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Neu-Isenburg steigt um

Neu-Isenburgs Umsteigepunkte – der S-Bahnhof und die Straßenbah-

nendhaltestelle – liegen an der Stadtgrenze. Sie sind schlecht zu er-

reichen. Für den schnellen Wechsel zwischen unterschiedlichen Ver-

kehrsmitteln (Auto, Fahrrad, Bahn oder Bus) sind Umsteigepunkte

aber von großer Bedeutung. Ihre Neu-Konzeption ist eine wichtige

Voraussetzung für ein optimiertes System der Mobilität aus unter-

schiedlichen Verkehrsmitteln.

Die Zahl der Einwohner von Neu-Isenburg wächst, die Bebauung wird

dichter und urbaner. Das erfordert einen sparsamen Umgang mit dem

öffentlichen Raum. Autos erzeugen nicht nur viel schädliches CO², sie

verbrauchen auch Lebensraum einer Stadt. Wie wird der öffentliche

Straßenraum in einem Mobilitätssystem optimal unter den Verkehrs-

mitteln verteilt?

Die Broschüre erzählt eine Geschichte, wie in den Jahren von 2015

bis 2030 in Neu-Isenburg Umsteigepunkte entwickelt, der Straßen-

raum neu verteilt, wie der Durchgangsverkehr aus den Straßen der

Stadt verlagert wurde, und wie durch viele zusammenhängende Maß-

nahmen die Lebensqualität in unserer Stadt deutlich verbessert

wurde.

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Inhalt Neu-Isenburg steigt um .............................................................................. 1

Vorwort ............................................................................................................ 3

2030: Neu-Isenburg hat sich verändert ............................................... 5

2015: Es begann mit einem umfassenden Bürgerdialog ................ 6

Neu und richtungsweisend: Das Denken in Umsteigepunkten ..... 9

Park&Ride am neuen Umsteigepunkt im Osten ......................... 12

Die IZ-Kreuzung wird zum innerstädtischen Umsteigepunkt 13

Immer mehr Fahrräder am Umsteigepunkt Straßenbahn ........ 15

Busse, PKW und Fahrräder am Umsteigepunkt S-Bahn ........... 16

Langwierig und mühsam: Die Diskussion um die Priorität der

Verkehrsmittel ............................................................................................ 19

Den PKW Durchgangsverkehr konsequent um die Stadt

herum leiten ........................................................................................... 19

Den innerstädtischen PKW-Verkehr beruhigen ........................... 23

Den Radverkehr zu den Umsteigepunkten beschleunigen ..... 24

Die Herausforderung Frankfurter Straße annehmen ................. 26

Die Frankfurter Straße durch neuen Parkraum und attraktive

Fußgängerbereiche „erweitern“ ....................................................... 27

Optimiert und günstig: Mobilitätskarte und Share Economy ... 29

Die Mobilitätskarte startete mit entfernungsabhängigen

Ticketpreisen .......................................................................................... 29

Straffung des innerstädtischen Verkehrs und Shuttle

Services .................................................................................................... 31

Leihfahrräder, Car Sharing und Mitfahrdienste (Share

Economy) ................................................................................................. 32

Utopie oder ein Ausblick in eine ferne Zukunft? ............................. 34

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Vorwort Neu-Isenburg braucht einen ganz-

heitlichen Plan zur Stadtentwicklung.

Zu lange ist an einzelnen Straßen,

Kreuzungen oder Quartieren experi-

mentiert worden. Neu-Isenburg kann

und muss – trotz Fluglärm - mehr Le-

bensqualität bieten. Mit dieser Über-

zeugung haben wir uns im Frühjahr

2015 in einer Arbeitsgruppe zusam-

mengefunden. Wir wollten aufschrei-

ben, wie Neu-Isenburg mehr Lebens-

qualität gewinnen kann und Handlungsfelder für die Politik auf-

zeigen. Damit standen für uns die Verkehrsprobleme der Stadt im

Mittelpunkt.

Neu-Isenburg hat mit den Neubaugebieten im Süden der Stadt die

fast einmalige Chance, wichtige Weichen für die Stadtentwick-

lung zu stellen. Bislang wurden diese Chancen nicht genutzt. Seit

Sommer dieses Jahres kommt Bewegung in die festgefahrenen

Fronten. Im Juni 2015 wurde auf Initiative der GRÜNEN im Stadt-

parlament beschlossen, die Umsetzung der Planungen für die

Kreuzung Carl-Ulrich-Straße um ein Jahr zu verschieben. Die bis-

herigen Planungen sollen im Hinblick auf die inzwischen erstell-

ten Konzepte für den Radverkehr, die Fußgängerführung und den

Nahverkehrsplan 2016 überprüft werden. Weiterhin soll die Ver-

längerung der Regionaltangente West (RTW) bis zum Gewerbege-

biet Ost und dem künftigen Wohngebiet „Birkengewann“ geprüft

werden.

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Dieser Beschluss eröffnet eine Chance. Die Probleme der „IZ-

Kreuzung“ sind Ausdruck der fehlenden Gesamtplanung und sie

können nicht gelöst werden, ohne Neu-Isenburg insgesamt im

Blick zu haben. Nutzen wir diese Chance! Nur wenn wir eine Vor-

stellung von der zukünftigen Form der Mobilität von Bewohnern

und Beschäftigten in Neu-Isenburg haben, ist eine vernünftige

Planung dieser Kreuzung möglich.

Stadtplanung denkt in Jahrzehnten. Ohne ein Zielbild, eine „Vi-

sion“ gibt es keinen Weg in eine gestaltete Zukunft. Jeder Weg hat

auch einen Anfang. Und dieser Anfang ist heute. Die Zukunft be-

ginnt jetzt!

Mit diesem Papier wollen wir den öffentlichen Dialog über die zu-

künftige Stadt- und Verkehrsentwicklung unterstützen. Neu-Isen-

burg braucht eine Politik, die nicht nur in Quartieren denkt, son-

dern die Zusammenhänge unterschiedlicher Maßnahmen erkennt

und bei der Umsetzung berücksichtigt.

Weil die Vision der Zukunft einer Stadt nicht von einer kleinen

Arbeitsgruppe entwickelt wird, sondern das Ergebnis eines Bür-

gerdialogs ist, haben wir als Beitrag dazu die nachfolgende Ge-

schichte geschrieben: Die Geschichte vom Mobilitätskonzept Neu-

Isenburgs aus der Sicht des Jahres 2030. Wir hoffen, mit unserer

Geschichte eine fruchtbare Debatte zu eröffnen, die letztendlich

zu hoher Lebensqualität und Attraktivität von Neu-Isenburg führt.

Ich bedanke mich bei den Mitgliedern der Arbeitsgruppe Gisela

Mauer, Franz Drews und Klaus Richter für die intensive Unterstüt-

zung.

September 2015

Dirk Wölfing,

Sprecher des Vorstandes der Neu-Isenburger GRÜNEN

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2030: Neu-Isen-burg hat sich verändert

Wir schreiben das Jahr 2030. Aus dem Industriestandort Neu-Isen-

burg der 1950er und 1960er Jahre ist ein begehrter Standort für

High Tech Dienstleistungsunternehmen und eine attraktive

Wohngegend geworden. Die ehemaligen Industriegleise, auf de-

nen Güterwaggons mit Chemieerzeugnissen fuhren, sind zu einer

S-Bahn Linie, der Regionaltangente West (RTW) umgebaut wor-

den. Die hervorragende Verkehrsanbindung, die Nähe zu Frankfurt

und zum Frankfurter Flughafen haben dazu geführt, dass Neu-I-

senburg – trotz des Fluglärms – auch als Wohnort immer belieb-

ter geworden ist. Die Bebauung des Birkengewann, des Stadtquar-

tier Süd und des Kalbskopfgeländes hat die Zahl der Pendler in

den letzten 15 Jahren noch einmal stark erhöht. Die Stadt selbst

ist deutlich gewachsen.

Diese quantitative und qualitative Veränderung der Siedlungs-

struktur hatte Auswirkungen auf die Ansprüche der Einwohner

und Beschäftigten von Neu-Isenburg: Lebensqualität in der Stadt

und Verkehrsanbindung für die Beschäftigten standen seit Anfang

der 2010er Jahre ganz oben auf der Anforderungsliste der Neu-

Isenburger Unternehmen und von immer mehr Einwohnern.

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Im Jahre 2012 hatten die Stadtverordneten beschlossen, die Er-

zeugung von CO² in der Stadt alle fünf Jahre um 10% zu reduzie-

ren. Dabei war festgestellt worden, dass der Autoverkehr ca. 40%

der Emissionen ausmacht. Weitere 40% wurden durch die Nut-

zung von Gebäuden verursacht. Die Reduktion des Autoverkehrs

war damals vor allem aus Gründen des Klimaschutzes ein wichti-

ges Ziel.

Zur gleichen Zeit reifte aber die Erkenntnis, dass die Reduktion

der parkenden und fahrenden PKW auch aus städteplanerischen

Gründen erforderlich war. Die Verdichtung der Bebauung hätte

die Anzahl der PKW noch erhöht, obwohl der verfügbare Platz für

die Autos immer kleiner wurde. Wie aber sollte der innerstädti-

sche Verkehr mit einer geringeren Anzahl von Autos organisiert

werden? Das war damals eine der Kernfragen. Heute im Jahr 2030

sehen wir, dass es gelungen ist.

2015: Es begann mit einem umfassenden Bürgerdialog

Im Wahlkampf zur Kommunalwahl 2016 begann die Diskussion

darüber, wie Neu-Isenburg im Jahre 2030 aussehen sollte. Nach

langer Zeit des „Weiter so!“ hatte auch der Bürgermeister auf

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Drängen insbesondere der GRÜNEN die Frage nach einem einheit-

lichen Konzept für Neu-Isenburg aufgeworfen. Es setzte sich die

Erkenntnis durch, dass viele Themen der Stadt zusammenhängen,

z.B. in der Frage: Soll Neu-Isenburg ein Zentrum haben oder

nicht?

Zentren machen eine Stadt attraktiv: Touristen gehen dorthin,

Einzelhandelsgeschäfte auch. Zentren sind der Begriff von Urba-

nität und erfüllen für die Mobilität einer Stadt eine wichtige Funk-

tion: Hier treffen sich viele Verkehrswege. Kann man wirklich da-

rauf verzichten? Oder sollte Neu-Isenburg ein Zentrum bekom-

men? Wenn ja, was passiert dann mit der Bahnhofstraße oder dem

alten Ort? Solche Fragen lassen sich nur für ganz Neu-Isenburg

beantworten.

Nach der Kommunalwahl 2016 begann ein offener Bürgerdialog

über die Stadtentwicklung. Dabei wurden alle wichtigen Aspekte

in einen Zusammenhang gestellt. Architekturbüros und Verkehrs-

experten wurden zu Ideenwettbewerben eingeladen, Erfahrungen

aus anderen Kommunen wurden vorgetragen, Bürgerforen mit Be-

troffenen wurden organisiert. Dinge wurden ausprobiert und auch

wieder verworfen.

Der Dialog war für ein Jahr geplant. In dieser Zeit wurde eine Zwi-

schenlösung für die Kreuzung Carl-Ulrich-Straße / Frankfurter

Straße entwickelt. Da aber eine Reihe von Fragen noch offen war,

verlängerte man den Zeitraumen um ein weiteres Jahr. In einer

Ausstellung wurden die Ergebnisse dargestellt. Am Samstag auf

dem Wochenmarkt wurden zu Anfang sehr emotionale Debatten

für und gegen das Auto geführt. Mit zunehmender Konkretisie-

rung der Ideen versachlichte sich die Diskussion.

Besonders schwierig waren am Anfang folgende Themen:

Wie gelänge es, den Durchgangsverkehr aus Neu-Isenburg

auf Umgehungsstraßen zu lenken?

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Das Radverkehrskonzept sah die Einrichtung von Fahr-

radstraßen vor. Wo und wann sollte dem Radverkehr in

einzelnen Straßen Vorrang vor dem Auto gegeben wer-

den?

Wo sollte der geplante Nord-Süd Radschnellweg geführt

werden?

Wie sollten die Frankfurter Straße, die Carl-Ulrich-Straße

und die Friedhofstraße in 15 Jahren aussehen?

Wie könnte die Offenbacher Straße wirklich verkehrsberu-

higt werden?

Wie könnte eine Straßenbahn durch die Frankfurter

Straße verwirklicht werden?

Später waren Pilotprojekte und Probebetriebe wichtige Mittel, um

Alternativen für die innerstädtische Mobilität auszuprobieren und

erfahrbar zu machen. Z.B. wurde die Sperrung der Frankfurter

Straße während des Musikfestivals „Open Doors“ um einen Tag

verlängert. An diesen Tagen waren Busverkehr und Anrufsammel-

taxi kostenlos. Der Durchgangsverkehr wurde um die Stadt her-

umgeleitet. Viele Neu-Isenburger sind damals zum ersten Mal mit

einem innerstädtischen Bus gefahren oder haben verstanden, was

ein Anrufsammeltaxi ist.

In diesem Dialog entstanden wichtige Ideen für die Stadt- und

Verkehrsentwicklung. Der Dialog selbst und die Entwicklung ei-

nes Mobilitätssystems für die Neu-Isenburger Bürger waren ein

wichtiges Anliegen des Bürgermeisters. Sein Engagement und

seine Offenheit für neue Ideen stellten einen wichtigen Erfolgs-

faktor dar.

Anrufsammeltaxis (AST) fahren auf Anforderung eine vorge-

gebene Route. Der Fahrpreis entspricht einem Fahrschein für

den Bus.

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Woraus bestanden nun die Kernideen für die zukünftige Mobili-

tät? Wie wurde der Veränderungsprozess gestartet und was waren

die wesentlichen Meilensteine?

Neu und rich-tungsweisend: Das Denken in Umsteigepunk-ten

Eine der neuen Ideen war die Vernetzung der unterschiedlichen

Verkehrsmittel an Umsteigepunkten. Die Planung der Umsteige-

punkte sollte gewährleisten, dass die Gegebenheiten aller Ver-

kehrsmittel zusammen mit ihrer Verknüpfung berücksichtigt wür-

den. Die Umsteigepunkte sollten drei wesentliche Kriterien erfül-

len:

1. Der Wechsel der Verkehrsmittel sollte einfach sein,

2. Die Umsteigepunkte sollten leicht erreichbar sein und

3. Preise und Kosten sollten unabhängig von den Verkehrs-

mitteln für eine Entfernung kalkuliert werden.

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Zwei Umsteigepunkte waren vorhanden: Die beiden Park&Ride

Parkplätze an der Straßenbahn und am S-Bahnhof. Beide Park-

plätze hatten aber den großen Nachteil, dass Pendler aus dem Sü-

den und Osten nach Frankfurt und zum Flughafen zunächst durch

die ganze Stadt fahren mussten, um die Haltepunkte von S- und

Straßenbahn zu erreichen.

Die Planung sah weiterhin vor, dass die Regionaltangente West

an der Kreuzung des IZ enden sollte. Hier waren aber Park&Ride

Möglichkeiten vollständig ausgeschlossen.

Also entschloss man sich schon im Jahr 2016, im Osten der Stadt

einen ganz neuen Umsteigepunkt zu planen und die geplante

Endhaltestelle der RTW dorthin zu verlagern. Dieser Umsteige-

punkt sollte den Autofahrern aus dem Süden und aus dem Osten

die Möglichkeit des Umsteigens in die RTW ermöglichen.

Ausgehend von dem Ziel, den Durchgangsverkehr vor der Stadt

abzufangen, entstand die Idee von vier Umsteigepunkten für die

Mobilität in Neu-Isenburg. Da jeder dieser Umsteigepunkte seine

Besonderheiten aufwies, wurde für jeden von ihnen ein eigenes

Entwicklungskonzept erstellt.

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Park&Ride am neuen Umsteigepunkt im Os-ten

Die Idee von dem Umsteigepunkt im Osten der Stadt wurde in

einer Arbeitsgruppe der GRÜNEN im Sommer 2014 entwickelt.

Das sonst übliche Parteiengezänk blieb in diesem Fall aus. Die

Vorteile der Idee lagen auf der Hand, aber das Denken in Umstei-

gepunkten statt in Verkehrsmitteln war neu. Man war gewohnt,

maximal Quartiere zu planen, vielleicht auch nur einzelne Stra-

ßenkreuzungen. Jetzt sollte die ganze Stadt mit unterschiedlichen

Verkehrsmitteln gleichzeitig durchdacht werden?

Starke Impulse für den Plan, die RTW zu verlängern, kamen aus

den Kommunen Heusenstamm, Dreieich und Dietzenbach, nach-

dem man die Diskussion auch dorthin getragen hatte. Der Regio-

nalverband griff ebenfalls die Planung auf. Natürlich wurde über

die Finanzierung ausgiebig gestritten. Letztendlich konnte sich

aber das Konzept durchsetzen, und das Planfeststellungsverfah-

ren für die RTW begann im Jahr 2017 mit der verlängerten Vari-

ante. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Stadt Neu-Isenburg auch ein

für andere Nutzungen ungeeignetes Grundstück erworben, auf

dem ein großer Park&Ride Parkplatz nahe der Autobahn A661 ge-

schaffen wurde.

Im Jahr 2028 konnte die RTW in Betrieb genommen werden. Auf

dem erworbenen Grundstück steht mittlerweile ein großes Park-

haus. Viele Pendler aus dem Osten und dem Süden haben Dauer-

karten. Weil die Parkplätze knapp sind, haben sich aus den Orten

Fahrgemeinschaften gebildet, die zusammen zu dem Park&Ride

Platz fahren. Wegen der starken Nutzung ist die Frequenz der RTW

auf einen 15 Minuten Takt verkürzt worden.

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Die IZ-Kreuzung wird zum innerstädtischen Umsteigepunkt

Die erste Planung für die Kreuzung am Isenburg-Zentrum war

mehr als 10 Jahre alt. Damals wollte man den Anwohnern der

Carl-Ulrich-Straße Distanz zum PKW-Verkehr verschaffen. Der

West-Ost-Verkehr sollte durch die Schleussnerstraße geleitet und

der Verkehr auf der Carl-Ulrich-Straße auf den Ost-West-Verkehr

reduziert werden. An den Kreuzungen Frankfurter Straße und Hu-

genottenallee sollten sich die Fahrbahnen trennen. Dieses – eher

begrenzte – Motiv führte zu einem 10 Millionen Projekt – eine

für die Stadt erhebliche Summe.

Im Jahr 2013 wurde der erste Bauabschnitt fertig gestellt. Das Er-

gebnis an der Kreuzung Carl-Ulrich-Straße / Hugenottenallee

führte zu großem Unmut und Gespött in der Neu-Isenburger Be-

völkerung. Die Konstruktion wurde „Ampel-Ei“ genannt, weil die

Kreuzung wie ein Kreisverkehr aussah, aber keiner war. Zur Steu-

erung des Verkehrs wurde eine komplizierte Ampelanlage instal-

liert.

Abbildung 2: Das „Ampel-Ei“ an der Hugenottenallee aus dem Jahr 2013

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Abbildung 3: Das an der IZ-Kreuzung geplante „2. Ampel-Ei“

GRÜNE und die SPD forderten, die Umbauplanungen für die

zweite Kreuzung noch einmal zu überdenken.

Im Sommer 2015 wurde eine Überprüfung der Planungen für das

„2. Ampel-Ei“ an der IZ Kreuzung auf Antrag der GRÜNEN von den

Stadtverordneten beschlossen und ein Architekturbüro damit be-

auftragt.

Nach der Kommunalwahl 2016 entstand ein Stufenplan. Die erste

Stufe war eine kurzfristige Zwischenlösung, in der jetzt auch Rad-

fahrer und Fußgänger Platz hatten. Das Hessische Verkehrsminis-

terium und Hessen mobil waren eingebunden, weshalb die zuge-

sagten Fördermittel auch für die Neuplanung verwendet werden

konnten.

Diese Zwischenlösung wurde im Jahr 2017 verwirklicht. Das war

dringend notwendig, denn die Beschäftigten und Bewohner des

entstehenden Stadtquartier Süd nutzten die Kreuzung bei Einkäu-

fen zu Fuß und mit dem Fahrrad, und mit der neuen Linienführung

der überörtlichen Busse wurde die Kreuzung zu dem überörtli-

chen Umsteigepunkt im Busverkehr.

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Die nächste Entwicklungsstufe wurde nach der Umleitung des

Durchgangsverkehrs erreicht. Jetzt konnte den Fußgängern und

Radlern noch mehr Raum gegeben werden.

Die endgültige Lösung für den Platz wurde als „Shared Space“ ge-

plant. Sie konnte jedoch erst 10 Jahre später mit der Eröffnung der

RTW realisiert werden.

Heute – im Jahr 2030 – überwiegt der Fuß- und Radverkehr. Nur

Lieferanten oder Kunden der dort ansässigen Geschäfte nutzen

den Platz mit Autos.

Immer mehr Fahrräder am Umsteigepunkt Straßenbahn

Ende des Jahres 2014 wurde die bisherige Linie 14 durch die Linie

17 zum Hauptbahnhof und der Messe Frankfurt ersetzt. Eigentlich

wäre die Endhaltestelle der Straßenbahn am besten mit dem

Fahrrad zu erreichen gewesen. Die Abstellmöglichkeiten an der

Straßenbahnhaltestelle waren aber schon immer eine Einladung

für Fahrraddiebe gewesen. Da die Endhaltestelle auf Frankfurter

Gebiet lag, hatten sich Frankfurt und Neu-Isenburg immer über

die Finanzierung von Baumaßnahmen gestritten. Mit dem Ausbau

der Endhaltestelle sollten endlich bessere Abstellmöglichkeiten

– auch mit Fahrradboxen - geschaffen werden. Die Installation

ließ aber noch lange auf sich warten. Im Winter 2015 / 2016

setzte die Stadt Frankfurt ein Konzept für 200 Fahrradabstell-

plätze um.

Als „Shared Space“ wird eine Verkehrsfläche bezeichnet, bei

der alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind. Da keines

der beteiligten Verkehrsmittel Vorrang hat, ist die Teilnahme

nur durch die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme gere-

gelt.

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Vor allem gab es keine sicheren Zufahrtswege zur Straßenbahn.

Es dauerte bis 2017, bis den aus dem Osten und Süden kommen-

den Radfahrern eine sichere Zufahrt zum Umsteigepunkt ermög-

licht wurde.

Schon im Jahr 2019 hatte aber der Radverkehr derart zugenom-

men, dass Neu-Isenburg sich entschloss, mit der Stadt Frankfurt

über die Einrichtung eines Fahrrad-Parkhauses zu sprechen. Vor

allem für die schnell wachsende Zahl der Pedelecs waren gut ge-

sicherte Abstellplätze notwendig geworden. Dieses Parkhaus

wurde in den 2020er Jahren auf einem Grundstück der Stadt

Frankfurt südlich der Isenburger Schneise errichtet und wird bis

heute im Jahr 2030 sehr stark frequentiert. Es hat eine direkte Zu-

fahrt von der Friedensallee.

Da der regelmäßige Busverkehr die Straßenbahnhaltestelle nicht

anfuhr, wurde das Anrufsammeltaxi mit seinem zentralen Halte-

punkt an der Straßenbahnhaltestelle vor allem für die Anwohner

im Norden und Osten von Neu-Isenburg zu einem beliebten Ver-

kehrsmittel.

Mit der späteren Verlängerung der Straßenbahn nach Sprendlin-

gen wird sich das Umsteigen jedoch weitgehend zur ehemaligen

IZ-Kreuzung verlagern.

Busse, PKW und Fahrräder am Umsteige-punkt S-Bahn

Der Verkehr am Umsteigepunkt S-Bahn hat in den Jahren von

2015 bis 2030 sehr zugenommen. Die Park&Ride Parkplätze sind

stark vergrößert worden. Auch die Zahl der Fahrradparkplätze hat

Pedelecs sind Fahrräder, bei denen sich ein Elektromotor bei

Bedarf (z.B. bei einer Steigung) automatisch zuschaltet.

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sich kontinuierlich erhöht. In dem Gebäude der ehemaligen Ab-

fertigungsstation für die Autoreisezüge ist eine Fahrradstation ein-

gerichtet worden. Hier kann man nicht nur neue und gebrauchte

Fahrräder und Pedelecs kaufen. Es gibt auch einen Fahrrad Ver-

leih, eine Fahrrad Reparatur Station, einen Pedelec Verleih und

eine Reihe von Services rund um die elektrisch unterstützten

Fahrräder. Um zu verhindern, dass die eigentlich für die Pendler

bereitgestellten Parkplätze von Fluggästen als Dauerparkplätze

genutzt werden, wird inzwischen der Zugang zu den Parkplätzen

auf 24 Stunden begrenzt. Der Einlass für die meisten Plätze ist nur

mit der Mobilitätskarte möglich (siehe gesondertem Abschnitt).

Die Bahnhofstraße und die Gartenstraße sind wichtige Verbindun-

gen zwischen dem S-Bahnhof im Westen und dem übrigen Stadt-

gebiet. Sie wurden Mitte der 20er Jahre zu Fahrradstraßen entwi-

ckelt. Die Zufahrt mit dem Fahrrad zu dem Bike&Ride Platz an der

S-Bahn ist schnell und komfortabel. Morgens und abends fahren

ganze Schwärme von Fahrrädern und Pedelecs über die Bahnhof-

straße und über die Kurt-Schumacher Straße. Der Umsteigepunkt

S-Bahn ist vor allem für Einpendler wichtig.

In einer Fahrradstraße haben Fahrräder in der Regel Vorrang

vor dem Auto. Fahrradstraßen sind Hauptstraßen für Fahrrä-

der, die auch gegenüber Querverbindungen Vorrang haben

sollten. Radler dürfen hier nebeneinander fahren.

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Die Stadt Neu-Isenburg hat die in der Stadt ansässigen Unterneh-

men immer wieder auf die Möglichkeiten eines Job-Tickets hin-

gewiesen und bei der Einführung geholfen. Viele Büros sind dem

gefolgt. Weiterhin wurden die öffentlichen Verbindungen zwi-

schen dem S-Bahnhof und den Gewerbegebieten immer weiter

verbessert.

Durch die Eröffnung der RTW im Jahr 2028 hat die Bedeutung des

S-Bahnhofes nur wenig abgenommen. Der Busverkehr in die Ge-

werbegebiete konnte reduziert werden, weil die Einpendler nach

der Eröffnung die neue RTW nutzen. Es wird allerdings erwartet,

dass die Verlängerung der Straßenbahn die Bedeutung des Um-

steigepunktes an der S-Bahn reduziert, weil die Verbindung vom

Frankfurter Hauptbahnhof in das Stadtquartier Süd mit der Stra-

ßenbahn wesentlich schneller ist.

Das Job-Ticket ist ein Angebot für Angestellte, deren Arbeit-

geber eine Job-Ticket-Vereinbarung mit einem Verkehrsunter-

nehmen ihrer Wahl abschließen. In diesem Fall bezahlt das

Unternehmen für jeden Mitarbeiter einen Grundbeitrag.

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Langwierig und mühsam: Die Diskussion um die Priorität der Verkehrsmittel

Den PKW Durchgangsverkehr konsequent um die Stadt herum leiten

Der Umsteigepunkt IZ-Kreuzung war bis Anfang der 2020er Jahre

der Kreuzungspunkt der Landesstraßen L3117 und L3317. Die Be-

darfsumleitung der Autobahn A3, die früher vollständig auf der

L3117 verlief, wurde im Jahr 2016 von Westen kommend auf die

Siemensstraße / Rathenaustraße und von dort auf die Frankfurter

Straße nach Sprendlingen und die A661 geleitet.

Eine Bedarfsumleitung wird bei Überlastung der Autobahn ge-

nutzt.

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Abbildung4: Eine Kreuzung von 2 Landesstraßen mitten in Neu-Isenburg

Quelle: Hessen mobil, Internetabruf Juli 2015

Im Jahr 2016 wurde entschieden, dass der Durchgangsverkehr

konsequent um Neu-Isenburg herum geleitet werden sollte. Dazu

sollten zwei Systeme geschaffen werden: Eine weiträumige Um-

gehung und eine eher regionale Umgehung.

Die weiträumige Umgehung sollte über die Autobahnen A661, A3

und A5 erfolgen.

Die regionale Umgehung war vor allem für den Verkehr aus dem

Süden und Osten des Kreises Offenbach in Richtung Frankfurt und

Flughafen gedacht. Weiterhin sollten Einpendler diese Verbin-

dung nutzen, um die Parkhäuser der Büros zu erreichen. Die regi-

onale Umgehung wurde über die nördliche Spange in Sprendlin-

gen, die Frankfurter Straße, Rathenaustraße und Siemensstraße

zur Gehespitz geführt.

L3317

L3317

L3117

L3117

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Abbildung 5: Umgehungsstraßen für den regionalen KFZ-Verkehr

Der regionale Durchgangsverkehr wurde aus der Stadt auf eine Umgehung zwischen

Sprendlingen und Neu-Isenburg geleitet. Der Autoverkehr in der Stadt konnte dadurch

weitgehend auf den innerstädtischen Verkehr reduziert werden. Die Pfeile zeigen die Quel-

len der Pendlerströme, die noch bis Anfang der 20er Jahre nach und durch Neu-Isenburg

fuhren.

Die Verhandlungen mit Hessen mobil zur Einrichtung dieser Um-

gehungen gestalteten sich vor allem im Punkt der Finanzen als

kompliziert. Von Hessen mobil wurden an der neuen Strecke Aus-

baumaßnahmen gefordert. U.a. sollte die Rathenaustraße erwei-

tert und die Kreuzung Carl-Ulrich-Straße / Siemensstraße für den

neuen Verkehr flüssiger gestaltet werden.

Insbesondere der teilweise Ausbau der Rathenaustraße war um-

stritten. Dagegen wurde argumentiert, dass durch die Beschleuni-

gung des Verkehrs auf dieser Straße mehr Autos angezogen wür-

den. Weiterhin wurde argumentiert, dass mit dem Bau des Termi-

nal 3 vom Flughafen ein hohes Verkehrsaufkommen zu erwarten

wäre, wovon ein Teil diese Umgehungsstraße nutzen würde. Die

Gegner des Ausbaus der Umgehung wollten den Verkehr allein

auf die Autobahnen A661, A3 und A5 leiten.

Man einigte sich auf die dargestellte Doppellösung. Der Verkehr

auf der Umgehung Rathenaustraße sollte lediglich für den regio-

nalen Verkehr aus den umliegenden Kommunen ausgelegt sein.

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Insbesondere für Einpendler sollte mit diesen Straßen eine Mög-

lichkeit geschaffen werden, die Parkmöglichkeiten im Gewerbe-

gebiet zu erreichen. Durch entsprechende Beschilderungen und

Ampelschaltungen konnte gewährleistet werden, dass das Kon-

zept aufging und die großräumige Umgehung über die Autobah-

nen auch tatsächlich genutzt wurde.

Sehr kompliziert gestaltete sich die Frage der Finanzierung des

Umbaus. Es wurde diskutiert, ob die Landesstraßen in Neu-Isen-

burg auf innerstädtische Verbindungen herabgestuft werden

könnten. Die Umgehungen betrafen nicht nur Neu-Isenburg, son-

dern auch Dreieich-Sprendlingen und – durch die Isenburger

Schneise – die Stadt Frankfurt. Eine Herabstufung der Isenburger

Schneise hätte bedeutet, dass die Stadt Frankfurt die Kosten für

die Instandhaltung tragen müsste. Bis heute – im Jahr 2030 – sind

noch nicht alle Finanzierungsfragen gelöst.

Immerhin wurde schon 2020 erreicht, dass Hessen mobil die Ge-

nehmigung für die Ausschilderung der Umgehungsstraßen gab.

Dadurch konnte der Durchgangsverkehr von der Friedhofstraße,

Carl-Ulrich-Straße zwischen der B46 und der Hugenottenallee

weitgehend auf die neue Umgehung verlagert werden.

Für die Stadt Neu-Isenburg waren die Ausgaben für den neuen

Umsteigepunkt im Osten der Stadt und die Aus- und Umbaumaß-

nahmen insbesondere für die Verlagerung des Umgehungsver-

kehrs eine große Investition, die nur über die Aufnahme weiterer

Kredite finanziert werden konnte. Die einhellige Zustimmung des

ansässigen Gewerbes und der Bevölkerung haben aber die Stadt-

verordneten davon überzeugt, die notwendigen Mittel zu geneh-

migen.

Heute – 2030 – zeigt sich, dass die Rechnung aufgegangen ist.

Die Gewerbesteuereinnahmen haben sich durch den Abbau des

Leerstands im Gewerbegebiet Süd und Ost, den Neubau im Stadt-

quartier Süd und dem Kalbskopfgelände sowie die Verdichtung im

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sonstigen Gewebegebiet kontinuierlich erhöht. Auch die erhöhten

Einnahmen aus der Grundsteuer im Birkengewann haben positiv

zu dieser Situation beigetragen. Neben der Zinslast für die Kredite

können heute – 2030 – auch regelmäßig Schulden getilgt wer-

den. Vor allem aber hat die Stadt deutlich an Lebensqualität ge-

wonnen.

Den innerstädtischen PKW-Verkehr beruhi-

gen

Die Verlagerung des Durchgangsverkehrs am Beginn der 20er

Jahre hat vor allem in der Friedhofstraße, der Carl-Ulrich-Straße

und der Frankfurter Straße zu einer erheblichen Reduktion des

PKW-Verkehrs geführt. Durch die Eröffnung der RTW im Jahr 2028

und des großen Park&Ride Parkhauses wurden noch weitere

Pendler vor allem zum Flughafen für den ÖPNV gewonnen. Der

Ost-West PKW-Verkehr konnte weiter deutlich reduziert werden.

Lediglich der rein innerstädtische Verkehr mit Start und Ziel in

Neu-Isenburg verblieb vollständig in der Stadt. Für diesen Verkehr

wurde flächendeckend „Tempo 30“ eingeführt. Eine Vielzahl von

Maßnahmen für den Radverkehr konnte wieder rückgängig ge-

macht werden.

Die Einführung hat einen doppelten Effekt gehabt: Sie führte zu

einer erneuten Reduzierung des innerstädtischen PKW-Verkehrs

und im Gegenzug zu einer deutlichen Zunahme des Radverkehrs.

In Tempo 30-Zonen sind benutzungspflichtige Radwege, Rad-

fahrstreifen, Schutzsstreifen und jegliche weitere Nutzung von

durchgezogenen oder unterbrochenen Markierungsstreifen

seit 01.02.2001 ausdrücklich in der StVO verboten (§ 45

Abs. 1c). Radfahrstreifen und Schutzsstreifen sind zu entfernen

(Markierungen entfernen).

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Auf Basis der Erfahrungen aus der Bahnhofstraße ist auch die Of-

fenbacher Straße wegen des Schülerverkehrs zu einer Fahr-

radstraße umgewidmet worden.

Den Radverkehr zu den Umsteigepunkten beschleunigen

Im Jahre 2015 wurde das erste Radverkehrskonzept für Neu-Isen-

burg verabschiedet. Darin wurde das Ziel formuliert, den Radver-

kehr bis 2025 um 10 Prozentpunkte zu erhöhen (von 10 bis 15%

im Jahr 2015, auf 20 bis 25% im Jahr 2025). Weiterhin wurde ein

Stufenplan beschlossen. Darin war unter anderem festgehalten,

dass in der Zeit von 2016 bis 2019 Radverkehrskonzepte auch für

die folgenden Straßen entwickelt und umgesetzt werden sollten:

Offenbacher Straße mit dem Schülerverkehr,

Frankfurter Straße (aufgeteilt in „Nord“ und „Süd“) und

Hugenottenallee.

In diesen Straßen war die Konkurrenz zwischen dem ruhenden

und fließenden PKW-Verkehr und den anderen Verkehrsteilneh-

mern sehr stark. Die Überlegungen zur Radverkehrsführung er-

weiterten sich deshalb schnell zu Diskussionen um die Erreich-

barkeit und den Ausbau von Umsteigepunkten und um die Mobi-

lität generell. So verband sich die Umsetzung des Radverkehrs-

konzeptes mit der Diskussion um die Mobilität.

Einzelne Punkte des Radverkehrsplanes aus dem Jahr 2015 wur-

den noch einmal überarbeitet, weil sie unter dem Gesichtspunkt

des Umsteigens eine neue Bedeutung bekommen hatten. Vor al-

lem wurde das Radverkehrskonzept aber um den Teil des „ruhen-

den“ Verkehrs ergänzt: Endlich wurden auch die Parkplätze für

Fahrräder in die Planung aufgenommen. Weiterhin wurden für die

Neubaugebiete neue Konzepte ergänzt.

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Die schon im Jahr 2015 lang andauernde Diskussion um den Rad-

schnellweg bekam durch das Mobilitätskonzept neue Impulse.

Zwei Routen hatten zu diesem Zeitpunkt zur Diskussion gestan-

den:

1. Route durch die Stadt. Diese Strecke wäre von Süden kommend

westlich der Frankfurter Straße über die Hugenottenallee,

dort unter der A3 hindurch in den Stadtwald in Richtung

Louisa geführt worden.

2. Route parallel zur S-Bahn. Diese Strecke wäre im Westen von

Neu-Isenburg parallel zur S-Bahn geführt worden. Aus Neu-

Isenburg wäre sie entweder über die Bahnhofstraße am S-

Bahnhof oder durch eine Verbindung nördlich der A3 durch

den Stadtwald erreichbar gewesen.

Wegen der zahlreichen Kreuzungen im Stadtgebiet war von vielen

Radfahrern und vom ADFC die S-Bahn-Route präferiert worden. Es

wurde argumentiert, dass diese Strecke wirklich als Schnellver-

bindung ausgebaut werden könnte, während der Verkehrsfluss auf

der Stadt-Route durch zu viele Kreuzungen unterbrochen worden

wäre.

Auf Basis der Überlegungen zur Umleitung des Durchgangsver-

kehrs und der Beruhigung des innerstädtischen Verkehrs mit flä-

chendeckendem Tempo 30 wurden die Befürworter der Stadt-

Route zahlreicher. Heute – 2030 – ist der Radschnellweg durch

die Hugenottenallee auch für den innerstädtischen Radverkehr

eine wichtige Verbindung. Die Querung der Rathenaustraße

wurde durch eine Radfahrerbrücke gelöst und die Hugenotten-

allee als Radverkehrsstraße mit Vorfahrtsberechtigung ausgewie-

sen. Die Differenz der Geschwindigkeiten zwischen dem schnellen

Radverkehr und dem Autoverkehr ist heute – 2030 – so gering,

dass es wenig Konflikte zwischen Autofahrern und Radfahrern

gibt. Allerdings hat der Radverkehr durch die überörtliche Bedeu-

tung des Radschnellwegs stark zugenommen. Die Fahrradwege

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vom ehemaligen „Ampel-Ei“ zu den Umsteigepunkten „IZ-Kreu-

zung“ und „S-Bahnhof“ mussten ausgebaut werden, weil viele

Radler auf dem Radschnellweg nach Neu-Isenburg kommen und

dort in die RTW einsteigen.

Die Herausforderung Frankfurter Straße an-nehmen

Die Diskussionen um das Mobilitätskonzept und die Ausweitung

der Fahrrad- und Fußgängerverkehre führten zu heftigen Debat-

ten um die Frankfurter Straße. Wenn Fahrräder und Fußgänger

mehr Platz bekommen sollten und zudem noch die Straßenbahn

durch die Straße führe, bliebe für die PKW kein Platz mehr.

Da die Unterstützung durch die Verantwortlichen in der Stadt zu

dieser Zeit nur halbherzig war, bildete sich eine Bürgerinitiative

„Frankfurter Straße“. Diese Bürgerinitiative forderte den Erhalt

des Autoverkehrs und mehr Parkplätze für den Einzelhandel. Ihr

Ziel war es, die Planungen für den Fahrradverkehr in der Frank-

furter Straße und die Diskussion um Mobilitätskonzepte endlich

zu stoppen. Auch die Planung der Straßenbahn sollte ein Ende

haben. Zur gleichen Zeit stieg die Zahl der Fahrradunfälle in der

Frankfurter Straße weiter an.

Wie konnte man den teilweise berechtigten Wünschen des Einzel-

handels in der Frankfurter Straße gerecht werden und trotzdem

mehr Raum für Fahrräder, Fußgänger und Straßenbahn schaffen?

Es war ein Kampf um jeden Quadratzentimeter. Ein wichtiger

Schlüssel in diesem Wettbewerb war der Parkraum. Wenn es ge-

länge, die stehenden Autos aus der Frankfurter Straße zu verban-

nen und trotzdem die Erreichbarkeit der Geschäfte in der Frank-

furter Straße zu gewährleisten, wäre in größerem Umfang zusätz-

licher Raum für andere Verkehrsteilnehmer gewonnen.

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Das Management des Isenburg-Zentrums unterstützte insbeson-

dere die Pläne der Stadt zur Verlängerung der Straßenbahn. Ihm

war bewusst, dass eine gute Anbindung an den ÖPNV erhebliche

Vorteile für die Geschäfte im Isenburg-Zentrum mit sich bringen

würde. In intensiver Zusammenarbeit zwischen dem Management

des Zentrums und der Stadt wurde im Jahr 2020 die Verkehrsfüh-

rung zu den Parkhäusern des IZ so geändert, dass die Einfahrten

nicht mehr die Frankfurter Straße belasteten.

Das Management des Isenburg-Zentrums sorgte sich naturgemäß

um die Interessen des Zentrums. Wie aber konnte die Erreichbar-

keit der Geschäfte in der Frankfurter Straße verbessert werden?

Die Frankfurter Straße durch neuen Park-raum und attraktive Fußgängerbereiche „er-weitern“

Damit Geschäfte und Gastronomie in der Frankfurter Straße mit

dem Auto und dem Fahrrad erreichbar würden, entwickelte man

unter Beteiligung aller ein System von Parkmöglichkeiten und

Fußgängerbereichen. Die Entfernung zwischen einer Parkmög-

lichkeit und den Geschäften sollte unter 500m liegen und die Zu-

fahrten zu den Parkmöglichkeiten für Autos und Fahrräder sollten

die Frankfurter Straße nur queren. Auch in den Nebenstraßen soll-

ten die Zufahrten nur über „Shared Space“ Flächen erfolgen. Es

ging nicht nur darum, die Fußwege vom Parkraum zu den Geschäf-

ten in der gewünschten Distanz zu halten, diese Fußwege sollten

auch bequem und attraktiv sein.

Entfernungen, die zu Fuß 5 bis 10 (250 bis 500m) Minuten

dauern, werden von den meisten Bürgern auch zu Fuß erledigt.

Das sind ca. 30% der Verkehrswege. Ist der Weg weiter, wird

das Fahrrad oder das Auto priorisiert.

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Schon frühzeitig wurden die Fußwege vom Parkhaus des Isen-

burg-Zentrums zur Frankfurter Straße erneuert. Gegen ein Pfand

konnten an der Ausgangstür des Parkhauses am Isenburg-Zent-

rum Handwagen für den Transport von Gegenständen und Kin-

dern zu den Geschäften an der Frankfurter Straße mitgenommen

werden.

Nach dem Isenburg-Zentrum wurden die Parkmöglichkeiten in der

Adolf-Bauer-Straße und auf dem Wilhelmsplatz ausgebaut. Auto-

und Radfahrer wurden über ein Parkleitsystem zu diesen Park-

möglichkeiten geführt. Auf den Fußwegen wurden überall Bänke

und Laternen aufgestellt.

Der Einzelhandel in der Frankfurter Straße erlebte durch diese

verbesserte Erreichbarkeit einen Aufschwung. Interessante Ge-

schäfte entstanden auch rund um das Isenburg-Zentrum. So konn-

ten die Parkflächen in der Frankfurter Straße anderen Verkehrs-

mitteln zur Verfügung gestellt werden. Die Frankfurter Straße

wurde stückweise von Süden bis zur Offenbacher Straße in eine

Shared Space Fläche umgewandelt. Das war die Voraussetzung

für die Akzeptanz der Verlängerung der Straßenbahn durch die

Frankfurter Straße.

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Optimiert und günstig: Mobilitätskarte und Share Economy

Die Mobilitätskarte startete mit entfer-nungsabhängigen Ticketpreisen

Im Jahr 2015 hatte der Aufsichtsrat des RMV ein Pilotprojekt be-

schlossen. Inhalt dieses Projektes war, dass die ca. 160.000 Kun-

den, die zu diesem Zeitpunkt ein Handy-Ticket hatten, nur noch

nach der tatsächlich zurückgelegten Entfernung bezahlen muss-

ten. Davor orientierten sich die RMV Tarife an den Grenzen der

angeschlossenen Kommunen. Das war bei der Gründung des RMV

der Wunsch der Kommunen. Deshalb war zu dieser Zeit in Neu-

Isenburg die Nutzung der S-Bahn unverhältnismäßig viel teurer,

als die Nutzung der Straßenbahn, die auf Frankfurter Gebiet en-

dete. Mit dem Pilotprojekt wurde der Einstieg in eine flexible Ge-

staltung der Ticketpreise geschafft. Schon bald wurde dieses Sys-

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tem auch auf das e-ticket der elektronischen Monatskarte über-

tragen. Zuletzt wurden dann auch die Fahrkartenautomaten um-

gerüstet und die Abrechnung wurde grundsätzlich auf die Ent-

fernung abgestellt.

Das hat die Akzeptanz der S-Bahn in Neu-Isenburg deutlich er-

höht. Sowohl die Anzahl der Park&Ride, als auch die der

Bike&Ride Parkplätze musste wieder einmal erhöht werden.

Neu-Isenburg hat mit Zustimmung des RMV die günstigen Tarife

für die „Zubringerfahrten“ in Neu-Isenburg beibehalten. Als Zu-

bringerfahrten galten alle Fahrten zu den vier Umsteigepunkten

aus allen Teilen von Neu-Isenburg. Die Park&Ride Parkplätze

konnten ab 2018 nur noch mit der Mobilitätskarte des RMV für

zwölf Stunden kostenfrei genutzt werden. In der Nähe des

S-Bahnhofes wurden Parkautomaten aufgestellt. Viele der Park-

plätze wurden für Inhaber der Mobilitätskarte reserviert. Dauer-

parken wurde sowohl auf den Park&Ride Plätzen als auch in ih-

rem Umfeld vorbeugend verteuert.

Ab 2018 wurden alle Fahrzeuge des RMV mit Erkennungssyste-

men ausgerüstet. Kunden mit Handy-Tickets oder Mobilitätskar-

ten konnten sich beim Ein- und Aussteigen automatisch identifi-

zieren lassen. Auf Wunsch konnten die identifizierten Fahrten am

Monatsende abgerechnet werden. Das galt auch für die Busse in

Das e-ticket ist ein Fahrschein, der in einem Chip auf einer

Karte gespeichert ist. Das Ticket kann entweder am Fahrkar-

tenautomaten oder über das Handy auf den Chip übertragen

werden.

Bei der Mobilitätskarte werden auf dem Chip Berechtigungen

für die Nutzung weiterer Dienstleistungen gespeichert. Das

sind z.B. der Zutritt zu Parkplätzen oder die Möglichkeit, Fahr-

räder und Autos zu leihen. Weiterhin können auch Rabatt- und

Auskunftssysteme mit diesen Daten entwickelt werden.

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Neu-Isenburg. Wegen des Datenschutzes gab es auch die Mög-

lichkeit, die Karten mit Bargeld „aufzuladen“.

Mit der Mobilitätskarte konnten auch die im gesamten Stadtge-

biet aufgestellten Fahrradboxen geöffnet und abgerechnet wer-

den. An den Umsteigepunkten und den stark frequentierten Plät-

zen wurden die Fahrradabstellplätze mit öffentlichen Schlössern

ausgerüstet. Mit der Mobilitätskarte konnte dieses System gegen

eine geringe monatliche Gebühr überall in der Stadt benutzt wer-

den.

Als sich auch die Car Sharing- und Fahrrad Verleih-Systeme ent-

wickelten, wurde die Nutzung und Abrechnung dieser Dienste

ebenfalls über die Mobilitätskarte möglich. Die Mobilitätskarte

Neu-Isenburg entwickelte sich ab Anfang der 2020er bis heute

2030 zu einem häufig genutzten und überall bekannten Instru-

ment.

Straffung des innerstädtischen Verkehrs und Shuttle Services

Der innerstädtische Busverkehr hatte sich schon immer in dem

Konflikt zwischen guter Erreichbarkeit und Fahrtdauer bewegt.

Wegen der guten Erreichbarkeit fuhren die Busse viele Schleifen,

die die Fahrzeiten und Kosten für die Busse erhöhten.

Mit dem Fahrplanwechsel 2017 waren im Zusammenhang mit der

Einführung des Nahverkehrsplanes (der eigentlich schon 2016 in

Kraft treten sollte) auch die innerstädtischen Busse neu organi-

siert worden. Die bislang recht langsamen Verbindungen wurden

gestrafft und ergänzt durch erweiterte Dienste von Anrufsammel-

taxis, die vor allem für eine Reihe von schnellen Zubringerdiens-

ten zu den Umsteigepunkten eingerichtet wurden.

Zur Umstellung des Fahrplanes im Jahr 2017 wurde eine für die

Stadt Neu-Isenburg bisher nicht gekannte Informationskampagne

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organisiert. In einer Broschüre, u.a. als Beilage im „Isenburger“,

wurde das System der Umsteigepunkte dargestellt. Es wurde um-

fassend über die Möglichkeiten informiert, wie, wann und zu wel-

chen Kosten die Umsteigepunkte erreicht werden können. Die

neuen Verbindungen mit dem erweiterten Angebot des Sammel-

taxis wurden ausführlich besprochen und mit Praxisbeispielen

unterlegt. Jeder Haushalt hatte dieses Faltblatt dem Tisch, in dem

auch über die Mobilitätskarte mit ihren Möglichkeiten informiert

wurde.

Das war der Auftakt für eine lange Entwicklung. Öffentliche Busse

und AST wurden in der Folgezeit durch private Sharing Angebote

ergänzt, die sich in der Folgezeit immer mehr zu Shuttle Services

mit vergleichsweise hohen Taktfrequenzen zwischen einzelnen

Stationen in Neu-Isenburg und den Umsteigepunkten entwickel-

ten. Individualisierte Zubringermöglichkeiten entstanden ab

Mitte der 2020er mit den neuen Möglichkeiten des „autonomen

Fahrens“. Mehr dazu im Abschnitt „Utopie oder ein Ausblick in

eine ferne Zukunft?“

Leihfahrräder, Car Sharing und Mitfahr-dienste (Share Economy)

Schon im Jahr 2010 hatte die Stadt Neu-Isenburg in ihrem Akti-

onsplan „Klimaschutz“ die Bereitstellung von Car Sharing-Statio-

nen angekündigt. Bis zum Jahr 2015 wurde dazu noch keine Idee

Autonomes Fahren wird das Fahren ohne Fahrer genannt. Es

wurde zunächst für spezifische Situationen entwickelt, z.B. für

das Fahren von LKW auf Autobahnen. Dieses System wurde

Ende der 2020er Jahren auch für automatisierte Shuttle Ser-

vices eingeführt.

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geboren. Die Maßnahme wurde zwar weiter als offener Punkt mit-

geführt, Fortschritte wurden allerdings auch in den Jahren danach

nicht gemacht. In vielen Städten boomten Leihfahrräder und -au-

tos. Warum nicht in Neu-Isenburg? Waren die Isenburger beson-

ders stark in ihr eigenes Auto verliebt?

In Neu-Isenburg entstanden die Leihsysteme erst mit dem Ausbau

der Umsteigepunkte sowie des ÖPNV Angebotes. Ursächlich dafür

waren drei Aspekte:

Ein Grund war die Bildung von Mitfahrergemeinschaften (auch

„Peer to Peer Sharing“ genannt). Der Ausbau der Umsteigepunkte,

die verbesserte Taktfrequenz der Bahnen und die Parkplatzprob-

leme am Zielort hatten zu einer erhöhten Nutzung des ÖPNV ge-

führt. Viele Neu-Isenburger fuhren mit dem Auto oder dem Fahr-

rad zu den Umsteigepunkten. Inzwischen war es üblich, sich über

eine Smartphone App darüber zu informieren, ob Nachbarn aus

der Umgebung das gleiche Ziel hätten. Per Klick auf dem Smart-

phone konnte man signalisieren, dass man mitfahren wollte. Die

Mitfahrer konnten so das Auto dem Partner überlassen. Dem Fah-

rer wurden seine Dienste über die App mit einer Gebühr belohnt.

Der RMV hatte ein solches Mitfahrportal für Fahrten zu den

Park&Ride Parkplätzen eingerichtet. Es gehörte zu den Mobili-

tätsdiensten auf der Mobilitätskarte.

Ein weiterer Grund war die zunehmende Attraktivität der Stadt.

Weil es keine Neubaugebiete mehr gab, wurden immer mehr Bau-

lücken geschlossen. Die Verdichtung der Bebauung hatte eine

Verknappung und Verteuerung des Parkraums zur Folge. Die An-

zahl der parkenden PKW war so stark angestiegen, dass die Wohn-

straßen nur durch eine rigide Parkraumbewirtschaftung geschützt

werden konnten. Parkraum wurde immer teurer.

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Der dritte Aspekt hing mit der steigenden Nutzung des Fahrrades

oder Pedelecs, sowie der Beschleunigung des Busverkehrs zusam-

men. Dies führte dazu, dass eine Reihe von Familien auf das

zweite Auto verzichtete und für die wenigen Gelegenheiten, zu

denen sie noch ein Auto brauchten, auf Carsharing Dienste zu-

rückgriffen.

Utopie oder ein Ausblick in eine ferne Zukunft?

Die Stadtplanung nutzte die Verdichtung der Bebauung in der Zeit

von 2015 bis 2030 zur Schaffung einer urbanen Lebensqualität.

Ein Schlüssel dazu war die Umsetzung des Mobilitätskonzeptes.

Dadurch wurde die Verlagerung des Durchgangsverkehrs aus der

Stadt, die Beruhigung des innerstädtischen Verkehrs und die Re-

duktion des Parkdrucks möglich. In dieser Zeit entstanden wei-

tere, vollständig neue Technologien für die Mobilität.

Car und Bike Sharing entwickeln sich als Ergänzung zu einem

guten ÖPNV Angebot. Wenn das Auto nicht täglich gebraucht

wird und der Parkdruck groß ist, ist das Leihfahrzeug die ide-

ale Ergänzung zu einer „Mobilität ohne eigenes Auto“

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Eine dieser Technologien war das „Valet Parken“. Schon Anfang

der 2020er wurden erste Pilotprojekte mit der Technologie „Valet

Parken“ in Berlin, Hamburg und München durchgeführt. Vor allem

in den Randbezirken dieser Städte waren Projekte mit dieser

Technologie erfolgreich.

In Neu-Isenburg hatte man diese Pilotprojekte aufmerksam ver-

folgt. Die schnelle Erreichbarkeit der Umsteigepunkte war immer

noch ein wichtiges Ziel. Bislang waren die Fahrradwege und die

Bike&Ride Möglichkeiten wesentlich verbessert worden. Wenn

das Fahrrad aber nicht genutzt werden konnte, waren die Umstei-

gepunkte immer noch schlecht zu erreichen.

Zusammen mit der Einführung der RTW im Jahr 2028 hat Neu-

Isenburg auch ein System des „Valet Parken“ eingeführt. An den

Umsteigepunkten im Osten und an der S-Bahn sind auf den

Park&Ride Parkplätzen Flächen für automatisierte Elektro-Fahr-

zeuge reserviert. Von dort können sie mit der Mobilitätskarte ent-

weder sofort mitgenommen werden oder aber über das Smart-

phone an den Aufenthaltsort in Neu-Isenburg gerufen werden. Sie

dürfen überall hinfahren, dürfen aber nur im Stadtgebiet von Neu-

Isenburg abgestellt werden.

Beim „Valet Parken“ kann der PKW über das Smartphone zu

einem bestimmten Ort bestellt werden. Von seinem Parkplatz

bis zum Besteller fährt das Auto autonom. Der Besteller kann

es dann nutzen. Wenn das Auto nicht mehr gebraucht wird,

fährt es autonom wieder auf seinen Stellplatz und kann dort

über ein Induktionsverfahren elektrisch betankt werden.

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Dieses System wurde insbesondere von jungen Familien gut an-

genommen. An Regentagen und im Winter waren die PKW schnell

ausgebucht. Heute – im Jahr 2030 – kann die Nachfrage jederzeit

bedient werden und das System hat dazu geführt, dass noch mehr

Familien und Partnerschaften auf das Zweitauto verzichtet haben.

Viele einzelne Maßnahmen haben es in den 15 Jahren seit 2015

ermöglicht, die Anzahl der PKW in Neu-Isenburg erheblich zu re-

duzieren und gleichzeitig die Mobilität der Neu-Isenburger Bürger

und Beschäftigten zu verbessern. Beide Maßnahmen haben die

Lebensqualität in Neu-Isenburg wesentlich verbessert.

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Neu-Isenburg, Frankfurter Straße 2030

Torsten von Juterzenka vj-artwork.de

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Neu-Isenburg, Frankfurter Straße 2015

Franz Drews

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