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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 27.08.2013 Dossier „Ökonomie mit Energie“ Ausgabe 91, 2013 1. Artikel: Verseuchtes Meer vor Fukushima (08.08.2013) 2. Artikel: Strahlenlecks belasten Tepco (21.08.2013) „Radioaktiv verseuchtes Wasser bleibt eines der größten Probleme im havarierten Atomkraftwerk (AKW) Fukushima 1. […] Schlimmer noch, Tepco schürt das Misstrauen, das volle Ausmaß der Krise gezielt zu verschleiern. Den steten Strom radioaktiv verseuchten Grundwassers ins Meer gab das Unternehmen erst zu, nachdem die Atomaufsicht ihn als sehr wahrscheinlich bezeichnet hatte.“ Verortung v. a. im Themenbereich „Umweltschutz“ 1.Fassen Sie die bisherigen Folgen des Atomunfalls von Fukushima zusammen. 2.Benennen Sie die aktuell größten Probleme. 3.Setzen Sie sich mit der Vorgehensweise des Unternehmens Tepco auseinan- der. Bewerten Sie dessen Kommunikationspolitik. 3. Artikel/Grafiken: Schlechte Noten für die Energiewende (13.08.2013) „Wirtschaft und Verbraucher sind sich in einem Punkt einig: Die Umsetzung der Energiewende lässt zu wünschen übrig. Beide Seiten eint außerdem die Angst vor steigenden Energiepreisen. Die Politik soll nun möglichst schnell Abhilfe schaffen, fordern unisono der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).“ Hierbei stützen sie sich auf die Ergebnisse aktueller Umfragen. Verortung v. a. in den Themenbereichen „Energiepolitik“, „Energie und Makroökonomie“ und „Energiemix der Zukunft“ 1. Fassen Sie die zentralen Ergebnisse der beiden im Artikel genannten Um- fragen zusammen. 2. Geben Sie die wesentlichen Kritikpunkte vonseiten der Verbraucher- und Unternehmensverbände bez. der Umsetzung der Energiewende wieder. 3. Erläutern Sie die in diesem Zusammenhang an die Politik gerichteten For- derungen. 1 5 10 15 20 25 30

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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 27.08.2013

Dossier „Ökonomie mit Energie“

Ausgabe 91, 2013

1. Artikel: Verseuchtes Meer vor Fukushima (08.08.2013)2. Artikel: Strahlenlecks belasten Tepco (21.08.2013)

„Radioaktiv verseuchtes Wasser bleibt eines der größten Probleme im havariertenAtomkraftwerk (AKW) Fukushima 1. […] Schlimmer noch, Tepco schürt dasMisstrauen, das volle Ausmaß der Krise gezielt zu verschleiern. Den steten Stromradioaktiv verseuchten Grundwassers ins Meer gab das Unternehmen erst zu,nachdem die Atomaufsicht ihn als sehr wahrscheinlich bezeichnet hatte.“

Verortung v. a. im Themenbereich „Umweltschutz“

1.Fassen Sie die bisherigen Folgen des Atomunfalls von Fukushima zusammen.

2.Benennen Sie die aktuell größten Probleme.

3.Setzen Sie sich mit der Vorgehensweise des Unternehmens Tepco auseinan-der. Bewerten Sie dessen Kommunikationspolitik.

3. Artikel/Grafiken: Schlechte Noten für die Energiewende (13.08.2013)

„Wirtschaft und Verbraucher sind sich in einem Punkt einig: Die Umsetzung derEnergiewende lässt zu wünschen übrig. Beide Seiten eint außerdem die Angst vorsteigenden Energiepreisen. Die Politik soll nun möglichst schnell Abhilfe schaffen,fordern unisono der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) und derBundesverband der Deutschen Industrie (BDI).“ Hierbei stützen sie sich auf dieErgebnisse aktueller Umfragen.

Verortung v. a. in den Themenbereichen „Energiepolitik“, „Energie undMakroökonomie“ und „Energiemix der Zukunft“

1. Fassen Sie die zentralen Ergebnisse der beiden im Artikel genannten Um-fragen zusammen.

2. Geben Sie die wesentlichen Kritikpunkte vonseiten der Verbraucher- undUnternehmensverbände bez. der Umsetzung der Energiewende wieder.

3. Erläutern Sie die in diesem Zusammenhang an die Politik gerichteten For-derungen.

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4. Diskutieren Sie, inwieweit die Realisierung der Energiewende von der brei-ten Unterstützung der Gesellschaft abhängt. Begründen Sie Ihre Einschät-zungen.

4. Artikel/Karikatur/Grafik: RWE schaltet erste Kraftwerke ab(15.08.2013)

„RWE-Chef Peter Terium zieht Konsequenzen aus dem drastischen Preisverfall anden Strombörsen durch den Ökostromboom: Der Energiekonzern nimmt die erstenKraftwerke vom Netz, weil sie sich nicht mehr lohnen. Im ersten Halbjahr 2013 warder operative Gewinn in der konventionellen Stromerzeugung - also den Kernkraft-,Kohle- und Gaskraftwerken - um fast zwei Drittel eingebrochen.“

Verortung v. a. in den Themenbereichen „Wertschöpfung“, „Energiepolitik“und „Rahmenbedingungen der Energiewirtschaft“

1. Ermitteln Sie die Entwicklung der Preise an der deutschen Strombörse in der jüngsten Vergangenheit.

2. Erschließen Sie sich die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Preisbil-dung. Arbeiten Sie insbesondere die Wirkung des Ausbaus der erneuerba-ren Energien heraus.

3. Fassen Sie hierauf bezugnehmend die Entscheidung der RWE-Konzernfüh-rung zusammen.

4. Geben Sie die Prognosen bez. der weiteren Branchenentwicklung wieder.

5. Setzen Sie sich mit möglichen Folgen für die Energiewende auseinander, sollten weitere konventionelle Kraftwerke vom Netz gehen.

5. Artikel/Grafiken: Die großen Baustellen der Energiewende (16.08.2013)

„Als Bundeskanzlerin Angela Merkel am 9. Juni 2011 dem Bundestag erklärte, wiedie Energiewende gelingen soll, versprach sie ,eine neue Architektur derEnergieversorgung‘. Heute, drei Jahre später, ist die Energiewirtschaft eine Baustelle.Kraftwerke, die bisher für die Stabilität der Stromversorgung wichtig waren, gehenvom Netz, gleichzeitig werden neue geplant. Im Süden Deutschlands werdenmassenhaft Photovoltaik-Anlagen auf Dächern installiert, während vor den Küstenvon Nord- und Ostsee große Offshore-Windparks geplant sind. Damit Deutschlandden gewaltigen Umbau ohne Blackouts bewältigen kann, sind große Stromtrassen vonNord nach Süd und von West nach Ost und leistungsstarke Stromspeicher nötig. Das

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Marktforschungsunternehmen Trendresearch hat für das Handelsblatt eineDeutschlandkarte [Grafiksammlung] der Energiewende erarbeitet und denInvestitionsbedarf errechnet.“

Verortung v. a. in den Themenbereichen „Rahmenbedingungen derEnergiewirtschaft“, „Energiepolitik“ und „Energiemix der Zukunft“

1. Analysieren Sie die Grafiken und beschreiben Sie jeweils, was diese darstel-len.

2. Benennen Sie die zentralen Herausforderungen hinsichtlich der Realisie-rung der Energiewende.

3. Ermitteln Sie die derzeit zu erkennenden größten Hindernisse. ErschließenSie sich die hieraus resultierenden Aufgaben für die politischen Entschei-dungsträger.

6. Artikel: Unter Spannung (16.08.2013)

In weiten Teilen des Landes formiert sich Bürgerwiderstand gegen die Errichtungneuer, im Zuge der Energiewende benötigter Stromtrassen. „Nun wollen Politik undKonzerne den Bürger geschmeidiger machen. Und zwar mit Geld. ,Bürgerdividende‘,nennt Umweltminister Peter Altmaier das. Wer Hochspannungsleitungen, Windparks& Co in seiner Nähe wähnt, soll über Beteiligungen dazu gebracht werden, denWiderstand aufzugeben.“ Das Unternehmen Tennet wirbt hierfür in Nordfriesland,stößt jedoch vielerorts auf Skepsis.

Verortung v. a. in den Themenbereichen „Wertschöpfung“, „Energiepolitik“und „Energiemix der Zukunft“

1. Erklären Sie, was im Rahmen der Stromtrassenerrichtung unter der Bürger-dividende verstanden wird. Erläutern Sie die mit ihrer Ausgabe verfolgtenZielsetzungen.

2. Erschließen Sie sich das konkrete Vorhaben des Unternehmens Tennet inNordfriesland. Bewerten Sie dessen Erfolg und arbeiten Sie hierbei beste-hende Hürden heraus.

3. Beschreiben Sie die unterschiedlichen, im Artikel vorgestellten Modelle zurBürgerbeteiligung an Netzbauvorhaben. Charakterisieren Sie die Merkma-le der erfolgreichen Vorgehensweisen.

4. Diskutieren Sie, inwieweit die Ausgabe von Bürgerdividenden generell ge-eignet scheint, den Netzausbau zu beschleunigen.

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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 27.08.2013

7. Artikel/Grafiken: Die Windpark-Sanierer (20.08.2013)

Rund um die Energiewende entstehen neue Branchen und Unternehmen. „DasUnternehmen Kaiserwetter bringt beispielsweise in Not geratene Ökostromanlagenwieder auf Vordermann.“

Verortung v. a. in den Themenbereichen „Wertschöpfung“ und „Energiemix derZukunft“

1. Beschreiben Sie die Geschäftsidee des Unternehmens Kaiserwetter.

2. Legen Sie dar, inwieweit dieses erst im Zuge der Energiewende entstehenkonnte bzw. von dieser profitiert.

3. Ermitteln Sie weitere Beispiele von Unternehmen, die sich im Zuge der Um-gestaltung des Energiesektors entwickelt haben.

8. Artikel/Grafik: Umweltminister Altmaier: Viel Lärm um wenig(21.08.2013)

Im Vorfeld der Bundestagswahl unterzieht das Handelsblatt BundesumweltministerPeter Altmaier einem Ministercheck und bewertet seine bisherigen politischenErfolge.

Verortung v. a. in den Themenbereichen „Energiepolitik“ und „Energiemix derZukunft“

1. Arbeiten Sie die wesentlichen Aufgaben heraus, denen sich Bundesumwelt-minister Altmaier in seiner bisherigen Amtszeit stellen musste.

2. Ermitteln Sie seine wichtigsten Vorhaben und Projekte und geben Sie dieBewertung des Handelsblatt-Redakteurs bez. der gezeitigten Erfolge wie-der.

3. Überprüfen Sie, inwieweit sich der Bundesumweltminister einer Vielzahlvon Interessengruppen gegenübersieht. Verdeutlichen Sie dies am Beispielder Fracking-Diskussion.

9. Artikel/Grafik: Siemens verankert erste Energie-Plattform im Meer(26.08.2013)

„Nach Informationen des Handelsblatts aus Unternehmenskreisen gelang Siemens dieerste Installation einer 15 000-Tonnen-Plattform für die Offshore-Windparks in derNordsee. ,Allen ist ein Stein von Herzen gefallen', sagte ein Siemens-Manager. Mit

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der erfolgreichen Installation sehen auch die Perspektiven für die Energiewende inDeutschland wieder besser aus. Bislang hatten die Offshore-Plattformen, über die dieWindparks an das Stromnetz am Festland angeschlossen werden, Siemens nur Ärgerbereitet. Obwohl technologisches Neuland betreten wurde - so große Plattformen soweit weg von der Küste hatte noch niemand gebaut - , nahm Siemens gleich vierAufträge auf einmal an. Der Konzern unterschätzte die technischenHerausforderungen und das komplizierte Genehmigungsverfahren. Die Folge: Dreider vier Siemens-Projekte hinken dem Zeitplan etwa ein Jahr hinterher. Bislang führtedas zu Verlusten von rund 700 Millionen Euro, vor allem, weil hohe Vertragsstrafenfällig waren.“

Verortung v. a. in den Themenbereichen „Wertschöpfung“,„Rahmenbedingungen der Energiewirtschaft“ und „Energiemix der Zukunft“

1. Benennen Sie die bisherigen Aktivitäten des Siemens-Konzerns im Zuge derEnergiewende.

2. Erläutern Sie, inwieweit diese dem Unternehmen bislang „Ärger bereitethaben“. Erschließen Sie sich die Ursachen hierfür.

3. Arbeiten Sie vor diesem Hintergrund die Bedeutung der Verankerung derersten Energie-Plattform im Meer für das Unternehmen heraus.

4. Erörtern Sie dabei auch die Auswirkungen für die gesamte Energiewende.Setzen Sie sich mit den Abhängigkeiten zwischen unternehmerischen Aktivi-täten und den energiepolitischen Plänen und Zielsetzungen auseinander.

10. Artikel: Windkraft auf hoher See soll billiger werden (26.08.2013)11. Artikel: Politik und Wirtschaft kämpfen für die Offshore-Branche(27.08.2013)

Der Aufbau von Offshore-Windparks stellte eine der Säulen der politischentschiedenen Energiewende dar. Wiederholte Anschlussprobleme, zunehmend lauterwerdende Kritik an den Kosten sowie der Rückzug von Investoren lassen die Zukunftder Pläne nach der Bundestagswahl jedoch unsicher erscheinen. Hiergegen wehrensich Politik und Wirtschaft der norddeutschen Bundesländer, in denen die Offshore-Branche und ihre Zulieferer mittlerweile eine hohe Bedeutung haben.

Verortung v. a. in den Themenbereichen „Wertschöpfung“,„Rahmenbedingungen der Energiewirtschaft“ und „Energiemix der Zukunft“

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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 27.08.2013

1. Geben Sie die ursprünglichen Pläne der Bundesregierung bez. des Ausbausder Offshore-Windkraft in Deutschland wieder. Überprüfen Sie, inwieweitder Zeitplan eingehalten wird.

2. Erschließen Sie sich die derzeit größten Herausforderungen für den Offsho-re-Windparkausbau.

3. Fassen Sie die Kritik an den Kosten dieser Form der Energiegewinnung zu-sammen. Stellen Sie dabei die Argumente der Befürworter und Gegner ein-ander gegenüber.

4. Erläutern Sie die Position der norddeutschen Politik- und Wirtschaftsvertre-ter in dieser Diskussion. Geben Sie ihre Forderungen wieder und arbeitenSie ihre Motive und Zielsetzungen heraus.

12. Artikel: EEG: Das Ende eines Erfolgsmodells (27.08.2013)

„Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) galt jahrelang als Erfolgsmodell und wurdevon vielen Ländern übernommen. Doch mit dem rasanten Ausbau derStromerzeugung aus Wind, Sonne, Biomasse und Wasser wachsen die Probleme.Während die Parteien das EEG noch für reformierbar halten, sind Fachleute schoneinen Schritt weiter. ,Das EEG in der heutigen Form sollten wir abschaffen‘, sagte derChef der Deutschen Energie-Agentur (Dena), Stephan Kohler, dem Handelsblatt.Kohler spricht sich dafür aus, den Ausbau von Windrädern und Solaranlagen nur nochzuzulassen, wenn die Anlagen sich ins System integrieren lassen.“

Verortung v. a. in den Themenbereichen „Energiepolitik“ und„Rahmenbedingungen der Energiewirtschaft“

1. Ermitteln Sie die wesentlichen Eckpunkte des Erneuerbare-Energien-Geset-zes (EEG). Erklären Sie dabei u. a., was unter dem Einspeisevorrang ver-standen wird.

2. Fassen Sie die Kritik des Chefs der Deutschen Energie-Agentur (Dena), Ste-phan Kohler, am bestehenden Regelkonstrukt zusammen.

3. Arbeiten Sie seine Änderungsvorschläge heraus. Erläutern Sie, inwieweitdiese zu einer grundlegenden Umgestaltung der Rechtsgrundlage führenwürden.

4. Stellen Sie seine Forderungen den Aussagen der großen politischen Partei-en gegenüber und erschließen Sie sich die zu erkennenden Unterschiede.

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Verseuchtes Meer vor Fukushima

Japans Regierung schlägt Alarm: Seit Jahren fließt radioaktives Wasser in den Pazi-fik.

Seit zwei Jahren fließt radioaktiv verseuchtes Wasser aus dem japanischen Fukushi-ma-Reaktor ständig ins Meer. Derzeit seien es schätzungsweise 300 Tonnen pro Tag,sagte ein Vertreter des Industrieministeriums. Premierminister Shinzo Abe schaltetesich ein und warf dem Kernkraftwerksbetreiber Tepco vor, mit der Lage überfordertzu sein. „Statt sich auf Tepco zu verlassen, wird die Regierung selbst Maßnahmen er-greifen“, sagte er. Zunächst will man das ausströmende verseuchte Wasser auf 60Tonnen pro Tag eindämmen. Wie es komplett zu stoppen ist, ist unklar. Der Konzernhat Probleme mit einer Wassersperre eingeräumt.

Im Atomkraftwerk Fukushima, das gut 200 Kilometer nördlich von Tokio steht, gabes im März 2011 nach einem verheerenden Tsunami eine Kernschmelze, weil dieKühlsysteme der Anlage versagten. Von den Bergen oberhalb der strahlenden Ruineläuft nun Grundwasser in den Komplex, vermischt sich mit dem verseuchten Kühl-wasser und sucht sich dann den Weg ins Meer. Tepco hat versucht, das Wasser ausden Bergen umzuleiten - ohne Erfolg. Nachdem das Unternehmen lange bestritten hat-te, dass Wasser in den Pazifik fließt, räumte es nun die Verseuchung des Meeres ein.

Schätzungen zufolge werden die Sanierungsarbeiten für das Kraftwerk rund 40 Jahredauern und mindestens acht Milliarden Euro kosten. Ungeachtet der Dauerproblememit dem Reaktor plant die Regierung den Wiedereinstieg in die Produktion von Atom-strom. Derzeit laufen noch zwei der 50 Reaktoren. Die ersten vier modernisiertenMeiler sollen im Sommer 2014 wieder ans Netz.

Quelle: Reuters, Handelsblatt, Nr. 151, 08.08.2013, 11

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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 27.08.2013

Strahlenlecks belasten Tepco

Verseuchtes Wasser läuft aus.

Radioaktiv verseuchtes Wasser bleibt eines der größten Probleme im havarierten Atomkraftwerk (AKW) Fukushima 1. Erst musste der Betreiber, der Tokioter Stromversorger Tepco, einräumen, dass wie befürchtet doch strahlendes Wasser aus dem AKW ins Meer strömt. Am Dienstag schob der Konzern nun den Befund nach, dass 300 Tonnen hochstrahlendes Wasser aus einem der 350 Behelfstanks geleckt ist, in denen das Kühlwasser der Krisenmeiler lagert. Laut Tepco hat ein Mitarbeiter am Montag an einem Tank Pfützen entdeckt. Messungen ergaben eine Strahlung von 100 Millisievert pro Stunde in 50 Zentimeter Höhe. Dies ist fünf Mal höher, als einem Arbeiter innerhalb eines Jahres zugemutet wird. Das Strahlungsniveau veranlasste die Atomaufsicht, erstmals seit der Atomkatastrophe vom März 2011 einen Zwischenfall auf der internationalen Skala für Atomunfälle (Ines) einzustufen. Die neu gegründete Behörde sieht das Leck als Störung, als Level-1-Vorfall an - die zweitniedrigste Stufe einer achtstufigen Skala. Aber der Zwischenfall verstärkt den Eindruck, dass Tepco die Folgen der Katastrophe nicht aus eigener Kraft bewältigen kann.

Schlimmer noch, Tepco schürt das Misstrauen, das volle Ausmaß der Krise gezielt zu verschleiern. Den steten Strom radioaktiv verseuchten Grundwassers ins Meer gab dasUnternehmen erst zu, nachdem die Atomaufsicht ihn als sehr wahrscheinlich bezeichnet hatte. Inzwischen rechnen die Experten mit 300 Tonnen Wasser täglich. Der Chef der Atomaufsicht, Shunichi Tanaka, entzog Tepco daraufhin im Juli öffentlich das Vertrauen: „Wir müssen überlegen, ob wir uns nur auf Daten verlassen, die Tepco uns liefert.“ Diesen Monat kündigte dann Regierungschef Shinzo Abe an, dem nach einer Kapitalspritze de facto verstaatlichten Stromkonzern direkt zu helfen: „Die Regierung wird Schritte ergreifen, das Problem anzupacken, anstatt alles Tepco machen zu lassen.“ Denn der Strom schlechter Nachrichten aus Fukushima schürt den wenn auch stillen Widerstand gegen Abes Pläne. Der überzeugte Atomkraftfan will soschnell wie möglich alle noch funktionsfähigen, aber abgeschalteten Meiler wieder ans Netz bringen.

Doch für Tepco sind die Lecks und die wachsende Ungeduld der Atomaufsicht und Regierung nicht das einzige Problem. Der Antrag auf eine neue Sicherheitsüberprüfung für sein AKW Kashiwazaki-Kariwa in Niigata und damit dessen Wiedereinschaltung verzögert sich. Damit ist Tepcos Versprechen an seine Gläubiger, noch dieses Jahr vor Steuern wieder einen Gewinn auszuweisen, schon jetzt Makulatur. Tepco erwägt bereits, den Strompreis weiter zu erhöhen. Zudem beginnen auch der benachbarte Stromversorger Chubu Electric Power sowie japanische Großunternehmen, mit preiswerteren Strompreisen Tepco in seinem einstigen Regionalmonopol Großkunden abzujagen. Der Druck auf Tepco wächst damit weiter.

Quelle: Koelling, M., Handelsblatt, Nr. 160, 21.08.2013, 19

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Schlechte Noten für die Energiewende

Verbraucher und Wirtschaft sehen große Defizite der Politik.

Wirtschaft und Verbraucher sind sich in einem Punkt einig: Die Umsetzung der Ener-giewende lässt zu wünschen übrig. Beide Seiten eint außerdem die Angst vor steigen-den Energiepreisen. Die Politik soll nun möglichst schnell Abhilfe schaffen, fordernunisono der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) und der Bundesver-band der Deutschen Industrie (BDI).

„Es hilft nicht, den Leuten einzureden, die erneuerbaren Energien kosteten sie nichtmehr als eine Tasse Cappuccino“, sagte VZBV-Vorstand Gerd Billen. Die Politikmüsse sich stärker engagieren, um die Akzeptanz für die Energiewende zu erhalten.Im Vordergrund müsse die Steigerung der Kosteneffizienz stehen. Die Verbraucher-schützer stützen sich auf eine Forsa-Umfrage, die sie in Auftrag gegeben haben. Dem-nach finden zwar 82 Prozent der Verbraucher die Ziele der Energiewende „eher rich-tig“ oder „völlig richtig“. Bei der Bewertung der Umsetzung jedoch wendet sich dasBlatt: Nur 40 Prozent halten die Umsetzung für „eher richtig“ oder „völlig richtig“. 52Prozent der Verbraucher haben Angst vor steigenden Energiepreisen.

Billen fordert, die Kosten beim Umbau des Energieversorgungssystems „gerechter aufalle Schultern zu verteilen“. Die Befreiung energieintensiver Unternehmen von derUmlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sei „nicht okay“. Außerdemmüsse die Politik dafür sorgen, dass die niedrigen Preise an der Strombörse auch beimVerbraucher ankämen.

Die Verbraucherschützer sprechen sich außerdem dafür aus, den Ausbau der Erneuer-baren zu steuern und zu begrenzen. Insbesondere die ambitionierten Ziele der Bundes-regierung beim Ausbau der Windkraft auf hoher See sehen sie skeptisch. „Die Förde-rung der erneuerbaren Energien muss sich auf die günstigsten Technologien beschrän-ken. Solarenergie und Windenergie an Land haben einen deutlichen Kostenvorteil ge-genüber Offshore-Windanlagen vor der Küste“, sagte Holger Krawinkel, Energieex-perte beim VZBV.

Bestätigt sehen sich die Verbraucherschützer durch das Votum der Verbraucher. Nur32 Prozent der Befragten sprechen sich für den Ausbau der Offshore-Windkraft aus.

Auch die Wirtschaft betrachtet die Umsetzung der Energiewende mit Skepsis. Runddie Hälfte der Unternehmen stellt Bundesregierung und Ländern für das Managementder Energiewende die Note „mangelhaft“ oder „ungenügend“ aus. Das ist das Ergeb-nis einer Umfrage des BDI. Unter dem Strich steht die Note „Vier minus“. Lediglich3,4 Prozent der Befragten hielten das politische Management der Energiewende für„sehr gut“ oder „gut“. Eine große Mehrheit spricht sich für ein EU-weit einheitlichesFördersystem bei erneuerbaren Energien aus. „Die Unternehmen brauchen sicheren,sauberen und bezahlbaren Strom. Das sehen sie durch das dürftige Management derEnergiewende gefährdet“, sagte BDI-Präsident Ulrich Grillo.

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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 27.08.2013

Beide Umfragen belegen: Die nächste Bundesregierung muss das Thema möglichstschnell anpacken. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte in den vergangenen Wochenbereits mehrfach angekündigt, im Falle eines Wahlsieges stehe die Reform des EEGganz oben auf der Tagesordnung. Auch Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU),der im Frühjahr mit seinem Anlauf für eine „Strompreisbremse“ gescheitert war, hattekürzlich rasches Handeln angekündigt. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler(FDP) und FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle fordern ebenfalls einen Kurswechsel.

Allerdings ist eine Reform des EEG nur schwer umsetzbar. Die Bundesländer, gegenderen Widerstand die Bundesregierung wenig ausrichten kann, verfolgen stark ausge-prägte Eigeninteressen. Zwar haben sie der Bundesregierung zugesagt, sich auf einestärkere Koordinierung einzulassen. In der Praxis ist davon aber nicht viel zu spüren.

Quelle: Stratmann, K., Handelsblatt, Nr. 154, 13.08.2013, 9

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RWE schaltet erste Kraftwerke ab

Der Gewinn in der Stromproduktion ist dramatisch gesunken.

RWE-Chef Peter Terium zieht Konsequenzen aus dem drastischen Preisverfall an den Strombörsen durch den Ökostromboom: Der Energiekonzern nimmt die ersten Kraftwerke vom Netz, weil sie sich nicht mehr lohnen. Im ersten Halbjahr 2013 war der operative Gewinn in der konventionellen Stromerzeugung - also den Kernkraft-, Kohle- und Gaskraftwerken - um fast zwei Drittel eingebrochen.

Terium hatte Mitte Juli angekündigt, Kraftwerke mit einer Kapazität von 10 000 Megawatt „unter kritische Beobachtung“ zu stellen - ein Fünftel der Gesamtkapazität. Jetzt besiegelte er bereits die ersten Stilllegungen. RWE nimmt in Deutschland und den Niederlanden 3 100 Megawatt vom Markt.

„Viele unserer Kraftwerke schreiben inzwischen rote Zahlen“, sagte Finanzvorstand Bernhard Günther: „Wir erleben die größte Branchenkrise seit vielen Jahrzehnten.“

Und in der Tat haben alle Energiekonzerne mit dem Problem zu kämpfen. Eon hat Kapazitäten von 11 000 Megawatt auf dem Prüfstand, von denen mindestens 6 500 Megawatt stillgelegt werden. Vor allem Gaskraftwerken setzt der politisch geförderte Boom von Wind- und Solarstrom zu. Weil dieser vorrangig ins Netz eingespeist wird, schrumpft der Markt für die konventionellen Kraftwerke. So sinken die Preise an den Strombörsen. Eine Megawattstunde zur Lieferung 2014 wird zurzeit mit 36 Euro gehandelt. Das ist so wenig wie seit 2005 nicht mehr und 40 Prozent weniger als im März 2011, vor der Reaktorkatastrophe in Fukushima.

Und weil vor zweieinhalb Jahren die Preise noch viel höher lagen, ist klar, dass die aktuellen Probleme nur der Auftakt sind. RWE verkauft traditionell Strom über mehrere Jahre verteilt am Terminmarkt. Das heißt, derzeit profitiert der Konzern noch von den höheren Notierungen, die vor zwei, drei Jahren erzielt wurden. „Dieser Preisvorteil wird im Laufe der Zeit verschwinden, und die Krise wird uns dann mit voller Wucht treffen“, sagte Günther.

Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) konnte RWE nur dank Sondereffekten steigern - um 9,1 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro. Darin enthalten ist die Überweisung von rund einer Milliarde Euro von Gazprom. Ein Schiedsgericht hatte RWE eine Kompensationszahlung für zu hohe Gaspreise zugesprochen.

Das Nettoergebnis sank um 38 Prozent auf 980 Millionen Euro. Darin enthalten ist unter anderem eine hohe Abschreibung in den Niederlanden. Und auch in Deutschlandkommt eine zusätzliche Belastung auf RWE zu. Das neue Gesetz zur Suche eines Atommüllendlagers kostet RWE über die Jahre hinweg wohl 1,1 Milliarden Euro. In diesem Jahr belastet dies den Konzern mit 400 Millionen Euro. Finanzvorstand Günther kündigte aber an, das Gesetz „rechtlich prüfen“ zu lassen. Die Aktie verlor zwischenzeitlich fünf Prozent.

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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 27.08.2013

Angesichts der schwierigen Lage wird RWE-Chef Terium das bestehende Sparziel von einer Milliarde Euro „mindestens verdoppeln“, wie es in Konzernkreisen heißt. Darüber wird er den Aufsichtsrat im September informieren - und mit den Mitarbeitern verhandeln.

Günther wollte sich dazu während der Telefonkonferenz nicht explizit äußern. Er bestätigte aber, dass RWE weitere Einsparungen plant: „Es zeichnet sich klar ab, dass wir künftig deutlich weniger Mitarbeiter beschäftigen werden.“

Quelle: Flauger, J., Handelsblatt, Nr. 156, 15.08.2013, 17

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Die großen Baustellen der Energiewende

Bis 2022 will die Bundesregierung komplett aus der Atomenergie ausgestiegen sein.Dafür muss sie die gesamte deutsche Energieversorgung umbauen.Schafft sie das?Ein Überblick über den Stand der Dinge.

Als Bundeskanzlerin Angela Merkel am 9. Juni 2011 dem Bundestag erklärte, wie die Energiewende gelingen soll, versprach sie „eine neue Architektur der Energieversorgung“. Heute, drei Jahre später, ist die Energiewirtschaft eine Baustelle.

Kraftwerke, die bisher für die Stabilität der Stromversorgung wichtig waren, gehen vom Netz, gleichzeitig werden neue geplant. Im Süden Deutschlands werden massenhaft Photovoltaik-Anlagen auf Dächern installiert, während vor den Küsten von Nord- und Ostsee große Offshore-Windparks geplant sind. Damit Deutschland den gewaltigen Umbau ohne Blackouts bewältigen kann, sind große Stromtrassen von Nord nach Süd und von West nach Ost und leistungsstarke Stromspeicher nötig.

Das Marktforschungsunternehmen Trendresearch hat für das Handelsblatt eine Deutschlandkarte der Energiewende erarbeitet und den Investitionsbedarf errechnet.

Und es gibt noch viel zu tun: Die meisten Großprojekte sind noch im Planungsstadium. Gleichzeitig sinkt die gesicherte Leistung: Das ist der Anteil der Stromproduktion, mit dem sich verlässlich - ohne beispielsweise vom Wetter abhängig zu sein - planen lässt. Der ist in Kern- und Kohlekraftwerken naturgemäß höher als bei witterungsabhängigen Wind- und Solaranlagen.

Quelle: Handelsblatt, Nr. 157, 16.08.2013, 46

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Unter Spannung

Bürger sollen vom Ausbau der Netze und Ökokraftwerke profitieren - und dafür ihren Widerstand aufgeben.So will es die Politik.Was aber, wenn die Bürger sich anders geholfen haben?

Die große Vision von der Energiewende verliert sich an diesem Vormittag in den kleinen Details. „Was ist denn diese Hybridanleihe?“, will der Bürger in himmelblauem Cord-Sakko und weißen Sportschuhen wissen. Der Berater im dunklenSakko, den der Stromnetzbetreiber Tennet ins friesische Niebüll geschickt hat, lächelt.„Das können Sie sich wie eine Mischung aus Fremd- und Eigenkapital vorstellen.“ „Und, kann ich das kündigen?“ „Nur das Unternehmen hat ein Kündigungsrecht.“ „Aber die Depot-Kosten muss ich von der Rendite abziehen?“ „Ja, das legen die Banken so fest.“ Der Bürger im Cord nickt bedächtig. So kompliziert hat er sich das Werben um seine Gunst nicht vorgestellt.

Der Tennet-Konzern präsentiert an diesem Vormittag Anfang August seine „Bürgeranleihe“. Fünf Prozent Zinsen, lange Laufzeit. Zeichnen dürfen Anwohner ausDithmarschen und Nordfriesland. Im Gegenzug möchte die Stromfirma über die Region 150 Kilometer der Westküstenleitung bauen, eine der Nord-Süd-Trassen zum Stromtransport. Ein fairer Deal, meint Tennet. „Mal abwarten“, meinen die Friesen.

So sieht es aus, wenn Staat und Wirtschaft den Bürger gewinnen wollen. Der Strom indiesem Land soll von 2022 an großteils aus Wind, Sonne, Wasser und Biogas stammen. Das findet der Bürger auch gut, 82 Prozent sogar laut einer Studie der Verbraucherzentralen. Was der Bürger nicht so gut findet: Dazu wird demnächst das ein oder andere Windrad in seinem Blickfeld stehen und so manche Stromleitung an seinem Vorgarten vorbeilaufen. Dagegen protestiert der Bürger, weswegen sich das Gesamtprojekt Energiewende als zäh zu verwirklichen erweist. Nun wollen Politik und Konzerne den Bürger geschmeidiger machen. Und zwar mit Geld. „Bürgerdividende“, nennt Umweltminister Peter Altmaier das. Wer Hochspannungsleitungen, Windparks & Co in seiner Nähe wähnt, soll über Beteiligungen dazu gebracht werden, den Widerstand aufzugeben.

Die Frage ist, ob die Politik damit nicht etwas spät kommt. Denn längst hat sich eine Parallel-Stromgesellschaft gebildet. Während RWE, Eon und die anderen noch ächzen, was ihnen die Energiewende abverlangt, Netzbetreiber keine Stromtrassen gebaut bekommen und Offshore-Windparks auf dem Meer Probleme haben, verdient der Bürger schon am Ausbau der Ökoenergie. Laut Genossenschaftsverband haben 130 000 Deutsche mehr als 1,2 Milliarden Euro in eigene Energieprojekte investiert. Die Hälfte davon seit Jahresbeginn. Das verbreitete Modell: Viele Bürger zeichnen jeweils für wenige Hundert bis Tausend Euro Anteile an einer Genossenschaft - und die investiert das Geld in Windparks, Biogasanlagen oder Stromnetze. Zwischen vier und 15 Prozent Rendite sind realistisch. So ist ein Wettlauf entstanden zwischen Konzernen wie Tennet, die mit der Bundesregierung um die Gunst der Anleger werben, und den Genossenschaften, in denen die Bürger selbst bestimmen.

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Hoch im Norden hält sich die Begeisterung noch in Grenzen. In einer Umfrage für Tennet haben zwar 82 Prozent angegeben, sie möchten vom Netzausbau profitieren. In der Praxis aber ist das Interesse mäßig. Einige Bürger bleiben im Amt Niebüll, in dem sich die Tennet-Mitarbeiter aufgebaut haben, stehen. Mal gibt es Verständnis, mal Ignoranz. Dabei sind die Friesen so betroffen wie niemand sonst. Im Norden entstehen die Offshore-Windparks, die den Süden mit Strom versorgen sollen. Dafür braucht es Netze. Die aber sind unbeliebt; sie überqueren Privatbesitz, lösen Ängste aus. Nichts, was Anwohner schön finden. Ein Teil des Geldes, das Tennet damit verdient, Stromleitungen durch die Landschaft zu unterhalten, soll deswegen bei den Anwohnern ankommen. Ihr Widerstand soll ihnen abgekauft werden.

Ulrike Hörchens würde das nie so sagen. Hörchens ist eine der vielen Kommunikationsspezialisten, die Tennet durch Norddeutschland reisen lässt. Sie spricht von einem ganzen Bündel an „Bürger-Dialogangeboten“ von Tennet. In der Tat hat sich der Konzern, der in niederländischem Staatsbesitz ist, einiges einfallen lassen, seitdem im Jahr 2011 die Planungen für die Westküstenleitung starteten. Der Bürger darf Vorschläge einbringen, er wird angehört. Kern der Charmeoffensive aber ist die Bürgeranleihe: ein Stück Vorgarten gegen Rendite. Das ist das Geschäft: drei Prozent auf die Zeichnungssumme ab sofort, fünf Prozent, wenn die Leitung 2017 arbeitet. Dann aber wird es kompliziert. Anders, als der Name vermuten lässt, investiert der Anleger nicht wirklich in die Stromleitung. „Eine direkte Beteiligung ist aus regulatorischen Gründen extrem kompliziert und kaum umsetzbar“, erklärt Hörchens. Also haben sie sich bei Tennet einen Trick überlegt: Die Konzernmutter aus den Niederlanden - wegen deren guten Ratings - begibt eine sogenannte nachrangige Hybridanleihe. Das Geld der Bürger und die Leitung haben also direkt nichts miteinander zu tun. Es geht eher um Kommunikation.

Das Problem ist nur: Verbraucherschützer warnen. Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz kritisiert, dass die Anleger im Falle von wirtschaftlichen Schwierigkeiten Tennets als Gläubiger ganz hinten ständen. Zudem: „Es gibt keine feste Laufzeit“, sagt Kurz. Wer die Anleihe wieder loswerden will, muss sie über die Börse verkaufen - zu welchem Preis auch immer. Zwar hat die NordLB das Papier empfohlen. Aber Fakt ist: der Bürger ziert sich. 1 500 Menschen haben die Informationsunterlagen angefordert. 250 wirklich gezeichnet. Insgesamt kam so ein niedriger Millionenbetrag zusammen. Man lerne daraus, sagt Hörchens.

Kann die Tennet-Art von Bürgerdividende das sein, was die Politik unter Bürgerbeteiligung versteht? Vielleicht muss man den Blick nach Südwesten wenden, um die Zurückhaltung im Norden zu verstehen. Dort, in einem Ort im Schwarzwald, scheint zu klappen, womit sie in Schleswig-Holstein kämpfen. Das Problem: Das Modell dort ist eines, das die Großkonzerne nicht so gerne sehen. Eins, das aus der Energiewende ein Projekt der Bürger macht. Die Speerspitze der Energierevolution dort ist Axel Schutzbach. Ein Anwalt aus Titisee-Neustadt im Schwarzwald. Auch er beteiligt Bürger, auch er verspricht eine Bürgerdividende. Und vielleicht liegt hier schon einer der Gründe, warum im Schwarzwald klappt, was in Friesland noch stockt:Schutzbach verkauft keine Anlageprodukte an irgendwas. Schutzbach beteiligt Bürgerdirekt an Windparks und Stromleitungen.

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Dafür haben sie unter Leitung des Anwalts eine Genossenschaft gegründet. Dieser gehört zusammen mit zwei Partnern das komplette Stromnetz der Gemeinde. Jede Kilowattstunde, die dort durchgeleitet wird, wirft einige Cent für die Genossen ab. Gleichzeitig bestimmen sie über die Durchleitungskosten selbst - was sich auf den Strompreis in ihrer Rolle als Kunden auswirkt. Eine „Win-win-Situation“ nennt Schutzbach das. 110 Genossen haben Anteile über mehr als 200 000 Euro gezeichnet. „Das Geld ist ja da“, sagt Schutzbach. „Die Leute suchen angesichts der niedrigen Zinsen händeringend nach Anlagemöglichkeiten.“ In der Schwarzwald-Gemeinde wurden sie so die Herren über ihr Stromnetz. Natürlich ist das ortsansässige Verteilnetz nicht wirklich vergleichbar mit einem überregionalen Transportnetz, wie Tennet es in Nordfriesland derzeit plant. Aber die beiden Beispiele zeigen: Der Bürgermöchte nicht mit der Energiewende spekulieren, er möchte sie direkt vorantreiben, wenn er daran verdient.

Genossenschaften wie die in Titisee-Neustadt entstehen überall in Deutschland. 650 Energiegenossenschaften gibt es bereits. Die Hälfte davon ist in diesem Jahr entstanden. Sie schließen sich zusammen, um Windparks zu errichten, Stromnetze zu kaufen oder Biogasanlagen zu bauen. Es sind viele Landwirte dabei - sie betreiben elf Prozent aller Ökostrom-Anlagen - , aber auch normale Bürger. Etwa fünf Prozent auf den Genossenschaftsanteil erwirtschaftet eine Beteiligung am Stromnetz, etwa zehn Prozent gibt es für Windparks. Die Energiewende macht so aus dem oligopolartigen deutschen Strommarkt, den Eon, RWE, EnBW und Vattenfall beherrschten, ein dezentrales Geschäft mit Tausenden Anbietern. Zudem Schutzbach und seine Kollegen starke Vorbilder haben. Die Elektrizitätswerke Schönau (EWS) aus dem Schwarzwald sind Partner der Genossen aus Titisee-Neustadt. Die Schönauer betreiben seit 1997 ihr Netz selbst. „Die Energiewende setzt schließlich unbedingt eine Strukturwende, hin zu kleinen, dezentralen Anbietern, voraus“, sagt die Chefin, Ursula Sladek. Für ihre Genossen war das bisher eine Geschichte stetigen Wachstums:Das Stromnetz der EWS, dessen ersten Teil die Genossen 1997 der Kommune abkauften, hat sich vervielfacht, hinzu kamen 140 000 bundesweite Kunden, die ihren Strom bei den EWS kaufen, und zahlreiche Öko-Kraftwerke. Vier Prozent zahlte die Genossenschaft ihren Mitgliedern zuletzt auf den Anteil. In Schönau sind sie überzeugt: Wenn man die Bürger richtig an den positiven Folgen der Energiewende beteiligt, steigt die Unterstützung.Aber es gibt da ein paar Probleme: Die Tennet-Energiewende ist mit den etablierten Unternehmen der Branche umsetzbar. Sie setzt auf eine Logik der Größe: gigantische Offshore-Windparks, große Energiezentren, lange Übertragungswege. Ein Geschäft, das nur kapitalstarke Konzerne können. Im Gegenzug werben sie mit günstigem Strom und Versorgungssicherheit.Die Schwarzwald-Wende dagegen steht für eine Graswurzel-Revolution: Viele kleine Kraftwerksbetreiber schaffen zusammen auch eine große Energiewende. Sie bieten einüberschaubares Investitionsvolumen, eine kleinteilige Strominfrastruktur, die ohne ganz lange Leitungen und große Offshore-Parks auskommt. Sie müssen dagegen beweisen, dass sich auch große Industrieregionen zuverlässig versorgen können. Schaffen sie das, stellen sie die Frage nach der richtigen Alternative. Dann muss die Politik entscheiden, welche Energiewende sie möchte. Sich davor drücken, geht dann nicht mehr.

Quelle: Prange, S., Handelsblatt, Nr. 157, 16.08.2013, 50

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Die Windpark-Sanierer

Das Unternehmen Kaiserwetter bringt in Not geratene Ökostromanlagen wieder auf Vordermann.

Die Aufregung ist groß. Der Sturm reißt Dutzende Solarmodule vom Dach und schleudert sie auf die Straße. Er zerstört im Frühjahr 2012 die größte Aufdachanlage Spaniens. „Die Module waren auf der Dachmembrane mit einem Kleber montiert, der dafür völlig ungeeignet war“, erklärt Hanno Schoklitsch den Grund für das Debakel.

Der Österreicher ist Probleme wie dieses gewohnt. Schoklitsch leitet als Geschäftsführer und Gründer die Kaiserwetter GmbH in Hamburg. Sie hat sich als erster Dienstleister darauf spezialisiert, in finanzielle Not geratene Solar- und Windparks zu sanieren.

Zum Auftrag für die Riesenanlage in Spanien mit ihren 85 000 Modulen kam Schoklitsch über eine Bank. Die wandte sich an ihn, weil der ursprüngliche Eigentümer aus den Vereinigten Staaten pleiteging. Die Bank suchte jemanden, der die Anlage übernimmt und wieder technisch und finanziell auf Vordermann bringt.

Schoklitsch definiert seine Rolle so: „Wir sind kein Investor und kein Projektentwickler. Wir sind ein reiner, neutraler Dienstleister.“ Für ihn beginnt das Geschäft grundsätzlich erst, wenn ein Solar- und Windpark gebaut worden ist. Dann kümmert sich sein Unternehmen um die Instandhaltung, Buchführung & Controlling, die technischen Berichte und die Betreuung des Kreditgebers, sprich der Banken. Außerdem berät es Investoren beim Kauf und Verkauf von Solar- und Windkraftwerken.

Schoklitsch profitiert letztlich vom Boom bei Solar- und Windparks. Die Kapazität stieg allein in Deutschland seit 2007 von 22 247 auf über 31 307 Megawatt bei Wind- und von 4130 auf 32 400 Megawatt bei Solaranlagen. So manche Anlage, die in Rekordtempo entstand, bleibt jedoch hinter den Erwartungen weit zurück.

Ein Beispiel: Ein deutscher Windpark mit einer Leistung von 13,5 Megawatt, den Kaiserwetter betreut, sollte eigentlich knapp 22 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugen. In Wirklichkeit erreichte er diesen Wert kein einziges Mal seit 2004. Invielen Jahren lag er sogar deutlich darunter. „Wir erwarten, dass in Deutschland noch mehr Windparks in Schwierigkeiten geraten, weil sie mit einer zu optimistischen Ertragsprognose finanziert wurden“, sagt Schoklitsch.

Während Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee, die bis zu zwei Milliarden kosten, als risikoreich bekannt sind, hat mancher Investor die Risiken von Windenergie-Anlagen an Land übersehen. Denn die Windintensität schwankt stark von Jahr zu Jahr. So lag das Windaufkommen nach dem Index der Ingenieurwerkstatt Energietechnik (IWET) im Jahr 2007 in Deutschland um mehr als 30 Prozent über dem von 2003 (siehe Grafik).

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Wenn dann noch ein Windpark an einem nicht optimalen Standort steht, wo ohnehin weniger Wind bläst als sonst üblich, hat der Investor ein Problem. Er kann in diesem Fall nämlich die Kredite der Bank nicht mehr bedienen.

Schoklitsch kennt aber auch diverse Probleme, die unabhängig vom Wetter sind. Ein Solarpark steht zum Beispiel in der Nähe eines Zementwerks. „Der Zementstaub kanndie Module und die Produktionsleistung beeinträchtigen“, sagt er. Das wirkt wie Schmirgelpapier. Außerdem kann sich der Staub bei Regen zu Beton verbinden und die Module schädigen.

Kaiserwetter sieht sich aber nicht nur in der Rolle des Dienstleisters oder Troubleshooters. „Wir übernehmen die Parks auch langfristig“, sagt der Firmenchef. So betreibt das Unternehmen zurzeit 32 Wind- und 22 Solarkraftwerke mit einer Leistung von 470 Megawatt. Die meisten Windkraftanlagen stehen in Deutschland, die meisten Solarparks dagegen in Spanien.

Schoklitsch arbeitete lange in der Immobilienbranche und sanierte unter anderem die Immobilientochter der Bankgesellschaft Berlin. Der gelernte Bauingenieur übernahm von dänischen Investoren ein insolventes Unternehmen für erneuerbare Energien und gründete daraus im vergangenen Jahr Kaiserwetter. Der Name Kaiserwetter geht auf Kaiser Wilhelm I. zurück, der sich nur bei perfektem Sommerwetter zeigte, bei Kaiserwetter eben. Schoklitsch hält heute rund 75 Prozent des Kapitals, die 80 verbliebenen dänischen Investoren rund 25 Prozent.

Quelle: Weishaupt, G., Handelsblatt, Nr. 159, 20.08.2013, 20

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Umweltminister Altmaier: Viel Lärm um wenig

Umweltminister Peter Altmaier machte die Energiewende zu seinem Thema. Die Erfolge sind bescheiden.

Peter Altmaier mag's gern einfach und klar. Man müsse die Energiewende so erklären,dass sie auch seine betagte Mutter verstehe, sagt der Bundesumweltminister gerne. Dem CDU-Politiker ist es in den vergangenen Monaten gelungen, die Energiewende in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung zu rücken, drohende und bestehende Probleme anschaulich zu machen. Mit den Lösungen allerdings hapert es.

Das beste Beispiel liefert Altmaiers gescheiterter Versuch, die Kostensteigerung bei der Förderung erneuerbarer Energien mittels der von ihm ersonnenen „Strompreisbremse“ zu dämpfen. Altmaiers Plan umfasste mehrere Punkte, die auf erbitterten Widerstand stießen. Insbesondere die von ihm vorgesehenen nachträglichen Eingriffe in bereits bestehende Vergütungszusagen für die Betreiber von Windrädern und Photovoltaikanlagen sorgten für Empörung. Manche sahen gar die Investitionssicherheit am Standort Deutschland grundsätzlich in Gefahr. Die Ausnahmen für die Industriebetriebe, die nur stark reduzierte Beiträge zur Finanzierung der erneuerbaren Energien leisten, erwiesen sich für Altmaier ebenfalls als uneinnehmbare Bastion. Der Minister musste seine Strompreisbremse wieder einpacken. Das Kanzleramt erklärte, die Regierung verfolge das Thema nicht weiter.

Symptomatisch am Projekt „Strompreisbremse“: Altmaier überrascht mit einem kühnen Vorstoß, erntet hohe Aufmerksamkeit und große Schlagzeilen. Die wichtigsten Adressaten seiner Pläne jedoch fühlen sich vor den Kopf gestoßen, organisieren maximalen Widerstand. Altmaiers Kritiker werfen dem Minister vor, er verstehe es nicht, im Vorfeld Verbündete zu sammeln und so seine Vorschläge konsensfähig zu machen.

Gerade das jedoch hatte man sich von Altmaier erhofft. Als parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion gehörte das Kungeln mit dem Gegner zu seinen Lieblingsaufgaben. Doch mit der Übernahme des Ministeramtes von Norbert Röttgen scheint ihm davon viel verloren gegangen zu sein.

Für die Energiewende war das Theater um die Strompreisbremse fatal. Monatelang wurde die dringend erforderliche Grundsatzdebatte durch Altmaiers Plan überschattet und fiel schließlich ganz aus. Längst müsste es nicht mehr nur um Kostensenkungen beim Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gehen. Vielmehr braucht das Gesamtsystem eine Generalüberholung. Altmaier weiß das, zieht aber keine Konsequenzen.

Und so vollzieht sich die Energiewende in großen, völlig unkoordinierten Schritten. Der Ausbau der Erneuerbaren schreitet ohne sinnvolle Begrenzung oder Steuerung voran, fossile Kraftwerke gehen reihenweise vom Netz, weil ihr Betrieb sich nicht mehr lohnt. Bis weit in die nächste Legislaturperiode wird das nun so weitergehen. Denn ehe eine neue Regierung Gesetze beschließt, werden nach der Wahl im September Monate vergehen.

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Auch eine andere Baustelle verlässt Altmaier zum Ende der Legislaturperiode als Ruine. Er hatte sich des Themas Fracking angenommen und wollte hier die einschlägigen Gesetze so schärfen, dass die Förderung nichtkonventioneller Gasvorkommen mittels Verpressung von Flüssigkeit in tiefen Gesteinsschichten auf mittlere Sicht die Ausnahme bleibt. Altmaier wollte strenge Umweltauflagen, die den Unternehmen die Lust am Fracking nehmen. Doch am Ende waren es ausgerechnet Abgeordnete seiner eigenen Partei, denen die Pläne nicht weit genug gingen. Das Gesetzesvorhaben scheiterte. Ironie des Schicksals: Damit bleibt es bei der bestehenden Regelung, die das Fracking nach dem Bergrecht auch ohne weitreichendeUmweltprüfungen zulässt. Das hat Altmaier nun gar nicht gewollt.

Auf der Habenseite kann der Minister den Durchbruch bei der Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Müll verzeichnen. Es gelang ihm, gemeinsam mit dem Land Niedersachsen einen Kompromiss zu finden, dem zufolge die Suche nach einem Lager wieder bei null beginnt. Zwar gibt es noch eine Reihe von Unwägbarkeiten. So wollen sich die Kernkraftwerksbetreiber an der Suche nach neuen Standorten finanziell nicht beteiligen und der künftige Verbleib einiger Castoren aus England undFrankreich ist noch immer ungeklärt. Dennoch hat Altmaier mit dem Gesetz Bewegung in seit Jahren verhärtete Fronten gebracht.

Gemeinsam mit Wirtschaftsminister Philipp Rösler gelang Altmaier außerdem ein Durchbruch bei der Beschleunigung des Baus von Stromleitungen. Die Genehmigungsverfahren wurden gestrafft, die Zuständigkeiten für länderübergreifende Leitungen gebündelt.

Quelle: Stratmann, K., Handelsblatt, Nr. 160, 21.08.2013, 8

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Siemens verankert erste Energie-Plattform im Meer

Der Konzern zahlt Millionen-Strafen, weil Projekte stocken.

Viel zu feiern hatten sie bei Siemens zuletzt wahrlich nicht. Gewinnwarnungen und hohe Verluste bei Großprojekten kosteten am Ende Vorstandschef Peter Löscher den Job. Umso größer war der Jubel am vergangenen Freitag: Nach Informationen des Handelsblatts aus Unternehmenskreisen gelang dem Konzern die erste Installation einer 15 000-Tonnen-Plattform für die Offshore-Windparks in der Nordsee. „Allen ist ein Stein von Herzen gefallen“, sagte ein Siemens-Manager. Mit der erfolgreichen Installation sehen auch die Perspektiven für die Energiewende in Deutschland wieder besser aus.

Bislang hatten die Offshore-Plattformen, über die die Windparks an das Stromnetz amFestland angeschlossen werden, Siemens nur Ärger bereitet. Obwohl technologisches Neuland betreten wurde - so große Plattformen so weit weg von der Küste hatte noch niemand gebaut - , nahm Siemens gleich vier Aufträge auf einmal an. Der Konzern unterschätzte die technischen Herausforderungen und das komplizierte Genehmigungsverfahren. Die Folge: Drei der vier Siemens-Projekte hinken dem Zeitplan etwa ein Jahr hinterher. Bislang führte das zu Verlusten von rund 700 Millionen Euro, vor allem, weil hohe Vertragsstrafen fällig waren.

Die Herausforderungen beim Bau der Plattformen, die sieben Decks hoch sind, hat Siemens inzwischen im Griff. Ein Risiko waren nun noch die Verschiffung und die Installation auf hoher See.

Doch bei der Plattform Helwin ging alles glatt. „Damit sind wir auf der Zielgeraden für die Inbetriebnahme 2014“, schrieb der Chef der Siemens-Energieübertragungssparte, Karlheinz Springer, in einer internen Gratulations-E-Mail.

Mit der Plattform werden zwei Windparks angeschlossen, die 670 000 Haushalte mit Strom versorgen können. Die Plattform muss noch an das bereits verlegte Kabel angeschlossen werden, die Endabnahme könnte Mitte 2014 erfolgen. In der zweiten Jahreshälfte ist dann die kommerzielle Inbetriebnahme der Parks zu erwarten. Die Plattformen sind notwendig, weil die deutschen Offshore-Windparks wegen des Wattenmeeres weiter draußen liegen als anderswo. So steht Helwin 1 etwa 85 Kilometer vor der Küste nordwestlich von Helgoland. Bei der Stromübertragung über so große Entfernungen sind Hochspannungs-Gleichstrom-Leitungen (HGÜ) notwendig, was das Umspannen erfordert. Nach den massiven Verzögerungen geht es nun Schlag auf Schlag. Am Samstag wurde die nächste Plattform, Borwin 2, auf der Werft in Warnemünde ausgedockt. Sie soll noch vor dem Herbst vor Borkum installiert werden.

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Der Netzbetreiber Tennet hatte Aufträge für acht Netzanbindungen vergeben. Vier gingen an Siemens, drei an ABB und einer an Alstom. Die Verzögerungen sind kein Siemens-Problem, die Industrie insgesamt hat die Herausforderungen unterschätzt. So hatte ABB im Juli 2007, als Siemens den Auftrag für Helwin 1 erhielt, die Order für Dolwin 1 bekommen. Die Unternehmen gingen damals von einer Projektzeit von 33 Monaten aus. Laut Industriekreisen sind ABB und Siemens nun bei beiden Anlagen mit der gleichen Verzögerung zeitgleich fertig geworden. Auch ABB dürfte diese Woche die Installation von Dolwin 1 verkünden.

Mit den vier Projekten wird Siemens kein Geld verdienen. Das Auftragsvolumen für Helwin 1 lag bei 500 Millionen Euro. Siemens-Energievorstand Michael Süß hat bereits angedeutet, dass man so riesige Plattformen wohl nie wieder bauen wird. Die Industrie müsse kleinere, kostengünstigere Lösungen finden.

Quelle: Höpner, A., Handelsblatt, Nr. 163, 26.08.2013, 17

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Windkraft auf hoher See soll billiger werden

Die Branche gerät in die Defensive.Die nächste Bundesregierung entscheidet über dieZukunft der Technik.

Für seine Branche rechnet Jens Eckhoff mit dem Schlimmsten. Der Präsident der Stiftung Offshore-Windenergie befürchtet, dass die Windkraftnutzung auf hoher See nach den Bundestagswahlen einen Rückschlag erleidet, wenn die Politik die Weichen nicht richtig stellt. Das Problem: Die Stromgewinnung in Nord- und Ostsee steht in dem Verdacht, zu teuer zu sein. Eckhoff geht daher in die Offensive: Kürzlich präsentierte er eine Studie, die der Branche bis 2023 Kostensenkungspotenziale von bis zu 39 Prozent attestiert. Diese Zahlen sollen die Offshore-Windkraft attraktiv erscheinen lassen.

Ob das ausreicht, um die nächste Regierungskoalition gnädig zu stimmen? „Wir sind gespannt, wie es nach der Bundestagswahl weitergeht“, sagt Eckhoff. Er wünscht sich eine „zweite Welle von Investitionen“. Dazu müsste die in der nächsten Legislaturperiode anstehende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) für die Windkraftnutzung auf hoher See positiv ausfallen und langfristige Perspektiven für die Technik aufzeigen.

Die Offshore-Kritiker sehen das anders. „Die Förderung der erneuerbaren Energien muss sich auf die günstigsten Technologien beschränken. Solarenergie und Windenergie an Land haben einen deutlichen Kostenvorteil gegenüber Offshore-Windanlagen vor der Küste“, sagt Holger Krawinkel, Energieexperte beim Bundesverband der Verbrauchzentralen. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch der Think-Tank „Agora Energiewende“, der sich dafür ausspricht, den Ausbau der Windkraft auf hoher See zumindest zu verlangsamen.

Nach den Vorstellungen der Bundesregierung sollen bis 2020 Windparks mit einer Leistung von 10 000 Megawatt (MW) installiert sein, 2030 sollen es bereits 25 000 MW sein. 25 000 MW entsprechen der Leistung von 25 großen Kohlekraftwerken. Doch das Ziel liegt in weiter Ferne und wird auch innerhalb der Branche für kaum erreichbar gehalten. Im Moment sind erst wenige hundert MW installiert.

Für den schleppenden Ausbau gibt es verschiedene Ursachen. So sind die Bedingungen in Deutschland schwierig. Die Windparks liegen aus Gründen des Umweltschutzes bis zu 80 Kilometer von der Küste entfernt. Dort beträgt die Wassertiefe oft 40 Meter und mehr. Das macht die Gründungsarbeiten und die Errichtung aufwendig und teuer. Auch die Netzanbindung wird mit jedem Meter Entfernung von der Küste kostenträchtiger. Obendrein hat der für die Netzanbindung zuständige Netzbetreiber Tennet Probleme, mit den Anschlussarbeiten nachzukommen. So liefert etwa der kürzlich fertiggestellte Windpark Riffgat des Oldenburger Unternehmens EWE keinen Strom, weil noch 15 Kilometer Kabel fehlen. EWE und Tennet streiten, wer dafür die Verantwortung trägt.

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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 27.08.2013

Investoren sind angesichts der schwierigen Verhältnisse zurückhaltend. Wenn sich nicht die staatliche Förderbank KfW und die Europäische Investitionsbank mit Krediten stark engagierten, kämen viele Finanzierungen nicht zustande.

Die Branche will sich aber nicht geschlagen geben. In vielen norddeutschen Küstenregionen ist die Offshore-Windkraft tragender Wirtschaftsfaktor geworden, etwa in der durch den Zusammenbruch der Werftenindustrie gebeutelten Stadt Bremerhaven. Hier baut Weserwind, eine Tochter der Georgsmarienhütte, Stahlfundamente für Windräder, Areva produziert Turbinen. Auch Repower und Hochtief haben sich in Bremerhaven angesiedelt. Tausende Jobs sind entstanden. Landes- und Kommunalpolitiker sind daher große Fans der Offshore-Windkraft.

Das Argument, die Kosten der Offshore-Windkraft seien zu hoch, will die Branche nicht gelten lassen. Das EEG sieht für Offshore-Windräder in den ersten zwölf Jahren eine Vergütung von 15 Cent je Kilowattstunde vor, in den darauffolgenden acht Jahren sind es noch 3,5 Cent. „Das macht über die gesamten 20 Jahre zehn Cent je Kilowattstunde“, rechnet Ronny Meyer, Geschäftsführer des Windenergie-Netzwerks WAB, vor. Zum Vergleich: Die Anfangsvergütung für Windräder an Land beträgt in den ersten fünf Jahren 8,9 Cent, die Grundvergütung 4,87 Cent. Unberücksichtigt ist dabei aber, dass gerade der Ausbau der Offshore-Windkraft enorme Investitionen in die Netze erfordert, weil der Strom fernab der Verbrauchszentren produziert wird. Für die Offshore-Windkraft spricht dagegen, dass der stetige Wind auf hoher See für bessere Erträge als an Land sorgt.

Jens Eckhoff setzt auf Effizienzsteigerungen in den kommenden Jahren, um dem Kostenargument etwas entgegenzusetzen. „Wir sind bereit, uns auf eine Roadmap mit abprüfbaren Zielen einzulassen“, sagt er. Entscheidend sei, dass die Branche langfristige Investitionssicherheit bekomme.

Quelle: Stratmann, K./Weishaupt, G., Handelsblatt, Nr. 163, 26.08.2013, 24

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Politik und Wirtschaft kämpfen für die Offshore-Branche

Neue Allianz im Norden Deutschlands will die Meerwindparks retten.

Die fünf norddeutschen Bundesländer sorgen sich um die Zukunft der Windparks im Meer. Sie fordern von der Bundesregierung, dass sie schnell handelt, um Investitionenund Arbeitsplätze in der Offshore-Branche zu retten. Am Montag unterschrieben sie zusammen mit Unternehmen und der Gewerkschaft IG Metall den „Cuxhavener Appell“ zur Offshore-Industrie. Für die Projekte bis 2020 müsse Sicherheit über die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geschaffen werden, heißt esin dem Appell. „Offshore ist der Eckpfeiler der Energiewende“, sagte der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). Die Bundesregierung müsse endlich einen Koordinator einsetzen, der für die Energiewende Verantwortung übernehme.

Die Bundesregierung will, dass bis 2020 Windmühlen mit einer Leistung von 10 000 Megawatt im Meer stehen. Mehrere Nordsee-Windparks sind im Bau, zwei bereits fertig. Doch die Investoren haben viele Projekte auf Eis gelegt, weil es Probleme mit den Netzanschlüssen gibt. Auch besteht Verunsicherung über die wirtschaftlichen Grundlagen. Gerade wurde der Nordsee-Windpark „Riffgat“ fertig. Doch der Anschluss an das Stromnetz verzögert sich voraussichtlich bis zum nächsten Frühjahr.Die Offshore-Windenergie und die Energiewende befänden sich am Scheideweg, heißt es im „Cuxhavener Appell“. Deutschland verfüge als einziges europäisches Land über die gesamte Wertschöpfungskette beim Bau von Windenergieanlagen im Meer. „Dieser industriepolitische Vorteil muss auch im Hinblick auf die Arbeitsplatzsicherung und Exportmöglichkeiten erhalten und ausgebaut werden.“

In vielen norddeutschen Küstenregionen spielt die Offshore-Windkraft eine wichtige Rolle. In Bremerhaven baut Weserwind Stahlfundamente für Windräder, und das französische Unternehmen Areva produziert Turbinen. Nach Angaben von Ronny Meyer, dem Geschäftsführer des Windenergie-Netzwerks WAB, beschäftigt die Branche in Deutschland 18 000 Menschen. Doch Unternehmen wie die Bard-Gruppe in Emden, die gerade den Windpark Bard Offshore 1 abgeschlossen hat, müssen Mitarbeiter abbauen. Im August erhalten 120 Beschäftigte die Kündigung. Außerdem will Bard nach eigenen Angaben weitere der restlichen 540 Stellen streichen. Unterdessen wirbt WAB-Chef Meyer, dass Offshore-Windmühlen mit rund 4 500 Volllaststunden im Jahr den Anlagen an Land überlegen seien. Die Konkurrenten an Land erreichten durchschnittlich nur 2 000 Stunden. Doch die Kritik wächst. „Die Förderung der erneuerbaren Energien muss sich auf die günstigsten Technologien beschränken“, fordert Holger Krawinkel vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. „Solarenergie und Windenergie an Land haben einen deutlichen Kostenvorteil gegenüber Offshore-Windanlagen vor der Küste.“ Außerdemhabe sich die Technologie weiterentwickelt, sagte Matthias Willenbacher, Vorstand der Juwi-Gruppe, dem Handelsblatt. Windanlagen an Land „kommen schon nahe an die Leistung der Windmühlen im Meer heran“. Georg Weishaupt dpa

Quelle: Weishaupt, G., Handelsblatt, Nr. 164, 27.08.2013, 6

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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 27.08.2013

Das Ende eines Erfolgsmodells

Der Chef der Energie-Agentur plädiert für die Abschaffung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) galt jahrelang als Erfolgsmodell und wurde von vielen Ländern übernommen. Doch mit dem rasanten Ausbau der Stromerzeugung aus Wind, Sonne, Biomasse und Wasser wachsen die Probleme. Während die Parteien das EEG noch für reformierbar halten, sind Fachleute schon einen Schritt weiter. „Das EEG in der heutigen Form sollten wir abschaffen“, sagte der Chef der Deutschen Energie-Agentur (Dena), Stephan Kohler, dem Handelsblatt. Kohler spricht sich dafür aus, den Ausbau von Windrädern und Solaranlagen nur nochzuzulassen, wenn die Anlagen sich ins System integrieren lassen.

Das ist heute längst nicht mehr der Fall. Der Grund: Wer einen Windpark baut, muss sich nicht darum kümmern, ob für den dort produzierten Strom auch Netzkapazitäten zur Verfügung stehen. Er bekommt selbst dann den größten Teil der im EEG für 20 Jahre garantierten Vergütung überwiesen, wenn die Windräder wegen Überlastung derNetze abgeregelt werden müssen. Ursache dafür ist, dass das EEG weder die absolute Menge des Zubaus von Anlagen noch deren regionale Verteilung steuert. Wer auch immer eine Anlage betreibt, hat Anspruch auf die EEG-Vergütung.

Kohler will die Förderung der Erneuerbaren von Grund auf reformieren. Sein Konzeptsieht vor, dass künftig zunächst die Netzbetreiber bekanntgeben, wann und wo mit dem Ausbau von Leitungskapazitäten zu rechnen ist. Wo es die Netzkapazitäten zulassen, soll der Bau von Windrädern oder Photovoltaikanlagen ausgeschrieben werden: Die Betreiber mit dem günstigsten Angebot bekommen den Zuschlag.

Kohlers Konzept bricht mit ehernen Grundsätzen des EEG. So will er den Einspeisevorrang der Erneuerbaren abschaffen. Er garantiert die Einspeisung des Stroms aus erneuerbaren Quellen vor allen anderen Erzeugungsarten. Außerdem sollen die Produzenten von Strom aus erneuerbaren Quellen die Vermarktung ausschließlich selbst vornehmen. Bislang stehen ihnen die festen EEG-Vergütungen zu, die teilweise erheblich über den Preisen an der Strombörse liegen. Die Direktvermarktung des Stroms geschieht heutzutage freiwillig, eine Rückkehr ins System der festen Vergütungen ist leicht möglich. Nach Kohlers Vorstellungen soll esfür Neuanlagen spätestens 2020 nur noch die Direktvermarktung auf eigenes Risiko geben. „Der Selbstvermarktungsdruck bringt viele innovative Dienstleister an den Start“, ist sich der Dena-Chef sicher. Gesellschafter der Dena sind zu 50 Prozent die Bundesrepublik Deutschland, die staatliche Förderbank KfW (26 Prozent), Allianz, Deutsche Bank und DZ Bank (jeweils acht Prozent). Im Aufsichtsrat sind die Bundesministerien für Wirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz vertreten.

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Dossier „Ökonomie mit Energie“ vom 27.08.2013

Die Parteien sind mit Blick auf eine EEG-Reform wesentlich behutsamer als der Dena-Chef. So hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel zwar in den vergangenen Wochen mehrfach gesagt, dass EEG müsse reformiert werden. Den Einspeisevorrang stellt Merkel aber nicht infrage. Im Regierungsprogramm von CDU und CSU heißt es,man wolle das EEG „weiterentwickeln“. Im Energiekonzept der SPD heißt es, das EEG müsse „grundlegend reformiert“ werden, der Einspeisevorrang solle aber erhalten bleiben.

Das EEG hat zu Verwerfungen geführt. Weil Wind- und Sonnenstrom immer häufigerdie Strombörse fluten, sinkt die Auslastung fossiler Kraftwerke. Gerade hocheffiziente, noch nicht abgeschriebene Gaskraftwerke sind nicht mehr rentabel, obwohl sie für den Erhalt der Stabilität des Gesamtsystems unerlässlich sind.

Quelle: Stratmann, K., Handelsblatt, Nr. 164, 27.08.2013, 6

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