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Bericht des Gesprächskreises Ost der Bundesregierung
Redaktion Klaus von Dohnanyi/Edgar Most
Mitglieder des Gesprächskreises* 17
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Hilmar Fuchs, Karl Döring, Klaus von Dohnanyi, Baart Groot, Klaus Hieckmann,
Horst Klinkmann, Dietrich Lehmann, Klaus Mangold, Karl-Ulrich Meyn, Edgar Most,
Erhard Ostwald, Heinz Putzhammer, Helmut Seitz, Stephan Schröter, Bernd Schuster,
Klaus Weise
*Es ist zu beachten, dass nicht alle Mitglieder allen Schlussfolgerungen jeweils zugestimmt
haben
Hamburg/Berlin, 28. Juni 2004
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Zusammenfassung in Thesen 39
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(1) Seit der Wiedervereinigung sind große Fortschritte im Aufbau der
Neuen Länder erzielt worden. Harte Arbeit und hohe finanzielle
Transferleistungen der westdeutschen Bundesländer für den Aufbau
Ost haben das ermöglicht. Der erheblich gestiegene materielle Le-
bensstandard im Osten, die weitgehend ausgebaute, bzw. neu ge-
baute, Infrastruktur, das äußere Bild der Städte und Dörfer zeigen,
was geleistet wurde.
(2) Gleichzeitig vollzog sich in den Jahren nach der Wende eine extre-
me Deindustrialisierung mit der ein Zusammenbruch der industrie-
nahen Forschung einher ging. Und trotz umfassender Förderung
konnte eine selbsttragende Wirtschaftsentwicklung in den neuen
Bundesländern nicht erreicht werden. Die durchschnittliche, katast-
rophal hohe Arbeitslosigkeit und die nun schon mehrere Jahre stag-
nierende Wertschöpfung bei nur etwa 60 % der Wertschöpfung des
Westens, sowie die ständig fortschreitende Abwanderung gerade
von besonders leistungsfähigen Menschen, belegen dies besonders
eindringlich. Eine Angleichung der Wertschöpfung im Osten auf im
Schnitt 90 % des Westens bis 2020 würde im Osten ein dann über-
durchschnittliches Wachstum von real 4–5 % bedeuten: Ein un-
wahrscheinliches „Wirtschaftswunder“, das die Schwere, aber auch
die Herausforderung im Aufbau Ost zeigt.
(3) Ein stagnierender Osten mit hohem Transferbedarf ist eine große
Gefahr für die Zukunftsentwicklung von ganz Deutschland. Auf
dem bisherigen Weg ist das Ziel einer selbsttragenden Wirtschaft im
Osten offenbar nicht zu erreichen. Der Aufbau Ost muss deswegen
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nachdrücklich im Zentrum des politischen Handelns stehen. Eine
Kurskorrektur beim Aufbau Ost ist erforderlich.
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(4) Die Bundesregierung stellt den weiteren Ausbau der Infrastruktur
in den Mittelpunkt ihrer Aufbaustrategie-Ost. Im Zentrum der Stra-
tegie Aufbau Ost müssten jedoch das verarbeitende Gewerbe, insbe-
sondere die Industrie, eine sie begleitende, umfassende Forschungs-
landschaft und eine dementsprechende Ausbildung stehen. Denn
diese sind das unerlässliche Fundament für eine selbsttragende wirt-
schaftliche Entwicklung. Die Infrastruktur dagegen ist im Osten be-
reits weitgehend wettbewerbsfähig. Für den Aufbau wettbewerbsfä-
higer Unternehmen ist sie nur noch sehr bedingt ergänzungsbedürf-
tig.
Die Kurskorrektur muss deshalb erfolgen durch
eine Schwerpunktverlagerung von der Infrastruktur zum Aufbau
von Wirtschaftsunternehmen und der sie begleitenden, stützen-
den Forschungslandschaft;
einen Übergang von der Flächenförderung zur entschlosseneren
Konzentration auf Wachstumskerne;
den Übergang von Anschubhilfen zu mehr längerfristig ertrags-
stützenden Maßnahmen, sowohl für Neuansiedlungen, als auch
für die existierenden (in der Regel zu kleinen, zu finanzschwa-
chen, im Markt noch nicht ausreichend verankerten) Unterneh-
men.
(5) Diese Kurskorrektur fordert Konsequenzen in der Finanzierung des
Aufbau Ost. Das bisher eingeplante Finanzvolumen des Solidarpakt
II stellt dafür ersichtlich die Obergrenze dar; es darf weder verrin-
gert noch zuviel für den Staatskonsum verwendet werden. Auch ei-
ne Verringerung der Verpflichtungsermächtigungen für die Ge-
meinschaftsaufgabe Wirtschaftsförderung (GA) darf nicht erfolgen.
Die Mittel der Investitionszulagen, deren Abschaffung vorgeschla-
gen wird sind in die GA-Förderung einzubeziehen.
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(6) Die Umschichtung der Finanzen von jeder nicht mehr zwingend
erforderlichen Infrastruktur zur unmittelbaren Unternehmens- und
Forschungsförderung, kann die Verwirklichung der oben beschrie-
benen Schwerpunktverlagerung ermöglichen. Dazu sind ab sofort
alle Infrastrukturprojekte streng auf ihre Bedeutung für die Unter-
nehmensentwicklung zu prüfen. Nur zwingend notwendige Projekte
sollten zukünftig noch realisiert werden.
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(7) Ein erfolgreicher Wirtschaftsbau setzt auch im Osten eine regionale
Konzentration und Verdichtung von Branchen voraus. Diese müs-
sen in enger Zusammenarbeit von Wirtschaft, Wissenschaft und
Staat erfolgen. Eine Bestimmung der Wachstumskerne für Förder-
zwecke kann aber länderübergreifend nur erfolgreich sein, wenn der
Bund eine entscheidende Mitsprache erhält; sie ist mit den Ländern
verbindlich zu vereinbaren.
(8) Die Konzentration auf Wachstumsregionen verlangt eine zumutbare
verkehrspolitische Einbindung der wachstumsschwächeren Regio-
nen.
(9) Es müssen besondere Konsequenzen aus der EU-Erweiterung für
die Grenzregionen gezogen werden.
(10) Die zukünftige regionale und inhaltliche Aufbaustrategie ist in
einem regionalen Masterplan (Wachstumskerne: Infrastruktur;
Wirtschaft; Wissenschaft; Land- und Ernährungswirtschaft; ländli-
cher Raum) zusammenzufassen. Er dient der Koordinierung wirt-
schaftlicher Maßnahmen für die Wachstumskerne und sollte von
Bund und Länden vereinbart, kontinuierlich überarbeitet und even-
tuell revidiert werden.
(11) Für eine erfolgreiche Entwicklung muss von der Realität der
aktuellen Wirtschaftsstruktur in den Neuen Ländern ausgegangen
werden. Sie ist im Industriebereich durch zumeist kleine Betriebe
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mit schwacher Marktposition, unzureichendem Forschungspotenzi-
al, aber auch geringer Eigenkapitalausstattung und kaum überwind-
baren Problemen bei der Kreditbeschaffung gekennzeichnet.
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Es ist deshalb unerlässlich, unter Beachtung von Risiko und Auf-
wand, die Zusammenarbeit zwischen der KfW und den Hausbanken
neu zu definieren, um der Wirtschaft den Zugang zu Förderkrediten
und Kapital zu erleichtern.
(12) Durch die vorgeschlagene Umverteilung frei gesetzter Förder-
mittel ist außerdem ein Beteiligungskapitalfonds für Risiko-Kapital
(VC) zu bilden, der zur Stabilisierung bestehender kleiner und mitt-
lerer Unternehmen (KMU) und für Neugründungen innovativer Un-
ternehmen dient.
(13) Finanzielle Altlasten und vereinigungsbedingte Fehlentwicklungen
im kommunalen Wohnungsbau, sowie bei Wasserentsorgungssys-
temen, sind unter anderem durch Zusammenlegung von Unterneh-
men und durch Kapitalschnitt zu bereinigen. Dazu ist der Erblas-
tungstilgungsfond nochmals zu öffnen.
(14) Aber auch entsprechende Sparmaßnahmen auf Landesebene sind
erforderlich. Diese Länderaufgabe ist zwingend für eine Erweite-
rung des finanziellen Spielraumes von Ländern und Kommunen für
die Unternehmensförderung.
(15) Den Neuen Ländern ist ein möglichst großer Spielraum für eine
länderspezifische Entbürokratisierung einzuräumen. Das von Hel-
mut Schmidt vorgeschlagene „Artikelgesetz“ wäre hierfür ein ge-
eignetes Instrument.
(16) Die besondere Lage auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt erfordert
auch hier eine geordnete, zusätzliche Flexibilität sowie den Einsatz
von Lohnergänzungsmaßnahmen, um den nicht mehr nachqualifi-
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zierbaren Gruppen ebenfalls einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu
ermöglichen.
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(17) Für die Durchführung der genannten Maßnahmen sind jeweils
Zeitziele, Kontrollmechanismen und eine zeitnahe, ungeschminkte
Berichterstattung vorzusehen.
(18) Es sind dafür bessere organisatorische Lösungen in der Bundesre-
gierung erforderlich. Die Koordination der Aufgaben verschiedener
Ministerien und die Durchsetzung der Entscheidungen ist zu
verbessern. Dazu wäre es zweckmäßig, dass von der Bundesregie-
rung eine ausschließlich hierfür zuständige Person mit der Koordi-
nierung der Aufgaben beauftragt wird. Sie sollte von einem Gremi-
um sachverständiger Praktiker ständig begleitet werden. (Siehe
hierzu die Anregungen in Anlage 1).
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(19) Angesichts der Größe und Bedeutung der Aufgaben für das ganze
Deutschland schlägt der Gesprächskreis vor, die Maßnahmen in ei-
nem „Aufbau-Pakt-Ost“ zu verankern, an dem Bund, Länder, Ta-
rifparteien und Vertreter der Forschung beteiligt sein sollten.
Der Gesprächskreis geht davon aus, dass durch die hier vorgeschlagene
Neuausrichtung der Ziele und Instrumente, und durch die verstärkte
politische Fokussierung die Aufbau-Arbeit nicht nur wirkungsvoller
werden kann: Auf diesem Weg kann auch das Vertrauen der Bürger
Ostdeutschlands in die Zukunft ihrer Region endlich wieder gestärkt,
die Abwanderung gemildert und die Attraktivität für Investitionen ver-
bessert werden.
Es sei noch einmal unterstrichen: Die vorgeschlagenen Schritte für den
Osten entheben Deutschland im Ganzen nicht von der Notwendigkeit
erheblicher allgemeiner, struktureller Erneuerungen (Reformen) der
Nation. Es besteht nämlich kein Gegensatz zwischen Reformpolitik für
das ganze Deutschland und einer gezielten Aufbau-Ost-Strategie. Im
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Gegenteil: Das eine bedingt das andere. Nur gemeinsam und nur wenn
die Probleme von Ost und West in einen politisch verständlichen Zu-
sammenhang gebracht werden, können wir in Deutschland endlich das
solange ersehnte, positive Klima erzeugen. Die Deutschen müssen er-
kennen können, dass es nicht ihre Leistungsschwäche ist, sondern
vielmehr ihre besondere Herausforderung durch die Vereinigungsfol-
gen, die heute das Wachstum in Deutschland erschwert. Und nur wenn
der Aufbau Ost entschlossen angepackt wird, dann hat das ganze
Deutschland wieder eine zukunftsreiche Perspektive.
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Der Gesprächskreis versteht sich als eine gesamtdeutsche Beratung der
Bundesregierung, die den Fokus auf das Problemgebiet Neue Länder
richten sollte. Wir hoffen, dass unsere Vorschläge auch so aufgenom-
men und in dem Ernst verstanden werden, in dem wir sie erarbeitet
haben. Wir wollen mit unseren Vorschlägen den Osten voranbringen
und zu einer neuen Aufbaustimmung in Ost und West beitragen.
Wir hoffen deswegen, dass es der Bundesregierung gelingen möge, die
hierfür aus unserer Sicht erforderlichen organisatorischen Vorausset-
zungen zu schaffen und so nach der Sommerpause 2004 gemeinsam mit
Ländern, Tarifparteien und Wissenschaftsorganisationen durch einen
Aufbau-Pakt-Ost das notwendige Fundament für eine Kurskorrektur zu
schaffen.
Denn Deutschland braucht eine neue, von allen Schichten der Gesell-
schaft getragene Aufbruchstimmung.
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Die Berichterstattung über einen vorläufigen Entwurf dieses Berichtes
hat gelegentlich den Eindruck erweckt, als wolle der „Gesprächskreis“
den „Osten“ für einen Niedergang des „Westens“ verantwortlich ma-
chen; oder als erkenne der „Gesprächskreis“ nicht die beachtlichen
Aufbauleistungen seit 1990. Beide Unterstellungen sind unbegründet.
Auf die kritischen Folgen der Vereinigung für das ganze Deutschland
hinzuweisen heißt weder Glück und Freude über die Herstellung der
nationalen Einheit in Freiheit zu vergessen, noch zu übersehen, wie
groß die Fortschritte auf dem Weg zur inneren Einheit bisher waren:
Die Einkommen im Osten stiegen erheblich, die hohe Arbeitslosig-
keit beeinträchtigt allerdings den allgemeinen Lebensstandard;
Städte, Dörfer, Universitäten und Krankenhäuser; Straßen, Schie-
nen und Bahnhöfe; Flughäfen und Umweltschutz: Überall ist die
Region der ehemaligen DDR aus einem Zustand großen Erneue-
rungsbedarfs wieder erstanden und zum Teil heute besser ausgestat-
tet als der Westen;
wenn auch mit starken regionalen Differenzen zeigen sich Ansätze
für die Bildung auch international wettbewerbsfähiger Wirtschafts-
standorte. Es sei nur beispielhaft verwiesen. Auf die Automobilin-
dustrie im sächsisch-thüringischem Raum, die Informationstechno-
logie im Raum Dresden, die optische Industrie im Raum Jena, die
maritime und die Tourismuswirtschaft in Mecklenburg-
Vorpommern, die chemische Industrie in Brandenburg und Sach-
sen-Anhalt oder den Medienstandort Berlin.
Auf der anderen Seite lässt sich aber auch nicht übersehen:
die Wertschöpfung der Neuen Länder stagniert bei etwa 60 % des
Westens; sie lag allerdings 1991 auch nur bei etwa 33 %;
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rechnerisch fehlen dem Osten im Vergleich zum Westen allein im
verarbeitenden Gewerbe etwa 3000 mittelständische Unternehmen
und etwa 600000 Beschäftigte;
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die Arbeitslosigkeit in den Neuen Ländern von durchschnittlich
über 18 % erreicht in einigen Regionen katastrophale Größen bei
40–50 %; rund 500000 tägliche Pendler nach Westen verschönern
noch diese Zahlen;
fortdauernde Abwanderung, insbesondere junger Menschen, erfolgt
aus allen Neuen Ländern; es droht eine noch dramatischere Überal-
terung der Gesellschaft als im Westen, und ein gefährlicher Verlust
besonders gut ausgebildeter Menschen und kreativer Köpfe;
diese räumliche Entleerung löst in der Erhaltung insbesondere der
städtischen Infrastrukturen wachsende pro Kopf Kosten aus;
und schließlich: Die erheblichen Transferzahlungen belasten nicht
nur die öffentlichen Haushalte im „Westen“ und schränken dort öf-
fentliche und private Haushalte schmerzhaft ein. Sie sind auch ein
wesentlicher Grund für Deutschlands überhöhte Lohnnebenkosten,
weil die teilweise Übernahme von Kosten der Renten-, Gesund-
heits- und Arbeitslosenversicherung in Ostdeutschland durch die
Sozialabgaben, also die sogenannten „versicherungsfremde Leis-
tungen“, die Lohnkosten in Deutschland nicht unerheblich erhöht
haben.
Der Region Neue Länder drohen durch längerfristige Trends schon
heute weitere Probleme:
Die im Osten unterdurchschnittlich kleinen Betriebe werden ange-
sichts ihres ebenfalls unterdurchschnittlich geringen Eigenkapitals
im verschärften, internationalen Verteilungskampf zukünftig
zwangsläufig noch erheblich gebeutelt werden. Hierbei dürfen auch
die Folgen der Osterweiterung der EU nicht unterschätzt werden.
Denn diese wird eher der hochproduktiven westdeutschen Investiti-
onsgüterindustrie als den ostdeutschen Betrieben Vorteile bringen,
obwohl die ostdeutschen Unternehmen über Sprach- und Landes-
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kenntnisse der Nachbarn verfügen, die nutzbar gemacht werden
müssen. Dies allerdings hätte sehr kurzfristig zu erfolgen, da diese
besonderen Kenntnisse und Erfahrungen angesichts des sich schnell
verändernden Umfeldes zunehmend an Gewicht verlieren.
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Die hohe Arbeitslosigkeit (im Osten 18.3 %, trotz relativ hoher
ABM, 18.3 %, gegenüber 8.4 % im Westen; April 2004) und eine
sehr hohe Frühverrentung werden in den Neuen Ländern mittelfris-
tig auch zu einem deutlichen Abfall des heute noch vergleichsweise
hohen Rentenniveaus führen. Dies wird dann die ostdeutsche Kauf-
kraft zunehmend beeinträchtigen.
Die Verschuldung der Kommunen hat inzwischen ein Ausmaß er-
reicht, das wirtschaftliche Aktivitäten vieler Kommunen faktisch
lähmt; dies hat zunehmend negative Auswirkungen auf Handwerk
und örtliche Kleinindustrie.
Anhaltende Arbeitslosigkeit, sinkendes Rentenniveau, fortdauernde
Abwanderung produktiver, insbesondere jugendlicher Kräfte und
hochverschuldete Gemeinden könnten bei Fortsetzung heutiger
Tendenzen den West-Ost-Transferbedarf zukünftig weiter ansteigen
lassen. Da aber in der Leistungskraft des Westens auch den Trans-
ferzahlungen Grenzen gezogen sind, würde dann mittelfristig eine
Krise der öffentlichen Finanzen im Osten drohen. Diese könnte
letztlich auch den erreichten Ausbau der Infrastruktur wieder quali-
tativ gefährden. In einer Veröffentlichung des HWWA Wirtschafts-
dienst (April 2003) wird auf diese dramatischen Zusammenhänge
zwischen der heutigen ökonomischen Entwicklung im Osten und
der gesamtdeutschen Fiskalpolitik hingewiesen: „Zusammengefasst
kann also festgestellt werden, dass neben dem momentan viel dis-
kutierten Reformbedarf auch die wirtschaftliche Entwicklung Ost-
deutschlands forciert werden muss, will man zukünftigen Generati-
onen nicht eine unzumutbar hohe (Steuer-) Last aufbürden.
Lage und Perspektive sind also dramatisch. Und es ist dem Gesprächs-
kreis unverständlich, dass sich dies nicht deutlicher in der Politik des
Bundes und dessen Maßnahmen widerspiegelt. Denn auch wenn es
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höhere Wachstumsraten des verarbeitenden Gewerbes im Osten als im
Westen gibt, die statistisch in der gesamtwirtschaftlichen Leistung
(BSP) noch von der rückläufigen Bauwirtschaft überdeckt werden,
kann man sich damit nicht beruhigen: Die statistische Basis des verar-
beitenden Gewerbes im Osten bleibt dennoch sehr schmal.
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Der „Zweite Fortschrittsbericht“ der Institute über die wirtschaftliche
Entwicklung in Ostdeutschland (November 2003) beginnt folglich auch
mit den Worten: „Auch im letzten Jahr verlief die wirtschaftliche Ent-
wicklung in den Neuen Bundesländern aufs Ganze gesehen enttäu-
schend“ und endet konsequent mit der resignativen Feststellung, dass
„die Möglichkeiten der Politik den Aufbauprozess in den Neuen Län-
dern zu beschleunigen zunehmend geringer werden“, sodass die Politik
„.....auf Marktprozesse setzen müsse(n) – und auch Abwanderungen
akzeptieren müsse(n).“
Doch weder der „Fortschrittsbericht“, noch die Stellungnahmen der
Bundesregierung zu diesem Bericht seither, lassen erkennen welch
schwerwiegende Folgen sich aus einer längerfristigen Fortschreibung
der jetzigen Entwicklung des Aufbau Ost nicht nur für die Neuen Län-
der ergeben könnten, sondern auch für die Bundesrepublik Deutschland
und für Europa. Ein sehr eingehender Bericht der Europäischen Kom-
mission zur wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands in den 90er
Jahren vom Mai 2002 läßt aufhorchen: Die Kommission ist hier der
Auffassung, dass der ungebrochene innerdeutsche West-Ost-Transfer
(etwa 4 % des westdeutschen Bruttosozialproduktes jährlich, ca. 90
Mrd. EUR in 2003), und andere Folgen der deutschen Vereinigung, zu
etwa Zwei-Drittel für die heutige Wachstumsschwäche Deutschlands
direkt oder indirekt ursächlich seien. Wenn das richtig ist – und diese
Auffassung der Kommission wird inzwischen von immer mehr For-
schungseinrichtungen und Sachverständigen geteilt – dann muss der
Aufbau Ost wieder als vorrangiges Ziel gesamtdeutscher Politik begrif-
fen, und die Wachstumsschwäche energischer an der Quelle ihrer ü-
berwiegenden Ursache, nämlich im Aufbau Ost, bekämpft werden.
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„Marktprozesse“ allein werden das nicht bewerkstelligen, wenn nicht
die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen entscheidend geändert
werden.
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Ein marktwirtschaftlich erfolgreicher „Aufbau Ost“ muss die „Markt-
prozesse“ mit einer Vielzahl weiterer gezielter Steuerungen ergänzen.
Die Politik muss ihre Aufbau-Ost-Strategie im Licht einer nüchternen
Bestandsaufnahme betrachten, überdenken und erfolgversprechendere
Konzepte für bessere Rahmenbedingungen und besser gezielte Aufbau-
Maßnahmen schaffen, durch die dann auch „Marktprozesse“ helfen
können die Entwicklung umzukehren.
Wir stehen vor Beginn des Solidarpaktes II, und die EU-
Osterweiterung stellt uns vor weitere, neue Herausforderungen Das
bedeutet die Strategie des Aufbau Ost jetzt zu korrigieren. 379
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Die im „Gesprächskreis“ versammelten Praktiker fordern deswegen die
Bundesregierung zu einer Kurskorrektur auf.
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Die ehemalige DDR war eine hoch industrialisierte Region. Industrie
und verarbeitendes Gewerbe bleiben dort auch heute das unerlässliche
Fundament für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung. Im
Mittelpunkt jeder Strategie Aufbau Ost muss deswegen das verarbei-
tende Gewerbe, insbesondere die Industrie, stehen. Hierher gehört
selbstverständlich auch (in entsprechend geeigneten Regionen) Felder
wie die Tourismus- oder die Gesundheitswirtschaft. Als Fundament der
Entwicklung derartiger Wirtschaftsschwerpunkte ist jeweils eine breite
Basis von Wissenschaft, Forschung und Ausbildung erforderlich. Es
war (und ist) ein fataler Irrtum zu glauben, allgemeine „Dienstleistun-
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gen“, könnten der entscheidende Retter sein: Ohne wirtschaftsnahe
Dienstleistungen, also ohne entsprechende Wirtschaftsbasis, wird es
nämlich auch im Osten keine breite Dienstleistungswirtschaft geben.
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Die Industrie ist im Osten jedoch nicht nur deutlich unterrepräsentiert,
sondern die Betriebe sind auch wesentlich kleiner und haben eine un-
vergleichbar schwächere Position im überregionalen Absatz und im
Export. Große Unternehmen, die Kerne für Zuliefererbetriebe sein
könnten, und deren Zentralen fehlen fast vollständig. Innovativen Un-
ternehmen in den wichtigen technologischen Wachstumsfeldern fehlt
die finanzielle Kraft für Markteintritt und Export.
Wenn aber die zentrale Aufgabe im Aufbau einer selbsttragenden Wirt-
schaftsbasis, gestützt auf eine wettbewerbsfähige Mischung aus großen
und mittelländischen Unternehmen liegt, muss die Aufbaustrategie in
allen Facetten dieser Zielsetzung entsprechen.
Betrachtet man jedoch die Förderstrategie in vereinfachter Struktur so
ergibt sich Folgendes:
In einer ersten Phase spielten allgemeine Abschreibungsvorteile
eine zentrale Rolle. Es ist unbestritten, dass dabei, trotz erheblicher
Fehlinvestitionen, auch viele Vorhaben der Infrastruktur und der
Stadterneuerung gefördert wurden, die unbedingt notwendig waren.
Allerdings sind derartige Investitionen noch nicht als solche wert-
schöpfend. Sie ließen nach einem Boom eine überdimensionale
Bauindustrie zurück, die keine positive und nachhaltige Wirkung
mehr auf die Entwicklung der ostdeutschen Wirtschaftskraft haben
konnte;
in der Produktionswirtschaft haben Abschreibungen meist relativ
kurzfristige Effekte; sie fördern, anders als zum Beispiel niedrigere
Ertragssteuern, nur bedingt eine nachhaltige Ertragskraft der Unter-
nehmen. Im besonderen Fall des Aufbau Ost bewirkten die Ab-
schreibungen erhebliche Fehlinvestitionen in auch überflüssige
Bauvorhaben und wirkten (mangels entsprechender Gewinne im
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Osten) darüber hinaus steuerlich im Wesentlichen zu Gunsten von
Investoren mit Sitz außerhalb des Ostens. Auch dort allerdings ha-
ben sie als Fehlinvestitionen zum Teil eine erhebliche Kapitalver-
nichtung bewirkt.
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Investitionszulagen und Investitionszuschüsse sind einmalige Zu-
wendungen. Allgemeine Zulagen können volkswirtschaftliche Ver-
schwendung bedeuten, weil sie nicht zielgerichtet sein und eventu-
ell auch erhebliche Mitnahmeeffekte auslösen können. Zuschüsse
(nach GA) haben zwar als Einzelfallentscheidung demgegenüber
erhebliche Vorteile und werden deswegen vom „Zweiten Fort-
schrittsbericht“ auch zur Fortführung und Steuerung der Wachs-
tumskerne empfohlen, aber eine längerfristige Ertragsstärkung be-
wirken auch sie in der Regel nicht.
Es erfolgte im Kern eine erhebliche Förderung des Ausbaus der
ostdeutschen Infrastruktur, was zu Beginn sicher unerlässlich und
notwendig war. Inzwischen befindet sich aber die Infrastruktur des
Verkehrs, der Kommunikation und des Städtebaus in einem erheb-
lich verbesserten Zustand, insbesondere auch im Vergleich zu of-
fenbar attraktiven Verlagerungsstandorten außerhalb Deutschlands.
Der „Standort Neue Länder“ ist in seiner Infrastruktur bereits heute
– gewiss mit noch immer erheblichen Unterschieden – in vieler Be-
ziehung eindeutig wettbewerbsfähig.
Ein besonderer Akzent wurde durch den Aufbau des Universitäts-
wesens und der Einrichtung von Instituten der großen Forschungs-
gesellschaften gesetzt. Dieser sichtbare Erfolg muss allerdings auf
dem Hintergrund eines fast vollständigen Zusammenbruchs der
wirtschaftsnahen Forschung gesehen werden, die in der ehemaligen
DDR in erster Linie innerbetrieblich von den Kombinaten getragen
wurde. Da die Wirtschaft aus dem marktwirtschaftlichen „Westen“
(das bedeutet nicht nur West-Deutschland!) ihre Forschungseinhei-
ten in der Regel bei den Muttergesellschaften belassen hat, ist der
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Anteil der an in Forschung und Entwicklung beschäftigten Mitar-
beiter in den Neuen Ländern deutlich unterproportional und noch
völlig unzureichend. Besondere Vorteile für eine Verlagerung von
F&E-Tätigkeiten in den Osten wurden jedoch nicht vorgesehen.
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Es fällt also auf, dass, abgesehen von den genannten Anschubhilfen
(Abschreibungen, Zulagen und Zuschüsse), die Unternehmenswirt-
schaft für die Standortwahl Ostdeutschland keinerlei längerfristigere
Anreize im Sinne einer nachhaltigen Stärkung ihrer Ertragskraft erhielt.
Das begrenzte die Attraktivität für Neuansiedlungen ebenso wie die
Möglichkeiten eines entsprechenden Marktwachstums bereits beste-
hender Betriebe. So entstand kein in der Breite wettbewerbsfähiger
„Standort Ost“.
Auf der Kostenseite erfolgte zugleich eine auf Lohnangleichung West
gerichtete Politik der Tarifparteien. Wenn also heute das Bruttoerwer-
beseinkommen je Haushalt im Osten etwa 75 % und das Nettoer-
werbseinkommen etwa 70 % des westdeutschen Durchschnitts erreicht,
die günstigere Kaufkraft des Konsum-Euro aber sogar im Einzelfall bis
zu 90 % führen kann, so ist dieses Niveau jedoch nicht von der Wert-
schöpfungsleistung in den Neuen Ländern (etwa 60 % des Westens pro
Einwohner) getragen. Dies liegt jedoch nicht etwa an geringerer Leis-
tungskraft oder Motivation der ostdeutschen Arbeitnehmer! Die Wende
ließ vielmehr die bestehenden Strukturen zwar weitgehend obsolet wer-
den, der Aufbaupolitik gelang es aber nicht, ein modernes Wirtschafts-
fundament in ausreichender Breite zu schaffen.
Faktisch alle Wirtschaftssachverständigen schreiben dieses Ergebnis
unter anderem auch der pauschalen Übertragung des westdeutschen
Regulierungssystems zu, insbesondere den allzu schnellen und relativ
undifferenzierten Lohnerhöhungen (mit Lohnführerschaft beim öffent-
lichen Dienst!). Denn auch insofern gehört die schmale Ertragskraft der
ostdeutschen Unternehmen zu den Erklärungen: Arbeitsplätze folgen
nämlich vorrangig privaten Investitionen und diese wiederum folgen
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den Ertragschancen: Es geht nicht umgekehrt. Aus der Fehlsteuerung,
die im Aufbau Ost in dieser Beziehung zu beobachten war und ist, er-
geben sich Probleme insbesondere für den industriellen Mittelstand,
weil inzwischen auch dieser in den Kostenstrukturen nicht nur nationa-
lem, sondern zunehmend auch internationalem Wettbewerb ausgesetzt
ist.
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Im Kern fehlten von Anbeginn die Anreize durch günstigere Ertrags-
steuern. Hier handelte Deutschland anders als wichtige Konkurrenzlän-
der (z. B. Irland, Großbritannien, USA, heute noch Osteuropa, usw.)
Ein ostdeutsches Unternehmen, das die Gewinnschwelle überschreitet,
ist (und war stets!) denselben Steuersätzen unterworfen wie ein west-
deutsches, auch wenn das ostdeutsche Unternehmen mit deutlich gerin-
gerer Substanz (Eigenkapital etc.) ausgestattet war (und ist) und ange-
sichts unzureichender Marktverankerung zunächst erhebliche zusätzli-
che Mittel braucht, um im Wettbewerb Marktanteile zu gewinnen. Vor-
schläge für eine allgemeine Niedrigsteuerregion „Ost“, oder, wie be-
reits zu Beginn der 90er Jahre gefordert, für eine steuerliche „Wert-
schöpfungspräferenz“ der Industrie der Neuen Länder, wurden damals
von der Bundesregierung abgelehnt, obwohl insbesondere die „Wert-
schöpfungspräferenz“ unter anderem von dem in Ostdeutschland sehr
erfahrenen Präsidenten des BDI, Tyll Necker, nachdrücklich unterstützt
wurde. Verlustvorträge blieben ein nur spärlicher Ersatz, zumal auch
diese wiederum meistens den gewinnträchtigeren „westlichen“ Mutter-
unternehmen zugute kamen.
Nachhaltige Ertragsbegünstigungen, insbesondere für das verarbeitende
Gewerbe, für die „harten“ und „weichen“ Industrien im Osten, gab und
gibt es also nicht. Oder kaum. Und Kostenvorteile sind im Osten nur
noch sehr begrenzt gegeben. Zwar haben nahezu 75 % der ostdeutschen
Industriebetriebe versucht, sich aus eigener Kraft, Kostenvorteile zu
verschaffen, indem sie sich aus den Flächentarifverträgen befreiten; nur
so konnten sie überhaupt überleben. Die Löhne im verarbeitenden Ge-
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werbe liegen folglich heute im Vergleich mit Westdeutschland nur bei
knapp über 70 %.
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Niedrigere Lohnkosten werden häufig jedoch zu einem guten Teil wie-
der wettgemacht durch andere höhere Standortkosten, wie Transport,
Energie, Wasser usw. Auch im Einkauf haben die ostdeutschen Unter-
nehmen in der Regel wegen ihrer geringeren Fertigungstiefe häufig
noch Nachteile. Die kleineren und finanzschwächeren Betriebe müssen
in der Regel mindestens 5–10 % teurer einkaufen, weil sie häufiger
kürzere Zahlungsfristen, geringere Skonti und schmalere Rabatte erhal-
ten als die länger eingeführte und meist größere, „westliche“ Konkur-
renz.
Und schließlich: Auch im Absatz stehen die Ostbetriebe noch immer
vor großen Problemen. Es gibt unter ihnen kaum nationale, geschweige
denn internationale Marken. Folglich werden Unternehmen der Neuen
Länder noch immer in erheblichem Umfang in die unteren Preisberei-
che gedrückt, bzw. müssen sich dort platzieren. Absatzförderung durch
besondere wirtschaftspolitische Förderung hat sich als kaum möglich
erwiesen. In diesem Zusammenhang bleibt es unverständlich, dass die
einstige Vorgabe der Regierung Kohl, bei allen öffentlichen Ausschrei-
bungen des Bundes immer auch mindestens eine ostdeutsche Firma zu
beteiligen, inzwischen ebenso stillschweigend fallen gelassen wurde
wie die zunächst eingeführte besondere Messeförderung auf den Welt-
märkten. Auch das Tariftreuegesetz, würde es denn im Osten konse-
quent angewandt, hätte zusätzliche, marktbeschränkende Folgen. Es
bleibt also schwer – bis heute zu
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schwer! – für die ostdeutsche Industrie
die notwendigen Kostenvorteile zur Produktentwicklung und insbeson-
dere auch zur Markteroberung zu gewinnen.
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Hinzu kommt, dass die Betriebe in Ostdeutschland auch im Kreditbe-
reich besondere Probleme haben: Schwache Eigenkapitalausstattung,
schmalere Erträge und ein Kreditgewerbe, das wegen erheblicher
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Wertberichtigungen seiner Engagements nach der Wende ohnehin sehr
kritisch geworden ist, stehen im Wege.
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Die Kredite haben sich in 3 Jahren für Unternehmen und wirtschaftli-
che Privatpersonen insgesamt um etwa 19 Mrd. Euro reduziert. Daran
sind alle Säulen des Bankwesens beteiligt. Die Zahl zeigt aber auch, um
wieviel weniger inzwischen im Osten investiert wird. Die letzte DIHK-
Umfrage weist inzwischen für die Neuen Länder auf eine weitere, deut-
lich sinkende Investitionsbereitschaft im zweiten Halbjahr 2004 hin. In
der Handhabung der Kreditwirtschaft liegt daher ein Schlüsselproblem
für die Zukunft des Aufbau Ost.
Unter allen diesen Bedingungen kann es nicht verwundern, dass auch
nach fast 15 Jahren Aufbau Ost eine selbsttragende wirtschaftliche Ba-
sis nicht entstanden ist und die Wirtschaft stagniert. Ohne industriellen
Aufbau wird es keinen erfolgreichen Osten geben.
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Welchen Grundsätzen sollte der Aufbauprozess zukünftig folgen? 587
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Zunächst ist festzuhalten, dass alle Maßnahmen, soweit sie öffentlicher
Finanzierung bedürfen, in den geplanten Finanzrahmen passen müssen:
Mehr Geld wird es angesichts der allgemeinen Haushaltslage offen-
kundig nicht geben können. Die zur „Kurskorrektur“ vorgeschlagenen
Maßnahmen der Aufbaustrategie müssen daher durch Umschichtungen
finanzierbar gemacht werden.
Der zukünftige finanzielle Rahmen wurde unter anderem durch den
Solidarpakt II festgelegt, und zwar mit zweckgebundener Intention (In-
vestitionen, Infrastruktur). Es wäre also zunächst einmal sicherzustel-
len, dass die im Rahmen des Solidarpakt II den Neuen Ländern in
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zweckgebundener Absicht eröffneten Mittel nicht zweckentfremdet
genutzt werden. Gegenwärtig wird, so Professor Pohl („Reformbaustel-
le Ost“, in Zimmermann: „Reformen Jetzt“, 2003), ein erheblicher Teil
der Mittel jedoch anders verwendet (unterschiedlich nach Ländern bis
zu 75 %?).
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In diesem Zusammenhang erweist sich deutlich die Notwendigkeit er-
heblicher, zusätzlicher Sparanstrengungen der Länder. Sie müssen Ein-
sparungen in den öffentlichen Haushalten bewirken und dadurch die
zweckgebundene Verwendung der Solidarpaktmittel erleichtern.
Ferner könnte der Rahmen für eine umfassendere Förderung des Unter-
nehmenssektors dadurch erweitert werden, dass die für die Unterneh-
menswirtschaft erforderlichen Infrastrukturinvestitionen (das bezieht
auch den Hochschul- und außeruniversitären Forschungsbereich ein)
durch Projekte der Public Private Partnership (PPP) finanzierbar ge-
macht werden. Der „Gesprächskreis“ ist sich der Tatsache bewusst,
dass zwar auch hier öffentlich finanzierte Zinszahlungen (aus Um-
schichtungspotenzial) erforderlich sind, sieht aber durch ein so mögli-
ches Vorziehen der Projekte einen erheblichen Zeitgewinn und darin
den größeren Vorteil.
Sodann ist über den prioritären Einsatz der gegebenen Mittel für den
Aufbau Ost neu zu entscheiden. Dabei ist nicht nur entsprechend einer
Studie des Fraunhofer Instituts ISJ, sondern auch als praktische Erfah-
rung zu berücksichtigen, dass für die Standortwahl die „Kosten der
Produktionsfaktoren“ (also insbesondere Löhne, Zukauf, Kapitalkosten,
administrativer Aufwand) etwa 65 %, „Steuern/Subventionen“ etwa
21 %, „Infrastruktur“ aber nur 9 % der Entscheidung bestimmen. (Han-
delsblatt, 24.1.2004). Dass diese Rangfolge in der Praxis befolgt wird
erweist sich auch durch die zunehmende Standortwahl deutscher In-
dustrieunternehmen in Entwicklungs- und Transformationsländern, wo
insofern eine schlechtere Infrastruktur offenbar kein Standortproblem
darstellt (Osteuropa, aber auch China, Indien). Zu erinnern ist ebenfalls,
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dass Infrastrukturpolitik als solche auch im Westen der Republik (z. B.
Saarland, Bayerischer Wald) kaum bemerkenswerte industrielle Durch-
brüche ermöglichte. Darüber hinaus ist das Kieler „Arbeitspapier zur
Frage der Infrastrukturlücke Ostdeutschlands“ (IWW Nov. 2003) be-
merkenswert. Dort heißt es, dass „auf Teilgebieten durchaus noch Inf-
rastrukturlücken in Ostdeutschland (bestehen), von einem entsprechen-
den Nachholbedarf aber nicht pauschal, sondern nur nach genauer Ana-
lyse des Einzelfalls gesprochen werden kann“ und „Projekte nur nach
einer Kosten-Nutzen-Untersuchung des konkreten Falls“ entschieden
werden sollten.
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Die Bundesregierung bleibt jedoch, im Gegensatz zu diesen Erkennt-
nissen, offenbar weiterhin bei dem Schwerpunkt „Infrastruktur“, und
zwar in sehr allgemeiner Weise: „Mit dem Solidarpakt II stellt die
Bundesregierung die notwendigen Mittel“ (also 105 Mrd. EUR plus
51,1 Mrd. EUR von 2005 bis 2019) „zur Verfügung, damit die Neuen
Länder in die Lage versetzt werden, die teilungsbedingten Rückstände
in der Infrastruktur bis zum Jahr 2020 abschließend abzubauen“ (Jah-
resbericht zum Stand der Deutschen Einheit 2003, S. 20). Und: „Der
infrastrukturelle Aufbau Ost hat für die Bundesregierung daher auch in
Zukunft Vorrang“ (Bericht S. 29). Und das, obwohl auch die Bundes-
regierung ausdrücklich feststellt, dass die Unternehmensinvestitionen in
Ostdeutschland in den letzten Jahren zurückgegangen sind und trotz des
unbestrittenen Nachholbedarfs pro Einwohner nur noch 82,7 % des
Westens betragen; dasselbe gilt in etwa für die Gründungsintensität und
die Innovationseffizienz, obwohl gerade hier proportional eher größere
Aufwendungen erforderlich wären, soll die Lücke zum Westen verklei-
nert werden.
Da die finanziellen Mittel begrenzt, aber gegenwärtig (obwohl anders
verwendet!) vorrangig für den Infrastrukturausbau vorgesehen sind,
sind alle geplanten Infrastrukturmaßnahmen zunächst auf ihre nachhal-
tige, unternehmensbezogene Wachstumswirkung zu überprüfen. Ziel ist
es auf diesem Wege möglichst große Beträge aus den bisherigen Pla-
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nungen freizusetzen und diese dann einer nachhaltig wirksamen, bran-
chenorientierten Förderung von Wachstumskernen zuzuführen. Es ist
dabei immer zu berücksichtigen, dass auch Infrastruktur später erhalten
werden muss, längerfristig aber die finanzpolitischen Perspektiven der
Neuen Länder in dieser Beziehung wenig ermutigend erscheinen (s.o.).
Infrastrukturmaßnahmen, deren Planung und/oder Ausführung bereits
begonnen wurden, müssen derselben Prüfung unterzogen werden und,
soweit sie sinnvoll verkürzt und/oder sparsamer durchgeführt werden
könnten, entsprechend umgesteuert werden.
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Zur Ausarbeitung entsprechender Kriterien für weitere Infrastrukturin-
vestitionen und ihrer Anwendung im Einzelfall, ist ein Verfahren zu
finden, das, soweit irgend möglich, von kurzfristigen Wahlüberlegun-
gen ebenso wie von einseitigen Partei- und engherzigen Regionalinte-
ressen unabhängig gemacht wird. Hierzu ist es erforderlich länderüber-
greifende Lösungen unter der Führung des Bundes zu suchen. Dies hat
offenbar inzwischen in Bund-Länder-Gesprächen auch begonnen. Es
besteht allerdings weiterhin die Tatsache, dass letztlich die Bundesre-
gierung die konkrete Verwendung der Mittel im Solidarpakt II aus-
drücklich den Ländern überlassen hat (Bericht S. 21) um so „den Föde-
ralismus“ zu stärken. Diese Position hat Bundesminister Stolpe in der
Bundestagsdebatte vom 27. Mai 2004 erneut bestätigt. Hier ist also
dringend eine Revision der Bundespolitik erforderlich.
Die bisher noch immer nicht konsequente die Förderung der Wachs-
tumskerne (Cluster) ist zu verstärken. Ohne die nachdrückliche Unter-
stützung einer verstärkten regionalen Verdichtung (Agglomeration)
wird es nämlich keinen erfolgreicheren Aufbau Ost geben. Denn nur
eine solche Verdichtung läßt auch eine weitere, entscheidende Voraus-
setzung für einen erfolgreicheren Aufbau Ost entstehen: Die Verfüg-
barkeit des notwendigen Fachpersonals als wesentliches Element von
Standortentscheidungen. Wie bedeutsam das Vorhandensein von Fach-
kräften für die Standortwahl bei Verlagerungen und/oder Neugründun-
gen ist, erweist wiederum eine vor kurzem veröffentliche Studie der
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DIHK. 50 % der befragten Unternehmen nennen den Faktor Fachper-
sonal mit Abstand an erster Stelle; „Unternehmensnetzwerke“ folgen
an 4. Stelle, aber die „Verkehrsinfrastruktur“ erst an 7. Stelle!
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Die gezielte Förderung von Wachstumskernen (Cluster) ist notwendi-
gerweise eine branchenorientierte Regionalpolitik. Allgemein wird heu-
te immer deutlicher gesehen, dass Notwendigkeiten und Möglichkeiten
branchenorientierter Wirtschaftspolitk gelegentlich unterschätzt wurden
(siehe auch Ifo, 24-2003). Die öffentliche Strategie für den Aufbau Ost
hat aber gerade angesichts des ostdeutschen Verlustes an industriellen
Zentren die Aufgabe diesen Aspekt der Förderpolitik systematisch zu
organisieren. Politische Entscheidungen müssen die Festigung der
Wachstumskerne nachdrücklich unterstützen. Nur so können dann die
Kräfte der Marktwirtschaft den Aufbauprozess vorantragen. Bund und
Länder müssen das gemeinsam bewirken.
Der „Gesprächskreis“ schließt diese Überlegungen mit der Erkenntnis,
dass es keinen einfachen Weg aus der Krise im Osten gibt. Einige, we-
nige Schritte werden nicht zum Ziel führen. Erforderlich ist vielmehr
eine Vielzahl einzelner Schritte, ein abgestimmtes Bündel von prakti-
schen Maßnahmen und deren ständige Überprüfung. Der Aufbau Ost
muss endlich als eine komplexe politische und wirtschaftspolitische
Management-Aufgabe verstanden und so gehandhabt werden.
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Einzelvorschläge für die Kurskorrektur 729
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Für die Kurskorrektur werden folgende Einzelentscheidungen und
Maßnahmen vorgeschlagen:
(1) Zunächst ist eine ehrliche, umfassende und realistische Be-
standsaufnahme der heutigen Lage im Osten erforderlich. Sodann
ist auf dieser Grundlage eine ungeschminkte Prognose der weiteren
Ehrliche Bestandsaufnahme. Realistische Prognose.
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Entwicklung Deutschlands unter der Annahme zu erstellen, dass die
heute erkennbaren Tendenzen in Ostdeutschland anhalten würden.
Der Gesprächskreis, gestützt auf zahlreiche wissenschaftliche Un-
tersuchungen, befürchtet für diesen Fall – also wenn eine Umkehr
der Entwicklung nicht erreicht wird –, ein weiteres Abwandern der
besonders leistungsfähigen Menschen, eine fortdauernd hohe Ar-
beitslosigkeit im Osten, ein erneutes Anwachsen des sozialen Ge-
fälles West-Ost und am Ende steigende fiskalische Belastungen der
Nation. Das aber könnte eine langfristige, eventuell sogar dauerhaf-
te Behinderung des Wachstums in Deutschland und damit in Euro-
pa bewirken.
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Die Deutschen müssen be-greifen können, was im Auf-bau Ost zu leisten ist.
Der Gesprächskreis empfiehlt der Bundesregierung, den Deutschen
in Ost und (!) West diesen Zusammenhang sehr viel deutlicher als
bisher klarzumachen. Die Bevölkerung muss verstehen, warum der
Aufbau Ost für das ganze Deutschland Priorität haben muss, auch
und dies gerade im Interesse des Westens! Und: Dass zum Überle-
ben der Region im Osten dort auch politisch unpopuläre Maßnah-
men – wie sie im Folgenden auch vorgeschlagen werden – unaus-
weichlich sind. Auch sie müssen im Osten ertragen werden, wenn
der Aufbau wieder Fahrt gewinnen soll.
Keine zusätzlichen Finanzen. (2) Angesichts der Tatsache, dass zusätzliche öffentliche finanzielle
Mittel nicht zur Verfügung stehen werden, hat der Gesprächskreis
Möglichkeiten der Umschichtung innerhalb der Finanzplanung ge-
prüft.
Der Gesprächskreis empfiehlt in diesem Zusammenhang: Planung für die Wachstumskerne nur gemeinsam von Bund und Ländern
a) Die Aufhebung des Haushaltsvorbehaltes für den Korb II des
Solidarpakt II sollte nur mit einer verbindlichen Vereinbarung
erfolgen, dass die erforderlichen Festlegungen auf der Grundla-
ge von Vorschlägen der Länder wegen des zwangsläufig län-
derübergreifenden Charakters von Wachstumskernen nur von
Bund und Länder einvernehmlich entschieden werden können.
Dies muss auch dann gelten, wenn im Rahmen der Föderalis-
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mus-Reform die „Gemeinschaftsaufgabe“ Wirtschaftsfördern
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den Ländern zufallen sollte. Die Solidarmittel sollten
dann eine Sonderbehandlung erhalten; hier wäre eventuell ein
Staatsvertrag zu schließen.
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b) Es darf bei dem gegenwärtig wirksamsten Förderinstrument, der
unternehmensorientierten Förderpolitik, der „GA“, keine finan-
ziellen Kürzungen geben. Die gegenwärtig vorgesehenen Kür-
zungen von Verpflichtungsermächtigungen müssen zurückge-
nommen und anderweitig aus Mitteln des Aufbau Ost abgedeckt
werden. Die Investitionszulage sollte wegen ihres größeren
Mitnahmeeffektes gestrichen werden, wobei Wege zu finden
sind, um die bisher in der Finanzplanung hierfür vorgesehenen
Mittel dann der GA-Förderung zuzuschlagen. Es sollte ange-
sichts der großen Bedeutung des Aufbau Ost für das ganze
Deutschland gerade hier keine Kürzungen geben.
Keine "GA" Kürzungen
Der Gesprächskreis empfiehlt weiterhin:
Nur noch unterneh-mensbedingte Infra-struktur.
Kontrolle durch Sachver-ständige.
die Verwendung dieser Mittel systematisch von einem un-
abhängigen Gremium kontrollieren zu lassen und hierüber
einen zeitnahen, jährlichen Bericht vorzulegen.
zwischen Bund und Ländern eine Vereinbarung darüber zu
schließen, dass angesichts der inzwischen im allgemeinen
wettbewerbsfähigen Infrastruktur, zukünftige Investitionen
auf wirklich notwendige und wirtschaftsnahe Infrastruktur
zu begrenzen sind, d. h. auf solche Investitionen, die zwin-
gend unternehmensbedingt sind. Die auf diese Weise frei-
werdenden Mittel des Solidarpakt II sind für die Wirt-
schaftsförderung (z. B. GA oder F&E) vorzusehen.
Zur weiteren Freisetzung von Umverteilungsmitteln und
zum Einkaufen des wichtigen Wettbewerbsfaktors „Zeit“
sind verstärkt der Kapitalmarkt und die private Finanzierung
durch „Public Privat“-Partnerschaftsprojekte zu nutzen. Das
betrifft vor allem Verkehrsprojekte, Ausbau von Bildungs-
und Wissenschaftseinrichtungen sowie kommunale Einrich-
tungen.
Infrastruktur auch durch "PPP"-Projekte finanzie-ren.
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Zinsaufwendungen und notwendige Sicherheiten sind eben-
falls durch anderweitig freigesetzte Mittel (Infrastruktur)
abzudecken.
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Ebenfalls aus so freigesetzten Fördermitteln ist ein Risiko-
kapital-Beteiligungsfonds zu gründen, der zur Unterstützung
bestehender kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) und
für neue, innovative Unternehmen eingesetzt wird.
Verstärktes Risikoka-pital durch Fondbil-dung.
Es sind weitere, kontrollfähige Veränderungen zur Einspa-
rung der staatlichen Ausgaben in den Neuen Ländern durch-
zusetzen. Auch das sollte eine Voraussetzung für die Freiga-
be von Solidarpakt II Mitteln werden. Eventuell notwendige
Größenordnungen, die dennoch aus Korb I des Solidarpakt II
zunächst weiterhin zur Verwendung für den Staatskonsum
zur Verfügung stehen müssen, sind zwischen Bund und
Länder fest zu vereinbaren; der Gesprächskreis hält inner-
halb eines Zeitraumes von 7 Jahren eine Zielgröße von
höchstens 40 % für erreichbar und realistisch.
Kontrollierte Spar-maßnahmen der Neuen Länder.
Angesichts der dringenden Notwendigkeit mehr Finanzmit-
tel für die unternehmensnahe Wirtschaftsförderung freizu-
machen, sollte auch für die Umschichtung von Infrastruktur
auf Unternehmensförderung kurzfristig ebenfalls eine vor-
läufige Zielgröße innerhalb der 156 Mrd. Euro Solidarpakt
II festgelegt und angestrebt werden: Vorschlag 50 Mrd. Eu-
ro. (hierfür fehlte dem Gesprächskreis allerdings eine detail-
lierte Aufschlüsselung der bisherigen Planungen.)
Zur Eindämmung der öffentlichen Haushalte sind in den
Ländern kommunale Gebietsreformen mit Spareffekten in
den Verwaltungen und im Bürokratieabbau durchzuführen.
Wo irgend möglich sollten zur Förderung von Effizienz im
öffentlichen Bereich gewisse Aufgaben von mehreren Neu-
en Ländern gemeinschaftlich wahrgenommen werden (Bei-
spiele: Gerichte, Bürgschaftsbanken, Gewerbeaufsichtsäm-
ter, Umweltbehörde, Krankenkassen u. a.).
Strukturelles Sparen der Länder.
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Nach wie vor sind einige Kommunen und Landwirtschafts-
betriebe mit Altschulden aus der DDR-Zeit (plus Zinsen seit
1990) belastet. Die Summe beträgt nach Kenntnis des Ge-
sprächskreises jeweils etwa 5 Mrd. Euro.
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Altschulden - Entlastungen durch Erblastentilgungsfond.
Darüber hinaus sind im Vereinigungsfieber bei den Größen-
ordnungen kommunaler Entsorgungssysteme erhebliche
Fehlentwicklungen (u. a. Abwasser) eingetreten. Unter
Nachweis von Einsparungspotentialen durch Konzentration
(zurzeit über 600 Einzelgesellschaften!) und/oder durch ei-
nen Kapitalschnitt müssen hier die Kostenstrukturen der
Kommunen nachhaltig und entscheidend verbessert werden;
hohe Wasser-, Entsorgungs- und Energiekosten sind heute
bereits ein spürbarer Standortnachteil an vielen Plätzen der
Neuen Länder. Damit keine neuen Fehlentwicklungen ent-
stehen, sollten z. B. Standortgenehmigungen für Müllver-
wertungssysteme nur an bestehenden Industriestandorten,
wo der Stoffkreislauf gewährleistet ist, zu genehmigen.
Die ostdeutsche Wohnungswirtschaft, die derzeit geprägt ist
von Abwanderung und Bevölkerungsschwund, ist mit Alt-
schulden belastet, die vielfach zu Existenzgefährdungen der
Betriebe führt.
Dadurch sind nur noch Kleinstreparaturen und Havarie-
leistungen möglich. Der Nachholbedarf von mehreren Jahren
bei der Instandhaltung der Wohnungen, der auch die Leis-
tungen der regionalen Betriebe und Handwerker erhöhen
könnte, wird heute nicht realisiert.
Alle diese Probleme stehen ursächlich mit der Deindustrialisierung im
Zusammenhang und erfordern deswegen Lösungen für anteilige Ent-
schuldungen. Ein Ausgleich sollte in all diesen Fällen aus dem Erblas-
tentilgungsfonds erfolgen.
Der Bund hat Erfahrungen mit der Einrichtung einer „Schulden-
GmbH“ gesammelt. Solche Gesellschaften sollten auch in den neu-
en Bundesländern gegründet werden. Durch das Zusammenführen
der Schulden des Landes mit denen der Kommunen ist es möglich,
Gemeinsame Schul-den-GmbH der Län-der.
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im Managen und Bearbeiten und unter Einbeziehung des Kapital-
marktes, Zinsen und Provisionen einzusparen. Die Verantwortung
für die Einzelschulden bleibt dabei weiter aufrecht erhalten. Zwi-
schen Bund und Ländern sollte diese Maßnahmen ebenfalls fest
vereinbart werden.
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Lohnpolitik – realis-tisch und sozial.
(3) Die Lohnfrage behält, trotz deutlicher niedrigerer Löhne als im
Westen, eine wesentliche Bedeutung. Denn viele Personen sind im
üblichen Lohngefüge nicht mehr zu beschäftigen. Deswegen müs-
sen sehr zügig konkrete Schritte geprüft und entschieden werden,
wie eine der Produktivität, der Struktur der Arbeitslosen und dem
sozialen Gleichgewicht in Deutschland angemessene Arbeitsmarkt-
Strategie für die Neuen Länder ermöglicht werden kann. Diese Fra-
ge hat auch wegen der zunehmenden Konkurrenz aus den nahege-
legenen Beitrittsländern zusätzliche Relevanz gewonnen. Es geht
dabei also ebenso um eine soziale wie um eine wettbewerbsorien-
tierte Lohnpolitik, die sowohl eine Sicherung und Anwerbung
hochqualifizierten Personals, als auch größere Lohnspreizung für
die Beschäftigung weniger qualifizierter Personen, (und damit die
Erhaltung auch einfacher Arbeitsplätze), ermöglichen sollte.
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Die Abwanderung jüngerer Leistungsträger und die nun seit über
einem Jahrzehnt anhaltend hohe Arbeitslosigkeit im Gefolge der
massiven Deindustrialisierung nach 1990, haben nämlich in allen
Neuen Ländern insbesondere bei Langzeitarbeitslosen ein besonde-
res Problem entstehen lassen: Der hohe Anteil arbeitsfähiger und
arbeitswilliger Personen, die aber für die veränderten Wirtschafts-
strukturen inzwischen kaum mehr nachqualifizierbar sind.
Der „Gesprächskreis“ hat über mögliche Lösungen dieser Proble-
matik intensiv, auch streitig, diskutiert. Er ist in seiner weit über-
wiegenden Mehrheit zu dem Ergebnis gekommen, dass es nicht nur
sozial ungerecht, sondern auch volkswirtschaftlich eine Ver-
schwendung von Human-Kapital wäre, würde man hier nicht durch
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besondere Vergütungsstrukturen eine wirtschaftlich tragfähige Ab-
hilfe finden.
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Der Gesprächskreis empfiehlt deswegen nicht nur die Schaffung ei-
ner rechtlich geordneten, größeren Flexibilität des Arbeitsmarktes
(Arbeitsrecht), sondern auch kurzfristig und pragmatisch die Ein-
führung von Lohnergänzungsinstrumenten, also die Ermöglichung
von Lohnkostenzuschüssen und/oder „Negativ-Steuer-Systemen“
(z. B. USA – Earned Tax-Credit System) bzw. Lohngutscheinen.
Die Politik sollte diese Möglichkeiten, die auch von Wirtschaftsfor-
schungsinstituten nachdrücklich gefordert werden, nicht nur disku-
tieren, sondern in Ostdeutschland ausprobieren (Modellversuche)
und dann umfassend einführen. Die besondere Lage in den Neuen
Ländern macht dies besonders dringlich.
Wegen der politischen Bedeutung solcher Lösungen wird auf den
„Aufbau-Pakt-Ost“ (siehe unten) verwiesen. In einem solchen Pakt
sollten dann auch Gewinnbeteiligungsmodelle berücksichtigt wer-
den.
(4) Unerläßlich ist weiterhin eine deutlichere Konzentration der Wirt-
schaftsförderung und Infrastruktur auf regionale Schwerpunkte
(Wachstumskerne, Cluster), wie dies auch Fortschrittsbericht und
Bundesregierung fordern. Dies wiederum kann offenbar von den
Ländern kaum im eigenen Gebiet, und effektiv offenbar noch weni-
ger in einer überregionalen Abstimmung allein zwischen den Län-
dern geleistet werden.
Konzentration auf Wachstumskerne.
Deswegen empfiehlt der Gesprächskreis, dass der Bund bei der
Festlegung von Wachstumskernen, mindestens soweit diese aus
Bundesmitteln gefördert werden, beteiligt wird. Dieser Grundsatz
sollte durch den Bundestag beschlossen werden. Nur eine sachver-
ständige und verbindliche Konzentration auf Wachstumskerne, ge-
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stützt auf gemeinsame Beschlüsse von Bund und Ländern, kann ei-
ne für Ostdeutschland optimale Standortverdichtung erreichen.
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Dabei ist sicherzustellen, dass der Begriff „Wachstumskern“ seine
entscheidende regionale Komponente immer behält. Fachleute ha-
ben in den Arbeitsgesprächen auf Erfahrungswerte für eine ange-
messene Verkehrsentfernung hingewiesen.
Es wäre aus Sicht des Gesprächskreises ein Fehler, den schwäche-
ren Regionen in der Förderung einen „gleichberechtigten“ Rang
einzuräumen: Die Feststellung der Bundesregierung in ihrem Jah-
resbericht, dass „neben der weiterhin wichtigen Förderung struktur-
schwacher Regionen dem besonderen Bedürfnis der Wachstums-
zentren Rechnung zu tragen ist“, wird vom Gesprächskreis insofern
nicht geteilt. Denn Priorität für die Wachstumskerne darf angesichts
der knappen Mittel nicht „neben“ der Förderung strukturschwacher
Regionen bestehen: Wachstumskerne (Cluster) müssen eindeutig
Vorrang bekommen. Selbstverständlich muss diese Strategie dann
mit einer Strategie für angemessene und kostengünstige Verkehrs-
anbindungen der schwächeren Regionen gekoppelt werden. Eben-
sowenig steht der gezielten Förderung von Wachstumskernen im
Wege, dass auch strukturschwache Gebiete ihre möglichen Stärken
definieren, sodass hier auch wieder neue Wachstumskerne entste-
hen können.
Wachstumskerne sind den schwächeren Regionen in der Förderung vorzuziehen.
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Der Gesprächskreis sieht in den Erfahrungen der Vergangenheit
auch die Gefahr, dass aus regionalpolitischer Opportunität Ent-
scheidungen für zu viele „Wachstumskerne“ gefällt werden könn-
ten; er spricht sich deswegen nachdrücklich gegen eine Verteilung
nach Einwohnerzahl der Länder aus. Der Gesprächskreis empfiehlt
die regionalen Prioritäten im Aufbau Ost nur auf der Grundlage der
zwischen Bund und Neuen Ländern zuvor gemeinsam bestimmten
Kriterien und Instrumente festzustellen.
Wachstumskerne nicht mal Einwohnerzahl verteilen!
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Im Verlaufe der Arbeitsgespräche wurde zwischen Gesprächskreis
und Bundesregierung festgestellt, dass einerseits die Bildung von
Wachstumskernen/Clustern nicht ohne die Initiative der regionalen
Wirtschaft und der entsprechenden politischen Institutionen mög-
lich ist, andererseits in Ostdeutschland aber häufig hierfür die Mit-
tel fehlen (zu kleine Betriebseinheiten) um ein effektives und pro-
fessionelles Management der Wachstumskerne von Anbeginn zu
ermöglichen. Der Gesprächskreis empfiehlt, dass der Bund nicht
nur, wie bisher, einigen, sondern allen
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Wachstumskernen finanziell
ein langfristiges, professionelles Management ermöglicht. Die hier-
für erforderlichen Mittel sind im Vergleich zu ihrer potentiellen
Aufbauwirkung äußerst gering.
Professionelles Manage-ment von Wachstumskernen langfristig sichern.
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(5) Für eine Umsteuerung des Aufbau Ost auf unternehmensorientierte
Förderung, auf Wachstumskerne und die Stärkung der Finanzkraft
der Kommunen, müssen nicht nur die Prioritäten der Finanzplanung
korrigiert werden. Es muss auch sichergestellt werden, dass die
Förderstrategie für diese Wachstumskerne sowohl von Bund, Län-
der und Kommunen, als auch von den dort jeweils beteiligten Res-
sorts, systematisch abgestimmt wird. Wir brauchen auch eine sehr
viel besser organisierte Zusammenarbeit von Bund, Ländern, Wirt-
schaft und Wissenschaft. Nur gemeinsam können Wachstumskerne
und die notwendigen Instrumente für die Entwicklung der Regionen
erarbeitet und umgesetzt werden. Die Bundesregierung hat mit dem
„Innoregio“-Projekt und dessen Fortführungsprojekten gute Fun-
damente geschaffen; sie sollten genutzt bleiben. Aus einem Bericht
des Ifo-Instituts (Regional Technology Jan. 2004) ergibt sich aller-
dings der Hinweis für eine noch deutlichere Projektorientierung,
wie sie auch hier vorgeschlagen wird. Auch die geplanten Indust-
riekonferenzen sollten, nach Auswertung der Erfahrungen, sobald
wie möglich auf alle potentiellen Wachstumskerne/Cluster erstreckt
werden, sodass deren Festlegung beschleunigt werden kann.
Bessere Koordinierung der Förderung in den und für die Wachs-tumskerne.
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(6) Der Gesprächskreis empfiehlt schließlich, dass auf der Grundlage
der zuvor geschilderten Entscheidungen möglichst kurzfristig ein
regionaler Masterplan für den Aufbau Ost durch die Länder vorzu-
schlagen und mit dem Bund vereinbart wird. Er sollte sowohl von
den Länderparlamenten als auch vom Bundestag Zustimmung er-
fahren.
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Aufstellung eines regionalen „Mas-terplanes“.
(7) Unternehmen in der Entwicklungsphase Ostdeutschlands brauchen
ein der besonderen Lage gemäßes Kreditwesen. Angesichts der
Substanzdefizite ostdeutscher Unternehmen und des schon bisher
hohen Wertberichtigungsbedarfes der in Ostdeutschland tätigen
Kreditinstitute, liegt hier eine entscheidende, aber auch besonders
schwierige Aufgabe. Insbesondere ist bei der Bewilligung zinsver-
billigter Kredite (KFW) die vorgesehene Begleitung durch Haus-
banken offenbar ein weitgehend ungelöstes Problem. Die besondere
Problematik Ostdeutschlands besteht hier darin, dass der sehr kleine
ostdeutsche Mittelstand (90 % der Betriebe mit Umsatz unter 1
Mio. EUR) noch weniger Aussicht hat eine Kapitalmarktfinanzie-
rung erreichen als seine westlichen Konkurrenten. Für das Kredit-
gewerbe wären in diesem Zusammenhang größere Betriebseinhei-
ten von besonderem Vorteil (s. u.).
Schwierige Kreditlage
Eine große Anzahl von Unternehmen der neuen Bundesländer hat
sich in den letzten 10 Jahren zwar gut entwickelt, aber viele dieser
Unternehmen sind klein und die internationale Ausrichtung ist häu-
fig noch nicht ausreichend vorhanden. Hinzu kommt die Problema-
tik der Unternehmernachfolge, denn die Gründer (meist aus MBO
von der Treuhand) waren häufig bei Erwerb schon um die 50 Jahre
alt. Oft sind diese Unternehmer auch selbstschuldnerisch stark be-
lastet. Deshalb schlägt der Gesprächskreis vor, dass die Bundesre-
gierung eine qualitativ hochwertige internationale „Verkaufsbörse“
von interessierten Unternehmen organisatorisch auf den Weg bringt.
Dies sollte nicht Unternehmensberatern oder dafür spezialisierten
Gesellschaften überlassen werden, damit es durch die öffentliche
Bundesstaatliche Fusi-onsbörse
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„Offerte“ nicht zu einem Image-Verlust für verkaufswillige Unter-
nehmen kommt. Im Engagement einer Bundeseinrichtung könnte
sogar eine Aufwertung liegen: Unsere Besten wollen noch besser
werden durch starke – auch internationale – Partner. Aus Verkäufen
an starke Partner könnten sich dann in den entsprechenden Regio-
nen Keimzellen für Investitionen und Wachstum entwickeln.
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Der Aufbau Ost wird jedoch nicht gelingen, wenn die Politik in ers-
ter Linie auf große Neuinvestitionen setzt. Diese sind wünschens-
wert, bleiben wichtig für die Wachstumskerne und müssen weiter-
hin gesucht und gefördert werden. Aber mindestens ebenso wichtig
ist es, die bestehenden kleinen und mittelständischen Betriebe öko-
nomisch zu stabilisieren. Der Gesprächskreis empfiehlt deswegen
folgende Verbesserungsmöglichkeiten der Rahmenbedingungen für
Kapitaleinsätze und die Stabilisierung der ostdeutschen Wertschöp-
fung:
Bessere Rahmenbe-dingungen für Kredi-te.
die staatlichen Förderkredite der KfW sind in den nächsten 5
Jahren als Nachrangdarlehen mit Eigenkapitalcharakter zu
gewähren. Damit würde materiell keine größere Beanspru-
chung der KfW erfolgen, aber die entscheidende Eigenkapi-
talschwäche der kleinen Betriebe könnte zum Teil überwun-
den und die Grundlagen für deren Rating bei den Banken
verbessert werden. Eine Rückbürgschaft für die KfW durch
die Bundesregierung würde diesen Weg ermöglichen. Der
Gesprächskreis gibt dabei zu bedenken, dass die KfW sich
auch in Ländern außerhalb Deutschlands mit entsprechenden
Finanzierungen einbringt.
KfW-Kredite als Nachrang- darlehen.
für die Prüfung und Durchleitung der Förderkredite durch
die Hausbanken sind als Anreiz und zur Deckung der Risi-
kokosten größere Margen-Spreizungen (1–4 %) zu verein-
baren.
Größere Margenspreizung
als Anreiz für einen möglichen Zusammenschluss von in-
novativen Unternehmen zu größeren strategischen Gesell-
schaften unter einem Dach (Holding, AG, Genossenschaf-EU-Mittel für die Bildung größerer Be-triebseinheiten nutzen
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ten u. a.) sollten die Fördermittel der EU und der Länder
auch in Form von Eigenkapital und Finanzierungsfonds be-
reitgestellt werden. Es bliebe zu entscheiden, ob eine volle
oder teilweise Rückzahlung nach einer Mindestlaufzeit von
ca. 10 Jahren erfolgen sollte.
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angesichts bereits getätigter Wertberichtigungen im Ban-
ken- und Sparkassensektor müssen die anteiligen, einzuset-
zenden Kapitalquoten zwischen KfW und den Hausbanken
überdacht und diesen Realitäten angemessen neu struktu-
riert werden. Das neue Unternehmerkapital der KfW für
Gründung sollte (bis zu 100 %) gestaffelt auch ohne Kofi-
nanzierung der Hausbanken bereitstehen. Als Ausweich-
möglichkeit wäre eine gestaffelte Bürgschaft des Landes
bzw. Bundes zu prüfen; die heute unterschiedlichen kredit-
wirtschaftlichen Fördermechanismen bei land- und ernäh-
rungswirtschaftlichen Betrieben sind zukünftig, wie beim
verarbeitenden Gewerbe, einheitlich zu handhaben;
KfW und Hausbanken rea-listischer aufeinander ab-stimmen.
für Risiko- (VC) und Beteiligungskapital, das sich nach dem
Wegfall des neuen Marktes nicht nur wie überall, sondern
besonders deutlich im Osten zurück gezogen hat, (2001 wa-
ren es 481 Mio. Euro, 2003 nur noch 125 Mio. Euro) sind
steuerliche Anreize für eine Wiederbelebung zu schaffen. Es
gibt für diesen Ansatz wichtige internationale Vergleiche (so
ist z. B Risikokapital in den USA in anderer Weise steuer-
lich absetzbar als in Deutschland; dieser Unterschied ist of-
fenbar ein Grund für die größere Verfügbarkeit von Risiko-
kapital in den USA). Der Kapitaleinsatz für aussichtsreiche
Gründervorhaben sollte aber in den Neuen Ländern steuer-
lich mindestens so attraktiv sein wie bei vergleichbaren Be-
teiligungen im Ausland. Denn in keiner anderen Region sind
angesichts der schockartigen Deindustrialisierung nach 1990
Neugründungen derart unentbehrlich;
Anreize für Risikokapital verstärken.
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das aus der Wiedervereinigung noch vorhandene Sonder-
vermögen, welches durch TLG und BVVG verwaltet und Staatliche/kommunale Grund-stücksflächen und Leerstände kreativer nutzen.
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vermarktet wird, wäre für die Stärkung des Handwerkes und
des Mittelstandes in den neuen Bundesländern systematisch
zu nutzen. Dazu sind Vereinbarungen zwischen diesen Or-
ganen mit den jeweiligen Landesregierungen zu treffen. Er-
wirtschaftete freie Mittel wären den Bürgschaftsbanken
und/oder den Kapital-Beteiligungsgesellschaften der jewei-
ligen Länder zuzuführen.
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zur Stimulierung der Ansiedlung könnten Gewerbe- und In-
dustrieflächen aus den Beständen für einen symbolischen
Preis zur Verfügung gestellt und Liegenschaften im öffentli-
chen Eigentum könnten auch zu maßgeschneiderten Ansied-
lungen eingesetzt werden. In „Standort und Erfolgsfaktoren
für Biotechnologiefirmen“ (List Forum 29/4/2003) wird eine
solche Strategie z. B. für Laborflächen von Biotechnologie-
unternehmen empfohlen. Langfristige Leasingverträge könn-
ten dann kostenmäßig so gestaltet werden, dass auf diesem
Wege dauerhaft günstigere Ertragschancen zur Bildung von
Eigenkapital und Expansionsreserven entstehen. Auf ähnli-
chen Wegen ist es in Mecklenburg-Vorpommern gelungen
einer Vielzahl von life science-Unternehmen zur Gründung
zu verhelfen.
In diesem Zusammenhang macht der „Gesprächskreis“ auf
eine weitere Möglichkeit der Nutzung von Leerständen
aufmerksam. Die zunehmende Entvölkerung, auch der Städ-
te, führt inzwischen zu zahlreichen Stadtrückbauprojekten;
letztere sind z. T. sehr kostspielig. Es wird angeregt zu über-
legen mindestens jene für derartige Projekte eingeplanten
Mittel auch zur Herrichtung dieser Gebäudekomplexe für
Studentenheime, für Wohnchancen qualifizierter Wissen-
schaftler und ihrer Familien, usw. einzusetzen. Im Rahmen
der neuen Zuwanderungsregelungen könnten diese Leer-
stände u. a. auch für die Anwerbung hochqualifizierter Zu-
wanderer mit deren Familien (besonders preisgünstige
Wohngelegenheit) genutzt werden. Mancher „Nachteil“ der
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Neuen Länder lässt sich eben mit einem flexiblen Mittelein-
satz auch zum Vorteil wandeln.
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(8) Es war ein schwerwiegender Fehler zu Beginn der 90er Jahre jede
deutliche Steuerpräferenz (Einkommen-, Körperschaft-, Umsatz-
steuer) für Ostdeutschland abzulehnen. Denn nicht nur haben Ir-
land, Großbritannien, Staaten in den USA, Osteuropa und viele an-
dere in der Praxis bewiesen, dass steuerliche Förderung weit wirk-
samer sein kann als z.B. Abschreibungsvorteile und Infrastruktur-
ausbau. Auch die IFC hält steuerliche Anreize für entwicklungsent-
scheidend („Using Tax Incentives.....“,. Occasional Paper 15,
2001). Die zu Beginn der 90er Jahre vorgeschlagene „Wertschöp-
fungspräferenz“ wurde mit zwei Argumenten abgelehnt: sie sei
nicht EU-konform und man wolle auch keine weiteren steuerlichen
Ausnahmeregelungen einführen. Dem Gesprächskreis ist das Ge-
wicht beider Argumente gerade in diesen Tagen sehr bewusst Den-
noch: Noch duldet die EU-Kommission offenbar steuerliche Förde-
rung in einigen Ländern. Und: Als Standortattraktion sind neben
den Kosten der Produktionsfaktoren besondere Steuervorteile noch
immer unübertroffen. Deshalb wird aus dem Gesprächskreis auch
vorgeschlagen, mit einer gezielten Ansiedlungspolitik mittelständi-
scher Unternehmen aus dem Ausland (soweit diese Differenzierung
EU-rechtlich möglich ist) ein Angebot längerfristiger Steuerfreiheit
zu verbinden.
Die Möglichkeit von Steuerpräfe-renzen doch noch einmal ernsthaft prüfen.
Denn Kapital folgt nun einmal seinen Präferenzen. Da diese The-
matik zur Diskussion in der EU führt, sollte sich die Bundesregie-
rung nach Ausarbeitung der bestimmenden Kriterien noch einmal
eine grundsätzliche Beratung mit der EU aufnehmen. Dies umso
mehr, als Kommissionsmitglied Verheugen kürzlich in einer Fern-
sehsendung für Neuansiedlungen derartige Instrumente ausdrück-
lich als zulässig bezeichnet hat. Und, solange die Kommission die-
ses Instrument für andere Marktgebiete der EU gestattet, sollte die
Bundesregierung nicht nachgeben. Denn ohne steuerliche Anreize
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für das private Kapital werden größere Industrieansiedlungen zu-
künftig schon wegen der Osteuropa-Konkurrenz kaum noch mög-
lich sein. Deswegen sollte die Möglichkeit von Steuerpräferenzen
bei der Ansiedlung von solchen Unternehmen, die nicht aus der
Bundesrepublik Deutschland selbst stammen, aus der Debatte al-
ternativer Aufbaustrategien mit dem EU-Argument nur ausge-
schlossen werden, wenn nach erneuten Beratungen und Verhand-
lungen eindeutig nachgewiesen werden kann, dass dieser Weg EU-
rechtlich nicht mehr durchsetzbar wäre.
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Sehr wirksam für die mittleren und kleinen Unternehmen (KMU)
könnte auch sein, bei der Umstellung der Umsatzsteuer in Ost-
deutschland von „Soll“ auf „Ist“ den Grenzwert von 0,5 Mio. Euro
auf 5,0 Mio. Euro zu erhöhen.
Umsatzsteuer-Grenzwert auf 5 Mio Euro für KMU.
Ein weiterer Vorschlag des ehemaligen Ost-Beauftragten der Bun-
desregierung Ludewig geht dahin, für einen Zeitraum von 10 Jah-
ren den nicht entnommenen Gewinn mittlerer und kleiner Unter-
nehmen steuerfrei zu stellen. Der Gesprächskreis greift auch diese
Anregung auf.
Nicht-entnommener Gewinn bei KMU 10 Jahre steuerfrei.
Derartige Sonderregelungen wären mit besonderer Dringlichkeit
für die Grenzgebiete zu den Beitrittsländern erforderlich (s. u.).
(9) Eine besondere Möglichkeit der Unternehmensförderung besteht
auch