HinweiseDie folgenden Folien werden als frei zugängliche Folien ins Internet gestellt. Sie sind geeignet, Vorlesungen zu aktuellen Problemen der Wirtschaftspolitik in Deutschland zu unterstützen. Zielgruppe sind Module am Ende eines wirtschaftswissenschaftlichen Bachelorstudiums, die auf die weltweit üblicherweise vermittelten Inhalte der Mikroökonomik aufbauen. Am Ende eines solchen Moduls sollten die Studierenden dazu in der Lage, wesentliche Themen in den behandelten Bereichen der Wirtschaftspolitik analysieren und bewerten zu können. Mit den Folien werden wesentliche institutionelle Informationen bereitgestellt und es wird auf die rmikroökonomische Basis bezuggenommen. Ziel ist es, dass jeweils zu Beginn des Wintersemesters (1. Oktober des jeweiligen Jahres) eine aktualisierte Folienversion unter http://www.leuphana.de/ueber-uns/personen/thomas-wein/lehre.html zur Verfügung gestellt wird. Geplant ist, dieses Angebot für die Bereiche Bildungspolitik, Sozialpolitik, Wettbewerbs- und Regulierungspolitik und Umweltpolitik zur Verfügung zu stellen.
Das Angebot ist frei zugänglich. Der Autor freut sich über Rückmeldungen von Lehrenden, falls sie dieses Angebot nutzen ([email protected]). Weitere Anregungen, Kritik und Kommentare sind sehr willkommen.
Prof. Dr. Thomas Wein, Leuphana Universität Lüneburg
Sozialpolitik - Alterssicherung
WS 14/15Prof. Dr. Thomas Wein)
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO3
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2 Alterssicherung
• Ziele der Alterssicherung• Einkommenssicherung für das Alter: regelmäßig und für sich
genommen ein Fall der Kapitalansparung– Einkommensbezieher sparen fürs Alter– Ersparnisse i.d.R. an Kapitalsammelstellen transferiert– Kapitalsammelstelle sorgt für angemessene Verzinsung
und zahlt angemessene Rente aus• Umverteilung
– zugunsten ärmerer Bevölkerungsteile– zwischen Erwerbstätigen und Nicht-Mehr-Erwerbstätigen– zwischen Beitragszahlern und Staat
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO4
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2 Alterssicherung
• Ziele der Alterssicherung• Versicherungszweck: Alter kein Versicherungsfall, aber
teilweise doch Versicherungszweck:– vorzeitige Erwerbs- und Berufsunfähigkeit– Langlebigkeitsrisiko
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO5
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2 Alterssicherung
• Marktversagen bei der Alterssicherung?• Kann jeder freiwillig und individuell Vorsorge für
Alterssicherung treffen?– Freiwillig sparen ja, aber Langlebigkeits- und
Berufsunfähigkeitsrisiko Versicherung ist sinnvoll
• Wird jeder selbst für hinreichende Sicherheit über Versicherung sorgen?
– Nutzenunkenntnis– Trittbrettfahrerverhalten
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO6
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2 Alterssicherung
• Marktversagen bei der Alterssicherung?• Wird jeder selbst für hinreichende Sicherheit über
Versicherung sorgen? Nein– Sozialversicherung mit:
» Versicherungspflicht» nur bestimmte Gruppen» Prämie nach Leistungsfähigkeitsprinzip» einheitliche Leistungen» Staat trägt Teil der Kosten
oder– Versorgungsprinzip (generelle Bedürftigkeit)– Fürsorgeprinzip (spezielle Bedürftigkeit)
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO7
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2 Alterssicherung
• Formen der Alterssicherung: Vielfältige denkbar• privat versus staatlich• freiwillig versus mit gesetzlichem Zwang• Ausgleich versus Nichtausgleich des Langlebigkeitsrisiko• versicherungsmathematisch fair oder umverteilend• konstante versus variable Beitragssätze/Rentenniveau• Wie wird Höhe der Rente festgelegt?• Umlage- versus Kapitaldeckungsverfahren
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO8
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2 Alterssicherung
• Formen der Alterssicherung: Vielfältige denkbar• Umlage- versus
Kapitaldeckungs-verfahren
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO9
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
Budget Constraint for Present and Future Consumption
Present consumption (c0)
Fut
ure
cons
umpt
ion
(c1)
N
M
I0
I1
D
I0 - S
I1 + (1+r) S
S
(1+r)S
I1 - (1+r) BF
B
(1+r)B
At endowment point consumer
neither saves nor borrows
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO10
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
Utility-maximizing Choice of Present and Future Consumption
Present consumption (c0)
Fut
ure
cons
umpt
ion
(c1)
N
M
I0
I1
E1c1*
A
c0*
Saving
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO11
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
Crowding out of private saving due to Social Security
Present consumption (c0)
Fut
ure
cons
umpt
ion
(c1)
N
M
I0
I1
E1c1*
A
c0*
R
T
I0T
(1+r)T
Saving before Social Security
Saving after Social
Security
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO12
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2 Alterssicherung
• Formen der Alterssicherung:• Kapitaldeckungsverfahren im Modell
– Ergebnisse» Äquivalenzprinzip => Beiträge und Leistungen im
Barwert sind einander gleich» gleiche Budgetgerade» Individuen kann Pflichtsparen neutralisieren
– Schlussfolgerung: Realität kein perfekter Kapitalmarkt» Soll- ungleich Habenzinsen» begrenzte Kreditlaufzeiten
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO13
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2 Alterssicherung• Alterssicherung in Deutschland: Umlageverfahren
• Gesetzliche Rentenversicherung (GRV): Meisten AN dort pflichtversichert
• + beamtenrechtliche Altersversorgung, Altershilfe der Landwirte, Versorgungswerke der Freien Berufe + betriebliche Alterssicherung
• Aufwendungen für Altersversorgung, 2002– gesamt 257 Mrd. €– davon 89 % GRV
• Aufgaben der GRV– Altenversorgung– Hinterbliebenen– Erwerbsminderung– Hinterbliebenen + Erwerbsminderung = 4 %
• Träger der GRV– früher LVA, Bfa + Bundesknappschaft, jetzt: Deutsche
Rentenversicherung– Körperschaften öffentlichen Rechts, Selbstverwaltung ½ AN
+ ½ AG– aber fast alles durch Gesetz geregelt
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO14
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2 Alterssicherung
• Alterssicherung in Deutschland: Umlageverfahren• Versicherungspflicht in GRV
– Arbeiter, Angestellte, Handwerker, selbstständige Künstler und Publizisten
– selbstständige Erwerbstätige und Nicht-Erwerbstätige: Freiwillig versicherbar
– Mindestverdienst: € 400– obere Beitragsbemessungsgrenze, angepasst an allgemeine
Einkommensentwicklung» in WD 2013: € 5800 p. M.» in OD 2013: € 4900 p. M.» danach: zusätzliches Einkommen nicht beitragspflichtig
• Beitragssatz:– Bis 31.12.2012: 19,6 %; ab: 1.1.2013: 18,9 % – Minijobs (bis € 400): 12 %, freiwillige Höherversicherung
möglich
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO15
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2 Alterssicherung
• Alterssicherung in Deutschland: Umlageverfahren• Geschichte
– zuerst KDV– Zusammenbruch in Hyperinflationen (1922/23 +
nach 1945)– bis 1957 nur Grundsicherung– Neueinführung, Mischung KDV + UV– Seit 1969 fast reines UV
• GRV 2005 – Beitragseinnahmen € 168 Mrd.– Bundeszuschuss € 78,8 Mrd., = 1/3
• Riester-Rente: freiwillige KDV– Absenkung in GRV kompensieren– keine Versicherungspflicht, stattdessen steuerlich
gefördert, wenn» Auszahlung frühestens ab 60» Rentenzahlung (seit 2004 30% Einmalzahlung
möglich)
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO16
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2 Alterssicherung
• Alterssicherung in Deutschland• Umlageverfahren
– RentenfestsetzungMR = EP x ZF x RF x AR
– Rentenanpassung» Alte Rentenformel
» Neue Rentenformel1
2
2
1
2
11
t
t
t
t
t
ttt RQ
RQ
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NQ
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BEARAR
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO17
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2 Alterssicherung
• Formen der Alterssicherung: Vielfältige denkbar• Neue Rentenformel
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO18
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2 Alterssicherung
• Vor- und Nachteile des Umlageverfahrens
Für jede Periode muss gelten:
ZwsRRN
RN
ws
Z
R
durchschnittliches Rentenniveau (RN)Anzahl der Rentner (R)
Beitragssatz (s)durchschnittliche Löhne (w)
Anzahl der Beitragszahler (Z)
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO19
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2 Alterssicherung
• Vor- und Nachteile des Umlageverfahrens• bei stationärer Wirtschaft + Bevölkerung risikolose
Alterssicherung: keine Inflationsgefahr• bei wachsender Wirtschaft nehmen Rentner
automatisch teil• Demographie schlägt positiv und negativ voll durch• Arbeitsmarkt schlägt positiv und negativ voll durch
ZwsRRN
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO21
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2 Alterssicherung
• Vor- und Nachteile des Umlageverfahrens• Umverteilung leicht möglich• Zum Abbau von Schwankungen bei Einnahmen und
Ausgaben kollektiver Kapitalstock aufbaubar• Intergenerationelle Gerechtigkeit ist fragwürdig• Umlageverfahren mindert Sparquote:
– Renten nur aus laufendem Sozialprodukt erwirtschaftbar
– Im Umlageverfahren wird heute weniger Kapital gebildet, deshalb Sozialprodukt von morgen geringer
– Bei rationalen Erwartungen und inter-generationell verknüpften Nutzen sparen Individuen, die Einführungsgewinne erhalten, mehr
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO22
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2 Alterssicherung
• Vor- und Nachteile des Kapitaldeckungsverfahrens• Höhere Renditen als im Umlageverfahren: 1970-94 reale
Kapitalrendite durchschnittlich 4,1 - 4,7 % (2,4 % Steigerung des Bruttoarbeitseinkommens)
– mehr Kapital wird gebildet– Verzerrungen am Arbeitsmarkt nehmen ab
• Sinken bei verstärktem Übergang auf Kapitaldeckung Zinsen?
abhängig vom Ausmaß des Übergangs + Internationalität des Kapitalmarktes• Vollständige Entwertung des gesamtwirtschaftlichen
Kapitalstocks durch politische, gesellschaftliche oder sonstige Instabilität?
Gefahr ist nicht auszuschließen• unsichere Renditen von Anlagen (Anlagerisiko)?
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO23
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
Anlagerisiko
•Anlagestrategie wichtig• diversifiziertes, weltweites
Anlageportfolio• Wer trägt Risiken:
– Langlebigkeit– Rendite- bzw.
Wertänderungsrisiko– Inflationsrisiko
• Lebenszyklus wichtig– Jung: hohe Rendite,
hohes Risiko– Alt: geringe Rendite,
geringes Risiko -> Umwandlung in Leibrente
•Defined contributions (DC)fester Beitrag
•Defined benefits (DB)feste
Leistungszusage•Fazit: Financial literacy entscheidend
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO24
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
7.2 Alterssicherung
• Vor- und Nachteile des Kapitaldeckungsverfahrens
• Höhere Renditen als im Umlageverfahren: 1970-94 reale Kapitalrendite durchschnittlich 4,1 - 4,7 % (2,4 % Steigerung des Bruttoarbeitseinkommens)
• Inflation führt zu Entwertung von Finanzanlagen (Inflationsrisiko)
->bei galoppierender Inflation gelingt Ausgleich über Anpassung der Zinssätze nicht mehr
• Anlagen im Ausland bringen besondere Unsicherheit mit sich (Länderrisiko, Wechselkursrisiko?)
Haben lukrative Schwellenländer besonderes Wechselkursrisiko?
->Gefahren müssen berücksichtigt werden
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO25
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2 Alterssicherung
•Vor- und Nachteile des Kapitaldeckungsverfahrens
• Politik kommt gegenüber angesammelten Kapitalstock in Versuchung (politisches Risiko)
– Gefahr ist begründet, deshalb konkurrierende Anlagegesellschaften
– neues Regulierungsproblem
• Finanzierungsschwierigkeiten bei schrumpfender Bevölkerung (Finanzrisiko bei schrumpfender Bevölkerung)
– bei schrumpfender Bevölkerung wäre Kapitalstock überdimensioniert
– Zinsen sinken und Ersatzinvestitionen werden unterlassen
• Übergangsproblem: Doppelbelastung der arbeitenden Bevölkerung
-> u.U. finanzierbar aus höheren Ertragsraten
Fazit: Anlagerisiko ist der Preis höherer Ertragsraten, politisches Risiko teilweise beseitigbar; Demographie weniger wichtig als Umlageverfahren; Übergangsproblem ist entscheidend
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO26
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2.3 Möglichkeiten des Umstiegs auf Kapitaldeckung
Prof. Dr. Thomas Wein, WIPO27
Kapitel 5 "Sozialpolitik"
5.2.3 Möglichkeiten des Umstiegs auf Kapitaldeckung