Felix Bott Universität Bayreuth
Bismarckstr. 45
95444 Bayreuth
Fachsemester: 05
Matr.-Nr. 1352032
Seminar im Sportrecht
bei Prof. Dr. Peter W. Heermann LL.M.
Wintersemester 2016/17
Befristete Arbeitsverträge im Profifußball
2
Gliederung
A. Einleitung ____________________________________________________________ 5-6
I. Problemhinführung _____________________________________________________ 5-6
B. Hauptteil ____________________________________________________________ 6-12
I .Sachverhalt ___________________________________________________________ 6-7
II. Arbeitsverhältnisse eines Profifußballers __________________________________ 7-8
III. Befristung von Spielerverträgen ________________________________________ 8-10
1) Sachgründe gem. § 14 I 2 TzBfG __________________________________________ 9-11
a) In der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe ____________________________ 9-10
b) Eigenart der Arbeitsleistung _____________________________________________ 10-11
IV. Zwischenergebnis ___________________________________________________ 11-12
V. Sonderfragen _______________________________________________________ 12-13
VI. Ausblick _____________________________________________________________ 14
VII. Fazit _____________________________________________________________ 14-15
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Literaturverzeichnis
Backhaus
Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, § 14 TzBfG, 5. Aufl. 2017.
Boecken/Joussen
Teilzeit- und Befristungsgesetz, 2. Aufl. 2010.
Fischinger
Württembergischer Fußballverband e.V., Befristung von Arbeitsverträgen in der Fußball-
Bundesliga, Tagungsband des WFV-Sportrechtsseminars 2015 57-86.
Frodl/Katzer
„Zulässigkeit von Befristungen im Profifußball“ – „Der Fall Heinz Müller“, NZA 06/2015
657-661.
Fröhlich/Fröhlich
CaS 2015 145-147.
Joussen
Boecken/Joussen, Kommentar zum WissZeitVG, 2012.
Meinel
Meinel/Heyn/Herms, Kommentar zum TzBfG, 4. Aufl. 2012.
Müller-Glöge
Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2015.
Müller-Glöge
Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012.
Sommer
Entscheidungsbesprechung: Befristung von Arbeitsverträgen im Lizenzspielerbereich, ZJS
2015.
4
http://blog.handelsblatt.com/rechtsboard/2015/03/27/keine-lex-profifusball-auch-vertrage-
mit-profifusballern-unterliegen-den-allgemeinen-arbeitsrechtlichen-gesetzen (zuletzt besucht
am 29.09.2016).
http://www.kicker.de/news/fussball/regionalliga/rlsw/569784/artikel_eiserne-geben-
hofschneider-unbefristeten-vertrag.html (zuletzt besucht am 29.09.2016).
http://fussball-geld.de/gehalt-der-bundesliga/ (zuletzt besucht am 29.09.2016).
5
A. Einleitung
Keine „Lex Profifußball“1. So der Titel des Handelsblattes im März 2015, nach dem Urteil
des Arbeitsgerichts in Mainz zu dem Fall „Heinz Müller“.
Der letzte befristete Vertrag des damals sechsunddreißigjährigen Profitorwarts Heinz Müller
wurde von seinem damaligen Verein, Mainz 05, nicht mehr verlängert. Müller gab sich damit
jedoch nicht zufrieden, sondern griff die Befristung gerichtlich an und machte geltend, in
einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu stehen.
Das Arbeitsgericht Mainz hat der Klage stattgegeben und festgestellt, dass die Befristung
seines Arbeitsvertrages unwirksam ist.2
Unter Anwendung des Urteils auf den kompletten Profifußballbereich und damit alle
Arbeitsverträge unter Lizenzfußballspielern und deren Vereine, scheint die Entscheidung in
der Tat das Potenzial zu haben, das Fußballgeschäft in Deutschland zu revolutionieren.
Das Gericht ist der Ansicht, dass für Profi-Fußballer die gleichen arbeitsrechtlichen
Regelungen wie für „normale“ Arbeitnehmer gelten sollen.
Das LAG Rheinland-Pfalz, als Berufungsinstanz, hielt die Befristung des Arbeitsvertrages für
wirksam und „kippte“ damit das vorinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts in Mainz. Vor
allem beruhigte das Urteil die Gemüter der Vereine, die sich somit zunächst einmal keine
Gedanken über eine Neu- oder Umgestaltung von Spielerverträgen machen mussten.
Inzwischen hat der Prozessbevollmächtigte von Heinz Müller Revision beim BAG eingelegt.
Das ist Anlass genug nach einer kurzen Problemhinführung-der Frage nachzugehen, unter
welchen Voraussetzungen, die Arbeitsverträge von Spielern im Profifußball befristet werden
können.
I. Problemhinführung
Ein Arbeitsvertrag ist i.S.d. §611 I, II BGB ein gegenseitiger Vertrag, durch den sich der
Arbeitnehmer zur Leistung der vereinbarten Arbeit und der Arbeitgeber zur Gewährung des
vereinbarten Arbeitsentgelts verpflichtet. Im Profifußball tritt der jeweilige Verein als
1 http://blog.handelsblatt.com/rechtsboard/2015/03/27/keine-lex-profifusball-auch-vertrage-mit-profifusballern-unterliegen-den-allgemeinen-arbeitsrechtlichen-gesetzen (zuletzt besucht am 29.09.2016). 2 ArbG Mainz, 19.03.2015 – 3 Ca 1197/14 (NJW 2015, 48).
6
Arbeitgeber auf und der Spieler spätestens seit dem „Bosman-Urteil“ als Arbeitnehmer auf.3
Dabei wurde unter anderem festgestellt, dass Profifußballer normale Arbeitnehmer i.S.d. Art.
45 AEUV sind. (Interessant könnte dieses Verhältnis zwischen Vereinen und Spielern in der
englischen Premier League in Zukunft werden, da das Urteil des EuGH nur für Länder der EU
Geltung hat.) Entscheidend für eine Anwendbarkeit der Arbeitnehmereigenschaft ist, ob der
Profifußballspieler auf Grund privatrechtlichen Vertrags im Dienste des Vereins zur Leistung
weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist4.
Nach ganz h.M. ist auf Grund dieser Definition eine Arbeitnehmereigenschaft eines
Profifußballers zu bejahen.5 Entscheidend dafür ist, dass insbesondere eine
Weisungsabhängigkeit der Spieler u.a. in Bezug auf spieltechnische Anweisungen,
Trainingszeiten und eventuelle außersportliche Veranstaltungen, wie Presse- oder
Werbetermine, besteht.6
Im „normalen“ Arbeitsleben ist der unbefristete Arbeitsvertrag nach wie vor der Regelfall.7
Im Profifußball werden nahezu ausnahmslos befristete Arbeitsverträge sowohl mit den
Spielern als auch mit den Trainern geschlossen. (Ausnahme ist hierbei Trainer Uwe Neuhaus,
der 2012 bei seinem damaligen Verein Union Berlin einen unbefristeten Vertrag
unterschrieb.)8 Das deutsche Arbeitsrecht verbietet befristete Arbeitsverträge nicht
grundsätzlich, jedoch lässt das Gesetz nur solche Befristungen zu, die gem. §§ 620 III BGB,
14 I TzBfG einen sachlichen Grund aufweisen, der die Befristung rechtfertigt.
B. Hauptteil
I. Sachverhalt
Der Fall von Heinz Müller zeigt deutlich, dass die Umsetzung des Arbeitsrechts im
Profifußball zu Problemen führen kann.
Kläger in diesem Fall ist Heinz Müller, als Lizenzfußballspieler seit 01.07.2009 bei dem
beklagten Verein Mainz 05 beschäftigt. Die Parteien streiten um die Zahlung von Prämien
und den unbefristeten Bestand des Arbeitsverhältnisses des Klägers.
3 EuGH RS C-415/93, Slg 1995, I-4921. 4 Müller-Glöge, Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 611 Rn. 171. 5 BAG NZA 2000, 771 (773); BAG NZA 1999, 989. 6 Sommer, Entscheidungsbesprechung: Befristung von Arbeitsverträgen im Lizenzspielerbereich, ZJS 5/2015 S. 524. 7 Vgl. Boecken/Joussen, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 2. Aufl. 2010, § 14 Rn. 9. 8 http://www.kicker.de/news/fussball/regionalliga/rlsw/569784/artikel_eiserne-geben-hofschneider-unbefristeten-vertrag.html (zuletzt besucht am 29.09.2016).
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Im Juni 2012 einigten sich die beiden Parteien auf einen neu vereinbarten befristeten 2-
Jahresvertrag, beginnend ab 01.07.2012 bis 30.06.2014. In diesem Vertrag vereinbarten die
Parteien eine Verlängerungsoption um ein weiteres Jahr, unter der Voraussetzung von 23
Mindesteinsätzen des Klägers in der Fußballbundesliga.
Der Kläger bestritt in der Saison 2012/13 von den ersten elf Partien zehn. Nach dem 11.
Spieltag hatte der Kläger keine weiteren Einsätze. Dem Kläger wurde ab dem Beginn der
Rückrunde (= 18. Spieltag) seitens des beklagten Vereins die Teilnahme am Trainings- und
Spielbetrieb der Lizenzspielermannschaft untersagt und er wurde der 2. Mannschaft des
Vereins zugewiesen.
Eine außergerichtliche Korrespondenz zwischen dem Rechtsanwalt des Klägers und dem
beklagten Verein führte zu keiner einvernehmlichen Lösung.
Der Kläger erhob am Arbeitsgericht Mainz eine sog. Entfristungsklage gem. §17 TzBfG.9
Er nahm dabei Bezug auf ein Schreiben vom 30.04.2014 an den beklagten Verein, in dem er
dem beklagten Verein vorgeworfen hatte, er sei wegen treuwidriger Verhinderung des
Bedingungseintritts so zu stellen, als habe er am 12.04.2014 den 23. Bundesligaeinsatz
gehabt.10 Der Kläger begehrte zudem die Zahlung von Punkteinsatzprämien sowie
Erfolgpunkteinsatzprämien für den Zeitraum vom 18. bis zu dem 34. Spieltag. Zuletzt forderte
der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Feststellung des unbefristeten Fortbestands des
Arbeitsverhältnisses, ungeachtet der vertraglichen Befristungsvereinbarungen.
II. Arbeitsverhältnisse eines Profifußballers
Wie in der Problemhinführung bereits beschrieben wurde, sind Profifußballer als „normale“
Arbeitnehmer des deutschen Arbeitsrechts zu behandeln. Bei Betrachtung der
Arbeitsverhältnisse der Profifußballer lassen sich allerdings Unterschiede zu einem
„normalen“ Arbeitnehmer erkennen. Zuerst sind dabei die Gehälter zu nennen, so verdiente
das Ausnahmetalent Thomas Müller mit 27 Jahren in der Saison 2015/16 in der ersten
deutschen Bundesliga 1,25 Millionen Euro netto monatlich.11 Durch ihre besondere monetäre
Stellung haben Spitzensportler der Fußballszene automatisch eine Vorsorgefähigkeit, die
„normalen“ Arbeitnehmern fehlt. Allerdings ist dabei zu beachten, dass wohl kaum ein Beruf
weltweit ein solch frühes Karriereende vorsieht, wie das eines Spitzensportlers, hier im
Beispiel eines Profifußballers. So endet meist eine Karriere der Profifußballer zwischen 35
9 Fischinger, Tagungsband des WFV-Sportrechtseminars 2015, S. 61. 10 ArbG Mainz, 19.03.2015 – 3 Ca 1197/14 (NJW 2015, 48). 11 http://fussball-geld.de/gehalt-der-bundesliga/ (zuletzt besucht am 29.09.2016).
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und 40 Jahren. Zudem kann es durch schwere Verletzungen oder sonstige Beeinträchtigungen
zu einem verfrühten Karriereaus kommen. Aufgrund der hohen Vorsorgefähigkeit der
Profifußballer stellt sich die Frage, ob Fußballprofis überhaupt den Schutz des deutschen
Arbeitsrechts (TzBfG) erfahren sollen. Jedoch ist der Blick auf die obersten Gehaltsstufen der
Fußballprofis nicht ausreichend, um eine objektiv gültige Bewertung der Vorsorgefähigkeit zu
treffen. Die Vorsorgefähigkeit von Fußballprofis der 3. und auch zum Teil der 2. Bundesliga
ist deutlich vergleichbar mit der eines „normalen“ Arbeitnehmers. Man kann bei den dabei
gezahlten Gehältern von einem tatsächlichen Erwerb des Lebensunterhalts sprechen. Es
überzeugt konzeptionell nicht, das Eingreifen arbeitsrechtlicher Schutzinstrumente von einer
bestimmten Verdienstober- oder Verdienstuntergrenze abhängig zu machen. Maßgeblich ist
vielmehr, dass auch Gut- und Bestverdiener sich gegenüber ihrem Arbeitgeber in einer
abhängigen Stellung befinden.12 Fußballprofis stehen damit auch zurecht unter dem Schutz
des deutschen Arbeitsrechts.
III. Befristung von Spielerverträgen
Maßgeblich für die Befristung von Arbeitsverträgen ist § 14 TzBfG. § 620 III BGB verweist
bei Anwendung von befristeten Dienstverträgen auf das Gesetz über Teilzeitarbeit und
befristete Arbeitsverträge. Ein Arbeitsvertrag ist grundsätzlich nur gem. § 14 I TzBfG zu
befristen, wenn ein sachlicher Grund vorliegt. Allerdings eröffnet § 14 II TzBfG dem
Arbeitgeber die Möglichkeit, den Arbeitsvertrag sachgrundlos bis zu einer Höchstdauer von 2
Jahren zu befristen. Diese Höchstbefristungsdauer wird regelmäßig, wie auch im streitigen
Fall, vom Arbeitgeber überschritten, denn zum Zeitpunkt der Vertragsverlängerung (2012)
war der Kläger bereits seit drei Jahren bei dem Verein beschäftigt. Hierbei greift § 14 II 2
TzBfG als Ausschluss für die in § 14 II 1 TzBfG geschilderte Ausnahmeregelung, der
sachgrundlosen Befristung. So auch die Argumentation des ArbG Mainz in seiner
Entscheidungsbegründung, die zu einer Unwirksamkeit der Befristung führte.13
12 Fischinger, Tagungsband des WFV-Sportrechtseminars 2015, S.64. 13 ArbG Mainz, 19.03.2015 – 3 Ca 1197/14 (NJW 2015, 48).
9
1) Sachgründe gem. § 14 I 2 TzBfG
Das Gesetz benennt in § 14 I 2 TzBfG acht Fälle, bei denen ein Sachgrund für eine Befristung
vorliegt. Der in § 14 I 2 Nr. 1 TzBfG genannte Grund des vorübergehenden Bedarfs an der
Arbeitsleistung ist streng nach dem Wortlaut auszulegen14 und kann für die Befristung keine
Rechtfertigung liefern. Denn der Arbeitsanfall bei den Bundesliga- und Profimannschaften
variiert in der Regel nicht, da Paarungen und eine mögliche höhere Belastung des Kaders
durch einen internationalen Wettbewerb bereits vor Saisonbeginn feststehen. Auch die in § 14
I 2 Nr. 2, 3, 5, 7, 8 TzBfG genannten Gründe können zumindest die flächendeckende
Befristung von Arbeitsverträgen im Profifußball nicht rechtfertigen und fanden auch in den
Entscheidungsgründen der Gerichte keine Relevanz.15
a) In der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe
Es könnten in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe gem. § 14 I 2 Nr. 6 TzBfG
vorliegen, die eine Befristung rechtfertigen. Keine Schwierigkeiten bestehen, wenn eine
Befristung auf Wunsch des Spielers erfolgte. Dazu müssen zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses objektive Anhaltspunkte vorliegen, die darauf schließen lassen, dass der
Arbeitnehmer gerade ein Interesse an einer befristeten Beschäftigung hat.16 Ein solcher
Befristungswunsch seitens eines Profifußballers kann grundsätzlich bestehen, um einen
unkündbaren Arbeitsvertrag zu erhalten. Es kommt darauf an, ob ein Spieler im konkreten
Fall einem unbefristeten Vertrag dennoch einen befristeten Vertrag vorzieht. Im Fall von
Heinz Müller konnte ein solches Interesse nicht festgestellt werden.17
Ein weiterer in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund gem. § 14 I 2 Nr. 6 TzBfG,
könnte die „nachlassende Leistung im Alter“ sein. Teile der Literatur sehen das Argument als
unproblematisch an, da die Meinung vertreten wird, dass ein Leistungsabfall ab dem 30.
Lebensjahr gewiss sei.18 Die Anwendbarkeit dieser Argumentation ist äußerst zweifelhaft, da
sich eine Vielzahl von Profifußballern finden lässt, die auch noch im gehobenen Fußballalter
erfolgreich waren (Oliver Kahn, Jens Lehmann, Lothar Matthäus u.v.m.). Außerdem würde
die Anwendung dieser Argumentation bei jungen Spielern versagen. Man würde also „junge“
14 Müller-Glöge, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2015, § 14 TzBfG Rn. 23. 15 Sommer, Entscheidungsbesprechung: Befristung von Arbeitsverträgen im Lizenzspielerbereich, ZJS 5/2015 S. 524. 16 Meinel, Kommentar zum TzBfG, 4. Aufl. 2012, §14 Rn. 140. 17 ArbG Mainz, 19.03.2015 – 3 Ca 1197/14 (NJW 2015, 48). 18 Frodl/Katzer, NZA 06/2015, 657.
10
und „alte“ Spieler unterscheiden. Das wiederum würde den Tatbestand der
Altersdiskriminierung gem. §§ 7, 1 AGG erfüllen.19 Bei gegenüberstehendem Vergleich
würde der Schutzzweck des AGG vermutlich ein höheres Schutzniveau als dem Schutzzweck
des TzBfG zustehen. Ferner haben sowohl das ArbG Mainz als auch das LAG Rheinland-
Pfalz konstatiert, dass das Alter selbst kein „in der Person des Arbeitnehmers liegender
Grund“ i.S.d. § 14 I 2 Nr. 6 TzBfG sein kann.20
Einen weiteren Grund sah das LAG Rheinland-Pfalz in der „Chance auf Vereinswechsel“. Die
übliche Befristung von Arbeitsverträgen wäre für die Sportler mit Blick auf die Freizügigkeit
sogar zu bevorzugen. Es würde dazu führen, dass „bei anderen Vereinen durch die
Beendigung befristeter Verträge Arbeitsplätze frei werden“.21 Hier ist Fischinger
zuzustimmen, indem er sagt, dass es sich hierbei um eine geradezu „absurde
Argumentation“22 handelt, da diese Argumentation dazu führen würde, Befristungen
flächendeckend in Deutschland zu rechtfertigen. Eine Befristung dürfte nicht aufgrund einer
Chance zum Vereinswechsel bestehen.
b) Eigenart der Arbeitsleistung
Als Sachgrund kommt allerdings die Eigenart der Arbeitsleistung gem. § 14 I 2 Nr. 4 TzBfG
in Betracht, welche auch im streitigen Verfahren sowohl vor dem ArbG Mainz als auch vor
dem LAG Rheinland-Pfalz23 von der Beklagtenseite vorgebracht wurde. Der Verein
argumentierte, dass bei publikums- und medienträchtigen Sportarten ein
Abwechslungsbedürfnis des Publikums bestehe und eine regelmäßige „Auffrischung“ des
Kaders erforderlich sei.24 Unter § 14 I 2 Nr. 4 fallen die so genannten
„Verschleißtatbestände“.25 Die h.M. und auch vom BAG vertretene Meinung beinhaltet, dass
ein Trainer irgendwann nicht mehr in der Lage sei, die ihm untergebenen Sportler zu
motivieren, er sich also „abnutze“ und daher im Interesse des sportlichen Erfolgs ausgetauscht
werden müsse.2627 Diese Eigenart der Arbeitsleistung rechtfertige grundsätzlich die Befristung
gem. § 14 I 2 Nr. 4 TzBfG, allerdings nur für Trainer. Dem ist zuzustimmen, dass der
19 Fischinger, Tagungsband des WFV-Sportrechtseminars 2015, S. 75. 20 LAG Rheinland-Pfalz, 17.2.2016-4 Sa 202/15; ArbG Mainz, 19.03.2015 – 3 Ca 1197/14 (NJW 2015, 48). 21 LAG Rheinland-Pfalz, 17.2.2016-4 Sa 202/15, sub II) 1 b) dd). 22 Fischinger, Tagungsband des WFV-Sportrechtseminars 2015, S. 74. 23 LAG Rheinland-Pfalz, 17.2.2016-4 Sa 202/15. 24 ArbG Mainz, 19.03.2015 – 3 Ca 1197/14 (NJW 2015, 48). 25 Müller-Glöge, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2015, § 14 TzBfG Rn. 44. 26 BAG 19.6.1986 – 2 AZR 570/85, juris Rn. 15. 27 Fischinger, Tagungsband des WFV-Sportrechtseminars 2015, S. 65.
11
„Verschleißtatbestand“ bei Spielern nicht herangezogen werden kann, da der Spieler nicht
dafür verantwortlich ist, die richtige Mannschaft aufzustellen und die Spieler zu motivieren,
es droht somit auch keine „Abnutzung“.28 Der „Verschleißtatbestand“ führt zudem auch nur
unter Betrachtung der gesetzgeberischen Intention zu einer Rechtfertigung der Befristung bei
Trainerverträgen. Der Gesetzgeber verfolgte die Intention, das aus Art. 5 I 2, III GG
abzuleitende Recht der Rundfunkanstalten aus Gründen der Programmplanung,
programmgestaltende Mitarbeiter (Schauspieler, Tänzer, Moderatoren) nur für eine bestimmte
Zeit zu beschäftigen, gesetzlich festzuhalten. Dieses Recht des Intendanten, befristete
Arbeitsverträge abzuschließen, wurde in § 14 I 2 Nr. 4 gesetzlich verankert.29 Zu überzeugen
vermag diese Argumentation nicht. Die Anwendung eines „Verschleißtatbestands“ auf
Spielerverträge ist als rechtsmissbräuchlich zu bewerten. Als Gegenargument für eine
Annahme des „Verschleißtatbestands“ sind „Dauerbrenner“ wie Benedikt Höwedes, Mehmet
Scholl oder Thomas Müller zu nennen, die zum Teil ihre komplette sportliche Karriere bei
einem Verein spielten oder noch immer spielen. Ein Abwechslungsbedürfnis des Publikums
bezüglich der Spieler besteht grundsätzlich eher nicht. Außerdem interessiert es die Fans
weniger, welcher Spieler auf dem Platz steht, sondern mehr, dass der Verein sportlichen
Erfolg hat.
Zusammengenommen ist einzugestehen, dass alle Auffassungen und Umstände (siehe vor
allem II.) ein Arbeitsverhältnis charakterisieren, das sich stark von einem „normalen“
Arbeitsverhältnis abhebt. Zudem gestützt auf die BAG Entscheidung über befristete
Trainerverträge30 entschieden sich die Richter des LAG Rheinland-Pfalz, eine Eigenart der
Arbeitsleistung gem. § 14 I 2 Nr. 4 TzBfG anzunehmen, und sahen darin eine Rechtfertigung
der Befristung des Arbeitsvertrages.31
IV. Zwischenergebnis
Als Zwischenergebnis lässt sich feststellen, dass das ArbG Mainz erstinstanzlich eine
sachgrundlose Befristung des Arbeitsvertrages von Heinz Müller gem. § 14 II 2 TzBfG
annimmt. Das LAG Rheinland-Pfalz hingegen sieht einerseits in § 14 I 2 Nr. 6 TzBfG einen
Sachgrund zur Rechtfertigung einer Befristung. Das Gericht sieht einen, „in der Person des
28 Fröhlich/Fröhlich, CaS Ausgabe 2 – 2015, S. 145. 29 Sommer, Entscheidungsbesprechung: Befristung von Arbeitsverträgen im Lizenzspielerbereich, ZJS 5/2015 S. 524. 30 BAG 19.6.1986 – 2 AZR 570/85. 31 LAG Rheinland-Pfalz, 17.2.2016-4 Sa 202/15.
12
Arbeitnehmers liegenden Grund“ darin, dass im Hinblick auf die Freizügigkeit (Art. 12 GG)
der Spieler eine Chance zum Vereinswechsel durch den befristeten Arbeitsvertrag bekommen
soll. Diese Chance auf Vereinswechsel soll dazu führen, dass bei Ablauf von befristeten
Spielerverträgen neue Arbeitsstellen für Profifußballer frei werden. Zweitens sieht das LAG
in § 14 I 2 Nr. 4 TzBfG einen weiteren Sachgrund zur Rechtfertigung einer Befristung. Das
Gericht zog zur Begründung den „Verschleißtatbestand“ (s.o.) heran und sah dadurch eine
„Eigenart der Arbeitsleistung“ als gegeben an. Diese Argumentation ist nur mit äußerster
Vorsicht zu genießen und führt zu einer missbräuchlichen Rechtsanwendung.
V. Sonderfragen
Bestandteil der Fallkonstellation bei dem Fall „Heinz Müller“ war auch eine
Verlängerungsoption, die aufgrund der dogmatischen Problemlösung des Falles zunächst
zurückgestellt wurde. Verlängerungsklauseln sind juristisch als aufschiebende Bedingungen
zu qualifizieren.32 Meist sind solche Vereinbarungen darauf gerichtet, dass sich ein befristeter
Vertrag unter bestimmten Voraussetzungen verlängert. § 21 TzBfG ist nur gemäß des
Wortlauts auf auflösende Bedingungen, nicht aber auf aufschiebende Bedingungen
anwendbar.33 Da § 21 TzBfG auf § 14 I TzBfG verweist, ist infolgedessen auch § 14 I TzBfG
bei aufschiebenden Bedingungen eines befristeten Arbeitsvertrages nicht anwendbar. Somit
sind keine sachlichen Gründe notwendig für eine Wirksamkeit solcher Vereinbarungen.
Vertragsklauseln sind gem. Art. 2 I GG, § 311 I BGB aufgrund der Vertragsfreiheit
grundsätzlich zulässig.34 Ein Anspruch auf Einsatz in Liga- oder Pokalspielen besteht nicht,
somit ist der Bedingungseintritt abhängig von den Entscheidungen des Vereins und vor allem
des Trainers. Wenn die Nichterreichung der notwendigen Einsatzzeiten allerdings auf einem
treuwidrigen Verhalten des Vereins oder dessen Erfüllungsgehilfen beruht, greift § 162 I
BGB.35 Demnach gilt die Bedingung als eingetreten, wenn ein solches treuwidriges Verhalten
vorliegt. Für diese Treuwidrigkeit ist der Spieler beweislastpflichtig, was vor Gericht zu
Schwierigkeiten führen könnte, so auch bei dem vorliegenden streitigen Fall:36
Der Kläger verfolgte dabei das Ziel der Zahlung von Punkteinsatzprämien für die Spieltage 24
-34 der Bundesligasaison 2012/13. Er sei von dem damaligen Trainer des Vereins, Thomas
32 Fischinger, Tagungsband des WFV-Sportrechtseminars 2015, S. 84. 33 Backhaus, § 14 TzBfG, Rn.299. 34 Vgl. LAG Rheinland-Pfalz 17.2.2016 – 4 Sa 202/15 sub. II) 1) c) aa). 35 Fischinger, Tagungsband des WFV-Sportrechtseminars 2015, S.84. 36 ArbG Mainz, 19.03.2015 – 3 Ca 1197/14 (NJW 2015, 48), sub. II) 2.4.
13
Tuchel, treuwidrig gehindert worden, die Spiele zu absolvieren und die dadurch folglich
ausgezahlten Prämien pro Einsatz zu erhalten. Heinz Müller bezieht sich dabei auf ein
Gespräch, das er mit seinem Trainer nach dem 18. Spieltag während eines Trainings führte, in
dem der Trainer seinem Spieler mitteilte: „Ich will dich hier nicht mehr haben, bei mir machst
du kein Spiel mehr, lass dich am besten auszahlen und wechsele den Verein.“ Nach diesem
Gespräch wurde der Spind des Klägers geräumt und er wurde der 2. Mannschaft zugeteilt.37
Der Kläger konnte mit den dargelegten Beweisen das Gericht nicht überzeugen, dass ein
treuwidriges Verhalten stattgefunden hatte, denn letztlich kann sich hierbei ein Verein immer
auf das dem Trainer bei der Mannschaftsaufstellung einzuräumende Ermessen berufen.
In Kombination mit der „normalen“ zeitlichen Befristung des Arbeitsvertrags finden sich
oftmals Abstiegs- und Lizenzentzugsklauseln, bei denen geregelt wird, dass das
Arbeitsverhältnis mit dem Trainer bzw. dem Spieler bei Abstieg in eine niedrigere Liga oder
bei Entzug der für die Teilnahme am Spielbetrieb benötigten Lizenz automatisch beendet sein
soll. Es handelt sich hierbei juristisch um eine auflösende Bedingung. Hier greift, im
Gegensatz zu den Verlängerungsklauseln, § 21 TzBfG und damit entsprechend § 14 I
TzBfG.38 Somit wird bei einer Abstiegs- oder Lizenzentzugsklausel ein sachlicher Grund
benötigt. Diese Klauseln stellen zunächst jedoch eine unzulässige Überwälzung des
Unternehmer- und Beschäftigungsrisikos auf den Arbeitnehmer und eine Umgehung des
Kündigungsschutzrechts dar.39 Zulässig ist eine solche Klausel deshalb nur, wenn diese,
objektiv feststellbar, im Interesse des Arbeitnehmers vereinbart wurde gem. §§ 21, 14 I 2 Nr.
6 TzBfG.40 Abstiegs- und Lizenzentzugsklauseln sind deshalb regelmäßig unwirksam.
VI. Ausblick
Nun wartet Fußballdeutschland mit Spannung auf die höchstrichterliche Entscheidung in
Erfurt (BAG) über den Fall „Heinz Müller“. Es wird spannend zu erfahren, ob der BAG dem
Entscheidungstenor des LAG Rheinland-Pfalz folgen wird und damit den
„Verschleißtatbestand“ der Trainerverträge auch auf Spielerverträge anwendet oder gar einen
neuen „Verschleißtatbestand“ für Spieler entwickelt. Es ist hier jedoch festzuhalten, dass das
37 ArbG Mainz, 19.03.2015 – 3 Ca 1197/14 (NJW 2015, 48). 38 Backhaus, § 14 TzBfG, Rn.299. 39 Backhaus, § 14 TzBfG, Rn.245, 299. 40 Meinel, Kommentar zum TzBfG, 4. Aufl. 2012, §14 Rn. 140.
14
ArbG Mainz den rechtsdogmatisch klareren Entscheidungsansatz verfolgt und die
Anwendung des „Verschleißtatbestands“, in der vom BAG 1986 vertretenen Form, nicht nur
rechtsmissbräuchlich bei der Anwendung auf Spielerverträge ist, sondern damit auch einer
Rechtsunsicherheit im TzBfG Einkehr gewährt. Das Medienecho wäre dann sicherlich enorm,
da damit einer der zur Zeit erfolgreichsten deutschen Trainer, Thomas Tuchel, im Mittelpunkt
dieser Teilklage stehen wird. Zudem sind die Berufungsinstanzen mit dem BAG noch nicht
erschöpft. Es besteht zudem die Möglichkeit einer Revision beim EuGH, wodurch dieser Fall
und die dadurch einhergehende Problematik auch europaweit für Furore sorgen wird. Ein von
vielen Seiten für möglich gehaltener, kurzfristiger Vergleich zwischen den streitenden
Parteien, der eine höchstrichterliche Entscheidung verhindern würde, gilt als eher
unwahrscheinlich. Heinz Müller beendete schließlich bereits seine aktive Karriere und hat
somit zumindest keine Gründe einem Vergleich zuzustimmen, um sich eine zukünftige
potenzielle Anstellung als Spieler mit einer Fortführung des Verfahrens zu verbauen. Durch
die undurchschaubare Rechtslage ist auch zur Zeit keine Rechtssicherheit geschaffen. Weitere
Klagen von ähnlich betroffenen Fußballprofis könnten folgen, wenn es nicht zu einer
eindeutigen und nachvollziehbaren höchstrichterlichen Entscheidung kommt.
VII. Fazit
Von der Literatur wird ein Eingreifen des Gesetzgebers gefordert. Dort sieht man
Ähnlichkeiten mit der Situation im Wissenschaftsbereich. Es wird eine Art WissZeitVG für
den Hochleistungssport gefordert. Als Orientierung soll § 2 I WissZeitVG herangezogen
werden. Damit wäre eine Befristung von Spielerverträgen von zweimal bis zu sechs Jahren
einschließlich einer unbegrenzten Zahl an Verlängerungen erlaubt.41 Die Ausgestaltung
könnte in einem speziellen Absatz des § 14 TzBfG verfasst werden oder sogar in einem
eigenständigen Gesetz münden. Die Richtlinie der EU42, die dem nationalen Befristungsrecht
in Deutschland zugrunde liegt, lässt dafür ausreichend Spielraum. Persönlich möchte ich von
diesen Ideen jedoch Abstand halten, da dadurch meiner Meinung nach den Besonderheiten
des Arbeitsverhältnisses von Fußballprofis nicht genug Rechnung getragen würde. Das
WissZeitVG sieht bei der Befristungsmöglichkeit die Promotion im Mittelpunkt und als
Hauptgrund dafür an. Das hat ja nun nicht einmal im Entferntesten mit dem Fußballgschäft zu
tun. Es würde nur zu neuen Argumentationsketten führen und einer einfachen Lösung eine
41 Joussen; WissZeitVG, (2012), § 2, Rn.9. 42 RL. 1999/70/EG.
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komplizierte vorziehen. Teile der Literatur sehen die Möglichkeit, einen Profifußballer bei
den Vereinen als „Freelancer“ zu beschäftigen, also als einen freien Mitarbeiter. Allerdings ist
kennzeichnend für einen freien Mitarbeiter, dass er seine persönliche Unabhängigkeit wahrt.
Er ist zudem normalerweise in der Gestaltung seiner Arbeitsbedingungen relativ frei und auch
formal weder in zeitlicher, örtlicher noch in fachlicher Hinsicht den Anweisungen des
Auftraggebers direkt gebunden, deshalb auch der Name. Das ist im modernen Fußballsport
nicht umsetzbar, da es gerade die Anweisungen sind, die von den Vereinen als Trainingspläne
strikt vorgegeben werden. Oder sei es das Auftreten auf Presse- oder Medienveranstaltungen,
die in der heutigen Zeit absolute Pflichtveranstaltungen und Termine für Fußballprofis sind.
Der Fußballprofi als „Freelancer“ ist somit auch keine geeignete Lösung. Am sinnvollsten
wäre eine Vereinbarung über einen Tarifvertrag im Profifußball. Dazu vereinbart der DFL, als
Arbeitgebervertreter der Vereine, einen form- und alltagsgerechten Tarifvertrag, den die
Vereine dann jeweils einzeln anwenden und einzelvertraglich umsetzen. Als Gewerkschaft
könnte die bereits bestehende VDV auftreten, dafür benötigt es lediglich eine Änderung der
Satzung des Vereins. Art. 9 III GG, die Koalitionsfreiheit lässt dies zu. So fordert dies auch
die VDV (Vereinigung der Vertragsfußballspieler). Das ist zudem auch die beste Form der
Anwendung des Subsidiaritätsprinzips, dass Verbände und Spielervertreter im gegenseitigen
Einverständnis die grundsätzlichste Regelung, nämlich das Arbeitsverhältnis, untereinander
klären und tarifvertraglich festhalten. Dies neben einem höchstrichterlichen Urteilsspruch die
optimale Möglichkeit die momentan herrschende Rechtsunsicherheit zu lösen.
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Erklärung:
Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Hausarbeit
selbständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel
benutzt habe.
XFelix Bott