Alkohol und die gesprochene Sprache im Falle der Exxon Valdez
Ludwig-Maximilians-Universität MünchenLudwig-Maximilians-Universität München
Institut für Phonetik und SprachverarbeitungInstitut für Phonetik und Sprachverarbeitung
Hauptseminar: „Forensische Phonetik“Hauptseminar: „Forensische Phonetik“
Dozent: Prof. Dr. Jonathan HarringtonDozent: Prof. Dr. Jonathan Harrington
Referentin: Sabine BarfüßerReferentin: Sabine Barfüßer
Wintersemester 2007/2008Wintersemester 2007/2008
13.12.200713.12.2007
Fragen der Autoren
1. Ist es möglich anhand einer Sprachaufnahme festzustellen, ob die betreffende Person zum Zeitpunkt der Aufnahme alkoholisiert war?
→ Problem der eindeutigen Merkmale: Sprachmerkmale müssen unter Alkoholeinfluss auftreten Sprachmerkmale dürfen unter keinen anderen
Umständen auftreten
2. War Captain Hazelwood zum Zeitpunkt des Unglücks alkoholisiert?
Überblick über frühere Studien zum Thema Alkohol
Einfluss von Alkohol (hohe Dosierung) auf das Nervensystem:
Verringerung der Erregbarkeit der Nervenzellen ⇒ Verminderung motorischer Koordination
⇒ Beeinträchtigung der Sprache
Einfluss von Alkohol auf Muskeln: Betäubung
Auswirkungen von Alkohol auf die Sprache
Grobe Veränderungen: Wortfehler wie Omissionen oder Insertionen Segmentale Veränderungen: Falsche Aussprache von Lauten
/r/, /l/ /s/ (wie /ʃ/)
Entstimmen von Obstruenten in finaler Position
deaffrication
Auswirkungen von Alkohol auf die Sprache
Suprasegmentale Veränderungen:
F0 (variabler, extremere Intonation)
Geringere Sprechgeschwindigkeit
Zunahme des unvoiced-to-voiced Verhältnis
Weniger spectral tilt
Zusammenfassung der Auswirkungen
verschiedener Emotionen und
Umwelteinflüsse auf die
Sprachproduktion
Vergleich/ Zusammenfassung
Keiner der anderen Zustände weist exakt die
selben Merkmale auf wie Sprache unter
Alkoholeinfluss
Einige Zustände fehlen
Studien zu Effekten kombinierter Zustände
fehlen
Die Sprache von Captain Hazelwood
5 Sprachproben (von der Küstenwacht aufgezeichnete Funksprüche):
33 Stunden vor dem Unfall (-33) 1 Stunde vor dem Unfall (-1) Kurz nach dem Unfall (0) 1 Stunde nach dem Unfall (+1) 9 Stunden nach dem Unfall (+9)+ Analyse eines Fernsehinterviews (CC)
Analyse der Sprache von Captain Hazelwood
Grobe Veränderungen: 4 Stück in (-1) Bsp.: “Exxon Ba, uh, Exxon Valdez
“I, we‘ll“
Segmentale VeränderungenProblem: Aufnahmen sind sehr geräuschvoll /r/ und /l/ nicht gut zu hören
→ Konzentration auf /s/ und /ʃ/
/s/ und /ʃ/ von Keith Johnson
/ʃ/ von Captain Hazelwood
Analyse der Sprache von Captain Hazelwood
Suprasegmentale Veränderungen:
Sprechgeschwindigkeit→ war um den Unfall langsamer
Grundfrequenz→ war um den Unfall tiefer
Analyse der Sprechgeschwindigkeit
Analyse der Grundfrequenz
Zusammenfassung der Auswirkungen
verschiedener Emotionen und
Umwelteinflüsse auf die Sprachproduktion
Zu welchen Zuständen passen
die Veränderungen?
Die Ermittlung der Betrunkenheit von Hazelwood zum Unfallzeitpunkt stößt auf 3
Grenzen
Lücken in der bisherigen Forschung Studie zu Ermüdung Studie zu Wechselwirkungen
Wahrscheinlichkeitsaussagen können nicht getroffen werden Standartwerte zu den Effekten von Alkohol auf Sprache
fehlen
Messungen aufgrund der geringen Aufnahmequalität nur eingeschränkt möglich
Erklärungen für Hazelwoods Sprache
Zu den gefundenen Effekten passen nur die Zustände: Stress, Leid, Betrunkenheit
Gegen Stress spricht: Bei keiner Einzelperson in den Studien zu Stress sind
Grundfrequenz und Sprechtempo gesunken Sprachveränderungen in der (-1) Aufnahme
Gegen Leid spricht:Sprachveränderungen in der (-1) Aufnahme
Erklärungen für Hazelwoods Sprache
Zwei weitere Zustände könnten für Hazelwoods Sprache verantwortlich sein:
Der Sprecher wurde gerade aufgeweckt Problem: Dieser Zustand würde kaum 10Std anhalten
Der Sprecher ist übermüdet Problem: Die Effekte der Übermüdung müssten bei (+9)
am größten sein, sie sind aber bei (0) am größten
Erklärungen für Hazelwoods Sprache
Gegen Betrunkenheit spricht Kein /s/ zu /ʃ/ Wandel in der (-1) Aufnahme
Alkoholisierung scheint die einfachste Erklärung zu sein
Kombination von Effekten kann jedoch nicht ausgeschlossen werden
Ein endgültiger Schluss ist nicht möglich
Literaturverzeichnis
Johnson K., Pisoni D.B., Bernacki R.H. (1990). Do voice recordings reveal weather a person is intoxicated? A case study. In: Phonetica, vol. 47, pp. 215-237
Süddeutsche Zeitung. Ausgabe 71, 28.3.1989, p. 10
Künzel, Braun, Eysholdt (2005). Einfluß von Alkohol auf Sprache und Stimme. Heidelberg: Kriminalistik Verlag
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