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Kreatives Schreiben -
Didaktische Ansätze und ihre lernpsychologischen Begründungen Dozent: Dr. Richard Sigel
Seminarteilnehmerinnen: Isabella Fischer, Marei Knicker, Laura Türk
Wintersemester 07/08
Thema der Unterrichtssequenz: >> Das Elfchen <<
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Inhaltsübersicht
1. Lernziele 1.1. Unterrichtsversuch 1 1.2. Unterrichtsversuch 2 2. Unterrichtsskizze erster Tag 2.1. Artikulationsschema 2.2. Arbeitsblatt 3. Reflexion zum ersten Tag aus didaktischer und pädagogischer
Sicht 3.1. Was haben wir neu gelernt als Lehrende (3 Essenzen)? 3.2. Angebahnte Lernsituationen 3.3. Schülerbeispiel 3.4. Reflexion der Durchführung 3.5. Persönliche Lernfortschritte 4. Unterrichtsskizze zweiter Tag 4.1. Artikulationsschema 4.2. Arbeitsblatt 5. Reflexion zum zweiten Tag aus didaktischer und pädagogischer
Sicht 5.1. Was haben wir neu gelernt als Lehrende (3 Essenzen)? 5.2. Angebahnte Lernsituationen 5.3. Schülerbeispiel 5.4. Reflexion der Durchführung 5.5. Persönliche Lernfortschritte 6. Ideen für Schreibkonferenzen 6.1. Didaktische Vorgaben 6.2. Beispiele zu Schülertexten 7. Fazit 8. Literatur
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1. Lernziele
1.1. Unterrichtsversuch 1:
� Durch den akustischen Impuls einer aufgenommenen Tierstimme eines
Meerschweinchens und einer ungelenkten Stoffsammlung in der Gruppe zu
diesem Tier sollen die Kinder an ihr Vorwissen anknüpfen und sensibilisiert
werden eine Vorstellung zu einem selbst gewählten Tier für ein Tierrätsel-
Elfchen zu entwickeln.
� Indem die Schüler im Klassenverband geleitet durch Unterstützungsfragen
zusammen mit der Lehrperson zum Thema „Meerschweinchen“ und mit Hilfe
der Stoffsammlung ein Elfchen erstellen, lernen sie das formale Schema eines
Elfchen-Gedichts (Ein Elfchen besteht aus elf Wörtern, in der ersten Zeile
steht ein Wort, in der zweiten zwei Wörter, in der dritten drei Wörter, in der
vierten vier Wörter und in der fünften wieder ein Wort. Zudem bildet jede Zeile
eine für sich stehende Sinneinheit usw.) kennen und sollen dann in Einzel-
oder Partnerarbeit mit Hilfe eines Fragenkatalogs und einem Leerzeilen-
Elfchens (siehe AB 1) eigenständig ein Tierrätsel-Elfchen schreiben können.
� Durch die Präsentation der erarbeiteten Tierrätsel-Elfchen in der Klasse lernen
die Kinder einerseits Wertschätzung für das Verfassen freier Texte für sich
selbst und für andere und erhalten gleichzeitig durch die Reflexion eigener
und fremder Texte Anregungen für die Analyse und Weiterverarbeitung
weiterer Texte.
1.2. Unterrichtsversuch 2:
� Durch die Stoffsammlung und die Präsentation eines Personenrätsel-Elfchen-
Beispiels der Lehrperson wiederholen die Kinder die formalen, inhaltlichen und
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sprachlichen Kriterien eines Elfchens um sich darauf einzustimmen selbst ein
Personen-Elfchen zu verfassen.
� Durch die Diskussion in Partnerarbeit über eigene Eigenschaften und
Fähigkeiten sollen sie genau passende Wörter finden, mit denen sie daraufhin
ihr eigenes Personenrätsel-Elfchen entwerfen (siehe AB 2).
� Wiederum durch Diskussion in Partnerarbeit wählen die SchülerInnen gezielt
Wörter und Ausdrücke nach Passung und gutem Klang aus und lassen sie auf
sich wirken. Dadurch sollen die Schüler sprachlich hochwertigere Elfchen
produzieren.
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2. Unterrichtsskizze erster Tag 2.1. Artikulationsschema
Artikulationsschema 1.Stunde GS Wilhelmstrasse
Klasse 2b Frau Malschinger
Thema: TIERRÄTSEL IN ELFCHENFORM Zeit Inhalt Sozialform Material/Medien/Meth. 5‘
Einstieg stummer Impuls: Meerschweinchengeräusch Was könnte das sein? Nochmaliges Anhören. Spontane Stoffsammlung: Was fällt dir zum Meerschweinchen ein?
UG Handy zum abspielen des Geräuschs TA
15‘
Zielangabe Wir machen ein Tierrätsel-Elfchen. Hinführung Man entwickelt mit Hilfe der Stoffsammlung gemeinsam ein Elfchen zum Meerschwein an der Tafel. Zur Unterstützung und Strukturierung der einzelnen Zeilen benutzt man Wortkarten:
UG TA Anschrift mit Linien für die formale Anordnung eines Elfchens Wortkarten mit Fragen: Wie ist es? Wie findest du es? Was kann es? Wie fühlt es sich an? Was frisst es?
40‘
Erarbeitung Meerschwein-Elfchen wird nochmals laut vorgelesen um den Gedichtcharakter erfahrbar zu machen.AA: Denke dir allein oder mit deinem Partner ein Tier aus und erstelle ein eigenes Tierrätsel in Elfchenform. Austeilen AB mit Schema und Unterstützungsfragen Kinder schreiben Elfchen.
EA oder PA AB
50‘
Präsentation Kinder lesen einzeln vor der Klasse ihr Elfchen vor, Mitschüler erraten das Tier und würdigen das Werk durch Applaus.
UG S-Vortrag
55‘
Reflexion Gespräch mit den Kindern über ihre Erfahrungen beim Schreiben des Elfchens.
UG
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2.2. Arbeitsblatt Name: Datum:_________
Tierrätsel
__________
__________ __________
__________ __________ __________
__________ __________ __________ __________
__________
Eine kleine Hilfe für dein Rätsel: Überlege, wie ist dein Tier? Wie ist es? Wie fühlt es sich an?
Was frisst es?
Was kann es?
Wie findest du es?
Was macht es?
Was mag es?
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3. Reflexion zum ersten Tag aus didaktischer und pädagogischer Sicht 3.1. Was haben wir neu gelernt als Lehrende? (3 Essenzen) Wenn man mit Kindern etwas gemeinsam im gelenkten Unterrichtsgespräch
entwickelt, muss man unglaublich wach und erfinderisch im Moment sein.
Alles was als „Vorbild“ an der Tafel steht hat ein unglaubliches Gewicht und wenige
Schüler sind sprachlich selbstbewusst genug um von sich aus davon ab zu weichen.
Die wenigsten Schreiber können sofort mit einer neuen Arbeitsform wie dem
„Elfchen“ sprachlich kreativ umgehen, aber das darf einen nicht abschrecken mit
solchen Formen zu arbeiten.
3.2. Angebahnte Lernsituationen sprachliche Lernsituationen
- Begriffsammlung: Begriffe finden zum Thema Meerschweinchen/ Tiere
- Passende Ausdrücke entdecken (Rätselcharakter) und verwenden
- Sinneinheiten pro Zeile erkennen und herstellen
inhaltliche Lernsituationen
- Merkmale eines Rätsels benennen
- Tiere mit eigenen Worten beschreiben (charakteristisch wie emotional)
- Aufbau eines Elfchens als Tierrätsel begreifen und umsetzen
gestalterische Lernsituationen
- Sinneinheiten eines Elfchens füllen
- Persönlichen Ausdruck transportieren
- einen eigenen Text präsentieren
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3.4. Reflexion der Durchführung
Wir wählten für unsere Stunde eine sehr klar strukturierte Einführung für die
Gedichtform „Elfchen“ und benutzten an der Tafel neben einem Schema (ein Strich
pro Wort in der passenden Anordnung) zusätzlich Fragen auf Karton, die als
inhaltliche Hilfestellung („Wie findest du das Tier?, „Was kann das Tier“ usw.) dienten.
Im Klassenverband machten wir außerdem eine Stoffsammlung zum Beispiel
„Meerschweinchen“ und fügten mit den Anregungen der Kinder ein Elfchen
zusammen. Danach entließen wir die Kinder in Einzel- oder Partnerarbeit mit dem
Auftrag selbst ein Tierrätsel-Elfchen zu erstellen.
Was lief gut: Jedes Kind hat es alleine oder im Zweierteam geschafft, in kurzer Zeit und ohne
größere weitere Unterstützung, ein Tierrätsel-Elfchen selbständig zu schreiben, das
man vortragen konnte und das als Rätsel zu verstehen war!
Unser nicht ganz leicht zu erkennendes Meerschweinchengeräusch von einem
Handy abgespielt funktionierte gerade durch seine Unschärfe sehr gut. Dieser Impuls
war anregend für die Kinder, sprach ihr Vorstellungsvermögen an und war simpel in
der Handhabung und so gelang die gemeinsame Stoffsammlung gelang prima. Gut
funktionierte nach unserer Einschätzung auch die Technik Fragenkarten zur
Unterstützung beim Erstellen des Elfchens zu benutzen. So begriffen die Kinder auch
ganz einfach, dass jede Zeile eine Sinneinheit darstellt. Allerdings verleitet diese
Technik zum antworten in ganzen Sätzen, was sich durch den häufigen Satzanfang
„Es ist“ deutlich in den Ergebnissen zeigte. Dieser Effekt wurde durch unser
ungeschickt gewähltes Beispielelfchen noch verstärkt.
Was gelang nicht so gut: Was relativ schief ging, war das gemeinsame Entwickeln eines Beispiel-Elfchens an
der Tafel. Erstens benutzten wir in der Nervosität gar nicht Begriffe unserer
gemeinsamen Stoffsammlung um die Unterstützungsfragen zu beantworten und
zweitens gingen wir beim Erstellen gar nicht auf Fragen der sprachlichen Qualität ein.
Klingt das jetzt gut oder spannend? Ist unser Rätsel zu einfach oder zu schwer? u.ä..
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Tierrätsel-Elfchen an der Tafel:
Kuschelig Frisst Karotten
Es ist weiß-braun Es wohnt im Käfig
Toll
Es ist sicher wichtig aus Gründen der Nachahmung, dass dieses an der Tafel
prangende Elfchen nicht ausgerechnet die sprachlichen Unzulänglichkeiten aufweist,
die man eigentlich vermeiden will. Gut geklappt hat es nämlich bei den ersten und
letzten Zeilen der Kindergedichte, für die wir auch im Beispiel an der Tafel eine
entsprechende Lösung gefunden hatten.
Die meisten Kinder wählten Einzelarbeit als ihre Arbeitsform. In der Rückschau
erscheint uns in diesem Stadium Partnerarbeit günstiger um durch den Dialog mit
dem Partner sprachliche Reflexion der Kinder bei der Herstellung zu unterstützen
oder überhaupt erst anzuregen.
Woran wir erstmal gescheitert sind: Relativ unbefriedigend verlief die Präsentation der Gedichte, da wir nicht fertig
wurden. Das lag u.a. daran, dass wir statt dem geplanten Sitzkreis die Kinder nach
vorne kommen ließen. Das dauerte zu lange und führte im Vortrag zu akustischen
Problemen, was die ganze Sache recht zäh werden ließ.
In der Durchsicht der Ergebnisse stellten wir fest, dass die Kinder fast alle rein formal
gut gearbeitet hatten (Sinneinheiten, Zeilenlänge), dass aber nur sehr wenige
Gedichte sprachlich kreativ oder persönlich gefärbt waren. Mit Sprache Gefühle
auszudrücken und diese quasi einem Dritten nämlich dem Leser bei dem Rätsel zu
übermitteln, klappte so gut wie gar nicht. Dabei übersahen wir auch gänzlich die
Notwendigkeit der Differenzierung. Denn einige Kinder wären bestimmt für eine
sprachliche Überarbeitung ihrer Werke bereit und in der Lage gewesen, bekamen
dazu aber keinerlei Unterstützung von uns. Das pure durch die Reihen gehen und
gucken, ob es grundsätzlich läuft, ist dafür nicht besonders geeignet und
ausreichend. An der Unterstützung der Verbesserung der sprachlichen Qualität
wollten wir deswegen in der nächsten Stunde ansetzen.
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3.5. Persönliche Lernfortschritte Laura In der ersten Stunde habe ich viel gelernt. Ich denke, dass wir den Aufbau des
Elfchens noch besser hätten erklären können. Es wäre wohl besser gewesen, die
von den Kindern gefundenen Begriffe zum Meerschweinchen nicht an die Seitentafel
zu schreiben, sondern lieber auf einzelne Karten und diese mit Magneten an die
Tafel zu pinnen. Diese Wortkarten hätte man dann benutzen können, um das
Elfchen-Schema an der Tafel zu füllen. So wäre den Schülern vielleicht auch der
flexible Umgang mit Sprache ersichtlicher geworden. Im besten Fall hätten die
Schüler dann selbst- handelnd, mit den Wortkarten agieren können. Ich denke, dass
es manchen Schülern geholfen hat, dass wir noch Plastik- und Stofftiere als
differenzierendes Anschauungsmaterial angeboten haben und sie es auch dankend
angenommen haben. Das Zeitmanagement ist auch noch verbesserungswürdig,
denn leider konnten nicht alle bis zum Ende der Stunde ihre Elfchen vortragen.
Außerdem wäre es wohl auch noch sinnvoll gewesen, den Raum im Klassenzimmer
besser zu nutzen. Die momentan agierende Lehrerin hätte wohl noch mehr im
Mittelpunkt stehen können, zum Beispiel mitten vor der Tafel, wenn sie
Arbeitsanweisungen gab. Die übrigen Lehrerinnen hätten dabei noch stärker in den
Hintergrund, ergo aus dem Blickwinkel der Schüler treten können.
Marei Ich denke der Einstieg mit der Aufnahme eines Meerschweinchenquiekens war
genau das richtige. Hier wurde Vorwissen der Kinder aktiviert und ihr Interesse
geweckt. Anschließend ging es auf Grund des Fragenkatalogs ein wenig unter, dass
in einem Elfchen eigentlich kaum Antwortsätze stehen, sondern vielmehr nur Wörter.
Dadurch waren die meisten Elfchen, die danach von den Schülern/innen produziert
wurden sehr starr und wiederholend in ihrer Struktur, also im Antwortschema, eben
auf den Fragenkatalog. Allerdings haben diese Fragen besonders den schwächeren
Schülern/innen den Einstieg sehr wohl erleichtert.
Wir hätten noch mehr die Eigenschaft eines Elfchens hervorheben können, dass jede
Zeile für sich eine Sinneinheit ergeben soll.
Schön war auch, dass am Ende alle ihre Elfchen vorlesen durften und durch den
Rätselcharakter sind auch alle Zuhörer bei der Sache geblieben.
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Im Großen und Ganzen fand ich die Stunde dennoch gelungen, die Schüler konnten
doch einiges Lernen und hatten auch ihren Spaß dabei.
Isabella Es war eine gute Erfahrung zu sehen, dass auch uns Erwachsenen durch die volle
Konzentration auf die formale Vermittlung des Elfchens es nicht gelang gleichzeitig
auch noch auf den sprachlichen Gestus des kleinen Gedichts zu achten, was die
Komplexität der Anforderungen für die Kinder mir noch einmal plastisch werden ließ.
Besonders interessant und lehrreich war für mich die Möglichkeit in der Stunde zuvor
unsere Kollegen zu beobachten, wie sie das gleiche Thema viel freier angingen und
den Kindern weniger Hilfe an die Hand gaben und was das für Vor- und Nachteile mit
sich brachte. Nicht neu und doch sehr bestätigend war für mich außerdem die
Einsicht, dass eine klare Struktur sehr hilfreich ist für die nötige „Coolness“, die eine
echte Flexibilität in der Interaktion mit den Kindern erst ermöglicht.
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4. Unterrichtsskizze zweiter Tag 4.1. Artikulationsschema
Artikulationsschema 2. Stunde GS Wilhelmstrasse Klasse 2b Frau Malschinger
Zeit Inhalt Sozialform Material/Medien/Meth.
5´
- Sitzkreis, - SS tragen Gedichte der letzten Stunde vor
S- Äußerung
UG
Erster Einstieg
10´
- L trägt ein Elfchen vor (Klassenrätsel) - Wiederholung: Was zeichnet ein Elfchen aus? - Elf Wörter - Pro Zeile eine Einheit - Rätselcharakter - Sprachliche Raffinesse
L- Vortrag
UG
Wiederholung der
letzten Stunde
Elfchen auf DIN A3 Plakat
25´
- Einteilung der S in drei Gruppen, nach Leistung - Einführung zum Personenrätsel - Brainstorming: Eigenschaften und Fähigkeiten
- Stoffsammlung auf DIN A 3 (Eigenschaften und Fähigkeiten)
- S gestalten ein Personenrätsel über die Klassenlehrerin
UG GA
GA
Differenzierung, Erarbeitung Eigenschaften und Fähigkeiten - DIN A 3 Plakat - DIN A 3 Plakat
35´
- S entwerfen Personenrätsel - zusammen werden zwei Elfchen über sich und den Partner gedichtet (Lösung auf Blattrückseite) - dh. vorher erneute
Stoffsammlung
PA
Differenzierung, Erarbeitung - DIN A 4 Blatt - DIN A 4 Blatt - AB2
45´
- Zettel werden in der Gruppen getauscht, vorgetragen, erraten und mit Applaus gewürdigt - Reflexionsrunde
GA
UG
Sicherung, Abschluss
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4.2. Arbeitsblatt
Wer bin ich?
Eigenschaften Fähigkeiten
!1Wort! __________!1Wort!
!2Wörter!____________________!2 Wörter!
!3Wörter!______________________________!3 Wörter!
!4 Wörter!________________________________________!4 Wörter!
!1Wort! __________!1Wort!
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5. Reflexion zum zweiten Tag aus didaktischer und pädagogischer Sicht 5.1. Was haben wir neu gelernt als Lehrende? (3 Essenzen) Die Vermittlung durch die Lehrperson mit Sprache kreativ um zu gehen, ohne die
Kinder in ihrem eigenen Ausdruck stark zu beeinflussen, ist sehr herausfordernd. Es
ist schwierig die Balance zu halten zwischen einerseits Hilfestellung und andererseits
Einschränkung der Kreativität der Kinder.
Eine gut ausgearbeitete Differenzierung in Bezug auf die benötigte Unterstützung
beim Verfassen von Elfchen ist sehr entscheidend.
Viel Freiheit ist sehr gut für starke Kinder, mit den entsprechenden Fähigkeiten mit
Sprache umzugehen und dem nötigen Selbstvertrauen. Sprachlich schwächere
Kinder ist ein Sprung ins kalte Wasser nicht so leicht möglich und sie können mit
breiten Auswahlmöglichkeiten zunächst nicht viel anfangen.
Auch eine auf den ersten Blick so einfache literarische Bauform, wie das Elfchen, mit
dem Anspruch kleine inhaltlich wie sprachlich prägnante Texte zu verfassen, die den
Kindern tatsächlich ermöglichen persönlichen Ausdruck zu transportieren, ist in der
Umsetzung und Anleitung sehr komplex und lohnend. Allerdings erfordert die
Fähigkeit mit Elfchen kreativ umgehen zu können ausreichend Übung, die mit zwei
Schulstunden sicher nicht zu ermöglichen ist.
5.2. Angebahnte Lernsituationen sprachliche Lernsituationen
- Jede Elfchenzeile als eine Einheit begreifen
- Arbeiten in der Gruppe/ mit einem Partner und Verbalisieren des eigenen
Schreibvorhabens
inhaltliche Lernsituationen
- Die eigene Person mit Worten beschreiben/ Reflektieren über sich selbst
-
gestalterische Lernsituationen - Achten auf die Wirkung von Wörtern
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5.4. Reflexion der Durchführung In unserer zweiten Einheit setzten wir an der Verbesserung der sprachlichen Qualität
der Elfchen an. Wie geschildert, kamen wir auch durch die Reflexion im Seminar zu
dem Schluss, dass durch unsere Einleitung am Vortag die Form des Elfchens durch
die Unterstützung der Fragen den Kindern relativ leicht zugänglich war. Doch durch
das sprachlich wenig gewandte Elfchen, das wir am Vortag gemeinsam mit den
Kindern an der Tafel entwickelten, trat der Aspekt der sprachlichen Qualität in den
Hintergrund. Es gab außerdem auch in der Präsentation der Schüler keine Reflexion
zu den dargebotenen Texten: „Was fällt dir auf? Klingt das jetzt besonders gut oder
anders?“ o.ä.. An dieser Stelle wollten wir in der zweiten Einheit methodisch und
inhaltlich ansetzen. Deswegen wählten wir zur Unterstützung der Stoffsammlung der
Kinder diesmal keine Fragen, sondern die Kategorien „Fähigkeiten“ und
„Eigenschaften“ um die Kinder stärker anzuregen ihren Wortschatz beispielsweise in
Bezug auf Adjektive zu durchforsten.
Was lief gut: Gut war sicher erstmal, dass wir nach einer kurzen erneuten Einführung in der
ganzen Klasse in Kleingruppen weiterarbeiteten, weil so Kinder integriert werden
konnten, die aus verschiedenen Gründen in der Großgruppe leicht untergehen.
Hierzu entschieden wir uns zunächst die Kinder in drei Arbeitsgruppen zu teilen, die
die Klassenlehrerin nach Leistungsniveau der Schüler zusammenstellte. In diesen
Gruppen arbeitete je eine Studentin mit den Kindern, sowohl als in der Kleingruppe
als auch in Partnerarbeit. Dies war uns wichtig um differenzierter auf das sprachliche
Leistungsvermögen eingehen zu können. Allerdings ist dabei unbedingt zu beachten,
dass die Einteilung in Partnerarbeit tatsächlich aufgeht, da deutlich zu beobachten
war, dass notgedrungene Dreiergruppe schlechter funktionierten. Ansonsten war der
Schritt in kleineren Gruppen zu arbeiten sehr gut.
Recht gut setzten die stärkeren Kinder, die dazu zeitlich noch kamen, die
Anforderung „Keine gleichen Satzanfänge verwenden!“ um.
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Was gelang nicht so gut: Insgesamt ungeschickt war, dass wir für unsere Einheit nur 30 Minuten Zeit hatten,
von der wir 10 Minuten allein schon für den Rest der Präsentation der Tierrätsel und
der Einführung (ein zu erratendes Elfchen über die Klasse) benötigten. Unseren Plan
in den Gruppen zunächst gemeinsam ein Rätsel-Elfchen zu ihrer Lehrerin zu
erarbeiten ließen wir spontan weg und gingen gleich zu den Personenrätseln über.
Dennoch verblieb für das Erstellen von Personenrätseln in Partnerarbeit zu wenig
Zeit und die meisten Tandems schafften höchstens ein oder zwei schnell
geschriebene Elfchen ohne die Möglichkeit zur Reflexion und Überarbeitung. An
dieser Stelle wäre die Entscheidung (zumindest in den schwächeren Gruppen)
gemeinsam an einem besonderen Elfchen zu arbeiten wahrscheinlich besser
gewesen.
Die Aufgabenstellung „Personenrätsel“ verleitet trotz anderer Zielsetzung bei der
Stoffsammlung wie bei der Umsetzung zum Abarbeiten eines Fragenkatalogs und
der Fokus liegt stark auf dem Inhalt und weniger im „poetischen“ Ausdruck. Die
Kinder benutzten wieder häufig Formulierungen wie „Ich kann“ oder „Ich bin“ an
Stelle von Ausdrücken mit stärkerer Prägnanz und Aussagekraft.
Woran wir erstmal gescheitert sind: Unsere Methode über andere Begrifflichkeiten bei der Stoffsammlung eine andere Art
der Sprachqualität zu evozieren gelang nach unserer Einschätzung entweder nicht
oder wir können es wegen der nur sehr wenigen tatsächlich fertig gestellten Elfchen
nur schwer beurteilen. Für schwächere Kinder waren die Unterstützungsfragen vom
Vortag auf jeden Fall besser geeignet.
Die Differenzierung und Arbeit in Kleingruppen war sicher gut, aber wir machten mit
jeder Gruppe dennoch das gleiche Programm und waren für eine Differenzierung in
diesen Gruppen zu wenig vorbereitet, sowohl was die Erwartungen betraf, als auch in
der konkreten Umsetzungsstrategie.
Im Nachhinein wäre eine Sequenz, in der man mit den Kindern gemeinsam ein
besonderes Elfchen mit dem Fokus auf sprachlicher Qualität hergestellt hätte, besser
gewesen. Die Sensibilisierung für ausdrucksstarke Formulierungen braucht genauso
Platz und Übung wie formale Anforderungen (Sinneinheiten beachten o.ä.).
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5.5. Persönliche Lernfortschritte Laura Wir ließen die Kinder von der Lehrerin in drei Gruppen einteilen (Leistungsstarke,
Leistungsschwache und eine mittlere Gruppe). Als in den bereits festgesetzten
Einheiten allerdings nach eigener Wahl Partnergruppen gebildet werden sollten
erwies sich das als Problem, weil viele Kinder nicht mit einem bestimmten Schüler
zusammenarbeiten wollten. In Zukunft würden wir wohl wieder
leistungsdifferenzierende Gruppen bilden. Von einer Partnerarbeit in einem nicht
freiwillig zusammengesetzten Verband würden wir dann aber absehen.
Außerdem war bald klar, dass die leistungsstärkeren Gruppen auch schneller mit der
Aufgabenstellung vorankamen. Hier hätte man wohl noch (bessere)
Differenzierungsmöglichkeiten anbieten sollen. Eine qualitative Differenzierung wäre
auch hier einer quantitativen vorzuziehen gewesen.
Wirklich abschließen konnten wir die Stunde leider aus oben angegeben Zeitgründen
nicht. Das war wirklich schade, da es ja auch unser letzter Tag in dieser Klasse
gewesen ist.
Während der Unterrichtsstunde fiel mir auch auf, dass es für einige Schüler nicht
leicht war, Aussagen über sich selbst zu treffen. („Hm, wie bin ich denn? Mir fehlt
noch ein Wort…Nett?...Nein, das geht nicht, ich bin nicht nett…Nicht
immer…Hm…Da brauch ich ein anderes Wort…Wie bin ich denn?…“). Das Tier-
Elfchen, in der vorherigen Unterrichtsstunde, bereitete den Kinder weniger
Kopfzerbrechen.
Marei Die Hinführung mit dem Klassenrätsel ging noch einigermaßen gut, jedoch die
Zerteilung in Gruppen durch die Lehrerin, war ein grober Fehler. Zum einen war es in
allen drei Gruppen eine ungerade Anzahl an Schülern, was die geplante
Partnerarbeit negativ beeinflusste, da ich in meiner Gruppe dann mit einem Schüler
zusammengearbeitet habe. Dies ist nicht zu empfehlen, weil ich daraufhin kaum noch
Aufmerksamkeit für den Rest der SchülerInnen aus meiner Gruppe hatte, mich aber
auch nicht wirklich mit meinem „Partner“ beschäftigen konnte. Es ist also darauf zu
achten, dass bei Partnerarbeit wirklich alle einen Schülerpartner haben. Zum
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anderen war es auch ein Problem, dass die Schüler in ihrer Gruppe (von der Lehrerin
eingeteilt) teilweise nicht mit ihrem Partner arbeiten wollten. Nach ein wenig
Überzeugungsarbeit ging dies, jedoch nicht optimal. Gelingt die Aufteilung nicht,
sollte man eine Dreiergruppe bilden, von der man weiß, dass hier auch eine
Zusammenarbeit zu dritt produktiv ist.
Da unsere Stunde nach der Pause zu halten war, hatten wir nur noch eine halbe
Stunde bis die SchülerInnen alle beruhigt waren und die Namensschilder verteilt
waren. Für den Stoff und die intensive Arbeit an der sprachlichen Wirkung und dem
Aufbau der Elfchen, wie wir es geplant hatten, war dies eindeutig zu kurz. Hier hätten
wir gleich in Gruppen aufteilen sollen und ein verkürztes Alternativprogramm, mit der
Herstellung nur eines Gruppenelfchens, anstelle des Personenelfchens, durchführen
sollen.
Es war wirklich eine Stunde, mit vielen Lernanlässen für die Lehrenden.
Isabella In der schwächsten Gruppe war deutlich zu bemerken, dass die abstrakten Begriffe
„Eigenschaften“ und „Fähigkeiten“ als Hilfsmittel für eine Stoffsammlung weniger gut
geeignet waren, als unsere Unterstützungsfragen am Vortag. Trotz gemeinsamer
Stoffsammlung zu diesen Begriffen, fragten über die Hälfte der Kinder noch mal nach,
was Eigenschaften und Fähigkeiten sind.
Sie taten sich auch beim gemeinsamen Suchen schwer, Ausdrücke zu finden, die
eine Person charakterisieren: Wie ist jemand? Was kann er besonders gut? usw. Ein
Junge erkannte allerdings sofort eine der Urquellen von Poesie und sagte auf die
Frage, danach wie jemand sein könne, sofort „Verliebt!“. Er schrieb „verliebt“ dann
auch in seinem Elfchen in die erste Zeile. Die anderen Kinder schienen zu diesem
Thema sehr motiviert und vielleicht wäre ein Schreibversuch in Elfchenform zum
Thema „Wie fühlt sich Verliebtsein an?“ o.ä. ein guter Einstieg gewesen um
persönlichen Ausdruck und Sprache miteinander zu verknüpfen.
Hektische Atmosphäre verträgt sich schlecht mit kreativer Schreibarbeit, die Gefühl
für sprachlichen Ausdruck vermitteln will. Wenn also absehbar ist, dass der
Zeitrahmen sehr knapp ist, dann lieber Mathe üben statt Elfchen Schreiben.
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6. Ideen für Schreibkonferenzen 6.1 Didaktische Vorgaben Schreibkonferenz zu den Elfchen der Schüler
In der Schreibkonferenz gehen die Kinder wie folgt vor.
Zur Orientierung erhalten sie diesen kleinen Fragenkatalog.
1. Autorenkind, lies deinem Partner dein Elfchen laut vor. Mache nach jeder Zeile
eine kleine Pause. 2. Prüft nun, in dem ihr Zeile für Zeile vorgeht, den Sinn.
3. Überlegt gemeinsam ob ihr nicht noch treffendere Ausdrücke findet. Macht
hierzu ein Brainstorming und/ oder schaut in einem Wörterkästchen1 zum Thema nach.
4. Passt auf, dass sich die Zeilenanfänge nicht wiederholen. Verwendet am
besten andere Wörter oder stellt sie um.
5. Ist eurer Elfchen-Rätsel lösbar? Ist es eher leicht/ mittelschwer/ oder schwer?
6. Macht euch auch Gedanken über das Wort in der letzten Zeile! Wollt ihr ein
Wort wählen, das den Ratenden noch mal verunsichert, oder wollt ihr ihm einen letzten wichtigen Tipp geben? Ein besonders pfiffiges Wort macht sich immer gut.
7. Schaut genau hin, ob sich nicht ein Rechtschreibfehler eingeschlichen hat. Ihr
könnt euch auch von der Lehrerin/ dem Wörterbuch/ anderen Schülern helfen lassen.
8. Nun könnt ihr euer fertiges Elfchen euren gespannten Zuhörern vortragen.
Rechtschreibkonferenz zu den Rätselelfchen Geht der Reihe nach vor und vergesst nicht Erledigtes abzuhaken!
1. Autorenkind, lies deinem Partner dein Elfchen laut vor.
Mache nach jeder Zeile eine kleine Pause. 2. Prüft nun, in dem ihr Zeile für Zeile vorgeht, den Sinn.
3. Überlegt gemeinsam ob ihr nicht noch treffendere Ausdrücke findet.
Macht hierzu ein Brainstorming und/ oder
schaut in einem Wörterkästchen1 zum Thema nach.
4. Passt auf, dass sich die Zeilenanfänge nicht wiederholen. Verwendet am besten andere Wörter oder stellt sie um.
5. Ist eurer Elfchen-Rätsel lösbar?
Ist es eher leicht/ mittelschwer/ oder schwer?
6. Macht euch auch Gedanken über das Wort in der letzten Zeile! Wollt ihr ein Wort wählen, dass den Ratenden noch mal verunsichert, oder wollt ihr ihm einen letzten wichtigen Tipp geben? Ein besonders pfiffiges Wort macht sich immer gut.
7. Schaut genau hin, ob sich nicht ein Rechtschreibfehler
eingeschlichen hat. Ihr könnt euch auch von der Lehrerin/ dem Wörterbuch/ anderen Schülern helfen lassen.
8. Nun könnt ihr euer fertiges Elfchen
euren gespannten Zuhörern vortragen. Viel Spaß!
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1 In den Wortkästchen werden alle Wörter zu einem Thema (z. B. : „gehen“, „Zoo“, „Grusliges“, „Satzanfänge“..) gesammelt. Die Schüler füllen die Kästchen mit eigenen Worten und Worten aus dem Grundwortschatz.
6.2. Beispiele zu Schülertexten Vivian
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Besonders auffällig ist bei ihr der sich wiederholende Zeilenanfang („es kann…“). Sie
sollte sich also auf jeden Fall noch mal Punkt drei der Schreibkonferenz widmen.
Auch wäre es sinnvoll darüber nachzudenken, dass das Rätsel ja lösbar sein soll.
Orthographisch wäre das Gedicht ebenfalls zu überarbeiten.
Jannik
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Jannik verwendet verschiedene Ausdrücke und ihr Rätsel ist lösbar. Sie scheint auch
begriffen zu haben, dass eine Zeile eine Sinneinheit bildet. Hinsichtlich der
Rechtschreibung könnte er es noch einmal überarbeiten.
Ben und Sebastian
Die Elfchen von Ben und Sebastian haben einen persönlichen Charakter. Sie
drücken tatsächlich ihre Gefühle zu dem Tier aus. Aber sie sollten die gleichen
Zeilenanfänge bei drei und vier („es“) vermeiden.
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Mandisa
Bei Mandisa wird ersichtlich, wie schwer es dem Kind gefallen ist, das Elfchen-
Schema zu erfassen und die Zeilengrenzen einzuhalten. Eine Hilfestellung bot
hierbei die vorgegebenen Zeilenstriche pro Wort. Als ersten Schritt müsste sie
zusammen mit ihrem Schreibkonferenzpartner untersuchen, wo das Elfchenschema
durchbrochen ist und wie man die Vorgabe „Zeilen einhalten“ mit ihrem Rätsel lösen
könnte.
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7. Fazit Das Seminar war eine gute Gelegenheit vor Ort, in der Schule, Erfahrungen zu
sammeln und gleichzeitig in der Uni in Austausch zu treten.
Uns gefiel auch besonders die angenehme Atmosphäre im Seminar. Die Reflexionen
und Diskussionen zu den einzelnen Unterrichtsstunden direkt im Anschluss waren
sehr lehrreich. Es war sehr interessant, die verschiedensten Herangehensweisen von
allen Studenten zu ein und dem selbem Thema (Elfchen) kennen zu lernen. Wir
waren sehr angetan, von dem sprachlichen Vermögen der Schüler, die ja erst seit
kurzem die erste Klasse verlassen hatten. Uns ist zunehmend klar geworden was
„freies Schreiben“ eigentlich bedeutet. Der Eifer der Kinder hat uns dazu angespornt
im späteren Arbeitsleben von dem Wissen aus dem Seminar Gebrauch zu machen.
In einem längeren Entstehungsprozess mit Schreibkonferenzen können wir uns ein
gedrucktes Klassenbuch oder mehrere individuelle Schülerbücher (mit den besten,
übers Jahr gesammelten Texten/ Gedichten) als krönenden Abschluss eines Projekts
vorstellen.
8. Literatur Ingrid Böttcher (Hrsg.): Kreatives Schreiben. – Grundlagen und Methoden.
Beispiele für Fächer und Projekte. – Schreibecke und Dokumentation. Berlin 1999.
Gudrun Spitta: Schreibkonferenzen in Klasse 3 und 4. - Ein Weg vom
spontanen Schreiben zum bewussten Verfassen von Texten. Frankfurt am Main
1992.