Journal ofMedicinal
Plant ResearchEditor-in-ChiefE. Reinhard, TUbingenPharmazeutisches InstitutAuf der Morgenstelle 80-7400 Tubingen
Editorial BoardH. P. T. Ammon, TubingenW. Barz, MünsterE. Reinhard, Tubingen0. Sticher, ZurichH. Wagner, MünchenM. H. Zenk, München
Hippokrates VerlagStuttgart
Vol. 43
November 1981 No.3
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Crataegus, Toxikologie und PharmakologieTeil II: Pharmakodynamik1Crataegus, Toxicology and PharmakologyPart II: Pharmacodynamics1
H. P. T. Ammon und M. Handel
Lehrstuhl Pharmakologie für Naturwissenschaftler, Fakultät für Chemie und Pharmazie der Universität
Tubingen, Bundesrepublik Deutschland
Pharmakodynamik
Im Kapitel Pharmakodynamik soilzunächst versucht werden, die Ergebnisse
tierexperimenteller Untersuchungen ins-besondere unter den Gesichtspunkten
(1981).
der für Crataegus und seine Präparatio-nen erhobenen Indikationsanspruche imBereich der Herz- und Kreislauferkran-kungen zu sichten und zu bewerten.Daraus ergibt sich die Reihenfolge derDarstellung. Der Vollständigkeit halberwird aber auth auf soiche Untersuchun-gen eingegangen, die nicht oder nur in-direkt mit den Indikationsanspruchenim Zusammenhang stehen.
1 Teil I: Toxikologie, Planta medica 43, 105
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Herz-KreislaufCoronare Herzerkrankung
(Wirkungsqualitäten von Crataegus-priparationen und -inhaltsstoffen,die für die Behandlung der coronarenHerzerkrankung von Interesse sind).
Bei der coronaren Herzerkrankungbesteht em MiIverhältnis zwischen demSauerstoffbedarf des Herzmuskels unddem über die Coronardurchblutung ver-fUgbaren Sauerstoff. Wáhrend bei kör-perlicher Rube eine bereits eingeschränk-te Coronardurchblutung durchaus nochzur Versorgung des Herzens mit Sauer-stoff ausreichend scm kann, macin sichem Mi1verhiltnis zwischen Angebotund Bedarf, insbesonderebei Mehrarbeitdes Herzens im Zusammenhang mit kör-perlicher oder emotioneiler Belastungbemerkbar.
Die Pharmakotherapie der corona-ren Herzerkrankung beabsichtigt eineProphylaxe bzw. eine Beseitigung desakut oder chronisch, in Ruhe oder unterpsychischer oder physischer Belastungauftretenden Mi1verhiiltnisses zwischenSauerstoffbedarf des Herzens und dernSauerstoffangebot aus der coronarenDurchblutung. Urn dieses Ziel zu errei-chen, gibt es im wesentlichen 2 Moglich-keiten;1. Steigerung der coronaren Durchblu-
tung,2. Senkung des myocardialcn Sauerstoff-
bedarfs; dazu gehort audi der Schutzdes Herzens vor plötzlicher Sauer-stoffverbrauchssteigerung.Es wird heute allerdings bezweifelt,
ob mit Stoffen, die lediglich eine Coro-nargefa&rweiterung bewirken, in alienFallen eine wirksame Therapie der co-ronaren Durchblutungsstorung betrie-ben werden kann; da:
1. eine medikarnentöse Dilatation derCoronargefäIe bei Vorliegen skiero-tischer Veranderungen wegen der em-gescbränkten ,,Elastizität" unwahr-scheinlich ist;
2. das Herz durch Autoregulation dieDurchblutung der Coronargefa1e sei-nem Sauerstoffbedarf selbst anpaIt,so daf die Gefäl3e bei einem Sauer-stoffdefizit bereits maximal erweitertsind und Coronardilatatoreri keinezusätzliche Dilatation hervorrufenkönnen.Eine bessere Chance, bei der coro-
naren Herzerkrankung wirksam zusein, hat em Pharmakon dann, wenn esden myocardialen Kollateralkreisiaufverstärkt und/oder den myocardialenSauerstoffbedarf senkt und somit dasgestörte Verhaitnis von Sauerstoffange-bot zu Sauerstoffbedarf wieder in einegünstigere Relation bringt. Eine Ver-minderung des myocardialen Sauerstoll-bedarfs kann u. a. erzielt werden durch:a) Senkung des arteriellen Blutdrucksb) Senkung des peripheren Gefä.Iwider-
standesc) bessere Nutzung des Sauerstoff-
angebotsd) Senkung der Herzfrequenze) Senkung der Kontraktilität.
Im folgenden soil nun erörtert wer-den, ob Crataeguspraparationen bzw.-inhaitsstoffe im Tierver.cuch zu einerSteigerung des coronaren Durchflussesführen und ob sie darüberhinaus authEigenschaf ten besitzen, die eine Vermin-derung des myocardialen Sauerstoffbe-darfs erwarten lassen.
Coronare DurchblutungOber die Wirkung von Crataeguspra-
parationen und -inhaltsstoffen auf dencoronaren Durthflu1 gibt es eine Reihe
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Crataegus, Toxikologie urid Pharmakologie 213
tierexperimenteller Untersuchungen. Siebedienen sich dabei des isoliert-perfun-dierten Meerschweinchenherzens nachLangendorif sowie der Messung descoronaren Durchflusses am narkotisier-ten Tier (meist Hund) mit Hilfe vonThermostromuhren.
In der Tabelle V sind die Ergebnissesoicher Untersuchungen mit verschiede-nen Crataeguspräparationen und -in-haltsstoffen am isolierten Meerschwein-chenherz nach Langendorif zusammen-gefa&. Dabei zeigt sich durchweg eineDurchfluIsteigerung und zwar sowohibei den wä1rigen als auth bei den alko-holischen und sauren Aetherextraktenaus Crataegus. Auch die Crataegus-inhaltsstoffe 1-Epikatechin, Heptaoxy-flavanglykosid und oligomere Procya-nidine führen zu einer Zunahme des co-ronaren Durchflusses. Die DurthfluI-steigerung liegt zwischen etwa 20 und140 0/0. Dies entspricht quantitativ derWirkung von 0,5—1,5 mg Theophyllin.Allerdings gibt es zu den meisten Unter-suthungen keine Dosiswirkungskurven,so dais nicht zu entstheiden ist, ob durchErhohung der Dosen eine weitere Stei-gerung des Durchflusses erwartet wer-den kann, und ob sich die Dosiswir-kungskurven der einzelnen Crataegus-präparationen voneinander unterschei-den. Geht man nath den Zahien der Ta-belle V, so ist die DurchfluIsteigerungbei Crataegutt@ am stärksten ausge-prägt. Keine Aussagen sind auth überden quantitativen Anteil, den die Cra-taegusinhaltsstoffe an der Gesamtwir-kung der Crataegusauszuge ausmachen,moglich, da entsprechende vergleichendeUntersuthungen, einschlieilich der quan-titativen Bestimmungen der Wirkstoff-gehalte nicht vorliegen oder zur Zeit der
Durchfuhrung der Versuche nicht vor-lagen. Em Vergleich der Wirkungssfárkeist lediglith unter den oligomeren Pro-cyanidinen erlaubt, bei denen die oligo-meren Procyanidine mit niedrigem Po-lymerisationsgrad die stärkste Wirkungauf den coronaren DurthfluI zu habenscheinen.
Wãhrend eine Steigerung der in vitroDurchblutung durth Crataeguspräpara-tionen und ihre Inhaltsstoffe aus derReihe der Flavanderivate als nathgewie-sen gelten kann, bleibt die Frage, ob essich dabei urn eine direkteoder indirekteGefa1wirkung handelt, off en. Eine mdi-rekte Wirkung über eine Steigerung derHerzthtigkeit ist nath den in vitro Ver-suthen zwar nitht auszusch1ie1en, da invitro Frequenz und Kontaktilität zu-nehmen (Tab. X u. XII), erscheint jedochzumindest in vivo wenig wahrsthein-lich, da, wie später noch gezeigt werdenwird, dort Blutdruck, peripherer Wider-stand und Herzfrequenz eher abnehmen(Tab. VIII, IX, XI). Eine von man-then Autoren beobachtete positiv mo-trope Wirkung von Crataeguspräpara-tionen dürfte ebenfalls kaum die Ur-sathe der Steigerung der Coronardurth-blutung sein, da gezeigt werden konnte(Tab. VI), daf eine Zunahrne des Coro-nardurchflusses urn ca. 390/u nath Infu-sion von 0,15 ml Crataegutt® beim iso-lierten Meerschweinchenherz nach Lan-gendorff auth dann auftritt, wenn dieKontraktionskraft des Versuthsherzensvorher durth Erhohung der Kaliumkon-zentration im Medium auf 0,040/o her-abgesetzt wurde. Ahnlithe Ergebnissewurden auch mit oligomeren Procyani-din en erhalten (Tab. VI). In beiden Fãl-len konnte die durth Gabe von hohenKaliummengen erzielte Abnahme der
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Crataegus, Toxikologie und Pharmakologie 215
Kontraktilifát wieder gesteigert werden,ohne daI damit im gleichen Umfangeeine Zunahme der Coronardurchblu-tung verbunden war.
Zur Untersuchung der coronardilatie-renden Wirkung von Pharmaka in vivowird meist der narkotisierte Hund oderdie narkotisierte Katze verwendet. Da-bei wird der Coronardurchflu{ mitStromuhren nach Rein und Oberdorfoder elektromagnetisch bestimmt.
Die Tabelle VII zeigt die Ergebnissesoicher Untersuchungen. Bei qualitativerBetrachtung sehen wir übereinstimmendmit den in vitro Versuchen eine Zunah-me des coronaren Durchflusses bei wäf-rigen und alkoholisdien Extrakten ausCrataegus. Von den Crataegusinhalts-stoffen führen ijbereinstimmend Flavon-derivate, wie Heptahydroxyflavangly-kosid, Hyperosid, Gesamtflavonoide ausCrataegus, zur Durchflu1steigerung. Le-diglich bei den Crataegussäuren sind dieErgebnisse kontrovers. Wä.hrend ScHI-MERT und BLöMER (1953) bei einem ge-reinigten Gemisch von Triterpensäuren,Oleanolsure und Ursolsure bei etwa600/0 der Versuchstiere eine Steigerungdes coronaren Durchflusses (ohne quan-titative Angaben) beobachten konnten,gelang dies KUSCHKE und STRAUB(1955), DöRNER und KUSCHKE (1955),bei Verwendung von Crataegussäurenund Triterpensäuren praktisch nicht.
Quantitativ gesehen fand sich bei in-tracoronarer Verabreichung von Esberi-card eine maximale Steigerung des co-ronaren Durchflusses urn 21 0/o, eine Mi-nute nach Zufuhr von 0,5—1,0 ml, dienach 5 Minuten bereits auf 90/0 gesun-ken war; bei sauren Aetherextraktenund alkoholischen Extrakten dagegenvon 80 bzw. 90°/o, bei Vervierfachung
der Dosis von alkoholischem Extrakt so-gar von maximal 270°/o. Die Wirkunghielt jeweils nur wenige Minuten an.Eine Bewertung, ob wä1riger oder al-koholischer Extrakt starker wirksamseien, scheirert wiederum daran, daIkeine Dosiswirkungsbeziehungen aufge-stelit und die Präparate nicht standardi-siert sind.
Bei der intravenösen Verabreichungwird bei den wäfrigen Crataeguszube-reitungen eine Zunahme zwischen 25und 80 0/ angegeben. Bei alkohoiischenZubereitungen fand sich abhangig vonder Dosis eine Zunahme urn 25 bzw.137°/o. Die Wirkungsdauer lag hier zwi-schen 10 und 20Minuten. Mit alien Vor-behalten (Vergleichbarkeit und Standar-disierung) scheinen zumindest nach denBefunden der Tab. VII alkoholischePräparationen —wie in vitro — eine star-kere Wirkung zu haben als wafrige.
Die langste Wirkungsdauer, námlich1—2 Stunden, wurde nach peroraler Ver-abreichung einer alkoholischen Zuberei-tung (Crataegutt) von MAVERS undHENSEL (1974) am wachen Hund be-schrieben. Es ist unseres Wissens die em-zige Arbeitsgruppe, die diese für dieTherapie wichtigste Applikationsartwãhlte. Die Befunde lassen vermuten,da1 für die Steigerung des coronarenDurchflusses widitige Inhaltsstoffe re-sorbiert werden. Allerdings beschranktesich die Durchflu1steigerung auf maxi-mal 39°/o. Sie lie1 sich durch Erhohungder Dosis nicht weiter anheben. Die Stei-gerung des Coronardurchflusses konntejedodi bei wiederholter Gabe (Abstandvon 2 Stunden) aufrecht erhalten wer-den.
Ebenfalls von der gleichen Arbeits-gruppe (RODDEWIG und HENSEL, 1977)
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Crataegus, Toxikologie und Pharmakologie 221
wurde nach oraler Verabreichung vonCrataegus-Inhaltsstoffen (oligomerenProcyanidinen) im Bereidi von 3 Xtäglich 20—70 mg/kg dosisabhãngig emAnstieg des Coronardurchflusses bis zu700/0 beobachtet, der mehrere Stundenanhielt. Die Durchflufzunahme 1ieI sichauth nach wiederholter Gabe (Versuchewurden z. T. bis zu 36 Tage an em unddemselben Tier durchgefUhrt) nachwei-sen.
Fa1t man die bisherigen Ergebnisseaus den Tabellen V, VI und VII zusammen, so kann man festhalten, da1 wäI-rige und alkoholische Präparationenaus Crataegus eine coronardilatierendeWirkung irn Tierversuch zeigen, für diezurnindest teilweise die Wirkstoffe ausder Flavonoidreihe, wie 1-Epikatechin,Hyperosid, Heptahydroxyflavanglyko-sid, oligomere Procyanidine, in Fragekommen. In weichern Umfange sie ander Gesamtwirkung der wIrigen bzw.alkoholischen Zubereitung beteiligt sind,1{t sich freilich nicht sagen. Untersu-chungen zum Mechanismus der coronar-dilatierenden Wirkung von Procyani-dinen wurden von KUKOVETZ (1978)durchgefuhrt. Dabei wurden verschie-dene aus Crataegus gewonnene Procya-nidinchargen getestet. Es zeigte sich, da1alle die Phosphodiesterase in vitro hem-men. Diese Phosphodiesterasehemmungbetrifft nicht nur den Abbau von cAMP,sondern, sogar etwas starker, auth denvon cGMP. Die Starke der Hemrnwir-kung ist off ensichtlich abhangig vomOPC-Gehalt der untersuthten Chargen,sowie vorn Gesamtphenolgehalt, da nichtnur oligomere, sondern auth monomereFraktionen diesen Hemmeffekt haben.Die PDE-Hemmwirkung zeigt, soweituntersucht, die Charakteristika einer
nicht-kompetitiven und reversiblerHemmung.
Procyanidine bewirken unter bestimrnten Bedingungen (nach Tonisierung der Streifen durch Strophanthirin Mg-freier Losung) an Coronarstrei-fen des Rindes signifikante und dosis-abhangige Relaxationseffekte. Ahn1ichWirkungen sind z. T. auth unter Car-bachol-Tonisierung zu beobathten, nichtjedoch unter Kalium-Tonisierung. Inmehreren Versuthen bewirkten bestimm-te OPC-Chargen allerdings auth mehioder weniger ausgeprágte, tonisierendeEffekte, ähnlith wie z. B. Epikatethin.Ob diese Effekte auf eine Verunreini-gung der getesteten Chargen zurückzu-führen sind, ware noth abzukláren.
Parenteral verabreitht ist die Steige-rung des Coronardurthflusses bei denverwendeten Dosen zu kurz, urn thera-peutisth von Interesse zu sein. Die alko-holische Crataeguszubereitung Cratae-gutt® stheint auth per os wirksam zusein, mit einer Wirkungsdauer von 1—2Stunden. Ob die beim gesunden Ver-suchstier beobachtete Steigerung des Co-ronardurthflusses eine Relevanz bei dercoronaren Herzerkrankung hat, wurdebereits oben kritisch diskutiert. Kürzlichwurde sogar darauf hingewiesen, da1sich eine soithe Wirkung bei der coro-naren Durchblutungsstorung unter Urn-ständen ungunstig auf die Durthblutungendocardnaher Bezirke auswirken könn-te (dies gilt jedoch für alle sogenanntenCoronardilatatoreri (coronares ,,Steal-Phänomen")).
Beim experimentellen Infarkt, her-vorgerufen durch Abbindung der Arte-na coronaria sinistra, und einer tagli-then peroralen Verabreichung von 150mg/kg Crataemon als I °/oige Lösung
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Crataegus, Toxikologie und Pharmakologie 225
über 10 Tage, beobadnete GUENDJEV(1977) histologisch eine gegenuber nichtmit Crataemon® behandelten Tierensignifikante Zunahme an Kapillaren,Venolen und Arteriolen urn 250/o, nichtdagegen von Arterien und Venen im In-farktgebiet bei gleichzeitiger geringererAusdehnung des Infarktgebietes. Diesl1t auf eine Stimulierung der Revas-kularisierung beim Coronarinfarktschliellen.
BlutdruckEine Blutdrucksenkung fUhrt zur Ent-
lastung des Herzens und damit zur Ver-minderung seines Sauerstoffbedarfs. Beiden bei der coronaren Herzerkrankung,insbesondere beim Anfall von Anginapectoris, eingesetzten Nitroverbindun-gen kommt es zu einem Abf all des systo-lischen Druckes urn 10—15 mm Hg.
Wie aus der Tabelle VIII hervorgeht,sind die Ergebnisse bei den wa1rigenPräparationen aus Crataegus uneinheit-lich. Einer geringen (10 mm Hg) Ab-nahme bzw. keiner Anderung (Esberi-card®) steht eine Zunahme des Blut-druckes bei dem Inhaltsstof RN 30/9urn Ca. 20 —m Hg gegenuber. Kontrol-len (physiologische Kochsalzlosung oderAdaquates) wurden nur teilweise durch-geführt. Bei den alkoholischen Zuberei-tungen findet sich nach i. v. Verabrei-chung dagegen durchweg eine Blutdruck-senkung, die sich je nach der gewãhltenZubereitung und Dosis in einem Bereichvon 10—60 mm Hg hefindet. Die Wir-kungsdauer wird allerdings meist nichtangegeben, in einem Fall (Crataegutt®)betragt sie wenige Minuten. Versuchebei peroraler Verabreichung liegen nichtvor. Bei Verwendung einiger Inhalts-stoffe wie Flavanpolymere u. oligomere
Procyanidine (im Bereich von 1—5 mg/kg) sowie von Gesamtsaponinen bei al-lerdings sehr hohen Dosen (50—1 00 mg/kg) wurde eine Blutdrucksenkung über1—4 Stunden gefunden. Leider liegenUntersuchungen darüber, ob Crataegus-inhaltsstoffe auch peroral blutdrucksen-kend wirken, nicht vor. Kontroliversu-che (z. B. NaC1) sind nicht vorhanden.Audi wurden Untersuchungen, inwie-weit durch Crataegusparparationenbzw. -inhaltsstoffe Blutdrucksteigerun-gen, z. B. bei Erhohung des Sympathi-kustonus, verhindert oder abgemildertwerden können, nicht durchgefuhrt. So!-the Versuche würden etwas darüber aus-sagen, ob Crataeguspräparationen einenplötzlich auftretenden erhöhten Sauer-stoffbedarf des Herzens von seiten einerphysisch oder psychisch bedingten Blut-drucksteigerung abzufangen vermögen.Hier besteht ebenfalls eine experimen-telle Lücke.
Periphere DurchblutungMit dern Blutdruck und damit mit
dem myocardialen Sauerstoffbedarf inengem Zusammenhang steht dieDurch-blutung der peripheren Organe. EineErweiterung peripherer Gefä1e führtzum Blutdruckabf all und damit zur Ar-beitsentlastung des Herzens (einen sol-then Effekt haben beispielsweise die so-genannten Nitrate). Durchblutungsmes-sungen nach Verabreichung von Cratae-gusparäparationen wurden neben demHerz (vgl. Tab. V—Vu) auth an derSkelettmuskulatur, der Haut, den Nie-ren, dem Darm, der Milz und am Kopfdurchgefuhrt. Die Verabreichung vonCrataeguspräparationen erfolgte beimnarkotisierten Hund meist intraarteriellund (in wenigen Fallen) intravenös.
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226 Ammon, Handel
Ubereinstimmend wird, wie die TabelleIX zeigt, neben der bereits beschriebe-nen Zunahme der Coronardurthblutungauch eine soiche der Skelettmuskulaturund des Kopfes und war nach wä.Iri-gen Zubereitungen aus Crataegus sowiebeim Heptahydroxyflavanglykosid be-richtet. Die Angaben über Darm- undNierendurchblutung sind uneinheitlich.Unzureichende Angaben der Autorenerschweren hier eine Beurteilung. Dage-gen scheint die Durchblutung der Flautübereinstimmend abzunehmen, währendbei der Milz bisher keine Durchblutungs-anderung beobachtet wurde. Die zumin-dest im Bereich des Kopfes, der Herz-kranzgefäIe und der Muskulatur be-obaditete sowie errechnete ailgemeineAbnahme des Gefä1widerstandes (AN-GUISSOLA; 1970) spricht dafür, da1 dievon vielen beschriebene Blutdrucksen-kung zumindest teilweise die Folge ei-nes herabgesetzten peripheren Gefä1-widerstandes ist, wenn auth nicht alleGefäfgebiete daran nachweislidi betei-ligt sind. Diese Wirkungen könnten da-her zur Entlastung des Herzens und da-mit zur Verminderung des Sauerstoff-bedarfs beitragen. Allerdings halten beiden verwendeten Dosen die Effekte nurwenige Minuten an und wurden in er-ster Linie nach intraarterieller bzw. i. v.Gabe beobachtet. Es ist somit ungeklart,ob, wie stark und wie lange eine soicheWirkung bei oraler Zufuhr auftritt.
HerzfrequenzDie Herzfrequenz steht in doppelter
Beziehung zum myocardialen Sauer-stoffverbrauch. Eine Steigerung derHerzfrequenz bedeutet:1. Erhöhung der Arbeit des I-Ierzens2. Verminderung der Diastolendauer,
d. h. Verminderung der Zeit, in derdas Herz durchblutet wird.Bei in vitro Versuchen am isolierten
Meerschweinchenherz nach Langendorifwurde nach der alkoholischen Cratae-guspräparation Crataegutt® eine deut-lithe Steigerung der Herzfrequenz undzwar sowohi beim gesunden, als authbeim Kalium-geschädigten Herzen be-obachtet, die Ca. 60 Minuten anhielt(Tab. X). Bei Verwendung der oligo-meren Procyanidine fand sich dagegennur bei vorgeschiidigtem Herzen einegeringfugige Steigerung. Anders sehendie Ergebnisse von in vivo Versuchenaus (Tab. XI). Hier findet sith nach in-travenöser Zufuhr übereinstimmend —rein qualitativ betrachtet — nadi alko-holisthen Crataeguspräparationen eineAbnahme der Herzfrequenz, die beimWirkstoffkonzentrat aus Crataegus, ab-hangig von der Dosis, ca. 20—90 Minu-ten anhält. Keine Anderung fandenPETROV et al. (1974) nadi intravenöserbzw. intraarterieller Gabe von Cra-taemon®.
Diese in vivo beobachtete Senkungder Herzfrequenz dürfte indirekter Na-tur sein, da am isolierten Meerschwein-chenherzen nach Langendorif sogar eineSteigerung zu beobaditen war (Tab. X).Für die therapeutisdie Beurteilung sindjedoch die in vivo Untersuthungen vonRelevanz. Leider liegt gerade für diesenwiditigen Parameter keine statistisdieAnalyse vor und fehlen Kontroilver-suche. Audi linden sidi keine Untersu-diungen, die eine Aussage über Wir-kungsdauer und vor allem über eineperorale Wirkung zulielen, so dalibrauchbare Schlüsse nidit gezogen wer-den können.
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Untersuchungen zur Wirkung vonCratagusprparationen und -inhalts-stoen in vitro und in vivo haben, wieansdilie1end bei der Abhandlung desThemas Herzinsuffizienz noch gezeigtwerden wird (Tab. XII—XIV), keinenHinweis auf eine negativ inotrope Wir-kung gegeben. Im Gegenteil, es wurdemeist sogar eine Zunahme der Kon-traktilität beobachtet. Ob und inwieweitdadurch der Sauerstoff sparende Effekt,hervorgerufen durch die Senkung derHerzfrequenz, des Blutdrucks und dieSteigerung der peripheren Durchblutungwieder egalisiert wird, ist eine quanti-tative Frage. Sie läIh sich aufgrund desvorliegenden wissenschaftlichen Mate-rials nicht beantworten.
Herzinsufflzienz.
Der 2. Indikationsanspruch von Cra-taeguspräparationen zielt im wesentli-then auf leichte Formen derHerzinsuffi-zienz. Stoffe, die hier therapeutisch em-gesetzt werden, müssen die Eigenschafthaben, die Kontraktionskraft des Herz-muskels und damit dessen Schlagvolu-men zu erhöhen. In vitro Modelle zurPrüfung dieser Eigenschaft sind das iso-lierte Froschherz, das isolierte Meer-schweinchenherz nach Langendorif undder isolierte Herzvorhof. Mit diesen 3Versuchsanordnungen wurden Cratae-guspräparationen bzw. -inhaltsstoffeauf eine kontraktilitatssteigernde Wir-kung gepriift. You den Herzglykosidenist bekannt, da1 ihre kontraktilitätsstei-gernde Wirkung kreislaufdynamisch aminsuffizienten Herzen am ausgepragte-sten ist. Es wurde daher die positiv mo-
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Wie die Tabelle XII zeigt, kornmt esdabei ubereinstimmend sowohi nathwäfrigen als auth nath alkoholisthenCrataegusprãparationen zur Zunahmeder Kontraktionsamplitude beim iso-lierten Meerschweinthenherz nach Lan-gendorif und des Sthlagvolumens beirnisolierten Frosthherz. Diese Zunahrnebeträgt — soweit angegeben — Ca. 10—
300/o Beim isolierten Meerschweinthen-vorhof fand sith dagegen eine Abnahmeder Kraftentwicklung wahrend der Mes-sung der isometristhen Kontraktion(KUMAKARA, 1967). Dieser Befund stehtdern vorherigen entgegen, denn nit Er-hohung der Kontraktionskraft gehortneben der Steigerung der Kontraktions-amplitude eine Steigerung des Druck-anstiegs während der isometristhen Pha-se der Herzsystole. Eine Uberprufungunter Verwendung von Dosiswirkungs-beziehungen, die ja leider in all diesenArbeiten selten anzutreffen sind, sowiedie Verwendung von Referenzsubstan-zen, z. B. Digitoxin oder Strophantinzum quantitativen Wirkungsvergleith,ware hier angebracht.
Von den Crataegusinhaltsstoffen zei-gen am isolierten 1-Ierzvorhof des Ka-ninthens Flavanpolyrnere eine Steige-rung der Kontraktionsamplitude von3 7—50 °/o. Eine Zunahrne der Kontrak-tionsamplitude beim isolierten Meer-sthweinthenherz nath Langendorif um22 0/ wurde bei oligomeren Procyanidi-nen mit niedrigem Polyrneristations-grad beobathtet.
Die in Tabelle XII aufgefuhrten Be-funde weisen zwar mit den bereits vor-ne gernathten Einschränkungen daraufhin, da1 Crataeguspräparationen undeinige Inhaltsstoffe in vitro eine gewissepositiv inotrope Wirkung haben.
Wie die Tabelle XIII zeigt, fUhrenwälrige und alkoholisthe Cratagegus-präparationen sowie Flavanpolymereauth bei Vorsthädigung des Herzens zueiner Steigerung der vorher erniedrigtenKontraktilität. Allerdings sind quanti-tative Angaben kaum vorhanden. Le-diglith von TRUNZLER und SCHULER(1962) wird berithtet, daf die Kontrak-tionskraft des vorgesthädigten Herzensnormalisiert wurde. Bei den oligomerenProcyanidinen in der Effekt unter-sthiedlith. Während beim Oligomeren-konzentrat eine Steigerung der Kon-traktionsamplitude urn 20 °/o erfolgte,zeigte sith eine Abnahme urn 29 o/o beioligorneren Procyanidinen niedrigen Po-lyrnerisationsgrades. Hier besteht emWiderspruth zu den Ergebnissen beirnnitht vorgesthädigten Herzen, der ge-klärt werden soilte. Leider fehlen wie-derum Vergleithe mit Ref erenzsubstan-zen.
In vivo Versuthe, die an narkoti-sierten Katzen und Hunden meist unterVerwendung von Thermo-Stromuhrennath intravenöser Applikation durthge-fuhrt wurden, zeigten ähnlithe Ergeb-nisse bei wä1rigen und alkoholisthenCrataegusextrakten sowie beirn Flavon-gemisth, nämlith eine Steigerung derKontraktionsamplitude sowie des Druk-kes irn rethten Vorhof. Leider fehlenmeist quantitative Angaben und authVergleiche mit anderen positiv inotropwirkenden Substanzen. Auth fehlen An-gaben uber die Dauer der Wirkung und
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Crataegus, ToxkoIogie und Pharmakologie 239
es ist nicht zu entscheiden, ob bei per-oraler Applikation eine Wirkung zu er-warten ist (Tab. XIV).
Von KANNO und Mitarb. (1976) wur-de kürzlich berichtet, daI Zufuhr vonCrataegutt® mit derNahrung über meh-rere Wochen bei Kaninchen dazu führt,daf die durch experimentelle Hypoxiehervorgerufene Hemmung des Ruhe-und Aktionspotentials bei Fasern desVentrikels in vitro herabgesetzt wird.Sie sch1ieIen daraus auf eine günstigeBeeinflussung des Stoffwechsels desHerzmuskels durch Crataegus.
HerzrhythmusstorungenTierexperimentell kann man eine Herz-rhythmusstorung durch Verabreichunghoher Dosen von Aconitin erzeugen.Es treten dann Arrhythmien und Extra-systolen auf. Beseitigung bzw. Ab-schwächung dieser Störungen geben Hin-
weise auf antiarrhythmische Eigenschaf-ten einer Substanz. Wie die Tab. XVzeigt, wurde eine antiarrhythmischeWirkung bisher nach intravenöser Zu-fuhr waIriger und alkoholischer Ex-trakte aus Crataegus sowie bei Flavo-noiden und Triterpensáuren gefunden.Vergleiche mit therapeutisch bereits er-probten Antiarrhythmika wurden nichtdurchgefuhrt. Auth hier kann über Wir-kungsdauer und perorale Wirkung nichtsausgesagt werden, die antiarrhythmischeWirkung trat nicht in jedem Falle auf.
(wird fortgesetzt)
Adresse: Prof. Dr. H. P. T. Ammon,Pharmazeutisches Institut,
Lehrstuhl für Pharmakologie,Auf der Morgenstelle 8,
D-7400 Tubingen
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