TEILHABECHANCEN VERBESSERN … können wir das und ist die Psychiatrie richtig aufgestellt ?
Ingmar Steinhart
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017 2
Vorweg:….noch können wir das
nicht so gut !
TEILHABECHANCEN VERBESSERN
Stiftung Bethel
Bethel.regional
in
Kooperation
mit
BAESCAP – ForschungsverbundBewertung aktueller Entwicklungen der sozialpsychiatrischen Versorgung auf Basis des Capabilities-Approachs und der Behindertenrechtskonvention der
Vereinten Nationen (Laufzeit: 2015-2017)
Antragstellende Hochschule: Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
Fakultät Wirtschaft und Soziales, Department Soziale ArbeitAlexanderstraße 1, 20099 Hamburg
Beteiligte Einrichtungen:Zentrum für Psychosoziale Medizin, Universitätsklinikum Eppendorf Hamburg (UKE)
Institut für Medizinische Soziologie, Zentrum für Psychosoziale Medizin, UKEInstitut für Sozialpsychiatrie MV e.V.
Evangelische Hochschule für Soziale Arbeit und Diakonie Hamburg
EINGLIEDERGUNSHILFE HEUTE
Wie sehen HilfeempfängerInnen der Eingliederungshilfe
ihre Teilhabechancen?
Studienergebnisse aus Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Ravensburg und Westfalen
Erarbeitet vonMarcel Daum, MSc., Rilana van Endern, BA., Anja Höptner, MA, Franziska Stuhm, MA,
Prof. Dr. Andreas Speck, Prof. Dr. Ingmar Steinhart
1__ Vorweg
1-2 % der Bevölkerungdavon leben in Deutschland (2014)ca. 57.000 in Heimenca. 120.000 ambulant betreut
arbeiten ca. 50.000 in einer WfBM
ZielgruppeMenschen mit einer schweren
psychischen Störung(„SMI“): Fokussiert
auf HilfeempfängerInnen der Eingliederungshilfe
Teilhabe-leistungen SGB XII
BAESCAP-Forschungsverbund 4Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
ForschungsansatzS e l b s t a u s k u n f t (Fragebogen)
• Querschnittserhebung / Pilotstudie
• Instrument: Fragebogen zur Erfassung der Lebenslagen
• Mehrseitiger Fragebogen zum Ankreuzen(190 Fragen)
• Fragen zu: Soziodemographie
Gesundheit
(Aus-)Bildung, Arbeit & Beschäftigung
Wohnsituation
Freizeit & soziale Beziehungen
Sicherheitsgefühl, Diskriminierung & subjektive Stigmaerfahrungen
Einstellungen & Meinungen
TeilhabechancenBAESCAP-Forschungsverbund 5Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
31 %
6098verteilte Fragebögen
in MV, HH, Westfalen
& Ravensburg
1897
auswertbare Fragebögen
> 1% Eingliederungshilfe-EmpfängerInnen
bundesweit
BAESCAP
Ausfüllen derFragebögen
durch KlientInnen
BAESCAP-Forschungsverbund 6Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
13,3 % 20,8 % 25,5 % 28,3 % 12,1 %
18-30 31-40 41-50 51-60 61 undälter
Alter der Stichprobe in Jahren N=1870
Vergleiche zur Allgemeinbevölkerung
Vergleichspopulation „SOEP“ = Gesamtbevölkerung
• SOEP = Sozio-ökonomisches Panel“ → Bevölkerungsbefragung
• Jedes Jahr erhoben
• Aktuell ca. 30.000 Befragte in ca. 11.000 Haushalten
• Erfassung vieler Lebensbereiche: z.B. Gesundheit, Bildung, Freizeit, Erwerbssituation, Einkommen, persönliche Einstellungen und Meinungen
BAESCAP-Forschungsverbund 7
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
…vielfältig in Teilhabe beeinträchtigtkaum Partnerinnen und Partner
Nein 20%
Ja80%
SOEP 2014N=20901
Partnerschaft im Vergleich (%)
BAESCAP-Forschungsverbund 8
Ja
24%
Nein76%
BAESCAPN=1800
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017 8
Bitte geben Sie an, wie oft Sie das machen:
Gegenseitige Besuche von Familienangehörigen
oder Verwandten.
…vielfältig in Teilhabe beeinträchtigtKontakte zu Familie, Verwandten eingeschränkt
BAESCAP-Forschungsverbund 9
7,8% 4,6%
38,3%
19,9%
30,7%
21,1%
20,8%
33,7%
2,4%20,7%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
SOEP 2013 N=20632 BAESCAP N=1749
Besuche Familie,Verwandte
Nie
Seltener
Min 1x pro Monat
Min 1x pro Woche
Täglich
55 %23 %
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
Mittelwert BAESCAP = 2,80
Mittelwert SOEP = 3,50
Jeweils erfragt in 5er-Skala1=schlecht bis 5=sehr gut
Wie würden Sie Ihren gegenwärtigen Gesundheitszustand beschreiben?
…vielfältig in Teilhabe beeinträchtigt
…schlechter Gesundheitszustand(subjektiv)
BAESCAP-Forschungsverbund 10
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
…vielfältig in Teilhabe beeinträchtigt…vielfältig somatisch beeinträchtigt
BAESCAP-Forschungsverbund 11
33%
28%
39%
Somatische KomorbiditätenN=1437
1 Erkrankung 2 Erkrankungen
3+ Erkrankungen
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
11
…vielfältig in Teilhabe beeinträchtigt…vielfältig somatisch beeinträchtigt
BAESCAP-Forschungsverbund 12Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
12
0,0 %
5,0 %
10,0 %
15,0 %
20,0 %
25,0 %
14 oderjünger
15 bis 20 21 bis 25 26 bis 35 36 oder älter
22,8 % 23,3 %
14,8 %
20,1 % 19,0 %
Alter bei Ersterkrankung (N=1719)
… vielfach früh erkrankt
BAESCAP-Forschungsverbund 13
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
2,6 %
11,6 %
20,5 %
37,0 %
31,4 %
31,0 %
30,9 %
17,2 %
14,7 %
3,2 %
SOEP 2014 N=20855
BAESCAP N=1777
Ohne Abschlussverlassen
Hauptschulabschluss
Realschulabschluss
Fachhoch- oderHochschulreife (Abitur)
Anderer Abschluss
Schulabschluss
…vielfältig in Teilhabe beeinträchtigtBarrieren beim Zugang zu Bildung
BAESCAP-Forschungsverbund 14
87 % der Menschen ohne Schulabschluss erreichen auch keinen Berufsabschluss
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
Berufsabschluss
…vielfältig in Teilhabe beeinträchtigtBarrieren beim Zugang zu Bildung und Arbeit
BAESCAP-Forschungsverbund 15
17,8 %
40,6 %
53,0 %
50,0 %
23,0 %
6,3 %
6,2 %
3,1 %
0,0 % 20,0 % 40,0 % 60,0 % 80,0 % 100,0 % 120,0 %
SOEP 2014 N=22006
BAESCAP N=1757Kein Berufsabschluss
BeruflicherBildungsabschlussHochschulabschluss
Anderer Abschluss
59 % der Menschen ohne Abschluss sind vor dem 21. Lebensjahr erkrankt!
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
Nicht einmal die Hälfte hat eineArbeit/geschützte Beschäftigung
BAESCAP-Forschungsverbund 16
0,0 %
10,0 %
20,0 %
30,0 %
40,0 %
50,0 %
60,0 %
70,0 %
68,6 %
0,1 %
31,4 %
10,9 %
32,0 %
57,2 %
SOEP 2013 N=25700 BAESCAP N=1774
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
17
ALLGEMEIN-PSYCHIATRIEE
PSYCHO-SOMATIKREHA
JUGEND-HILFE
ARBEITS-FÖRDERUNG
BILDUNG/SCHULEN
…..Karrieren im System VOR der Eingliederungshilfe…
KINDER-/ JUGEND-PSYCHIATRIE
HILFLOSEPLANUNG
Das ist so weder fachlich noch ethisch ein guter ZustandIngmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
Eingliederungshilfe
18Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
19Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
Viele Fragen aus der Eingliederungshilfe müssen vor(!) dem
Eintritt in das System der Eingliederungshilfe gelöst werden:
Statt fürsorglicher Belagerung müssen neue integrierte
Konzepte für den Bereich der Psychiatrie in der Lebens- und
Entwicklungsspanne 12 bis 25 Jahren entwickelt werden
Kern:
Regionale Unterstützungskonferenzen, die weit über den
engen Rahmen der Psychiatrie hinausreichen,
für diesen Personenkreis mit dem Auftrag
„Pflichtversorgung“, also verbindliche regionale Lösungen
für Teilhabechancen in Bildung, Beruf, Freizeit
Community Reinforcement Support + Treatment Approach
Intensiv Community Treatment I C T
mit einem Lebenswelt – Coach als Kristallisationspunkt
Schwerpunktzuständigkeit für den Zugang zu Bildung +
Beruf + Freizeit
Institut für Sozialpsychiatrie M-V
| 20
II:…Wege aus der fürsorglichen Belagerung
Für dann noch „prekäre Verläufe“ sollte die Psychiatrie endlich einen
Mindeststandard für die Versorgung festlegen!
Unser Vorschlag:
Das Funktionale Basismodell gemeindepsychiatrischer Versorgung
(Steinhart & Wienberg 2016)
Institut für Sozialpsychiatrie M-V
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
| 21
Abbiegen möglich?
Herausforderung II:Auch für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen Teilhabechancen zu ermöglichen
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
| 22
… ein Standard für die gemeindepsychiatrische Versorgung von
Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen
Das Funktionale Basismodell …
beschreibt die für eine bedarfsgerechte Versorgung notwendigen
Unterstützungsfunktionen in den Bereichen Behandlung und Teilhabe
denkt konsequent von der ambulanten Seite her, von hier aus wird die
Versorgung geplant, gesteuert und umgesetzt
definiert damit einen M I N D E S T S T AN D AR D für die Versorgung von
Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen
geht von einem sozialraum- und recovery-orientierten Grundansatz aus
ist sektor- und sozialgesetzbuchübergreifend angelegt
definiert die notwendigen Funktionen unabhängig von der institutionell-
organisatorischen Ausformung und Finanzierung
versteht sich in doppelter Hinsicht als offenes Entwicklungsmodell: offen
für neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Praxiserfahrungen und offen
im Hinblick auf die regionale institutionelle Umsetzung
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
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… ein Standard für die gemeindepsychiatrische Versorgung von
Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen
Das Funktionale Basismodell …
beschreibt die für eine bedarfsgerechte Versorgung notwendigen
Unterstützungsfunktionen in den Bereichen Behandlung und Teilhabe
denkt konsequent von der ambulanten Seite her, von hier aus wird die
Versorgung geplant, gesteuert und umgesetzt
definiert damit einen M I N D E S T S T AN D AR D für die Versorgung von
Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen
geht von einem sozialraum- und recovery-orientierten Grundansatz aus
ist sektor- und sozialgesetzbuchübergreifend angelegt
definiert die notwendigen Funktionen unabhängig von der institutionell-
organisatorischen Ausformung und Finanzierung
versteht sich in doppelter Hinsicht als offenes Entwicklungsmodell: offen
für neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Praxiserfahrungen und offen
im Hinblick auf die regionale institutionelle Umsetzung
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
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MOBILE MULTI-
PROFESSIONELLE
UNTERSTÜTZUNG
MOBILE MULTI-
PROFESSIONELLE
BEHANDLUNG
STEUERUNGS-
FUNKTION
B e r a t u n gFrüherkennung,
Assessment,Genesungs- und
Behandlungsplanung,Evaluation
Evaluation,Rehabilitations-und Teilhabe-
planung
B e r a t u n g
[Steinhart & Wienberg, 2016]
Der KERN: Funktionale Betrachtung und ambulant
Eingliederungshilfe
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
| 25
ERSCHLIESSUNG PASSGENAUERLEISTUNGEN
TeilhabeArbeit
TeilhabeWohnen
Soziale Teilhabe
Reha-bilitation
Peerarbeit
Alternative Rückzugsortemit intensiverBehandlung
Komplexeintensive
Behandlungbis zu 24
Stunden/Tag
(Akut-)Psychotherapie
mit niedrig-schwelligem
Zugang
ERSCHLIESSUNG PASSGENAUERLEISTUNGEN
MOBILE MULTI-
PROFESSIONELLE
UNTERSTÜTZUNG
MOBILE MULTI-
PROFESSIONELLE
BEHANDLUNG
S T E U E R U N G S -
F U N K T I O N
B e r a t u n gFrüherkennung,
Assessment, Genesungs- und Behandlungsplanung,
Evaluation
Evaluation,Rehabilitations- und Teilhabe-
planung
B e r a t u n g
Krisen-intervention
Komplexe ambulanteBehandlungim Lebens-
umfeld
Prävention Sozialraum-arbeit
Komplexeambulante
Behandlung
NachgehendeIntensiv-
Behandlung
Der KERN: Funktionale Betrachtung und ambulant
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
| 26
ERSCHLIESSUNG PASSGENAUERLEISTUNGEN
TeilhabeArbeit
TeilhabeWohnen
Soziale Teilhabe
Reha-bilitation
MOBILE MULTI-
PROFESSIONELLE
UNTERSTÜTZUNG
MOBILE MULTI-
PROFESSIONELLE
BEHANDLUNG
S T E U E R U N G S -
F U N K T I O N
B e r a t u n gFrüherkennung,
Assessment, Genesungs- und Behandlungsplanung,
Evaluation
Evaluation,Rehabilitations- und Teilhabe-
planung
B e r a t u n g
Krisen-intervention
Komplexe ambulanteBehandlungim Lebens-
umfeld
Prävention Sozialraum-arbeit
Komplexeambulante
Behandlung
NachgehendeIntensiv-
Behandlung
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
Abbiegen ist möglich !
| 27
ERSCHLIESSUNG PASSGENAUERLEISTUNGEN
TeilhabeArbeit
TeilhabeWohnen
Soziale Teilhabe
Reha-bilitation
Peerarbeit
Alternative Rückzugsortemit intensiverBehandlung
Komplexeintensive
Behandlungbis zu 24
Stunden/Tag
(Akut-)Psychotherapie
mit niedrig-schwelligem
Zugang
ERSCHLIESSUNG PASSGENAUERLEISTUNGEN
MOBILE MULTI-
PROFESSIONELLE
UNTERSTÜTZUNG
MOBILE MULTI-
PROFESSIONELLE
BEHANDLUNG
S T E U E R U N G S -
F U N K T I O N
B e r a t u n gFrüherkennung,
Assessment, Genesungs- und Behandlungsplanung,
Evaluation
Evaluation,Rehabilitations- und Teilhabe-
planung
B e r a t u n g
Krisen-intervention
Komplexe ambulanteBehandlungim Lebens-
umfeld
Prävention Sozialraum-arbeit
Komplexeambulante
Behandlung
NachgehendeIntensiv-
Behandlung
Der KERN: Funktionale Betrachtung und ambulant
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
Abbiegen ist möglich !
Professionelle Aufgabe ist es,mit der integrierten Verfügbarkeit dieser Ressourcen im Rahmen der kontinuierlichen Begleitung inklusive Therapie und Behandlungdie Chancen zur Teilhabe kontinuierlich zu verbessern. Hieran kann auch die Wirksamkeit der Unterstützungsleistungen gemessen werden.Es ist dann Verantwortung des Einzelnen zu entscheiden,was für ihn ein „gutes Leben“ ist!Peer – Berater könnten die idealen Mittler zwischen entstehenden Teilhabechancen und der eigenen Entscheidung sein.
| 28
Rundum ambulant
Funktionales Basismodell psychiatrischer
Versorgung in der Gemeinde
Ingmar Steinhart, Günther Wienberg (Hg.)
320 Seiten, 39,95 Euro
Psychiatrie Verlag
November 2016
Mit Unterstützung von:
Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V.
DGPPN
Institut für Sozialpsychiatrie Mecklenburg-
Vorpommern e.V.
Landesverband Sozialpsychiatrie
Mecklenburg-Vorpommern e.V.
Zum Nachlesen: Mit ausführlichen Grundlagentexten und
Einzelkapiteln zu allen Modellbausteinen!
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017 29
PROFESSIONELLE HERAUSFORDERUNGEN:1. …neue Wege im Bereich Jugend und junge Erwachsene suchen2. …statt fürsorglicher BelagerungTeilhabechancen ermöglichen3. Im Bereich Behandlung und Reha ein Abbiegen in die „Fürsorge“ vermeiden.Das ist eine weiteres Thema, für das heute die Zeit nicht reicht!
TEILHABECHANCEN VERBESSERN
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Ingmar Steinhart Stralsund 17.2.2017
DANKEfür Ihre
Aufmerksamkeit