Forschungsmethoden
VORLESUNG WS 2018/2019FLORIAN KOBYLKA
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Rückblick• Aussagenlogik:• Implikation
• Schlussfiguren
• Kausalität
• Historische Entwicklung:• Rationalismus
• Empirismus
• Logischer Empirismus
• Kritischer Rationalismus
Aussagenlogik – BabystepsEine Aussage (A):
• kann wahr sein (1)
• kann falsch sein (0)
• hat eine Negation (-A)
• kann den gleichen Wahrheitsgehalt wie eine andere Aussage haben (A=B)
Es regnet Wassertropfen fallen vom Himmel
1 1
1 0
0 1
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Aussagenlogik - BabystepsZwei Aussagen kann man verknüpfen:
• per Konjunktion (A n B)
• per Disjunktion (A v B)
• per Implikation (A -> B)
A B A n B A v B A -> B
1 1 1 1 1
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0 1 0 1 1
0 0 0 0 1
Aussagenlogik- BabystepsNun betrachten wir uns den Wahrheitsgehalt verschiedener Verknüpfungen:
• - (A n B) = -A v -B
• -( A v B) = -A n -B
• A -> B = -A v B
A B -A -B A n B -(A n B) -A v -B A v B -(A v B) -A n -B A -> B -A v B
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1 0 0 1 0 1 1 1 0 0 0 0
0 1 1 0 0 1 1 1 0 0 1 1
0 0 1 1 0 1 1 0 1 1 1 1
Schlussfiguren1. Modus Ponendo Ponens:
Prämissen: A -> B AKonklusion: B
A A->B B (A->B) n A
1 1 1 1
1 0 0 0
0 1 1 0
0 1 0 0
P K
Schlussfiguren1. Modus Ponendo Ponens:
Prämissen: A -> B AKonklusion: B
2. Modus tollendo tollensPrämissen: A -> B -B
Konklusion: -A
A -A B -B A->B (A->B) n -B
1 0 1 0 1 0
1 0 0 1 0 0
0 1 1 0 1 0
0 1 0 1 1 1
PK
Schlussfiguren1. Modus Ponendo Ponens:
Prämissen: A -> B AKonklusion: B
2. Modus tollendo tollensPrämissen: A -> B -B
Konklusion: -A
3. Kettenschluss:Prämissen: A -> B B -> C
Konklusion: A -> C
A B C A->B B->C A->C
1 1 1 1 1 1
1 1 0 1 0 0
1 0 1 0 1 1
1 0 0 0 1 0
0 1 1 1 1 1
0 1 0 1 0 1
0 0 1 1 1 1
0 0 0 1 1 1
P K
Schlussfiguren1. Modus Ponendo Ponens:
Prämissen: A -> B AKonklusion: B
2. Modus tollendo tollensPrämissen: A -> B -B
Konklusion: -A
3. Kettenschluss:Prämissen: A -> B B -> C
Konklusion: A -> C
4. Modus tollendo ponensPrämissen: A v B -A
Konklusion: B
A B -A A v B
1 1 0 1
1 0 0 1
0 1 1 1
0 0 1 0
K P
Schlussfiguren1. Modus Ponendo Ponens:
Prämissen: A -> B AKonklusion: B
2. Modus tollendo tollensPrämissen: A -> B -BKonklusion: -A
3. Kettenschluss:Prämissen: A -> B B -> CKonklusion: A -> CK
4. Modus tollendo ponensPrämissen: A v B -AKonklusion: B
5. reductio ad absurdumPrämisse: -A -> (B n -B)Konklusion: A
A -A B -B B n -B A v (B n –B)
1 0 1 0 0 1
1 0 0 1 0 1
0 1 1 0 0 0
0 1 0 1 0 0
(A -> B) = -A v B(-A -> (B n –B)) = A v (B n -B)
PK
Tautologie• Wenn A, dann A
• Wenn A, dann B v -B
Termine# Datum Thema Inhalts-/Zielnummer(n)
1 19. Okt Einführung & empirische Psychologie 1. 11.
2 26. Okt Logik und Wissenschaftstheorie I 1. 11.
3 2. Nov HA 1: Artikel lesen 2. 15. 16.
4 09. Nov Wissenschaftstheorie II 1. 11.
5 16. Nov Entwicklung der Psychologie und Messen 1. 3. 10. 15.
6 23. Nov Hypothesen 3. 6. 15. 16.
7 30. Nov Versuchspläne 3. 4. 6. 12. 14.
8 07. Dez Stichprobenziehung & Stichprobeneffekte 4. 12. 13.
9 14. Dez Klassische Testtheorie & ALM 1. 11. 16.
10 21.Dez HA 2: Studienentwurf erstellen 2. 4. 6. 15.
11 11. Jan Gütekriterien I: Objektivität & Reliabilität 5.
12 18. Jan Gütekriterien II: Validität 5.
13 25. Jan Erhebungstechniken I: Selbstberichtsverfahren & Beobachtung 7. 9. 10.
14 01. Feb Erhebungstechniken II: Objektive Daten & Psychologische Tests 7. 9.
15 08. Feb Artikelarten und Zitationsstil 2. 15.
16 15. Feb Ethik & Klausurvorbesprechung 8.
Wissenschaftstheorie II
Interessierende Fragen• Woher kommt das aktuelle Wissenschaftsverständnis?
• Wie sieht das aktuelle Wissenschaftsverständnis aus?
• Wie unterscheiden sich geisteswissenschaftliche von naturwissenschaftlichen Methoden?
• Wo ist die Psychologie einzuordnen?
Historische Entwicklung• Rationalismus
• Empirismus
• Logischer Empirismus (Positivismus)
• kritischer Rationalismus
Von Nach Frans Hals - André Hatala [e.a.] (1997) De eeuw van Rembrandt, Bruxelles: Crédit communal de Belgique, ISBN 2-908388-32-4., Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2774313
kritischer Rationalismus• geht auf Karl Popper zurück
• Induktionsproblem:Allgemeines Wissen durch Induktionsschluss ist logisch nicht möglich
• Zweifeln wichtig:Erkenntnisgewinn kann nur durch Widerlegung von ungültigen Theorien entstehen Falsifikationsprinzip
• Hypothetischer Charakter wissenschaftlicher Erkenntnis
Prozess kritische Rationalismus• Formulierung kreativer Hypothesen/Theorien
• Empirische Überprüfung
• Nicht falsifizierbar:1. Sachverhalte gehören nicht zur Beobachtungswirklichkeit
2. Existenzaussagen (Es-gibt-Sätze)
3. Kann-Sätzen
4. Normativen Aussagen
5. Tautologische Aussagen
• Annäherung an Wirklichkeit
Realitätsverständnis im kritischen Rationalismus• bedient sich des kritischen Realismus
Annahmen:1. Es gibt eine unabhängige gesetzmäßige Wirklichkeit
2. Diese ist zumindest teilweise erkennbar
Allerdings: Einfluss von Verzerrungen
Kritischer Rationalismus:Theorien• Informationsgehalt und Grad der Falsifizierbarkeit verschiedener Theorien
• empirische Bewährung einer Theorie mit hohem Informationsgehalt trotz vieler Falsifikationsmöglichkeiten
großer Beitrag zum Erkenntnisgewinn
Breiter Gültigkeitsbereich
und präzise Vorhersagen
Viele potenzielle Falsifikatoren
Höherer Informationsgehalt
Kritischer Rationalismus:Theorien
Wenn-Komponente mit Konjunktion: geringerer Grad an Allgemeingültigkeit und weniger Falsifikatoren
„Wenn im Jugendalter sehr viele gewalthaltige digitale Spiele genutzt werden und eine Vernachlässigung durch die Eltern vorliegt und schlechte Bildungs- und Berufschancen bestehen, dann zeigen sich verstärkt aggressive Gedanken“
• Extrem: Einzelfall
Wenn dann
Kritischer Rationalismus:Theorien
Wenn-Komponente mit Disjunktion: größerer Grad an Allgemeingültigkeit und mehr potenzielle Falsifikatoren
„Wenn gewalthaltige digitale Spiele oder gewalthaltige Fernsehprogramme genutzt werden, dann zeigen sich verstärkt aggressive Gedanken“
Wenn dann
Kritischer Rationalismus:Theorien
Dann-Komponente mit Konjunktion: höherer Informationsgehalt und mehr potenzielle Falsifikatoren
„Wenn gewalthaltige digitale Spiele genutzt werden, dann zeigen sich verstärkt aggressive Gedanken und aggressive Verhaltensweisen“
Wenn dann
Kritischer Rationalismus:Theorien
Dann-Komponente + Disjunktion: geringerer Informationsgehalt und weniger potenzielle Falsifikatoren
„Wenn gewalthaltige digitale Spiele genutzt werden, dann zeigen sich verstärkt aggressive Gedanken oder aggressive Verhaltensweisen“
Wenn dann
Anforderungen an wissenschaftliche TheorienTheorien bestehen aus:•Definitionen
•Axiomen
•Theoremen/Propositionen
Nach Bortz & Döring (2016): Forschungsmethoden und Evaluation in den Human- und Sozialwissenschaften. S. 56 f.
Anforderungen an wissenschaftliche TheorienKriterien für Theorien:• Innere Widerspruchsfreiheit
•Äußere Widerspruchsfreiheit
•Falsifizierbarkeit
•Möglichst hoher Informationsgehalt
Nach Bortz & Döring (2016): Forschungsmethoden und Evaluation in den Human- und Sozialwissenschaften. S.56 f.
Anforderungen an wissenschaftliche TheorienKriterien für Theorien:•Möglichst große Erklärungskraft
•Praktische Anwendbarkeit
•Möglichst große Einfachheit (Ockham‘s razor)
•Möglichst hoher empirischer Bewährungsgrad
Nach Bortz & Döring (2016): Forschungsmethoden und Evaluation in den Human- und Sozialwissenschaften. S. 56 f.
Die Ceteris-Paribus-Klausel• unter sonst gleichen Bedingungen
• Hypothesen werden unter der Annahme aufgestellt, dass alle anderen Randbedingungen, außer den genannten, gleich bleiben
Modus Tollens• Modus tollendo tollens
Prämissen: A -> B -B
Konklusion: -A
• Bei logisch korrekter Ableitung kann, wenn die Forschungshypothese nicht zutrifft, auch die Theorie nicht zutreffen
Grenzen des kritischen Rationalismus1. Theorieerweiterung statt Verwerfung praktikabler
2. Empirische Daten können eine Theorie bestätigen
3. Theorieholismus
4. Fehlerhafte Messungen
5. Theorie-Empirie Interdependenz
6. Zweifel an Erklärbarkeit sozialer Wirklichkeit anhand allgemeingültiger Gesetzmäßigkeiten
7. Objektivität von Forschern im soziokulturellen und politischen System
8. Kreativität für Theoriegenerierung nicht logisch begründet
9. mangelnde Umsetzung bestimmter Prinzipien in der Praxis
Historische Entwicklung• Rationalismus
• Empirismus
• Logischer Empirismus (Positivismus)
• kritischer Rationalismus
• radikaler Konstruktivismus
• Paradigmen
• Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme
Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme
• Imre Lakatos
• Probleme: 1. Beobachtungen sind immer Theoriegeleitet2. Theorieverwerfung aufgrund einzelner Widersprüche3. Historischer Verlauf und inhaltliche Geltung von Wissenschaft vernachlässigt
• Aufbau:1. Harter Kern2. Schutzgürtel
• Problemverschiebung statt Wirklichkeitsannäherung
• Qualitätsmaß: Forschungsförderung
Übung1. Warum hat sich der kritische Rationalismus gegenüber des logischen
Empirismus durchgesetzt?
2. Wie müssen Disjunktion und Konjunktion bei wenn-dann Theorien verwendet werden, um möglichst gehaltvolle und allgemeingültige Aussagen zu formulieren?
3. Was besagt die Certeri-Paribus-Klausel, und was ist dabei das Problem?
4. Was sind zentrale Aspekte von Forschungsprogrammen nach Lakatos?
Danke für die Aufmerksamkeit
LiteraturBortz, J., & Döring, N. (2016). Forschungsmethoden und Evaluation für Human-und Sozialwissenschaftler. Heidelberg: Springer-Verlag. Kap 1 und 2
Hecht, H., & Desnizza, W. (2012). Psychologie als empirische Wissenschaft: Essentielle wissenschaftstheoretische und historische Grundlagen. Springer-Verlag. Kap. 1 und 8
Herzog, W. (2012). Wissenschaftstheoretische Grundlagen der Psychologie. Springer-Verlag. Kap. 1
Hussy, W., Schreier, M., & Echterhoff, G. (2010). Forschungsmethoden in Psychologie und Sozialwissenschaften-für Bachelor. Springer-Verlag. Kap. 1