ETPETP Institut für Elektroprozesstechnik
Kristallzüchtertagung in PotsdamAngewandte Simulation in der Kristallzüchtung
4 Institut für Elektroprozesstechnik
Ausgabe 2 - 2009
Energieeffizienz von Induktionstiegelöfen
Neues Projekt: Energieeinsparpotentiale in Eisengießereien
Induktionstiegelöfen zum Schmelzen
von Gusseisen haben heute einen
spezifischen Energieverbrauch von 520
bis 530 kWh/t Gusseisen ohne Berück-
sichtigung der Prozessführungsverluste.
Wird der Gesamt-Energieverbrauch ei-
ner Schmelzanlage inklusive der Pro-
zessführungsverluste betrachtet, kommt
man oft auf einen wirklichen Energie-
verbrauch von 600 bis 650 kWh/t Guss-
eisen.
Der Netto-Energiebedarf zum
Schmelzen und Überhitzen von Gussei-
sen auf 1500°C beträgt je nach Guss-
qualität 385 bis 395 kWh/t. Somit erge-
ben sich Energieverluste in Höhe von
205 bis 265 kWh/t, so dass davon auszu-
gehen ist, dass Potentiale zur Reduzie-
rung des Energieverbrauches vorhan-
den sind. Eine Reduzierung des Ener-
gieverbrauches sollte zum einen im
Schmelzofen selbst möglich sein, zum
anderen sind bei der Optimierung der
Prozessführung und bei den Peripherie-
einrichtungen erhebliche Energieer-
sparnisse zu sehen.
Gelingt es, Möglichkeiten und Maß-
nahmen zur Reduzierung des Energie-
verbrauches zu erarbeiten und später in
der Praxis umzusetzen, kann damit die
Energieeffizienz von Schmelzanlagen
erheblich verbessert werden und somit
ein wertvoller Beitrag zur Reduktion
von CO2-Emissionen erreicht werden,
um das Klima nachhaltig zu schonen.
Das ETP erhielt im Rahmen eines
vom Land Brandenburg geförderten
Projektes den Auftrag, die Energieein-
sparpotentiale einer Induktionsofen-
schmelzanlage in einer Eisengießerei zu
erarbeiten. Dabei sollen der Ofenbetrieb
und die Ofenkonstruktion analysiert
werden, um daraus Möglichkeiten und
Maßnahmen zur Reduktion des Ener-
gieverbrauches abzuleiten.
Anschließend werden mögliche
Maßnahmen zur Realisierung der Po-
tentiale erarbeitet und auf ihre Wirk-
samkeit und Machbarkeit hin geprüft.
In ersten Untersuchungen vor Ort
wurde ein Energieflussdiagramm er-
stellt, bei dem alle wesentlichen Ver-
braucher von der Chargiereinrichtung
bis zum Abguss in die Transportpfan-
nen berücksichtigt sind. Neben dem
Verbrauch des Ofens mit Zuleitungs,
Umrichter- und Trafoverlusten sind
noch die peripheren Verbraucher wie
Wasserpumpen und Ventilatoren für die
Kühlung und Entstaubungsanlagen zu
nennen, die mit ca. 5% einen nennens-
werten Anteil am Gesamtverbrauch be-
sitzen.
In einer weiteren Untersuchung wur-
de ein 3D-Ofenmodell erstellt, um Ein-
flüsse der Ofenausführung in einer Para-
meterstudie zu analysieren (s. Abb. 1).
Hier stehen als Parameter die Dicke der
Tiegelwand, die Geometrie von Induk-
tions- und Kühlspule, die Ausführung
der Zustellschablone für die Tiegelgeo-
metrie, die Temperatur der Induktions-
spule und das Material der Kühlspule im
Vordergrund. Erste Ergebnisse zeigen,
dass der Wirkungsgrad der Ofenkon-
struktion um mindestens 5% verbessert
werden kann. Die Einsparung an Strom-
kosten durch diese möglichen Maßnah-
men würden sich auf ca. 75000 � pro
Jahr beziffern.
Inhalt
Energieeffizienz von Induktions-tiegelöfen 1
Prozessoptimierung am ETP durchFEM-Analyse 2
Neue Professur am ETP 3Promotion von M. Langejürgen 3
Kristallzüchtertagung inPotsdam 4Aktuelles Seminar 4
Zeitgleich zu den ersten Sonnen-
strahlen in diesem Jahr fand vom 1.
bis zum 3. April in Potsdam am Grieb-
nitzsee das 10. Kinetikseminar der
DGKK (Deutsche Gesellschaft für Kris-
tallwachstum und Kristallzüchtung e.V.)
zusammen mit dem 6. Workshop Ange-
wandte Simulation in der Kristallzüch-
tung statt. In Reichweite der Babelsber-
ger Filmstudios wurde im idyllisch gele-
genen Tagungshotel in lockerer Atmo-
sphäre über die aktuellen Probleme und
Fortschritte in der Kristallzüchtung dis-
kutiert. Trotz der reizvollen Umgebung
stand das Thema Kristallzüchtung an
erster Stelle, und so wurden selbst die
Spaziergänge entlang des Griebnitzsees
auf dem geschichtsträchtigen Grenzweg
für den intensiven fachlichen Austausch
genutzt. Der Veranstalter möchte tradi-
tionell Physiker, Kristallzüchter und Nu-
meriker zusammenführen, und so wur-
den an den drei Tagen fast 30 Beiträge
präsentiert, deren Themenspektrum
recht breit gefächert war. Die Analyse
von Nanostrukturen und die numerische
Das ETP veranstaltet in Zusammen-
arbeit mit der Forschungsvereini-
gung Industrieofenbau e.V. (FOGI) am
10. und 11. Februar 2010 in Hannover
das aktuelle Seminar „Elektrothermi-
sche Prozesstechnik“.
Das Seminar
bietet einen Über-
blick über den ak-
tuellen Stand der
industriellen elektrothermischen Pro-
zesstechnik. Dabei vermitteln die Refe-
renten aus der Industrie und dem Institut
ausgewählte physikalische und techni-
sche Grundlagen, präsentieren neue An-
wendungsgebiete, stellen moderne An-
lagen- und Verfahrenskonzepte vor und
führen energetische und wirtschaftliche
Vergleiche wärmetechnischer Prozesse
durch. Praxisnah werden anhand inno-
vativer Beispiele die wirtschaftlichen,
effizienten Einsatzmöglichkeiten der
Elektroprozesswärme aufgezeigt. Dank
der anwendungsbezogenen Inhalte des
Seminars ist die direkte Umsetzung der
erworbenen Kenntnisse in die betriebli-
che Praxis möglich.
Die Zielgruppe des Seminars sind
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus
Unternehmen, die wärmetechnische An-
lagen herstellen oder betreiben, sowie
Beschäftigte aus dem Bereich der Ener-
giedienstleistung und Energieberatung.
Weitere Informationen und Anmeldung
unter:
Tel.: (0511)762-2872
www.etp.uni-hannover.de
Simulation des Kristallwachstums sind
dabei nur zwei wichtige Aspekte, die
behandelt wurden. Insbesondere He-
rausforderungen, die eine enge Zusam-
menarbeit zwischen Forschung und In-
dustrie erfordern, standen auf dem Ta-
gesplan. Besonders interessant für die
Anwender von numerischen Simula-
tionsprogrammen waren die vielen an-
wesenden Softwareanbieter, von denen
einige auch
mit interes-
santen Prä-
sentationen
aufwarten
konnten.
Auf zahl-
reichen Fir-
menstän-
den konnte
sich dann
in den Kaf-
feepausen
direkt über
die Ein-
satzmög-
lichkeiten informiert werden. Das Insti-
tut für Elektroprozesstechnik war mit ei-
nem Vortrag zur dreidimensionalen
elektrischen und thermischen Simulati-
on einer widerstandsbeheizten EFG-
Anlage vertreten und bekräftigte damit
den Trend zur Entwicklung neuer und
kostengünstiger Herstellungsverfahren
von Silizium für die Photovoltaikindu-
strie.
Redaktion:
Dipl.-Ing. Sebastian WipprechtProf. Dr.-Ing. Egbert BaakeTelefon: 05 11 / 7 62 - 23 66Telefax: 05 11 / 7 62 - 32 75E-Mail: [email protected]: www.etp.uni-hannover.de
Herausgeber:
Institut für Elektroprozesstechnikund Vereinigung zur Förderungdes Instituts für Elektrowärme derUniversität Hannover e.V.
Aktuelles SeminarElektrothermischeProzesstechnik
Blick auf das Tagungshotel avendi am idyllischen GriebnitzseeAbbildung 1: Numerisches Ofenmodell
mit Schnittansicht der Induktionsspule
2 Institut für Elektroprozesstechnik Institut für Elektroprozesstechnik 3
Prozessoptimierung am ETP durch FEM AnalyseFortschritt im Induktionshärten von Zahnrädern durch optimierte Feldführungselemente
Der Wunsch nach Verbesserun-
gen des mechanischen Verhal-
tens von Zahnrädern und verzahnten
Bauteilen führt oft zur Notwendig-
keit, die Oberflächenstruktur des
Werkstücks zu optimieren. Ein ho-
mogenes Härteprofil der Oberfläche
bedarf im Falle einer Härtung durch
Induktion der Homogenisierung des
elektromagnetischen Feldes. Ein
großer Teil der notwendigen Homo-
genisierung lässt sich durch Adapti-
on der Frequenz des Induktorstroms,
der Heizzeit und der Induktorgeo-
metrie erreichen. In aktuellen Induk-
tionshärteprozessen wird die Induk-
torgeometrie durch zusätzliche
Feldkonzentratoren den Erforder-
nissen des Prozesses angepasst. Der
Verlauf der Temperaturverteilung
im Werkstück lässt sich während des
Heizprozesses nahezu nicht messen.
Eine Analyse anhand eines nume-
rischen FEM-Modells der Prozess-
anordnung zeigt den günstigen Ein-
fluss auf das Ausmaß der Kanten-
und Spitzenüberhitzung, wenn ein
Feldkonzentrator im Bereich des
Werkstücks angeordnet wird. Das
definierte Führen des elektromagne-
tischen Feldes führt
zu einer homogene-
ren Verteilung der
Temperatur im
Zahnrad und somit
zu einer Verbesse-
rung der Härteer-
gebnisse.
Am Institut für
Elektroprozesstech-
nik wird derzeit zu-
sammen mit einem
Industriepartner an
der Optimierung
von Induktionshär-
teprozessen von
Stirnrädern gear-
beitet mit dem Ziel,
eine möglichst homogene Vertei-
lung der Temperatur während des
Prozesses zu erreichen.
Für den Härteprozess eines
Zahnrades wurden ver-
schiedene Induktor-
Werkstück-Anordnun-
gen betrachtet und nu-
merisch modelliert. Im
Mittelpunkt der For-
schung steht dabei die
Wirkung von Magnetlei-
termaterialien und Kup-
ferringen zur gezielten
Führung von elektro-
magnetischen Feldern.
Wird ein Zahnrad ohne
feldbeeinflussende Ele-
mente erwärmt, führt
das sehr oft zu Berei-
chen stärkerer Überhitzung und Be-
reichen mit einer für das Härten
nicht ausreichenden Temperatur
(siehe Abbildung 1). Durch das ge-
zielte Beeinflussen der Felder lässt
sich eine stärkere Homogenität hin-
sichtlich der Temperatur und der Ei-
genspannungen des Werkstücks er-
reichen, was sich somit positiv auf
das Härteprofil auswirkt.
Im Laufe der Untersuchungen
hat sich gezeigt, dass Ringe aus
magnetisch gut leitendem Material
wie auch Ringe aus Kupfer den Er-
wärmungsverlauf äußerst positiv
beeinflussen. Abbildung 2 zeigt das
Resultat einer Erwärmung mit Feld-
führungselementen. Es ist deutlich
zu erkennen, dass die Variante mit
Feldführung zu einer besseren, ho-
mogeneren Verteilung der Wärme
im Zahn führt.
Der Abschluss der Untersuchun-
gen konzentriert sich auf die optima-
le Kombination aus Magnetleitern
und Kupferelementen, um ein opti-
males Härtebild sicherzustellen.
Neue Professur am ETPM. Skiba zum Honorarprofessor ernannt
Am 3. August wurde Dr.-Ing.
Martin Skiba vom Präsidenten
der Leibniz Universität, Herrn Prof.
Dr.-Ing. Erich Barke, zum Honorar-
professor bestellt.
Martin Skiba studierte von 1986
bis 1992 Maschinenbau an der
Ruhr-Universität Bochum. Frühzei-
tig richtete sich sein Interesse dabei
auf die Energietechnik, und hier ins-
besondere auf die Erneuerbaren
Energien. Nach dem Studium arbei-
tete Herr Skiba als wissenschaftli-
cher Mitarbeiter am Lehrstuhl für
Nukleare und Neue Energiesysteme
der Universität Bochum. Während
seiner Tätigkeit dort verfasste er
zahlreiche Studien und Publikatio-
nen im Bereich der Erneuerbaren
Energien und der rationellen Ener-
gienutzung, u. a. bspw. den Solarat-
las für Nordrhein-Westfalen. Mit ei-
nem neuen Verfahren zur Standort-
evaluation solartechnischer Anla-
gen promovierte Skiba 1997 und
verließ die Universität 1998, um in
Hamburg bei der dortigen Shell So-
lar für den Aufbau der Solarsparte
der Deutsche Shell AG zu arbeiten.
Den Wechsel zur Windenergie
vollzog Professor Skiba dann Ende
2001, als er bei der damals frisch
gegründeten REpower Systems AG
in Hamburg als Projektmanager für
die Entwicklung einer 5 MW Wind-
energieanlage für die Nutzung im
Meer angestellt wurde. An der Ent-
wicklung des Prototypen (im No-
vember 2004 wurde die damals
weltweit größte Windenergieanlage
in Brunsbüttel erfolgreich in Betrieb
genommen) und der anschließenden
Markteinführung arbeitete Profes-
sor Skiba bis Mitte 2008, zuletzt als
Prokurist und Leiter des Geschäfts-
bereichs „offshore”. Im WS
2001/2002 begann Professor Skiba
gleichzeitig mit der zweisemest-
rigen Vorlesung „Nutzung solarer
Energie“ am Institut für Elektropro-
zesstechnik. Mit dem Wechsel zur
RWE Innogy GmbH, einer Tochter
der RWE AG, im August 2008 blieb
Prof. Skiba der Windenergienut-
zung treu: Er ist dort als Bereichslei-
ter und Geschäftsführer von Töch-
tern und Beteiligungen in Großbri-
tannien, den Niederlanden, Belgien
und Deutschland für alle Aktivitäten
der Offshore Windenergienutzung
verantwortlich. Das Portfolio um-
fasst hierbei europäische Projekte
im mehrfachen GW Bereich, die
teilweise in der Entwicklung, teil-
weise im Bau oder in Betrieb sind.
Herr Prof. Dr.-Ing. Skiba ist wei-
terhin Mitglied in verschiedenen
Gremien, u.a. im wissenschaftlichen
Beirat des DEWI sowie im Kuratori-
um der Stiftung Offshore-Wind-
energie.
Prof. Dr.-Ing. Martin Skiba
Abbildung 2:Induktionshärteprozess bei Verwendung
einer konturangepassten, seitlichen Werkstückfeldfüh-
rung mit optimierter Induktoroberfläche
Promotion
Markus Langejürgen
Nach fünfjähriger Tätigkeit als
wissenschaftlicher Mitarbeiter
am ETP wurde am 14. August 2009
Herr Dipl.-Ing. Markus Langejürgen
zum Dr.-Ing. promoviert. Herr Lan-
gejürgen
arbeitete
während
seiner Zeit
am ETP
vorrangig
an Lösun-
gen von
multiphy-
sikali-
schen Pro-
blemstellungen unter Einsatz der nu-
merischen Simulation. Im Bereich
der Lehre betreute er die Lehrveran-
staltung im Grundstudium „Techni-
sche Wärmelehre“.
In seiner Dissertation mit dem
Titel „Entwicklung und Anwendung
eines neuen Verfahrens zur Berech-
nung turbulenter Strömungen in In-
duktions-Rinnenöfen“ gelingt erst-
mals die erfolgreiche Durchführung
einer transienten dreidimensionalen
numerischen Simulation des turbu-
lenten Wärme- und Stofftransports
zwischen Rinnenkanal und der
Schmelze im Ofengefäß eines In-
duktions-Rinnenofens. Die in indu-
striellen Anwendungen verifizierten
Ergebnisse tragen sowohl zur Ver-
besserung des Betriebsverhaltens als
auch zur Verlängerung der Standzeit
der feuerfesten Zustellung im Induk-
tions-Rinnenofen bei.
Herr Dr. Langejürgen ist heute
als Entwicklungsingenieur bei der
Firma SMS-Elotherm in Remscheid
tätig.
Dr.-Ing. M. Langejürgen
Abbildung 1:Induktionshärteprozess ohne feldbe-
einflussende Komponenten am Werkstück