutage be-kannten Ausspruch: „Hier stehe ich, ich kannnicht anders, Gott helfe mir, Amen.“ Als Folgedarauf wurde Luther „vogelfrei“ gesprochen,was bedeutete, dass er alle seine Rechte verlor.Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen, derdie Gefahr erkannte, ließ ihn entführen und zuseinem Schutz auf die Wartburg bringen.

Bibelübersetzung

Luther, der sich unter dem Decknamen „JunkerJörg“ auf der Wartburg versteckt halten muss-te, übersetzte dort im Herbst 1521 das NeueTestament ins Deutsche. Als Vorlage dientenihm dabei ein Exemplar der griechischen Bibel

Titelblatt der gedruckten Erstausgabe der Bannan-drohungsbulle „Exsurge Domine“ von 1520.

des Erasmus von Rotterdam und die Vulgata,eine Bibelübersetzung ins Lateinische aus demvierten Jahrhundert. Luther legte vor allem aufdie sinngemäße Übersetzung der Bibel wert, so-dass der Inhalt der Bibel auch dem gemeinenVolk zuteilwerden konnte. Seine Erstüberset-zung des Neuen Testaments wird auch Septem-bertestament genannt, da sie im September1521 erschien. 1534 schloss Luther die Überset-zung des Alten Testaments ab. Die Lutherbibelwar entstanden.

Familiengründung

Nachdem er die Reformation angestoßen hatte,zog sich Luther immer weiter aus den Kon-fessionskämpfen zurück. Jedoch kritisierte erdie Bauernkriege noch aufs Schärfste und übtevor allem reformatorischen Einfluss in seinerHeimatstadt Wittenberg aus. Außerdem legteLuther immer mehr Augenmerk auf sein Fami-lienleben, denn er lernte 1523 Katharina vonBora kennen, eine ehemalige Nonne, die nachWittenberg geflohen war. Luther verlobte sich

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mit ihr und heiratete sie am 27. Juni 1525. Siehatten zusammen 6 Kinder.Luther starb während einer Reise nach Eislebenan einem Herzleiden.

Martin Luthers Übersetzungstheo-rie

Jana Zimmermann

Aber wieso interessiert uns Martin Luther? Ne-ben seinem Wirken als Reformator leistete erauch Großes für die deutsche Sprache. Diesschaffte er durch seine revolutionäre Überset-zungstheorie.Martin Luther war der bekannteste Bibelüber-setzer seiner Zeit. Seine Übersetzungen sindsogar noch heute populär. Doch was war seineMethode, die sie so besonders machten?

Deutsche Mundarten

Luther lebte im ostoberdeutschen, ostmittel-deutschen und niederdeutschen Grenzbereich.Dies erwies sich als ein großer Vorteil, denn sowar bereits Luthers muttersprachlicher Wort-schatz von mehreren Sprachräumen (Gebiete,in denen bestimmte Mundarten/Dialekte ge-sprochen werden) geprägt. Zudem erweiterte erseine Kenntnisse deutscher Wortlandschaften,in denen die einzelnen Mundarten zum Teilunterschiedlich ausgeprägt waren, durch häufi-ges Reisen und das Pflegen von Kontakten inweiten Teilen des Landes. Im Sendbrief vomDolmetschen schreibt er: „[ . . . ] Denn wer dol-metschen will, muss großen Vorrat von Worten

haben [ . . . ]“Desweiteren waren Luthers Texte lange domi-niert durch die Latinität (Vorherrschen des La-teinischen). Später wurde der ostmitteldeutsch-ostoberdeutsche Raum eine erste Grundlagezum Wortschatzausgleich. Diese These ist dar-auf begründet, dass Luther die ostmitteldeut-sche Sprache noch ein Stück näher an die Spra-che des Südostens rückte, damit diese Spracheeine größere Reichweite erhielt und als Grundla-ge genutzt werden konnte. Dieser Vorgang warschon seit Jahrhunderten stetig in Gange. Dierelative Einheitlichkeit des Südostens mach-te er sich nun zunutze, da zu seiner Zeit einesprachliche Zersplitterung herrschte. Aufgrundder landschaftlichen Herkunft Luthers ist einostmitteldeutsches Erbe in der neuhochdeut-schen Schriftsprache sehr stark zu erkennen.

Allgemeine Verständlichkeit

Luther war es äußerst wichtig, dass möglichstjeder Deutsche seine Bibelübersetzungen lesenund sinngemäß verstehen konnte. Seine Über-setzungen waren volkssprachlich und nicht dia-lektal geprägt, das bedeutet sie waren überre-gional verständlich und nicht nur in den einzel-nen Regionen. Er wollte eine völlige, klare deut-sche Sprache schaffen, indem er „[ . . . ] de[m] ge-meinen Mann auf dem Markt drum frag[te] unddenselbige[m] auf das Maul s[ah] [ . . . ]“. Des-wegen übersetze er auch nicht Wort für Wort,sondern sehr frei und sinngemäß, was ihm seineGegner gerne vorwarfen. Dagegen verteidigtesich Luther mit dem Ausspruch: „Doch habich wiederum nicht allzu frei die Buchstabenfahren lassen, sondern mit großer Sorgfalt [ . . . ]darauf gesehen [ . . . ]“. Luther wollte erreichen,dass ihn beide, Ober- und Niederländer desHeiligen Römischen Reiches Deutscher Nation,verstehen.

Wirken im sprachlichem Sinne

Luther besaß Kenntnis von verschiedenen Wör-tern für einen Begriff, so genannte Synonyme.So setzte er diese bewusst in seinen Texten einund verwendete gleichzeitig auch unterschiedli-che Varianten. In späteren Übersetzungen kam

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es zur Variantenreduktion, d. h. einer Anglei-chung und Vereinheitlichung. Luther ging es inseinen Übersetzungen besonders um das Erfas-sen des Sinnes. Daher erlaubte er es sich, nichtjedes einzelne Wort zu übersetzen. Für seineÜbersetzungen benutzte er die hebräischen undgriechischen Urtexte, was zu seiner Zeit eineBesonderheit war und ihm Respekt auch beiden katholischen Übersetzern, wie zum Bei-spiel Ottmar Luscinius und Caspar Amman,verschaffte. Zudem glaubte er, dass die Urtextereiner das Wort Gottes wiedergäben, da zumBeispiel die Vulgata (die lateinische Überset-zung der Bibel) durch das häufige Übersetzenin ihrer Bedeutung verfälscht wurde. Ein Prin-zip Luthers war es, die Vulgata nachzuahmen,sie aber nicht zu kopieren.Es kam auch vor, dass seine Übersetzungspart-ner Philipp Melanchton (1497–1560), MatthäusAurogallus und er „[ . . . ] vierzehn Tage, drei,vier Wochen ein einziges Wort gesucht und ge-fragt [haben], haben’s dennoch zuweilen nichtgefunden.“ Zudem wollte Martin Luther dieMenschen mit seinen Streitschriften, die er inZorn und Erregung niederschrieb, ergreifen undbewegen.Im grammatischen Sinne suchte Luther einenMittelweg zwischen der Parataxe und der Hy-potaxe (der Anordnung von Haupt- und Neben-sätzen), und wollte zudem eine Sprache bilden,die das Volk verstehen konnte, die aber auchden Anforderungen der Gelehrten entsprach.

Wortgebundenheit Luthers

Durch die Bindung Luthers an den thüringi-schen Sprachraum wurden beispielsweise dieWörter „Kaff“ („Spreu“) und „schmäuchen“(„räuchern“), sowie „ehegestern“ (statt „vor-gestern“) benutzt. Solche Wörter wurden imLaufe der Zeit ersetzt oder mithilfe von Dop-pelformen erklärt, damit auch die Bevölkerungim Norden und Süden seine Übersetzungenverstehen konnten – zum Beispiel „Kaff undsprewen“.Ein weiteres strategisches Mittel einer sprach-landschaftlichen Grenzüberschreitung warenhochdeutsche Wortglossare. Hiermit konntendie Menschen, welche in mittel- und niederdeut-

schen Sprachgebieten lebten, ihnen unbekannteWörter nachschlagen. Luther selbst hat in einerseiner berühmten Tischreden seine Wortgebun-denheit an den Sächsischen Raum bekundet„Ich rede nach der sächsischen Canzeley.“ Lu-ther hielt sich an diese Sprache, da die säch-sische Kanzleisprache eine Voraussetzung fürein allgemeines „Standarddeutsch“ bildete, dasden Dialekten übergeordnet war. Diesen Vor-gang nennt man Vertikalisierung, d. h. dass dieBevölkerung begann, bestimmte Mundartenhöherwertiger anzusehen als andere.

Wortbildungskraft und WortschatzLuthers

Luthers Sprache war sehr kunstvoll. Er war ex-trem genau, was seine Übersetzungen anging,und versuchte, seine Sprache deutlich, klar undverständlich zu formulieren. Luther besaß zu-dem einen weitumfassenden Wortschatz, beste-hend aus mittelhochdeutschen und niederhoch-deutschen Wörtern, aber auch Fremdwörtern.Bedeutungsumprägung und Neuschöpfung vonWörtern gehörten ebenfalls zu seinem Reper-toire. Er schuf neue Wörter, um den Sinn her-auszuarbeiten, und einige uns noch heute be-kannten Wörter stammen von ihm, wie zumBeispiel „bluttgeld“ oder „die fridfertigen“.Luther hielt sich also streng an seinen Vorsatz,so zu dolmetschen, „ da [sie es denn] verstehenund merken, daß man deutsch mit ihnen redet.“Allgemein ist bekannt, dass Luther „selektiert“hat. Das bedeutet, er hat in vielen wichtigenFällen selbst entschieden, welche Wörter er fürseine Übersetzung und seine deutsche Sprachebenutzen wollte. Desweiteren hat er bestimmteWörter im Norden und im Süden in Umlaufgebracht und dann darauf geachtet, wo und obdiese Wörter in den Wortschatz der gemeinenLeute aufgenommen worden ist. So verwarf ermanche Wörter und fügte wiederum andere zuseinem Wortschatz hinzu.

Sprachliche Mittel Luthers

Martin Luther verwendete die Groß- und Klein-schreibung, was zu dieser Zeit neu war, da sie –wenn überhaupt – nur unregelmäßig Verwen-dung fand. Auch benutze Luther die sogenann-

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te Semantik, das heißt, die Bedeutung einesWortes wurde von ihm verändert. So übersetz-te er beispielsweise eine Phrase des Psalms 23mit „Der HERR ist mein Hirte“ (1545) anstattdes „Der herr regieet mich“ in der Alten Versi-on von 1518.

Ein weiteres sprachliches Mittel war die Benut-zung des phonetischen Prinzips. Das bedeutet,man schreibt ein Wort so, wie man es auchspricht (Gegenteil: das morphologische Prin-zip). Auch dieses Prinzip lässt sich mithilfe desPsalms 23 besonders gut darstellen:

Luther 1524 Luther 1545

Er lesst mich wey-den da viel grassteht/

Er weidet mich auffeiner grünen Awen/

Und furet mich zumWasser das micherkulet.

Vnd füret mich zumfrisschen Wasser.

Er erquickt meyneseele/Er furet mich auffrechter strasseumb seynes namenswillen.

Er erquicket meineSeele/Er füret mich auffrechter Strasse/Vmb seines Na-mens willen.

Bei „füret“ fand eine Diphthongierung statt(1 Vokal → 2 Vokale) Das Gegenteil wäre hier-für die Monophtongierung (2 Laute → 1 Vo-kal). In Luthers Übersetzungen finden sich zu-dem Bedeutungsänderungen. Desweiteren istein Fortschritt Luthers im Psalm 23 zu er-kennen. In der Lutherübersetzung von 1545steht anstelle des „y“ ein „i“. Auffällig ist auchdas Gleichbleiben der Syntax (Satzbau) (Sub-jekt, Prädikat, Objekt). In dem Abschnitt desoben aufgeführten Psalms 23 lässt sich auchein Rückschritt Luthers erkennen. Er schreibt„und“ im Jahr 1524 noch mit „u“ und spätermit einem „V“.

Mehrere noch heute bekannte Redewendungenlassen sich übrigens auf ihn zurückführen, wiezum Beispiel „der Wolf im Schafspelz“, „dieZähne zusammenbeißen“, „ein Herz und eineSeele sein“ und „ausposaunen“. Dies bezeichnetman als eine bildhafte Sprache.

Forschermeinungen

Die Übersetzungstheorie Luthers spielte beider Bildung der neuhochdeutschen Schriftspra-che eine wichtige Rolle, und es stellt sich dieFrage: Welchen Anteil erkennen die ForscherMartin Luther an dieser Entwicklung an? Hater überhaupt die neuhochdeutsche Sprache ge-prägt?Der Leipziger Professor Theodor Frings, der vorallem in den 1950/60er Jahren publizierte undWerner Besch, emeritierter Inhaber des Lehr-stuhls für deutsche Sprache und ältere deutscheLiteratur in Heidelberg, stimmen mit ihren Mei-nungen zu diesen Thema beispielsweise nichtüberein. Frings nimmt einen „[ . . . ] überschau-baren Weg von der Sprache der Siedler, zurZeit der Schreiber, zu Luther und zur neuhoch-deutschen Schriftsprache [an]“.Besch schreibt dagegen „Man kann [ . . . ] vorLuther schlechterdings von neuhochdeutscherSchriftsprache [ . . . ] reden.“ Dies begründet erdamit, dass es sich erst mit Luther entschied,welche gemeinsprachlichen Tendenzen verwen-det wurden, und in welcher Kombination siezum Zuge kommen. Zudem spricht Rudolf Gros-se, emeritierter Professor für Geschichte derdeutschen Sprache und der Sprachsoziologie,von „[ . . . ] eine[r] bedeutende[n] kulturelle[n]Leistung [Luthers mit der Übersetzung der Bi-bel], die bis in die Gegenwart weitergewirkthat.“ (Grosse 1984)

Resumé

Luthers Übersetzungen waren so populär, dasie allgemein verständlich und einprägsam wa-ren. Er arbeitete und feilte an der bereits vor-handenen und weit verbreiteten Sprache imSüdosten und hat in der Stilform der Volks-sprache den Durchbruch geschafft. Aufgrundseiner sorgfältig überlegten Wortwahl, seinespersönlichen Stils und viel Arbeit, Eifer undDurchhaltevermögen hat Martin Luther es ge-schafft, eine noch heute bestehende Sprachezu formen. Die Sprachwissenschaftler könnenzwar nicht eindeutig sagen, ob und inwieweitMartin Luther die neuhochdeutsche Sprachegeprägt hat, jedoch besagt die vorherrschen-de Lehrmeinung, dass Martin Luther eher ein

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„Katalysator“ der deutschen Sprache war. Dieswird unter anderem durch Luthers Bibelüber-setzung begründet.

BibelübersetzungenNiklas Kienzle, Anna Liu

Martin Luthers Bibelübersetzungen sind vonsehr großer Bedeutung für das Christentum,jedoch auch für die Entwicklung der deutschenSchriftsprache. Darüber sind sich viele Wissen-schaftler einig, manche meinen sogar, Lutherhätte die deutsche Schriftsprache nicht zuletztdurch seine Bibelübersetzungen reformiert.Doch Aufgrund welcher Tatsachen kommt manüberhaupt auf die Idee, sich eine solche Fragezu stellen?

Historisches zu Luthers Bibelübersetzun-gen

Als Luther sich 1521 auf dem Heimweg vonWorms befand, wo er seine 95 Thesen hättewiderrufen sollen, dies aber nicht getan hat-te, wurde er entführt und auf die Wartburggebracht. Tatsächlich handelte es sich jedochum einen Scheinüberfall, der vom SächsischenKurfürsten Friedrich dem Weisen (1463–1525)arrangiert wurde, um ihn vor möglichen Fein-den zu schützen.

Druck der Lutherbibel, 1534

Auf der Wartburg begann Luther, die Bibelzu übersetzen. Im September 1522 erschiendann das sogenannte Septembertestament, dieerste vollständige Übersetzung des Neuen Tes-taments.

Während die Übersetzung des Neuen Testa-ments alleine Luther zuzuschreiben ist, mussman jedoch feststellen, dass bei den Arbeitender Übersetzung des Alten Testaments auchandere wichtige Persönlichkeiten der damali-gen Zeit, wie zum Beispiel Philipp Melanchthon(Professor für Griechisch), beteiligt waren. Mankann also von einem Gemeinschaftsprojekt spre-chen, das sich bis 1534 hinzog, bis schließlich dieerste Gesamtübersetzung der Heiligen Schrift,unter dem Namen „Biblia/das ist/ die gantzeheilige Schrifft Deudsch.“ erschien.

Der Reformator Martin Luther ist vor allemdurch seine Bibelübersetzung bekannt gewor-den. Allerdings wird oft fälschlicherweise ange-nommen, er sei der Erste, welcher die Bibel ineine allgemein verständliche, deutsche Spracheübertrug. Jedoch gab es schon Bibelüberset-zungen seit dem 8. Jahrhundert – rund siebenJahrhunderte vor Luthers Zeit.

Vorlutherische deutsche Bibeln

Neben mehreren deutschsprachigen Bibelhand-schriften gab es bereits 18 deutsche Bibeldru-cke in den Jahren 1466 bis 1522. Diese Bibelnfanden jedoch keinen großen Anklang, denndie verwendete Sprache war für das allgemei-ne Volk schwer verständlich, und zudem warder Buchdruck noch nicht weit verbreitet. Au-ßerdem waren diese Bibeln sehr teuer. Erstmit den reformatorischen Ideen Luthers wares wichtig für das Volk – welches zum größtenTeil kein Latein verstand –, selbst die heiligeSchrift zu lesen.

Äußeres Erscheinungsbild

Ein Aspekt, bei dem es große Unterschiede zwi-schen den verschiedenen Bibelübersetzungengab, war die Gestaltung. Während die erstenBibeln sehr einfach gehalten wurden, entfaltetesich die Ästhetik der Bibeln nach und nach.Durch Bilder, die später auch koloriert wur-den, verdeutlichte man den Sinn der biblischenTexte.

Auch viele Lutherbibeln waren mit Illustratio-nen versehen.

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Bezeichnung Jahr DruckortMentelin-Bibel 1466 StraßburgEggestein-Bibel vor 1470 StraßburgZainer-Bibel 1475 AugsburgPflanzmann-Bibel

1475 Augsburg

Sensenschmidt-Bibel

1476–78 Nürnberg

Zainer-Bibel 1477 AugsburgSorg-Bibel 1477 AugsburgKölner Bibeln 1478/79 KölnKölner Bibeln 1478/79 KölnSorg-Bibel 1480 AugsburgKoberger-Bibel 1483 NürnbergGrüninger-Bibel

1485 Straßburg

Schönsperger-Bibel

1487 Augsburg

Schönsperger-Bibel

1490 Augsburg

Lübecker Bibel 1494 LübeckOtmar Bibel 1507 AugsburgOtmar Bibel 1518 AugsburgHalberstädterBibel

1522 Halberstadt

Quelle: Wikipedia (Vorlutherische deutsche Bibeln)

Initialen

Mit Initialen wurde der Beginn eines Kapitelsoder Abschnitts markiert. Sie wurden nachdem Drucken von Hand eingefügt und konntenspäter auch gedruckt werden.Bei den ersten Bibeldrucken waren die Initia-len noch sehr schlicht. Mit der Zeit wurdendiese großen Buchstaben immer aufwendigerund prachtvoller.Die Initialen erhielten bei Günther Zainer, ei-nem berühmter Drucker aus Augsburg, undJohannes Sensenschmidt (ebenfalls Drucker)eine neue Bedeutung: Sie waren ein Rahmenfür die bildhaft erfasste, biblische Geschichte.

Illustrationen

Die Mentelin-Bibel und die Eggestein-Bibel wa-ren reine Textausgaben und daher sehr schlicht.

Dies sollte dafür sorgen, dass nichts von dembiblischen Text ablenkte. Johannes Mentelin(um 1410–1478) und Heinrich Eggestein (um1415/20–1488) zählen zu den frühesten, ein-flussreichsten Buchdruckern.

Zainer jedoch erkannte, dass eine illustrierteBibel den Absatz und die Verständlichkeit för-dern würde, da Bilder den Text anschaulicherdarstellten und die Aussagen verdeutlichten.Seine und alle nachfolgenden Bibeln waren da-her mit Bildern bestückt.

Luthers Erfolg

Die Halberstädter Bibel, die letzte der 18 Bi-beldrucke, erschien nur wenige Wochen vor Lu-thers Septembertestament. Obwohl die Luther-bibel reißenden Absatz fand wurden trotzdemauch andere Bibeln gedruckt und verkauft.

Die vorlutherischen Übersetzungen der Bibelorientierten sich alle an der Vulgata, eine Bibel-übersetzung ins Lateinische aus dem 4. Jahr-hundert; Luther benutzte jedoch als Überset-zungsgrundlage den griechischen Urtext. Da-durch wurde er auch von manchen katholischenTheologen ernst genommen. Ein weiterer Un-terschied ist auch, dass er sich von der tradi-tionellen Wort-zu-Wort-Übersetzungstechniklöste und eine allgemeine, verständliche Volkss-prache verwendete, d. h. die Sprache des „ge-meinen Volkes“.

Die Unterschiede der Bibelübersetzungen las-sen sich hier am Psalm 23 aufzeigen:

Die Bibeldrucke vor Luther, u. a. Mentelin-Bi-bel und die ursprüngliche Version, ähneln sichstark, da sie in der Regel auf der Vulgata be-ruhten und die Wort-zu-Wort-Übersetzung an-wendeten. Sie unterscheiden sich lediglich inKleinigkeiten wie „weyde“ und „wayde“ oder„richt“ und „regieet“. Bei Luther fällt auf, dasser eine andere Übersetzungstechnik verwende-te. Er „sah dem Volk auf’s Maul“ und benutzteein Deutsch, welches die Menschen im Alltagverwendeten. Zudem distanzierte er sich ein we-nig von dem Urtext und übersetzte dem Sinngemäß. Aus dem „wasser der widerbringung“wird „Wasser das mich erkulet“ und später „fris-sche[s] Wasser“.

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Mentelin-Bibel1466

Alte VersionAugsburg 1518

Luther 1524 Luther 1545

DEr herr der richtmich vnd mir ge-braft nit:

DEr herr regieet michund mir geprist nichts

Der HERR. ist meynhirtte/ myr wird nichtsmangeln.

DER HERR ist meynhirte/ Mir wird nichtsmangeln.

Vnd an der stat derweyde do satzt ermich.Er fûrtte mich obdem wasser der wi-derbringung:

Und an der stat derwayde da satzt ermich.Er hatt mich gefüretauff dem wasser derwiderpringung

Er lesst mich weyden daviel gras steht/und furet mich zumWasser das mich erku-let.

Er weidet mich auff ei-ner grünen Awen /Vnd füret mich zumfrisschen Wasser.

Zu beachten sind auch die Virgeln (/), mitdenen er den Psalm gliederte, denn damals gabes noch keine Kommata.Auffallend ist, dass in der Mentelin-Bibel undder Alten Version bei „DEr herr“ nur das Dund E großgeschrieben wurde, worüber manspekulieren könnte, ob es Initialen waren. Lu-ther jedoch hob beide Male „HERR“ hervor,was verdeutlicht, wie wichtig ihm Gott war.Zu erwähnen ist auch die Abänderung in Lu-thers Übersetzung von „und“ zu „vnd“, was ausheutiger Sicht ein Rückschritt ist. Dies könntevielleicht geschehen sein, weil sich das u nichtdurchsetzte. Wie sich die Sprache des Volkeswandelte, so wandelte sich auch die Lutherbi-bel.Langsam verdrängte Luthers Bibelübersetzungdie vorherigen Bibeldrucke, weshalb viele Men-schen heutzutage nicht wissen, dass es auchandere Bibelübersetzung ins Deutsche gab undLuther als der große Bibelübersetzer dargestelltwird. Man sollte allerdings nicht vergessen, dasses bereits Bibelübersetzungen vor ihm gab, andenen er sich auch orientieren konnte, und dasser auch den großen Vorteil hatte, dass die Ver-breitung seiner Werke durch die Revolution desBuchdrucks vereinfacht wurde.

Der BuchdruckHendrik Fischer, Silas Deubel

Die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichenLettern gilt unter anderem wegen seiner großenBedeutung für die Reformation als eine derwichtigsten Erfindungen der Menschheit. DieFrage, ob die Reformation ohne den Buchdruck

überhaupt möglich gewesen wäre, beschäftigteschon viele Historiker. Im weiteren Verlauf desTextes werden wir aber auch noch die Fragebehandeln, inwiefern die im Zuge der Reforma-tion aufkommende Flut an Druckschriften denBuchdruck beeinflusste.Johannes Gensfleisch, später als Gutenberg be-kannt, erfand zwar nicht die Drucktechnik ansich; durch den erstmaligen Einsatz von be-weglichen und vor allem wiederverwendbarenLettern aus Blei kam es jedoch zu tiefgreifen-den Veränderungen auf dem Buchmarkt: Bü-cher wurden nicht nur wesentlich billiger alsdie handgeschriebenen Exemplare – und somiterstmals für mehr gesellschaftliche Schichten zu-gänglich –, sondern es gab auch viele identischeExemplare einer Auflage, was zuvor undenk-bar gewesen wäre. Unter manchen Historikernwird die Erfindung des Buchdrucks deshalb alsBeginn der Neuzeit gehandelt.

Drucktechniken vor Gutenberg

Seit 1400, zu der Zeit, in der es auch die erstenPapiermühlen in Europa gab, wurde die Holz-schnitttechnik angewandt. Aus einer Holzplattewurden reliefartig Formen ausgeschnitten, dieseitenverkehrt das zu druckende Bild ergaben.Anschließend wurde die Holzplatte mit dünn-flüssiger Druckschwärze eingefärbt und auf einPapier gepresst. Dieses Verfahren hatte Vor-und Nachteile: Man konnte so zwar eine ein-zelne Druckvorlage oft wiederverwenden (biszu eintausend Mal), allerdings war damit nochnicht das Problem gelöst, dass es sehr arbeits-aufwendig war, solche Druckvorlagen herzustel-len. Das Drucken der Bibel in hoher Auflage

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(wie bei der Lutherübersetzung des neuen Tes-taments geschehen, bei der die erste Auflageallein 3000 Exemplare betrug) beispielsweisewäre absolut undenkbar gewesen.

Das Bild zeigt einen Holzschnitt um 1470–1475.

Johannes Gensfleisch wurde um 1400 als dritterSohn einer Mainzer Kaufmannsfamilie in de-ren „Hof zum Gutenberg“ geboren. Sein Vater,Friedrich Gensfleisch, der ein angesehener Patri-zier war, verließ mit seiner Frau Else Wirich dieStadt Mainz 1411 vorübergehend zusammenmit über hundert anderen Patriziern, um ihrenForderungen in einem Streit mit den Zünftenmehr Nachdruck zu verleihen. Ansonsten istüber Gutenbergs Jugend nicht viel bekannt.Erstmals erwähnt wird Gutenbergs Name imJahre 1419, als er nach dem Tod seines Vatersvor Gericht um das Erbe stritt. In den Jahren1434 bis 1444 wohnte er in Straßburg, allerdingsist über seine dortigen Tätigkeiten relativ wenigbekannt. Einige Gerichtsunterlagen scheinenaber darauf hinzudeuten, dass Gutenberg schondort erste Schritte in Richtung zur Erfindungdes Buchdrucks unternahm.1448 kehrte Gutenberg wieder nach Mainz zu-rück und nahm dort verschiedene Kredite in

Höhe von insgesamt 1650 Gulden auf, einersehr hohen Summe, die ungefähr einer heuti-gen Kaufkraft von 550.000 Euro entsprechenwürde. Mit diesem Geld baute er eine Druck-werkstatt auf und entwickelte seine Erfindungweiter. Etwa 1450 begann Gutenberg mit denersten Drucken. 1452 bis 1454 druckte Guten-berg die heute noch berühmte 42-zeilige Guten-berg-Bibel, von der, obwohl es gerade einmal180 Exemplare gab, auch noch heute einigeerhalten sind. Sie gilt als eines der schönstenDruckwerke überhaupt.

Gutenbergbibel, Altes Testament, Vorwort des Hie-ronymus, 1452-1454.

Ein Jahr später beschuldigte sein Geldgeber Jo-hannes Fust Gutenberg jedoch, Gelder, die aus-schließlich für den Druck der Bibeln bestimmtwaren, zweckentfremdet zu haben. In einemRechtsstreit unterlag Gutenberg und verlor sei-ne Druckwerkstatt, die Fust zugeschrieben wur-den. Auch alle bis dahin gedruckten Bibelnmusste er abtreten. Seinen Lebensabend biszu seinem Tod 1468 verbrachte er ebenfalls inMainz, wo er auch beigesetzt wurde.

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Der Buchdruck mit beweglichen Lettern

Nun kann man sich natürlich fragen, was ei-gentlich Gutenbergs Erfindung war. Was füruns heute einfach und banal klingt, war zudieser Zeit ein bahnbrechende Erneuerung: Gu-tenberg zerlegte die schriftlichen Texte in ihreeinzelnen Buchstaben, Satzzeichen und auchin sogenannten Ligaturen, das sind häufig vor-kommende Buchstabenkombinationen wie bei-spielsweise fi oder ae. Mithilfe seiner Erfindung,dem Handgießinstrument, konnten die einzel-nen Lettern seitenverkehrt aus Blei gegossenwerden. Die Gussvorlage (Matrize) war wieder-verwendbar. So konnte eine unbegrenzte An-zahl gleich aussehender Buchstaben bei relativgeringem Arbeitsaufwand hergestellt werden.

Die Lettern wurden von einer eigenen Berufs-gruppe, den Setzern, zu dem sogenannten Satz-spiegel zusammengefügt, welcher dann mit Dru-ckerschwärze aus Ruß, Leinöl und Eiweiß ein-gefärbt wurde. In der Druckpresse, die vomPrinzip her wie die damaligen Weinpressenfunktionierte, wurde der Satzspiegel auf dasPapier gepresst und somit gedruckt. Tatsäch-lich soll Gutenberg für seine erste Druckpresselediglich eine Weinpresse umgebaut haben.

Die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen,aus Blei gegossenen Lettern darf zu Recht alseine der bedeutendsten Erfindungen des Jahr-tausends angesehen werden. Die darauf folgen-den Veränderungen im Buchmarkt wie auch imLebensalltag der Menschen waren äußerst tief-greifend. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts,als die ersten Setzmaschinen erfunden wurden,fanden die nächsten wichtigen Änderungen imDruckverfahren statt.

Der Buchdruck und seine Auswirkungen

Der Buchdruck beeinflusste das Leben der Men-schen in der Zeit der Reformation in vielerleiHinsicht. Obwohl in der damaligen Zeit nur ca.5 Prozent der Bevölkerung lesen und schreibenkonnten, führte der Buchdruck zu grundlegen-den Veränderungen in Wirtschaft und Gesell-schaft.

Wirtschaftliche Veränderungen

Die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichenund wiederverwendbaren Lettern war gleichbe-deutend mit der Schaffung eines neuen Wirt-schaftszweigs. Es entstand eine Vielzahl neuerArbeitsplätze und Berufe, wie zum Beispiel diedes Winkel- oder Wanderdruckers. Jene druck-ten in kleinen Auflagen vornehmlich für denregionalen Markt. Daneben konnten sich großeDruckereien, die sogenannten „Druckoffizinen“etablieren, die in großen Auflagen drucktenund mit Niederlassungen im überregionalenRaum die bestehenden Buchhandelsstrukturenaufbrachen und reformierten.

Gleichzeitig wurde der Handschriftenhandelmit dem Aufschwung des Buchdrucks mit be-weglichen Lettern mehr und mehr verdrängtund der Markt infolgedessen mit großen Exem-plarmengen überschwemmt (dies war jedochein längerfristiger Prozess, der sich bis in dasspäte 16. Jahrhundert zog). Zwangsläufig führ-te dies dazu, dass die Bücher nicht mehr alleam Herstellungsort abgesetzt werden konntenund die Buchdruckkunst sich mit der Zeit inganz Europa verbreitete, wobei jedoch die da-maligen süddeutschen Reichstädte (Frankfurt,Nürnberg, Straßburg, . . . ) das Zentrum desBuchdrucks blieben.

Die Arbeit als Drucker war jedoch sehr risiko-reich, denn durch schwankende Nachfrage warihnen keine Sicherheit geboten, was auch oftzum Ruin führte. Damit einher ging eine im-mer stärker werdende Nachfrage nach Büchern,der die Druckereien bald mit der Anstellungsogenannter Buchführer begegneten. Die Buch-führer waren jeweils für ein abgegrenztes Ge-biet zuständig, in dem sie von einem zentralenBücherlager aus den Verkauf der Bücher betrie-ben. Die Buchführer und das Bücherlager vondamals sind die Vorgänger unserer heutigenBuchhändler mit Ladenverkauf.

Gesellschaftliche Veränderungen

Die wohl wichtigste Wirkung des Buchdrucksauf die Gesellschaft bestand in der Beschleuni-gung der Verschriftlichung des Alltags, insbe-sondere in den Städten. Durch den Buchdruck

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wurde Wissen zunehmend verfügbar und zu-gänglich, was auch zu einer Vereinheitlichungvon Informationen führte. Als Folge davonwuchs das Bedürfnis nach Wissensvermehrung,und Universitäten und Schulen wurden gegrün-det. Dies begünstigte auch die Verbreitungvon Schriften zeitgenössischer humanistischerSchriftsteller oder antiker Autoren.

Hinzu kam, dass sich aufgrund immer günstige-rer Beschaffungs- und Herstellungskosten auchbreitere gesellschaftliche Schichten Bücher leis-ten konnten. Eine tragende Rolle spielte dortneben dem Buchdruck die Erfindung des Pa-piers, welches das bisher gängige, aus Lederhergestellte Pergament mit bis zu 10-mal güns-tigeren Preisen nach und nach ablöste. Deshalbstieg die Anzahl der Schrift- und Lesekundigen,auch unter den Frauen, so stetig an.

Wechselwirkung zwischen Buchdruckund Reformation

Mit der These „Ohne Buchdruck keine Refor-mation“ lässt sich die bedeutende Rolle, dieder Buchdruck für den Erfolg der Reforma-tion spielte, treffend in wenige Worte fassen.Das neue Medium Buchdruck bot in bisher niedagewesenem Maße die Möglichkeit, die Über-zeugungen und Botschaften der Reformatoren,allen voran Martin Luther, unter das Volk zubringen und so überhaupt erst eine starke An-hängerschaft hinter sich zu versammeln.

Andererseits begünstigte die Reformation auchdie Verbreitung des Buchdrucks. Denn die Men-schen interessierten sich für die neuen theolo-gischen Schriften mit den von den Reformato-ren vertretenen Überzeugungen, wodurch dieNachfrage nach Gedrucktem stieg. Dies ließdie Produktion von Büchern bzw. polemischenFlugschriften in die Höhe schnellen und be-scherte dem Buchdruck einen rasanten Erfolg.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass sich Refor-mation und Buchdruck gegenseitig bedingtenund begünstigten. Ohne Buchdruck hätten sichdie Gedanken der Reformation nicht in demMaße durchgesetzt, und ohne die Reformationhätte sich der Buchdruck in dieser Zeit nichtso schnell verbreitet.

Flugschriften bzw. Illustrierte Flugblät-ter

Flugschriften

Flugschriften, in kurzer Zeit erstellt und ver-trieben ohne großen Kostenaufwand, waren eingeeignetes Format zur Verbreitung reformato-rischer Ideen. Der Umfang einer Flugschriftbetrug durchschnittlich 15–20, maximal 70–90Druckseiten. Durch die oft mit eindrücklichenBildszenen versehenen Titelholzschnitte wur-de noch zusätzlich Bezug auf den Inhalt derFlugschrift geschaffen, was auch Personen, dienicht lesen konnten, die Möglichkeit bot, denInhalt des Textes zumindest ansatzweise zuverstehen.

Luther war mit Abstand der meistgedruckteAutor, gefolgt von den beiden ReformatorenJohannes Karlstadt (1494–1566) und PhilippMelanchthon. Aber auch „Laien“ wie Ratsher-ren, gebildete Frauen und Handwerker hattenErfolge bei den Flugschriften. Einen genauenÜberblick über Autoren und Autorinnen zugewinnen ist jedoch schwierig da viele Werke,aus Angst vor Repressionen, anonym verfasstwurden.

Der Höhepunkt der Flugschriftenproduktionwar in den so genannten „Sturmjahren“ derReformation zwischen 1518 und 1525, die miteinem abruptem Ende 1525 im Stadium einereher von der Obrigkeit bescherten Reformationgestoppt wurde. Auch Produktionssteigerun-gen im Jahre 1530 und am Anfang des Schmal-kaldischen Kriegs (1546/47) sind nicht mit derZeit zwischen 1518 bis 1525 zu vergleichen.

Die Flugschriften können so unterschiedlicheTextsorten wie Dialog, Traktat (eine kurze ge-druckte Meinungsaussage) und Brief (zum Bei-spiel Luthers Sendbrief vom Dolmetschen) ent-halten, beziehen sich aber fast immer auf theo-logische und religiöse Themen, die mehr oderweniger in einem Zusammenhang mit der Wit-tenberger Reformation stehen. Schwerpunktewaren die Gnade Gottes, Kritik an Kirche undKlerus und – insbesondere in den Zeiten desWormser Reichstag 1521 – die Person MartinLuther.

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KURS 3 – GERMANISTIK/GESCHICHTE

Illustrierte Flugblätter

Neben den Flugschriften waren die Flugblätterein wichtiger Teil des Informationstransports.Wie die Flugschriften waren sie wegen ihresgeringen Umfangs (Einblatt-Druck) und derdaraus folgenden günstigen Druckkosten einpassendes Format, in kurzer Zeit und in ho-her Auflage theologische Themen zu verbreiten.Die schon im Spätmittelalter herausgebildeteBild-Text-Kombination kam jedoch erst amAnfang der Neuzeit zur Verwendung.Der Autoren- und Autorinnenkreis ist ähnlichwie bei den Flugschriften: Theologen, aber auch„Laien“, wie z. B. Handwerker. Das Themen-spektrum war weitläufig, so wurde oft neue undalte Lehre einander gegenübergestellt, in Zei-ten des Wormser Reichstag zahlreiche Luther-Porträts veröffentlicht und in Karikaturen derSpott über Klerus und Orden ergossen. Auchbildete das Jahr 1525 mit Ende des Bauern-kriegs eine Zäsur. Auf den Bauernkrieg wieauch auf die Verbreitung von Luthers Idealenreagierte die katholische Kirche mit einer Ge-genreformation.

Die GegenreformationFranziska Neundorfer, AlyssaBianzano

Die Reformation Anfang des 16. Jahrhundertsist eines der wichtigsten Ereignisse der deut-schen Geschichte. Aber oft rückt bei ihrer Be-trachtung die Reaktion der katholischen Kir-che auf den Protestantismus, also die Gegen-reformation bzw. die Rekatholisierung, in denHintergrund. Dabei ist auch die Gegenreforma-tion ein wichtiger Bestandteil der deutschenGeschichte.

Definition

Dem Begriff Gegenreformation können zweiBedeutungen zugeordnet werden. Zum einenumfasst er alle Reaktionen der katholischenKirche auf die Reformation, und zum ande-ren beschreibt er die Auseinandersetzung derKatholiken mit dem Protestantismus auf theo-logischer Ebene. Der Begriff Rekatholisierungbezieht sich hingegen auf die machtpolitischen

Interessen der katholischen Kirche, die darinbestanden, große protestantische Gebiete inEuropa wieder zum katholischen Glauben zu-rückzuführen.

Jesuiten

Außerdem bildeten sich im Zuge der Gegen-reformation neue, katholische Ordensgemein-schaften. Der Vorreiter dieser Gemeinschaftenwar der Jesuitenorden, der als Beispiel für denfrühneuzeitlichen Katholizismus gilt. Die Je-suiten sind die Mitglieder einer katholischenOrdensgemeinschaft, die am 15. August 1534von Ignatius von Loyola gegründet wurde.

Ignatius von Loyola, Gründer des Jesuitenordens.

Bis heute tragen die Jesuiten keine Ordens-tracht, was ihnen die Missionarstätigkeit er-leichterte, weil sie nicht sofort auffielen. Dafürkonnte man sie an dem Kürzel SJ (SocietasJesu) hinter ihrem Nachnamen erkennen. Ne-ben diesem Kürzel gab es noch eine weitereAbkürzung, nämlich IHS. Diese ist das Sym-bol des Ordens und steht für die ersten dreiBuchstaben von Jesus in griechischer Schrift.Der Gründer Ignatius von Loyola war ein aus ei-nem alten Adelsgeschlecht stammender Offizier

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KURS 3 – GERMANISTIK/GESCHICHTE

Höllensturz. Gemälde von Giuseppe Castiglione,18. Jh.

unter dem Herzog von Nájera. Nachdem er voneiner Kanonenkugel verletzt wurde und wäh-rend seiner Genesung theologische Schriftenlas, studierte er und ließ sich zum Priester wei-hen. Er fand während seines Studiums sechsKommilitonen, mit welchen er eine Gemein-schaft gründete, die später von Papst Leo III.als Orden anerkannt wurde.Als Teil der Gegenreformation errichtete derOrden in den Ländern und Regionen, in de-nen der katholische Glauben gefährdet war,Ordenshäuser, von denen aus die Jesuiten ver-schiedene Tätigkeiten wie Beichte, Predigt undSeelsorge ausführten, welche zur Wiederverbrei-tung des katholischen Glaubens führten. DesWeiteren gründeten sie Schulen, in denen unteranderem Theologie, Logik, Mathematik, Phi-losophie und Physik unterrichtet wurden, umdie Kinder nach dem christlichen Menschen-bild zu erziehen. Sie gründeten auch Univer-sitäten und nahmen so auch Einfluss auf dasBildungswesen. Eine Besonderheit war, dass

die Schulen oft kostenlos und auch zugänglichfür protestantische Kinder waren. Hierzu kannvermutet werden, dass das geschah, um diesenden katholischen Glauben näher zu bringen,was vorteilhaft für die Rekatholisierung war.Darüber hinaus gab es zur Durchsetzung derRekatholisierung Missionare, die unter ande-rem in Amerika, Indien, China und Japan tätigwaren. Das Ziel dieser Missionare war es vorallem, die Ureinwohner für den katholischenGlauben zu gewinnen. Trotz vieler Bemühun-gen wurde der Orden gegen Ende des 18. Jahr-hunderts wegen Verschwörungstheorien undsteigenden Misstrauens verboten, weil die Je-suiten zum Beispiel die Indios zu Aufständenund einem Anschlag auf König Joseph I. (vonPortugal) verleitet haben sollten; jedoch wurdedieses Verbot in Deutschland im Jahre 1917wieder aufgehoben.

Zur Zeit der Gegenreformation dienten die Je-suiten vor allem dem Papst, heutzutage sind dieJesuiten der größte katholische Orden, obwohlsie seit 1970 ein Drittel aller Mitglieder verlo-ren haben. Sie sehen sich selbsts als GefährtenJesus’, die in Freundschaft mit ihm leben undihm dienen. Des Weiteren bieten sie Online-Seelsorge, -Fürbitte und -Gebete und habenmittlerweile eine eigene Redaktion, in der sieihre geistlichen Impulse zu Papier bringen.

Katholische Bibelübersetzung

Eine weitere Maßnahme der katholischen Kir-che, um der Ausbreitung der Reformation ent-gegen zu wirken, war die Neuübersetzung der

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Bibel. Die wichtigsten drei katholischen Bibel-übersetzungen aus der Zeit der Gegenreforma-tion stammen von Hieronymus Emser (Dresden1527), Johann Dietenberger (Mainz 1534) undJohannes Eck (Augsburg 1537).

Bibel der Gegenreformation von Johannes Eck.

Als Ausgangssprache ihrer Übersetzungen ver-wendeten sie traditionell das Lateinische. Zu-sätzlich gingen sie aber auch auf Texte aus demAlten und Neuen Testament, die noch in ih-ren ursprünglichen Sprachen (also Hebräischbzw. Griechisch) verfasst waren, ein. Auch Lu-ther dienten diese als Ausgangsprachen, undsie waren typisch für die protestantische Über-setzungstradition der Bibel. Außerdem zogensie die Bibelübersetzungen Luthers heran, wel-che sie in einigen Punkten korrigierten, aberteilweise auch in ihre eigenen Übersetzungenübernahmen, so dass man eher von einer ka-tholischen Korrektur-Bibel sprechen kann alsvon einer eigenständigen Übersetzung, weil siein großen Teilen mit der Lutherbibel überein-stimmte.Gleichzeitig versuchten die Katholiken aber

auch, mit anderen öffentlichen Schriften gegenLuther zu wirken. Zu deren Autoren zählteebenfalls Johannes Eck, der ein Gegner MartinLuthers Überzeugungen war.

Disputation Martin Luthers mit Johannes Eck(1519). Gemälde von Julius Hübner, ca. 1865.

Zwischen beiden entstand ein heftiger theologi-scher Briefwechsel, in dem sie über die 95 The-sen, die Luther 1517 veröffentlicht hatte, strit-ten. Der Konflikt der beiden ging so weit, dassEck Luther in diesen Briefen indirekt als Ketzerbezeichnete, woraufhin der gekränkte Lutherihn einen Sophisten nannte, was damals als einestarke Beschimpfung galt und so viel bedeu-tete wie jemand, der spitzfindig und haarspal-terisch argumentiert. Ihren Höhepunkt fanddieser Konflikt schließlich 1519 in einem theolo-gischen Streitgespräch, der so genannten Leip-ziger Disputation, in dem es unter anderem umden Ablass ging.

Reform der Katholischen Kirche

Doch auch Johannes Eck war, wie viele Anhän-ger der katholischen Kirche, davon überzeugt,dass es Reformen innerhalb der Kirche gebenmüsse, um die dort herrschenden Missstände zubeheben. Es hatte zwar schon wesentlich frühereinige Stimmen gegeben, die Veränderungenforderten, aber dies durchzusetzen war erst imZuge der Reformation möglich. So wurde mitHilfe der Reformen zum Beispiel die Priester-ausbildung verbessert und der Ablasshandelabgeschafft, was ein Hauptpunkt in Luthers95 Thesen war, welche er laut der Bannandro-hungsbulle wiederrufen sollte. Eines der dreinoch existierenden Exemplare dieser Bulle sa-hen wir bei unserer Exkursion im LandesarchivStuttgart.

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KURS 3 – GERMANISTIK/GESCHICHTE

Kursinterne Exkursion ins Landes-archiv Stuttgart

Leonie Baisch, ZachariasWiedemer

Da historische Quellen zu deren Erhaltung undSchutz heute in Archiven aufbewahrt werden,bot es sich für unseren Kurs an, am Montag derzweiten Kurswoche eine Exkursion ins Haupt-staatsarchiv Stuttgart zu unternehmen.

Los ging es mit dem Zug von Adelsheim Ostzum Hauptbahnhof Stuttgart, von dort danndirekt durch die belebte Innenstadt weiter bisins Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Dort wurdenwir schon von Dr. Nicole Bickhoff, der Leiterindes Hauptstaatsarchivs, erwartet. Wir hattendie große Ehre, von ihr persönlich eine Führungzu erhalten.

Zuerst wurden wir mit den Aufgaben und derFunktion eines Archivs vertraut gemacht. Dr.Bickhoff erklärte uns, dass das Hauptstaatsar-chiv für die Landesregierung, Ministerien undden Staatsgerichtshof in Württemberg Doku-mente aufbewahrt. Ebenso bekamen wir einenEinblick, wie vielfältig Archivalien sein könnengibt (Bücher, Akten, CDs) – eine aufwendigeAngelegenheit, da Archivare aus vielen Doku-menten auswählen müssen. Zudem müssen sieimmer bedenken, dass die Archivalien, die sieaufgrund von begrenzten Platz nicht aufneh-men können, dann vernichtet werden und nichtmehr vorhanden sind.

Anschließend durften wir einen Blick „hinterdie Kulissen“ werfen und Bereiche betreten,die für Besucher sonst unzugänglich sind, wiezum Beispiel die Restaurationswerkstatt. Dorttauchten wir in die Welt eines „Schönheitschir-urgen für Bücher“ ein. Ein Mitarbeiter zeigteuns Materialien, aus denen Bücher gemachtwerden bzw. wurden (z. B. Leder, Pergament,Papier). Er erklärte uns dann, wie man diese anEinband, Buchrücken oder direkt am Papier be-handeln muss. Außerdem durften wir ein paarBücher mit besonders auffälligen Schäden be-gutachten wie zum Beispiel Mäuse- bzw. Insek-tenfraß, Wasserschäden und Eisengallustinte,die sich aufgrund eines zu hohen Eisenanteilsdurch das Papier „gerostet“ hatte. Beeindru-ckend war für uns, mit wie viel Zeitaufwand ver-

sucht wird, die Bücher wieder in ihren Original-zustand zurückzuversetzen und sie dabei dochim Aussehen und Material möglichst wenig zuverändern. Dies ist mit so hohem Aufwand ver-bunden, dass man nur 80–90 Regalzentimeterpro Jahr bewältigt.

Typische Schäden an einem Buch vor dessen Re-staurierung.

Nun kamen wir zum Höhepunkt der Führung:Wir wurden in das Magazin gebracht, welchesim Kellergeschoss des Hauptstaatsarchivs liegt.Das Magazin ist das Herzstück eines Archivs,denn dort werden alle Archivalien aufbewahrtund sortiert, und ihr Lagerort wird exakt ka-talogisiert. Wie Dr. Bickhoff betonte: „Jahrelange und nie endende Arbeit.“Dort durften wir Originaquellen aus dem frü-hen 16. Jahrhundert begutachten, beispielswei-se die 12 Artikel, die während des Bauernkrie-ges 12524/25 entstanden sind oder eine Land-karte Württembergs, noch handgezeichnet undkoloriert, auf der viele für uns heute auch un-wichtig erscheinende Orte eingezeichnet waren.Das Interessanteste war allerdings die Bann-androhungsbulle Papst Leo des X. an Luther(1520), in der Luther aufgefordert wurde, in-nerhalb von 60 Tagen 41 seiner 95 Thesen zuwiderrufen, ansonsten drohte ihm die Exkom-munizierung, also die Verbannung aus der Kir-che. Luther selbst verbrannte sein Exemplar,deshalb existieren insgesamt nur noch 3 Ex-emplare dieser Bullen weltweit – eines ebenin Stuttgart, eines im Vatikanischen Archiv

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Rom und eines in der Staatsbibliothek Dres-den. Aufgrund dessen war es natürlich eineaußerordentliche Ehre und ein ganz besonderesErlebnis für uns, die Bannandrohungsbulle zubegutachten, und es war ein tolles Gefühl zuwissen, dass man eine 500 Jahre alte Schrift,die bedeutende Personen schon in der Handgehabt hatten (u.A. Papst Leo X.), nur wenigeZentimeter vor sich „live“ und in Farbe sieht.

Die Bannandrohungsbulle und andere Archivalienaus der Zeit Luthers im Original.

Nachdem wir noch einen anderen Teil des Ma-gazins besichtigt hatten, in dem viel über dieGeschichte von Heimatorten einiger Teilneh-mer aufbewahrt wird, neigte sich die lehrreicheund interessante Führung leider auch schondem Ende zu.

Wir hatten anschließend noch etwas Freizeit inStuttgart, in der wir die Möglichkeit bekamen,einzukaufen oder uns einfach ein gemütlichesPlätzchen zu suchen, bevor es nachmittags mitdem Zug wieder zurück nach Adelsheim ging.

Ein sehr interessanter und spannender Tag gingzu Ende, an dem wir jede Menge Spaß hatten,und der uns allen noch lange in Erinnerung blei-ben wird. Wir möchten uns bei Dr. Bickhoffund den Mitarbeitern des HauptstaatsarchivesStuttgart auf diesem Weg für die interessan-te und spannende Führung bedanken – einigevon uns haben sich vorgenommen, bald nocheinmal in das Archiv zu gehen um Nachfor-schungen über ihre Heimatstädte und Familienanzustellen.

Fazit

Um auf unsere Leitfrage wieder zurückzukom-men, nämlich ob Martin Luther neben der Kir-che auch die deutsche Sprache reformiert hat,wollen wir hier unser Ergebnis darstellen: Mar-tin Luther reformierte nicht die deutsche Spra-che, war aber ein nicht unerheblicher Faktor.Obwohl er eine beachtliche Leistung erbrachte,tat er dies nicht allein. Zudem spielten die zeit-lichen und örtlichen Gegebenheiten eine großeRolle.

Desweiteren beschäftigten wir uns intensiv inunsere Kurs mit Quellenarbeit und verbesser-ten das Präsentieren von Projekten sowie denUmgang mit Kritik. Aber wir behandelten nichtnur todernste Themen, sondern hatten auchsehr viel Spaß und Erfolg bei unserer siegrei-chen Teilnahme am Sportfest: Wir belegtenden letzten Platz und wurden Sieger der Her-zen. Zudem erreichten wir auf der Knorkigkeits-Skala 13 von 10 Punkten und belustigten dieChemiker mit unserem Frühsport.

Der Kurs

Der Kurs Geschichte und Germanistik war derKurs mit den sympathischsten Kursleitern, denschönsten und intelligentesten Teilnehmern undSieger der Herzen beim Sportfest. All dies er-klärt ja fast schon von selbst, dass hier nieschlechte Stimmung aufkam. War mal jemandnicht mehr motiviert, wurde er stets aufgehei-tert, entweder durch Silas Witze, Hendriks häu-fig sehr enthusiastisch oder in Rage vorgetrage-ne Argumente oder einfach durch Martin, bei

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KURS 3 – GERMANISTIK/GESCHICHTE

dessen keksknabberndem Anblick man einfachnicht anders konnte, als zu schmunzeln.Wenn die Arbeit mal wieder anstrengend wur-de und es schien, als würde sich die Debatteüber die Deutung irgendeiner Quelle nur nochim Kreis drehen, trat man einen der anderenTeilnehmer freundlich unter dem Tisch. Selbstder Film über Luther wurde noch Tage lang alsVorlage eines sehr martinfreundlichen Ausspru-ches genutzt, mit dem wir unseren Kursleiterstets enthusiastisch begrüßten. Summa summa-rum war das gesamte Geschichte-Germanistik-Team total knorke, und was die tollsten Eigen-schaften der einzelnen Teilnehmer sind, wirdjetzt verraten:

Zacharias Wiedemer, 14 Obwohl wir ihn erstspäter kennenlernten, wussten wir sofort,dass er Wendelins Bruder sein muss, weil erden gleichen, denkwürdigen Humor besitzt.Er ist der wandelnde Beweis dafür, dassauch Germanisten nicht unbedingt buchsta-bieren können müssen. Trotzdem haben wirihn alle lieb gewonnen und seine Schulterzum Anlehnen wurde dankbar angenom-men. Als Tröster und bester Freund war erfür uns da.

Hendrik Fischer, 15 Hendrik, der redefreudi-ge Rotschopf, ist immer offen für Diskus-sionen über jedes erdenkliche Thema. Erlegt äußersten Wert darauf, das letzte Wortzu haben. Nach einer Weile hatten wir unsdann auch an das Fingerschnipsen gewöhnt,wenn er sich meldete, weil er einfach zu al-lem etwas wusste. Trotz seiner bestimmtenArt wurde er ein fester Bestandteil unsererGruppe, den niemand missen möchte.

Leonie Baisch, 14 Unsre süße Schwäbin ge-wöhnte uns in den zwei Wochen an ihrenliebenswerten Dialekt. „Hajowa“ und „Lell-abebbl“ gehörten zu ihrem täglichen Wort-schatz. Schnell waren ihr fremde Jackenlieber als die eigenen. Zur Halbzeit der Aka-demie fand sie ihr passendes Gegenstück,einen jungen, knackigen Physiker, den sienie wieder hergibt.

Friederike Lutz, 15 Ob morgens oder abends,Friederike konnte stets mit ihrem Fachwis-sen glänzen und erklärte jegliche Verständ-nisprobleme. Babybrei gehörte zu ihren

Grundnahrungsmitteln. Sie wurde mit derZeit wie eine Kursmama, die sich um allesund jeden kümmerte. Denn mit ihrer lie-benswerten Art munterte sie jeden auf undmachte allen Mut. Unser flippiges und sü-ßes Mädel zauberte uns immer ein Lächelnins Gesicht!

Philipp Schröppel, 15 Der stets auf sein Aus-sehen bedachte Philipp war, obwohl er teilswenig ambitioniert war, stets in Diskussio-nen verwickelt. Kennengelernt haben wirihn mit Stöpsel in den Ohren. Bald hatte erauch nichts mehr zum Anziehen, da diverseMädchen ihm nach und nach die ganzenKleider vom Leib rissen.

Silas Deubel, 14 Jahre, 2 Monate, 10 TageDie kleine freche Stimmungskanone sorgtestets für gute Laune, auch wenn die Moti-vation mal ihren Tiefpunkt erreicht hatte.Seinen starken Redefluss vermochten sogarunsere Kursleiter nicht zu bremsen. SeineBegeisterung für bestimmte Themen zeigtesich auch in seiner Gestik. Leider konnteer sich mit seinen rhetorischen Fähigkei-ten nicht gegen weibliche Schminkattackenwehren.

Jana Zimmermann, 16 Energiegeladen undschwungvoll startete sie schon in unsererersten Kurseinheit und auch nach zwei Wo-chen sang sie immer noch „sweet dreamsare made of this“. In den Pausen brachtesie uns jegliche Tanzschritte bei. Auch ihrWeltklasse-Hüftschwung wurde bald zumMusterbeispiel für Rhythmus und die Liebezur Musik. Ihr Schweizer Akzent fand beiallen regen Anklang und brachte uns regel-mäßig zum Schmunzeln. Ebenso charmantwie liebevoll tanzte sie sich damit in unsereHerzen.

Sarah Herold, 14 Unser zuckersüßer, verfres-sener Sonnenschein war stets für eine Pa-ckung Essig-Chips zu haben, auch wennman es ihr nicht ansieht. Viele Dinge fandsie „voll ned luschdig“ und auf schwierigeFragen antwortete sie gerne mit „häää?“.Mit ihrer wunderschönen Stimme verzau-berte sie am Hausmusikabend zusammenmit ihrer schwäbischen Pianistin das Publi-kum.

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KURS 3 – GERMANISTIK/GESCHICHTE

Franziska Neundorfer, 14 Franziska ist einMusterbeispiel dafür, wie ein erster Ein-druck täuschen kann. Unsere kleine Raub-katze startete nach einigen Tagen erst rich-tig durch und legte ihre ruhige und ausge-glichene Seite häufig nach dem Kurs ab undhielt alle auf Trab. Ein Kursteilnehmer be-schrieb dieses Phänomen folgendermaßen:„Und dann holt die kleine Maus ihre Peit-sche raus.“ Doch Gegenteile ziehen sich nunmal an. Deshalb glänzte sie mit unglaubli-chem Interesse und erreichte beinahe jedesZiel mit ihrer zuckersüßen Art.

Niklas Kienzle, 16 Wenn er lacht, ist Niklasunser großer knuffiger Teddy . Er parodiertegerne andere, was ihn noch sympathischermachte. Durch seine zunächst ruhige undbesonnene Art fühlten wir uns alle zu ihmhingezogen. Doch spätestens wenn die letz-ten Minuten des Kurses anbrachen, wur-de sein Bewegungsdrang durch intensivesStuhlkippeln deutlich. Ohne ihn wäre keineParty, keine Kurseinheit und kein Sportfestzu dem geworden, was es war.

Anna Liu, 14 Jede einzelne von Annas Wort-meldungen wirkte sorgfältig überdacht undgenauestens gewählt. Ihr Lieblingswort warMuffin, und für einen gewissen Sänger vonOne Direction würde sie alles tun! Ihre Dy-namik übertraf bei Weitem ihre Körpergrö-ße und faszinierte immer wieder aufs Neue.Für ihre rhetorischen Fragen, die sie ge-konnt in ihre Vorträge einarbeitete, war sieschnell bekannt. Sie begeisterte uns mit ih-ren Klavierkünsten und ihrer freundlichenund süßen Art.

Allyssa Bianzano, 15 Unsere kleine Mausi er-weckte anfangs den Eindruck, dass sie voll-kommen in sich selbst ruht. Doch nach eini-ger Zeit merkten wir, was eigentlich in ihrsteckt und wie viele Talente in ihr schlum-mern. Sie fing an zu diskutieren, erzählteuns von ihren unzähligen Hobbys, ihrenFremdsprachen und war stets gut aufgelegt.Ein solch beeindruckendes Energiebündelwar schon nach wenigen gemeinsamen Au-genblicken zu einer wunderbaren Freundinund Stütze geworden.

Martin Christ, 22 „Martin, Martin, wir haben

es geschafft!“, so wurde Martin nach demgemeinsamen Anschauen des Films „Mar-tin Luther“ begrüßt. Generell fand er soziemlich alles „knorke“ und beherrscht dieseltene Fähigkeit, mit so wenigen Fachbe-griffen wie möglich jegliche abgehobenenExpressionen zu erklären, sodass es auchwirklich jeder versteht. Alle sind sich einig,dass Martin eindeutig die besten Parodi-en für die schnulzigen Szenen des Martin-Luther-Films spielen könnte. Trotz allemwahrte er immer die feine englische Artund glänzte durch seine beeindruckende In-telligenz und Unausgeschlafenheit. Müssteman Martin mit einem Tier vergleichen, sokönnte es nur der Teddybär sein.

Sebastian Neu, 23 Der nichtmultitaskingfähi-ge Kursleiter ist unser wandelnder Duden.Sein Science-Fiction-Hintergrundbild amLaptop begeisterte einige unserer Kursteil-nehmer besonders. Am Rande wurde seineBegeisterung für jegliche U-Bootarten deut-lich. Auch wenn er sich als Badener stetsgegen die schwäbischen Schäfchen seinerHerde auflehnte, war er bei allen beliebtund für sein Organisationstalent geachtet.Zudem traute uns Sebastian mehr zu alswir uns selbst – und behielt mit seiner Ein-schätzung auch immer Recht.

Rebecca Ulshöfer, 18 Unsere Kursfee Rebec-ca kümmerte sich um das leibliche und see-lische Wohl aller Kursteilnehmer. Sie stelltejedes Mal aufs Neue ihre Backkünste unterBeweis und sorgte dafür, dass alle in denzwei Wochen immer glücklich und zufriedenwaren. Außerdem konnte man sich keinebessere Motivationstrainerin und Fotogra-fin wünschen. Wie sie allerdings stets unse-ren emotionalen Schwankungen und seeli-schen Tiefs folgen konnte, bleibt wohl fürimmer ihr Geheimnis. Abschließend bleibtdamit nur noch zu sagen, dass wir uns keinefachkundigere und liebenswertere Schüler-mentorin hätten wünschen können.

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KURS 3 – GERMANISTIK/GESCHICHTE

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Page 85: Dokumentation 2013

KURS 4 – MATHEMATIK

Kurs 4 – Fakten, Fakten, Fakten

VorwortAlicia Rohnacher

Mathe in den Ferien? Und das freiwillig? DieseFragen bekamen wohl einige Kursteilnehmerdaheim zu hören, als sie sich für den Mathe-Kurs der Science Academy entschieden haben.Aber dass Mathe hier etwas ganz anderes alsdie Schulmathematik ist und auch richtig Spaßmachen kann, haben die Teilnehmer schon sehrbald erfahren.

Am Eröffnungswochenende traf die bunte Mi-schung aus zwölf Schülerinnen und Schülern,zwei Kursleitern und einer Schülermentorinzum ersten Mal aufeinander, um zusammendie Welt der Statistik zu entdecken.

Schon nach dem ersten Kennenlernen wurden

sie mit der wichtigsten Arbeitsmethode desKurses, dem Diskutieren, konfrontiert. Was fürden einen oder anderen erst ungewohnt war,führte im Laufe der Akademie zu heißen De-batten über statistische Probleme. So konn-ten die Teilnehmer neben den mathematischenKenntnissen auch ihre rhetorischen Fähigkeitenverbessern.

Der Spaß kam dabei natürlich nicht zu kurz,vor allem, wenn die Diskussionsrunden durchverschiedenste Naschereien und leckeren Teeversüßt wurden. Und auch außerhalb der Kurs-zeiten hatte der Kurs jede Menge zu lachen.So toppten die Mathematiker beim Sportfestdurch tollen Teamgeist und einen einfallsrei-chen Schlachtruf das Ergebnis vom Vorjahrund experimentierten beim Exkursionsbesuchin Heidelberg unter anderem mit viel Freude

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KURS 4 – MATHEMATIK

in der Explo-Ausstellung. Dass Mathematikerauch kreativ sind, bewiesen die Teilnehmer vorallem beim Entwerfen des Kurs-T-Shirts, dasganz unter dem Motto „Keine Angst vor wildenFormeln!“ stand.

Unser Kurs

Peter-Henrik Bareis war stets gutgelaunt undhatte ständig was zum Lachen, was wohlauch daran gelegen haben könnte, dass er ei-gentlich immer eine Cola bei sich hatte. Erwar immer motiviert, freundlich und hilfs-bereit und brachte uns in den Diskussionenoft zurück auf das Wesentliche. Beim Sport-fest war er einer unserer Punktegarantenund man konnte sich immer auf ihn verlas-sen. Während der Abschlusspräsentationwar er ziemlich gelassen und meisterte diePräsentation souverän.

Manuel Eppler „Ich hab das jetzt schon malin den Taschenrechner eingegeben. . . !“ Sohörten wir es während des Kurses öfters ausManuels Ecke sagen, wenn es um langwieri-ge Rechnungen ging. Er war nicht nur in Sa-chen GTR echt fit, sondern lieferte uns auchgute Beiträge in manchmals ausuferndenDiskussionen. Und da er auch sonst immergut drauf und für so manchen Spaß und net-te Unterhaltungen zu haben war, kam es imKurs zum ein oder anderen Lachflash, weilManuel da seinen verrückten Ideen freienLauf ließ.

Sarah Högerle war immer sehr ruhig, aber to-tal nett zu allen. Sie hat immer motiviert

mitgearbeitet und gute Beiträge geleistet.Mit vielen Denkanstößen brachte sie unsauf neue Ideen und übernahm bei der Prä-sentation auch gerne die eher schwierigenTeile. Ihre Begeisterung fürs Sportfest re-sultierte in vielen Punkten, die sie für unse-re Gruppe erringen konnte. Sarah ist einetolle Kurskameradin, die die Dinge ohneviel Aufhebens und in freundlicher Haltungangeht.

Miriam Kurtzhals war immer gutgelaunt undhilfsbereit. Unsere langen Diskussionen wa-ren für sie nie mit einem „Das ist halt so!“geklärt und so war sie erst zufrieden, wennalle Fragen beantwortet waren. Das wareine große Bereicherung für unsere Diskus-sionen, zumal sie auch auf unsere Fragenimmer eine Antwort parat hatte. Sowohldie Rotation als auch die Abschlusspräsen-tation waren für sie kein Problem. Außer-dem leitete sie die Bibel-KüA und war mitgroßem Engagement in der Theater-KüA.

Iris Mahninger war über die Akademie eigent-lich eine sehr ruhige Person, jedoch immernett und auch hilfsbereit. Beim Sportfestwar sie stets motiviert und setzte sich vollund ganz für uns, den Mathekurs, ein. In derKüA-Schiene engagierte sie sich vor allemin der Musik-KüA, was wir am Hausmu-sikabend in der Akademieband an ihremGitarrenspiel bestaunen konnten.

Stefan Möll war ein sehr netter Kurskamerad,der bei der Arbeit immer total interessiertwar. Er stellte viele Fragen und war über-haupt sehr wissbegierig. Auch holte er uns

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KURS 4 – MATHEMATIK

aus endlosen, im Kreis gehenden Diskussio-nen mit seinen Einwürfen wieder auf denBoden der Tatsachen zurück und fokussier-te uns auf das Wesentliche. Das war sehrwichtig, da wir dadurch im Kurs gut vor-ankamen. Beim Sportfest hat er uns durchAnfeuern und hilfreiche Tipps – sozusagenals Mannschaftscoach – sehr unterstützt.

Magdalena Neureither war während der Dis-kussionen häufig sehr ruhig, jedoch geistigimmer bei der Sache. Ihre konstruktivenBeiträge und guten Fragen führten uns wie-der auf die richtige Spur. In unseren Pau-sen war sie einer der Stammgäste der sehrbeliebten Sofaecke. Ihre Person beschreibtman am besten als sehr freundlich und lie-benswert. Bei der KüA-Schiene war sie fürjede KüA zu haben, ihre Leidenschaft galtallerdings dem Chor.

Caroline Pfannschmidt wohnte stets fröhlichund mit einer Tasse Kaffee in der Hand denKurstreffen bei. Im Kurs lernten wir sieals hilfsbereit kennen. Sie half jeden Tag,die Tassen für den Kaffee und Tee aus derMensa zu holen und brachte sie selbstver-ständlich wieder zurück. In der Zeit derKüAs fand man sie bei allen möglichen An-geboten, woran man ihre breit gefächertenInteressen sieht. Insgesamt ist sie eine sehrnette und in vielen Gebieten interessiertePerson.

Tom Potthoff war einer unserer Mathemati-ker, der auf keinen Fall fehlen durfte. Anden Diskussionen beteiligte sich Tom inter-essiert und brachte durch lustige Sprücheimmer wieder Spaß und Lockerheit in un-sere Truppe. Bei Proben des Präsentierenswar Tom oft das Versuchskaninchen undman konnte sich viel bei ihm abschauen, daer sich sicher und gut präsentierte. Aucham Sportfest war Tom eine große Hilfe undnahm dafür, im wahrsten Sinne des Wortes,einiges „auf die Schulter“.

Simeon Schaub glänzte durch seine Program-mierfähigkeiten am Computer und war im-mer hilfsbereit. Engagiert mischte er mitseinen schlagenden Argumenten mit undbrachte uns auf so manche neue Idee. Ihnhatte unser Kursthema so gepackt, dass

er selbst beim Mittagessen noch etwas imTaschenrechner nachrechnete und uns mitneuen Programmen und Apps überraschte.

Timothy Schubert war ein sehr aufgeweckterJunge, der immer konzentriert bei der Sa-che war und die anderen Kursteilnehmernicht selten durch seine pfiffigen Anmerkun-gen zum Nachdenken anregte. Besondersengagiert zeigte er sich auch, als es um un-ser Mathekurs-T-Shirt ging. Ihm verdankenwir die wirklich gelungene, lustige Karika-tur darauf. In seiner Freizeit kämpfte erdes Öfteren als Vertreter unseres Kursesan der Tischtennisplatte um den Sieg undfand im Anbieten einer Judo-KüA auch eineMöglichkeit, sein langjähriges Hobby hiereinzubringen.

Jonathan Stockinger ist sehr kontaktfreudigund war immer gutgelaunt, hilfsbereit undfreundlich. Da er sportlich ist, brachte eruns beim Sportfest, vor allen Dingen imGummistiefelweitwurf, wichtige Punkte. Sei-ne Ideen, die er im Kurs einbrachte, halfenuns oft in den Aufgaben weiter. Die Präsen-

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Page 88: Dokumentation 2013

KURS 4 – MATHEMATIK

tationen waren für ihn kein Problem, bloßdes mit dem hochdeidsch hod ned äwel soklabbt.

Unsere Kursleiter

Damián Gvirtz Damián war immer nett, hilfs-bereit und gutgelaunt und erklärte uns mitseiner großen Begeisterung für die Mathe-matik und seinem argentinischen Tempera-ment ausgiebig und spannend die Welt derStatistik. Als überzeugter Barfußläufer undtalentierter Sing- und Tanzbär verbreiteteer immer gute Laune und sorgte für guteStimmung im Kurs.

Jochen Reder Jochen hat uns durch seine lo-ckere und nette Art am Anfang des Kur-ses das Zusammenfinden in der Gruppe er-leichtert. Durch seine Erfahrung als Lehrerwusste er, wie er uns unterstützen und auchschwerere Themen gut vermitteln konnte.Er half uns und machte uns immer wiederMut, auch wenn wir uns im Kreis „drehten“oder nicht gleich eine Lösung fanden.

Alicia Rohnacher Unsere Schülermentorin Ali-cia war für unterhaltsame Gespräche im-mer zu haben. Gleichzeitig war sie die An-sprechpartnerin bei Problemen aller Artund stand uns die ganze Zeit mit Rat undTat zur Seite. Sie brachte uns mithilfe vonSüßigkeiten durch den Tag, was wir alle sehrbegrüßten. Durch ihre hervorragende Moti-vationsarbeit waren wir stets guter Laune.Deswegen mochten wir sie alle sehr gerne.

EinleitungDamián Gvirtz, Jochen Reder

„Trau keiner Statistik!“, „Mit Statistik kannstDu alles belegen.“ In diesem Sommer wolltendie Teilnehmer des Mathematikkurses, genauerdes Statistikkurses, herausfinden, wie sicherman sein kann, wenn man eine statistischeErhebung auswertet.Wahrscheinlichkeiten zu erkunden, ohne vorherRezepte gelernt oder gar geübt zu haben, waram Eröffnungswochenende die erste große Her-

ausforderung, der sich die Teilnehmer stellenmussten.

Wie findet man heraus, wie groß die Wahr-scheinlichkeit ist, dass in einer Gruppe von 25Personen zwei am gleichen Tag Geburtstaghaben? Die Schätzungen reichten am erstenAbend von 5 Promille bis 70 Prozent und dieDiskussion über den richtigen Lösungsweg dau-erte bis zum Ende der ersten Kurssitzung an,ohne dass wir ein endgültiges Ergebnis hatten.Es gab verschiedene Lösungen und unterschied-liche Wege dorthin. Was war nun richtig? Amersten Abend konnten wir es nicht abschließendklären und das war nicht einfach zu akzeptie-ren.

Dies war die erste Lektion! Wir sind nicht inder Schule, wo von der Lehrperson in der Regelrecht zügig eine Methode vorgestellt wird, dieman dann immer wieder auf passende Problemeanwendet.

Am nächsten Morgen die Überraschung: Wirbekamen von einem Teilnehmer eine einwand-freie Argumentation geliefert, dass die Wahr-scheinlichkeit für zwei Geburtstagskinder amgleichen Tag bei fast 60% liegt.

Nun war das Eis gebrochen, wir stiegen ein indie Fragestellungen der beurteilenden Statis-tik, erarbeiteten uns Begriffe wie Ablehnungs-bereich, Fehler erster und zweiter Art, Wahr-scheinlichkeitsverteilung, Binomialkoeffizientenund Binomialverteilung und schließlich auchNormalverteilung und Wahrscheinlichkeitsdich-te.

Die Scheu vor komplizierten Formeln und kom-plexen Darstellungen wurde allmählich über-wunden und wir konnten mit Computer undGTR unsere Auswertungen durchführen.

Wir führten einen Test mit allen Akademieteil-nehmern durch und fanden heraus, dass wirauf hohem Signifikanzniveau behaupten kön-nen, dass man sein Zeitgefühl durch einfachesTraining verbessern kann. Wir simulierten 100Millionen Würfe mit 10 Würfeln und präsen-tierten unsere „wilden Formeln“ den Nichtma-thematikern der diesjährigen Akademie undam Ende auch den Eltern und Gästen der Ab-schlussveranstaltung.

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Page 89: Dokumentation 2013

KURS 4 – MATHEMATIK

GeburtstagsproblemStefan Möll

Das Geburtstagsproblem hat, wie der Nameschon sagt, mit Geburtstagen zu tun. Es gehtdarum, die Wahrscheinlichkeit zu berechnen,dass mindestens 2 aus 25 zufällig ausgewähltenMenschen am gleichen Tag Geburtstag haben.

Lösung:

Wir bestimmen zuerst die Gegenwahrschein-lichkeit, dass das Ereignis (2 aus 25 Personenhaben am gleichen Tag Geburtstag) nicht statt-findet. Die erste Person hat 365 Tage zur Aus-wahl, um Geburtstag zu haben.Der zweiten Person bleiben jetzt nur noch 364Tage, um Geburtstag zu haben, weil wir ja nichtwollen, dass zwei am gleichen Tag Geburtstaghaben.Der dritten Person bleiben jetzt noch 363 Tage,um Geburtstag zu haben, weil wir ja wollen,dass auch die dritte Person an einem Tag allei-ne Geburtstag hat.usw.Die 25. Person hat nur noch 341 Tage frei, umGeburtstag zu haben.

P = 365365 ·

364365 ·

363365 · · · · ·

342365 ·

341365

≈ 0, 4313 (43, 13 %)

ist also die Wahrscheinlichkeit, dass 25 Perso-nen an verschiedenen Tagen Geburtstag haben.

Die beiden Wahrscheinlichkeiten, dass alle anverschiedenen Tagen Geburtstag haben, bzw.mindestens zwei am gleichen Tag, müssen ad-diert 100% ergeben. Wir ziehen davon die uner-wünschten Fälle (alle an verschiedenen Tagen)ab.

1 (100 %)− 0, 4313 (43, 13 %)= 0, 5687 (56, 87 %)

Das ist jetzt die Wahrscheinlichkeit, dass min-destens 2 aus 25 Personen am gleichen TagGeburtstag haben. So einen hohen Wert er-warten die wenigsten. Daran sieht man, dasses sich lohnen kann, Wahrscheinlichkeiten zuberechnen, weil der erste Schein oft trügt.

BinomialkoeffizientCaroline Pfannschmidt

Mit dem Binomialkoeffizienten(n

k

)(lies: n über

k) kann man ausrechnen, auf wie viele verschie-dene Arten man bei einem statistischen Experi-ment genau k „günstige“ Ergebnisse aus einerMenge von n Ergebnissen ziehen kann. Dabeikönnen Ergebnisse weder zurückgelegt werden,noch spielt die Reihenfolge, in der die „günsti-gen“ bzw. „ungünstigen“ Ergebnisse gezogenwerden, eine Rolle.Genauer möchten wir den Binomialkoeffizien-ten jetzt anhand eines Beispiels erklären. Ge-geben ist ein Sack mit 10 Kugeln, 6 schwarzenund 4 weißen, die durchnummeriert sind. Man

ziehe blind eine Kugel nach der anderen undlege sie alle in einer Reihe ab. Wenn man jetztdie Reihenfolge der Zahlen betrachtet, ist diesesEreignis einmalig (Detailanordnung).

Bei 10 Kugeln kann man für die erste Kugelunter allen 10 Kugeln auswählen, für die zweitegibt es noch 9 Möglichkeiten usw. und bei derletzten Kugel hat man gar keine Auswahl mehr,also nur noch eine Möglichkeit. Die Anzahl derDetailanordnungen ist also

1 · 2 · 3 · · · · · 9 · 10 = 3628800

Hierfür gibt es eine etwas kürzere Schreibweise,die Fakultät:

n! := 1 · 2 · · · · · (n− 1) · n

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Page 90: Dokumentation 2013

KURS 4 – MATHEMATIK

Wenn man sich jetzt allerdings nur für die Far-be der Kugeln interessiert, sehen alle Ereignis-se, bei denen nur weiße bzw. schwarze Kugelnuntereinander ausgetauscht werden, gleich aus(Farbreihenfolge). Es gibt 4! verschiedene An-

ordnungen, die gleich aussehen, wenn wir nurweiße Kugeln untereinander austauschen (essind ja 4 weiße Kugeln), gleiches gilt für dieschwarzen Kugeln, allerdings gibt es hier füreine Farbreihenfolge 6! verschiedene Detailan-ordnungen.Damit wir keine Dopplungen haben, müssenwir jetzt also noch die Anzahl aller Detailan-ordnungen durch 4! · 6! teilen, die Anzahl un-terschiedlicher Farbreihenfolgen ist also

10!4!6! = 210

Die allgemeine Formel sieht dann so aus:

n!k!(n− k)!

für n Ergebnisse und k „günstige“ Ergebnisse.Und auch für diese kompliziert aussehende For-mel gibt es eine einfachere Schreibweise, manschreibt:(

n

k

):= n!

k!(n− k)!

Diese Funktion kennt sogar der Taschenrech-ner. Man gibt dann ein: n → nCr (das istdie Funktion) → k. Die englische BezeichnungnCr steht für „from n choose r“.

BinomialverteilungIris Mahninger, MagdalenaNeureither

Fangen wir mit einem Beispiel an: Wir habeneinen Würfel und würfeln genau n = 5 Mal(n: Gesamtanzahl der Würfe). Nun wollen wirdie Wahrscheinlichkeit berechnen, dass wir beigenau k = 2 Versuchen (k: Anzahl der Erfolge)eine 6 würfeln. (Die Erfolgswahrscheinlichkeit

p für die Zahl 6 bei einem Wurf beträgt 16 .) Im

Beispiel gibt uns die Binomialverteilung dannan, mit welcher Wahrscheinlichkeit 2 Erfolgeeintreten (zweimal eine 6 gewürfelt wird), wenndie Gesamtanzahl n der Versuche 5 ist und dieErfolgswahrscheinlichkeit p eines Versuchs 1

6 .Bei Binomialverteilungen gibt es immer nurzwei mögliche Ergebnisse: richtig oder falsch,Erfolg oder Misserfolg, es wird eine 6 gewürfeltoder nicht.Für ein Beispiel wie das oben bereits genannte,bei dem man die Wahrscheinlichkeit für genauk Treffer berechnet, können wir die Wahrschein-lichkeit mithilfe dieser Formel angeben (wobeiX die beobachtete Anzahl an Erfolgen ist):

P (X = k) =(n

k

)pk(1− p)n−k

Erklärung:

pk(1− p)n−k (nach Vertauschen der Faktoren)gibt die Wahrscheinlichkeit jeder einzelnen Mög-lichkeit, k Erfolge zu erzielen, an. Im Baumdia-gramm: Ein einzelner Pfad, der, nach unseremBeispiel, zwei Erfolge (also zweimal 6) bei ins-gesammt fünf Versuchen einschließt, hat dieWahrscheinlichkeit: 1

6 ·16 ·

56 ·

56 ·

56 oder zusam-

mengefasst:(

16

)2·(

56

)3. Und dies ist dasselbe

wie: (16

)2·(

1− 16

)5−2

Den Ausdruck(n

k

)nennt man Binomialkoeffizi-

enten. Er gibt, wie oben erklärt, die Anzahl derMöglichkeiten bei k Erfolgen von n Versuchenin einem statistischen Experiment an.

Bezug zum Beispiel:

n = 5

p = 16

k = 2

P (X = 2) =(

52

)(16

)2 (1− 1

6

)5−2

≈ 0, 1608

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Page 91: Dokumentation 2013

KURS 4 – MATHEMATIK

blau: n = 50, p = 0, 5; rot: n = 50, p = 0, 3; grün: n = 80, p = 0, 5

Im Taschenrechner gibt es auch die Möglichkeit,den Befehl „binompdf(n, p, k)“ zu benutzen:binompdf(5,1

6 ,2)≈ 0, 1608Dieser Befehl berechnet die Wahrscheinlichkeitfür genau 2 Treffer. Für die Wahrscheinlichkeitvon höchstens k Treffern gibt es einen anderenBefehl: „binomcdf(n, p, k)“. Und für „mindes-tens k Treffer“ können wir dann einfach dieGegenwahrscheinlichkeit zu „binomcdf(n, p, k)“verwenden, also 1-binomcdf(n, p, k−1). Es mussbeachtet werden, dass

P (X ≥ k) = 1−P (X < k) = 1−P (X ≤ k−1)

Die Formel für binomcdf(n, p, k) ist schlichtund einfach die Summe der darin enthaltenenFälle:

P (X ≤ k) =P (X = 0) + P (X = 1)+ · · ·+ P (X = k)

In Kurzschreibweise:

P (X ≤ k) =k∑

i=0P (X = i)

=k∑

i=0

(n

i

)pi(1− p)n−i

∑(Summenzeichen) summiert die dahinterste-

hende Formel für alle i von 0 bis k.

Wir können nun sagen, dass die Wahrschein-lichkeit, bei 5-maligem Werfen eines Würfelsgenau zweimal eine 6 zu bekommen, ca. 16,08%beträgt. Dies ist nun die Wahrscheinlichkeit fürgenau einen Wert k. In einem Diagramm kannman aber gleich für alle unterschiedlichen k dieWahrscheinlichkeit ablesen.Mit Hilfe von Programmen wie zum BeispielMicrosoft Office Excel haben wir Binomialver-teilungen am Computer grafisch durch Säulen-diagramme dargestellt (siehe obige Abbildung).Wir haben gegeben n (die Gesamtanzahl) und p(die Wahrscheinlichkeit). An der x-Achse kannman k ablesen und auf der y-Achse die Wahr-scheinlichkeit für das Ereignis. Dadurch, dassdie Wahrscheinlichkeit hier bei 0, 5 liegt, ist dieKurve symmetrisch (blaues Diagramm). Wennn größer wird (grünes Diagramm), werden dieWahrscheinlichkeiten kleiner und wenn n klei-ner wird, werden die Wahrscheinlichkeiten grö-ßer. Addiert man die Werte aller Säulen zusam-men, kommt man auf 1 (die Wahrscheinlichkeitaller möglichen Ausgänge).Liegt die Wahrscheinlichkeit bei kleiner als 0,5,liegen die Säulen weiter links im Koordinaten-system (rotes Diagramm), weil weniger Erfolgeals bei 0,5 erwartet werden. Ist die Wahrschein-lichkeit größer als 0,5, liegen die Säulen dannweiter rechts im Koordinatensystem.

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Page 92: Dokumentation 2013

KURS 4 – MATHEMATIK

Philosophie des TestensIris Mahninger, MagdalenaNeureither

Man stelle sich folgendes Beispiel vor: Wir wol-len herausfinden, ob der Wurf einer bestimmtenMünze unfair ist.Dazu stellen wir zwei Hypothesen auf:H0: NullhypotheseH1: AlternativhypotheseAn unserem Beispiel:H0: P (Kopf) = 50 % (die Münze ist fair)H1: P (Kopf) 6= 50 % (die Münze ist unfair)Wir wählen immer H0 als die Hypothese, diewir verwerfen wollen. Bei diesem Beispiel wol-len wir also ausschließen, dass die Münze fairist.H0 und H1 schließen sich gegenseitig aus.Um nun zu einem Ergebnis zu kommen, setzenwir ein kritisches Gebiet K am beobachtetenWert an. Es schließt den beobachteten Wertm und alle im Sinne der Nullhypothese extre-meren Werte mit ein. Wir versuchen also, dieGrenze, ab der wir H0 verwerfen, so zu setzen,dass unsere Beobachtung in K liegt, d. h. gegenH0 spricht.

Mit dem kritischen Gebiet wird berechnet, mitwelcher Wahrscheinlichkeit wir den Fehler be-gehen, dass wir H0 verwerfen, obwohl die Hy-pothese wahr ist. Diesen Fehler nennt manAlpha-Fehler (α). Außerdem gibt es noch denFehler β, der die Wahrscheinlichkeit angibt,dass H0 angenommen wird, obwohl sie falschist (Tabelle auf der nächsten Seite).In der Anwendung ist der Alphafehler wichti-ger, weil die Hypothesen so aufgestellt werden,dass H0 verworfen werden soll. In einer mathe-matischen Formel ausgedrückt gilt:

α = P (X ∈ K|H0)

α ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Beob-achtung in das kritische Gebiet fällt unter der

Bedingung, dass H0 gilt. Wenn α sehr kleinist, können wir vermuten, dass H0 falsch ist,weil es sehr unwahrscheinlich ist, dass, falls H0gilt, dieses Ergebnis oder ein extremeres er-scheint. Je nach Studie akzeptieren wir H0 biszu einem unterschiedlichen α. Z. B. sind 5%bei einer Medikamentenstudie ein viel zu hohesα, bei anderen Versuchen können auch Werteknapp unter 5% ausreichend sein, um H0 zuverwerfen.

Mit α kann man nicht auf die Wahrscheinlich-keiten der Hypothesen schließen, da es sichhier um eine sogenannte bedingte Wahrschein-lichkeit handelt. Wir nehmen nämlich bei derBerechnung von α im Voraus schon an, dassH0 wahr ist.

P (X ∈ K|H0) 6= P (H0|X ∈ K)

Die Formel sagt aus, dass bei einer beding-ten Wahrscheinlichkeit das Ergebnis und dieBedingung im Allgemeinen nicht vertauschtwerden können. An einem Beispiel mit Hundund Terrier kann man dies gut klarmachen:Die Wahrscheinlichkeit, dass mein Haustier einHund ist unter der Bedingung, dass es ein Terri-er ist, beträgt 1. Die Wahrscheinlichkeit jedoch,dass mein Haustier ein Terrier ist, unter derBedingung, dass es ein Hund ist, ist nicht 1, danicht alle Hunde Terrier sind.Es gibt auch andere Methoden, mit denen mandie Wahrscheinlichkeit der Hypothesen berech-nen kann (Bayes-Statistik). Dazu benötigenwir jedoch eine Anfangsvermutung, die nichtvon vorneherein klar ersichtlich ist. Dieses Ver-fahren zusätzlich genauer anzuschauen, wäre

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Page 93: Dokumentation 2013

KURS 4 – MATHEMATIK

H0 ist wahr H1 ist wahrH0 wird verworfen α (Fehler 1. Art) Entscheidung richtigH0 wird nicht verworfen Entscheidung richtig β (Fehler 2. Art)

Fehlerarten in der Übersicht

im Rahmen der zweiwöchigen Akademie nichtmöglich gewesen.

BinomialtestsPeter-Henrik Bareis

Ein Binomialtest ist ein mehrstufiges Zufalls-experiment mit je zwei möglichen Ergebnissen,nämlich Erfolg oder Misserfolg. Da die einzel-nen Versuche unabhängig voneinander sind,ist der Binomialtest mit beliebig oft wieder-holten Versuchen durchführbar. Die gesamteVersuchsreihe ist binomialverteilt.

Einseitige Tests

Am Eröffnungswochenende führten wir im Ple-num ein Experiment mit allen anwesenden Teil-nehmern durch: Dazu sollten alle die Augenschließen und eine Minute abschätzen, währendeine Stoppuhr lief. Wer meinte, die Minute seium, sollte die Augen öffnen und sich die Zeit aufder Stoppuhr merken. Danach wurde das Ex-periment wiederholt und alle, die beim zweitenMal besser geschätzt hatten als vorher, solltensich melden. Bei der Durchführung des Experi-ments wusste keiner der Teilnehmer, worum esdabei ging. Von den insgesamt 93 Teilnehmernhatten sich 70 verbessert.Nun haben wir uns die Frage gestellt, wie sicherman sagen kann, dass man sich beim zweitenVersuch verbessert, oder ob es nur Zufall war.

p := Wahrscheinlichkeit einer VerbesserungH0: p ≤ 50 % (es ist zufällig oder unwahrschein-licher)H1: p > 50 % (es ist wahrscheinlicher)Gesamtzahl Testpersonen: 93Verbesserte Schätzungen: 70Wir setzten also das kritische Gebiet von 70bis 93 und errechnen die Wahrscheinlichkeit,dass ein Wert hier hinein fällt, wenn H0 gilt.Dies ist dann der α-Fehler.

α =93∑

i=70

(9370

)0, 5i(1− 0, 5)90−i ≈ 0, 00005 %

Das bedeutet, dass wir, wenn wir H0 verwerfen,eine Fehlerwahrscheinlichkeit von 0,00005%haben. Da diese Fehlerwahrscheilichkeit sehrklein ist, ist es offensichtlich, dass man sichverbessert.Dies war ein einseitiger Test, da wir das kriti-sche Gebiet auf nur einer Seite angesetzt haben.

Zweiseitige Tests

Es gibt außerdem noch zweiseitige Tests, beidenen das kritische Gebiet über beide Seitenverteilt ist.Ein Beispiel für einen zweiseitigen Test wäre:Ein Zeitungshändler müsste wöchentlich 100Zeitungen verkaufen, die er bisher immer sonn-tags verkauft hat. Allerdings wurden immer

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Page 94: Dokumentation 2013

KURS 4 – MATHEMATIK

nur die Hälfte aller Zeitungen an den Manngebracht. Nun will er wissen, ob sich etwasändert, wenn er die Zeitungen montags ver-kauft, was er in der folgenden Woche testet: Erverkauft 45 Zeitungen.H0 : p = 50 % (es ändert sich nichts)H1 : p 6= 50 % (er verkauft mehr oder weniger)Montags angeboten: 100Davon verkauft: 45Unser kritisches Gebiet umfasst 0-45 und 55-100, weil wir das kritische Gebiet bei dem beob-achteten Wert und allen extremeren im Sinneder Nullhypothese ansetzen müssen.

α =45∑

i=0

(100i

)0, 5i(1− 0, 5)100−i

+100∑

i=55

(100i

)0, 5i(1− 0, 5)100−i

≈36, 8 %

Bei Verwerfen von H0 haben wir also eine Feh-lerwahrscheinlichkeit von 36,8%. Dieser Wertist zu hoch, um H0 zu verwerfen, deswegenkann der Verkäufer auch sonntags Zeitungenweiterverkaufen.

Exakter Test nach FisherSarah Högerle, Timothy Schubert

Wir haben verschiedene Tests für unterschied-liche Situationen kennengelernt. Einer davonwar der „exakte Test von Fisher“, den wir an-hand einer Medikamentenstudie bearbeitet ha-ben. Hierbei geht es um ein neues Medika-ment für eine schlimme Krankheit, das auf sei-ne Wirksamkeit getestet werden soll.Ist das neue Medikament B wirklich besser alsein bisher angewandtes Medikament A?Um diese Frage beantworten zu können, wirdein Versuch mit 15 von der Krankheit betrof-fenen Patienten durchgeführt. Die Versuchs-ergebnisse konnten wir in folgender Tabelleablesen:

gestorben überlebt SummeMittel A 2 6 8Mittel B 4 3 7Summe 6 9 15

Dieser Tabelle kann man entnehmen, dass 8Leuten das Mittel A verabreicht wurde und 7Leuten das Mittel B. Insgesamt sind bei diesemVersuch 6 Patienten ums Leben gekommen, dierestlichen 9 haben überlebt. Betrachtet mandie beobachteten Werte für die einzelnen Medi-kamente, so stellt man fest, dass die Sterberatebei Medikament A „nur“ bei 25% liegt, wäh-rend die Sterberate bei Medikament B ungefähr57% beträgt. Für viele mag es nun eindeutigsein, dass Medikament A das bessere Mittelist.Doch wir wollen wissen, wie sicher man sichsein kann und ob man sich überhaupt sichersein kann. Deshalb stellt man zwei Hypothesenauf. Die Hypothese H0 besagt, dass das Me-dikament A nicht besser oder maximal gleichgut ist wie Medikament B. Die Gegenhypothe-se H1 besagt, dass das Medikament A besserist als das Medikament B. Unser Ziel ist esimmer, die Hypothese 0 zu verwerfen und dieHypothese 1 mit einer geringen Fehlerwahr-scheinlichkeit annehmen zu können. Deshalbberechnet man jetzt das Signifikanzniveau α,unsere Fehlerwahrscheinlichkeit.Wir können mit dem Extremfall unserer Null-hypothese, die Mittel seien gleich gut, d.h. 6Patienten sterben unabhängig vom Mittel, rech-nen, da uns die maximale Fehlerwahrscheinlich-keit interessiert. Wäre Mittel A nämlich sogarschlechter als Mittel B, würde unser Signifi-kanzniveau kleiner werden.

Wir berechnen jetzt also das Signifikanzniveaufür die Wahrscheinlichkeit, dass es 2 oder we-niger Tote bei Mittel A gibt, unter der Vor-aussetzung, dass beide Mittel gleich gut sind.Zuerst berechnen wir die Wahrscheinlichkeitfür unseren beobachteten Wert. Diese können

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Page 95: Dokumentation 2013

KURS 4 – MATHEMATIK

wir mit folgendem Term berechnen:(62)(9

6)(15

8)

(62)steht für den Fall, dass von 6 Toten zufällig 2

auf das Mittel A fallen. Dieser Rechenausdruckwird mit dem Fall, dass von 9 Überlebendenzufällig 6 auf Mittel A fallen, multipliziert. Die-ses Ergebnis wird durch

(158)geteilt, das sind

alle Möglichkeiten, aus den 15 Probanden 8auszuwählen, die Mittel A bekommen. In ma-thematischer Fachsprache wird diese Verteilungauch als hypergeometrisch bezeichnet.Im nächsten Schritt müssen wir alle extremerenFälle berechnen, da wir ja die Wahrscheinlich-keit von 2 oder weniger Toten bei Mittel A be-rechnen wollen, unter der Voraussetzung, dassbeide Mittel gleich gut sind. Die Terme unddie dazugehörigen Vierfeldertafeln sind hier zusehen:

gestorben überlebt SummeMittel A 0 8 8Mittel B 6 1 7Summe 6 9 15

gestorben überlebt SummeMittel A 1 7 8Mittel B 5 2 7Summe 6 9 15

gestorben überlebt SummeMittel A 2 6 8Mittel B 4 3 7Summe 6 9 15

α = P (≤ 2 Tote bei A|A und B gleich gut)

=(6

0)(9

8)(15

8) +

(61)(9

7)(15

8) +

(62)(9

6)(15

8)

= 313 ≈ 23 %

Die Wahrscheinlichkeit für 2 Tote bei Mittel A,die Wahrscheinlichkeit für 1 Toten bei MittelA und die extreme Wahrscheinlichkeit dafür,dass alle, die Mittel A genommen haben, über-lebt haben, ergeben unter der Annahme H0 imschlimmsten Fall 23%.Was sagt uns diese Prozentzahl nun? Sie sagtuns, dass wir, wenn wir H0 verwerfen, mit ei-ner Fehlerwahrscheinlichkeit von 23% rechnen

müssen. Das heißt, wir würden, selbst wenndie Mittel gleich gut sind, trotzdem noch infast jedem vierten Fall unser Ergebnis oder einextremeres beobachten. Unsere Beobachtungist also entgegen der ersten Vermutung nichtextrem genug, um H0 auszuschließen.

Normalverteilung als Grenzfall dis-kreter Verteilungen

Simeon Schaub

QR-Code zu Simeons „Würfelapp“ für das Smart-phone

Am Anfang haben wir uns gefragt, mit welcherWahrscheinlichkeit zum Beispiel das Werfenvon sechs Würfeln eine bestimmte Gesamtau-gensumme ergibt. Dazu haben wir verschiedeneVersuche gemacht und unter anderem 6 Würfel300 Mal geworfenen und immer die Gesamtau-gensumme notiert. Um noch aussagekräftigereErgebnisse zu bekommen, haben wir das Ganzemit 10 Würfeln, die 100 Millionen Mal geworfenwerden, am PC simuliert und uns die Häufigkeitjedes Ereignisses ausgeben lassen.Diese Daten haben wir uns dann von Excelin ein Diagramm zeichnen lassen (obere Ab-bildung auf der nächsten Seite). Wie wir hiersehr gut erkennen können, ähnelt diese Vertei-lung stark der der Binomialverteilung für großen. Jedoch fanden wir heraus, dass dies keine

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KURS 4 – MATHEMATIK

Relative Häufigkeiten der Augensummen von 10 Würfeln bei 100 Mio. Versuchen; einhüllende Normalverteilung

Normalverteilung und ihre Parameter

Binomialverteilung war, da es bei einer Binomi-alverteilung immer nur 2 Ergebnisse gibt (zumBeispiel wahr oder falsch), wir aber hier 6 Er-gebnisse pro Würfel hatten. Es scheint aber,dass sich sowohl diese Verteilung als auch die

Binomialverteilungen für große n in ihrer Formdurch eine Glockenkurve darstellen lassen.

Diese Verteilung nennt man die Normalvertei-lung. Sie nimmt Werte für alle reellen Zahlen

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Page 97: Dokumentation 2013

KURS 4 – MATHEMATIK

an, nicht nur für natürliche. Als Parameterhaben wir nun nicht mehr die Anzahl der Er-gebnisse n und die Wahrscheinlichkeit einesErgebnisses p, sondern den Mittelwert µ undunseren „Streckfaktor“ σ, die sogenannte Stan-dardabweichung. Die Funktionsgleichung dieserVerteilung ist nun auch um einiges komplizier-ter, nämlich:

f(x) = 1√2πσ

· e−(x−µ)2

2σ2

Eine Veränderung von µ verschiebt lediglichden Graphen auf der x-Achse. Eine Vergröße-rung von σ bewirkt, dass die Kurve gestrecktund deutlich flacher wird. Der Einfachheit hal-ber haben wir dies meistens vom GTR odervom PC mit einer vordefinierten Funktion be-rechnen lassen (untere Abbildung auf der vor-herigen Seite).Legt man nun die Normalverteilungskurve vonExcel über unsere Versuchsergebnisse, so siehtman, dass es bei 300 Würfen relativ hohe Ab-weichungen gab, bei unserer Computersimula-tion konnten wir die Abweichungen mit dembloßen Auge nicht erkennen.

Parameter der NormalverteilungTom Potthoff, JonathanStockinger

Wie bereits erwähnt, hat die Normalverteilungzwei Parameter, den Mittelwert µ und die Stan-dardabweichung σ. Der Mittelwert µ ist derDurchschnitt aller Messwerte, also berechnetman ihn wie folgt:

µ = x1 + x2 + · · ·+ xn

n

Die Standardabweichung σ gibt an, wie weit dieMessergebnisse um den Mittelwert µ streuen.Zuerst haben wir uns überlegt, dass wir einfachimmer die Differenz unserer Messwerte zumMittelwert aufsummieren und durch n teilen,um die durchschnittliche Differenz aller Wertezum Mittelwert zu bekommen:

(x1 − µ) + (x2 − µ) + · · ·+ (xn − µ)n

Hier taucht nun aber das Problem auf, dassdiese Differenz negativ ist, wenn µ größer alsx ist und sich negative und positive Differen-zen aufheben! Daher haben wir die Differenzenimmer quadriert:

σ2 = (x1 − µ)2 + (x2 − µ)2 + · · ·+ (xn − µ)2

n

Dies hatte den zusätzlichen Effekt, dass größe-re Abweichungen mehr ins Gewicht fallen. Inder Regel weichen unsere aus den gemessenenWerten berechneten Parameter natürlich vonden tatsächlichen Parametern ab, doch je grö-ßer unser n ist, desto mehr gleichen sich µ undσ dem tatsächlichen Wert an.Links und rechts des Mittelwertes liegt dasσ-Intervall.In diesem Bereich des Graphen, also µ − σbis µ + σ, liegen ca. 68,27% aller möglichenErgebnisse.Im 2σ-Intervall vom Mittelwert sind ca. 95,45%aller Messwerte zu finden.Im 3σ-Intervall vom Mittelwert sind ca. 99,73%aller Messwerte zu finden.

Die Normalverteilung als die Wahr-scheinlichkeitsdichte einer kontinu-ierlichen Verteilung

Tom Potthoff, JonathanStockinger

Bisher hatten wir die Normalverteilung nur alsGrenzfall einer diskreten Verteilung, also einerVerteilung, bei der die Werte nur bestimmteZahlen annehmen dürfen. Z. B. 1; 2; 3 oder 1;1,5 ; 2 ; 2,5. Nun wollen wir die Normalvertei-lung als Verteilung einer fortlaufenden Größeohne bestimmte Abstände der möglichen Er-gebnisse, z. B. der Körpergröße, untersuchen.

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KURS 4 – MATHEMATIK

Hier sind alle reellen Zahlen möglich (natürlichnur theoretisch). Aber selbst in einem realis-tischen Intervall, z. B. von 1,5–2,2, haben wirunendlich viele Werte.Da alle reellen Zahlen möglich sind, haben wirunendlich viele x-Werte unter unserer Glocken-kurve. Würde man jetzt von jedem die ver-meintliche Wahrscheinlichkeit auf der y-Achseablesen, so ginge die Gesamtwahrscheinlichkeitja auch gegen unendlich und damit höher als1, was nicht geht, da man keine Wahrschein-lichkeit >100% haben kann. Also kann mandie Wahrscheinlichkeit nicht einfach an der y-Achse ablesen. Ein weiteres Indiz: Hat mannun ein ganz kleines σ von z. B. 0,01 und setztdieses in unsere Funktionsgleichung ein, so ha-ben wir auch ein Ergebnis von >1. Das heißt,der Hochpunkt der Kurve liegt über 1.Die y-Werte bezeichnen die Wahrscheinlich-keitsdichte, also die Wahrscheinlichkeit pro x-Intervall (Wahrscheinlichkeit/x-Intervall). Umdie Wahrscheinlichkeit für dieses Intervall zuerhalten, muss man die durchschnittliche Wahr-scheinlichkeitsdichte nun mit der x-Intervall-Länge multiplizieren und erhält damit den Flä-cheninhalt unter der Kurve im x-Intervall.Die Wahrscheinlichkeit für ein Intervall erhältman also, indem man den Flächeninhalt unterder Kurve in diesem Intervall berechnet.Man kann es sich aber auch noch anders erklä-ren:Wenn wir unsere Normalverteilung in einzelnegleichgroße Intervalle zusammenfassen, erhal-ten wir eine diskrete Verteilung mit Säulen derBreite 1, bei der man die Wahrscheinlichkeitwieder an der y-Achse ablesen kann. Hier er-kennen wir, dass die Wahrscheinlichkeit für einIntervall dem Flächeninhalt der entsprechen-den Säule entspricht.Ein Beispiel: Wir lesen ab: 30 %. Flächeninhalt:30 % · 1 = 30 %. Sind unsere Säulen nun nurhalb so breit, kann die Rechnung entweder so

30 % ·0, 5+30 % ·0, 5 = 15 %+15 % = 30 %

oder auch so

32 % ·0, 5+28 % ·0, 5 = 16 %+14 % = 30 %

lauten, je nachdem wie sich die Gesamtwahr-scheinlichkeit des Ursprungintervalls auf die

neuen Intervalle aufteilt. Man kann die Säulenalso beliebig verfeinern, der Flächeninhalt abergibt immer die Wahrscheinlichkeit an. Letzt-lich können wir auch bei der Normalverteilungals Kurve die Wahrscheinlichkeit für ein selbstgewähltes Intervall über den Flächeninhalt be-rechnen.Der Flächeninhalt unter der gesamten Kurvebeträgt 1, da dies gleichzeitig die Wahrschein-lichkeit dafür ist, dass irgendein Ereignis ge-schieht, was immer der Fall ist.Es gibt auch andere kontinuierliche Verteilun-gen. Die Normalverteilung hat aber insoferneine zentrale Rolle, als ihre Kurve bei vielengestreuten Größen in der Natur auftritt.

Gauß-TestManuel Eppler, Miriam Kurtzhals

Hierzu haben wir uns folgendes Beispiel ange-schaut:Der Besitzer einer Schokoladenfabrik behauptet,dass seine Schokoladentafeln durchschnittlich100 g wiegen.Wir wollten nun mithilfe der Mathematik her-ausfinden, ob die Aussage des Schokoladen-herstellers der Wahrheit entspricht. Aus einer

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KURS 4 – MATHEMATIK

Stichprobe von 10 Schokoladentafeln errechne-ten wir ein Durchschnittsgewicht von 100,141 g.Außerdem hatten wir die Information, dass sei-ne Abfüllmaschinen mit einer Standardabwei-chung von 1g arbeiten. Wir nahmen weiterhinan, dass die Gewichte der Tafeln normalverteiltsind.Wie bei den Binomialtests stellten wir nun zweiHypothesen auf:H0: µ = 100 gH1: µ 6= 100 gWas wir suchten, war das Signifikanzniveau

α = P (x = 100, 141 oder extremer|µ = 100)

Da unsere Hypothesen mit = / 6= formuliertwaren, mussten wir zweiseitig testen. In unse-rem kritischen Gebiet lagen also sowohl alleWerte ≥ 100,141, als auch alle Werte im selbenBereich achsensymmetrisch zu unserem unterH0 angenommenen µ = 100 g, also ≤ 99, 859.

Damit hätten wir mit dem kritischen Gebiet,mit µ und mit σ eigentlich alle Werte, die zurBerechnung mit dem GTR nötig sind. Aller-dings benötigten wir für das σ einen neuen,kleineren Wert, weil wir erwarteten, dass dieStandardabweichung von Durchschnittswerten,wie in unserem Fall, geringer ist als die vonEinzelwerten, wie die hier angegebene Stan-dardabweichung der Abfüllmaschinen. Der ge-naue Wert des σ der Durchschnittswerte σx

berechnet sich durch folgende Formel:

σx = σ√n

In unserem Fall betrug die Gesamtzahl der Ver-suche n = 10, womit unser neues σ nach dieser

Formel nun den Wert 1√10 annahm. Durch die

Eingabe in den GTR: normcdf (99.859, 100.141,100, 1√

10 ) erhielten wir die Wahrscheinlichkeitdafür, dass unser x-Wert unter der Annahmevon H0, also µ = 100, bei einem σ von 1√

10zwischen 99,859 und 100,141 liegt.

Da wir aber genau die Wahrscheinlichkeit desgegenteiligen Falls wollen, nämlich, dass derx-Wert unter diesen Gegebenheiten ins kriti-sche Gebiet fällt, also einen Wert ≤ 99, 859oder ≥ 100, 141 annimmt, mussten wir unsererhaltenes Ergebnis noch von der Gesamtwahr-scheinlichkeit aller Ergebnisse, die immer 100%beträgt, subtrahieren.

Somit bekamen wir als Endergebnis eine Wahr-scheinlichkeit von ≈ 66, 7 %. Leider musstenwir feststellen, dass dieses Ergebnis uns wedereine große statistische Sicherheit für die An-nahme von H0, noch für deren Verwerfung bot.In solchen Fällen, in welchen man kein soge-nanntes signifikantes Ergebnis erhält, bestehtzum Beispiel die Möglichkeit, den Versuch miteiner größeren Stichprobe zu wiederholen.

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KURS 4 – MATHEMATIK

Exkursion ans DKFZCaroline Pfannschmidt, TimothySchubert

Am Montag, den 2.9.2013, trafen sich alle Ma-thekursler um halb neun an der Bushaltestelle.Zusammen mit dem Physik- und dem Astrono-miekurs fuhren wir nach Heidelberg, wo wir anverschiedenen Stellen abgesetzt wurden. Un-ser Ziel war das DKFZ (Deutsches Krebsfor-schungszentrum) auf dem Unigelände (es ge-hört aber nicht zur Universität), wo wir einenBiostatistiker treffen sollten. Im Gebäude TP3trafen wir im obersten Stockwerk Tim Holland-Lutz und Diana Tichy und sprachen ca. zweiStunden miteinander. An dieser Stelle ihnenein herzliches Dankeschön, dass sie sich die Zeitgenommen haben.

Sie erzählten uns viel über ihre Arbeit undMethoden und führten uns auch verschiedeneProgramme vor, die sie in ihrer Arbeit benut-zen. Dabei kam auch der uns schon bekannteFisher-Test vor. Außerdem erklärten sie uns,wie Krebs entsteht und an welchen Medikamen-ten geforscht wird, und wie diese Medikamentedann erst an Tieren (meistens Mäusen) undspäter auch an Menschen getestet werden. Wirerfuhren, dass es von der Entdeckung einesWirkstoffes bis zu seinem Einsatz bei Patien-ten mehrere Jahrzehnte dauern kann!Wir durften viele Fragen stellen, die uns im-mer ausführlich beantwortet wurden. Nebenbeilernten wir noch ein bisschen was zur Biologie– Zellaufbau und DNA.Da im gleichen Gebäude das Heidelberger Life-Science Lab ist, zeigten uns Jochen und Da-mián die Räumlichkeiten, in denen unsere bei-den Kursleiter mitarbeiten und mitwirken. Wirbesichtigten zwei Arbeitsräume und den Be-sprechungsraum (hier finden auch die Bewer-bungsvorträge statt, außerdem dient der Raum

als kleine Bibliothek), wo wir viel über das Labund seine Aktivitäten erfuhren.

Nach einer Mittagspause im Hof gingen wirnoch ins Explo, eine Art Mitmachausstellung,bei der es um physikalische Phänomene ging:Es gab optische Täuschungen, Spiegelkabinet-te, Lampen, die mit verschiedenen Edelgasengefüllt waren und deren Spektrum wir mit Hilfevon speziellen Brillen sehen konnten, Experi-mente zur Schwerkraft und noch viel, viel mehr.Es war wirklich toll, alles einmal ausprobierenzu können.Allerdings verbrachten wir dort dann so vielZeit, dass wir uns auf dem Rückweg zum Busrichtig sputen mussten, weil wir noch ein ganzesStück am Neckar entlang zu laufen hatten. Da-bei konnte man sich aber noch mal sehr schönHeidelberg anschauen ;).Die Exkursion war ein wirklich toller Tag, undvielleicht hat sie dem ein oder anderen aus unse-rem Kurs auch eine Ahnung gegeben, welchenBeruf man später ausüben könnte.

Abschließende Worte – Was nochgesagt werden muss

Sarah Högerle, MiriamKurtzhals, Stefan Möll,Magdalena Neureither

Unübersichtliche Tafelanschriebe, rauchendeKöpfe, und angeregte Diskussionen, die keinEnde nehmen wollten. So sah’s aus im Irren-haus, ähm Mathekurs.Doch das bedeutet nicht, dass wir keinen Spaßhatten, ganz im Gegenteil: Genau diese führtendazu, dass wir zwei unvergessliche und berei-chernde Wochen erlebten.

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KURS 4 – MATHEMATIK

Im Gegensatz zu anderen Kursen war unserKurs etwas freier gestaltet, uns wurden keineAufschriebe diktiert oder Formeln vorgegeben,vielmehr entstanden die Ergebnisse aus dengemeinsamen Diskussionen. Die unterschiedli-chen Ansichten und Meinungen stellten dabeiaber kein Hindernis dar. Denn gerade diesehaben durch gegenseitiges Verbessern und kri-tisches Hinterfragen schließlich dazu geführt,dass wir am Ende die falschen Aspekte ent-larven und auf die richtige Lösung stolz seinkonnten. Aber auch außerhalb der Diskussionenergänzten sich unsere unterschiedlichen Persön-lichkeiten und Eigenschaften, von Barfußlaufenbis hin zu Sing- und Tanzeinlagen, wunderbar,sodass wir im Laufe der zwei Wochen immermehr zu einer Gemeinschaft zusammenwuch-sen. Mit einem Signifikanzniveau von 0,05%können wir also behaupten, dass der Mathekurseinfach der beste war.

DanksagungSarah Högerle, MagdalenaNeureither

Weil die Akademie für uns alle zu einer un-vergesslichen Zeit geworden ist, wollen wir unsabschließend noch bei ein paar Personen bedan-ken, die das möglich gemacht haben. Zum einengilt unser Dank unseren beiden Kursleitern Da-mián und Jochen, mit denen wir während derAkademie in die Geheimnisse der mathemati-schen Statistik eingetaucht sind.

Uns hat es mit euch beiden wirklich großenSpaß gemacht und wir hoffen, euch ging es nichtviel anders mit uns. Danke auch für so mancheGeduld, dir ihr für uns aufbrachtet. Leider kön-nen wir immer noch nicht so richtig verstehen,

warum ihr unseren Diskussionen ab und zu malkein Ende gesetzt habt.Auch unsere Schülermentorin Alicia haben wiralle ziemlich schnell liebgewonnen. Wir dankendir, dass du im Kurs immer für uns da warstund wir mit dir auch den einen oder anderenScherz machen konnten. Dank dir wurden wirdes Öfteren mit Süßigkeiten versorgt und zukurze Pausen gab es bei uns so gut wie nie.Gemeinsam mit euch Dreien konnten wir dieAkademiezeit richtig genießen und viel dazu-lernen. Danke für alles!

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

Kurs 5 – Physik/Informatik: Billard – Auf der Su-che nach dem perfekten Stoß

VorwortDie Kursleiter

Man nehme 13 Schüler aus ganz Baden-Würt-temberg. Man füge zwei kompetente Kurslei-ter und eine verrückte Schülermentorin hinzu.Man gebe weiterhin ein zu lösendes Problem,Computer und – ganz wichtig – viele Gum-mibärchen und andere Süßigkeiten dazu. Manrühre dann einen guten Schuss Fantasie undMotivation darunter. Nun fülle man das Ganzemit Spaß und Information und lasse es zweiWochen gehen. Schon hat man unseren Physik-Informatik-Kurs 2013 und damit verbunden:ein fertiges Billardspiel für den Computer!

Anstatt faul am Strand zu liegen, programmier-ten unsere Kursteilnehmer in ihren wohlver-dienten Sommerferien ein realistisches Billard-spiel samt Queue, Kugeln und Tisch. Bis zumfertigen Spiel war es ein langer Weg, da erst ei-ne grundlegende, aber auch fortführende Basisgeschaffen werden musste. Trotz intensiver Ar-beit in den Bereichen Physik, Mathematik undInformatik war die Stimmung die ganze Zeitüber klasse. Neben einem starken Gruppenzu-sammenhalt ist am Ende ein Spiel entstanden,das sich wirklich sehen lassen kann.

Wir Kursleiter möchten euch an dieser Stelleherzlich für eure tolle Mitarbeit im Sommerdanken.

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

Unser KursLuisa Feifel

Anne wirkte auf den ersten Blick eher ruhigund zurückhaltend. Wir haben aber sehrschnell festgestellt, dass sie das definitivnicht ist. Wenn man sie besser kennenlernt,merkt man, dass sie es „faustdick hinterden Ohren hat“ und gern mal den einenoder anderen frechen Kommentar von sichgibt. Außerdem ist sie eine Spitzen-Kla-rinettenspielerin, was jeder, der sie beimHausmusikabend oder am Abschlussabendgehört hat, nur bezeugen kann.

Antonia verschmähte die von uns allen so heißgeliebten Gummibärchen ebenso wie dieSchokolade und überhaupt alles, wovon an-dere gar nicht genug bekommen konnten.Warum, war uns anderen ein Rätsel. Au-ßerdem hat sie sich als Chef-Designerin des„Bleistift-Queues“ für immer in unseremSpiel verewigt.

Axel kam manchmal aus unerfindlichen Grün-den zu spät, war dafür im Kurs aber meistdoppelt so gut gelaunt. Man konnte immerbestens mit ihm zusammenarbeiten, solan-ge genügend Vorrat an Gummibärchen vor-handen war. Er schaffte es immer wieder,uns durch seine lustigen Kommentare zumLachen zu bringen. Dies ging so lange, bisihn seine treuen Groupies zum Mittagessenabholten.

Corinna – auch bekannt als Coco – war ein-fach immer gut gelaunt, auch wenn anderemorgens gedanklich noch im Bett lagen undsich fragten, wie sie das eigentlich anstellte.Aber wenn die anderen dann irgendwannaufgestanden waren, stellten sie fest, dassCoco eine total coole Freundin ist, und manmit ihr garantiert immer genügend Spaßhat.

Daniela spielte Klavier und Gitarre in der Aka-demieband. Außerdem designte sie mit vielKreativität eine laufende Billardkugel fürunser Kurs-T-Shirt und programmierte zu-sammen mit Luisa und Antonia die Punk-teanzeige mit einrollenden Kugeln. Die Zu-sammenarbeit mir ihr funktionierte immereinwandfrei, da sie als Freundin einfach un-

schlagbar ist. Mit ihren vielen tollen Ideenwar sie aus unserem Kurs nicht wegzuden-ken.

Elias fand jeden noch so kleinen Fehler undließ nie etwas außer Acht. Er war für je-de Teamarbeit immer eine Bereicherungund half den anderen Teilnehmern gernemit zusätzlichen Erklärungen, die immer„ganz einfach“ waren. Er hatte für jedesProblem eine Idee, um es zu lösen. Als tap-ferer (manchmal auch einziger) Zeitungs-KüA-Teilnehmer hielt er uns immer überWetter, Politik undWirtschaft auf dem Lau-fenden.

Eugen war am Eröffnungswochenende leidernoch nicht da und so merkten wir erst imSommer, was uns eigentlich die ganze Zeitgefehlt hatte. Nämlich Eugens gute Lau-ne, seine freundliche Art und sein Fachwis-sen, von dem er gleich eine ganze Mengemitbrachte. Durch das Programmieren derZielhilfe machte er unser Billardspiel auchfür blutige Anfänger spielbar.

Fabian war, wenn Werwolf gespielt wurde, ei-gentlich immer anzutreffen. Auch wenn esanfangs keiner vermutete, so stellte sichdoch nach einiger Zeit heraus, dass Fabi-an einer der hinterlistigsten Werwölfe seinkonnte und, wahrscheinlich auf Grund sei-nes unschuldigen Aussehens und seiner ru-higen Art, nur selten als einer entlarvt wur-de. Leider hatte er das Pech, während derAkademie von einer Hornisse, die sich fie-ser Weise in seinem T-Shirt versteckt hatte,in die Hand gestochen zu werden, was ihndann für einige Tage am Cello Spielen hin-derte.

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

Luca widmete sich hingebungsvoll dem Suchenund Herstellen von Texturen. Daher habenwir ihm schlussendlich zu verdanken, dassunser Billardtisch jetzt so richtig cool aus-sieht. Er war immer sehr engagiert, egal obbei der Organisation des Bergfests oder sei-ner Comic-KüA. Seine Angewohnheit bar-fuß herumzulaufen begründete er zwar da-mit, seine Flip Flops seien kaputt gegangen,aber wir kamen zu dem Schluss, dass er ein-fach nur ein großer Fan von Mathematik-Kursleiter Damián ist.

Lucas war unser „Physik-King“ und hat es im-mer wieder geschafft, uns durch sein char-mantes „Mr. Burns-Lächeln“, seine Vorlie-be für Hipp-Babybrei und seine einzigartiglustige Art zum Lachen zu bringen. Ohneihn wären unsere Kursstunden sicherlichnur halb so lustig gewesen, und das Wort„floaten“ wäre wohl nie erfunden worden.

Luisa bestand zwar auf ein einfaches „unbe-schreiblich“ in ihrer Beschreibung, wir fin-den aber, dass es über sie noch viel mehr zusagen gibt. Mit ihrer lockeren, kumpelhaf-ten Art und ihren schlagfertigen Sprüchenzauberte sie uns immer ein Grinsen ins Ge-sicht. Da sie sonst einen sehr sportlichenLook hat, der ihre Begeisterung für Fußballunterstreicht, überraschte sie uns mit ihrem„Abschlussabendkleid“. In diesem und mitihren geflochtenen Zöpfen sah sie einfachbezaubernd aus.

Marvin hat uns durch sein Schwäbisch jedenProbevortrag versüßt und war auch sonstals Teamkollege immer total zuverlässig.Dass er mit einem „Stecken“ Billard spielt,wird jetzt wohl so schnell keiner mehr ver-gessen. Trotz seiner überdurchschnittlichenBillardskills reichte es dank Sophie nichtfür den Sieg beim Billardturnier. Da er aberüber eine gehörige Portion Selbstironie ver-fügt, versaute ihm auch das nicht die Stim-mung.

Timo versorgte uns bestens mit seinem Ge-burtstagskuchen und war ebenfalls einerder Top-Programmierer in unserem Kurs.Aber auch mit seiner E-Gitarre in der Aka-demieband oder als Tänzer hatte er einigeszu bieten. Egal was passierte, Timo war im-

mer gut drauf. Dabei konnte es schon malpassieren, dass Billardkugeln personifiziertwurden und dann plötzlich laufen, springenoder sogar hüpfen konnten.

Unsere Kursleiter

Alex begrüßte uns jeden Morgen mit perfektgestylter Frisur und den Worten „Halloooerst mal“ und hatte dann meistens, wenn esnicht gerade verschollen war, sein Nutella-glas vom Frühstück dabei. Er war im Kursfür die Physik zuständig und kann richtiggut erklären, auch wenn er danach immermeinte: „Jetzt habe ich euch wohl mehrverwirrt als was erklärt.“ Dass er nicht nurUltimate Frisbee spielen und die bestenPowerPoint-Präsentationen machen, son-dern auch singen kann, hat er uns als „Pool-Brother“ bewiesen. Seine abendlichen Gute-Nacht-Geschichten sorgten zwar nicht da-für, dass danach alle brav ins Bett gingen,aber viel Gelächter und ein randvolles Trep-penhaus waren ihm immer gewiss.

Daniel sorgte immer dafür, dass die Informa-tik, ob im Kurs oder in den Überschriftenunserer Präsentationen, auf keinen Fall zukurz kam. Er war immer hilfsbereit, undwenn wir gerade keine Variablen „vergewal-tigt“ hatten, auch immer gut gelaunt. Beim„Wildhüten“ schaffte er es, ohne eine Mie-ne zu verziehen, alle Teilnehmer seriös undqualifiziert auszubilden. Außerdem hat erauf der Akademie sein Talent für das Gitar-respielen entdeckt und als „Pool-Brother“sein Können unter Beweis gestellt. Jederaus unserem Kurs ist wohl auf die Schüler ei-fersüchtig, die sich weiterhin jeden Morgenaufs Neue auf sein „Mathe macht glücklich“T-Shirt, zu dem jetzt auch noch ein „Mathemacht schön“ T-Shirt hinzugekommen ist,und seinen Mathe-Unterricht freuen dürfen.

Sophie brachte uns einige der mathematischenGrundlagen bei und war für das „Gutaus-sehen“ und die Beschaffung von Gummi-bärchen zuständig. Sie hatte für alle immerein offenes Ohr und für jedes Problem ei-ne Lösung. Man konnte wirklich alles mitihr machen, sei es über die Kursleiter zulästern oder neue Verkupplungspläne zu

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

schmieden. Mit ihren frechen Sprüchen, diesie immer und überall parat hatte, und ih-rer liebevollen Art Alex zu mobben, war sieder perfekte Ausgleich zu den zwei Män-nern und sorgte dafür, dass die Stimmungim Kurs dauerhaft gut war.

Unser SpielEugen Dizer

Die aktuelle Version unseres Billardspiels be-steht aus insgesamt 16 Kugeln, einem Billard-tisch, mehreren Queue-Designs, einem Stärke-balken und vielem mehr. Im Folgenden wirdunser Spiel beschrieben und erläutert.Bei unserer Billardvariante, auch Pool-Billardgenannt, gibt es sieben halbe und sieben volleKugeln sowie die schwarze Acht. Außerdementhält das Programm eine weiße Kugel, mitder man die anderen Kugeln anspielt. Ziel desSpiels ist es, die eigenen Kugeln und anschlie-ßend die schwarze Acht einzulochen. Das heißtman muss acht Kugeln lochen, um zu gewinnen– daher der Name „8-Ball-Spiel“. Realitätsge-treu sind die 15 farbigen Kugeln am Anfangdes Spiels in einem Dreieck angeordnet. Nachdem Anstoßen der Kugeln mit dem Queue rol-len sie über den Tisch und prallen physikalischkorrekt an den Banden ab.

Unser Billardspiel vor dem ersten Anstoß.

Zu Beginn der zwei Wochen im Sommer be-schäftigten wir uns mit dem Verschwinden derKugeln in den Löchern. Durch geschickte Be-fehle und dem Satz des Pythagoras, der zur„Berührungserkennung“ dient, konnten wir dieKugeln dazu bringen, in den Löchern zu ver-schwinden. Für ein realistischeres Verschwin-den ließen wir die Kugeln später in den Lö-

chern langsam kleiner werden. So sieht es aus,als würden die Kugeln wirklich in die Löcherfallen. Natürlich soll die weiße Kugel nicht ver-schwinden, sondern wieder auftauchen, wennsie gelocht wurde. Deshalb setzt man diese nachdem Einlochen wieder auf den Tisch und kannsie entlang einer gedachten Linie positionieren.

Als Nächstes arbeiteten wir an der Kollisionzweier Kugeln. Hierfür benötigten wir wiederden Satz des Pythagoras, um zu erkennen, obsich zwei Kugeln berühren. Mit den an zweiTagen erlernten physikalischen und mathema-tischen Grundlagen gelang es uns, die Kollisionzweier Kugeln in das Programm einzubauen.

Nun machten wir uns zur Aufgabe, einen Queuezu programmieren, mit dem man die weiße Ku-gel anstoßen kann. Wir haben insgesamt dreiQueues erstellt (einen „echten“ Queue, einenDesigner- und einen Bleistiftqueue), die manmit den Tasten 1, 2 und 3 auswählen kann. DerQueue erscheint nur, wenn alle Kugeln ruhen.Er ist an der weißen Kugel ausgerichtet undman kann ihn durch Mausbewegung steuernund durch einen Mausklick „aufziehen“. Je län-ger man die Maustaste gedrückt hält, destostärker stößt er die weiße Kugel an. Zur Visua-lisierung der Stoßkraft dient der Stärkebalkenan der rechten Seite des Spielfeldes.

Damit die Kugeln nach dem Stoß nicht ewigweiterrollen, werden sie durch entsprechendeReibungskräfte gebremst. Mit Hilfe eines vonuns selbst entworfenen Experiments haben wireinen realistischen Wert für die negative Be-schleunigung der Rollreibung ermitteln können.Anschließend setzten wir den experimentell er-mittelten Wert in unser Programm ein underhielten eine realitätsnahe Verlangsamung derKugeln. Des Weiteren werden die Kugeln aufrealistische Weise gebremst, wenn sie an derBande anstoßen. Ein weiteres Feature unseresSpiels ist die Zielhilfe. Ungeübte Anfänger kön-nen diese einschalten, um damit das Spiel zuvereinfachen. Die Zielhilfe zeigt den Weg derweißen Kugel über eine Bande an.

Gegen Ende der Akademie wollten wir demmonotonen Spiel ein realistischeres Aussehenverleihen. Der Billardtisch und die Kugeln sinddem echten Billard nachempfunden. Hierbeihaben wir sowohl die Maße des Tischs als auch

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

die Position der Löcher im Internet recherchiert.Das Tischtuch haben wir von unserem eigenenBillardtisch abfotografiert und den Tisch so-wie die Kugeln mit unseren eigenen Texturen„tapeziert“. Zudem haben wir allen ObjektenSchatten verliehen, um einen räumlichen Ein-druck hervorzurufen.

Fortgeschrittener Spielverlauf mit Bleistift-Queue.

Natürlich gibt es bei unserem Programm auchRegeln – wie bei einem echten Spiel. Es spie-len immer zwei Spieler gegeneinander. Manversucht, als Erster die eigenen Kugeln zu ver-senken. Dabei wechseln sich die Spieler nachjedem Stoß ab. Um einen besseren Überblickzu erhalten, werden die gelochten Kugeln obenangezeigt und mitgezählt. Wenn man aus Ver-sehen die weiße Kugel locht, so wird sie aufden Tisch zurückgesetzt, und der Nächste istdran. Locht man am Ende des Spiels – oderunglücklicherweise schon davor – die schwarzeKugel ein, so ist das Spiel vorbei und es er-scheint „Game Over“. Tritt dieser Fall ein, sokann man nichts mehr machen, außer das Spielneu zu starten.

Die schwarze Kugel wurde zu früh im Spiel gelocht.

Bevor wir allerdings ein solch komplexes Bil-lardspiel entwickeln konnten, mussten wir zu-erst einige Programmiergrundlagen erlernen.

Programmierung in C++Elias Hofmann

Beim Programmieren bringt man einem Com-puter bei, was er machen soll. Der Zweck einesComputerprogramms kann ganz unterschied-licher Art sein. Zum Beispiel könnte man einComputerspiel programmieren, oder ein Pro-gramm, das Temperaturen von Grad Fahren-heit in Grad Celsius umrechnen kann. Manverwendet dazu eine Programmiersprache. MitHilfe dieser Programmiersprache lässt sich einfür uns verständlicher Code schreiben, der vomComputer in eine Folge von Nullen und Einsen– den Maschinencode – übersetzt wird. DiesenVorgang nennt man kompilieren. Wir arbeite-ten mit der Programmiersprache C++, die zuden am weitesten verbreiteten Programmier-sprachen zählt. Außerdem unterstützt C++das sogenannte objektorientierte Programmie-ren, aber dazu später mehr.

Ausgabe

Damit das Ergebnis einer Berechnung des Com-puters von Nutzen sein kann, muss dieses Er-gebnis ausgegeben und so dem Nutzer zugäng-lich gemacht werden können. Diese Ausgabekann grafisch (z. B.: Bild eines Billardtisches)oder eine einfache Textausgabe sein. Hier einBeispiel für eine Ausgabe von Text:

cout << " Physik " << endl ;

Dieser Befehl lässt den Computer das Wort„Physik“ ausgeben. cout bedeutet hierbei aus-geben. Physik ist das, was ausgegeben wirdund endl sorgt dafür, dass eine neue Zeile be-gonnen wird. Am Ende eines Befehls steht einSemikolon.

Variablen

Oft ist es notwendig, bestimmte Informatio-nen (Zahlen oder Texte) speichern zu können,

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

um sie später an einer anderen Stelle des Pro-gramms wieder zu verwenden. Hierzu verwen-det man sogenannte Variablen. Das kann mansich vorstellen wie einen Schrank mit Schubla-den: Man gibt den Schubladen (den Variablen)Namen und kann anschließend Zahlen oderTexte hinein packen (der Variable einen Wertzuweisen), um sie später wieder zu verwenden.

i n t Zahl = 8 ;

Dieser Befehl lässt den Computer eine Variablemit Namen Zahl anlegen, der anschließend derWert 8 zugewiesen wird. Hierbei bedeutet int(kurz für Integer), dass in der Variable ganzeZahlen gespeichert werden können.

Eingabe

Der Computer kann aber nicht nur Dinge aus-geben, sondern auch über die Eingabe Informa-tionen vom Benutzer erhalten, um mit diesemzu interagieren:

i n t Alte r = 0 ;c in >> Al t e r ;

Mit diesem Befehl fragt der Computer das Alterdes Nutzers ab. Zunächst legt der Computerdie Variable Alter an und belegt sie mit demWert 0. Durch den Befehl cin » Alter; kann derBenutzer sein Alter eingeben und der Computerkann Berechnungen damit durchführen.

If-Abfragen

Damit ein Computerprogramm je nach „Si-tuation“ unterschiedlich ablaufen und so aufbestimmte Sachverhalte reagieren kann, gibtes sogenannte If-Abfragen:

i f ( A l t e r < 18) {. . .

}

Falls die Bedingung in den runden Klammernerfüllt ist, wird der Befehl in den geschweiftenKlammern ausgeführt, sonst nicht.

Zählschleife

Manchmal muss ein Befehl oder ein Block vonBefehlen mehrmals hintereinander mit einernur geringen oder auch überhaupt keiner Ab-weichung ausgeführt werden. Es wäre sehr vielArbeit, diese Befehle immer und immer wie-der zu programmieren, damit sie entsprechendoft ausgeführt werden. Aus diesem Grund gibtes Schleifen, z. B. die Zählschleife, auch for-Schleife genannt:

f o r ( i n t i = 1 ; i <= 10 ; i++) {cout << i << endl ;

}

Zu Beginn der Schleife wird die Zählvariablei auf den Wert 1 gesetzt. Die Schleife wirdausgeführt, solange die Bedingung i <= 10 er-füllt ist, und bei jedem Schleifendurchlauf wirddie Zählvariable um eins erhöht (i++). In die-sem Fall wird die Schleife demnach zehnmaldurchlaufen.

Kommentare

Große Programme werden oftmals unübersicht-lich. Um den Überblick zu behalten, kann manKommentare einfügen. Diese enthalten Erläu-terungen zu den Befehlen des Programms.

// Ich bin e in Kommentar !

Kommentare werden durch zwei Schrägstri-che eingeleitet und beim Kompilieren des Pro-gramms einfach übersprungen.Wir hatten diese Grundlagen während des Er-öffnungswochenendes gelernt und in den folgen-den Wochen mehrere Hausaufgaben bearbeitet,sodass wir zu Beginn der Akademie im Som-mer mit den nötigen Programmierkenntnissenstarten konnten.

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

Grafisches ProgrammierenFabian Kolar

Neben der Ausgabe eines Textes mussten wirzudem einige Grundlagen der grafischen Pro-grammierung erlernen und verstehen. Am Er-öffnungswochenende hatten wir bereits gelernt,wie man ein Programm beispielsweise Dreie-cke oder Kreise zeichnen lassen kann. Hierfürhatten wir die Grafikbibliothek OpenGL ver-wendet, die viele Befehle beinhaltet und füreine effiziente Darstellung der Grafiken sorgt,da sie eng mit der Grafikkarte zusammenarbei-tet. Die Befehle

g lBeg in (GL_TRIANGLES) ; {g lVe r t ex2 f ( 5 0 . 0 , 1 5 0 . 0 ) ;g lVe r t ex2 f ( 600 . 0 , 5 0 . 0 ) ;g lVe r t ex2 f ( 300 . 0 , 4 2 0 . 0 ) ;

} glEnd ( ) ;

ermöglichen beispielsweise das Zeichnen einesDreiecks.

Dreieck im Koordinatensystem.

Mit dem Befehl glVertex2f(x, y); werden dieKoordinaten der Eckpunkte des Dreiecks imentsprechenden Koordinatensystem festgelegt.

Bewegte Bilder

Im Fall unseres Billardspiels sollen sich dieKugeln natürlich bewegen. Das funktioniertmit der sogenannten idle-Funktion, die immeraufgerufen wird, wenn das aktuelle Bild fertiggezeichnet wurde. Dann wird die neue Positionder Kugel berechnet:

x = x + vx * t ;

Mathematisch sieht die „Formel“ zwar inkor-rekt aus, aber in C++ symbolisiert das „=“eine Zuweisung. Dies bedeutet, dass der Wertrechts vom „=“-Zeichen ausgerechnet und derVariable links vom „=“-Zeichen zugewiesenwird. Wenn das Bild also neu gezeichnet wird,hat sich der Mittelpunkt (x | y) der Kugel ver-ändert. Ähnlich wie bei einem Daumenkinowird eine Bewegung der Kugel sichtbar.

Bilderfolge einer sich bewegenden Kugel.

Wenn man das entsprechend mit dem y-Wertmacht, kann sich die Kugel in beliebige Rich-tungen bewegen.

Farben und TexturenLuca Schweizer

Wie man ein Dreieck zeichnen kann, wurdebereits im vorigen Abschnitt beschrieben. Die-ses bekommt jetzt noch eine Farbe. Genauergesagt, jeder Eckpunkt des Dreiecks bekommteine Farbe, die jeweils durch den Befehl

g lCo l o r 3 f ( 1 . 0 , 0 . 3 , 0 . 0 ) ;

festgelegt wird. Dabei bedeutet gl, dass der Be-fehl aus der Graphics Library ist. Color ist derBefehl, der entsprechend einfärbt. 3f heißt, dassdieser Befehl drei Fließkommawerte (float) alsParameter erhält, nämlich den Anteil der roten,

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

grünen und blauen Farbe. (1.0, 0.3, 0.0) gibtdemnach den Farben Rot, Grün und Blau ihrenWert. Dabei kann man einen Wert zwischen 0und 1 wählen. In diesem Beispiel wird viel Rotmit etwas Grün gemischt – es entsteht Orange.Wegen der Grundfarben bezeichnet man dasGanze als RGB-System. Der Computer setztalle Farben, die auf dem Monitor ausgegebenwerden, aus diesen Grundfarben zusammen.In jedem Pixel des Bildschirms leuchtet da-bei ein rotes, ein grünes und ein blaues Lämp-chen entsprechend stark, da unsere Augen zurFarbwahrnehmung unterschiedliche Zäpfchenbenutzen, die rotes, grünes oder blaues Lichterkennen können.

Der Farbkreis der additiven Farbmischung.

Die Farben auf unseren Bildschirmen entste-hen, indem die Lämpchen unterschiedlich hellleuchten. Schaltet man in einem Pixel alle Far-ben mit voller Intensität an, erscheint dieserweiß. Da die einzelnen Farben durch Additionder Grundfarben entstehen, nennt sich das Sys-tem additive Farbmischung. Dabei werden dieeinzelnen Lichter entsprechend addiert – klar,drei Taschenlampen derselben Sorte sind hellerals nur eine. Wir haben im Kunstunterrichtallerdings etwas anderes gelernt, nämlich, dassalle Farben aus Cyan, Magenta und Gelb ge-mischt werden – je mehr Farbe man verwendet,desto dunkler wird das Resultat. Hier wird abermit Farbpigmenten und Papier gearbeitet. Manspricht daher von subtraktiver Farbmischung.

Allerdings besteht unsere Farbwelt nicht nuraus „klaren“ Farben, sondern auch aus Über-gängen. Will man solche programmieren, ord-net man jedem Eckpunkt eines Dreiecks (odereines anderen Vielecks) eine separate Farbe zu.Der Computer berechnet dann automatisch dieÜbergänge.

Der Farbverlauf wird automatisch berechnet, wennjedem Eckpunkt eine separate Farbe zugewiesenwird.

Solche Farbverläufe sehen aber bald langwei-lig und unrealistisch aus. Wenn beispielsweiseein „richtiger“ Baum gezeichnet werden soll,sieht ein echtes Foto sicherlich besser aus, alseine grüne Kugel auf einem braunen Rechteck.Dafür verwendet man Texturen – Bilder, dieman in das Programm einfügt. Diese Texturenwerden wie eine Art Tapete über die Rechteckeoder auch unsere Billardkugeln gelegt.

Textur der schwarzen Kugel und texturierte Kugel.

Zunächst wird die Fläche definiert, auf die dieTextur gezeichnet werden soll. Wir wählen derEinfachheit halber ein Rechteck. Jedem Eck-punkt des Vierecks wird dann eine sogenann-te Texturkoordinate zugewiesen, damit klar ist,

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

welche Ecke des Bildes auf welche Ecke desRechtecks „geklebt“ werden soll. Hierzu dientder Befehl

glTexCoord2f ( 1 . 0 , 1 . 0 ) ;

Mit Hilfe der entsprechenden Texturkoordinaten,kann das Bild auf eine Fläche „aufgeklebt“ werden.

Dabei entspricht (0 | 0) der linken unteren Eckedes Bildes und (1 | 1) der rechten oberen. Gibtman statt (1 | 1) beispielsweise (0.5 | 1) ein, sowird nur die Hälfte des Bildes auf das Viereck„geklebt“.

Objektorientierte ProgrammierungAntonia Seifert

Mit diesen Kenntnissen könnte man sicher fastein ganzes Billardspiel programmieren, aber eswäre bald so komplex, dass man es kaum nochverstehen würde. Abhilfe schafft die Objektori-entierte Programmierung.Der Computer kennt bereits verschiedene einfa-che Variablentypen, wie zum Beispiel int (gan-ze Zahlen) und float (Dezimalzahlen). Das Ob-jektorientierte Programmieren ermöglicht es,weitere Variablentypen zu „erschaffen“ – soge-nannte Klassen (class). Diese werden üblicher-weise in separaten Dateien programmiert. Einesolche Klasse könnte beispielsweise so ausse-hen:

c l a s s Kugel {

// Eigenscha f t en :p r i v a t e :

// Koordinaten :f l o a t x ;f l o a t y ;

// Geschwindigke i ten :f l o a t vx ;f l o a t vy ;

f l o a t r ad iu s ;

// Farbe :f l o a t r ;f l o a t g ;f l o a t b ;

// Methoden :pub l i c :

void i n i t ( . . . ) ;void bewegen ( f l o a t t ) ;void ze ichnen ( ) ;

} ;

Diese Klasse stellt den Bauplan des Variablen-typs Kugel dar. Sie besteht, wie alle Klassen,aus zwei Teilen: private und public. Verein-facht gesagt werden unter private alle Eigen-schaften als Variablen deklariert, unter publicstehen sämtliche Methoden der Klasse als ent-sprechende Funktionen. Die erste Funktion istdabei üblicherweise void init (...). In dieserFunktion werden die Eigenschaften des Objektszu Programmstart mit Werten initialisiert. DieMethoden programmiert man dann in einerweiteren Datei. Dort programmiert man bei-spielsweise, wie sich die Kugel bewegen soll:

void Kugel : : bewegen ( f l o a t t ) {

x = x + vx * t ;y = y + vy * t ;

}

Im Hauptprogramm wird dann mit dem Befehl

Kugel kuge l ;

ein Objekt der Klasse Kugel mit dem Namenkugel erzeugt. Dann muss man nur noch dierichtige Funktion an der richtigen Stelle aufru-fen, z. B.

kuge l . bewegen ( t ) ;

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

oder

kuge l . i n i t (200 , 100 , 10 , 0 . 5 ,0 . 2 , 1 . 0 , 0 . 0 , 1 . 0 ) ;

Man schreibt dazu erst den Namen, den mander Variable (nicht der Klasse!) gegeben hat,dann – nach einem Punkt – den Namen derFunktion. In die Klammer dahinter werdengegebenenfalls die Parameter der Funktion no-tiert.Auf diese Weise wird das Hauptprogramm be-deutend kürzer und verständlicher. Das Objekt-orientierte Programmieren erleichtert zudemdie gemeinsame Arbeit an einem Programm,da man parallel verschiedene Klassen entwi-ckeln kann. Des Weiteren kann man so aufeinfache Art beliebig viele Kugeln – oder mitweiteren Klassen den Queue oder den Tisch –programmieren.

Wann berühren sich zwei Billard-kugeln?

Timo Kandra

Da wir nun mit allen wichtigen Grundlagender Programmierung vertraut waren, konntenwir uns dem Billardspiel zuwenden. Als erstesbrachten wir dem Computer bei, wann sich zweiBillardkugeln berühren. Doch wie funktioniertdas?Als Ausgangsinformationen sind nur die Koor-dinaten der Mittelpunkte und die Radien derbeiden Kugeln bekannt. Nun müssen wir ausdiesen Werten den Abstand d der zwei Ku-geln ausrechnen. Die Mittelpunkte der beidenKugeln haben die Koordinaten (x1 | y1) und(x2 | y2). Die Abstände in den jeweiligen Koor-dinatenrichtungen errechnen sich durch

dx = x1 − x2 (1)

und

dy = y1 − y2. (2)

Da dx und dy orthogonal aufeinander stehen,kann der gesuchte Abstand d mit Hilfe desSatzes von Pythagoras berechnet werden:

Der Satz des Pythagoras besagt, dass in einemrechtwinkligen Dreieck die Summe der Quadra-te der beiden Katheten a2 und b2 das Quadratder Hypotenuse c2 ergibt.

Beweis:Das in der Abbildung zu sehende Quadrat hateinen Flächeninhalt von (a + b)2. Zieht mandie Flächen der kleinen Dreiecke am Rand ab,so erhält man für die Fläche des mittleren Qua-drates

(a+ b)2 − 4 · ab2 = c2. (3)

Durch Auflösen der Klammer mit Hilfe der ers-ten binomischen Formel und entsprechendemZusammenfassen der Terme auf der linken Seiteergibt sich

a2 + b2 = c2. (4)

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Page 113: Dokumentation 2013

KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

Somit ergibt sich für unseren gesuchten Ab-stand

d =√d2

x + d2y. (5)

Diesen vergleichen wir dann mit der Summe derbeiden Radien. Wenn die Werte gleich sind, be-rühren sich die Kugeln. In unserem Programmverwenden wir jedoch nicht den Gleichheits-,sondern den Kleiner-Gleich-Operator. Dafürstelle man sich die Bewegung der Kugeln als vie-le kleine, schnelle, aufeinander folgende Schrit-te vor. Es kommt dann fast nie vor, dass derAbstand der Kugeln nach einem Schritt ex-akt der Summe der Radien entspricht – dieKugeln überlappen immer unmerklich. Daherwird durch die Verwendung des Kleiner-Gleich-Operators jede Kollision entsprechend erkannt.Mit einer if-Abfrage können wir also überprü-fen, ob zwei Kugeln mit den Radien r1 und r2im letzten Rechenschritt zusammengestoßensind:

i f (d <= r1 + r2 ) {// Die Kugeln k o l l i d i e r e n !

}

Diese if-Abfrage wird jedes Mal ausgeführt,wenn die Kugeln ihre Position geändert haben– und zwar in jeder möglichen Kombination:

Kollidiert Kugel 1 mit Kugel 2?Kollidiert Kugel 1 mit Kugel 3?...Kollidiert Kugel 2 mit Kugel 3?...Kollidiert Kugel 15 mit Kugel 16?

VektorrechnungLucas Wollenhaupt

Um ein physikalisch korrektes Billardspiel zuentwickeln, mussten wir uns nicht nur mit Pro-grammierung und Physik auseinandersetzen.Wir lernten auch mathematische Grundlagenkennen, um die beim Billard auftretenden kom-plexen physikalischen Phänomene möglichsteinfach beschreiben zu können. Für den zen-tralen Stoß waren unsere Schulkenntnisse nochausreichend. Um jedoch den allgemeinen Stoßzweier Billardkugeln realistisch darstellen zukönnen, mussten wir erst lernen, was es mit derVektorrechnung auf sich hat.In der Schule lernt man bis zur 10. Klasse dasRechnen mit reellen Zahlen – also das Rech-nen mit festen Werten, wie 2 oder −4. Diereellen Zahlen nennt man in der Mathematikauch Skalare. Es handelt sich dabei um Grö-ßen ohne Richtung. Es gibt aber Größen, dieeine Richtung im Raum haben, die also in ei-nem Koordinatensystem z. B. nach rechts obenzeigen. Solche Größen nennt man in der Ma-thematik Vektoren. Es handelt sich dabei imPrinzip um Pfeile im Raum, die ähnlich wiePunkte aus zwei Zahlen (im zweidimensionalenKoordinatensystem) bestehen. Mathematischschreibt man sie so:

#�v =(xy

)(6)

Dieser Vektor wäre ein Pfeil, der vom Ursprungzu dem Punkt mit den Koordinaten (x | y) zeigt.Ein solcher Vektor besitzt zwei wichtige Eigen-schaften: die Richtung und die Länge | #�v |, auchBetrag genannt. Der Betrag kann mit dem Satzdes Pythagoras ausgerechnet werden:

| #�v | =√x2 + y2 (7)

Um jedoch mit Hilfe von Vektoren, wie in unse-rem Beispiel, die Geschwindigkeit von zusam-menstoßenden Kugeln zu berechnen, muss manmit Vektoren rechnen können. Es gibt für Vek-toren ähnliche Rechenregeln wie für Skalare,das heißt man kann sie addieren, subtrahierenund multiplizieren. Diese Rechenregeln werdenim Folgenden kurz dargestellt.

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

Zuerst betrachten wir die Addition bzw. Sub-traktion zweier Vektoren. Es sind zwei Vekto-ren gegeben, z. B. die Vektoren

#�v =(x1y1

)(8)

und

#�w =(x2y2

). (9)

Die Summe der beiden Vektoren entspricht da-bei dem Vektor, der direkt vom Anfang desersten Vektors bis zum Ende des zweiten führt.Man kann sich diese beiden Vektoren als zweiWegabschnitte entlang einer Hauswand vorstel-len: Man läuft jeweils an der Hausseite entlang,die Strecke in Luftlinie entspricht jedoch demdirekten Weg. Genauso entsprechen die beidenVektoren #�v und #�w dem Weg an der Hauswandund deren Summe #�u = #�v + #�w der Luftlinie.Um die Summe auszurechnen, muss man je-weils die beiden x-Koordinaten und die beideny-Koordinaten addieren:

#�u = #�v+ #�w =(x1y1

)+(x2y2

)=(x1 + x2y1 + y2

)(10)

Vektoraddition: Die Summe der Wege #�v und #�w

entspricht der „Luftlinie“ #�u .

Die Subtraktion von zwei Vektoren erfolgt nachdemselben Prinzip. Des Weiteren kann maneinen Vektor mit einem Skalar multiplizieren.Dabei wird der Vektor um den Faktor gestreckt,den der Skalar vorgibt. Auch hier ist die Re-chenregel denkbar einfach. Man muss jede Ko-ordinate des Vektors mit dem Skalar multi-plizieren und erhält das entsprechende Pro-dukt. Das Dividieren funktioniert ebenfalls

nach demselben Prinzip. Man multipliziert mitdem Kehrwert des Skalars, durch den dividiertwerden soll. Die Rechenregel lautet demnach

r · #�v = r ·(x1y1

)=(r · x1r · y1

). (11)

Streckung des Vektors #�v um den Faktor r = 2.

Man kann nicht nur Vektoren mit Skalaren mul-tiplizieren, sondern auch Vektoren miteinander– das Ergebnis ist dann ein Skalar. Das Produktzweier Vektoren nennt man Skalarprodukt undberechnet sich nach

#�v · #�w =(x1y1

)·(x2y2

)= x1·x2+y1·y2. (12)

Beim Skalarprodukt gibt es zwei wichtige Spe-zialfälle. Der erste ist die Multiplikation einesVektors mit sich selbst:

#�v · #�v = x1 · x1 + y1 · y1 = | #�v |2 (13)

Der zweite Spezialfall tritt auf, wenn das Ska-larprodukt zweier Vektoren gleich Null ist, also

#�v · #�w = 0 (14)

gilt. In diesem Fall stehen die Vektoren ortho-gonal aufeinander, bzw.: Wenn zwei Vektorenorthogonal zueinander sind, ist ihr Skalarpro-dukt gleich Null. Diesen Satz werden wir imFolgenden beweisen:Wir nehmen an, dass die Vektoren #�v und #�worthogonal zueinander sind. Der Vektor #�u ver-bindet die beiden Vektoren zu einem Dreieck.Dann gilt

#�w + #�u = #�v . (15)

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

Nach dem Satz des Pythagoras und (15) gilt

| #�v |2 + | #�w|2 = | #�v − #�w|2. (16)

Hieraus folgt

x21+y2

1 +x22+y2

2 = (x1−x2)2+(y1−y2)2 (17)

und nach Anwendung der zweiten binomischenFormel und Subtraktion der quadratischen Ter-me

0 = x1 · x2 + y1 · y2 = #�v · #�w. (18)

Da man den Beweis auch von unten nach obenlesen kann, ist der obige Satz in beiden Rich-tungen bewiesen.Damit haben wir die für unsere Zwecke not-wendigen mathematischen Grundlagen, um Ku-gelkollisionen im zweidimensionalen Raum zuberechnen. Wie dies genau funktioniert, wirdin einem späteren Kapitel erläutert.

Kinematik und DynamikDaniela Winter

Bevor wir uns mit dem genaueren Verhalten derKugeln im Billardspiel beschäftigten, schautenwir uns erst einmal die grundlegenden Regelnder Kinematik (Lehre der Bewegung) und derDynamik (Lehre vom Einfluss der Kräfte) an.Dazu stellten wir uns als erstes die Frage, wel-che Formen der Bewegung es überhaupt gibt.Die wichtigsten sind neben dem Stillstand, diegleichförmige Bewegung und die gleichmäßigbeschleunigte Bewegung. Bei der gleichförmigenBewegung hat der bewegte Körper immer ei-ne konstante Geschwindigkeit v. Das heißt pro

v-t-Diagramm der gleichförmigen Bewegung.

Zeiteinheit t legt der Körper eine bestimmteStrecke zurück, sodass gilt

v = s

t. (19)

In diesem Diagramm wird die Geschwindigkeitgegen die Zeit aufgetragen. Man nennt es da-her v-t-Diagramm. Die Fläche unter dem Gra-phen entspricht der zurückgelegten Strecke, das = v·t gilt. Bei der gleichmäßig beschleunigtenBewegung ändert sich hingegen die Geschwin-digkeit v pro Zeiteinheit um einen konstantenWert a (die Beschleunigung). Es gilt

v = a · t. (20)

v-t-Diagramm der gleichmäßig beschleunigten Be-wegung.

Betrachtet man die gleichmäßig beschleunig-te Bewegung im v-t-Diagramm, so sieht man,dass die zurückgelegte Strecke unter dem Gra-phen ein Dreieck beschreibt. Den Flächeninhalt

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

dieses Dreiecks – und somit die Strecke s – er-rechnet sich durch die Formel

s = 12 · v · t. (21)

Zusammen mit Gleichung (20) ergibt sich

s = 12 · a · t · t = 1

2 · a · t2. (22)

Als nächstes untersuchten wir, wie Objektebeschleunigt werden. Anhand einer Luftkissen-bahn konnten wir eindeutig sehen, dass ein sichbewegendes Objekt sich immer weiterbewegt,wenn keine Kräfte darauf wirken. Werden aufein Objekt jedoch Kräfte ausgeübt, ändert sichder Bewegungszustand – das Objekt wird be-schleunigt. Um herauszufinden, welche Kraftzu welcher Beschleunigung führt, machten wirzwei unterschiedliche Versuche.

Skizze des Versuchsaufbaus.

Beim ersten Versuch erhöhten wir bei jedemDurchlaufm1 um 10g und verkleinertenm2 um10g, sodass die Gesamtmasse konstant blieb.Dabei konnten wir beobachten, dass sich dieBeschleunigung des Wagens stets gleichmäßigvergrößerte. Somit ist die Beschleunigung ades Wagens proportional zu der Kraft F , diean dem Wagen zieht. Beim zweiten Versuchwurde nach jeder Messung m2 um 100g erhöht,m1 wurde nicht verändert. Das heißt, die Ge-samtmasse wurde nun immer größer, währenddie Kraft konstant blieb. Dieses Mal bemerk-ten wir, dass die Beschleunigung regelmäßigabnahm, und zwar proportional zur Gesamt-masse. Also ist die Beschleunigung umgekehrtproportional zur Masse. Aus den zwei Ergeb-nissen

F ∼ a (23)

und

a ∼ 1m

(24)

konnten wir folgern, dass

F ∼ m · a (25)

sein muss. Die Einheit Newton einer Kraft Fist schließlich so definiert, dass gilt

F = m · a. (26)

Kollision an der BandeDaniela Winter

Inzwischen kann sich die Kugel bewegen. Unsernächstes Ziel war aber, dass die Kugel an denBanden des Billardtisches abgestoßen wird undnicht einfach weiterrollt, bis sie vom Bildschirmverschwunden ist.

Kollision an der Bande.

Man muss also dem Computer sagen, dass dieGeschwindigkeit vx bzw. vy der Kugel umge-dreht werden soll, wenn der x- bzw. y-Wert derKugel zu groß oder zu klein ist:

i f ( x < 20)vx = -vx ;

i f ( x > 620)vx = -vx ;

i f ( y < 20)vy = -vy ;

i f ( y > 460)vy = -vy ;

So kann der Computer die Richtungsänderungder Kugel an einer Bande physikalisch korrektdarstellen. Sie wird nach dem Gesetz „Einfalls-winkel = Ausfallswinkel“ reflektiert.

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

Zentraler StoßAnne Baier

Mittlerweile weiß der Computer, wann sich zweiKugeln berühren, allerdings ist noch unklar,was bei der Kollision passiert. Wir wollen nunherausfinden, wie sich die Geschwindigkeitender Kugeln durch den Stoß ändern. Dazu be-trachten wir zunächst den Spezialfall des zen-tralen Stoßes.Treffen die beiden Kugeln mit ihren jeweiligenMassen m1 und m2 und ihren jeweiligen Ge-schwindigkeiten v1 und v2 zentral aufeinander,so bewegen sie sich nach der Kollision mit ande-ren Geschwindigkeiten v′1 und v′2 auseinander.Wir kennen die Massen m1 und m2, sowie dieAnfangsgeschwindigkeiten v1 und v2 der Ku-geln. Gesucht sind die Endgeschwindigkeitenv′1 und v′2.

Da die Menge an verlorener Bewegungsenergiewährend des Aufpralls sehr gering ist, gilt derEnergieerhaltungssatz

E1 + E2 = E′1 + E′2, (27)

der besagt, dass die Summe der Bewegungs-energien vor dem Stoß gleich der Summe derBewegungsenergien nach dem Stoß ist. Wirnehmen also an, dass der Energieverlust gleichNull ist. Durch Einsetzen von

E = 12mv

2 (28)

in den Energieerhaltungssatz ergibt sich

12m1v

21 + 1

2m2v22 = 1

2m1v′21 + 1

2m2v′22 . (29)

Außerdem gilt die Impulserhaltung

p1 + p2 = p′1 + p′2, (30)

da die Kugeln näherungsweise nur wechselsei-tige Kräfte spüren, deren Summe Null ergibt.

Wenn wir für Impuls p ebenfalls seine Defini-tion

p = m · v (31)

in den Impulserhaltungssatz einsetzen, erhaltenwir die Formel

m1 · v1 +m2 · v2 = m1 · v′1 +m2 · v′2. (32)

Wir formen diese Gleichung nun so um, dassalle Werte mit demselben Index auf einer Seitestehen und klammern anschließend m1 und m2aus:

m1 · (v1 − v′1) = m2 · (v′2 − v2) (33)

Den mit 2 durchmultiplizierten Energieerhal-tungssatz (29) stellen wir genauso um:

m1 · (v21 − v′21 ) = m2 · (v′22 − v2

2) (34)

Mit Hilfe der dritten binomischen Formel ergibtsich daraus

m1(v1−v′1)(v1 +v′1) = m2(v′2−v2)(v′2 +v2).(35)

Die Division von (35) durch (33) ergibt

v1 + v′1 = v2 + v′2. (36)

Mit den beiden linearen Gleichungen (33) und(36) für die beiden Unbekannten v′1 und v′2ergeben sich die Lösungen

v′1 = 2m2v2 +m1v1 −m2v2m1 +m2

(37)

und

v′2 = 2m1v1 +m2v2 −m1v1m1 +m2

. (38)

Damit können wir die Geschwindigkeiten nachdem Stoß recht einfach berechnen. Wenn, wieim Billard, der Spezialfall gilt, dass die Kugelndie gleichen Massen haben (m1 = m2 = m),dann vereinfachen sich (37) und (38) zu

v′1 = v2 (39)

und

v′2 = v1. (40)

Beim Stoß tauschen die Kugeln also ihre Ge-schwindigkeiten.

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Page 118: Dokumentation 2013

KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

Stoß in zwei DimensionenAnne Baier

Bei einem richtigen Billardspiel können die Ku-geln auch schräg zur Einlaufrichtung voneinan-der abprallen. Hierfür verwenden wir die Vek-torschreibweise, da diese die Rechnung erheb-lich erleichtert. Es gilt weiterhin die Impulser-haltung und die Erhaltung der Bewegungsener-gie, die wir diesmal aber mit Impulsen stattmit Geschwindigkeiten ausdrücken.Impulserhaltung:

#�p1 + #�p2 = #�p1′ + #�p2

′ (41)

Energieerhaltung:

| #�p1|2

2m1+ |

#�p2|2

2m2= |

#�p1′|2

2m1+ |

#�p2′|2

2m2(42)

Wir drücken den Impuls der ersten Kugel nachdem Stoß durch die Impulsänderung ∆ #�p aus:

#�p1′ = #�p1 + ∆ #�p (43)

Der neue Impuls der Kugel ist also sein alterImpuls plus die Impulsänderung. Mit der Im-pulserhaltung ergibt sich damit für die zweiteKugel

#�p2′ = #�p2 −∆ #�p . (44)

Die Impulsänderung zeigt in Kraftrichtung unddamit in Richtung der Verbindungslinie der Ku-gelmittelpunkte, die wir mit # �x1− # �x2 bezeichnen.Um die Richtung der Impulsänderung anzuge-ben, verwenden wir einen Richtungsvektor derLänge 1, den wir #�

δ nennen:

∆ #�p = k ·# �x1 − # �x2| # �x1 − # �x2|

= k · #�

δ (45)

Wenn wir den Faktor k kennen, dann kennenwir die Impulse und damit die Geschwindigkei-ten nach dem Stoß. Wenn wir die Gleichung(45) in (43) und (44) einsetzen und diese wie-derum in den Energieerhaltungssatz (42), soerhalten wir nach zahlreichen Umformungen

k = 2 · #�

δ · ( #�v2 − #�v1)1

m1+ 1

m2

. (46)

Seit wir das in unser Programm eingebaut ha-ben, kollidieren die Kugeln im Programm rea-listisch miteinander. Ein wichtiger Spezialfallhilft auch beim richtigen Billardspielen weiter:Wenn sich zwei Kugeln mit gleichen Massentreffen, wobei eine davon in Ruhe ist, danntrennen sie sich im rechten Winkel.

Beim Stoß mit einer ruhenden Kugel gleicher Masselaufen die Kugeln im rechten Winkel auseinander.

Gleichung (42) vereinfacht sich dann mitm = m1 = m2 und #�v2 = 0 zu

12m|

#�v1|2 = 12m|

#�v1′|2 + 1

2m|#�v2′|2. (47)

Multiplikation mit 2m ergibt

| #�v1|2 = | #�v1′|2 + | #�v2

′|2. (48)

Nach dem Satz des Pythagoras stehen daherdie Vektoren #�v1

′ und #�v2′ senkrecht aufeinander.

ReibungAxel Printschler

Unsere Billardkugeln können nun über denTisch rollen und miteinander kollidieren, dochstehenbleiben können sie noch nicht. Wir stell-ten uns daher die Frage, warum Gegenstän-de allgemein und speziell unsere Billardkugeln

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

stehen bleiben, wie wir dieses Phänomen phy-sikalisch und mathematisch beschreiben undanschließend ins Spiel einbauen können.Um die theoretischen Grundlagen zu lernen,verbrachten wir einen gesamten Vormittag imPhysiksaal. Zunächst ging es darum, welche ver-schiedenen Reibungsarten es überhaupt gibt.Als erstes tritt die Haftreibung in Kraft. Die-se wirkt, weil alle Gegenstände, auch wenn sieglatt aussehen wie die Billardkugeln, mikros-kopisch betrachtet gar nicht glatt sind. JederGegenstand weist kleine Erhebungen auf, diesich mit den Erhebungen des anderen Gegen-standes, beispielsweise einer Billardkugel mitdem Tisch, verzahnen. Dadurch benötigt mananfangs eine höhere Kraft, um den Gegenstandin Bewegung zu bringen, als danach, wenn ersich schon bewegt. Man kennt dieses Prinzip,wenn man versucht einen schweren Schrankzu verschieben. Am Anfang braucht man vielKraft, um den Schrank in Bewegung zu ver-setzen, doch wenn er einmal in Bewegung ist,geht es einfacher. Dann gleitet er über den Bo-den. Es wirkt die Gleitreibung. Diese ist nichtmehr so groß wie die Haftreibung, da die Er-hebungen sich nicht mehr verzahnen, sondernübereinander hinweggleiten. Da Kugeln rollen,tritt diese Reibungsart bei ihnen nur selten inKraft. Häufiger ist stattdessen die Rollreibung.Sie ist noch kleiner als die Gleitreibung. Außer-dem gibt es noch weitere Effekte, die bewegteObjekte abbremsen, beispielsweise den Luft-widerstand oder den Wasserwiderstand. DerLuftwiderstand tritt beim Billardspielen auf,der Wasserwiderstand hingegen nicht, nicht ein-mal beim Poolbillard. Der Luftwiderstand istallerdings zu vernachlässigen.In unser Billardspiel haben wir nur eine Rei-bungsart eingebaut. Die Haftreibung ist nichtweiter von Belang, da jeder Billardspieler esschafft, mit dem Queue die Kugel so anzusto-ßen, dass der Haftwiderstand überwunden wirdund sich die Kugel bewegt. Die Gleitreibungtritt beim Billard nur in Kraft, wenn die Kugelnach dem Stoß nicht sofort anfängt zu rollen,sondern am Anfang über den Tisch schlittert,was beim Spin wichtig wird. Doch da wir diesennur theoretisch behandelt, und nicht in unserSpiel eingebaut haben, benötigen wir auch dieGleitreibung nicht. Daher haben wir uns damit

befasst, die Rollreibung zu bestimmen.Zuerst haben wir uns gefragt von welcher Kraftdie Reibung abhängt, und was diese Kraft ge-nau bewirkt. Die Reibungskraft Fr wirkt ent-gegen der Bewegungsrichtung und bremst soden Gegenstand ab. Sie hängt von der Schwer-kraft Fg ab. Die Reibungskraft Fr ergibt sichals Produkt der Schwerkraft Fg und dem Rei-bungskoeffizienten µ:

Fr = Fg · µ (49)

Pro Zeitabschnitt wird die Geschwindigkeit umeinen konstanten Wert kleiner. Diesen habenwir als ar definiert:

|v′| = |v| − ar · t (50)

Doch nun wissen wir immer noch nicht, was ge-nau ar ist. Wir haben zwar die Formel, um dieReibung zu berechnen, doch es fehlt noch eingenauer Wert der negativen Beschleunigung ar.Diesen Wert haben wir in einem selbst ausge-dachten Versuch gemessen. In diesem Versuchließen wir eine Kugel eine kleine Rampe herun-ter rollen und stoppten die Zeit t, die die Kugelbrauchte, bis sie zum Stillstand kam. Danachmaßen wir die zurückgelegte Strecke s. Mitdiesen beiden Werten konnten wir nun ausrech-nen, wie groß die negative Beschleunigung war,denn es gilt

ar = 2 st2. (51)

Das Ergebnis unserer Messung war

ar = 6,8cms2 . (52)

Das bedeutet, dass eine Kugel pro Sekundeum 6,8cms langsamer wird. Mit Hilfe diesesgemessen Wertes konnten wir eine realistischeVerlangsamung in unser Programm einbauen.

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

Spin – vom Laien zum ProfiMarvin Motzet

Bisher haben wir die Kollision zweier Kugeln,die Reflexion an der Bande, die Reibung sowieeinige Regeln in das Billardspiel eingebaut. Dasähnelt beim ersten Blick fast einem realen Bil-lardspiel, aber leider nur fast. Es fehlt jedochetwas, mit dem das Billardspielen noch mehrSpaß macht: der Spin. Damit ist es u. a. mög-lich, die weiße Kugel als sogenannten Nachläu-fer oder als Rückläufer anzustoßen, indem derSpieler mit dem Queue die Kugel nicht mit-tig anspielt, sondern den Anstoßpunkt variiert.Wie wir solch einem Feature physikalisch aufden Grund gingen, stellen wir im Folgendendar. Nebenbei kann der Leser noch seine Bil-lardkenntnisse auffrischen oder erweitern.Wenn eine Billardkugel rollt, kann man dieDrehgeschwindigkeit ω der Kugel (Radius r)mit der „normalen“ Geschwindigkeit v in Ver-bindung setzen:

ω = v

r(53)

Verschiebung des Anstoßpunktes in z-Richtung –Drehung um y-Achse.

Wird die Kugel oberhalb bzw. unterhalb ih-res Mittelpunkts angestoßen, kann es zu einemNach- bzw. zu einem Rückläufer kommen: DieKugel dreht sich dabei um die y-Achse. BeimNachläufer (Topspin) dreht sich die Kugel mithoher Geschwindigkeit um die y-Achse. BeimZusammenstoß mit einer anderen Kugel läuftsie dieser hinterher, denn nach der Impulsüber-gabe dreht die Kugel hohl und gewinnt dadurch

wieder an Geschwindigkeit. Beim Rückläufer(Backspin) läuft die Kugel nach dem Zusam-menstoß mit einer anderen Kugel zurück, da siesich entgegen der Rollrichtung um die y-Achsedreht.

Blau: Topspin bzw. Nachläufer. Rot: Backspinbzw. Rückläufer.

Zudem haben wir die Drehung um die z-Ach-se untersucht, wenn der Anstoßpunkt in y-Richtung verschoben wird. Hier gilt, dass beider Bandenreflexion der Ausfallswinkel nichtmehr dem Einfallswinkel entspricht. Die Kugel„rollt“ sich bei der Kollision ab.

Verschiebung des Anstoßpunktes in y-Richtung –Drehung um z-Achse.

Als weiteren Schritt haben wir Formeln für dieDrehgeschwindigkeit hergeleitet. Wir nehmendabei an, dass während des Stoßes eine kon-stante Kraft F auf die Kugel wirkt, mit der siebeschleunigt wird. Die Geschwindigkeit v derKugel hängt dabei von der Stärke der Kraftab. Je stärker die Kugel mit dem Queue an-gestoßen wird, desto schneller bewegt sie sich.

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

Blau: Drehung gegen den Uhrzeigersinn. Rot: Dre-hung im Uhrzeigersinn.

Diese Geschwindigkeit haben wir schließlichmit der Drehgeschwindigkeit in Verbindung ge-setzt, wobei wir nach einer längeren Herleitungfolgende Formeln für die Drehgeschwindigkeitωy (um die y-Achse) und ωz (um die z-Achse)gefunden haben:

ωy = −5 · F · (r − h)2 · r2 · vx (54)

ωz = −5 · F · s2 · r2 · vx (55)

Die Längen s und h sind dabei den obigenAbbildungen zu entnehmen, r entspricht demKugelradius und vx der Geschwindigkeit ent-lang der x-Achse. Bei beiden Formeln spielt dieKraft F , mit der die Kugel angestoßen wird,die Geschwindigkeit v und die jeweilige Anstoß-position eine wichtige Rolle. Zwar haben wirjetzt Formeln für die Drehbewegungen um diey- und z-Achse, aber während der Bewegungder Kugel geschieht noch mehr. So wirkt beider Bewegung der Kugel Reibung, wodurch siebeschleunigt oder gebremst wird. Beim Top-spin wird die Kugel durch die Gleitreibung be-schleunigt. Für die Beschleunigung a gilt dann

a = µgleit · g. (56)

Dabei ist µgleit der Gleitreibungskoeffizient,den wir vorher experimentell bestimmt haben.Beim Backspin wird die Kugel entsprechendmit

a = −µgleit · g (57)

gebremst. Zeitgleich ändert sich die Winkelge-schwindigkeit ωy. Für die Änderung derWinkel-geschwindigkeit pro Zeit, der Winkelbeschleu-nigung, gilt beim Topspin

aω = −52 ·

µgleit · gr

(58)

und beim Backspin

aω = 52 ·

µgleit · gr

. (59)

Unser BillardturnierCorinna Nowak

Während der Akademie haben wir nicht nurunser Spiel programmiert und uns mit physika-lischen Aspekten zum Thema Billard beschäf-tigt, sondern auch einmal „richtiges“ Billard ge-spielt. An einem Nachmittag wurde ein kursin-ternes Billardturnier im Internat des EckenbergGymnasiums ausgetragen, sodass wir unsereBillardkenntnisse auch in der Praxis anwendenkonnten.

Es gab mehrere Teams, die zufällig bestimmtund in zwei Gruppen eingeteilt wurden. JedesTeam musste gegen jedes andere Team aus derzugehörigen Gruppe spielen, während die Ande-ren gespannt mitfieberten. Zum Schluss traten

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

die zwei Siegerteams gegeneinander an. Wäh-rend die einzelnen Spiele stattfanden, spieltendie anderen, wenn sie nicht gerade eines derSpiele verfolgten, Tischkicker, aßen Süßigkei-ten, unterhielten sich oder diskutierten übermathematische Erkenntnisse.Gewonnen haben schließlich Axel, Fabian undElias im Finale gegen Daniela, Luisa und Lucasund sind so stolze Besitzer einer Packung Keksegeworden. Abschließend durften die Gewinnerder Kursteilnehmer gegen unsere Kursleiter,Daniel und Alex, antreten, die schließlich alsendgültige Sieger aus dem Billardturnier her-vorgingen. Die beiden mussten jedoch nur einSpiel gewinnen, im Gegensatz zu allen anderenTeams.Auch wenn die Kugeln manchmal nicht so ge-rollt sind, wie wir es wollten, haben wir einensehr lustigen und unterhaltsamen Nachmittagzusammen verbracht und konnten während desTurniers unsere Spielkenntnisse verbessern.

Rotation und Abschlusspräsenta-tion

Corinna Nowak

Damit auch die anderen Teilnehmer der Aka-demie wussten, womit man sich in seinem Kursbeschäftigt hatte, fand nach der Hälfte der Som-merakademie die sogenannte Rotation statt. Je-der Kurs konnte den Teilnehmern der anderenKurse präsentieren, welche Themen im Kursbisher erarbeitet wurden. Dazu gab es vier ver-schiedene Gruppen, die aus Teilnehmern, Kurs-leitern und Schülermentoren bestanden undvon Kurs zu Kurs rotierten.

Für eine Präsentation bedarf es natürlich aneinigen Vorbereitungen. Zusammen haben wiruns im Kurs überlegt, welche Themen wir denanderen Teilnehmern präsentieren wollten. Wirerstellten eine einheitliche PowerPoint-Präsen-tation, bildeten vier Vortragsgruppen und teil-ten einzelne Themengebiete verschiedenen Per-sonen zu. Diese reichten vom Programmierenüber mathematische Formeln, wie zum Beispieldem Satz des Pythagoras, bis hin zu physikali-schen Themen, wie der Kollision zweier Kugeln.Natürlich durfte das Üben nicht fehlen. Alsohielt jede Gruppe mindestens einmal einen Pro-bevortrag. Das war sehr hilfreich, da man da-bei merkte, an welchen Stellen Schwierigkeitenauftreten konnten und man lernte, wie ein La-serpointer richtig benutzt wird. Am Abend vorder Rotation waren dann alle gut für die Vor-träge vorbereitet. Die Rotationsvorträge verlie-fen bei allen Gruppen erfolgreich. Zu unseremBillardspiel, das die Teilnehmer ausprobierendurften, obwohl es noch nicht ganz fertig war,haben wir einige hilfreiche Anregungen undVerbesserungsvorschläge bekommen.

Bei der Abschlusspräsentation war der Ablaufähnlich. An diesem Tag präsentierte jeder Kursden Eltern und Verwandten der Kursteilneh-mer sowie anderen Interessierten, wie beispiels-weise ehemaligen Teilnehmern, was wir in denzwei Wochen der Sommerakademie erarbeitethatten.

Für diesen Tag haben wir unsere erste Prä-sentation ergänzt und verbessert. Außerdemhaben wir eine Pinnwand erstellt, an der wirunseren Kurs vorstellten. Unsere Vorträge amAbschlusstag waren gut besucht. Auch dies-mal war das Highlight unserer Präsentation

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

der Schluss. Die Begeisterung der Zuhörer warimmer groß, als wir ihnen erzählten, dass sieunser Spiel nun testen durften. Unsere Kurslei-ter und wir waren mit den Präsentationen sehrzufrieden. Den Zuhörern wurde außerdem dasThema Billard und die physikalischen Aspektedazu ein Stück näher gebracht und sie hattendie Ehre, ein super Billardspiel am Computerspielen zu dürfen.

ExkursionTimo Kandra

Am Montag der zweiten Akademiewoche be-suchte unser Kurs die Arbeitsgruppe „Visuali-sierung und numerische Geometrie“ am Inter-disziplinären Zentrum für WissenschaftlichesRechnen (IWR) der Universität Heidelberg.Nach einer relativ langen Busfahrt, die unsdurch fiese mathematische Rätsel von Danielund Alex nicht allzu entspannend gestaltet wur-de, kamen wir an der Uni an. Unser Kurs fühltesich sehr wohl, als wir über das Uni-Geländespazierten – vielen von uns konnte man dieVorfreude auf das Studieren schon regelrechtanmerken.Zu Beginn hörten wir Vorträge über spannendeThemen der Mathematik an: Der erste handel-te von Kryptographie. Das Ziel war es, uns diemoderne RSA-Verschlüsselung näher zu brin-gen. Zunächst erfuhren wir etwas über sehr alteVerschlüsselungen aus der Zeit Cäsars. Auchdie Prinzipien der Verschlüsselung von Nach-richten während der beiden Weltkriege wurdenuns erklärt. Im zweiten Vortrag ging es umKnoten. Dieses exotische Teilgebiet der Ma-thematik wird unter anderem zur Erforschung

von DNA-Verknotungen eingesetzt. Das warinsofern interessant, da sich eigentlich noch nie-mand von uns mit diesem Thema beschäftigthatte und es erstaunlich war, was schon allesüber Knoten entdeckt, definiert und bewiesenwurde.Nach der Pause, die wir in einem sehr stilvollenAufenthaltsraum verbrachten, wurde uns daseigentliche Forschungsgebiet der Arbeitsgruppevorgestellt. Sie zeigten uns, dass man Compu-tergrafik auch anders verwenden kann als inunserem Billardspiel: Objekte, hauptsächlicharchäologische Fundstücke, werden mit einem3D-Scanner gescannt, um sie dann mit denMöglichkeiten eines Computers erforschen zukönnen.In weiteren Vorträgen erfuhren wir, wie solchein 3D-Scanner funktioniert und welche Schwie-rigkeiten bei dieser Aufnahmetechnik auftretenkönnen. Zum Beispiel hatte sich einer der Re-ferenten damit beschäftigt, die beim Scannenentstehenden Glanzlichter auf Objekten auto-matisch zu entfernen.Nach den Vorträgen kam es dann zum Höhe-punkt unseres Besuches: Wir durften den 3D-Scanner in Aktion sehen und ein interaktives3D-Cyberboard ausprobieren. Dieses ermög-licht es durch Kameras den Standpunkt desBenutzers zu orten und somit den Blickwin-kel des Dargestellten zu verändern. Auf dieseWeise entsteht ein realistischer, dreidimensio-naler Eindruck von den visualisierten Objekten,in welchen man mit einem Joystick eingreifenkann. In unserem Fall handelte es sich um eineStatue, die aus eingescannten Bruchstücken be-stand. Da diese Statue in der Realität mehrereMeter hoch ist, war es leichter, sie auf virtuelleWeise zusammenzubauen.

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

Als alle von uns ausgiebig mit dem Cyberboardgespielt und gebaut hatten und alle offenen Fra-gen beantwortet waren, verließ der mit vielenInformationen und T-Shirts mit witzigem Auf-druck positiv gestimmte Physikkurs die Uniund fuhr zurück nach Adelsheim.

SportfestLuisa Feifel

Weil Physiker und Informatiker nicht nur to-tal cool und intelligent (und eventuell etwaseingebildet), sondern auch sportlich sind, wardas Sportfest, das der Physikkurs in den letz-ten zwei Jahren gewinnen konnte, die perfekteGelegenheit, den anderen Kursen zu beweisen,dass wir nicht nur programmieren und Billardspielen können. Unseren Schlachtruf „cout «Schlachtruf“ hat zwar außer uns fast keiner ver-standen, aber er hat im Gegensatz zu manch an-deren Kursen immer auf Anhieb funktioniert.

Insgesamt gab es beim Sportfest sieben Statio-nen und auch wenn man sich bei manchen fra-gen musste, wer sich so etwas ausgedacht hatte,haben wir zusammen dann doch alles problem-los gemeistert. Unsere erste Station war derSchwimmflossenlauf, bei dem jeder auf mehroder weniger elegante Weise mit Schwimmflos-sen einen Parcours durchlaufen musste. BeimTeebeutelweitwurf, bei dem wir Teebeutel so-weit wie möglich mit dem Mund werfen sollten,haben wir sehr kreative Techniken erfunden.Es lässt sich aber darüber streiten, ob diesewirklich effektiv waren. Bewiesen ist nur, dasses noch Schlechtere gab. Beim Autoziehen wa-ren wir jedoch absolute Rekordhalter. Auchbei der nächsten Station, bei der wir Jonglier-

bälle in unterschiedlich große Reifen mit un-terschiedlich hoher Punktzahl werfen sollten,haben wir uns ganz gut geschlagen. Bei dernächsten Station haben wir, dank Lucas’ An-weisungen, Patricia sicher ins Ziel gebracht. Siestand in einem großen A aus Holz, das nurdurch vier Seile, die am oberen Ende befes-tigt waren, bewegt werden durfte. Die nächsteStation war der Gummistiefelweitwurf. Hierhatten wir zwar viel Spaß, aber wenig Erfolg.Bei unserer letzten Station war wieder einmalTeamwork gefragt, denn die Aufgabe war es,ein Tuch umzudrehen, auf dem wir alle standen,ohne dass jemand den Boden berührt. Und ir-gendwann standen wir dann wirklich auf demumgedrehten Tuch, wenn auch nicht ganz ohneVerluste. Zum Schluss kam noch ein Staffellauf,bei dem alle Kurse gegeneinender antraten. Zielwar es, mit nur einem Schwamm möglichst vielWasser in einen Eimer zu befördern. Aber auchmit dem Wasser, das auf unerklärliche Weisenoch nach dem Abpfiff in unseren Eimer ge-wandert war, konnten wir uns nicht gegen denAstronomiekurs durchsetzten, der mit einein-halb Eimern Wasser der eindeutige Sieger derStaffel war.

Zum Schluss hatte es dann leider doch nichtganz für den Sieg des Sportfestes gereicht, wasaber auch daran liegen könnte, dass wir an man-che Aufgaben einfach mit zu viel Strategie undlogischem Denken herangegangen sind. Abermit unserem hart erkämpften dritten Platzsind wir sehr zufrieden und hatten dabei aufjeden Fall sehr viel Spaß!

DokumentationDie Kursteilnehmer

Zu guter Letzt mussten wir die vorliegende Do-kumentation verfassen. Der Entwurf wurde vonden Teilnehmern zu Hause erstellt, sodass wiram Dokumentationswochenende den Text „nurnoch“ überarbeiteten, wobei sich das „nur noch“als erstaunlich viel entpuppte. Dennoch hattenwir viel Spaß beim Diskutieren der Grammatik,der Tempi und der Kommata und merkten, dasswir eben doch in den Physik-Informatik-Kursgehören.

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KURS 5 – PHYSIK/INFORMATIK

DanksagungDie Kursteilnehmer

Ihr wart zusammen echt die coolsten Kursleiter(und die coolste Schülermentorin) – das habensogar die anderen Kurse irgendwann zugegeben.Danke, dass ihr immer so geduldig mit uns wart,uns jede noch so blöde Frage beantwortet habtund wir so viel Spaß zusammen haben durften.Wir werden euch und die unvergessliche Zeitauf jeden Fall total vermissen.

NachwortDie Kursleiter

In den zwei Wochen wurde viel Wissen überPhysik, Mathematik und Informatik gelehrtund gelernt, doch dieses „Rezept“ wäre nichtgelungen, wenn der Kurs nicht so einzigartigharmoniert hätte. Im Kurs herrschte die rich-tige Mischung zwischen Ernsthaftigkeit undLockerheit, was nicht zuletzt daran lag, dasssich alle nicht zu ernst nahmen und auch maleinen Witz über sich ergehen ließen. Somit wur-de eine tolle Arbeitsatmosphäre geschaffen, inder die Ideen nur so sprudelten. Doch obwohlunser Spiel wirklich klasse geworden ist, wardas nur ein kleines Fragment unserer geleis-teten Arbeit, denn viel mehr werden wir unsalle an das angenehme Gefühl der Akademieerinnern. Es ist nicht einfach, unter so vielenLeuten, in so wenig Zeit ein Gefühl der Gebor-genheit und Freundschaft entstehen zu lassenund doch haben wir es alle zusammen geschafft.Wir werden die gemeinsame Zeit mit euch nievergessen!

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KURS 6 – THEOPRAX

Kurs 6 – TheoPrax: Seebeck-Effekt – KreativeIdeen zur Nutzung

VorwortLea Zimmer

„Sommer, Sonne, Strand und Meer!“: So klingtes bei den meisten Jugendlichen, wenn es umihre Sommerferien geht.Bei uns aber heißt es eher: „Theoretisch – Prak-tisch – Gut“, denn wir entschlossen uns, ander Science Academy zwei Wochen lang harteArbeit zu leisten, statt faul im Liegestuhl zuliegen.Unsere Kurswahl fiel auf TheoPrax. TheoPrax?Ja, theorie- und praxisverbunden beschäftigtenwir uns mit dem zunächst sehr abstrakt klingen-den Thema „Seebeck-Effekt – Kreative Ideenzur Nutzung“. Doch wir, zwölf stolze TheoPrax-ler, sind nun echte Experten was Projektmana-

gement, Restwärmenutzung, Seebeck-/Peltier-Effekt und Thermoelektrische Module angeht.Immer noch nicht schlauer? Keine Sorge: Unsging es zu Beginn ähnlich.

Im Gegensatz zu anderen Kursen bearbeite-ten wir als einziger Kurs ein reales Projekt,welches zur aktuellen Forschung beiträgt. Die-ses Projekt wird noch genauer vorgestellt underläutert.

Zwischendurch kamen natürlich auch Stressund Zeitdruck vor, dennoch arbeiteten wir stetsmotiviert, konzentriert und vor allem gemein-sam auf unser Ziel hin. Man kann also mitSicherheit sagen, dass keiner Strand und Meervermisst hat. Diese zwei wunderbaren Wochen,über die wir folgend berichten werden, warendurchaus wertvoll und faszinierend.

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KURS 6 – THEOPRAX

Der TheoPrax-Kurs – Projektar-beit mit Ernstcharakter

Luise Evers

In unserem Kurs arbeiteten 12 Teilnehmer, diesich auf drei Teams aufteilten, zusammen. ImFolgenden stellen wir die Teams und deren Mit-glieder aus unserem Kurs, welche sich bereitsauf dem Eröffnungswochenende fanden, vor.

Team 1

E3 – Effekte Einfach Erklärt – Das sind PhilippWeiß, Luise Evers, Lea Zimmer und StephanieAidoo.Am Eröffnungswochenende entwickelten wirdiesen Namen, passend zu unserem dort ge-wählten Thema. Durchgehendes, effizientes Ar-beiten, zum Teil unter hohem Zeitdruck, be-reitete uns vier keine Probleme, obwohl sichdie Effekte nur auf komplizierte Weise erklärenließen.

Lea Zimmer Unser ruhender Punkt, der aufkreativste Art und Weise lehrbuchfähigeSkizzen und Plakate erstellte.

Stephanie Aidoo Aufgeschlossen – Schlagfer-tig – Hilfsbereit. Ihr ansteckendes Lachenheiterte uns auch in den aussichtslosestenSituationen auf.

Philipp Weiß Der Technikfreak – Der Spaßvo-gel – Der Einheimische. Seine Lehrfilmani-mation zog bei der Abschlusspräsentationgroßes Staunen und viel Applaus auf sich.

Luise Evers Auf Luise war immer Verlass. Sietrieb das Team durch zielstrebiges Arbeitenungemein voran und auch im Animations-film hörten wir ihrer angenehmen Stimmegerne zu. Mit einem Lächeln auf den Lip-pen, konnte sie nichts aus der Ruhe bringen.

Team 2

Energy-Control – Das sind Charlotte Siegmann,Marvin Schmoll, Marco Schönleber und JuliusWillich.Dieser Teamname ging ebenfalls aus dem erhal-tenen Projektthema hervor. Schon vor der Som-merakademie planten wir einen Versuchsauf-

bau, welcher leider nicht funktionstüchtig indie Praxis umgesetzt werden konnte. Jedochwar unsere Gruppe flexibel und überlegte sichinnerhalb kürzester Zeit einen neuen Aufbauund führte schließlich mit diesem die geplantenMessungen durch.

Charlotte Siegmann Charlotte ist unsere Zir-kusspezialistin und nebenbei noch Motor-expertin. Immer freundlich und offen gegen-über anderen meisterte sie jede Aufgabe,die es in ihrer Gruppe zu lösen galt.

Marvin Schmoll Eher ruhig, aber eine wirkli-che „Bombe“ in Bezug auf Erklärungen.Selbst die schwierigsten Fragen bei der Ab-schlusspräsentation konnte er ohne zu zö-gern durch sein großes Fachwissen beant-worten.

Marco Schönleber Ein Wissenspaket, das im-mer bereit zu verständlichen, wissenschaft-lichen Erklärungen war. Sein charakterisie-render, sympathisch schwäbischer Dialektlockerte oftmals die Stimmung im Kurs auf.

Julius Willich Er war im Werkraum mit sei-nem Versuchsaufbau unschlagbar! Wenn esmal kurz um Styroporschneiden oder feh-lende Zangen ging, wusste Julius immereine Lösung für das aufgetretene Problem.

Team 3

Energy-Payback – Das sind Rebekka Homburg,Annika Müller, Julian Russ und Hendrik Schil-linger.Das gestellte Thema des Eröffnungswochenen-des veränderte sich zu Beginn der Sommeraka-demie, sodass unser geplanter Versuchsaufbauvollkommen umgestellt werden musste. Jedochkonnten wir dieses Problem durch souveränes,flexibles Handeln schnell aus der Welt schaffen.

Rebekka Homburg Sie war der durchgehendeSonnenschein des Kurses – immer optimis-tisch und gut gelaunt. Nicht zuletzt wegender coolen grünen Handschuhe liebte siedas Experimentieren mit Wärmeleitpaste.

Annika Müller Annika packte die ihr gestell-ten Aufgaben, wie zum Beispiel das Proto-kollieren, immer mit voller Energie an undwar dabei stets gut gelaunt.

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KURS 6 – THEOPRAX

Hendrik Schillinger Hendrik war einer der häu-figsten Sport-KüA-Besucher der Akademie.Er nahm sich immer Zeit für das Filmen derExperimente und konnte spontan perfek-te Erklärungen für seinen Versuchsaufbauliefern.

Julian Russ Julian brachte sich begeistert undvoller Ehrgeiz in die Gruppe ein und über-nahm wichtige Aufgaben beim Experimen-tieren und Synchronisieren des Films.

Kursleiterinnen und Schülermentor

Monika Jakob Monika, offen für alles und im-mer gut gelaunt – außer wenn der Zeitplanzu weit überschritten wurde. Auch war sieeine Problemlöserin. Klettverschlussbandund Laminiergerät? Kein Problem für Mo-nika, ihr gelang es, alles Nötige noch zu be-sorgen, selbst während der Akademie. Auchfür Verständnisfragen bei Halbleitern oderThermoelektrischen Modulen (TEM) legteMonika in ihrer wenigen freien Zeit nochExtra-Stunden ein, um wieder mal ein Pro-blem aus der Welt schaffen zu können.

Marielouise Zaiß Eine unglaublich motivierteLeiterin und faszinierende Motorspezialis-tin. Sie konnte sogar die Mädchen im Kursfür Autos begeistern. Sämtliche Einzeltextefügte sie für uns erfolgreich in einen gemein-samen Abschlussbericht ein. Dabei blieb sieimmer konzentriert und strukturierte dasweitere Vorgehen durch klare und ausführ-bare Aufgabenstellungen.

Marcel Horning Unser Coach beim Sportfestbrachte den TheoPrax-Kurs durch geziel-tes Training und aufbauende Motivationauf den 1. Platz. Damit erzielte er ein his-torisches Ergebnis in der Geschichte derScience Academy. Er war immer für einkleines Späßchen zu haben und stand unsjederzeit und aufmerksam zur Seite.

TheoPrax – Was ist das?Annika Müller

Was bedeutet TheoPrax überhaupt und was istdas Ziel dieses Kurses? Mit solchen Fragen wur-

den wir häufig von den „Nicht-TheoPraxlern“gelöchert. Andere Akademieteilnehmer und ei-nige der anderen Kursleiter hatten zu Beginnder Akademie die Vorstellung, dass sich un-ser Kurs fast ausschließlich mit Spielen unddem Verzehr von Süßigkeiten beschäftigt. Wirbewiesen jedoch das Gegenteil, indem wir dasPublikum mit unserer Abschlusspräsentationüberzeugten, begeisterten und beim diesjähri-gen Sportfest den ersten Platz belegten.Wie der Name bereits sagt, ist der TheoPrax-Kurs aus einem Theorie- und einem Praxisteilaufgebaut. Den meisten Schülern ist aus derSchule lediglich der Frontalunterricht bekannt,doch ausgeglichene theorie- und praxisverbun-dene Arbeit erwies sich als äußerst produktiv.In Theoriemodulen lernten wir beispielsweise,ein Projekt bis ins kleinste Detail zu planen,sowie zu managen. Das Erlernte setzten wirdirekt im Anschluss in die Praxis um.Des Weiteren lernten wir in einer Theorieein-heit ein professionelles Angebot mit Zieldefini-tion, Struktur-, Zeit- und Kostenplan zu ver-fassen. Das themenbezogene Angebot legtenwir unseren Auftraggebern Dörthe Krause vomFraunhofer Institut für chemische Technologie(Pfinztal) und Helmut Wipfler von der OffenenJugendwerkstatt Stupferich vor. Nach nur weni-gen Änderungen, in denen wir noch Vorschlägeder Auftraggeber einarbeiteten, erteilten dieseuns kurze Zeit später den Auftrag. Das Arbei-ten konnte beginnen.Wir beschäftigten uns mit dem Thema „See-beck-Effekt – Kreative Ideen zur Nutzung“ diezwei Akademiewochen lang. Unser Augenmerklag auf der Restwärmenutzung. Schon am Vor-bereitungswochenende teilte sich unser Kurs indrei Teams auf, welche sich mit unterschiedli-chen Fragestellungen befassten. Unsere Arbeithat direkten Bezug auf die aktuelle Forschungund ist somit für die Auftraggeber von großemInteresse.Team E3 – Effekte Einfach Erklärt: DiesesTeam erstellte eine für Schüler selbsterklärendemobile Lernstation zum Seebeck- und Peltier-Effekt. Diese soll zukünftig in Schulen zur Er-klärung der Effekte genutzt werden.Team Energy-Control: Sie bekamen die Aufga-be gestellt, die Auswirkungen der Veränderung

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KURS 6 – THEOPRAX

der absoluten Temperatur und der Tempera-turdifferenz auf die Leistung des TEMs zu er-forschen.

Team Energy-Payback: Mit der Frage, wie sichdas TEM bei Druck und in Verbindung mitWärmeleitpaste verhält, befasste sich das Teamin den zwei Wochen.

Der TheoPrax-Kurs verfolgt das Ziel, die Pro-jektarbeit in der TheoPrax-Methodik in ei-nem Angebot-Auftrags-Verhältnis durchzufüh-ren. Unternehmerisches Denken und Handelnsollen gefördert, sowie problemorientiertes Ar-beiten erlernt werden. Überfachliche Kompe-tenzen werden hier gestärkt, Wissen selbstor-ganisiert beschafft und die Berufsfähigkeit derSchüler gesteigert.

Immer wieder traten kleinere Probleme wäh-rend der Akademie auf, die wir durch überleg-tes Handeln und zielführende Diskussionen inden Griff bekamen. Wir können mit Sicherheitsagen, dass uns die Projektarbeit mit Ernst-charakter und das erfolgreich abgeschlosseneProjekt sehr viel Spaß bereiteten und wir da-durch gut auf unser zukünftiges Berufslebenvorbereitet wurden.

TheoPrax – Wirklich nur Theorieund Praxis?

Marvin Schmoll

Nein! TheoPrax bietet mehr! Wer auch immerwollte, konnte sich an unserem Süßigkeitentischbedienen. Dort standen neben Gummibärchen,Keksen und Lollis im Überfluss auch ein Was-serkocher und Teebeutel für die durstigen Tee-trinker.

Nach stundenlanger Arbeit, nicht selten unterZeitdruck (wie z. B. beim Angebot oder denVorbereitungen für die Abschlusspräsentation)brauchten wir mal eine Pause. Das war danndie Zeit für Monika, Marielouise und Marcel,uns mit einem lustigen Spiel auf andere Ge-danken zu bringen. Doch nicht nur das. DieSpiele machten viel Spaß und förderten unse-re Kommunikationsfähigkeiten. Zum besserenVerständnis hier ein Beispiel: Wir sollten inDreierteams ein kleines Zelt aufbauen. Gut,

für die meisten war das kein Problem. Aller-dings bekamen zwei aus jedem Team die Augenverbunden und der Dritte konnte zwar sehen,durfte aber nicht mithelfen und musste Befehlezum Aufbau geben. Das war lustig, und zwarnicht nur für uns, sondern auch für die Teilneh-mer der anderen Kurse, die sich zu dieser Zeitgerade auf den Weg zum Essen machten. Alsnach etwa 10 Minuten noch immer zwei dervier Teams am herum werken waren, wurdeabgebrochen und auch wir durften zum wohl-verdienten Essen gehen.

Zitat Hendrik: „Siehst du die gelbe Lasche?“

So war also auch für unser körperliches Wohlund für Spaß und Spannung außerhalb der nor-malen Arbeit gesorgt.

Das EröffnungswochenendeCharlotte Siegmann

Was ist denn der Seebeck-Effekt? Wie ist die-ser Kurs? Sind die Kursleiter und die anderenTeilnehmer nett? Wie werden die zwei Wochensein?Diese und viele weitere Fragen geisterten inunseren Köpfen herum, als wir das erste Mal inunseren Kursraum hineingingen. Monika undMarielouise, unsere Kursleiterinnen, sagten unszuallererst, was im TheoPrax-Kurs wichtig ist:Der Kurs TheoPrax enthält Theorieeinheitenund Praxis, das heißt Planungs- und Arbeits-zeit. Trotz des Erlernens dieser überragendenFähigkeiten gewann der TheoPrax-Kurs in denvergangenen Akademien nie beim Sportfest,

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aber das kann sich ja ändern. Aber vor allemsind die TheoPrax-Kurse für viele Süßigkeitenund zahlreiche Motivationsspiele berühmt.Nach der ersten Nacht in Adelsheim trafen wiruns wieder in unserem Kursraum – mit einemneuen Gesicht. Helmut Wipfler, einer unsererAuftraggeber, erklärte uns den Seebeck-Effekt,der unser Thema in den zwei Wochen sein soll-te, sowie den Motor und dessen Rolle bei un-serem Thema. Bei der nächsten Kurszeit, amSamstagnachmittag, sagten uns unsere Kurs-leiterinnen, dass wir in 3 Gruppen an unter-schiedlichen Aufträgen arbeiten und forschenwerden. Jetzt hatten wir die schwierige Aufga-be uns für ein Team bzw. Thema zu entschei-den. Den letzten Tag verbrachten wir damit,die Aufgaben in den Teams zu verteilen. Dannwar das Wochenende schon wieder vorbei, vieleFragen beantwortet, aber hauptsächlich freu-ten sich alle auf das Wiedersehen in 46 Tagenim Fraunhofer ICT und in 75 Tagen wieder inAdelsheim.Bis dahin hatten wir noch viele Aufgaben zurPlanung unseres Projektes zu erledigen. DieErgebnisse dieser Planung sollten wir zur Ex-kursion ins Fraunhofer Institut für ChemischeTechnologie (ICT) mitbringen.

Unsere ExkursionLuise Evers

Um 10.30 Uhr begann die Exkursion unseresTheoPrax-Kurses zum Fraunhofer Institut fürChemische Technologie (ICT), Pfinztal. Nacheiner kurzen Begrüßung starteten wir auchschon mit dem ersten Programmpunkt, der auseinem kurzen Vortrag mit Informationen überdas Fraunhofer ICT bestand. Ein Mitarbeiterdes ICTs erklärte, dass die Hauptaufgabe derFraunhofer Institute das Forschen in den Na-turwissenschaften ist, jedoch sollen die Ergeb-nisse in die Wirtschaft als Produkt gelangen.Ebenfalls stellte er uns noch die verschiedenenArbeitsbereiche und aktuellen Forschungsauf-gaben des ICTs wie beispielsweise das TEMvor.Da das TEM ein wichtiger Teil unseres Themaswar, hatten unsere Kursleiterinnen mehrere Ex-emplare zur Veranschaulichung mitgebracht.

So lernten wir, dass die TEMs aus zwei dün-nen Keramikplatten mit einem Geflecht ausHalbleitern in der Mitte bestehen. Wird eineSeite des TEMs erwärmt, entsteht ein Tempe-raturunterschied zwischen Seite 1 und 2, unddaraus ergibt sich ein Stromfluss, den man sichzunutze machen kann. Dies geschieht aufgrunddes Seebeck-Effekts, der mit seiner Anwendungunser Thema in den zwei Wochen der ScienceAcademy war.

Nach dem kleinen einführenden Vortrag standnun als nächstes die Präsentation der Ergeb-nisse zur Planung der einzelnen Gruppen aufdem Zeitplan. Jede Gruppe berichtete zu ihremeigenen Thema. Diese Themen stehen jedochalle unter dem Bereich „Seebeck-Effekt – Krea-tive Ideen zur Nutzung“. Unsere beiden Auf-traggeber waren auch gekommen und hörteninteressiert bei den Vorträgen über die bishe-rigen Ergebnisse unserer Teams zu und stell-ten gezielt Fragen zu den Themen und denvon den Teams vorbereiteten Handouts, diemögliche Probleme und Verständnislücken auf-deckten und anschließend geklärt werden konn-ten. Schließlich wurde uns noch die Funktionder Kurbelwelle eines 4-Takt-Motors an einemModell vorgestellt, da hier während des Er-öffnungswochenendes einige Verständnisfragenaufgekommen waren.

Nachdem auch ebenfalls hier alle Punkte ge-klärt waren, traf der lang ersehnte Mittagsim-biss mit frisch belegten Brötchen ein. Bei ei-nem Erdbeer-Käsebrötchen unterhielten wiruns über Zeugnisse und die bevorstehendenSommerferien.

Im Anschluss an die Stärkung wurde das Pro-gramm mit der Vorführung eines Fahrzeugsdes Deutschen Zentrums für Luft- und Raum-fahrt fortgesetzt. Dieses Fahrzeug ist eines derErsten, bei dem ein TEM am Abgasstrang mon-tiert wurde, um dessen Abwärme zu nutzen.Das Auto wurde so abgestellt, dass wir unsalles von unten anschauen konnten.

Nachdem wir die Anwendung der TEMs amAuto zur Restwärmenutzung gesehen hatten,wurde uns in einem Labor eine zweite Verwen-dungsmöglichkeit der TEMs vorgestellt. For-scher führen exotherme, also Wärme produzie-rende, Reaktionen in Behältern, die mit TEM

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verkleidet waren, durch. Die TEMs agieren beidieser Art von Anwendung als kleine Senso-ren, die den Energieumsatz von chemischenReaktionen messen.Schließlich begaben wir uns wieder zurück inunseren Konferenzraum, in dem wir noch wei-tere Fragen und das Vorgehen bis zur Sommer-akademie besprachen.Nach einem anstrengenden, aber auch sehr ef-fizienten Tag im ICT verabschiedeten wir unsund machten uns in einzelnen Gruppen wiederauf den Weg nach Hause.

Ablauf der AkademieMarvin Schmoll

Unser Weg zum Erfolg

Was kommt als nächstes? Haben wir morgenüberhaupt Zeit für unsere Messungen? SolcheFragen kommen öfters vor, wenn man seineZeit gut einteilen will. Doch kein Problem fürunsere Kursleiter. Gleich bei unserem erstenKurstreffen in der Sommerakademie stelltensie uns den Ablaufplan der gesamten Akade-mie vor (siehe Abbildung). Dazu wurden in

Form einer Wegstrecke vom Start bis zum ZielKärtchen an eine Planwand gehängt. Ein roterPfeil wanderte dabei von Kärtchen zu Kärt-chen und zeigte uns unser bis dahin erreichtesArbeitspensum und was als nächstes geplantwar. Bei der weiteren Gestaltung der Planwandkonnte sich jeder mit kreativen Zeichnungeneinbringen.

Grüne Kärtchen standen auf dem Plan fürTheorieeinheiten. Blaue symbolisierten prakti-sches Arbeiten. Dabei durften wir dann endlichran und das eben theoretisch Gelernte in diePraxis umsetzen oder an unseren Versuchensowie deren Auswertung arbeiten. Die weißenund roten Kärtchen standen für wichtige Mei-lensteine in unserem Kurs bzw. der Akademie.Wie man gut erkennen kann, kamen erst einmalviele Theorieeinheiten. Dies nicht ohne Grund,denn schließlich mussten wir erst lernen, wieman ein Projekt überhaupt angeht. Vor allemmussten wir unser Angebot erarbeiten und aus-feilen, um die ersten beiden Meilensteine zuerreichen: Das Angebot und der Auftrag.

Nachdem diese Meilensteine erreicht waren,ging die Arbeit los. Wir bauten unsere Ver-suche auf und machten uns an viele Messun-gen, mit Ausnahme des Teams E3, welches kei-ne Versuche durchzuführen hatte, dafür denLehrfilm, die Modelle und die Plakate ausarbei-ten und erstellen mussten. Gelegentlich kamenauch Theorieeinheiten oder Akademieereignis-se wie das Sportfest hinzu. In der Mitte derAkademie konnten wir durch die Rotation ei-ne Zwischenbilanz ziehen. Dabei präsentiertenwir unsere bis dahin erzielten Ergebnisse denAkademieteilnehmern aus den anderen Kursen.Alle Teams waren mehr oder weniger im Zeit-verzug, aber wir waren entschlossen, das durchnoch größeren Fleiß wieder aufzuholen. So ginges rasend schnell durch die zweite Akademie-woche.

Gegen Ende wurden die „Messungen & Arbeit“-Kärtchen durch Arbeit am Abschlussberichtabgelöst und auf einmal war es soweit: Die Ab-schlusspräsentation stand bevor. Wir führtendrei Generalproben durch und konnten somitzuversichtlich die Präsentation halten, die na-türlich zur Zufriedenheit unserer Auftraggeberglückte. Danach war schon das letzte Kurs-

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treffen der Sommerakademie und diese war –tatsächlich! – schon vorbei.

ProjektmanagementMarco Schönleber

„Projektmanagement ist die Gesamtheit vonFührungsaufgaben, -organisation, -technikenund -mitteln für die Abwicklung eines Pro-jekts.“ (DIN 69901) Mit dieser kurzen Normwird eigentlich schon gesagt, was Projektma-nagement ist. Im Projektmanagement geht esdarum, alles, was das Projekt beinhalten soll,so zu koordinieren, dass man nicht mehr nurintuitiv und häufig mit Improvisation arbeitenmuss, sondern alles in einer logischen Reihen-folge gegliedert ist und diese auch eingehaltenwird. Jedes Projekt besteht dabei aus vier Pha-sen:1. Start-und Definitionsphase. Der Anfang je-des Projekts. Hier wird festgelegt, welches The-ma wir bearbeiten und welche Teams gebildetwerden. Zudem macht man sich erste Gedankenüber das Thema und sammelt Ideen.2. Planungsphase. In dieser Phase werden alle,für das Projekt wichtigen, Pläne erstellt. Erstbrauchten wir eine Zieldefinition, damit wir ge-nau wussten, was überhaupt das Ziel unseresProjektes war. Dann folgte der Projektstruktur-plan. In diesem ging es darum, alle notwendigenArbeitsschritte zusammenzufassen und in einerlogischen Reihenfolge zu gliedern. Daraufhinkonnten wir einen Projektablaufplan entwerfen,dessen Zweck es war, allen, im Projektstruktur-plan enthaltenen Aufgaben, genaue Zeitpunktezuzuordnen. Das heißt, bis wann man mit einerbestimmten Aufgabe anfangen und bis wannsie fertig sein sollte. Im nächsten Schritt folg-te eine Risikoanalyse, bei der es darum ging,Risiken zu erkennen und wenn möglich schonLösungen zu finden, um diese zu umgehen.Als alle diese Pläne erstellt waren, und derAuftraggeber mit ihnen einverstanden war, be-kamen wir den Auftrag und erst damit beganndie 3. Phase, die Umsetzungsphase. In dieserPhase setzte man seine Pläne in die Tat um.Nur hier entstanden auch unsere Messungen.In der vierten und letzten Phase, der Abschluss-phase ging es darum, die ermittelten Daten in

unseren Abschlussbericht einzubringen. Außer-dem hieß es, unsere gesamte Arbeit in unsererAbschlusspräsentation verständlich zusammen-zufassen. Insgesamt war der Auftraggeber sehrzufrieden mit uns und unseren Ergebnissen, diein den Teams erarbeitet worden waren.

Systemische LandkarteMarvin Schmoll

Der Plan zum Erfolg: Die systemische Landkarte

Wie findet man heraus, wer alles auf ein Pro-jekt Einfluss hat, macht sich bewusst, was mandabei beachten muss und hat dabei noch Spaß?Ganz einfach: Man zeichnet eine systemischeLandkarte. Zeichnen? Das Wort ist vielleichtnicht ganz zutreffend, man gestaltet sie, trifftes eher.Nachdem wir Überlegungen zu den oben ge-nannten Fragen angestellt hatten, ging es ranans Plakat! Dort zeigten wir die Beziehungender Stakeholder zueinander auf. Stakeholder –das sind eben alle Personen, die Einfluss ausdas Projekt haben – positiv wie negativ. Dazugehörten sowohl die Auftraggeber, als auch dieMitglieder der jeweils anderen Teams. Mithilfevon Playmobil®-Figuren und Bauklötzen, Mur-meln und anderem Spielzeug, das unsere Kurs-leiter in drei großen Kisten angeschleppt hatten,gestalteten wir unser Plakat. Alle Beziehungenkonnten erkannt, dargestellt und visualisiertwerden und ganz nebenbei wurde uns klar, wenwir bei Rückfragen kontaktieren könnten undwessen Interessen wir besser beachten sollten.Die systemische Landkarte wurde nach der Fo-torunde (Foto siehe oben) wieder abgebaut,

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KURS 6 – THEOPRAX

aber die Erkenntnisse, welche wir beim Arbei-ten daran gewonnen hatten, halfen uns immerwieder weiter.

Ganzheitliche BetrachtungPhilipp Weiß

Bei dieser Theorieeinheit geht es, wie der Nameschon sagt, nicht nur um die „lokalen“ Aspekteeines Produktes, wie zum Beispiel das Preis-Leistungs-Verhältnis, denn auch Aspekte wieNachhaltigkeit werden in die Betrachtung ein-bezogen. Um diese nachzuvollziehen zu kön-nen, befassten wir uns zuerst mit den Punkten,die zur Nachhaltigkeit gehören: „Wirtschaft“,„Umwelt“, „Soziale Gerechtigkeit“, „Folgen desFortschritts“.Dafür verdeutlichten wir dies an einem Bei-spiel, welches von drei verschiedenen Fahrrä-dern handelt, die sich nur in den Materialienunterscheiden.Das Erste ist aus Stahl und dadurch mit 14,5 kgvergleichsweise schwer, aber durch seine Stabi-lität hat es eine sehr lange Lebensdauer. Alsweiteres Beispiel wird ein Alu-Fahrrad aufge-führt, dessen Gewicht schon eine deutlichereVerbesserung zum Stahl-Fahrrad darstellt. Zu-dem ist die durchschnittliche Fahrleistung proJahr bei dem Alu-Rad doppelt so hoch, näm-lich 6000 km. Als Drittes wird ein Kohlefaser-Fahrrad mit in den Vergleich eingefügt. DasKohlefaserrad-Rad ist zwar das leichteste undwird auch am meisten genutzt, aber es ist auchsehr teuer und hat nur eine halb so lange Le-bensdauer wie das Stahl-Rad.Doch allein das Preis-Leistungsverhältnis reichthier nicht aus. Deshalb befassten wir uns alsnächstes mit dem Treibhauspotential für al-le drei Fahrradvarianten. Das Potential setztsich aus zwei Werten zusammen: Einmal ausdem Potential, das bei der Herstellung durchEnergie- und Materialverbrauch entsteht undeinmal aus dem durch Recycling Eingesparten.Im Schnitt schneidet hier das Stahl-Fahrrad ambesten ab. Extrem ungünstig ist die Kohlefaser-Variante die ein 10-faches an Treibhausgasenfreisetzt. Ebenso sieht es bei dem Versauerungs-potential aus, auch hier schneidet das Stahl-Fahrrad am besten ab. Beim primären Ener-

giebedarf belegt das Stahl-Fahrrad den erstenPlatz. Der Vergleich zeigt, dass das Kohlefaser-Rad bei den nachhaltigen Aspekten relativschlecht abschneidet, die etwas bessere Lösungscheint dann das Alu-Rad zu sein und dochwie es schon ersichtlich ist, ist das Stahl-Radanscheinend die beste Wahl. Als nächstes wirddann das Treibhauspotential auf die durch-schnittliche Fahrleistung verteilt.Dabei fällt auf, dass nun das Alu-Fahrrad amumweltfreundlichsten ist. Wenn man jetzt nochdie Kosten für die Herstellung, Wartung undEntsorgung auf die Fahrleistung umrechnet,liegen das Alu- und das Stahl-Fahrrad auf glei-cher Linie. Schließlich lässt sich sagen, dass dasAlu-Rad bei durchschnittlicher Nutzung ameffektivsten ist. Es kommt aber auch darauf an,welche Anforderungen man an das Rad stellt.Für einen Radrennfahrer zählen natürlich an-dere Kriterien als für Hobbyradler.Und genau deshalb ist es wichtig, dass manweiß, was jedes Rad für Vor-und Nachteile inder Produktion sowie der Wiederverwertunghat.

KommunikationJulian Russ

Kommunikation ist aus unserer Gesellschaftnicht mehr wegzudenken. Sie zählte somit zuden wichtigsten Themen während der ScienceAcademy, denn für zielführende Projektarbeitin unseren Teams war gute und gelingendeKommunikation und Vertrauen unabdingbar.In einem extra dafür vorgesehenen Theoriemo-dul erarbeiteten wir uns die Grundlagen „guterKommunikation“, sodass in der GruppenarbeitMissverständnisse durch fehlende Abspracheverhindert werden konnten. Das neu erlernteWissen wurde direkt in einem Spiel angewandt.Eine Person der Gruppe erhielt die Aufgabe einBild, das nur er sieht, den anderen drei Grup-penmitgliedern so zu beschreiben, dass sie esnachzeichnen konnten. Leider gab es erhebli-che Unterschiede zu den Originalen, doch dieGrundstruktur war bei allen zu erkennen. Aberwie man so schön sagt: Aus Fehlern lernt man.Wir begriffen, dass Kommunikationsproblemedurch genaueres Beschreiben der Aufgaben ver-

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KURS 6 – THEOPRAX

hindert werden können.

Die Kommunikationsspiele verbesserten nichtnur die Verständigung untereinander, sondernmachten auch riesigen Spaß und förderten dasGruppenklima ungemein. So konnten wir unsjeder Herausforderung stellen und Problemesachlich ausdiskutieren, sodass jeder mit demResultat zufrieden war.

Restwärmenutzung, eine aktuelleFragestellung

Marco Schönleber

Bei vielen Vorgängen, die mit Energieumwand-lung einhergehen, entsteht Restwärme. Das istthermische Energie, die z. B. durch Reibungentsteht. Die Gesamtenergie in einem geschlos-senen System bleibt zwar konstant, wie mandem Energieerhaltungssatz entnehmen kann,wird aber oftmals ungenutzt an die Umweltabgegeben. Das senkt natürlich den Wirkungs-grad eines Energieumwandlers, so dass hierbeiviel Energie z. B. in Form von Wärme verlorengeht. Ein Beispiel dafür, das jeder kennt, istder Verbrennungsmotors, bei dem ca. 60% derEnergie „verheizt“, also ohne weiter verwendetzu werden, ausgestoßen wird.

Da alle Rohstoffe aber immer knapper werden,sollte man sie besonders effizient nutzen, al-so die entstandene Restwärme wieder in einefür uns nutzbare Energieform bringen. Die-se sogenannte Restwärmenutzung ist bis zumheutigen Stand ein noch nicht so stark ausge-prägtes Forschungsgebiet, nicht zuletzt, da dieProblematik der Ressourcenknappheit erst inden letzten Jahren an Bedeutung gewonnenhat. Die angestrebten technischen Einsatzge-biete sind vor allem die Motortechnik, da dort,wie oben genannt, viel Restwärme entsteht. Zu-sätzlich wird auch in der Luft- und Raumfahrt-technik auf diesem Themengebiet geforscht, dadort die großen Temperaturdifferenzen (niedri-ge Außentemperaturen, hohe Arbeitstempera-tur) vorliegen und die Restwärmenutzung z. B.zur Versorgung der Bordelektronik genutzt wer-den kann.

Seebeck-EffektHendrik Schillinger

Darstellung des Seebeck-Effekts1

Wenn ein Auto fährt, erhitzt sich der Motor.Meistens entsteht bei einem Energieumwand-lungsprozess, z. B. beim Autofahren, Wärme,die man ungenutzt an die Umwelt abgibt. Diesenennt man Restwärme. Doch diese kann teil-weise in Strom umgewandelt werden. Dies istdurch den Seebeck-Effekt möglich, welcher voneinem TEM genutzt wird. Der Seebeck-Effektmacht es möglich, aus einer Temperaturdiffe-renz eine elektrische Spannung zu gewinnen.Er wurde nach Johann Peter Seebeck benannt,der ihn 1821 zufällig entdeckte.Dieser Effekt kann folgendermaßen beschriebenwerden:Man kühlt in einem Stromkreislauf eine Stelleeines Metalles und erhitzt eine andere Stelle.Nun bewegen sich die Elektronen ungeordnethin und her. Wenn sie aber an die kalte Seite(T1) stoßen, verlieren sie einen Teil ihrer Ener-gie und bewegen sich nur noch langsam. Somitbleiben sie lange an der kalten Seite und er-reichen vorerst nicht die warme Seite. Wenn

1Abbildung: Wikimedia (Wikimedia-User Ken_g6/Omegatron / CC BY)

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sie hingegen an die heiße Seite (T2) stoßen, ge-winnen sie an Energie und bewegen sich sehrschnell, sodass es nicht lange dauert, bis sie diekalte Seite erreichen. Deshalb sammeln sichdie Elektronen nach kurzer Zeit an der kaltenSeite.

Da nun an der kalten Seite mehr Elektronenvorhanden sind, hat diese Seite einen Elektro-nenüberschuss und ist negativ geladen. An derheißen Seite befinden sich nun weniger Elek-tronen, es herrscht ein Elektronenmangel, undsomit ist diese Seite positiv geladen. Man kannnun eine elektrische Spannung ablesen. Schließtman den Stromkreis, gleicht sich der Elektro-nenunterschied aus, und es fließt elektrischerStrom, der mit einem Verbraucher V genutztwerden kann. Die Spannung nimmt mit stei-gender Temperaturdifferenz zu.

Eine Besonderheit des Seebeck-Effekts ist, dasser auch umkehrbar ist. In dem Fall bedeutetdas, dass ein elektrischer Stromfluss eine Tem-peraturdifferenz erzeugt. Dieses Phänomen istals Peltier-Effekt bekannt und wird vorwiegendzum Kühlen, aber auch zum Heizen eingesetzt.

Thermoelektrisches ModulJulius Willich

Das thermoelektrische Modul war zentralesThema unserer Forschung. Es ist ein Bauteil,das thermische Energie in elektrische, nutzba-re Energie umwandelt. Das Modul besteht imgenaueren aus zwei Keramikplatten, zwischendie Halbleiterbrücken angebracht sind.

Halbleiter werden deswegen an Stelle von Me-tallen zur Umsetzung des Seebeck-Effektes ver-wendet, weil sie der beste Kompromiss zwi-schen guter elektrischer Leitfähigkeit σ, gutemSeebeck-Koeffizienten S und schlechter Wärme-leitfähigkeit λ, sind. Diese Größen spielen alledrei eine wichtige Rolle zur effizienten Stromer-zeugung. Aus diesen Werten kann man dieGüteziffer ZT berechnen. Sie drückt aus, wiegut ein Material für den Einbau in ein TEMgeeignet ist. Da eine Energieumwandlung nieeinen Wirkungsgrad von 100% erreicht, wer-den beim ZT -Wert die oben genannten Werte

mit der Temperatur in Beziehung gesetzt:

ZT = α2 · T · σλ

Wie schon erwähnt haben sich unsere Versucherund um das TEM gedreht. Die unterschiedli-chen Gruppen haben dabei verschiedene Aspek-te in der Funktion des TEM behandelt. Beider Arbeit mit diesen Bausteinen mussten wirvorsichtig sein, da die TEMs empfindlich sindund durch zu große Hitze kaputt gehen können.Sie nehmen sehr schnell die Hitze auf und konn-ten somit nur kurz auf die Heizquelle gelegtwerden. Daher war rasches Arbeiten angesagt!

Aufbau eines Thermoelektrischen Moduls

Der Motor – 110 Pferdchen zumGreifen nahe

Philipp Weiß

Nun, was hat ein Motor mit unserem Thema„Seebeck-Effekt“ zu tun?Bei der Verbrennung des Treibstoffes im Motorentsteht sehr viel Abwärme, die ungenutzt andie Umgebung abgegeben wird. Durch TEMskann man diese Energie nutzbar machen.Um die Realitätsnähe unseres Themas zu be-greifen, wurde uns ein ausgebauter Motor voneinem unserer Auftraggeber zu Verfügung ge-stellt, an welchem wir die Entstehung der Tem-peraturen direkt vor Ort beobachten konnten.Der erhaltene Motor war in einem Gerüst ein-gehängt, sodass wir ihn von allen Seiten besich-tigen konnten. Bevor das Herz eines etwas älte-ren Golf V zu Lehrzwecken ausgebaut wurde,brachte es 110 PS auf die Straße. Das Schöne

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an diesem Lehrmotor war die offene Darlegungder ganzen Bauteile. So konnten wir alles gutsehen und die Funktionen der einzelnen Kom-ponenten schnell und einfach verstehen. Als wirden Motor anwarfen, konnten wir mit Staunenbewundern, was die Motorhaube normalerwei-se verdeckt. Für experimentelle Zwecke wurdedie Bremse der Vorderradantriebsachse nichtabmontiert, so konnten wir den Motor belasten,und dadurch erhitzte er sich schneller.

Die 110 Pferde

Während der Motor lief, maßen wir mit einemInfrarot-Thermometer die Temperatur an denAbgasleitungen und stellten fest, dass schoninnerhalb weniger Sekunden die Temperaturder Metallrohre rasch anstieg. Das Ganze ver-deutlichte nochmals wie viel Energie bei einemVerbrennungsmotor durch ungenutzte Abwär-me verloren geht, denn ein Auto fährt nur miteinem Drittel der Energie, die durch den Brenn-stoff zur Verfügung gestellt wird. Durch TEMsim Abgassystem könnte man folglich einen Teilder Energie der Restwärme nutzen und dadurchStrom zur Nutzung im Auto wie zum Beispielfür die Bordelektronik erzeugen. So wird Ben-zin gespart, der Geldbeutel geschont und dieUmwelt entlastet.

Team E3

Stephanie Aidoo

Am Eröffnungswochenende wurde das Überthe-ma in drei Unterthemen gespalten und auf diedrei Teams verteilt. Während Energy-Controlund Energy-Payback ihre Endergebnisse durchaufwendige Experimente und Messungen erar-beiten mussten, wurde Team E3 dies erspart.Unsere Aufgabe bestand aus der Ausarbeitungeiner mobilen Lernstation, die in Schulen zurErklärung des Seebeck- und Peltier-Effektesgenutzt werden kann. Zunächst stellte uns diesvor einige Probleme beim Definieren, was über-haupt Teile unserer Lernstation sein sollten.Nach viel Kreativität und Diskussion stand amEnde jedoch fest: Wir wollten eine Lernstationentwickeln, die Schülern ab der achten Klasse,die Effekte selbstständig erklären und näherbringen soll! Die Station sollte aus einem Lehr-film, aus Modellen und aus interaktiven Plaka-ten, an denen die Schüler das erlangte Wissenprüfen können, bestehen. Natürlich achtetenwir hier auch darauf, dass alles mobil gestaltetwurde.

Der Lehrfilm sollte aus einer Animation undeinem kurzen Dokumentarfilm über die Arbeitder anderen Teams bestehen. Aus zeitlichen

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Gründen musste der Dokumentarteil aber lei-der gestrichen werden. Übrig blieb also nur dieAnimation. Hier machten wir uns zuerst vieleGedanken über das, was wir darstellen woll-ten und fassten unsere Ideen in einem Skriptzusammen. Dann begannen wir, mit der 3D-Animationssoftware Blender 2.68 und mit derBildbearbeitungssoftware Gimp 2.8.6 den Lehr-film zu modellieren/animieren. Wir experimen-tierten zunächst mit Würfeln und Kugeln, biswir wussten, wie wir sie zu dem gewünschtenObjekt zusammenfügen konnten, modelliertendie Modelle und färbten sie anschließend ein.Als nächstes fügten wir Licht und Bewegunghinzu und vervollständigten das Ganze mit ei-nem selbst gesprochenen Synchronisationstext.Dieser hatte die Aufgabe die Vorgänge im Filmzu erklären und den Schülern weitere Informa-tionen zu geben.

Ein Thermoelektrisches Modul

Gleichzeitig mit der Bearbeitung der Animati-on wurden die Modelle und Plakate angefertigt.Die Modelle wurden aus EPP (Extended Poly-propylene) angefertigt, das viel kompakter undstabiler als zum Beispiel Styropor® ist. Für daserste Modell sammelten wir zuerst Vorschlägeund Ideen und hielten sie mit Hilfe von Skiz-zen fest. Die Maße für die Bauteile, welcheaus den Skizzen hervorgingen, schickten wiran das Fraunhofer ICT, wo sie für uns in diegewünschten Größen zugeschnitten wurden.

Vor dem Zusammenfügen der Bauteile zu einemeinheitlichen Modell, bemalten wir die Bautei-le zur besseren Veranschaulichung mit Acryl-farbe. Dabei stellten die Farben Hellbraundie n-dotierten Halbleiter, Dunkelbraun diep-dotierten Halbleiter, Rot die Heißseite undBlau die Kaltseite des TEMs dar. Die Farbenwurden sowohl in dem Film als auch auf denPlakaten gleich gehalten. Nach dem Trocknender Farbe fügten wir die einzelnen Bauteile mitspeziellem Styropor-Kleber zu einem Modellzusammen. Zur Simulation des Stromflussesbefestigten wir jeweils einen Draht, welcher einStromkabel darstellen sollte, an den Seiten desModells und beschrifteten die obigen weißenVerbindungsstücke mit Pfeilen, die die Strom-flussrichtung zeigen sollten. Die blaue Plattewurde nur darauf gelegt und nicht geklebt, weilsie für Schüler zum besseren Verständnis ab-nehmbar sein sollte.

Eine Halbleitereinheit

Beim zweiten Modell sind wir ähnlich verfahren.Die Bauteile mussten wir allerdings selbst auseinem EPP-Block mithilfe eines unter Strom ge-stellten und sich dadurch erhitzenden Drahtesausschneiden. Auch sie wurden mit den ent-

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sprechenden Farben bemalt und anschließen-den zusammengeklebt. Um die Elektronen, ihreFließrichtung und die Spannung zu symbolisie-ren, brachten wir kleine Styropor-Kügelchen,Pfeile und ebenfalls zwei Drähte als Stromkabelan.Die Plakate sollten zur zusätzlichen Erklärungund Illustration der Themen Seebeck-Effekt,Halbleiter und Thermoelektrisches Modul die-nen. Zunächst fertigten wir Zeichnungen an,die wir dann auf die Plakate neu zeichnetenoder klebten. Um den Schülern beim Lesender Plakate gleichzeitig auch eine interaktiveAufgabe bieten zu können, versetzten wir dieErklärungstexte mit Wortlücken, in die vonSchülern kleine Kärtchen mit Schlüsselbegrif-fen eingeordnet werden können.

Team Energy-ControlMarvin Schmoll

Die Aufgabe unseres Teams Energy-Controlwar es, herauszufinden wie sich eine Verände-rung der Temperatur auf den Energieertrag desTEMs auswirkt. Dazu wollten wir Messreihendurchführen und die daraus hervorgegangenenErgebnisse grafisch darstellen, sowie interpre-tieren. Vom Eröffnungswochenende an war esalso unsere Aufgabe, uns nicht nur einen Ver-suchsaufbau, sondern auch sinnvolle Tempera-turbereiche für unsere Messungen zu überlegen,womit wir zuerst begannen. Es erschien unskaum sinnvoll, tiefer als 0 ◦C zu gehen, da sol-che Temperaturen im Alltag auch eher seltenanfallen. Außerdem konnten wir somit Eiswas-ser für die Kühlung verwenden, was uns denVersuchsaufbau erheblich vereinfachte. Weildie obere Temperaturgrenze für das TEM mit250 ◦C angegeben war, legten wir unsere Messo-bergrenze auf 210 ◦C, um das TEM nicht durchzu heiße Temperaturen zu gefährden.Zuerst hatten wir einen computergesteuertenVersuchsaufbau geplant, der jedoch daran schei-terte, dass sich die Temperaturen von Heißsei-te und Kaltseite zu schnell ausglichen. Wirbrauchten also einen neuen Versuchsaufbau,bei dem dieses Problem nicht auftreten würde.Auf eine Heizplatte legten wir ein Kupferplätt-chen, das die Hitze möglichst direkt und gleich-

mäßig an das TEM bringen sollte. Auf dieseKupferplatte legten wir das TEM, auf welcheswir ein Becherglas mit Eiswasser zur Kühlungstellten.Entscheidend war bei diesem Versuch, dass wirerst sowohl die Heißseite, als auch die Kaltseiteauf die gewünschte Temperatur brachten unddann erst das TEM platzierten, sodass sich dieTemperaturen nicht vor der Messung zu starkausglichen. Leider hatte diese Messmethodeauch Nachteile, die vor allem darin bestanden,dass sie sehr langsam und nicht so genau war,wie wir es uns von der Computermethode er-hofft hatten. Wir mussten also bis fast zumEnde der Akademie messen und hatten nochimmer nicht alle nötigen Ergebnisse.

60 80 100 120 140 160 180 2000

0,25

0,5

0,75

1

1,25

1,5

1,75

2

2,25

2,5

Tlow = 0 °CTlow = 10 °CTlow = 20 °CTlow = 30 °CTlow = 40 °C

Temperaturdifferenz in K

Sp

an

nun

g in

V

Auswertung Team Energy-Control

In den letzten Tagen widmeten wir uns dannkomplett der Auswertung. Auch hier tratenwieder Probleme auf, da die Ergebnisse enormschwankten. Allerdings konnten wir mittels Ex-cel den Mittelwert berechnen und schließlich al-les in ein Diagramm einfügen. Endlich konntenwir jetzt – nicht ohne Stolz – feststellen, dassunsere Arbeit nicht umsonst gewesen war. Ausunserem Diagramm (siehe Abbildung) konnteman zwei wichtige Informationen ableiten:

• Alle Kurven steigen. Also wird der Energie-ertrag mit zunehmender Temperaturdiffe-renz größer.

• In dem Diagramm kann man sehen, dassdie roten Kurven höher liegen als die blauenKurven. Rote Kurven stehen für eine Tem-peraturdifferenz und eine höhere mittlereTemperatur. Also ist es besser ein TEM bei40 ◦C und 200 ◦C zu verwenden, als wennman es z. B. bei 0 ◦C und 160 ◦C verwendenwürde.

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Obwohl wir schon so manches Mal an unse-rem Erfolg gezweifelt hatten, konnten wir amEnde der Akademie sagen, dass wir unseremAuftraggeber brauchbare Informationen gelie-fert haben und in der Präsentation stolz vonunseren Ergebnissen berichten.

Team Energy-PaybackJulian Russ

Zentrales Thema bei Team Energy-Paybackwar das TEM und seine Effizienz. Fragestel-lung war: „Wie verändert sich der Wirkungs-grad eines thermoelektrischen Moduls unterEinfluss von Druck und unter Verwendung vonWärmeleitpaste?“.Wir führten zwei Messreihen durch: Die ersteMessreihe wurde ohne Verwendung von Wär-meleitpaste, aber mit steigendem Druck unddie zweite mit Wärmeleitpaste und steigendemDruck durchgeführt. Dafür mussten bei jederMessung, die aus reproduzierbaren Gründenmehrmals durchgeführt wurden, die gleichenGegebenheiten hergestellt werden.

Versuchsaufbau

Vorversuch

Bevor wir mit dem eigentlichen Versuch began-nen, führten wir mehrere Tests mit dem TEMdurch. Dabei einigten wir uns darauf, dass wirimmer nach 5 Sekunden die Spannung able-sen und Becherglas und TEM in regelmäßigenAbständen austauschen.

Versuchsaufbau

Die Abbildung zeigt unseren Versuchsaufbau.Zur Kühlung der einen Seite des TEMs ver-wendeten wir 250ml von einem Gemisch aus20 g Kochsalz und Eiswasser. Damit erreichtenwir eine konstante Temperatur von −5 ◦C. Diezweite Seite des Moduls wurde mit Hilfe einerHeizplatte, auf der eine Kupferplatte lag, auf230 ◦C aufgeheizt. Es wurden Gewichte von250, 500, 1000, 2000 und 3000 g verwendet, dasentspricht Kräften von 2,45N, 4,91N, 9,81N,19,62N und 29,43 N.

Durchführung

Zu Beginn der Versuchsdurchführung habenwir durch mehrere Kontrollmessungen sicher-gestellt, dass die Temperaturen des Eiswassersund der Heizplatte dem Sollwert entsprechen.

Temperaturmessung

Im nächsten Schritt haben wir das mit denentsprechenden Gewichten beschwerte TEMmit der Kaltseite nach oben auf die Heizplattegelegt. Nach 5 Sekunden wurde die Spannungvon dem Voltmeter abgelesen und notiert. Nach

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Gewichte auf das TEM

Austauschen von Becherglas und TEM wurdeder Ablauf wiederholt. Bei der zweiten Messrei-he sind wir ähnlich vorgegangen, nur dass nunzwischen heißer Kupferplatte und TEM Wär-meleitpaste aufgetragen wurde. Dafür wurdenjeweils 0,2ml Wärmeleitpaste mit Hilfe einesSpatels gleichmäßig auf das TEM aufgetragen.

Ergebnisse

Alle unsere Messwerte haben wir in einem Dia-gramm, das in der Abbildung zu sehen ist, zu-sammengefasst. Dabei haben wir jede Messungmindestens fünfmal durchgeführt und dann denMittelwert aus allen Ergebnissen gebildet. Inder so entstandenen Grafik kann man erken-nen, dass bei der Messreihe ohne Wärmeleitpas-te nur mit der variablen Kraft die Spannungdurchschnittlich bei ca. 2,7 Volt mit 2,45Nliegt. Bei 4,91N Belastung steigt die Spannungdann auf ca. 2,8 Volt. Danach folgt ein Tief-punkt bei 9,81N, wobei nur 2,4 Volt generiertwerden. Anschließend steigt die Spannung kon-tinuierlich mit zunehmender Kraft wieder an,wie im Diagramm zu sehen ist. Bei 19,62N

werden durchschnittlich 2,6 Volt gemessen undbei 29,43N sogar 3,0 Volt.

2,5 4,9 9,8 19,6 29,40

1

2

3

4

5

Messwerte

ohne Wärmeleitpaste mit Wärmeleitpaste

Gewichtskraft in N

Sp

ann

ung

in V

Die Spannung in Abhängigkeit von der Kraft

Die zweite Kurve, die von den Messungen mitWärmeleitpaste stammt, verläuft fast parallelzur ersten Kurve, nur dass die Spannung deut-lich höher ist. Bei 2,45N Belastung werden3 Volt erzeugt. Auch hier erfolgt der Tiefpunktwieder bei 9,81N mit ca. 3,5 Volt. Bei 19,62NKraft auf das TEM generiert es eine Spannungvon 4 Volt und bei 29,43N eine Spannung vonca. 4,3 Volt.

Interpretation

Die Ergebnisse zeigen, dass der Wirkungsgraddurch höheren Druck und Wärmeleitpaste ge-steigert wird. Dabei zeigt sich, dass sich derWirkungsgrad mit steigender Anpresskraft er-höht. Unklar ist das Minimum bei ca. 10N.In Verbindung mit Wärmeleitpaste erhöht sichder Wirkungsgrad des TEM erneut deutlich.Folglich ist der Wirkungsgrad bei einem mög-lichst starker Kraft und mit Verwenden vonWärmeleitpaste am höchsten.

Probleme und ihre LösungenRebekka Homburg

Wo experimentiert wird, gibt es natürlich auchProbleme – so auch bei uns. Einige davon sindvorhersehbar, andere allerdings nicht. Eine Pro-blemanalyse sollte uns dabei helfen, die Schwie-rigkeiten zu erfassen und nach einem Plan B zusuchen, um auf Schwierigkeiten schnell reagie-ren zu können. Doch am Ende der Akademiestellten wir fest, dass deutlich mehr Problemeund Schwierigkeiten aufgetreten waren, als wir

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erwartet hatten. Ein Problem, mit dem wirfest rechneten, war ein Technikausfall. TeamEnergy-Control entwarf schon im Zeitraumvom Eröffnungswochenende bis hin zu den zweiWochen im Sommer einen Versuchsaufbau, wel-cher völlig computergesteuert und -überwachtwar. Während der Akademie verursachte dieTechnik jedoch Probleme, denn entweder lageine zu geringe Heizleistung oder eine zu ho-he Kühltemperatur vor. Der neue Aufbau wareinfacher, denn es wurde mit Eiswürfeln ge-kühlt und mit einer Herdplatte geheizt. Dashatte den Nachteil, dass die Temperaturwerteder Heiß- und Kaltseite stark schwankten, dadie Eiswürfel im Becherglas auf der Herdplatteschnell schmolzen und die Temperatur so nichtkonstant war.

Womit wir auch schon beim nächsten Problemwären. Die beiden Teams, die gemessen haben,hatten anfänglich Probleme mit stark schwan-kenden Ergebnissen. Wenn man das Ergebnismöglichst genau und repräsentativ haben möch-te, braucht man reproduzierbare Werte. Wasalso tun? Vor den eigentlichen Messungen ha-ben wir uns zusammen mit den Kursleiternund den Auftraggebern einen Plan B für einensolchen Fall überlegt. Anstelle von den zweiim Angebot erwähnten Messungen führten wiralso mindestens fünf durch. Das hatte den Vor-teil, dass wir aus diesen Ergebnissen den Mit-telwert ausrechnen und somit Schwankungenausgleichen konnten.

Eines unser größten Probleme war der Zeit-druck, denn leider ist die Akademie zeitlich aufzwei Wochen beschränkt. Wir hatten deutlichweniger Zeit als erwartet, die wir so effektivwie möglich einteilen und nutzen mussten. Dar-aufhin überlegten wir uns in den Teams nocheinmal, welche, der in unserem Angebot ge-schriebenen Ergebnisse, unentbehrlich sind undwelche nicht. Also hat jedes Team die wichtigs-ten und bedeutendsten Ergebnisse ausgewählt,der Rest rückte zunächst in den Hintergrund.So kamen wir trotz Zeitdruck alle an unser Ziel.

Selten kam es zu Streitereien, wenn doch, dach-te man sich eine gemeinsame Methode aus undkam zu dem Entschluss, miteinander zu spre-chen und sich wieder zu vertragen. Zum Glückhatten wir tolle Kursleiter und -mitglieder, die

uns bei allen Problemen geduldig zur Seite stan-den! So lernten wir, fachlichen Diskussionenvon privaten zu trennen und auch die privatensachlich auszutragen.Ein Problem, mit dem wir zunächst überhauptnicht gerechnet hatten, war die Auftragsän-derung in Team „Energy-Payback“. Als amEröffnungswochenende die Aufgaben verteiltwurden, notierten wir uns schon fleißig unse-re Ideen zur Nutzung des Seebeck-Effektes imAlltag. Das Grundgerüst stand nach der Ex-kursion zum Fraunhofer Institut für ChemischeTechnologie (Pfinztal) und die Materialien wa-ren bei den Kursleitern bestellt. Zu Beginnder Sommerakademie wurde uns jedoch gesagt,dass für die Auftraggeber etwas anderes vongrößerem Interesse sei. Also arbeiteten wir unsin das neue Thema ein und entwickelten einenneuen Versuchsaufbau.Auch im Team E3 gab es Probleme, denn derComputer wurde beim Formatieren der Anima-tion überlastet. Als Lösung wurde die Arbeitauf zwei Computer verteilt, was gut funktionier-te, aber nur durch das Miteinander im Kursmöglich war. Es gab in unserem Kurs nichtnur Technikausfälle, auch Kursteilnehmer fie-len ab und zu kurzzeitig aus. Wenn dies der Fallwar, wurden die Aufgaben dieser Person aufdie anderen Gruppenmitglieder verteilt. Mitviel Enthusiasmus wurden auch diese Problemegemeinsam gelöst.Zusammenarbeit im Team war der Schlüsselzum Erfolg – auch bei der Lösung der zahlrei-chen anderen Probleme, die uns auf unseremWeg begleiteten.

AbschlusspräsentationLea Zimmer

Ganze zwei Wochen haben die einzelnen Teamsan ihren Projekten gearbeitet, um ihre Ergeb-nisse bei der Abschlusspräsentation vorstellenzu können.Bis einschließlich Montagvormittag der zwei-ten Akademiewoche beschäftigten wir uns mitder Ausarbeitung des Abschlussberichts unse-res Projekts. Erst am Nachmittag begannenwir mit der Vorbereitung der Präsentation, die

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KURS 6 – THEOPRAX

wir als 12er-Gruppe präsentieren sollten. Zu-sätzlich teilten wir auf diesem Weg unserenAuftraggebern die Forschungsergebnisse unse-rer Arbeit mit. Selbstverständlich waren dieInhalte und alle Ergebnisse bereits vorhanden,doch sowohl die Aufteilung, als auch die Ge-staltung mussten noch vorgenommen werden.Schnell wussten wir, dass wir Powerpoint ver-wenden wollten und wer welchen Teil unsererArbeit vorstellt, doch unsere Kursleiter wiesenuns immer wieder auf einen kreativen Einstieghin, an dem es lange haperte.Die erste unserer drei Generalproben sollte amDienstagvormittag stattfinden. Die Wichtigkeitdieser Übung wurde uns erst im Nachhineinbewusst und wir erkannten die Notwendigkeit,denn nach dieser 45-minütigen Vorstellung waruns allen klar, dass es noch einiges zu verbes-sern gab.Nach dem konstruktiven Feedback der Leiterund weiterer Zeit zur Verbesserung, konnte mannach der zweiten Probe von einer gelungenenPräsentation sprechen. Nun konnten wir gelas-sen und voller Vorfreude ins Bett gehen undhatten am nächsten Tag genug Kraft und Ener-gie.Nach dem allerletzten Feinschliff und einer drit-ten Generalprobe startete die Abschlusspräsen-tation. Wir 12 TheoPraxler standen zusammenschick und mit mehr oder weniger Aufregungvor einem zahlreichen Publikum. Viele Eltern,einige Lehrer und auch einzelne Teilnehmeranderer Kurse waren anwesend, um uns zu-zuhören. Auch die wichtigsten Gäste, unsereAuftraggeber, fehlten bei dem Vortrag nicht.Wir fesselten die Zuhörer zunächst durch einengelungenen Einstieg, bevor mit der Einführungin den TheoPrax-Kurs begonnen wurde. Erstnachdem das Publikum über Projektmanage-ment aufgeklärt worden ist, stellten wir unserProjektthema „Seebeck-Effekt – Kreative Ideenzur Nutzung“ kurz vor.Nach der Erläuterung des Seebeck-Effekts wur-de der Lehrfilm zur Funktionsweise des TEMsvon Team E3 dargeboten. Anschließend wur-de von unserer Exkursion an das FraunhoferICT in Pfinztal berichtet. Die Zusammenhängezwischen einem Verbrennungsmotor und derRestwärmenutzung mit unserem Thema wurde

im Folgenden erklärt.Danach begann der Hauptteil unserer Präsen-tation, welcher aus der eigentlichen Projektar-beit bestand. Teamweise aufgeteilt startetenwir mit der Arbeit des Teams „E3“. Sie ent-wickelten eine mobile Lernstation für Schüler.Daraufhin gab es genauere Informationen zuTeam „Energy-Control“. Die Gruppe beschäf-tigte sich mit der Auswirkung absoluter Tem-peratur und Temperaturdifferenz auf die Leis-tung des TEMs. Schließlich das Team „Energy-Payback“, welches es sich zur Aufgabe machte,die Veränderungen des TEMs mit Druck undWärmeleitpaste zu erforschen.

Aufgereiht und aufgeregt bei der Abschlusspräsen-tation

Speziell unsere Auftraggeber waren an aufge-tretenen Problemen und deren Lösungen in-teressiert. Nach einer abschließenden Zusam-menfassung unseres Projektes, dankten wir denunterstützenden und beteiligten Personen.Der Beifall des Publikums war groß, und wirwaren alle stolz auf diese gelungene Präsenta-tion.

FazitCharlotte Siegmann

Am Ende der Akademiezeit angelangt, könnenwir nun eine Lernstation für Schüler ab der8. Klasse vorweisen. Sie umfasst interaktivePlakate, zwei anschauliche Modelle des TEMsund einen Lehrfilm zum Thema Seebeck-Effektund TEM.

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KURS 6 – THEOPRAX

Außerdem haben wir durch die Messungen wäh-rend der Science Academy herausgefunden, dassdas TEM besonders effizient ist, wenn sowohlder Temperaturunterschied, als auch die mitt-leren Temperaturen des anliegenden Tempera-turunterschiedes besonders hoch sind. Hilfreichsind zusätzlich ein möglichst hoher Druck unddie Anwendung von Wärmeleitpaste.

Mit diesen Ergebnissen können wir uns zwarerst einmal stolz zurücklehnen, allerdings sindwir alle zutiefst traurig, dass diese zwei wirk-lich tollen Wochen so schnell verflogen sind.Könnten wir es uns aussuchen, würden wir ger-ne noch einmal zwei zwar arbeitsreiche aberlohnende Wochen in der Akademie verbringen.

Nach vielen Übungsversuchen können wir alleden Seebeck-Effekt erklären. Wir haben erfah-ren, dass nette Leute und ein gutes Thema derbeste Weg zum Erfolg sind. Wir im TheoPrax-Kurs wissen nun, wie man ein Projekt struktu-riert und organisiert. Außerdem wissen wir, wieman mit einem unter Strom stehenden DrahtStyropor durchschneidet, und dass ein bisschenDruck zum Alltag gehört. Manchmal sind dieProbleme sehr schnell gelöst, manchmal dau-ert es etwas länger oder man benötigt mehrereAnläufe. Probleme haben ihren Ursprung häu-fig in der Technik. Dass ein Vierzylindermotorund ein Viertaktmotor nicht das Gleiche sind,ist jetzt allen klar.

Wir können nun sagen, dass es ein schönes Ge-fühl ist, der Sieger des Sportfestes zu sein. Er-fahren haben wir, dass es Spaß macht und einenmit Stolz erfüllt, sein Projekt am Abschluss-tag vorzustellen und dass TheoPrax sowiesoder coolste Kurs ist. Wir können jetzt nachausgiebiger Probezeit sagen, dass Süßigkeitenin jeder uns erdenklichen Situation die Stim-mung auflockern können. Und leider wissen wirjetzt, dass zwei Wochen Akademie sehr schnellvorbeigehen, die Zeit, bis wir uns wieder sehenallerdings sehr langsam.

Diese und viele weitere Erkenntnisse, aber auchviel Spaß in einem Team, haben wir währenddieser wunderschönen zwei Wochen erlebendürfen und dafür danken wir ganz herzlich denM&M&Ms – Monika, Marielouise und Marcel– die uns bis zum erfolgreichen Ende zur Seitestanden und, wenn wir mit dem Zeitplan voll-

kommen hinterher waren, uns zur Eile aufriefen.Außerdem wollen wir uns bei allen Personenbedanken, die sich die Zeit nehmen, unsere Do-kumentation zu lesen, um sich so einen Einblickin die wunderbaren Tage der Science Academyzu verschaffen. In diesem Fall muss noch einesgesagt werden:TheoPrax – Theoretisch. Praktisch. Gut!

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KÜAS – KURSÜBERGREIFENDE ANGEBOTE

Kursübergreifende Angebote und weitere Veran-staltungen

Die Musik-KüA und der Hausmu-sikabend

Philipp Weiß, Marvin Schmoll

Ohne Musik geht nichts – das spiegelte sichauch während der Science-Academy wider, dennwie in den Jahren zuvor gab es auch diesesJahr wieder die beliebte Musik-KüA. Diese be-stand aus zwei großen Ensembles – dem Akade-miechor und der Akademieband – sowie Solo-künstlern, Duetten und einem Trio. Die Musikhalf den Teilnehmern, nach der Arbeit in denKursen an etwas anderes zu denken.

Schon am Eröffnungswochenende verschafftensich die Musik-KüA-Leiter Johannes und Eli-sabeth Kohlmann anhand eines Fragebogenseinen Überblick über die Wünsche und Inter-essen der Teilnehmer.Spätestens nach dem ersten Musik-KüA-Tref-fen hatten sich die einzelnen Ensembles gefun-den. Es wurden nun die Stücke ausgesucht, dieman spielen wollte, und darauf folgte der Teil,der die Musik ausmacht: Proben und natürlichauch der Spaß daran. Es wurde geprobt, ge-lacht, Blödsinn gemacht oder einfach nur zugenialer Musik improvisiert.Man traf sich täglich in der Mittags-KüA-Schie-ne von 13:45 bis 15:45 Uhr und manchmal auch

noch in der Abend-Schiene von 20 bis 21 Uhr.Teilweise kam es zur Kollision mit den ande-ren KüA-Angeboten, die ebenfalls sehr reizvollund mitmachenswert waren. Da sie um dieselbeZeit stattfanden, hatte man die Qual der Wahl:Sollte man nun beispielsweise in die Tanz-KüAgehen oder doch wieder proben? In solchen Si-tuationen war Absprache das Wichtigste, undmeist konnten wir Kompromisse finden, mitdenen alle Beteiligten zufrieden waren.

Wie bereits erwähnt war die Band eines dergrößeren Ensembles der Musik-KüA. Anfäng-lich bestand sie aus 3 Gitarren, Cello, Tenor-saxophon und Trompete. Bei der ersten Pro-be gab es noch keinen definitiv festliegendenPlan, was gespielt werden soll. Für die meistenStücke war die Besetzung der Science-Acade-my-Band zunächst zu klein, aber als dann nochein Schlagzeuger hinzukam, konnte man schoneinige Stücke – mit kleinen Abänderungen –spielen. In den kleineren Ensembles wie Duosoder Trios war die Besetzung kein Problem, dadiese sich einfach die Stücke heraussuchten, diegenau in der Besetzung passten und auf die sieLust hatten. Größtenteils waren das klassischeStücke.

So vergingen Tag um Tag und Probe um Pro-be. Und je näher der Hausmusikabend kam,desto fleißiger wurde geprobt und desto ange-spannter wurde die Stimmung in den Proben,etwa wenn zu wichtigen Proben nur die Hälftedes Ensembles erschien (was, Gott sei Dank,nicht allzu oft vorkam). Aber anstatt sich dar-über aufzuregen, spielte man eben ein Stück,das man auch in der halben Besetzung spielenkann, oder man wechselte nach Lust und Launedie Instrumente durch – Hauptsache, man hattrotzdem Spaß und genießt die Musik! Nachden Proben wurde dann fröhlich vor sich hinsummend und mit einem Lächeln der Weg zumnächsten Programmpunkt beschritten.

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KÜAS – KURSÜBERGREIFENDE ANGEBOTE

Nach den vielen Proben war es dann endlich soweit: Am letzten Dienstag der Akademie standder Hausmusikabend bevor. Eröffnet wurdeer – in Anlehnung an das tägliche Plenum –mit der Titelmusik der Raumpatrouille Orion.Die Musik kam jedoch diesmal nicht aus demLautsprecher, sondern wurde live von der Bandgespielt.Nach dieser Eröffnung ging es weiter mit einerbunten Vielfalt von Beiträgen. Ein Stück amKlavier, ein Duett mit Cello und Klavier, einKlarinettentrio und ein Stück mit Harfe, umnur ein paar Beispiele zu nennen. Größtenteilswurden klassische Stücke gespielt, jedoch prä-sentierte auch die Band zwischendurch nochzwei Beiträge, die die Zuhörer begeistert auf-nahmen. Ein weiterer Höhepunkt des Abendswar der Chor, der sich aus neun Teilnehmerin-nen zusammensetzte und nach disziplinierter,täglicher Probenarbeit schließlich drei Liederpräsentieren konnte.Jeder im Publikum war beeindruckt vom Kön-nen der Künstler, und die Arbeit, die alle Teil-nehmer der Musik-KüA fast täglich investierthatten, wurde mit begeistertem Applaus undStanding Ovations belohnt.Leider, leider war der Hausmusikabend nachgut einer Stunde schon beendet. Schade, dennauch uns Musikern hat es viel Spaß gemacht,das Ergebnis von zwei Wochen Musik-KüA zupräsentieren.An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlichbei unseren Musikleitern Elisabeth und Johan-nes bedanken, die uns während der Probennicht nur mit ihrem Engagement und Fachwis-sen tatkräftig unterstützt haben, sondern auch

eine große Auswahl an Noten für alle Betei-ligten mitbrachten. Ohne ihre Hilfe hätte dasKonzert nie so gut geklappt! Dankeschön!

Ernst sein ist alles, ein Berichtüber ganz viel Theater

Hannah Fischer

Ernst sein ist alles – oder wie der englische Ti-tel heißt: „The Importance of Being Earnest“.Letzteres trifft es besser, denn auch wenn eswichtig ist, ernst zu sein, ist es noch wichti-ger, Earnest zu sein. Earnest – ein Name, derabsolutes Vertrauen einzuflößen scheint, derVibrationen erzeugt.Kein Wunder, dass sich die beiden FreundeAlgernon und Jack vor ihren Herzblättern Ear-nest nennen, was zu einigen Schwierigkeitenführt:Als der stets vergnügte Algernon von seineradligen Tante Lady Bracknell und ihrer Toch-ter Gwendolen Besuch bekommt, lässt sich seinFreund Jack diese einmalige Gelegenheit nichtentgehen, seinem Schwarm Gwendolen einenHeiratsantrag zu machen. Die junge Gwendo-len sieht die Erfüllung ihrer Träume vor sich:Einen Mann zu heiraten, der Earnest heißt, fürden sich Jack ausgibt. Doch Lady Bracknell istempört: Er hat keinerlei Verwandte, mehr noch,er wurde als Baby in einer Reisetasche an derVictoria Station am Bahnsteig nach Brightongefunden und sie wird ihrer einzigen Tochternatürlich niemals erlauben, in eine Gepäckauf-bewahrung hineinzuheiraten!Für Algernon beginnt das Vergnügen erst rich-tig: Er hat die Adresse von Jacks Wohnsitzauf dem Land erlauscht und fährt mit allerleiGepäck dorthin. Dort lebt nämlich Jacks bild-hübsches Mündel Cecily, von dem Algernonaus Jacks Erzählungen schon sehr angetan war.Algernon gibt sich als Jacks verruchter BruderEarnest aus, den Jack als Ausrede erfundenhat, um sich öfters in der Stadt zu vergnügen.Dementsprechend viel hat Cecily von seinen„Eskapaden“ gehört, die Jack in die Stadt ver-schwinden lassen, um Earnest auf die Fingerzu klopfen.Nur sind böse Jungs unglaublich attraktiv für

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KÜAS – KURSÜBERGREIFENDE ANGEBOTE

junge, ach so brave Mädchen, und sie verliebtsich augenblicklich in den charmanten „Ear-nest“. Als die beiden sich überstürzt verloben,erreicht Algernon sein Ziel. Er verschwindet nurnoch kurz, um sich heimlich auf den NamenEarnest taufen zu lassen, denn auch CecilysMädchentraum ist es, einen Mann zu heiraten,der Earnest heißt.

In diesem Moment kommt Gwendolen, mehroder minder positiv angetan von Cecilys reizen-dem Äußeren, um ihren Earnest zu besuchen.Als Cecily schließlich preisgibt, sie wäre auchmit Earnest verlobt, bricht ein flammender Zi-ckenkrieg aus: Gwendolen ist doch mit Earnestverlobt! Diese Schlange lügt! Oder hat Earnestsie etwa betrogen? Doch falsch gedacht: Dereintretende Jack kann Gwendolen beruhigen.Er liebt sie, Gwendolen, ganz allein. Und Al-gernon darf schließlich seine Cecily küssen, alser bestätigt, nicht mit Gwendolen verlobt zusein.

Dann jedoch erkennen die beiden Mädchen,dass keiner der beiden Männer Earnest heißt.Es sind nur Cecilys Vormund Jack und Gwen-dolens Cousin Algernon. Darauf verbündensie sich gegen die Betrüger. „Du wirst michSchwester nennen, ja?“, vereinbaren die ehe-maligen Feindinnen und rauschen enttäuschtdavon. Während Algernon sich über den größ-ten Streich seines Lebens amüsiert, kann derarme Jack seine Wut kaum mehr im Zaumhalten. Als Algernon ihm dann auch noch Ent-spannungstee anbietet . . .

Jacks Wut verfliegt jedoch später. Lady Brack-nell erkennt in einer Hauserzieherin von Cecilyeine alte Bekannte: Das Kindermädchen, dasvor 28 Jahren mit einem Baby aus dem Hau-se der Bracknells verschwunden ist! „WO ISTDAS BABY?“ – „Ich muss gestehen, ich weißes nicht . . . “ Und die Hauserzieherin schildertvoller Scham, wie sie das Baby in einem Mo-ment geistiger Zerstreutheit in eine Reisetaschegelegt und diese an einem Bahnsteig vergessenhat. Jack, ganz nervös, rennt in sein Zimmer,um gleich darauf mit einer Tasche wiederzu-kommen. Es ist tatsächlich diese Reisetasche!Und er erfährt, dass er der erstgeborene Sohnnamens Earnest von Lady Bracknells Schwesterund damit Algernons Bruder ist! „Was ist das

doch ein Schlag für einen Mann, zu erfahren,sein ganzes Leben lang nichts als die Wahrheitgesagt zu haben!“, erfasst Jack.

„Wie wichtig es ist, ernst zu sein!“, schließtJack, gespielt von Markus Weigelt, das Stück.Der zweite „echte“ Junge war Hendrik Fischerals Pastor Chasuble. Lucia Eberl und JanaZimmermann spielten zusammen die beidenHauserzieherinnen von Cecily Miss Prism undMiss Tempora. Luise Evers war die einzigartigeLady Bracknell, Sarah Herold Cecily, Algernonspielte Hannah Fischer, Mirjam Kurtzhals warsein Diener Lane, Lisa Mutschler Jacks Die-ner Merriman und Jacks Geliebte Gwendolenspielte Rebekka Homburg.

Und auch, wenn ernst bzw. Earnest zu sein fürdas Lebensglück sehr wichtig sein mag, sind wiruns doch alle einig, dass neben Ernst der Spaßmindestens genauso wichtig ist: Die Zeit imTheater wird uns wohl so unvergesslich bleibenwie die ganze Akademie! Denn Spaß, davon hat-ten wir genug.

Beispielsweise:

• als wir die ganze Welt auf einen Kreidekreisverkürzen sollten

• als wir unseren Übungspartner anbrüllendurften

• als wir wie die Urmenschen liefen

• als Hendrik seine ultimative Manna-Predigtrühmte

• als wir Tagebücher suchten

• als wir Lady Bracknells köstliche Monologeanhörten, ohne loszulachen

• als wir irgendwo ein Hemd auftrieben

• als Hannah mit einem aufgemalten Schnurr-bart über das Akademiegelände rannte, oh-ne sich zum Gespött aller Leute zu machen

• als wir gewissen „Miss Prisms“ beim Ein-schlafen hinter der Bühne zuschauten,

• als Algernon Jack Entspannungstee anbot

• als wir Teebeutel ohne Tee tranken

• als wir Luise beim Klavierspielen zuhörten,ohne loszuheulen

• als wir im Garten immer Text lernten

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KÜAS – KURSÜBERGREIFENDE ANGEBOTE

• als Markus einfach nie die Textkürzungenvon Katharina einhielt und stattdessen dau-ernd improvisierte

• als Hendrik über die Schminke jammerte• als Markus seine Haare partout nicht gelen

wollte und stattdessen nass machte• beim Gurkensandwiches-Spucken• als wir von Katharina Erfolgstee geschenkt

bekamen• als wir uns über den „dreckigen Boden“ be-

schwerten, um unsere Texthänger zu über-brückenund natürlich

• als wir es geschafft hatten und uns endlichverbeugen konnten.

All das hätten wir nie erlebt ohne unsere ein-zigartige . . . Katharina!Du warst nicht nur Regisseurin, Dramaturgin,Abendspielleiterin und Maskenbildnerin. Duhast auch unsere schauspielerischen Fähigkei-ten auf ein aufführungsreifes Niveau gehoben,die Charaktere verteilt, die gesamten Requi-siten organisiert und bei der Aufführung mit-gefiebert. Danke für alles, was du uns damitgeschenkt hast!

Sport-KüAHendrik Schillinger

7:00 Uhr – Während die meisten Akademieteil-nehmer noch schliefen, waren die Teilnehmerder Sport-KüA schon auf den Beinen. Denn die-jenigen, die von Sport gar nicht genug bekom-men konnten, rannten schon morgens mit unse-rem Sportmentor Nico durch den AdelsheimerWald. Manchmal wurde anstatt des Joggensein Fitnesszirkel oder Zumba angeboten. DerFitnesszirkel bestand aus zehn Stationen, beidenen kein Muskel unseres Körpers geschontwurde. Beim Zumba werden Koordinations-übungen rhythmisch zur Musik ausgeführt.Am Nachmittag hatten wir die Möglichkeit, mitNico verschiedene Sportarten auszuprobieren:So spielten wir Hockey und lernten von Nico,präzise zu spielen, ohne die Mitspieler dabeimit dem Hockeyschläger zu verletzen. Dankdes nahe gelegenen Tennisclubs kamen sowohl

die Tennisspieler unter uns als auch Tennis-neulinge auf ihre Kosten. Ebenso waren diebeiden gut gepflegten Volleyballfelder oft inBenutzung. Als geistige Herausforderung durf-te auch Schach nicht fehlen; doch bei unsererVariante Wikingerschach ging es darum, mitHolzstäben die ca. 30 cm großen Figuren desGegners umzuwerfen.Nicht nur Nico, sondern auch wir Teilnehmerboten Sportarten an: Miriam und Schülermen-torin Rebecca unterrichteten uns im Handball,und Timothy zeigte beim Judo verschiedeneWürfe und Abrolltechniken. Nicht ganz so wildging es in der Zirkus-KüA zu, bei der uns Char-lotte zeigte, wie man menschliche Pyramidenbaut, ohne umzufallen. Zu einem Highlight derSport-KüA entwickelte sich Ultimate Frisbee,eine kanadische Trendsportart, die uns Kurs-leiter Alex vorstellte. Er erklärte uns Regeln,Taktiken und zeigte uns, wie man die Frisbeeam geschicktesten am Gegner vorbei wirft.Wenn die Sport-KüA auch abends stattfand,dann gab es immer einen Gegner: die Dunkel-heit. Deshalb warfen wir bei dem abendlichenSportprogramm Basketbälle auf alles, was wirals Basketballkorb wahrnahmen, oder schossenFußbälle in die Richtung, in der wir das Torvermuteten. Aber dank einer leuchteten Fris-bee konnten wir auch bei völliger DunkelheitFrisbee spielen.

Da uns allen die Sport- Küa sehr gefallen hat,möchten wir uns bei Nico, der selbst am Tagnach dem Abschlussabend frühmorgens Jog-ging anbot, bedanken. Auch gilt ein großerDank allen, die bei der Sport-KüA selbst mit-gewirkt haben.

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KÜAS – KURSÜBERGREIFENDE ANGEBOTE

Tanzen bis zum geht nicht mehr– Die Tanz-KüA

Jana Zimmermann

Die Tanz-KüA von Marielouise fand regen An-klang bei den tanzbegeisterten Teilnehmern un-ter uns, da sie eine willkommene Abwechslungzu den manchmal anstrengenden Kursschienenbot.Am ersten Abend versammelten sich gut 40Jungen und Mädchen in der Turnhalle, um ihrTalent zum Tanzen zu entdecken. Die Truppewar bunt gemischt: Manche waren schon fast„Profitänzer“ und hatten bereits das deutscheTanzabzeichen in Bronze verliehen bekommen,andere wiederum schwangen zum ersten Maldas Tanzbein. Doch eines hatten alle gemein-sam: Die Lust und Freude am Tanzen. Alleverfolgten mit wachsamen Augen, was uns Ma-rielouise mit dem Schülermentor Marcel vor-tanzte und erklärte. Angefangen wurde mitdem langsamen Walzer und dem Discofox, undsobald wir alle die Grundschritte beherrsch-ten, bildeten sich Paare, die sofort begeistertlostanzten.Später brachte Marielouise uns neben den Stan-dardtänzen auch die lateinamerikanischen Tän-ze Cha-Cha-Cha, Rumba, Jive und Tango bei.Konzentriert murmelten wir die verschiedenenSchrittkombinationen vor uns hin und übten,bis alle die Schritte perfekt beherrschten. Beieinigen dauerte es noch ein bisschen länger, bissie den richtigen Rhythmus gefunden hatten,während andere Pärchen bereits umherschweb-ten. Die Tänze wurden später noch vertieftund zudem um verschiedene Figuren wie diePromenade ergänzt.In einer KüA-Schiene vertrat unsere Akade-mieleiterin Petra höchstpersönlich Marielouiseund brachte uns Salsa bei. Mit von der Partiewar an diesem Abend Georg, der eine wirk-lich gute Figur beim Tanzen machte, und demdas Tanzen wahrscheinlich genauso viel Freu-de bereitete wie uns. Natürlich setzten wir diegelernten Tänze unter anderem beim Bergfestund an unserem Abschlussabend um und zeig-ten, was wir gelernt hatten.Uns allen hat das Tanzen viel Spaß gemacht.Deshalb ein herzliches Dankeschön an Petra,

Marcel und natürlich an unsere großartige Tanz-lehrerin Marielouise!

Werwolf-KüANiklas Boltz

Es ist wird Nacht in Düsterwald, und das gan-ze Dorf schläft unbesorgt, als Amor seine zweiLiebespfeile abschießt, die Seherin in ihre Kris-tallkugel sieht, die Werwölfe sich einen Dorfbe-wohner einverleiben und die Hexe ihr Tränkemischt.Zwar waren wir nicht in Düsterwald, sondernim tiefen Norden Baden-Württembergs (Ba-disch-Sibirien), und wahrscheinlich gab es nichteinmal hier echte Werwölfe, aber jeden Abendverwandelten sich die Teilnehmer der Werwolf-KüA in rechtschaffene Bürger und teuflischeWerwölfe, und ihr höchstes Ziel war es, alleAndersgesinnten zu töten.„Werwölfe von Düsterwald“ ist ein Gruppen-spiel, das fast jeden Abend von unserem rhe-torischen Wunder (oder auch nicht) und Spiel-leiter Wendelin Wiedemer angeboten wurde.Es ist ein Zwei-Parteien-Spiel, Werwölfe undDorfbewohner, in dem man sein Einschätzungs-vermögen bzgl. Anderer und seine rhetorischenFähigkeiten unter Beweis stellen kann (wie un-ser Spielleiter mehrfach betonte).Das Spiel sollte an einem möglichst unheimli-chen und dunklen Ort gespielt werden, da manzeitweise die Augen geschlossen hält, und sowurde das Plenum des Eckenberg-Gymnasiumsals Schauplatz ausgewählt. Werwolf ist einfachzu lernen und kann auch mit unerfahrenen Spie-lern ohne Probleme gespielt werden, natürlichhaben langjährige Spieler aber einfach mehrErfahrung im Erkennen von Verhaltensmus-tern der Mitspieler, also ob jemand Werwolfist oder den Dorfbewohnern angehört.In der Tagphase jeder Spielrunde wird von al-len durch Abstimmung eine Person ausgewählt,die getötet wird und somit aus dem Spiel aus-scheidet. Diese Abstimmung ist die Möglichkeitder Dorfbewohner, sich pro Tagphase von ei-nem Werwolf zu befreien, also sollte man sichals Werwolf nicht besonders auffällig verhalten.Als Argument für die Auswahl eines Mitspielers

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KÜAS – KURSÜBERGREIFENDE ANGEBOTE

als Opfer reichen auch banale Gründe wie „ichmag dich nicht“ oder „der ist Mathematiker“oder „die ist immer Werwolf“.

Das Spiel fand so viel Andrang, dass auch außer-halb der KüA-Schiene Werwolf gespielt wurde,und es war immer eine schöne Gelegenheit, hef-tig zu diskutieren, Spannung zu erleben, seinerhetorischen Fähigkeiten zu verbessern odereinfach viel Spaß miteinander zu haben.

Die Zeitungs-KüAElias Hofmann

In der Zeitungs-KüA, die aufgrund der regenBeteiligung täglich außer sonntags von 7:00 bis7:30 Uhr in der Sofaecke stattfand, konnten wirin regionalen und überregionalen Tageszeitun-gen lesen, was uns interessierte und wovon wirdachten, es würde auch die anderen interessie-ren. Am Anfang des Plenums trugen wir danndas Neueste aus der Welt vor. Das war wichtig,da es weder Radio noch Fernsehen während derAkademie gab und Adelsheim auch ein bisschenab vom Schuss liegt. So informierten wir die an-deren „Academyker“ und konnten gleichzeitigunsere rhetorischen Fähigkeiten verbessern.

Leider hatten wir für das Zeitungslesen immernur eine halbe Stunde Zeit und mussten unsdeshalb auf einzelne Artikel (und den Wetter-bericht!) beschränken. Spaß gemacht hat estrotzdem!

Wildhüter-KüALuca Simeon Schweizer

Die Wildhüter-KüA war eine der meistbesuch-testen KüAs bei der diesjährigen Science Aca-demy. „Es ist eine große Chance“, sagte Alex,der zusammen mit Daniel diese KüA anbot.Sie sind beide Wildhüterprüfer.

Beim Wildhüten geht es darum, Tiere in einer3D-Simulation zu zählen. „Wildhüterprüflingemüssen sich an dieser Simulation beweisen“,erklärte Daniel. „Dann können sie wie Alexin einem Auslandssemester in Kanada oderanderen nördlichen Gebieten Tiere zählen.“

Auch er hat vor, bald mit seinen Fähigkeitennach Kanada zu reisen und den anderen Wild-hütern zu helfen.

Denn das Zählen der Tiere ist enorm wichtig.Nur, wenn man weiß, wie viele Tiere von wel-cher Tierart leben, kann man sie rechtzeitig vordem Aussterben retten, indem man sie z. B. aufdie rote Liste der bedrohten Tierarten setzenund schützen lässt.

In den letzten Jahren gab es häufig falsche In-formationen von Wildhütern. Falsch gezählteTiere, wie Yetis und Mammuts, starben aus.Das kam anscheinend daher, dass sich bei denWildhütern falsche Gewohnheiten eingeschlif-fen hatten. Deswegen durfte man über die Wild-hüterkunst nicht untereinander und auch nichtmit anderen reden. Das mussten wir am Anfangder KüA auf den Fuchs schwören.

Aus diesem Grund muss leider in dieser Doku-mentation auch ein Großteil des Wildhütensgeheim gehalten werden.

Vorher muss aber noch kurz erläutert werden,dass die Fähigkeiten beim Wildhüten in sechsverschiedenen Stufen gemessen werden.

Wenn man seine Ausbildung beginnt, ist manin der Stufe 0. Glaubt man, die Fachkenntnissevon Stufe 1 vollständig erlangt zu haben, kannman einen „Prüfungsflug“ anmelden.

Dann muss man sich in zwei Simulationsflügenbewähren, und wenn man beide Male die kor-rekte Anzahl Tiere an den Prüfer meldet, istman offiziell Wildhüter der Stufe 1.

Es gibt insgesamt 6 Stufen. In jeder Stufewerden mehr Bereiche des Wildhüterfachwis-sens von den Wildhüterprüflingen gefordert.Ist man Wildhüter der Stufe 6, kann man spä-ter zum Wildhüterprüfer ernannt werden undkann selbst Wildhüterprüflinge lehren.

Am Ende hatten Daniel und Alex fast die Hälf-te der Akademie zu Wildhütern der Stufe 6ausgebildet. Darauf waren alle echt stolz, auchwenn die Gummibären leider nicht gezählt wer-den konnten, denn die sind schon alle im Kursaufgegessen worden . . .

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KÜAS – KURSÜBERGREIFENDE ANGEBOTE

Debating-KüASilas Deubel

An zwei Nachmittagen kamen alle Debattier-,Diskutier- und Argumentierfreudigen im Rah-men der „KüA-Schiene“ auf ihre Kosten. Mar-tin Christ, Kursleiter im Geschichts- und Ger-manistikkurs, hatte sich von seinem Studien-land Großbritannien inspirieren lassen und boteine „Debating-KüA“ an. In insgesamt rechtlockerer und geselliger Runde wurde nach denstrengen Debattierregeln des englischen Parla-ments über ein vorgegebenes Thema diskutiertund argumentiert. Die „Proposition“ stand der„Opposition“ gegenüber, d. h. die Befürwortersprachen für eine Sache, die Gegner hielten mitihren Argumenten dagegen.

Beim ersten verbalen Schlagabtausch warennicht nur die Regeln „very british“, sondernauch die Sprache: Auf Englisch sollte das The-ma „Abschaffung der Tierversuche“ erörtertwerden. Dazu bildeten wir zunächst zwei gleichgroße Gruppen, in denen die jeweiligen Argu-mente der Befürworter bzw. der Gegner gesam-melt wurden. Dann wurde die Debatte eröffnet.Im „Ping-Pong“-System argumentierten dieeinzelnen Gruppenmitglieder der „Proposition“und der „Opposition“ nacheinander für odergegen die Abschaffung der Tierversuche. Nacheinem munteren Hin und Her wurde die Diskus-

sion mit einer Zusammenfassung des jeweiligenStandpunkts der beiden Gruppen und einemSchlusswort von Moderator Martin beendet.Beim zweiten Treffen diskutierten wir – diesesMal auf Deutsch – die Frage, ob die deutscheBundesregierung sich an einem militärischenEinsatz in Syrien beteiligen sollte. Trotz dessehr ernsten Themas entwickelte sich auch die-ses Mal wieder eine spaßige, stellenweise aberauch hitzige Diskussion, die sich auch außerhalbdes KüA-Treffens fortsetze und die Gemüterbewegte.Ein echter Renner war an beiden Terminenzweifellos unser „Debating-Warm-Up“-Spiel.Hier konnte alles in den Ring geworfen wer-den: Wissen, Witz und Wortgewalt. Es gingdarum, dass man sich eine scheinbar wichtigePerson aussuchen und in deren Rolle schlüpfensollte, um dann mit bestechenden Argumentendie anderen KüA-Teilnehmer zu überzeugen,dass sie die wichtigste Person von allen undsomit zum „Sieger“ der Konkurrenz zu wäh-len sei. Man durfte staunen, welche illustrenPersönlichkeiten und Charaktere sich da ver-sammelten! Albert Einstein etwa oder MarkZuckerberg zogen alle Register ihres Könnens,Daniel Düsentrieb setzte auf Taktik und SilvioBerlusconi auf das, war er hauptsächlich kann– „Bunga, Bunga“!

Fit für die ZukunftAnnika Gernsbeck

„Fit für die Zukunft“ – dieser Titel hatte michneugierig gemacht, und so entschied ich mich,diese KüA zu besuchen. Uns empfing die Di-plompädagogin Liselotte Kühn, die sich mituns in zwei KüA-Schienen mit den ThemenZeitmanagement und Motivation auseinandersetzen wollte.Die erste KüA war sehr gut besucht, und wirüberlegten uns am Anfang, was wir uns eigent-lich unter dem Titel „Fit für die Zukunft“ vor-stellen. Es fielen Stichworte wie: selbstbewuss-ter Handeln, Verantwortung übernehmen undlernen, die Zeit richtig einzuteilen. So konnteLiselotte Kühn perfekt auf ihr Thema „Zeit-management“ eingehen.

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KÜAS – KURSÜBERGREIFENDE ANGEBOTE

Jeder von uns kennt doch die verflixte Situation,wenn man sich etwas fest vorgenommen hat, esaber doch nicht vollendet, da immer etwas da-zwischen kommt. Um dieses Problem stückwei-se zu lösen, sammelten wir unsere „Zeitfresser“und unterteilten sie in drei Gebiete: direkterEinfluss, indirekter Einfluss und kein Einfluss.

In der Kategorie „direkter Einfluss“ fanden wirZeitfresser wie Fernsehen, Musik hören oderBücher lesen. Anrufe von Freunden sind einBeispiel für den „indirekten Einfluss“, d. h. mankann nicht direkt etwas dafür, dass man angeru-fen wurde, aber man könnte das Gespräch zügigbeenden und Vereinbarungen treffen, zu wel-chen Zeiten man keine Anrufe entgegennimmt.Im Gebiet „kein Einfluss“ befinden sich zumBeispiel ein unerwarteter Todesfall oder aberauch das Wetter. Somit ist klar, dass man aufsich selbst den meisten Einfluss hat. Als wir dasgeklärt hatten, brachte uns Frau Kühn einigeMethoden des Zeitmanagements näher:

Zum einen das „Pareto-Prinzip: die 80-20-Re-gel“. Dieses Prinzip können wir für das Vorbe-reiten von Präsentationen, für Schularbeitenoder auch für das Zimmeraufräumen anwenden.Es beruht auf der Überlegung, dass 20% deraufgewandten Zeit schon 80% des gewünsch-ten Ergebnisses bringen können und die rest-lichen 80% dann nur noch 20%. Damit istgemeint, dass wenn man eine Aufgabe nur „ok“lösen möchte, d. h. nicht perfekt, man sie sostrukturieren kann, dass man nur 20% der Zeitbraucht, um 80% des Ergebnisses zu erzielen.Will man es jedoch von Anfang an perfekt ha-ben, benötigt man für diese 20% „i-Tüpfelchen“die restlichen 80% der Zeit.

Eine ebenfalls interessante Methode war die„Vierfeldertafel“. Man teilt alle Aufgaben, dieman Erledigen muss, in vier Felder ein. Imersten Feld stehen alle Aufgaben, die wichtigund dringend sind, wie dringliche Problemeoder Projekte mit baldigem Abgabetermin. Esist nicht gut, wenn sich viel in diesem Feldabspielt, da es sehr stressig und anstrengend fürden Körper ist. Tätigkeiten wie zum Beispiel:Freunde, Planung, Erholung sind wichtig, abernicht dringend, deswegen stehen sie im zweitenFeld. Am Besten ist es, wenn sich etwa 75% desLebens in Feld zwei abspielt. Nicht wichtige,

aber dringende Dinge stehen im dritten Feld,und im vierten Feld befinden sich Tätigkeiten,die nicht wichtig und nicht dringend sind wieZeitverschwender oder angenehme Tätigkeiten,die reine Ersatzbeschäftigungen sind. Es istebenfalls nicht gut, wenn sich alle Tätigkeitenin diesem Feld abspielen, da sich der Körperauf längere Zeit langweilt und unterfordert ist.

Dringend Nicht dringend

Wichtig

1KrisenDringliche Pro-blemeProjekte mitanstehendemAbgabetermin

2VorbeugungFreundschaftNeue Möglich-keiten erkennenPlanungErholungNicht

wichtig

3UnterbrechungenUnmittelbare,dringliche Ange-legenheiten

4TrivialesDaddelnEinige AnrufeZeiverschwenderAngenehmeTätigkeiten

In der zweiten KüA-Schiene, die Liselotte Kühnanbot, waren weniger Teilnehmer, was abernicht sonderlich schlimm war. Wir überlegtenuns am Anfang, was uns motiviert, und kamenauf Punkte wie ein Ziel vor Augen zu habenoder eine Belohnung zu bekommen. Dann teil-ten wir unsere Ergebnisse in zwei Gebiete ein:1. Gebiet: wie kann ich mich von innen herausselbst motivieren2. Gebiet: wer oder was motiviert mich vonaußenDanach besprachen wir kurz, wie der Körper diePsyche unterstützen kann. Frau Kühn gab unsden Ratschlag, sich mit einem Lächeln in denSpiegel oder mit aufrechtem Sitzen währendeiner Schularbeit zu motivieren. Auch gab sieuns den Tipp, andere beispielsweise mit Namenzu begrüßen oder mit der Person Blickkontaktzu halten, um sie besser zu motivieren.Im Anschluss daran machten wir eine Übung,die sich „Warmduschen“ nennt: Eine Personsetzt sich mit dem Rücken zur Gruppe, nun soll-te jeder eine oder mehrer positive Eigenschaften

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zu der Person sagen, die dann aufgeschriebenwurden. So hatte jeder am Ende der Übungein Blatt voller Motivation.Damit endete auch die KüA „Fit für die Zu-kunft“. Einen großen Dank spreche ich im Na-men aller Besucher dieser KüA an LiselotteKühn aus. Sie hat uns mit viel Begeisterungund Elan geholfen, uns „Fit für die Zukunft“zu machen.

Wer will guten Kuchen backen? –Die Back-KüA

Friederike Lutz

Haushalt ist Frauensache? Von wegen! Dassauch die männliche Daseinsform zu Mixer undSchneebesen greifen kann, war nach den ers-ten paar Minuten des Zusammenkommens inder Leiterküche mehr als offensichtlich. MitFeuereifer begannen die Teilnehmer, die Rezep-te zu studieren. Die Auswahl war enorm. Wiesollte man sich da bloß entscheiden?In Kleingruppen von drei bis vier angehendenKonditoren wurden Eier schaumig geschlagen,Zutaten abgewogen und Teige geknetet. Unterder fachkundigen Anleitung von Petra, Rebec-ca und Patricia konnten kleine Unfälle vermie-den und professionelle Tipps gegeben werden.Jeder kam dabei auf seine Kosten. Denn mitgroßem Spaß und enormer Motivation fiel dieArbeit kaum ins Gewicht. Vielmehr erledigtesich das Rühren, Kneten und Formen neben allder guten Laune und entspannten Atmosphärebeinahe von alleine.Während die halbfertigen Kuchen ihre Zeit imBackofen überdauern mussten, blieb nicht mehrviel zu tun: Aufräumen, abwaschen, reden, la-chen, . . . Schließlich standen die Meisterwerkezum Verzehr bereit: Ein Traum aus Apfel-,Zwetschgen-, Käse- und Marmorkuchen sowiehimmlischen Raffaelo-Cupcakes. Kein Wunschblieb offen und keiner der Meisterbäcker hung-rig. Abschließend erhielten alle Teilnehmer dasexklusive Backheftchen der Science-Academymit allen Rezepten des Nachmittags, welchessicher auch Anwendung in den heimischen Kü-chen finden wird. Die Back-KüA war ein vollerErfolg und eine weitere Erfahrung, die keiner

so schnell vergessen wird – und sei es auch nuraufgrund der Leckereien.

Die Zumba-KüAMiriam Kurtzhals

Zumba, zumba welch ein Singen. Zumba, zum-ba Weihnachtszeit . . . Nein, wir haben in die-ser KüA nicht dieses Weihnachtslied in Dau-erschleife gesungen. Das Zumba, das hier ge-meint ist, kommt ursprünglich aus Kolumbienund verbindet lateinamerikanische Tanzelemen-te mit Aerobic zu einer rhythmischen, kreativenMischung aus Tanz und Fitness. Was für einGlück, dass wir bei der Akademie Annika undJohanna dabei hatten, die diese Trendsport-art beherrschen und ihr Wissen auch in Formeiner KüA mit uns geteilt haben, womit sie –zumindest der Teilnehmerzahl nach zu urteilen– eine ganze Menge Leute begeistern konnten.

Dies veranlasste die beiden dazu, diese KüAnoch ein zweites Mal anzubieten, dieses Malallerdings um 6:50 Uhr morgens. Doch wersich aufgrund der frühen Stunde auf eine klei-ne Tanzrunde eingestellt hatte, musste, oderbesser gesagt: durfte feststellen, dass er odersie sich geirrt hatte. Das Zumbafieber ließ sich

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dadurch nicht dämpfen, ob Teilnehmer oderLeiter, Männlein oder Weiblein, alle wurdenangesteckt. So ließ sich zum Beispiel auch dieLeiterin der Tanz-KüA, Marielouise, die Chan-ce nicht entgehen, einmal diese etwas andereArt von Tanz auszuprobieren. Selbst die Joggerakzeptierten diese nicht minder anstrengendeAlternative. Da war man wirklich fit für denTag. Wenn nicht vom Tanzen, dann doch we-nigstens vom anschließenden Sprint zum LS-ZU2, um sich schnellstmöglich eine Dusche zusichern . . .Vielen Dank an dieser Stelle noch einmal anAnnika und Johanna, die uns diesen Fitness-Tanz näher gebracht, die Grundtechnik sou-verän erklärt und gezeigt haben und uns mitihrem KüA-Angebot auf jeden Fall eine MengeFreude und Spaß beschert haben.

Süß, bunt und superlecker – Lollismachen mit Theo

Magdalena Neureither, JohannaRettenmaier

Am zweiten Dienstag der Akademie roch manim ganzen LSZU II den süßen Duft von klebri-ger Lollimasse, und es dauerte nicht lange, bisdie halbe Akademie sich mit verschiedenstenLollis verkünstelte. Die tollsten Lollis warendank Theos super Rezept auch gar nicht schwer:Wir haben 100 g Isomalt geschmolzen, dannkamen je nach Spaßfaktor noch 1–2 TeelöffelApfelsäure hinzu. So waren manche Lollis nurnoch für die „ganz Harten“ geeignet. Damitunsere Lollis noch verführerischer wirkten, ka-men noch 2–3 Tropfen Lebensmittelfarbe hinzu.Wer es mit der Farbe jedoch zu gut meinte, demkonnte man das noch den ganzen Tag an derZunge ablesen. Blaue Zungen waren hierbei be-sonders beliebt. 3–8 Tropfen Aroma verliehenden Lollis noch den richtigen Geschmack. Da-bei war der Phantasie keine Grenzen gesetzt, soreichte unser Repertoire von grünen Lollis mitErdbeergeschmack über blau mit Kirscharomabis hin zu roten Zitronenlollis. Zum Abkühlengossen wir die heiße Lollimasse auf ein Backpa-pier, wobei teilweise richtige kleine Kunstwerkeentstanden sind.Entsorgung: Oral

Lieber Theo, wir danken dir ganz herzlich fürdie super coole KüA. Es hat allen viel Spaßgemacht, und wir hoffen, dass noch weitere Aka-demiegenerationen deine tollen Lollis genießendürfen.

SportfestHendrik Schillinger

Der sportliche Höhepunkt der Akademie wardas traditionelle Sportfest. Im Gegensatz zuanderen Sportwettkämpfen ging es bei diesemaber nicht darum, schneller zu rennen oderbesser Fußball zu spielen, denn wir mussten unsin zahlreichen außer-olympischen Disziplinenbeweisen.

Auch dieses Jahr kämpften die Kurse gegen-einander um einen glorreichen Sieg. Bei der

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ersten Disziplin, dem Teebeutelweitwurf, wardie Technik wichtig: Stellte man sich mit demRücken zum Ziel und warf den Beutel nach hin-ten, konnte man Weiten bis zu sieben Meternerzielen. Zusätzlich half der Trick, den Beutelvorher nass zu machen, denn so war er schwererund flog somit weiter.Anschließend musste der Akademiebus eineleichte Steigung hochgezogen werden. Bei dernächsten Disziplin brauchte man zum Glücknur ein geschicktes Händchen, sodass unsereBeine sich erholen konnten. Das Ziel war es,Jonglierbälle so zu werfen, dass sie in einembestimmten Feld liegen blieben. Je kleiner dasFeld war, desto mehr Punkte gab es. Aus die-sem Grund war auch hier die Taktik entschei-dend.Absprache war das A und O, als einige der Schü-lermentoren, die in einem hölzernen A standen,mit Seilen in eine Schieflage gebracht werdenmussten, damit sie sich wie auf Stelzen fortbe-wegen konnten.

Der folgende Gummistiefelweitwurf erforder-te besondere Talente: Dabei stellte ich fest,nachdem mein Gummistiefel direkt nach derAbwurflinie auf den Boden klatschte, dass nichtnur die Kraft zu einem weiten Wurf wichtigist.Bei der nächsten Station stellten sich alle aufein Stofftuch und versuchten, es so umzudre-hen, dass niemand den Boden berührte. An-schließend hatte der gesamte Kurs mit Taucher-flossen einen Hindernisparcours zu absolvieren.Auf dem nassen Gras war vor allem Vorsichtgeboten, sonst rutschte man in den engen Sla-lomkurven aus und verlor wertvolle Zeit.Das große Finalspiel war ein Staffellauf der

besonderen Art: Wir mussten mit SchwämmenWasser aus einer Wanne schnellstmöglich inunseren kurseigenen Eimer transportieren. DerSchwamm diente gleichzeitig als Staffelstab.Zweimal musste der Geschichtskurs erfahren,dass das eigentliche Ziel auch darin bestand,den eigenen Eimer nicht umzuwerfen.Ausgerechnet der Serienletzte TheoPrax konntedas Sportfest vor Astronomie für sich entschei-den. Den sonst für TheoPrax reservierten letz-ten Platz nahm dieses Jahr der Geschichtskursein.

BergfestLucia Eberl, Luisa Feifel

Die erste Woche war ruck zuck rum, und schonwar der Donnerstagabend da. Der Abend, andem das erste Fest der diesjährigen Akademiestieg. Es kennzeichnete leider, dass schon dieHälfte unserer Zeit in Adelsheim vorbei ist. Eszeigte aber auch, dass alle schon eine Mengegeleistet hatten, wie man am Morgen bei denRotationsvorträgen gesehen hatte. Somit wareine richtige Party längst überfällig.Der Abend startete mit einigen Programm-punkten: Die Mentoren hatten einen Tanz zurMelodie der Akademie, Raumschiff Orion, ein-studiert und Martin, Sebastian, Rebecca, Alex-ander und Sophie gaben den „Kossakenzipfel“von Loriot zum Besten, wobei es viel zum La-chen gab. Es traten auch die Pool-Brothers(Alexander und Daniel) auf. Daniel bewies sei-ne Gitarrenkünste mit vier Akkorden. Deshalbkonnten sie kein Lied vollständig spielen undstimmten nur den Anfang der Stücke an, wasalle sehr zum Lachen brachte. Sie wurden mittosendem Applaus belohnt und spielten sogarnoch eine Zugabe.Und dann kam der absolute Höhepunkt desAbends: die Siegerehrung des Sportfestes:Platz 6: Geschichte, die vor Übereifer gleichzweimal ihren Wassereimer umgerannt habenPlatz 5: PhysikPlatz 4: MathePlatz 3: ChemiePlatz 2: Astronomie, die als Einzige beim Fi-nale einen zweiten Wassereimer brauchten

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und der Sieger:THEOPRAX, das erste Mal seit der erstenAkademie 2003 der Sieger des Sportfestes!Danach wurde von unseren DJs Florian undNico erstklassige Musik gespielt. Dabei berück-sichtigten sie auch Musikwünsche. Obwohl zu-erst nur ein paar Mädchen tanzten, kam dieStimmung noch richtig in Schwung, und auchdie anderen – sogar die Leiter – ließen sich vonder tollen Atmosphäre mitreißen, zum Beispielbeim Limbo. Es herrschte eine richtig guteStimmung, sodass wir auch eine halbe Stundelänger feiern durften als geplant!Es war ein gelungener Abend! Vielen Dank andie Mentoren, die Poolbrothers, das Orgateamund alle anderen, die zum Gelingen des Abendsbeigetragen haben.

Themenabend: „Gefühle, Denken,Lernen – was sagt die Neurobio-logie?“

Johanna Rettenmaier

Der Themenabend wurde vom TheoPrax-Kursorganisiert. Prof. Dr. Martin Lindner von derUniversität Halle-Wittenberg präsentierte unseinen spannenden Vortrag zum Thema „Gefüh-le, Denken, Lernen – was sagt die Neurobiolo-gie?“.Zum Einstieg räumte er erst einmal mit demGerücht auf, Schokolade mache glücklich. Somancher Hersteller wirbt sogar ausdrücklichdamit, dass Schokolade die Stimmung hebt,verschweigt aber dabei, dass unser Gehirn erst

nach 7 kg am Tag etwas von den Glücklich-machern in der Schokolade merkt. Auf dieseNachricht gab es erst mal eine Runde Schoko-lade für alle.

Mit seiner interessanten und witzigen Art zupräsentieren hatte Herr Lindner schnell denganzen Saal in seinen Bann gezogen. Was eruns zur aktuellen Hirnforschung und Funkti-on des Gehirns erzählte, durften wir oft selbstan kleinen Experimenten ausprobieren. Hierein kleines Beispiel, das zeigen soll, wie extremschnell elektrische Synapsen Informationen in-nerhalb des Gehirns weiterleiten können. Aufobigem Bild sieht man einen dreidimensiona-len Würfel. Er kann entweder aussehen, alsob er aus dem Blatt herauskommt, oder alsob er in das Blatt hineingeht. Wir können niebeides auf einmal sehen, aber innerhalb vonkürzester Zeit kann unser Gehirn durch dieSynapsen den Schalter umlegen, und wir kön-nen zwischen den verschiedenen Eindrückendes Würfels wechseln.Bei einem weiteren Versuch untersuchten wiruns die Wirkung von Koffein auf unsere Reak-tionsfähigkeit. Dazu ließ einer ein Lineal fallen,und der Nebensitzer musste es fangen. Anschlie-ßend wurde gemessen, wie viele Zentimeter erbenötigte, um das Lineal zu fangen. Anschlie-ßend gab es einen Becher Cola zu trinken, undder Versuch wurde nach einiger Zeit wiederholt.Das Koffein dockt an einem Rezeptor an, dernormalerweise mit Adenosin einen Stoff zurBeruhigung der Zelle bindet, um diese nichtzu überlasten. Da das Koffein den Rezeptorblockiert, kann er kein Adenosin mehr binden,und die Zelle arbeitet weiter auf voller Leistung.

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Und tatsächlich: Bei der zweiten Runde habensich die meisten von uns verbessert, und derRest hat sich trotz fortgeschrittener Zeit nichtoder nur leicht verschlechtert.Der lustigste Teil des Vortrags bestand aberaus dem Biofeedback, einem Versuch, bei demjeder einen Spiegel bekam und sich dann 30 Se-kunden lang im Spiegel anlächeln sollte. Dazuschauten wir zuerst ein paar Videos, bei denensich der gesamte Saal vor Lachen kaum nochauf den Stühlen halten konnte und somit superauf das Biofeedback eingestimmt war. Auchwer hierzu keinen Spiegel mehr abbekommenhatte, hatte seinen Spaß daran, mit anzusehen,wie die anderen beim Spiegelgucken reihenwei-se Lachanfälle bekamen. Einer der lustigstenAbende in der Akademie endete mit dem Fazit,dass auch Lernen leichter fällt, wenn man sichzuvor in gute Stimmung versetzt.Herrn Prof. Dr. Lindner ein herzliches DAN-KESCHÖN für diesen super witzigen und in-teressanten Abend!

WandertagCaroline Pfannschmidt

Am Freitag ging es morgens los zu unseremWandertag. Wir hatten Glück mit dem Wetter,die Sonne schien und es war ziemlich warm. Indrei Gruppen aufgeteilt liefen wir verschiede-ne Routen. Ich erzähle nun von meiner Routedurch das Fischbachtal:Wir waren alle noch munter und frisch undsangen verschiedene Wanderlieder, die uns ein-fielen, bis wir an die erste Station kamen.Dort stärkten wir uns zuerst einmal mit Bröt-chen und Getränken für den zweiten Teil derWanderung.Bevor es weiterging, wurde uns eine etwas un-gewöhnliche Aufgabe gestellt: In unserer Wan-dergruppe waren Teilnehmer aus drei verschie-denen Kursen. Alle aus einem Kurs sollten sichzusammenschließen und in zehn Minuten einenmöglichst hohen Turm aus Naturmaterialienbauen. Kriterien waren Stabilität, Aussehen,Höhe und die Pflanze, die ganz oben angebrachtwerden sollte. Nach Ablauf der Zeit gab es zweisehr stabile, hohe Türme (von denen der höhere

auch gewonnen hat) und einen extrem hohen,der allerdings nicht wirklich stabil war sondernsofort wieder umkippte

Wenig später ging es weiter über Wiesen undFelder, wo es schon bald die nächste Aufgabezu lösen galt: Auf zwei Slacklines, die sich über-kreuzten, sollte ein Bach überwunden werden!Die ersten mutigen Jungs schwangen sich mit-samt ihres Rucksacks sofort darauf und meis-terten die Herausforderung ohne Probleme. Na-türlich bekam der eine oder andere auch nasseFüße. Wir Mädchen hatten eine andere Stra-tegie: Wir zogen uns Schuhe und Socken ausund wateten durch den sehr kalten Bach, umso unsere Rucksäcke sicher ans andere Ufer zubringen. Unsere Mogelei wurde allerdings vonunserer Gruppe nicht akzeptiert, weshalb wirwieder zurück und den Bach auf den Slacklinesüberqueren mussten. Der Vorteil bei der Sachewar, dass wir barfuß waren und somit ruhig amEnde in den Bach springen konnten, ohne dassunsere Schuhe komplett durchnässt waren.Nachdem es alle über den Bach geschafft hat-ten, sagte uns ein Blick auf die Uhr, dass wirmächtig spät dran waren. Deshalb ging es abjetzt im Laufschritt durch den kühlen Waldunserem Mittagessen entgegen. Das war deranstrengendste Teil unserer Wanderung, da wiretwa eine Stunde in strammem Tempo liefen.Kartoffelsalat und Würstchen beim Mittages-sen in einer Scheune schmeckten uns dann auchbestimmt doppelt so gut wie den Anderen, dennwir waren mit Abstand als letzte beim Mittages-sen angekommen.Zurück zur Akademie wanderten wir dann ge-meinsam als große Gruppe. Schneller, als wirdachten, waren wir wieder am LSZU und fie-

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len nach einer erfrischenden Dusche erst malin unsere Betten, um uns auszuruhen. Nachdieser Pause konnten wir dann später im Kurswieder richtig loslegen.Alles in allem war der Wandertag ein schönesErlebnis, an das man sich gerne erinnert!

Faszination Film – Adelsheimleuchtet

Friederike Lutz

Bizarre Felsformationen, unendliche Weiten,aktive Geysire, glühende Landschaften und einTitel, der sich gewaschen hat: Atamafasaja-ramorgana. Das fasst die Impressionen unse-res abendlichen Spaziergangs durch die beein-druckenden Installationen des Barons Louisvon Adelsheim nur ansatzweise zusammen. Inder seit 2005 jährlich stattfindenden Ausstel-lung zeigt der renomierte Videokünstler seineselbst gedrehten Videoaufnahmen, welche ausdrei verschiedenen Wüsten unseres Planetenstammen: Der Atacamawüste, der Westsaharaund der bolivianischen Salzwüste, dem Salarde Uyuni. Bilder davon wurden mit Beginnder Abenddämmerung auf Wände, Mauerwerk,

Leinwände und Gras seines Schlossparks proji-ziert.

Spontan duften dieses Jahr auch wir Teilneh-mer und Leiter der JuniorAkademie Teil dieserfaszinierenden Ausstellung werden. Zunächstvon der abstrakten Persönlichkeit der Ausstel-lung verwundert, fanden wir anschließend um-so mehr Gefallen daran, die Installationen aufuns wirken zu lassen. Egal ob es sich dabeium eine von Schweinen durchwühlte Müllhal-de in der sengenden Mittagssonne oder eineSkulptur des chilenischen Malers und Bildhau-ers Hugo Marin handelte, es gab viel Freiraumfür Interpretation, Kritik und Gefühl. Jede derInstallationen spielte an, wollte einen Gedan-ken freisetzen, rief zur Stellungnahme auf. Soauch das sich stetig im Video wiederholendeSchicksal der marokkanischen Gerber aus Fesauf dem Mauerwerk eines Nachbargebäudes.Knietief sieht man sie in der gesundheitsschäd-lichen Beize stehen, die ihr Lebensunterhaltund Todesurteil darstellt.

Auf dem weiteren Weg zum Lagerfeuer beschrit-ten wir den scheinbar glühenden, von Flammenumzüngelten Kies, um gleichsam fasziniert wiebegeistert einen Platz am echten Lagerfeuereinzunehmen. Meinungen wurden dort ausge-tauscht und Favoriten festgelegt.

Viel zu schnell mussten wir uns auf den Heim-weg machen, wo wir auf den Zimmern augen-blicklich in erholsamen Schlaf fielen. Mancheiner wird wohl auch noch im Traum der un-endlichen Schönheit der Wüste verfallen sein.

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NachtwanderungKatrin Geng, Florian Mandl

Dieses Jahr gab es in der Science Academy auchwieder eine Nachtwanderung. Am Montag nachdem Abendessen traf sich der Astrokurs undwurde mit den nötigen Geräten ausgestattet.Kurz darauf sammelte sich die erste Gruppevor dem Plenum. Die Gruppen waren zum Teilnicht ganz vollständig, da manche das Bett derfreiwilligen Nachtwanderung vorzogen.Wir gingen los und tappten erst mal eine Weileim Dunkeln, bis sich unsere Augen an die Dun-kelheit gewöhnt hatten. Unser erstes Ziel wareine Wiese, die ca. 20 Minuten zu Fuß entferntwar und nördlich des LSZU lag. Auf der Wie-se angekommen zeigten die beiden leitendenAstros ihrer Gruppe Sternbilder des nördlichenSternhimmels wie zum Beispiel den Große Bä-ren, den Kleinen Bären mit dem Polarstern,die nördliche Krone, Bootes – den Bärenhüter,Herkules und viele mehr.Die Route verlief weiterhin nördlich auf einemWaldweg bis zur nächsten Lichtung, auf derdieses Mal das Sommerdreieck im Mittelpunktstand. Auf dem Weg dorthin erzählten dieAstronomen Mythen zu den bereits erklärtenSternbildern, zum Beispiel wie der Große Bärund der Kleine Bär mit dem Bärenhüter oderder Schwan und die Leier an den Himmel ka-men.Die weiteren Gruppen starteten jeweils im Vier-telstundentakt, bis die fünfte und letzte Grup-pe um 22:15 Uhr von der Turnhalle aus loslief.Manche Gruppen gingen einen kleinen Umwegund machten einen kurzen Abstecher in einDorf, weil die GPS-Geräte den falschen Stand-ort angaben. Letztendlich kamen aber alle an.Das letzte Ziel, unser Highlight, war eine Wiese,auf der Carolin, Georg und Dominik mit dreiTeleskopen auf uns warteten. Dort war aucheine Plane ausgebreitet, auf der wir entspanntin die Sterne schauen konnten. Dann durftenwir der Reihe nach durch ein großes Spiegeltele-skop schauen, das auf den Cirrusnebel gerichtetwar.Nachdem alle den Supernovaüberrest bewun-dert hatten, der aufgrund seiner Größe gar nichtganz in dem Himmelsausschnitt, den das Tele-

skop zeigte, zu sehen war, haben wir noch durchzwei kleinere Teleskope den KugelsternhaufenM13 im Sternbild Herkules betrachtet. Einmalwar er nur als kleiner Nebelfleck sichtbar, undin der anderen Einstellung konnte man schoneinzelne Sterne erkennen. Nach der Beobach-tung durch die Teleskope traten die einzelnenGruppen den Rückweg an und fielen nach ca.ein bis eineinhalb Stunden Nachtwanderungmüde ins Bett.

Die Krönung von zwei tollen Wo-chen – der Abschlussabend

Jana Zimmermann

Der Abschlussabend war für viele von uns derHöhepunkt der Akademie. Nach den Präsenta-tionen und dem leckeren Abendessen freutensich alle Gäste und die gesamte Science Aca-demy auf den Abend. Um 20 Uhr begann dasProgramm, das von Wendelin und Patricia mo-deriert wurde.Den Einstieg machte die Big Band mit der Ti-telmusik der Raumpatrouille Orion. Dies ist dieMusik, welche uns die ganze Akademie über be-gleitete. Sie lies uns regelmäßig vom Frühstückaufschrecken, weil sie uns ankündigte, dass nurnoch wenig Zeit blieb, um pünktlich im Plenumzu erscheinen. Sie auch an diesem Abend zuhören, war eine gelungene Überraschung.Nach der Eröffnung des Abends und der Be-grüßung durch die Akademieleitung führte dieTheater-KüA unter der Regie von Katharinadas Stück „Bunbury – oder Ernst sein ist al-les“ von Oscar Wilde auf. Das Publikum warbegeistert. Nicht nur diese Aufführung, son-dern auch die folgenden Showeinlagen wurdenausgiebig beklatscht. Unter anderem gab esmehrere Auftritte unserer engagierten Schüler-mentoren, zum Beispiel eine MülltonnenshowzurMusik von der Sesamstraße. Diese wurde zu-vor sehr eindrucksvoll und lehrreich von Georganmoderiert, der uns zunächst einen amüsantenVortag über die Schwierigkeiten der Mülltren-nung hielt. Zudem wurde das Publikum voneinem fröhlichen Pfeifkonzert und amüsantenTanzeinlagen erheitert.Besonders gut kamen auch die Pool-Brothers,

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ein Gesangsduo bestehend aus Alex und Da-niel, an. Mehrere weibliche Zuhörer schmolzenförmlich dahin, und so kamen die beiden na-türlich nicht um eine Zugabe herum. Jedervon uns Teilnehmern durfte mit seinem Kursauf die Bühne kommen und bekam passendzum diesjährigen Akademiemotto „Licht“ einkleines Teelicht geschenkt, das uns zu Hausean die schöne Zeit der Akademie erinnern soll.Ein weiterer Programmpunkt war die bekann-te und beliebte „Gute-Nacht-Geschichte“ ausdem Buch „Die Känguru-Chroniken“ des Au-tors Marc-Uwe Kling, gelesen von Niklas undZacharias.

Dann neigte sich der Abend zumindest für un-sere Gäste auch schon dem Ende zu, aber füruns Teilnehmer und die Leiter ging die Par-ty nach der Show erst richtig los. Nachdemauch die letzten Stühle aufgeräumt waren, wur-de endlich die Musik laut aufgedreht, und wirfeierten nach diesem sehr ereignisreichen Tagnoch bis tief in die Nacht die zwei wunderbarenund einmaligen Wochen, die wir hier erlebendurften.

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DANKSAGUNG

Danksagung

Die JuniorAkademie Adelsheim / Science Academy Baden-Württemberg fand in diesem Jahrbereits zum 11. Mal statt. Daher möchten wir uns an dieser Stelle bei denjenigen bedanken, dieihr Stattfinden überhaupt möglich gemacht haben.In diesem Jahr wurde die Akademie in erster Linie durch die H.W. & J. Hector Stiftung finanziellunterstützt. Einen weiteren Teil der Mittel trugen das Ministerium für Kultus, Jugend und Sportvon Baden-Württemberg und der Förderverein der Science Academy e.V. bei. Dafür möchten wiruns an dieser Stelle bei allen Unterstützern ganz herzlich danken.Die JuniorAkademie Adelsheim ist ein Projekt des Regierungspräsidiums Karlsruhe, das im Auftragdes Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport, Baden-Württemberg und mit Unterstützungder Bildung & Begabung gGmbH Bonn für Jugendliche aus dem ganzen Bundesland realisiertwird. Wir danken daher dem Schulpräsidenten im Regierungspräsidium Karlsruhe, Herrn Prof.Dr. Werner Schnatterbeck, der Referatsleiterin des Referates 75 – Allgemein bildende Gymnasien,Frau Leitende Regierungsschuldirektorin Dagmar Ruder-Aichelin, Herrn Jurke und Frau Reinhardvom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport sowie dem Koordinator der Deutschen Schüler-und JuniorAkademien in Bonn, Herrn Volker Brandt.Wie in jedem Jahr fanden die etwas über einhundert Gäste sowohl während des Eröffnungswo-chenendes und des Dokumentationswochenendes als auch während der zwei Wochen im Sommereine liebevolle Rundumversorung am Eckenberg-Gymnasium mit dem Landesschulzentrum fürUmwelterziehung (LSZU) in Adelsheim. Stellvertretend für alle Mitarbeiter möchten wir uns fürdie Mühen, den freundlichen Empfang und den offenen Umgang mit allen bei Herrn Oberstudiendi-rektor Meinolf Stendebach, dem Schulleiter des Eckenberg-Gymnasiums, und Herrn BürgermeisterKlaus Gramlich besonders bedanken.Zuletzt sind aber auch die Kurs- und KüA-Leiter gemeinsam mit den Schülermentoren und derAssistenz des Leitungsteams diejenigen, die mit ihrer hingebungsvollen Arbeit das Fundament derAkademie bilden. Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle Jörg Richter, der auch in diesem Jahrfür die Gesamterstellung der Dokumentation verantwortlich war.Diejenigen aber, die die Akademie in jedem Jahr einzigartig werden lassen und die sie zum Lebenerwecken, sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Deshalb möchten wir uns bei ihnen undihren Eltern für ihr Vertrauen ganz herzlich bedanken.

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