Parasiten in der Mutterkuhhaltung:Gefahren, Erkennung und Therapiemöglichkeiten
Prof. Dr. Janina Demeler
Institut für Parasitologie & TropenveterinärmedizinFreie Universität Berlin
Überblick
Die wichtigsten WeideparasitosenErreger & Symptomatik
Diagnostik von parasitären Erregern
Anthelminthika-Resistenz: Gegenwärtiger Stand und entspr. Empfehlungen
Möglichkeiten zu Prophylaxe und Therapie
Parasiten des Rindes
Lungenwurm (Dictyocaulus viviparus) Leberegel (Fasciola hepatica, Dicrocoelium dendriticum) Pansenegel (Paramphistomum spp.) Magen-Darm-Strongyliden Ostertagia ostertagi (Brauner Magenwurm) Cooperia oncophora Haemonchus placei Trichostrongylus spp. Nematodirus spp.
Bandwürmer (Monezia)Protozäre Erreger Cryptosporidien Eimerien (Kokzidiosen) Neospora caninum
SägebockstellungDictyocaulose-Kälber
Nasenausfluss wird nicht abgeleckt
Klinik – Dictyocaulus viviparus
Pathogenese & KlinikPräpatenz 25 Tage• zunächst keine Symptome (Wanderphase)• Ankunft der Larven in der Lunge: Blutungen, Nekrosen der Alveolenwände, Bronchiolitis, Bronchitis→ Husten, erhöhte Atemfrequenz, Patenz Tag 25-60• Bronchopneumonie, beginnende Eliminierung der Würmer durch
einsetzende Immunität→ Husten, erhöhte Atemfrequenz, Nasenausfluss, Abmagerung,
Apathie (Sägebockartige Stellung), Lungenverdichtungen, Fieber,Todesfälle möglich
Postpatenz Tag 60-90• Besserung und Heilung oder chronischer Husten und Kümmern, Todesfälle möglich
Initiale Infektion
3 WochenEntw.dauer
L1-L3
Erkrankung
Entwicklung der klinischen Dictyocaulosein einer empfänglichen Herde
Anzahl infektionsfähiger Larven auf der Weide
W E I D E S A I S O N
3 WochenEntw.dauer
Klinik – Fasciola hepatica1. akute Fasziolose: plötzliche Todesfällen, schneller Verfall, Schwäche,
Atemnot, Appetitlosigkeit und Bauchschmerzen tritt häufig 2-8 Wochen nach Infektion und zwischen Herbst und Frühwinter auf (betrifft vorwiegend Schafe).
2. subakuter Fasziolose: überwiegend im Spätherbst bis Winter, Appetitlosigkeit, rasche Abmagerung, Apathie, schwere Atmung, Bauchschmerzen, Blässe (vorwiegend junge Rinder).
3. chronische Fasziolose: geringere Produktivität (auch ohne akute Symptome), Appetitlosigkeit, Abmagerung, Apathie, Kümmern, Blässe, Ödeme (Flaschenhals, "Wasserbauch") ab Winter/Frühjahr (kann aber beim Rind nach >1 Jahr abheilen).
4. Einfluss auf Produktivität betrifft Milchmenge, Gewicht, Fruchtbarkeit und reicht vom leichten Produktivitäts-abfall bis hin zum Tod.
Klinik & Therapie
Intestinale Phase• ab 10.000 Egel problematisch, wandern durch Dünndarm zum Pansen zurück
• Infektionen meist November/Dezember→ allgemeine Schwäche, Koliken, Apathie, LeistungsabfallRuminale Phase• meistens symptomlos
TherapieOxiclozanid + LevamisolOxiclozanid + Hexachlorophen (in D. z.Z. nicht zugelassen!)
Klinik der Ostertagiose:• heute meist subklinische Schäden• hohe Leistungseinbußen
• Sommerostertagiose (Typ I)• Verlauf subakut bis chronisch• meist alle Jungtiere einer Herde (zwischen Juli und September)• nichtblutiger Durchfall ohne Fieber• bräunliches, struppiges Haarkleid• Inappetenz, Mattigkeit, Abmagerung, Exsikkose, evtl. Tod
Winterostertagiose (Typ II)• verursacht durch hypobiotische Larven, heute selten • Einzelerkrankung
bei Jungtieren nach der 1. (und 2.) Weidesaison,bei Muttertieren nach dem Abkalben/-lammen
• intermittierender nichtblutiger Durchfall ohne Fieber• Inappetenz, rasche Abmagerung, Exsikkose, evtl. Tod
C. oncophoraC. punctataC. pectinata
• Beim Rind meist C. oncophora• parasitiert im Dünndarm• Cooperia-Befall häufig als Mischinfektion mit Ostertagia→ pathogene Wirkungen verstärken sich wechselseitig
Dosis-limitierender Parasit mit zunehmenden Problemen aufgrund von Anthelminthika-Resistenzen
Klinik: (nur bei extremer Befallsintensität oder Mischinfektion)Wässriger Durchfall, schlechtere Futterverwertung => Abmagerung
C. oncophora, Hinterende ♂
Cooperia spp.
Pathogenese & Klinik Haemonchose
•Verlust von Hämoglobin und Plasmaprotein in den Verdauungstrakt→ Kot fest, dunkel bis schwarz
• Anämie, gestörter Proteinstoffwechsel, Energiehaushalt etc.• Blutverlust pro Wurm und Tag: 0,05 ml• allgemeine Schwäche, blasse Schleimhäute, Inappetenz• bei fortschreitender Anämie: leichter Ikterus, erschwerte Atmung,
Ödeme an Kehlgang, Triel und Unterbrust → Tod
Weidegang
April Mai Juni Juli Aug Sept Okt Nov
überwinterteLarven
Eier neue Larven
Saisondynamik der Magen-Darmstrongyliden
Überblick
Die wichtigsten WeideparasitosenErreger & Symptomatik
Diagnostik von parasitären Erregern
Anthelminthika-Resistenz: Gegenwärtiger Stand und entspr. Empfehlungen
Möglichkeiten zu Prophylaxe und Therapie
Prinzip: Parasitenstadien flotieren in einer Lösung mit höherem spezifischen Gewicht
Nachweis: Helmintheneier (exkl. Trematoden)Protozoen: Oozysten, Sporozysten, Zysten
Sensitivität abhängig von:- spez. Gewicht des Objekts- spez. Gew. der Flotationslösung- Tierart (Gesamtkotmenge i. Verhältnis z. Probengröße)
Flotations- /Sedimentationsverfahren
Prinzip: Parasitenstadien mit höherem spez. Gewicht sinken im Wasser zu Boden
Nachweis: Trematodeneier, große Helmintheneier
Sensitivität abhängig von:- Gewicht des Objekts, Sorgfalt beim Dekantieren- Sedimentationsdauer
Qualitative / Quantitative Verfahren
McMaster:Bestimmung der Eizahl pro Gramm Kot (EpG)
Auswanderverfahren nach Baerman:Bestimmung der Larven im Kot
Negatives Ergebnis: keine ParasiteninfektionPrä- oder PostpatenzBefall unterhalb der Nachweisgrenzediskontinuierliche Ausscheidung
Positives Ergebnis: Nachweis einer patenten Infektion →Bewertung unterschiedlich, abhängig von:
- Art des Parasiten- klinischen Symptomen (Therapie?!)- Ausscheidung von Infektionserregern(Kontaminationsprophylaxe)
Aussage der Kotuntersuchung
Milch/Blut Ostertagia Antikörpertest
0
5
10
15
20
25
0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1.0 1.1 1.2
ODR
-4
-3
-2
-1
0
1
2
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)Proportie van bedrijven bemonsterd in 2006 Geschat effect op de melkgift
O. ostertagi Antikörperspiegel und Milchleistung
Wichtige Anthelminthika (I)
• eingeführt ca. 1960• Breitspektrumanthelminthika• wirken gegen Nematoden (Lungenwurm, Magenwurm) sowie teilw.
gegen Bandwürmer u. Leberegel
1. Benzimidazole (z.B. Fenbendazol)
2. Imidazothiazole (z.B. Levamisol)• eingeführt ca. 1967• wirken gegen Nematoden wie z.B. Lungenwurm und Magenwurm
• eingeführt ca. 1980• wirken gegen Nematoden und Arthropoden (=Endektozide)
Wichtige Anthelminthika II
3. Makrozyklische Laktone (z.B. Ivermectin)
•eingeführt ca. 1969•Wirkung gegen Leberegel
•eingeführt ca. 1985•Wirkung gegen Bandwürmer
4. Salicylsäureanilide (z.B. Closantel)
5. Praziquantel (Isochinolinderivat)
Was begünstigt die Entstehung vonresistenten Populationen ?
hohe Behandlungsfrequenz
subtherapeutische Dosierung
Einsatz immer der gleichen Wirkstoffgruppe
Helminthen mit kurzen Generationszeiten
„Dose-and-Move“ Systeme
Geringes „Refugium“
Wirkung überprüfen (Resistenztest) -> Wirkstoffgruppe NICHT weiter verwenden
Ueberprüfung der Eiausscheidung (weniger Behandlungen)
Routinemäßige Quarantäne
Mittel richtig anwenden (Dosierung, Applikation)
Tierarzt oder Berater einschalten um geeignetesKontrollprogramm für den Betrieb zu entwickeln
W U R M – Problem und Lösung
Wenn Anthelminthika-Resistenz auf Betrieb bestätigt wurde:
Überblick
Die wichtigsten WeideparasitosenErreger, Pathogenese & Symptomatik
Diagnostik von parasitären Erregern
Anthelminthika-Resistenz: Gegenwärtiger Stand und entspr. Empfehlungen
Möglichkeiten zu Prophylaxe und Therapie
Diagnose & Immunität Lungenwurm
Diagnose• frühzeitiger Nachweis von Eiern oder Larven im Sputum
oder Bronchialschleim, später: Larvennachweis im Kot
Immunität• Ausbildung vollständiger Immunität durch natürliche Infektion• Immunität abhängig von der Infektionsdosis der Primärinfektion• Bei ausbleibender Reinfektion nach spät. 12 Monaten erloschen• intensive Behandlung von Kälbern vor der ersten Weidesaison verhindert Ausbildung einer vollständigen Immunität
Therapie & Prophylaxe Lungenwurm
Therapie:• Immer Behandlung der gesamten Gruppe!• Makrozyklische Laktone, (Pro-)Benzimidazole und Levamisol• im Herbst: z.B. Fenbendazol und MLs, da diese auch wirksam gegen hypobiotische/inhibierte Stadien sind
Prophylaxe: => Weidemanagement• später Austrieb d. Kälber komb. mit Mähen des ersten Aufwuchses• Trennung von Kälbern und älteren Tieren
Diagnose & Therapie LeberegelTherapienotstand beim laktierenden Rind !!!
beim Jungvieh Triclabendazol (z.B. Fasinex, Douvistome) oder Closantel (z.B. Flukiver) bzw. Albendazol (beides nur gegen reife Stadien
Therapie & Prophylaxe• Vermeidung von Standweiden, Umweiden nach Abkalbung• Ausläufe und Weiden trocken halten, stehende Gewässer auszäunen, Tränkplätze planieren und asphaltieren (mit Platten auslegen)• Behandlung bes. in Oktober bis Dezember und im folgenden Frühjahr (März)
Therapie & Prophylaxe MDS
Rd.: Schutz vor klinischer Erkrankung ab 2. WeidesaisonImmunität bei Erstkalbenden und Muttertieren abgeschwächt• Weidemanagement (Weidewechsel, Besatzdichte, Austriebsdatum,Weidevornutzung, Zufütterung, Trennung von Altersgruppen)
• Planmäßige Bekämpfung (Saisondynamik)• zahlreiche Anthelminthika verwendbar• für Weidetiere bieten sich Präparate zur dermalen Applikation an
(Spot-on, Pour-on)
CAVE: weit verbreitete Anthelminthika-Resistenz bei MDS v.a. gegenüber Benzimidazolen und MLs- Neue Behandlungskonzepte (selektive, gezielte Behandlung) gegenwärtig in Evaluation