Unkonventionelles Gas Auswirkungen auf Energieversorgung und Umwelt
Peter Burri
SASEG
Swiss Association of Energy Geoscientists
Winterthur, 4. Juni 2014
School of Engineering und Stadtwerk Winterthur
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 1 Peter Burri (SASEG)
Energie Herausforderung – die Dimensionen Beispiel I
Der weltweite Energiebedarf wird sich in den nächsten 40-50 Jahren verdoppeln (Bedingung: Halbierung des Wachstums)
Würde die gesamte Energie dann nur mit Kernenergie erzeugt, bräuchte es ein neues 1 GW Kernkraftwerk täglich für die nächsten 40 Jahre
365 neue Kernkraftwerke pro Jahr - heute ca. 440 KKW weltweit !
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 2 Peter Burri (SASEG)
Energie Herausforderung – die Dimensionen Beispiel II
2010 stieg der Stromverbrauch der Schweiz um 4%
Das war 50x mehr als die gesamte in der CH installierte Kapazität an Photovoltaik
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 3
Energie Herausforderung – die Dimensionen Beispiel III Weltweite Energieversorgung
Energiewachstum weltweit 2002 - 2012
Energiezuwachs total: + 30 %
Wachstum erneuerbare Energie ohne Hydro + 390 %
2012 Anteil erneuerbare Energie ohne Hydro 2.4 %
ABER
Erneuerbare Energien deckten nur 6 % des gesamten Energie Zuwachses
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 4
Energie Herausforderung – die Dimensionen
Fazit:
1. Wir sind noch sehr weit davon entfernt auch nur den Zuwachs an Energie erneuerbar zu decken.
2. Kein einzelner Energieträger kann den Energiebedarf dieses Jahrhunderts liefern!
3. Wir brauchen einen breiten Mix
… und viel höhere Energie Effizienz
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 5
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 6
Themen
Die Revolution in der Kohlenwasserstoff Geologie
Gewinnung von unkonventionellen Kohlenwasserstoffen – Risiken und Lösungen
Auswirkungen USA
Auswirkungen weltweit
Gas und Umwelt / Klima
Was bedeutet das für uns?
Peter Burri (SASEG)
Die Revolution in der
Kohlenwasserstoff Geologie
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 7 Peter Burri (SASEG)
Was sind Unkonventionelle Kohlenwasserstoffe ? Vorkommen von Öl und Gas, die mit traditionellen Fördermethoden nicht wirtschaftlich zu gewinnen sind. z.B.:
Schweres Öl, Teersande, Ölschiefer
Öl und Gas in wenig durchlässigem Gestein, z. B. dichte Sande oder Muttergestein (Schiefer Gas)
Förderung heute möglich durch neue geologische Konzepte und bessere Technologie
Unkonventionelle Kohlenwasserstoffe haben die weltweiten Energievorhersagen in den letzten Jahren total verändert.
Prognosen die mehr als 5 Jahre alt sind, sind heute Makulatur
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 8 Peter Burri (SASEG)
Konventionelle und unkonventionelle Öl- und Gas Exploration
9 source: P. Burri and W. Leu 2012
Nötige Erfolgsfaktoren: Konventionell 7 Unkonventionell 2-3
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG)
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 10
Öl- und Gas Systeme sind sehr ineffizient Verlorene Kohlenwasserstoffe sind das Potential der unkonventionellen Exploration
Courtesy G. Hollmann Eon-Ruhrgas Percentage of total expelled hydrocarbons trapped in exploitable conventional traps.
Kohlenwasserstoff Systeme Eine Geschichte von Verlusten
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 11
The >95% “lost” hydrocarbons are the big potential of the unconventional exploration*�
P. Burri strongly modified after England 1994
Few %
Commercial Volumes In conventional traps
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 12
Gewinnung von unkonventionellen Kohlenwasserstoffen Risiken und Lösungen
Peter Burri (SASEG)
Öl und Gas Muttergestein (Source Rock)
Quelle: USGS, 2011
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 13 Peter Burri (SASEG)
Schiefer Gas Erschliessung
USA 2012
Neue Shale Gas Bohrungen : > 50‘000
Shale Gas
Produktion 2012: 550 Mrd m3 (entspricht 170 x Jahresbedarf CH)
US Shale Gas Produktion: 10x grösser als vor 6 Jahren
Quelle: BGR, 2011
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 14 Peter Burri (SASEG)
Fracflüssigkeit 99.5% Wasser und Sand 0.5% Additive
Diskussion zu Fracturing ist meist "religiös": Glaubenssätze ersetzen Fakten
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 15
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 16
Sieht aus wie im Krieg. In den USA sind Bohrungen mit Fracking nichts Aussergewöhnliches. In der Schweiz lösen solche Szenarien Angst aus.
Kritik an unkonventionellen Ressourcen
Grundwasser
Methan Austritte
Schädliche Additive
Induzierte Seismizität (Beben)
Landverbrauch
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 17
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 18
Hydraulic Fracturing Mythos und Realität
Depth Aquifers Barnett Shale Basin
>> 1000 m Sedimente zwischen Fracs und Grundwasser
Realität: Geringe Vertikale Ausdehnung der Risse i
“Gasland” Version: Kein Bezug zur Wirklichkeit
Micro seismische Kontrolle: genaue Lage der Fracs im Untergrund
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 19
Schutz des Grundwassers
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 20
Mehrfache Verrohrung und Zement trennen Bohrung von Grundwasser
Courtesy Range Resources 2013
Methan: Die “Gasgenerations-maschine” Marcellus Shale (5x Fläche CH)
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 21
New York
Natürliche Gasaustritte sind weit verbreitet
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 22
Courtesy Terry Engelder
Das medien-wirksame Gas im Film "Gasland" kommt aus Kohleflözen und hat nichts mit Fracking zu tun
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 23
Unkonventionelles Gas – die Kritik Fakten und Massnahmen
Potentiell schädliche Chemikalien/Additive in der Frac- und Bohr Flüssigkeit Additive ersetzen durch unbedenkliche Zusätze (z.B. Guar Bohne)
Zusätze sind offen zu legen
UV Bestrahlung statt Bakterizide
Gas Fracs (LPG oder CO2)
Recycling der Flüssigkeiten
5
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Unkonventionelles Gas – die Kritik Fakten und Massnahmen
Seismizität ausgelöst durch Fracturing
Mikro Seismizität immer vorhanden und gewollt (Monitoring der Risse) Aber: kein dokumentierter Fall eines Schadenbebens durch Fracs in Sedimenten (> 1.5 Mio Frac Jobs in USA, viele 1000 in Europa) Gewisses seismisches Risiko bei Re-injektion von Fluiden
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 25
Landbedarf
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 26
Flächenbedarf < 10 000 m2 Untertage: bis zu 10 km2 Bis zu 30 Bohrungen pro Lokation
alte Methode Neue Methode
Courtesy Reinhard Jung 2012
Horizontal drilling - Typische Reichweite von Cluster Bohrungen
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 27
Drilling Cluster 3 km horizontal Ablenkungen bis 12 km sind technisch möglich
Zürich HBhf
Shale Gas Feld mit Cluster Bohrung Pennsylvania
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 28
Shale Gas Produktion: Best Practice heute
Keine Verwendung schädlicher Additive. Alle Additive offen gelegt
Bohr und Frac Flüssigkeit recycled, keine Injektionsbohrungen
Bohrlokation versiegelt (keine Kontamination des Bodens)
Kontrolle Frac-Ausdehnung durch Mikroseismik
Cluster drilling: Drainage von > 10 km2 von einer Lokation
Hoher Standard Produktionsanlagen – keine Methan Lecks
Weltweit keine wissenschaftliche Organisation mit einschlägigem Knowhow, die ein Verbot von Hydraulic Fracturing befürwortet
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 29
Unkonventionelles Gas: Fazit Umwelt Probleme bei unkonventionellen Gasfeldern in N-Amerika kommen vor und sind inakzeptabel.
Fakten
Probleme sind selten (<1% von allen Bohrungen)
Technologie (horizontal drilling, fracturing) ist seit vielen Jahrzehnten weltweit erprobte Routine – auch in Europa
Ursache der Probleme nicht Fracturing sondern schlecht ausgeführte Bohrungen / schlechtes Operating.
Probleme müssen und können vermieden werden
Es gibt keinen wissenschaftlichen Grund Fracturing zu verbieten
Lösung: Klare Vorschriften, Standards und Kontrolle – nicht Verbote
30 School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG)
2007
20
08
2009
20
10
2011
20
12
2013
2014
2015
2016
1017
2018
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
2026
2027
2028
2029
2030
180
160
140
120
100
80
60
40
20
0 0%
BCM/y
6%
11%
17%
23%
Source: CERA, WoodMackenzie
WoodMac 2007
CERA 2007
WoodMac 2010
CERA 2010
% of US gas demand
Actual imports
Prognosen US Gas Importe (LNG)
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 32 Peter Burri (SASEG)
US Gas Produktion: Peak Theorie vs. actual
2010
Source: T. Ahlbrandt 2012
Effect of technology
Unconv. gas
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 33 Peter Burri (SASEG)
Auswirkungen in den USA
USA haben seit 2000 mehr neues Gas entdeckt als irgendein anderes Land (Reserven + 63%)
N-Amerika ist Selbstversorger in Gas und wird ab 2015 Gas exportieren
Öl: USA brauchen in Zukunft keine Importe aus Mittl. Osten oder anderen Krisen Regionen
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 34 Peter Burri (SASEG)
N-America: Domestic Oil Production / Demand 2005-25
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 35 2013
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 37
Unkonventionelle Kohlenwasserstoffe sind keine amerikanische Exklusivität
Modified after Halliburton 2009
Source: Economist July 2012 Peter Burri (SASEG)
Wachstum der weltweiten Gas Reserven - auch Konventionell Gas Ressourcen reichen 250 -300 Jahre (Verbrauch 2012)
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 38 Peter Burri (SASEG) Source: IEA 2011
Modified from T. Ahlbrandt 2012
Peak oder Plateau?
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 39 Peter Burri (SASEG)
����entspricht nicht den Fakten���������
wahrscheinlich
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 41
Der am schnellsten wachsende fossile Brennstoff
Beijing, January 2013
Peter Burri (SASEG)
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 42
Beijing: ein “normaler” Wintertag
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 43
Kohle
Strom ist nicht weiss: Kommt zum grössten Teil aus Kohle und Kernenergie
IEA Peter Burri (SASEG)
Kohle Verbrauch wächst global 2-3 x so schnell wie Gas 6-8 x so schnell wie Öl
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 44
India Neue und geplante Kohlenkraftwerke
Source: M. Häring / coalswarm.org
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 45
CO2 Emissionen weltweit
CH ca 45 Mio t/J
Gas und Umwelt
Gas hat in einigen Ländern Europas einen schlechten Namen
Aber:
• Erdgas ist der sauberste fossile Brennstoff Beim Verbrennen wird CO2 und Wasser produziert
• Transport und Stromerzeugung sind verantwortlich für 75% der globalen CO2 Emissionen
• Substitution durch Gas (inkl. Biogas) ist in diesen Bereichen leicht machbar
o Kohlenkraftwerke können in wenigen Jahren ersetzt werden
o Transport: Lastwagen und Taxis als Zielgruppe
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 46
Peter Burri (SASEG)
Verkehrsclub der Schweiz Umweltranking 2013
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 47
Gas Fahrzeug
Die mit Abstand umweltfreundlichsten Fahrzeuge haben Gasantrieb Gas Mix Schweiz: 80% Erdgas, 20% Biogas
Gas Produktion in Europa und Umwelt
Gas ist essentiell für Energieversorgung Europas (heute >25%).
Es macht umweltpolitisch Sinn so viel Gas wie möglich in Europa zu produzieren:
Beste Sicherheits- und Umweltstandards (wir kontrollieren!)
Kurze Transport �Wege (nicht 4000 km von Sibirien oder Algerien): weniger Energieverlust, weniger CO2 Emissionen
Stark reduziertes Risiko von Methanlecks
Keine Abhängigkeit / Erpressbarkeit
Aus Umweltgründen sollte man auf einheimischer Gas Produktion bestehen School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 48
Globale Gas Schwemme Gute oder schlechte Nachricht für die Umwelt ?
Sehr grosse weltweite Gasressource sind eine Realität.
Gas Potential deckt heutigen Bedarf für min. 250-300 Jahre
Auch Europa hat ein grosses Potential
Zwei mögliche Reaktionen:
Ablehnen und verbieten
Aus der Situation das Beste machen: Gas ersetzt Kohle und teilweise Öl. Bringt mittelfristig die weitaus grösste Reduktion von CO2
Umwelt- und Luftqualität ist mehr als nur CO2 !
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 50 Peter Burri (SASEG)
Welt Energiebedarf: Verdoppelung in 50 Jahren (falls Wachstum halbiert)
Best Case : Erneuerbare Energie deckt den Zuwachs. Aber: Die andere Hälfte muss auch gedeckt werden (Nuklear oder Fossil)
Wenn fossile Energie, dann die sauberste: Gas. (Öl als Rohstoff bewaren).
Optimale Kombination mit Biogas
Die sehr grossen Gasressourcen sind eine Chance für die Umwelt.
Saubere, sichere Produktion von unkonv. Gas ist möglich + wirtschaftlich
Die ökologisch sinnvollste Energie Versorgung für dieses Jahrhundert ist eine Kombination von erneuerbaren Energien UND Gas
Die Alternative dazu heisst KOHLE - mit allen Konsequenzen
51
Ausblick: Energieversorgung im 21. Jahrhundert
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG)
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 52
…und ein Blick auf den grössten Beitrag zur Energieversorgung: ABSCHALTEN
Peter Burri (SASEG)
Danke für Ihr Interesse
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 53
Sind Sie interessiert an Geowissenschaften und Energiefragen ?
Wir freuen uns auf Ihre Mitgliedschaft bei der
Schweizerischen Vereinigung von Energie-Geowissenschaftern
SASEG
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Average annual Gas Price in $ per Million Btu
Average Importprice Germany
European Spot Price Index
Fukushima 2011
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG)
Porosität in Gas Schiefer: Micro- bis Nano-meter generiert bei der Maturation von Kerogen (bis >20% Por)
School of Engineering Winterthur 4 Juni 2014 Peter Burri (SASEG) 56