Download - Europäische Und Amerikanische Faulbrut
Europäische Faulbrut und
Amerikanische Faulbrut,
ein kurzer Überblick
von PD Dr. Elke Genersch
Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf e. V.
Danksagung: Wir danken Frau Dominique Yue für die Hilfe bei der Erstellung dieses Skripts.
Impressum: Herausgegeben vom Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf e. V. mit Förderung durch die Länder Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Berlin
Was sind Bakterien?
Abbildung 1: Bakterien sind kleine Einzeller, die einzeln nur durch ein Mikroskop zu erkennen sind (links). Wenn sie sich auf einem geeigneten Nährboden vermehren, wachsen sie zu mit dem bloßen Auge sichtbaren Kolonien mit charakteristischem Aussehen heran (rechts).
Bakterien sind einzellige, eigenständig lebensfähige Organismen, die sich ausschließlich
durch Teilung vermehren. Sie kommen überall vor, da sie sämtliche Lebensräume der Erde
besiedelt haben. Es gibt Bakterien, die in heißen Quellen leben, andere leben nur in
Abwesenheit von Sauerstoff und wieder andere leben von chemischen Stoffen, wie Methan,
oder sind „Aasfresser“ (Saprophyten) und ernähren sich von anderen, toten Lebewesen. Das
wichtigste Merkmal, durch welches sie sich von den höheren Lebewesen unterscheiden, ist
ihre frei in der Zelle liegende Erbsubstanz, die nicht von einem so genannten Kern
umschlossen ist. Viele Arten besitzen eine oder mehrere Geißeln, mit denen sie sich aktiv
fortbewegen können. Einige Bakterienarten sind Krankheitserreger, das heißt, dass sie ein
anderes Lebewesen (Pflanze, Tier, Mensch) als Nahrungsquelle nutzen, sich dort vermehren
und dadurch Krankheitssymptome verursachen.
Welche Krankheiten bei Bienen werden von Bakterien verursacht? Bei Bienen gibt es lediglich zwei Erkrankungen, die von Bakterien verursacht werden: Die
Europäische Faulbrut und die Amerikanische Faulbrut. Beide Erkrankungen sind
Bruterkrankungen. Bei erwachsenen Bienen gibt es keine bekannte Krankheit, für die eine
Infektion mit bestimmten Bakterien verantwortlich ist. Lediglich eine allgemeine „Septikämie“
wird in einigen Büchern beschrieben, womit wohl so eine Art Blutvergiftung gemeint ist, das
heißt eine allgemeine, sich über die Hämolymphe ausbreitende Infektion mit unspezifischen
Bakterien.
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Tabelle 1: Überblick über die durch Bakterien verursachten Bienenkrankheiten (Entsprechend der Herkunft der Wissenschaftler, die die jeweiligen Erreger erstmals beschrieben, wurde die durch Melissococcus plutonius verursachte Infektion Europäische Faulbrut und die durch Paenibacillus larvae hervorgerufene Krankheit Amerikanische Faulbrut genannt.)
Bakterium Krankheit Brut erwachsene Bienen
Melissococcus plutonius Europäische Faulbrut + -
Paenibacillus larvae Amerikanische Faulbrut + -
Die Europäische Faulbrut (EFB)
Die Europäische Faulbrut (EFB) wird durch das Bakterium Melissococcus plutonius
(M. plutonius) verursacht. Ältere Bezeichnungen für diesen Erreger waren Bacillus pluton
(White, 1912), Streptococcus pluton (Bailey, 1967) und Melissococcus pluton (Bailey &
Collins, 1982). Aufgrund des säuerlichen Geruchs, der von den erkrankten Bienenvölkern
ausgehen kann, ist auch die Bezeichnung „Sauerbrut“ verbreitet. In Deutschland spielt die
EFB zur Zeit nur eine untergeordnete Rolle und ist nicht anzeigepflichtig.
Abbildung 2: Melissococcus plutonius kommt in zwei Formen vor: Die vermehrungsfähigen Bakterien sind lanzettförmig, woher auch der Namensbestandteil „coccus“ kommt; unter ungünstigen Bedingungen bildet M. plutonius widerstandsfähige Kapseln als Dauerform. Diese Kapseln sind die infektiöse Form von M. plutonius.
An der EFB erkrankt nur die Bienenbrut, die erwachsenen Bienen können sich nicht
infizieren. Die Infektion erfolgt durch die Aufnahme von Pollen, der M. plutonius-Kapseln
enthält. Diese Kapseln keimen im Larvendarm zu lanzettförmigen, vermehrungsfähigen
Bakterien aus. Auf welchem Weg M. plutonius die Bienenlarven dann tötet, ist noch nicht
genau geklärt. Es gibt Hinweise darauf, dass M. plutonius im Larvendarm von der
aufgenommenen Larvennahrung lebt und sich vermehrt. Durch die Nahrungskonkurrenz
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bekommen die Larven zu wenig zu essen und verhungern schließlich. Sollte sich diese
Hypothese bewahrheiten, wäre M. plutonius für Bienenlarven gar kein klassischer
bakterieller Krankheitserreger, sondern eher ein bakterieller Parasit.
Die erkrankten Larven sterben meist im 4. oder 5. Larvenstadium in den offenen Zellen ab.
Werden die infizierten Larven verdeckelt, so werden die Wachsdeckel löchrig und sinken ein.
Die abgestorbenen Larven werden von „aasfressenden“ Bakterien (Saprophyten) wie
Streptococcus faecalis und/oder Paenibacillus alvei zu einer breiigen Masse zersetzt, die zu
einem locker sitzenden Schorf eintrocknet. Geht ein saurer Geruch von einem EFB-
erkrankten Volk aus, so wird man hauptsächlich Streptococcus faecalis aus den toten Larven
isolieren, geht ein eher fauler Geruch von dem Volk aus, so hat vor allem Paenibacillus alvei
die toten Larven zersetzt.
Abbildung 3: Der Infektionskreislauf der EFB. Larven, die Pollen aufnehmen, der mit M. plutonius-Kapseln kontaminiert ist, erkranken an der EFB. Erkrankte Larven können von den Ammenbienen an ihrem erhöhten Futterbedarf erkannt werden und werden dann ausgeräumt. Nicht ausgeräumte, erkrankte Larven sterben im Rundmaden- oder Streckmadenstadium meistens in der noch offenen Zelle. Putzbienen tragen die M. plutonius-Kapseln erneut ins Futter ein und tragen so zur Verbreitung der EFB im Brutnest bei.
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Symptome der EFB:
● lückiges Brutbild
● eingefallene, löchrige Zelldeckel
● abgestorbene Larven liegen verdreht in den Zellen
● graugelber Klumpen im Darm der abgestorbenen Larven
● zersetzte Larven in Form einer verfärbten, breiigen Masse
● lockerer, am Zellboden oder in der unteren Zellrinne liegender Schorf
● schwarzer lackartiger Fleck an der Innenseite des Zelldeckels
● saurer oder fauliger Geruch
Anhand dieser Symptome ist lediglich eine Verdachtsdiagnose möglich, da einige der
Symptome auch einen Verdacht auf die Amerikanische Faulbrut begründen. Nur über den
Ausschluss des Erregers der Amerikanischen Faulbrut, bzw. den Labornachweis von
M. plutonius oder P. alvei oder S. faecalis in den toten Larven ist die Europäische Faulbrut
eindeutig zu diagnostizieren.
Im Falle eines Verdachts sollte zur Sicherheit auf jeden Fall eine Probe untersucht werden,
um die Amerikanische Faulbrut auszuschließen!
Häufig findet eine Selbstheilung eines an der EFB erkrankten Bienenvolkes statt. Den
Infektionsdruck (Menge der M. plutonius-Kapseln im Volk) kann man in einem erkrankten
Volk durch pflegerische Maßnahmen reduzieren:
● Entfernung der befallen Brutwaben
● zur Verdünnung der Kapselmenge im Pollen für guten Polleneintrag sorgen ● den Putztrieb der Bienen fördern
● bei einem extrem starken Befall Anwendung des Kunstschwarmverfahrens
Da es sich bei der EFB um eine Infektionskrankheit handelt, kann sie nur verhindert werden,
indem eine Infektion mit M. plutonius vermieden wird. Deshalb gilt als gute imkerliche Praxis:
● Vorsicht bei der Verwendung von fremdem Futter
● Vorsicht beim Erwerb von fremdem Wabenmaterial bzw. Gerätschaften und fremden
Völkern
● Stärke der Völker durch pflegerische Maßnahmen fördern
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Amerikanische Faulbrut (AFB) Die Amerikanische Faulbrut (AFB) ist eine schwerwiegende, auf allen Kontinenten
verbreitete bakterielle Krankheit der Honigbienenbrut. Die AFB wird weltweit als Tierseuche
eingestuft. In einigen Ländern ist es gestattet, zur Bekämpfung der Seuche Antibiotika
einzusetzen. Abgesehen von der Gefahr, dass bakterielle Erreger beim Einsatz von
Antibiotika schnell Resistenzen entwickeln, ist ihre Anwendung in Europa an Bienenvölkern
aufgrund der damit verbundenen Rückstände im Honig verboten. Ein an der AFB erkranktes
Bienenvolk ist darüber hinaus durch eine medikamentöse Behandlung ohnehin nicht zu
heilen, da die widerstandsfähigen infektiösen Sporen des Erregers durch Antibiotika nicht
abzutöten sind. Durch den Einsatz von Antibiotika wird die Erkrankung lediglich maskiert,
nicht aber geheilt oder verhindert. Nach dem Tierseuchengesetz und der
Bienenseuchenverordnung ist die Amerikanische Faulbrut in Deutschland anzeigepflichtig.
Das bedeutet, dass bei dem geringsten Verdacht der zuständige Amtstierarzt verständigt
werden muss!
Die Amerikanische Faulbrut wird durch das Bakterium Paenibacillus larvae (P. larvae)
verursacht (Genersch et al., 2006). Die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die im Laufe der
letzten 100 Jahre gewonnen wurden, hatten mehrmals Namensänderungen des Erregers zur
Folge. So sind die älteren Bezeichnungen Bacillus larvae (White, 1906) und Paenibacillus
larvae larvae (Heyndrickx et al., 1996) heute nicht mehr gültig. Auch der früher als Bacillus
pulvifaciens (Katznelson, 1950), Paenibacillus pulvifaciens (Ash et al., 1993) bzw.
Paenibacillus larvae pulvifaciens (Heyndrickx et al., 1996) bezeichnete Erreger, der als
Verursacher der „powdery scale disease“ galt, konnte letztendlich als Paenibacillus larvae
und Verursacher der AFB identifiziert werden (Genersch et al., 2006).
Paenibacillus larvae ist ein stäbchenförmiges, rundherum begeißeltes Bakterium, welches
sich wie alle Bakterien durch Teilung vermehrt. Nach der Teilung bleiben bei P. larvae die
Bakterien aneinander hängen, so dass sich lange Ketten bilden, die sich mit Hilfe der
Geißeln aktiv und schnell fortbewegen.
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Abbildung 4: Schematische Darstellung von sich teilenden P. larvae-Bakterien. Dargestellt sind auch die Geißeln, die es dem Bakterium ermöglichen, sich aktiv fortzubewegen (links). Da sich die Bakterien nach der Teilung nicht voneinander lösen, können sie lange Ketten bilden, die sich aktiv und schnell mit Hilfe der Geißeln fortbewegen (rechts).
P. larvae hat die Fähigkeit, Sporen zu bilden. Nur diese Sporen (nicht die
vermehrungsfähigen Stäbchen) sind infektiös und lösen bei jungen Bienenlarven eine AFB-
Erkrankung aus. Erwachsene Bienen erkranken nicht, wenn sie die Sporen von P. larvae
aufnehmen; sie sind resistent gegen die AFB.
Bei der Sporenbildung (Sporulation) werfen die Bakterienzellen ihre Geißeln ab, die sich
dann zu wellenförmigen Geißelzöpfen zusammenlagern. Die Sporen sind die Dauerform von
P. larvae, in der das Bakterium Jahre überdauern kann, ohne seine Infektiösität zu verlieren.
Die Sporen sind äußerst widerstandsfähig und können extreme Bedingungen unbeschadet
überstehen. Die Sporen sind in jeder Hinsicht inaktiv, sie bewegen sich nicht, sie teilen sich
nicht, sie haben keinen Stoffwechsel. Sie warten nur darauf, von der nächsten Larve
gefressen zu werden, um zur erneuten Vermehrung einen neuen Infektionskreislauf in Gang
zu setzen.
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Abbildung 5: Der verschiedenen Formen von Paenibacillus larvae. Die vermehrungsfähige, teilungsfähige Form ist ein begeißeltes Stäbchenbakterium, das sich aktiv fortbewegen kann. Unter ungünstigen Bedingungen gehen diese vegetativen Bakterien in die widerstandsfähige Dauerform, die Sporen, über. Bei diesem Übergang, der Sporulation, werden die nicht mehr benötigten Geißeln abgeworfen und lagern sich zu charakteristischen Geißelzöpfen (rechtes Bild, roter Pfeil) zusammen. Werden Sporen von einer Larve aufgenommen. können sie wieder auskeimen.
Junge Larven infizieren sich durch die Aufnahme von sporenhaltigem Futter. Die Sporen
keimen im Mitteldarm der Larven zu den stäbchenförmigen Bakterien aus und vermehren
sich dort erst einmal massiv. Ähnlich wie M. plutonius bei der EFB scheint auch P. larvae in
der Anfangsphase der Infektion vom Larvenfutter zu leben. Später durchdringt P. larvae die
Darmwand und breitet sich in der gesamten Larve aus. P. larvae verursacht eine vollständige
Zersetzung der abgestorbenen Tiere zu einer schleimigen Masse. Andere Bakterien wie
P. alvei oder S. faecalis können bei der AFB nicht aus den toten Larven isoliert werden. Die
Faulbrutmasse und später dann der eingetrocknete, festsitzende Faulbrutschorf enthalten
ausschließlich P. larvae-Bakterien bzw. P. larvae-Sporen.
Sowohl das zersetzte Gewebe in Form der fadenziehenden Faulbrutmasse (Streichholztest)
als auch der Faulbrutschorf dienen den Imkern und Veterinärmedizinern als diagnostische
Hinweise auf eine AFB-Erkrankung. Im Bienenvolk werden die hoch infektiösen Sporen bei
Reinigungsarbeiten durch die Arbeiterinnen im Brutnest verbreitet und ins Futter
eingetragen.
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Abbildung 6: Der Infektionskreislauf der AFB.
In der Anfangsphase der AFB sterben lediglich einzelne, infizierte Larven an der Infektion.
Da sich der Erreger aber sehr gut im Brutnest ausbreitet, wird das Volk schnell schwach und
bricht irgendwann aufgrund des fehlenden Nachwuchses zusammen. Die durch die AFB
geschwächten Völker sind eine leichte Beute und werden von anderen Bienen ausgeräubert.
Diese Bienen holen sich nun aber gerade den sporenhaltigen Honig und tragen so die
P. larvae-Infektion in ihr eigenes Volk. Die Schwächung der erkrankten Völker begünstigt
also die Weitergabe des Erregers an andere Völker, der sich unter günstigen Bedingungen
(enge Völkerdichte für gute Räubereibedingungen) schnell innerhalb einer Region ausbreiten
kann. Die imkerliche Praxis mit Umhängen von Waben in verschiedene Völker, Vereinigen
von schwachen Völkern und Nutzung einheitlicher Gerätschaften für alle Völker, selbst wenn
diese auf verschiedenen Ständen stehen, schafft auch ideale Voraussetzungen für eine
Verbreitung von P. larvae auf einem infizierten Stand.
Unterschiede in der Gefährlichkeit von P. larvae
Mit modernen Methoden kann der Erreger der AFB, P. larvae, in vier Gruppen oder Typen
eingeteilt werden (ERIC I – IV), die sich in ihrer Erbinformation und dadurch z. B. im
Aussehen und in ihrer Vorliebe für bestimmte Nährstoffe, unterscheiden. Für die Praxis viel
wichtiger aber sind die Unterschiede in der Gefährlichkeit, die sich bei den vier Typen
ERIC I, II, III und IV gezeigt haben.
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Da in Deutschland nur die beiden Typen ERIC I und ERIC II verbreitet sind, wollen wir hier
auch nur auf diese beiden Typen eingehen.
P. larvae ERIC I und ERIC II unterscheiden sich deutlich in ihrer Virulenz, d.h. in ihrer
Aggressivität ihrem Wirt, den Larven, gegenüber: Der P. larvae-Typ ERIC II tötet die
Bienenbrut recht schnell, nämlich innerhalb von 6 bis 7 Tagen, wogegen der Typ ERIC I
ungefähr 11 bis 12 Tage braucht, bis alle infizierten Larven tot sind.
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Tage nach der Infektion
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P. larvae ERIC IIP. larvae ERIC I
Abbildung 7: Zwei typische Krankheitsverläufe für Infektionen mit P. larvae ERIC I und ERIC II. Larven, die mit P. larvae ERIC II infiziert waren starben innerhalb von 7 Tagen nach der Infektion; die meisten Larven (10) starben bereits am 4. Tag nach der Infektion. Im Gegensatz dazu überlebten die Larven, die mit P. larvae ERIC I infiziert worden waren, länger; die ersten zwei Larven starben erst am 5. Tag nach der Infektion, die meisten Larven (8) starben am 10. Tag nach der Infektion. Der rote Pfeil zeigt den Zeitpunkt der Verdeckelung an.
Dieser Unterschied ist für die Praxis bedeutsam, da Brutkrankheiten im Bienenvolk über das
Putz- und Ausräumverhalten der Ammenbienen bekämpft werden. Die die Brut pflegenden
Arbeiterinnen sind in der Lage, erkrankte und tote Larven zu erkennen und auszuräumen
(Hygieneverhalten). Dieses Erkennen ist besonders einfach und effektiv, wenn die Larven
noch nicht verdeckelt sind. Unverdeckelte Larven, die erkennbar krank sind, werden fast
vollständig von den Bienen ausgeräumt, während verdeckelte kranke Larven nur noch in
Ausnahmefällen oder von besonders „hygienischen“ Bienen erkannt und ausgeräumt
werden.
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Abbildung 8: Gesunde und mit P. larvae infizierte Larven. (A) Links ist eine gesunde Larve zu sehen, rechts eine gleich alte, aber bereits an AFB erkrankte Larve. Die Unterschiede in der Farbe, der Größe und der Segmentierung bei den beiden Tieren sind deutlich zu erkennen. (B) Die gesunde Larve hat sich inzwischen zu einer rotäugigen Puppe weiter entwickelt /links), während die erkrankte Larve im Streckmadenstadium gestorben ist und inzwischen von P. larvae zu einem braunen Brei zersetzt wurde (rechts).
Für die Unterschiede bei den P. larvae-Typen bedeutet das Folgendes: P. larvae ERIC II
tötet die Larven so schnell, dass die meisten (90 – 95%) noch vor der Verdeckelung sterben
und ausgeräumt werden. Dadurch kann sich diese Infektion nicht so schnell im Volk
ausbreiten, bzw. kann über eine längere Zeit unerkannt verlaufen, da sich nur wenige Zellen
mit fadenziehender Masse oder Faulbrutschorf bilden werden. Diese Masse entsteht nämlich
nur dann, wenn die infizierten Larven verdeckelt werden und im verdeckelten Stadium
sterben – wie es bei Infektionen mit P. larvae-ERIC I der Fall ist. Hier stirbt die Mehrheit der
infizierten Larven erst nach der Verdeckelung, wird also weniger effektiv ausgeräumt. Es
bilden sich mehr Zellen mit fadenziehender Masse und eine größere Menge an Sporen
entsteht. Das führt dazu, dass sich diese Infektion schneller im Volk ausbreiten kann und das
Volk schneller zusammenbricht. Es bedeutet aber auch, dass Infektionen mit dem Typ
ERIC I eher anhand der klassischen klinischen Symptome (fadenziehende Masse,
Faulbrutschorf) auffallen. P. larvae ERIC I dürfte bei einer Inspektion der Völker leichter zu
erkennen sein als P. larvae ERIC II.
Die meisten Faulbrutausbrüche in Deutschland werden momentan vom Typ ERIC I, dem
„klassischen“ Typ, verursacht. Klassisch deshalb, weil der Krankheitsverlauf der
Beschreibung in den Lehrbüchern entspricht, in denen steht, dass die Larven im
verdeckelten Stadium sterben. Ca. 25-30 % der Faulbrutausbrüche werden nach bisherigem
Kenntnisstand vom Typ ERIC II verursacht. Allerdings fehlt für eine endgültige Beurteilung
bisher eine flächendeckende Epidemiologie.
Die Virulenzunterschiede der beiden Genotypen haben somit eine wichtige Bedeutung für
die Krankheitsdiagnostik: Eine durch P. larvae ERIC II verursachte AFB-Erkrankung ist oft
erst in einem späteren Stadium zu erkennen als eine durch P. larvae ERIC I verursachte. Da
P. larvae ERIC II nicht früh genug die auffälligen klinischen Symptome verursacht, reicht die
Durchsicht eines Volkes in solchen Fällen nicht aus, um eine AFB-Erkrankung
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auszuschließen! Eine Futterkranzprobenuntersuchung im Labor dagegen kann schon früh
Aufschluss darüber geben, ob und vor allem welche Sporen im Volk vorhanden sind.
Abbildung 9: Brutwabe eines seit 5 Jahren mit P. larvae ERIC II infizierten Volkes. In den roten Kreisen befinden sich die beiden Zellen, in denen fadenziehende Masse gefunden wurde, alle anderen Brutwaben waren zwar leicht lückig, aber ansonsten unauffällig. Der Imker berichtete, dass seine Völker schon seit ein paar Jahren nicht mehr so richtig „aus dem Knick“ kamen, weshalb er schon mehrmals die Königin ausgetauscht hatte. Die Futterkranzprobe dieses Volkes wies einen hohen Sporenbefall mit P. larvae ERIC II auf.
Als Symptome der AFB gelten: ● lückiges Brutbild
● eingefallene, löchrige Zelldeckel
● zersetzte Larven in Form einer bräunlichen fadenziehenden Masse
(Streichholzprobe)
● festsitzender Faulbrutschorf
● unangenehmer Geruch
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Abbildung 10: Streichholzprobe. Larven, die an einer P. larvae-Infektion (AFB) gestorben sind, zersetzen sich einer typischen fadenziehenden Masse, die mit einem entsprechenden Gegenstand (z. B. Streichholz) aus der Zelle gezogen werden kann. Die Länge, Farbe oder Konsistenz des Fadens kann sehr unterschiedlich sein.
OB P. larvae-pos. ND
Abbildung 11: Anzucht von Bakterien aus Futterkranzproben auf einer Nährbodenplatte zum Nachweis von P. larvae. Mit „OB“, d. h. „ohne Befund“, werden die Proben bezeichnet, aus denen keine P. larvae-Bakterienkolonien angezüchtet werden konnten. „P. larvae-pos.“ bedeutet, dass in dieser Probe P. larvae-Sporen nachgewiesen wurden. In den mit „ND“ (übersetzt: „nicht bestimmbar“) befundeten Proben waren so viele andere Bakterien, dass es nicht möglich war, P. larvae nachzuweisen oder auszuschließen.
Der Labornachweis von P. larvae erfolgt über die Anzucht des Erregers aus der
fadenziehenden Masse oder einer Futterkranzprobe. Verdächtig aussehende Kolonien
werden mit weiteren Verfahren untersucht, um sicher sein zu können, dass es sich um
P. larvae handelt, bzw. um P. larvae eindeutig ausschließen zu können.
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Wenn P. larvae in einer Futterkranzprobe nachgewiesen wurde, am Volk aber noch keine
klinischen Symptome auffällig sind, besteht die Möglichkeit, das Volk über imkerliche
Maßnahmen zu sanieren:
● Kunstschwarmverfahren (Brut vernichten!)
● Desinfektion aller Gerätschaften und Beutenteile!
(z.B. in Ätznatronlauge)
● Vernichtung aller nicht desinfizierbaren Gerätschaften und Beutenteile!
Die AFB ist eine Infektionskrankheit und kann nur durch eine Infektion mit P. larvae
hervorgerufen werden. Deshalb kann die AFB auch nur verhindert werden, indem eine-
Infektion mit P. larvae-Sporen vermieden wird:
● Vorsicht bei der Verwendung von fremdem Futter, von fremdem Wabenmaterial oder
Gerätschaften
● Vorsicht beim Erwerb von fremden Völkern oder Einfangen von Schwärmen
Zu empfehlen ist die Teilnahme an einem Faulbrutmonitoring-Programm, wie es von den
meisten Bieneninstituten angeboten wird, in dessen Rahmen regelmäßige Untersuchungen
von Futterkranzproben durchgeführt werden, bei denen der Erreger schon bei einer geringen
Sporenbelastung im Volk nachzuweisen ist. Die Teilnahme an einem solchen Programm
bietet keinen Schutz vor einer Infektion, aber sie hilft, eine Infektion so früh wie möglich zu
erkennen.
VERDACHT UND AUSBRUCH DER AFB SIND ANZEIGEPFLICHTIG !!!
SCHON BEI EINEM VERDACHT AUF EINE ERKRANKUNG DES VOLKS MIT AFB IST DER
AMTSTIERARZT SOFORT ZU INFORMIEREN !
NACH AMTLICHER BESTÄTIGUNG DES AUSBRUCHS ERFOLGT DIE BEKÄMPFUNG
NACH ANWEISUNG DES AMTSTIERARZTES !
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