16 LW-Schriftenreihe 2017 Beitrag 2
Pelletreaktoren zur Schnellentcarbonisierung mit Kalkwasser – Hydromechanische GrundlagenProf. Dr.-Ing. Frieder Haakh, Dipl.-Ing (FH) Friedbert Holmer
Kurzfassung
Im Beitrag werden die grundlegenden hydromechanischen Zusammenhänge für Wirbelbett- (Pellet-)reaktoren zur Schnellentcarbonisierung dargelegt. Ausgangspunkt war die Weiter-entwicklung der Technologie zum Betrieb mit Kalkwasser anstelle von Natronlauge zur Produktion von Pellets aus hochreinem Calciumcarbonat bei der Landeswasserversor-gung im Jahr 2014. Dieser Beitrag erläutert die Dimensionsanalyse für die prozessbe-schreibenden physikalischen Größen. Die Schnittstelle zur Praxis ist die Definition des opti-malen Betriebsbereichs unter Berücksichtigung der hydromechanischen Zusammenhänge.
Summary
This paper summarizes the essential hydromechanical interactions for pellet reactors with a fluidized bed for softening groundwater for drinking water supply. Starting point was the technical enhancement for operating the reactors with lime water (Calcium Hydro-xide) instead of caustic soda to produce ultrapure calcium carbonate-pellets at the Lan-deswasserversorgung in 2014. This article explains the dimension analysis for the rele-vant physical variables. The definition of the optimal operating range with regard to the hydro mechanical interactions provides an interface to practical reality.
1 Einleitung
Ausgangspunkt war die betriebliche Notwendigkeit, das Enthärtungsverfahren bei der Landeswasserversorgung von einer „schnellen Langsamentcarbonisierung“ [2] bei der hochreiner Calciumcarbonat-Slurry produziert wird, auf eine Schnellentcarbonisierung im Wirbelbettreaktor („Pelletreaktor“) umzustellen. Im Unterschied zur bisher üblichen Tech-nologie [1,3, 4, 5, 6, 18] sollen hochreine Calciumcarbonatpellets produziert werden, um die Vermarktungschancen deutlich zu verbessern [16]. Zur chemischen Fällung sollte „Kalkwasser“ (Ca(OH)2 in wässriger Lösung) verwendet werden, was einen wesentlich höheren Volumenstrom im Vergleich zur etablierten Technologie mit Natronlauge bedingt. Dies sollte sich als hydraulische Herausforderung darstellen. Gestartet wurde im Techni-kumsmaßstab [7]. Beim Upscaling in den großtechnischen Maßstab sind dann erheb liche Probleme aufgetreten, sodass die Verfahrenstechnik unter großem Zeitdruck weiterent-wickelt werden musste. Die Problemstellung, die sich hier aufgetan hat, geht aus dem Bild 1 hervor. Als Schlüssel hat sich dabei das Verständnis um die hydromechanischen Zusammenhänge im Wirbelbettreaktor erwiesen. Ziel des vorliegenden Beitrages ist es, die komplexen hydromechanischen Vorgänge in einem Pelletreaktor darzulegen, um damit den optimalen Betriebsbereich zu definieren.
Im Beitrag 3 soll dann auf die schrittweise Optimierung des Großreaktors eingegangen werden. Pelletreaktoren zur Schnellentcarbonisierung sind eine bewährte Technologie, die insbesondere in den Niederlanden seit den 1970er-Jahren kontinuierlich weiterentwickelt wurde. Völlig neu ist allerdings die Idee, den maßgeblichen Härtebildner im Wasser, das Hydrogenbicarbonat nicht mit Natronlauge auszufällen, sondern mit „Kalkwasser“, d. h. Calciumhydroxid in wässriger Lösung, aber dies erfordert einen im Vergleich zu NaOH erheblich höheren Volumenstrom. Die chemische Reaktionsgleichung stellt sich wie folgt dar:
2
F:\user\S1\Schriftenreihe\2017\Beitrag_2_Haakh_Holmer_SEC_Hydromechanik\Wirbelbettreaktor_Haakh_Teil1_März2017.docx
Vorgänge in einem Pellet-Reaktor darzulegen, um damit den optimalen Betriebsbereich zu definieren.
Im Teil 2 soll dann auf die schrittweise Optimierung des Großreaktors eingegangen werden. Pelletreaktoren zur Schnellentcarbonisierung sind eine bewährte Technologie, die insbeson-dere in den Niederlanden seit den 1970er Jahren kontinuierlich weiterentwickelt wurde. Völlig neu ist allerdings die Idee, den maßgeblichen Härtebildner im Wasser, das Hydrogen-Bi-Carbonat nicht mit Natronlauge auszufällen, sondern mit „Kalkwasser“, d. h. Calciumhydroxid in wässriger Lösung, denn dies erfordert einen im Vergleich zu NaOH erheblich höheren Volumenstrom. Die chemische Reaktionsgleichung stellt sich wie folgt dar:
OHCaCOOHCaHCOCa 23223 22 (1)
Bei der Schnellentcarbonisierung strömt das zu enthärtende Grundwasser über einen Dü-senboden möglichst gleichmäßig in den Reaktor. Entweder im Düsenboden oder darüber wird das Reagenz (Ca(OH)2) zugegeben, die chemische Reaktion setzt ein, es bilden sich feinste CaCO3-Kristalle. Durch das ständig aufwärtsströmende Wasser werden im darüber liegenden Wirbelbett Kalkkügelchen (Pellets), die je nach Aufenthaltszeit unterschiedliche Durchmesser aufweisen, in Schwebe gehalten. An diesen Pellets lagern sich die CaCO3-Kristalle ab, kristallisieren und vergrößern so den Pelletdurchmesser.
Zwischen Pelletgröße, Dichte der Pellets im Wirbelbett und Aufstiegsgeschwindigkeit des Wassers besteht, wie noch gezeigt wird, ein Zusammenhang, der im Idealfall zu einer über die Wirbelbetthöhe gesehene Durchmesserklassierung der Pellets führt. Oberhalb des Wir-belbetts strömt das enthärtende Wasser zum Klarwasserabzug oben am Reaktor, während die Pellets, die aufgrund Ihrer Größe nicht mehr in Schwebe gehalten werden können, zum Düsenboden sinken und dort intermittierend abgezogen werden. Der Kristallisationseffekt wird wesentlich verbessert, wenn in dem Reaktor intermittierend „Impfkörner“ als Kristallisa-tionskeime zugegeben werden. Soweit die Theorie, die sich sowohl aus der Literatur als auch aus der Besichtigung realer Anlagen ergibt. Bei der Landeswasserversorgung wurde die Vorgabe getroffen, anstelle von Natronlauge „Kalkwasser“ und anstelle von „Impfsand“ Impfkorn auf hochreiner Calcitbasis zu verwenden, um hochreine CaCO3-Pellets für eine anschließende Vermarktung zu produzieren – eine naheliegende Entscheidung bei einer Menge von 18.500 tTS CaCO3 pro Jahr und der Wahl zwischen Entsorgung(skosten) oder Vermarktung(serlösen)!
Allerdings zeigten sich beim Upscaling vom halbtechnischen Maßstab zum Großreaktor er-hebliche Probleme, so dass sich die Landeswasserversorgung mit einer anspruchsvollen Entwicklungsarbeit unter erheblichen Zeitdruck konfrontiert sah. Dabei wurde klar: Ohne Versuche im Maßstab 1:1 am Großreaktor (= 1. Pilotreaktor) würde man nicht ins Ziel kom-men, begrenzende Faktoren waren aber die Zeit, da die gesamten Großanlagen in beiden Wasserwerken im November 2016 in Betrieb gehen mussten und natürlich die finanziellen und die personellen Ressourcen. Ein „Trial and Error“ schied damit aus, die Versuche muss-ten so schnell wie möglich ins Ziel führen und waren daher durch grundlegende Überlegun-gen zu begleiten. Das Ziel war „der optimale Betriebsbereich des Reaktors“ und der Weg dorthin sollte zeigen: „Nichts ist praktischer, als eine gute Theorie!“.
Bei der Schnellentcarbonisierung strömt das zu enthärtende Grundwasser über einen Düsen-boden möglichst gleichmäßig in den Reaktor. Entweder im Düsenboden oder darüber wird
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das Reagenz (Ca(OH)2) zugegeben, die chemische Reaktion setzt ein, es bilden sich feinste CaCO3-Kristalle. Durch das ständig aufwärtsströmende Wasser werden im darüber liegenden Wirbelbett Kalkkügelchen (Pellets), die je nach Aufenthaltszeit unterschiedliche Durch-messer aufweisen, in Schwebe gehalten. An diesen Pellets lagern sich die CaCO3-Kristalle ab, kristallisieren und vergrößern so den Pelletdurchmesser.
Zwischen Pelletgröße, Dichte der Pellets im Wirbelbett und Aufstiegsgeschwindigkeit des Wassers besteht, wie noch gezeigt wird, ein Zusammenhang, der im Idealfall zu einer über die Wirbelbetthöhe gesehene Durchmesserklassierung der Pellets führt. Oberhalb des Wirbelbetts strömt das enthärtete Wasser zum Klarwasserabzug oben am Reaktor, während die Pellets, die aufgrund ihrer Größe nicht mehr in Schwebe gehalten werden können, zum Düsenboden sinken und dort intermittierend abgezogen werden. Der Kristal-lisationseffekt wird wesentlich verbessert, wenn in dem Reaktor intermittierend „Impf-körner“ als Kristallisationskeime zugegeben werden. Soweit die Theorie, die sich sowohl aus der Literatur als auch aus der Besichtigung realer Anlagen ergibt. Bei der Landes-wasserversorgung wurde die Vorgabe getroffen, anstelle von Natronlauge „Kalkwasser“ und anstelle von „Impfsand“ Impfkorn auf hochreiner Calcitbasis zu verwenden, um hoch-reine CaCO3-Pellets für eine anschließende Vermarktung zu produzieren – eine nahe-liegende Entscheidung bei einer Menge von 18.500 tTS CaCO3 pro Jahr und der Wahl zwischen Entsorgung(skosten) oder Vermarktung(serlösen)!
Allerdings zeigten sich beim Upscaling vom halbtechnischen Maßstab zum Großreaktor er hebliche Probleme, sodass sich die Landes-wasserversorgung mit einer anspruchsvollen Entwicklungsarbeit unter erheblichen Zeitdruck konfrontiert sah. Dabei wurde klar: Ohne Ver-suche im Maßstab 1:1 am Großreaktor (= 1. Pilot reaktor) würde man nicht ins Ziel kom-men, begrenzende Faktoren waren aber die Zeit, da die gesamten Großanlagen in beiden Wasserwerken im November 2016 in Betrieb gehen mussten und natürlich die finanziellen und die personellen Ressourcen. Ein „Trial and Error“ schied damit aus, die Versuche mussten so schnell wie möglich ins Ziel führen und waren daher durch grundlegende Überlegun-gen zu begleiten. Das Ziel war „der optimale Betriebsbereich des Reaktors“ und der Weg dorthin sollte zeigen: „Nichts ist praktischer, als eine gute Theorie!“
Bild 2: Die Optimierung des Pelletreaktors – Probleme, Maßnahmen und Ziele
Problem Maßnahme Ziel
Keine Klassierung der Pellets
Düsenboden mit 30 Düsen/m² und D = 4 m, kein Konus
Klassierung im Wirbelbett
Hohe Ablauftrübung
s.o. Trübung < 3 FNU
Niedrige Aufstiegs-geschwindigkeit
siehe oben 50 … 60 m/h
Kalkwasser- einmischung mit hohen Turbulenzen, ungleichmäßig
Kalkwasser-eintrag als radiale „Fächer“ 0,3 m über dem Düsenboden
Schnelle Gleichverteilung
Sekundär-strömung im Pelletreaktor
Düsenboden mit 30 Düsen/m² und D = 4 m, kein Konus
Glatte Pellets/kleine Pellets
Hängt ab von va > 1 mm
Impfkorn: Form und hoher Unterkornanteil
Pellets zu Impfkorn malen, Unterkornanteil entfernen
Impfkorn aus Pellets herstellen
Φ
Problem Maßnahme Ziel
Keine Klassierung der Pellets
Düsenboden mit 30 Düsen/m² und D = 4 m, kein Konus
Klassierung im Wirbelbett
Hohe Ablauftrübung
s.o. Trübung < 3 FNU
Niedrige Aufstiegs-geschwindigkeit
siehe oben 50 … 60 m/h
Kalkwasser- einmischung mit hohen Turbulenzen, ungleichmäßig
Kalkwasser-eintrag als radiale „Fächer“ 0,3 m über dem Düsenboden
Schnelle Gleichverteilung
Sekundär-strömung im Pelletreaktor
Düsenboden mit 30 Düsen/m² und D = 4 m, kein Konus
Glatte Pellets/kleine Pellets
Hängt ab von va > 1 mm
Impfkorn: Form und hoher Unterkornanteil
Pellets zu Impfkorn malen, Unterkornanteil entfernen
Impfkorn aus Pellets herstellen
Φ
Bild 1:Zuordnung der einzelnen Verfahrensschritte zur Höhenlage im Wirbelbettreaktor Hinweis: Die Klarheit dieser Strukturierung war (auch) ein Ergebnis des Entwicklungs-prozesses und war am Anfang der Ent-wicklungsarbeit (noch) nicht erkennbar.
I.: Einströmzone des Pelletreaktors: kreisförmiger Düsenboden über gesamten Querschnitt Ziel: gleichmäßiger Grundwasserzustrom als „Pfropfenströmung“, Sedimentationszone für abgesunkene Pellets
II.: Einmischzone: Kalkwasserdosierung über radiale Kalk-wasserfächer; Verwendung von hochreinem Kalkwasser Ziel: störungsfreie, gleichmäßige Einmischung des Kalkwassers in die vertikale Hauptströmung
III.: Reaktionszone: Aufwachsen der Pellets im Wirbelbett durch Aufkristallisieren von ausgefälltem CaCO 3 + intermittierende Zugabe von selbst „erbrüteten“, gemahlenen Kalkpellets als Impfkorn Ziel: schnelles, ungestörtes Kalkkristallwachstum auf Pelletoberfläche; Wirbelbett mit Größenklassierung der Pellets
IV.: Klarwasserzone: keine inneren Einbauten, Umlaufende, außenliegende Ablaufrinne Ziel: Rückhalt von Feinstpartikeln durch Sedimentation; Trübung < 3 FNU im Ablauf
V.: Ablaufzone: Umlaufende, außenliegende Ablaufrinne Ziel: gleichmäßiger Klarwasserabzug
hartes Grund- wasser
weiches Grund- wasser
Kalk- wasser Ca(OH)2
Pellet- abzug CaCO3
18 LW-Schriftenreihe 2017 Beitrag 2
2 Dimensionsanalyse und dimensionslose Kennzahlen
2.1 Dimensionsanalyse
Um die Zahl der Versuche am Großreaktor/Pilotreaktor zu reduzieren und um den Ziel-bereich „Reaktor arbeitet gut“ überhaupt definieren zu können, ist es notwendig, das Problem zu verstehen. Um aber ein Problem, das von vielen Einflussgrößen bestimmt wird, überhaupt fassen zu können, ist es notwendig, die Komplexität des Problems zu mindern, allerdings immer unter dem Grundsatz: „Man soll die Dinge so einfach, wie möglich machen, aber nicht einfacher!“ (A. Einstein). Ein wesentlicher methodischer Schritt beim „Problem Pelletreaktor“ besteht darin, die Anzahl der Parameter maßgebenden dimensionsbehafteten hydromechanischen Ausgangsgrößen durch den Übergang auf eine dimensionslose Form zu reduzieren [10, 15]. Die Anzahl, um die reduziert werden kann, entspricht der Anzahl der Primärdimensionen (L, M, T) der strömungs-/problem-beschreibenden Ausgangsgrößen.
Eine Dimensionsanalyse für eine physikalische Fragestellung [10] lässt sich i.d.R. in sieben systematisch aufeinander aufbauenden Schritten erstellen. Für das vorliegende Problem eines Wirbelbettreaktors stellt sich dies wie folgt dar:
1) Parameter + Physik: Im ersten Schritt sind die maßgebenden physikalischen Größen und deren Primärdimensionen zusammenzustellen. Dies ist zweifellos der schwierigste Schritt, weil er bereits ein zutreffendes physikalisches Grundverständnis des Problems vor-aussetzt, das man eigentlich erst erkunden will. Folgende neun Para meter wurden gefun-den: Die Aufstiegsgeschwindigkeit im Reaktor va, der Dichteunterschied zwischen Kalk-pellet und Wasser ∆ , die Dichte des Wassers w, der modale Pelletdurchmesser d50, die Höhe des Wirbelbetts h, die Druckdifferenz im Wirbelbett ∆p, die Erdbeschleunigung g, die kinematische Viskosität ν sowie die Trübung T.
2) Die Dimensionsmatrix dient der Übersicht und ordnet den physikalischen Größen die Primärdimensionen zu.
Pellet-Reaktor = black box
Art Kalk- wasser- eintrag
Art Grund- wasser- eintrag
Pellet- abzug
Geometrie (Zylinder, Konus, Ablauf)
Design
Durchsatz (Q bzw. va)
Impfkorn (Größe)
Kalkwasser-menge
Häufigkeit Pelletabzug
Betrieb
weiches Wasser < 6°
dH
Trübung < 3 FNU wg.
anschl. Filtration
hochreine Pellets
(Verkauf!)
Ziel
Physikalische Parameter:
Physik 987654321
1 ;g;p;h;;;v;Tfd Wa
Pelletdurchmesser
Trübung
Aufstiegsgeschwindigkeit
Dichteunterschied Pellet-Wasser
Dichte Wasser Wirbelbetthöhe
Druckverlust im Reaktor
Erdbeschleunigung
Viskosität Wasser
Bild 3: Das Optimierungsproblem am Pelletreaktor als Black Box-Aufgabe: Inputparameter (Betriebsgrößen), Design-parameter, Zielparameter und verfahrens-bestimmende physikalische Größen
1 2 3 4 5 6 7 8 9Trübung Auf-
stiegsge-schwin-digkeit
Dichte-Unter-schied
Dichte Wasser
Pellet-durch-messer
(d50)
Wirbel-betthöhe
Druck-verlust imWirbel-
bett
Erdbe-schleuni-
gung
kinema-tische
Viskosi-tät
T va w d h p g Ein-heit
m-1 ms-1 kgm-3 kgm-3 m m Nm-2 =kgs-2m-1
ms-2 m²s-1
M 0 0 1 1 0 0 1 0 0L -1 1 -3 -3 1 1 -1 1 2T 0 -1 0 0 0 0 -2 -2 -1
19
3) Im dritten Schritt wird die Reduktion der Parameter durch den Übergang auf dimensionslose Größen berechnet. Bei drei Primärdimensionen (p = 3) und neun dimen-sionsbehaftete Größen (d = 9) kann das Problem auf d – p = 9 – 3 = 6 dimensionslose Größen vereinfacht werden. Damit reduziert sich das Problem um drei Parameter.
4) Im vierten Schritt werden nach und nach die dimensionsbehafteten Größen durch Multiplikation mit „passenden“ Potenzen anderer Parameter eliminiert. Alternativ könn-te auch der formale Weg über die Matrizenrechnung zu den dimensionslosen Größen beschritten werden. Es gilt:
5) Im fünften Schritt ist die Dimensionslosigkeit der erhaltenen Parameter zu prüfen
6) Bilden physikalisch sinnvoller Größen unter Ausnutzung des Multiplikations-theorems von Rayleigh.
1.) Elimination der Längendimension mit h [ L ]
2
332 2 ,,,,,, ,,,,,, ,,,,,, ,,,,,,
hh,,,,,,
hh,,,,,, gphphph ,,,,,, ph ,,,,,, ,,,,,, ph ,,,,,,
h,,,,,,
h,,,,,, hhh3 hh3 ,,,,,, hh ,,,,,,
h,,,,,,
h,,,,,, v
v
hT hT hd
w ,,,,,, w ,,,,,, ,,,,,, hh ,,,,,, w ,,,,,, hh ,,,,,, a ,,,,,, ,,,,,, hh hh3 hh3 3 hh3 ,,,,,, hh ,,,,,, ,,,,,, hh ,,,,,, [ 1 ] (3)
1 1 T-1 M M 1 MT-2 T-2 T-1
2.) Elimination der Massendimension mit h³ [ M ]
233
3
3 h,
hg,
hphph,,
,,
hh,
hv,hTf ,hTf ,hTf ,hTf
,hTf
,hTf
,hTf ,hTf ,hTf ,hTf 3 ,hTf3 3 ,hTf 3
hd wavav
[ 1 ] (4)
1 1 T-1 1 1 T-2 T-2 T-1
3.) Elimination der Zeitdimension mit 22 Tgh;T ;T 2 ;T 2
hg ;T ;T
ghh,
ghpp,,
,,
ghhv,Thf
hd wa hva hv
4gh4gh
2
2 gh2 gh
2 hv 2 hv4f4f [ 1 ] (5)
1 1 1 1 1 mms
smm42 mms 42 mms
24 smm 24 smm
3
22
5 hg,
ghpp,,
,,
hgv,Thf5f5h
d wa wa v wav [ 1 ] (6)
1 2 3 4 5 6 = 9 - 3!
f f
1
mms
sm
hg;1 ;1;1 ;1;1 ;1mm
sgk
mmsmgk
ghpp
3
2
2
4
3
223 s23 s22 ms 22 ms
3
22
51gh
,ghpp,,
,,
hd,
ghv,hTf ,hTf ,hTf ,hTf
,hTf
,hTf ,hTf ,hTf 5 ,hTf5 5 ,hTf 5 wavav [ 1 ] (7)
22
22
61dv 2 dv 2,
ghpp,
dgv,Tdf6f6
a dva dvwa wa v wav [ 1 ] (8)
Trübung Fr‘ 1 - 2Re1
bzw.
ghpp,dv dv ,Tdf
dgv a dva dvwa wa
7f7f2
[ 1 ] (9)
Re 1 -
11 11 11 11112
2
22
11 11 11 11
11
11 11 11
11 11 11 w 11a ; 11 ; 11
mms
sm
hgvava;hT; ;hT; 1 ;hT; 1 ;hT;
hd
,,,,,, ,,,,,, 1 gph ,,,,,, gph ,,,,,,T , vd w ,,,,,, w ,,,,,,a ,,,,,, ,,,,,,
const.
f
LL 11 11 11LL LL 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 11 LT 11 LT 11 11 11 LT 11 11 3MLML L 21 21 21T 21T 21 21 21T 21 21ML ML 122 122 122LT 122 122 122 TL 122 TL 122
,,,,,, gph ,,,,,, gph ,,,,,, gph gph ,,,,,, gph ,,,,,, ,,,,,, gph ,,,,,,
20 LW-Schriftenreihe 2017 Beitrag 2
7) Im siebten Schritt ist dann das Versuchsprogramm aufzustellen. Hier gilt es, die Werte der dimensionslosen Kennzahlen zu verändern. Diese sind:
gdv
43'Fr
2aw
(modifizierte) Froude-Zahl
dv dv Re a dva dv Reynoldszahl
3
432
311 s
s
a
cpdvt
vvp
pdpd
1 1 „Schwebegeschwindigkeit“
Bettdichte
T d = Trübungszahl
Die Froude-Zahl hängt ab von der Reynoldszahl, der Trübung und der Wirbelbett-dichte [15]. Variiert werden können va und dKorn. Zu beobachten ist die Veränderung der dimensionslosen Größen. Das Ziel ist es, den „optimalen Betriebsbereich“ zu finden!
2.2 Dimensionslose Kennzahlen
Um das Verständnis für das Problem zu schärfen, ist es hilfreich, den physikalischen Hintergrund der dimensionslosen Kennzahlen abzuklären.
2.2.1 Froude-Zahl
Zunächst ist die Frage zu klären: „Was macht die Strömung mit einem Pellet-Korn?“
Auf ein Pellet-Korn wirken in der Strömung die Gewichtskraft dd p d d p pd pd d pdddd d3d3dd d3d d6
d6
d , der
Auftrieb dd d d dd ddddd d3d3dd d3d d6
d6
d und aufgrund des Formwiderstandes die Strömungskraft
ww
22
w c2v
4dFwFw ww wwc c
2
2 . Für den Schwebezustand müssen sich diese drei Kräfte im Gleich-
gewicht befinden, d. h. die Resultierende zu null ergeben. Daraus folgt:
p p cdvc
dvd
p p d dvd vd
2
3
22 vd 22 vd 22 vd vd 22 vd vd43
24 d 24 d 24 d d 24 d d3 24 3 3 24 3 6
[ 1 ] (10)
ww
2w c
43
dgv
GAFw AFw
AF AF
[ 1 ] (10b)
Welchen Einfluss nimmt die Strömung auf die Pellets?
Auftriebskraft durchverdrängtes Wasser
Gewichtskraft durchErdbeschleunigung
Strömungskraft durchaufwärtsströmendes Wasser im Reaktor
Welchen Einfluss nehmen die Pellets auf die Strömung?
Beschleunigungs- /Trägheitskraft der Masse eines Wasserteilchens, dasdurch die Pellets beeinflusstwird
Reibungs- oder Zähigkeitskraft auf ein Wasserteilchen infolge der Viskosität
dvdvLv
v²d
²dvn
vs
³d
kraftZähigkeitsraftTrägheitskRe
w
sw
s
sw
22
221
2
2
wP
wwwc'Fr
gd/
c²v/²dgd/
GFA
""""
3
3
62
46
Bild 4:Froude-Zahl und Reynoldzahl als maß-gebliche dimensionslose Größen zur Beschreibung des Einflusses der Strömung auf die Pellets und der Pellets auf die Strömung
21
Daraus kann abgeleitet werden, bei welcher Fluidgeschwindigkeit die Pellet-Kügelchen schweben. Es gilt:
Damit leitet sich die modifizierte Froude-Zahl wie folgt ab:
Es gilt: d verdoppelt Fr halbiert, Re verdoppelt Steigung im Reh-Diagramm 1:2
2.2.2 cw-Wert
In obiger Formel wird der dimensionslose Formwiderstandsbeiwert cw im Nenner benötigt. Dieser hängt von der Form des Kornes (bei den Pellets: Kugeln) und der Reynoldszahl ab. Es gilt:
Aus den publizierten Messwerten konnte ein allgemeineres Gesetz gefunden werden, das für den interessierenden Bereich 2 < Re < 100 eine gute Übereinstimmung (r² = 0,99708) liefert. Es gilt:
2v
4dcF
22
ww cF ww cF cF cF ww ww cF ww cF cF ww cF [ 1 ]
Für Re
c w24
(Stokes‘sches Gesetz) folgt daraus mit
dv dv Re
824 22
dv dv
vd 22 vd 22 vd 22 22 vd 22 22
FwFwF bzw. vdFwFwF vd vd3 3 [ 1 ]
6
F:\user\S1\Schriftenreihe\2017\Beitrag_2_Haakh_Holmer_SEC_Hydromechanik\Wirbelbettreaktor_Haakh_Teil1_März2017.docx
d 3
6und aufgrund des Formwiderstandes die Strömungskraft
ww
22
w c2v
4dF . Für den Schwebezustand müssen sich diese 3 Kräfte im Gleichge-
wicht befinden, d.h. die Resultierende zu null ergeben. Daraus folgt:
pc
dvc
dvd
2
3
22
43
246
[ 1 ] (10)
ww
2w c
43
dgv
GAF
[ 1 ] (10b)
Daraus kann abgeleitet werden, bei welcher Fluidgeschwindigkeit die Pellet-Kügelchen schweben. Es gilt:
341 s c
dv
[ 1 ] (11)
Damit leitet sich die modifizierte Froude-Zahl wie folgt ab:
Fr43Fr w'
[ 1 ] (12)
bzw.: w
w'
c1
GFA
Fr
[ 1 ] (12b)
Es gilt: d verdoppelt Fr halbiert, Re verdoppelt Steigung im Reh-Diagramm 1:2
Bild 4: Froude-Zahl und Reynoldzahl als maßgebliche dimensionslose Größen zur Beschrei-bung des Einflusses der Strömung auf die Pellets und der Pellets auf die Strömung
2.2.2 cw-Wert In obiger Formel wird der dimensionslose Formwiderstandsbeiwert cw im Nenner benötigt. Dieser hängt von der Form des Kornes (bei den Pellets: Kugeln) und der Reynoldszahl ab.
Es gilt:
2v
4dcF
22
ww [ 1 ] (13)
Für Re
c w24
(Stokes‘sches Gesetz) folgt daraus mit
dvRe
824 22
dv
vdFw bzw. vdFw 3 [ 1 ] (13b)
Aus den publizierten Messwerten konnte ein allgemeineres Gesetz gefunden werden, das für den Bereich 2 < Re < 100 eine gute Übereinstimmung (r² = 0,99708) liefert. Es gilt:
(Re)log4957,1w e71069,20c [ 1 ] (13c)
(Re)log4957,1w e71069,20c 4957 4957,1 ,1 [ 1 ] (13c)
Bild 5:Verlauf von cw über Re für Kugeln in Fluiden
d v
34
1 s cdv
s sv v [ 1 ] (11)
Fr43Fr w'
[ 1 ] (12)
w
w'
c1
GFA
Fr FA FA
[ 1 ] (12b)bzw.
22 LW-Schriftenreihe 2017 Beitrag 2
2.2.3 Reynolds-Zahl
Als nächstes ist der Einfluss eines Pellet-Korns auf die Strömung zu untersuchen. Hierzu wird die Reynoldszahl herangezogen, die das Verhältnis von Trägheitskraft eines Wasserteilchens zu Zähigkeitskraft infolge der Viskosität wiedergibt. Für die Trägheits-kraft gilt:
2.2.4 Zusammenhang zwischen „Schwebegeschwindigkeit“ und
Damit ein Pelletkorn schweben kann, muss das Kräftegleichgewicht (vgl. 2.2.1) durch die Schwebegeschwindigkeit herbeigeführt werden. Ausgangspunkt ist zunächst die „Leerrohrgeschwindigkeit“ („Aufstiegsgeschwindigkeit“) vL = va des Reaktors ohne Pelletkörner. Je mehr Körner sich nun in einer horizontal gedachten Schicht im Quer-schnitt befinden, desto stärker wird der Querschnitt eingeengt und desto größer wird die Geschwindigkeit im verbleibenden Querschnitt zwischen den Körnern. Aus der Schwebegeschwindigkeit folgt, dass bei großen Körnern die Abstände enger sein müssen und bei kleinen Körnern geringer, bis schlussendlich die Leerrohrgeschwindigkeit vL
ausreicht, um die zugehörige Kleinstkorngröße auszutragen. Aus dieser Überlegung folgt auch, dass es einen Zusammenhang zwischen der Korndichte je Schicht und der Schwebe geschwindigkeit geben muss, sofern die Strömung homogen und frei von groß-skaligen Sekundärwirbeln ist. Ist d vorgegeben, so folgt für die „Schwebegeschwindigkeit“
Für den cw-Wert wird mit Gleichung 13c gerechnet. Ist die Leerrohrgeschwindigkeit vL (= Aufstiegsgeschwindigkeit va) bekannt, so lässt sich vs / vL bestimmen. Aus der Kontinui-tätsgleichung ergibt sich für den freien, effektiven Fließquerschnitt zwischen den Körnern:
Ist A (Reaktorquerschnitt) bekannt, errechnet sich die Fläche, die durch die Körner belegt wird zu
Ein einzelnes Korn hat die Fläche πd²/4, die Anzahl der Pellet-Körner np in der betrachteten Ebene des Querschnitts berechnet sich somit zu:
ist die Zähigkeit vernachlässigbar. 22
2323 v 23 v 23
LLv
sLbm s
Lbm Lbm Für Re ist die Zähigkeit vernachlässigbar. Für die
Für die Zähigkeitskraft gilt: und daraus folgt: LvLv LvLv n
L 2 LvLv 2 LvLv s LvLv s LvLv 2 LvLv LvLv LvLv 2 LvLv LvLv 2 LvLvL L2 2 und daraus folgt:
wws c3
dg4)d(vs )d(vs ww ww
dg4 dg4 [m/s] (15)
s
ae v
vee [ m² ] (16)
s
ae
e
vv
ee e e 1 1 1 1 [ m² ] (17)
(va ≙ Aufstiegsgeschwindigkeit = Leerrohrgeschwindigkeit; vs ≙ Schwebegeschwindigkeit)
222
1 22 dv dv d
vd 22 vd 22
Re [ 1 ] (14)
2p
Kp
dA4
n [ 1 ] (18)
die „Schwebegeschwindigkeit“ vs aus 1GAuftriebFwFwF
23
3ppp d
6nV pp nV pp nV nV [ m³ ] (19)
s
ap v
v1Ad 1Ad 1Ad 1Ad 1Ad 1Ad 1Ad1Ad 1Ad 1Ad p 1Adp3
2 [ m³ ] (19b)
s
a
s
a
vv
vv
32
311
321
1 11 1 [ 1 ] (20)
hgp1
1 1 .
)d(vvund.constvmitvv
132
hgp
ss )d(vv ss )d(vva .constvmit a .constvmits
a )d(vv )d(vv
1 1
Für das gesamte Volumen der Körner folgt daraus
Das Volumen der Schicht, in der sich die Körner aufhalten, hat die Höhe dp, es gilt damit. V = dp · A . Daraus folgt für :
Weiterhin besteht der Zusammenhang zwischen ∆p und in der Form:
Pro Schicht der Höhe d sind damit nach Gl. 18 np Körner in Schwebe. Die Oberfläche dieser Körner zur Anlagerung errechnet sich dann aus np x π x dp², die spezifische Ober-fläche, die Körner dieser Korngröße für die Kristallisation „anbieten“ zu np x π x dp. Die Zusammenhänge gehen aus dem Bild 7 hervor.
Daraus folgt:
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2 1.4 1.6d [ mm ]
0
200
400
600
800
1000
v sch
we b
[ m/ h
]
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
e[ 1
]
vschweb
Bild 6: Schwebegeschwindigkeit und -Wert, aufgetragen über den Pellet- Durchmesser d
0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1.0 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6Korngröße d [ mm ]
25000000
30000000
35000000
40000000
45000000
50000000
Kor
nobe
rfläc
heje
Schi
cht
derH
öhe
d[ m
m²]
20000000
40000000
60000000
80000000
100000000
120000000
spez
.Kor
nobe
rfläc
he[ m
m²/ m
m]
Bild 7: Kornoberfläche je schwebender Korn-schicht der in mm² Höhe d sowie spezifische Kornoberfläche in mm²/mm, aufgetragen über den Korndurchmesser
24 LW-Schriftenreihe 2017 Beitrag 2
3 Orte gleicher Parameterwerte im Reh-Diagramm
3.1 Darstellung von = const. (Linien gleicher Wirbelbettdichte)
Eine erste Orientierung, in welche Richtung die Versuchsparameter variiert werden müssen, liefern Isolinien der dimensionslosen Größen, aufgetragen im sog. Reh-Diagramm ( Bilder 7 ff.).
Für Linien gleicher Wirbelbettdicke gilt mit aus Gl. (20), (d. h. Aufstiegsgeschwindigkeit, Korndurchmesser und Ablauftrübung)
Für die Froude-Zahl gilt weiterhin:
Eingesetzt führt dies auf:
Vorgehensweise: Es werden jetzt Werte für = const. vorgegeben und die Koordinaten für Re als unabhängige Variable und Fr‘ als abhängige Variable im Reh-Diagramm berechnet.
3.2 Darstellung von d = const. (Linien gleicher Korngröße)
Analog können nun auch Linien gleichen Pelletdurchmessers (d = const.) bestimmt werden. Es gilt wiederum
Für die Froude-Zahl folgt:
dRevavav
undw
s cdg dgv
dg dg
3
4 gilt für = const.: w
31
34
32
343
2
31 2
3 cRed.
dd dd dd dd cRe
[ 1 ] (21)
32
222
43
43 d
ddRe
dvRe a
22 22
[ 1 ] (22)
w2
w
.const'
cg31
3g4
1627
c322g
31
3g4
43(Re)Fr
[ 1 ] (22b)
d³
w
dv dv a dva dv bzw. d
Reva
. Für die Froude-Zahl folgt:Re
(Re)log4957,1.const'
e71069,2020g31
3g4
1627
(Re)Fr
[ 1 ] (23)
= const.
(Re)fcw (Re)fcw (Re)fc (Re)fc (Re)fc
w
3
222
43
43
dRe
dvRe a 22 22
d d
[ 1 ] (24)
3
22
43
dRe 22 22
dconst. Re [ 1 ] (24b)
= const.= const.!!
= const.= const.!!
ww
25
3.3 Darstellung von va = const. (Linie gleicher Aufstiegsgeschwindigkeit)
Wie bei den bisherigen Parametern lassen sich die Linien gleicher Aufstiegs-geschwindigkeit va berechnen. Es gilt:
3.5 Darstellung von Linien gleicher Trübung
Eine analytische Lösung zur Darstellung von Trübung-Isolinien liegt nicht vor, es wurde deshalb auf experimentell ermittelte Werte zurückgegriffen. Bemerkenswert ist, dass sich für die Trübung im doppel-Log-Maßstab ein nichtlinearer Zusammen-hang ergab ( Bild 8). Dennoch können die Linien gleicher Trübung approximiert werden. Im Doppel-Log-Maßstab gilt:
Für die jeweiligen Wertepaare (yi; xi) werden dann die Koeffizienten der „Geradengleichung“ (log-Skalierung!) a und b aus dem linearen Gleichungssystem bestimmt. Es gilt:
mit x1 = log (Re1), x2 = log (Re2). Die Lösung für Fr‘ im Reh-Diagramm lautet dann:
Die Verläufe ergeben sich als Geradenbüschel im Reh-Diagramm!
bzw.
und für die Froudezahl
Somit gilt:
avRed
dgv
43
Fr2
a'
dg dg
.w
RevRe a
dconst.
3
43
[ 1 ] (25) = const.
variabel
= const.!
ww
3.4 Darstellung von .constdvRe s dvs dvp
dv dv
(Linien gleicher kornbezogener Reynoldzahl)
Die Reynoldszahl kann auch mit der Schwebegeschwindigkeit berechnet werden. Dies führt auf:
ss
a
vdRe
vv
vd vd
a a
32
31
32
31
(Re)log4957,1p
.constpRe'
e71069,2020g
ReRe
32
3g4
1627
Fr
.constp .constp
[ 1 ] (26)
!Rep
1
Und weiterhin zu:
b Re loga Fr logy ' Re Re loga loga Fr Fr logy logy [ 1 ] (27)
2
1
2
1
11
yy
ba
x2x2
x1x1 (28)
b)TRe(loga b)TRe(loga Fr log ' b)TRe(loga b)TRe(loga (29)
ba' 10)T(ReFr )T( )T(Re Re (29b)
26 LW-Schriftenreihe 2017 Beitrag 2
zunehmende Korngröße →
zunehmende Geschwindigkeit →abnehmende Korndichte im Wirbelbett →
Einfluss der Pellets auf die Strömung →
Einf
luss
der
Str
ömun
g
(Auf
trie
b) a
uf d
ie P
elle
ts →
1 2
3 4 5 6
1,0 Re = v a x d / n [ 1 ]
0,001
0,010
0,100
10 100
Fr‘ =
(F a +
A)(G
xc
aw )
[ 1
]
Bild 8: Das Reh-Diagramm sowie Isolinien der hydraulischen Kenngrößen
d50 > 0,5 mm (Häufigkeit Pelletabzug
u. Impfkorngröße)va < 70 m/h
(Filterspülen)
va > 45 m/h (Anzahl Reaktoren)
> 0,4 (Festbett)1 < Trübungen < 3,0 FNU)
zunehmende Korngröße →
Einfluss der Pellets auf die Strömung →
Einf
luss
der
Str
ömun
g
(Auf
trie
b) a
uf d
ie P
elle
ts →
1,0 Re = v a x d / [ 1 ]
0,001
0,010
0,100
10 100
Fr‘ =
(F a +
A)(G
xc
aw )
[ 1
]
ε
ν
ν
Bild 9: Reh-Diagramm mit dem Zielbereich für den Einsatz eines Pelletreaktors bei der Schnellentcarbonisierung
27
4 Diskussion der Ergebnisse
Mittels Dimensionsanalyse konnten die wesentlichen hydromechanischen Kenngrößen, die das Verhalten der Pellets in der Strömung im Reaktor kennzeichnen, in dimensionsloser Form hergeleitet werden. Die Darstellung im Reh-Diagramm erlaubt es, den Ziel-Bereich als optimalen Betriebsbereich in Abhängigkeit von minimaler und maximaler Aufstiegs-geschwindigkeit, Korngröße und Wirbelbettausdehnung einzugrenzen. Die Zahl der Varia-blen konnte damit von 9 auf 6 reduziert werden. Was die Dimensionsanalyse nicht leisten kann, ist die Beschreibung der Randbedingungen und weiterer praxisrelevanter Erschei-nungen, wie z. B. die Ausbildung von vertikalen Walzenströmungen im Reaktor, das Ent-stehen von Ablagerungen etc. Die analytischen Ergebnisse sind jedoch die notwendigen Bedingungen, die immer einzuhalten sind und bilden für die Optimierung den Rahmen. Das Zusammenspiel aus Praxiserfahrungen und dimensionsanalytisch gefundenem Zielbe-reich stellt sich wie folgt dar: Der Betriebsbereich eines Pelletreaktors ergibt sich nun aus der Fläche im Reh-Diagramm, innerhalb der folgende Anforderungen eingehalten werden:
Die Pellets sollten möglichst groß (> 1,0 mm) aufwachsen, da dies von den Kunden ge -wünscht wird [11, 17] und den Impfkorneintrag minimiert [9]. Dies bedingt eine längere Aufenthaltszeit im Reaktor. Dieser Bereich erstreckt sich unter der Linie gleicher Korngrö-ße nach rechts unten. Weiterhin funktioniert der Reaktor nur, wenn sich ein ausreichend großes Wirbelbett ausbildet. Dies ist erst für größer 0,4 gegeben. Der Bereich liegt also oberhalb der Isolinie = const. = 0,4 (kein Festbett!) und verläuft nach links oben. Wei-terhin ist zu beachten, dass nach dem SEC-Reaktor das enthärtete Grundwasser filtriert wird. Die Rückspülgeschwindigkeit der Filteranlage beträgt 70 m/h. Damit ist die Auf-stiegsgeschwindigkeit im Reaktor auf Werte < 70 m/h zu beschränken, da andernfalls Material als Trübung ausgetragen wird, das nicht mehr von den Filtern rückgespült werden kann, die Filter würden im Lauf der Zeit verbacken. Dies definiert den Bereich nach links unten unterhalb der 70 m/h-Isotache. Aus wirtschaftlichen Gründen muss die Aufstiegs-geschwindigkeit mindestens 45 m/h betragen, da andernfalls für das Wasserwerk in Langenau 8 Pelletreaktoren notwendig würden. Damit wird der Bereich nach rechts oben durch die 45 m/h-Isotache definiert. Weitere Kriterien sind: Für das Kleinstkorn, das im Reaktor gehalten werden soll, gilt d > 0,7 x Impfkorndurchmesser. Weiterhin repräsentiert die graue Raute den Bereich der Trübungen im endgültigen Reaktor mit 1 < T < 3 FNU. Damit ist der „optimale Betriebsbereich“ physikalisch präzise definiert.
5 Zusammenfassung
Durch die Kombination von Dimensionsanalyse und Großversuch wurde bei der Landes-wasserversorgung ein Pelletreaktor zur Schnellentcarbonisierung mittels Kalkwasser und Impfkorn auf Calcit-Basis entwickelt. Das Verfahrensziel besteht in der Enthärtung des Grundwassers von 21° dH auf ca. 6° dH und hochreinen, vermarktungsfähigen CaCO3-Pellets bei minimaler Ablauftrübung und maximal möglicher Aufstiegsgeschwin-digkeit. Mittels Dimensionsanalyse und den Übergang auf dimensionslose Größen konnte die Anzahl der Parameter von 9 auf 6 reduziert und der Zielbereich für den Betrieb des Reaktors definiert werden, der bei der weiteren Optimierung im Großversuch einzuhalten war. Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Entwicklung keineswegs so geradlinig verlaufen ist, wie er sich im Rückblick und aus der Dokumentation aus der Veröffentlichung darstellt, denn häufig werden theoretische und versuchspraktische Überlegungen parallel entwickelt und ohne Ingenieurintuition wäre die Entwicklungsarbeit in der Kürze der Zeit nicht gelungen. Der Mehrwert der Dokumentation ergibt sich, dass der Fachwelt für vergleichbare Fragestellungen das Rüstzeug vorgestellt wird.
Im Beitrag 3 soll auf die großtechnischen Versuche am „Pilotreaktor“ eingegangen werden. Die Idee war, das optimale Design an einem Pilotreaktor zu entwickeln und damit in die europaweite Ausschreibung der 9 Pelletreaktoren für das Wasserwerk Langenau (6 Stück) und das Egauwasserwerk (3 Stück) zu gehen.
28 LW-Schriftenreihe 2017 Beitrag 2
Parameter
A Fläche oder [ m² ] Auftriebskraft [ N ]cw Formwiderstandsbeiwert [ 1 ]d (Korn-)durchmesser [ m ]F Kraft [ N ]Fr Froudezahl [ 1 ]f FunktionG Gewichtskraft [ N ]g Erdbeschleunigung [ ms-2 ]h Wirbelbetthöhe [ m ]L Länge(neinheit) [ m ]M Masse(neinheit) [ m ]n Normalep Druck [ Nm-2 ]s Strecke, Länge [ m ]Re Reynoldszahl [ 1 ]T Trübung oder [ m-1 ] Zeit(einheit) [ s ]v Geschwindigkeit [ ms-1 ]∆ Delta / Differenz einer Größe Wirbelbettdichte [ s ] dynamische Viskosität [ kg m-1 s-1 ] Dichte
ν kinematische Zähigkeit/ [ m² s-1 ] Viskosität
Indizes
a Aufstiegs Schwebe(n)w Wasser
29
Literatur
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[13] Stetter, Dieter, Die zentrale Enthärtung am Niederrhein – Fortschritte und Entwicklungen seit 1990, in: Energie-/Wasser-Praxis 2013/6, S. 48 – 52
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[19] Zorn, Ralf, Innovative Drinking Water Softening forms the Basis for a Joint European Project, in: gwf Wasser Abwasser, International Issue 2012, S. 114 – 117