Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde
St. Jakobus
Weißenstädter
Kirchenbote
Ostern 2020
Gott hat uns nicht gegeben einen Geist der Furcht,
sondern der Kraft und der Liebe und der
Besonnenheit.
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Liebe Leser,
was für Zeiten. Noch vor ein paar Wochen haben wir uns die jetzige
Situation in keiner Weise vorstellen können. Alle Veranstaltungen und
Gottesdienste unserer Kirchengemeinde, auch die Konfirmation, müssen
verschoben werden. Trauerfeiern können wegen staatlicher Vorgaben nur
im engsten Familienkreis im Freien auf dem Friedhof stattfinden.
Mit diesem außerordentlichen Gemeindebrief wollen wir Ihnen besonders
für Karfreitag und Ostern eine kleine geistliche Begleitung zukommen
lassen. Für beide Tage finden Sie jeweils eine Hausandacht zum Lesen
für Zuhause. An Karfreitag und am Ostersonntag richten wir in unserer
Kirche „Gottesdienste zum Mitnehmen“ ein. Es wird verschiedene
Stationen geben und Sie sind herzlich in unsere Kirche eingeladen. So
feiern wir Ostern dieses Jahr zwar anders und jeder für sich – und doch
gemeinsam.
Außerdem haben wir auch noch ein paar hilfreiche Gebete abgedruckt.
Unser Gesangbuch enthält darüber hinaus einen reichen Schatz an
Gebeten, z.B. für die Tageszeiten und für jeden Tag der Woche (unter den
Nummern 841-851). Auf Seite 3 gibt es außerdem für verschiedene
Altersgruppen einige hilfreiche Hinweise und Gebete.
Das gemeinsame Gebet können wir auch weiterhin praktizieren, z.B.
haben wir in Weißenstadt seit kurzem um 17 Uhr zusätzlich ein
ökumenisches Gebetsläuten. Die Glocken der katholischen Kirche und
die unserer beiden evangelischen Kirchen (Stadtkirche und Friedhofs-
kirche) rufen uns zu gemeinsamem Gebet.
Oft heißt in den jetzigen Tagen „in Zeiten von Corona“. Vergessen wir
dabei nicht, dass auch in diesen Zeiten die Zusage von Jesus, dem Herrn
der Zeiten, an seine Freunde gilt: „Mir ist gegeben alle Macht im
Himmel und auf Erden. Siehe ich bin bei euch alle Tage, bis an der
Welt Ende.“ Siehe, sagt Jesus, verlier es nicht aus dem Blick, auch in den
Zeiten von Corona. Es grüßen Sie herzlich
Ihre Pfarrerin Ihr Pfarrer
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Tipps und Ideen in Zeiten von Corona
Für die Kinder: www.kirche-mit-kindern.de
Hier gibt es verschiedene Angebote: Bibel-Gute Nacht Geschichten,
Abendandachten und digitalen Kindergottesdienst.
Für unsere jungen Leute: www.cvjm-bayern.de/online Hier gibt es immer eine aktuelle Wochenübersicht, mit Streaming-
Angeboten von verschiedenen CVJMs. Unter dem Hashtag
#CVJMZuhause sammelt der CVJM deutschlandweit Aktionen & Material.
Die gesammelten Posts gibt’s hier: www.cvjm.de/zuhause
Tägliche Morgenandacht des Landesbischofs: bayern-evangelisch.de
Gottesdienste im Rundfunk: Jeden Sonntag, 10:32 Uhr, Bayern 1: Evangelische und katholische
Morgenfeier.
Danach zum Nachhören in der in der Mediathek
(ww.br.de/mediathek/podcast/evangelischemorgenfeier/551) oder zum
Nachlesen
(https://www.br.de/radio/bayern1/sendungen/morgenfeiern/index.html)
Gottesdienste im Fernsehen : Jeden Sonntag um 9.30 Uhr, ZDF
Nächste Termine für evangelische Gottesdienste: 29.3. / 12.4. / 26.4.
Osternacht im BR Fernsehen: 11. April von 22.00-23.00 Uhr aus Bad
Reichenhall mit dem Münchner Regionalbischof Christian Kopp. Danach in
der BR-Mediathek verfügbar.
Für Einsame und Ältere Menschen: Karten schreiben an einsame
Menschen (nicht nur im Altenheim), für Seniorinnen und Senioren:
Telefon-Engel bieten Gespräche gegen die Einsamkeit. Telefon-Hotline:
089 189 100 26
Sonntagsblatt: Online-Lösungen in Corona-Krise: Das Sonntagsblatt zeigt alle Online-
Angebote evangelischer Kirchen in Bayern auf einen Blick:
https://www.sonntagsblatt.de/index.php/artikel/kirche/gottesdienste-online-
corona-kirche
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Seelsorge: Wir sind gerne für Sie da: Pfarrerin Keck (Tel. 276), Pfarrer
Grießbach (Tel. 334). Darüberhinaus die bayernweite Telefonseelsorge:
Tel. 08001110111.
Bummelhenkerhilfe hilft in der Not beim Einkaufen: Kontakt: Homepage der Stadt Weißenstadt oder per Handy:
Lilly Raithel: 0175 9866879 // Susanne Frank: 0151 67513273
Thomas Miksch: 0160 95408452 // Sabrina Schill: 0151 51074023
Philipp Charaoui: 0157 38733914 // Toni Neubert: 0151 7509168
Das "Eine-Minute-Wort"- ein ökumenisches Angebot der katholischen
und evangelischen Kirchengemeinde Marktleuthen:
Ein kurzer geistlicher Impuls zum Anhören. Telefon: 09285-9619553
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Hausandacht zum Karfreitag – Pfarrer Dirk Grießbach
Jesus sagt von sich: „Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er
sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer
Erlösung für viele.“ (Matthäus 20,28)
Ein Tag erinnert uns jedes Jahr ans Kreuz. Der Karfreitag. Das Kreuz ist
das Markenzeichen des christlichen Glaubens. Es steht auf hohen Gipfeln,
ist eingraviert auf Grabsteinen, hängt an Wohnungswänden und an
zierlichen Ketten als Schmuck. Das Kreuz auf unserer Stadtkirche überragt
alle Dächer unserer Stadt. Beinahe selbstverständlich begegnet es uns im
Alltag. Dabei ist das Kreuz alles andere als selbstverständlich. Was dort
vor 2000 Jahren passierte ist eine außergewöhnliche Maßnahme, die Gott
ergriffen hat. Er ließ es zu, dass an einem Kreuz auf einem Hügel namens
Golgatha, draußen vor der Stadt Jerusalem, sein Sohn wie ein Verbrecher
hingerichtet wurde.
War das notwendig? Hat das sein müssen? Ist das denkbar? Im Koran, der
heiligen Schrift der Muslime, heißt es in Sure 4 sinngemäß: „Sie
kreuzigten einen anderen.“ Jesus am Kreuz, das scheint undenkbar. Aber
gerade davon berichtet das Kreuz.
Eine außergewöhnliche Situation erfordert außergewöhnliche
Maßnahmen. Diesen Satz hörten wir in den vergangenen Tagen häufig.
Riesige Summen hat unser Staat in einem außerordentlichen Haushalt zur
Verfügung gestellt um den Bürgern unseres Landes in der Corona-Krise
zu helfen.
Bis vor kurzem hätten wir uns eine solche außerordentliche wirtschaft-
liche Maßnahme nicht vorstellen können, genauso wie Schließungen von
Schulen, Kindergärten, Gaststätten, das Aussetzen von Gottesdiensten und
die Ausgangsbeschränkungen. Noch vor fünf Wochen hatten wir kaum
eine Vorstellung davon, wie bedrohlich das Corona-Virus wirklich ist. Die
Aufforderung den Virus durch eine „Schluckimpfung“ beim Starkbierfest
zu ersäufen, klang damals noch lustig und kaum anstößig. Spätestens die
Bilder, die aus Italien uns erreichten haben uns aufgeschreckt.
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Das Kreuz schreckt auf. Da lässt der allmächtige Gott, der Schöpfer von
Himmel und Erde seinen Sohn entsetzlich leiden und sterben, an einem
Hinrichtungsinstrument für Schwerverbrecher. Wieso greift Gott zu einer
solchen außerordentlichen Maßnahme?
Die Antwort lautet: Weil eine außerordentliche Not dies erfordert. Die
Bibel spricht oft davon, dass wir Menschen Rettung brauchen. Erst an
Weihnachten haben wir wieder gesungen: Christ der Retter ist da. Sollten
wir Menschen uns in einer solch dramatischen Lage befinden, dass Gott
uns retten muss, indem Jesus sein Leben einsetzt für uns?
Das Corona-Virus ist unsichtbar und für viele auch nicht wirklich
gefährlich. Aber für einige ist es tödlich. Die Bibel erklärt uns: Es gibt
etwas zwischen Mensch und Gott, das ist auch nicht unbedingt sichtbar.
Oft ist es heimlich und verborgen. Aber es infiziert, verunreinigt, isoliert,
vergiftet, es bringt um, ähnlich wie das Corona-Virus. Eine Gemeinheit
vergiftet Gemeinschaft, eine Lüge zerstört Vertrauen, ein Betrug bringt
uns um den inneren Frieden. Die Bibel nennt diese zerstörerische Macht
„Sünde.“ Sie isoliert nicht nur Menschen voneinander. Sie erzeugt auch
eine tiefgreifende Trennung von Gott, die von diesem Leben bis in die
Ewigkeit reicht.
Manche lächeln darüber und denken: So ernst wird es doch nicht sein:
„Wir kommen alle, alle in den Himmel“ und manche fügen hinzu: „… weil
wir so brav sind.“ Nach dem Motto: So schlecht kann es um uns nun auch
wieder nicht stehen. Wir schaffen das schon, diesem Trennungsvirus eine
„Schluckimpfung“ zu verpassen, wie´s im Drama „Faust“ so schön heißt:
„Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen.“
Nein, entgegnet das Kreuz. Es geht nicht mit eigener Kraft. Unsere Not,
erfordert in Gottes Augen eine außerordentliche Maßnahme. Das Kreuz
lässt uns ahnen, wie groß die Gefahr ist, in der Gott uns sieht.
Vielleicht hilft uns die folgende Geschichte, das Geheimnis des Kreuzes
noch etwas mehr zu verstehen:
Der Vorfall ereignete sich vor Jahren im New Yorker Stadtteil Brooklyn.
In der amerikanischen Presse stand zu lesen: „85 Offiziere, 500 Mann, 31
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Bild aus:
Cornelia
Mack,
Feste feiern
im
Kirchen-
jahr,
Brunnen-
verlag
1993,
S.133
8
Pumpen, 10 Leiterkompanien und sämtliche Wassertürme aufgeboten.“
Anlass für dieses gewaltige Rettungsaufgebot war ein Hochhausbrand.
Oben auf dem Dach waren drei Männer eingeschlossen. Die Rückzugwege
vom Feuer abgeschnitten. Lebensgefahr. Die Feuerwehr musste das Letzte
wagen. Als man alle Leitern ausfährt, stellt man entsetzt fest: Auch die
längste Leiter ist zu kurz. Sie reicht nicht bis zum Dachrand. Da hakt sich
der Feuerwehrhauptmann oben auf der Leiter ein in die letzte Sprosse,
wirft sich mit dem Oberkörper nach vorne zum Dachrand und krallt sich
dort mit seinen Händen fest. Die drei verzweifelten Männer auf dem Dach
verstehen was der Feuerwehrmann mit dieser verrückten Maßnahme
bezwecken will. Sie klammen sich nacheinander an seinem Körper fest,
gleiten an ihm hinab bis zu den Sprossen der Drehleiter und gelangen alle
drei auf die sicheren Sprossen. Doch da ertönt von unten ein vielstimmiger
Schrei. Der Hauptmann fällt. Er konnte nicht mehr. Seine Kräfte waren am
Ende. Eine Schlagzeile lautete in jenen Tagen: „Die lebende Brücke eines
Feuerwehrhauptmanns.“ Sein Körper, sein Leib, die Hingabe seines
Lebens wurde zum rettenden Ausweg.
Was am Kreuz geschehen ist, hat die Wirkung einer Brücke. Es verbindet.
Menschen und Gott, können wieder zusammenkommen. Dafür setzte
Jesus sein Leben ein. Sein Leben als Erlösung, als Befreiung. Vergebung
ist möglich. Es kann wieder Frieden werden im Herzen. Gewissheit: Mein
himmlischer Vater hat mich lieb, schließt mich in die Arme und lässt mich
nicht.
Unsere Regierung lässt es sich derzeit viel kosten um möglichst viele Men-
schen zu retten. Die meisten willigen in diese Maßnahmen ein und setzen
sich nicht mehr leichtfertig darüber hinweg. Uns zu helfen, uns zu retten,
hat Jesus sich viel kosten lassen. Sein Leben. Mehr ging nicht. Einwilligen
in diese außergewöhnliche Maßnahme, das nennt die Bibel „Glauben“.
Wir können beten: Lieber Herr, Jesus Christus, was für ein unfassbar
kostspieliger Einsatz für uns. Danke, dass du dein Leben zur Erlösung
für uns gegeben hast. Es soll nicht umsonst gewesen sein. Erbarm dich
über uns. Wir hängen uns an dich. Ohne dich soll es nicht mehr gehen.
Deine Hand, die nicht lässt, die halte auch uns fest. AMEN
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Hausandacht zum Ostersonntag – Pfarrerin Lisa Keck
Liebe Gemeinde,
die Auferstehung hat im Verborgenen begonnen. In der Dunkelheit, als
die Jünger noch schliefen. Müde von den Aufregungen der letzten
Wochen, leer geweint. Die Auferstehung hat im Verborgenen schon
längst begonnen, als Maria Magdalena an ihrem Küchentisch im
Morgengrauen sitzt. Vielleicht mit einer Tasse Tee in der Hand
hinaussieht in das Dunkel und auf ein Morgen wartet. Auf neue
Hoffnung. Sie beschließt, das zu tun, was wir Menschen eben machen für
die, die wir lieben: Sie will nach dem Grab Jesu sehen. Weil sie ja sonst
nichts mehr für ihn tun kann.
Also macht sie sich auf den Weg.
„Am ersten Tag der Woche kommt Maria Magdalena früh, als es noch
finster war, zum Grab und sieht, dass der Stein vom Grab weggenommen
war. Da läuft sie und kommt zu Simon Petrus und zu dem andern Jünger,
den Jesus lieb hatte, und spricht zu ihnen: Sie haben den Herrn
weggenommen aus dem Grab, und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt
haben.
Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Als sie nun weinte,
beugte sie sich in das Grab hinein und sieht zwei Engel in weißen
Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo
der Leichnam Jesu gelegen hatte. Und die sprachen zu ihr: Frau, was
weinst du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen,
und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben. Und als sie das sagte,
wandte sie sich um und sieht Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus
ist. Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Sie meint,
es sei der Gärtner, und spricht zu ihm: Herr, hast du ihn weggetragen, so
sage mir: Wo hast du ihn hingelegt? Dann will ich ihn holen. Spricht
Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf
Hebräisch: Rabbuni!, das heißt: Meister! Spricht Jesus zu ihr: Rühre
mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber
hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater
und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott. Maria Magdalena
geht und verkündigt den Jüngern: »Ich habe den Herrn gesehen«, und
was er zu ihr gesagt habe.“ (Johannes 20, 1-2.11-18)
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Maria ist außer sich. Nach all den Demütigungen, die Jesus ertragen
musste, ist nun auch noch sein Leichnam verschwunden. Verzweifelt
steht sie vor dem leeren Grab und weint. Sie guckt noch mal hinein,
vielleicht hat sie sich ja doch getäuscht. Zwei Engel sieht sie da und die
wollen ihr Hoffnung machen. Aber Maria sieht nur das, was fehlt. Und
das ist Jesus. Sie bemerkt gar nicht, mit wem sie da redet. Wo ist Jesus?,
an nichts anderes kann sie denken. Sie dreht sich um und trifft – den
Gärtner. Natürlich könnte das jetzt ein Zufall sein. Maria ist auf einem
Friedhof und dort einen Gärtner zu treffen ist nichts Ungewöhnliches.
Aber beim Evangelisten Johannes geschieht nichts aus Zufall. Es ist ein
starkes Bild, das uns Johannes in dieser Gottesbegegnung zeigt. Gott als
Gärtner, das ist ein Rückbezug auf die Schöpfung, als Gott seinen Garten
Eden pflanzt. Gott als Gärtner haucht der Welt seinen Atem ein, bringt
alles zum Leben und Blühen. Gott als Gärtner am Ort des Todes, das ist
ein Signal für das Leben, für Hoffnung.
Aber Maria sieht ihn nicht. Sie sieht ihn nicht, bis er sie beim Namen
nennt. „Maria!“ sagt Jesus, der Gärtner. Da erkennt sie, wer er ist. Mitten
in all der Trauer ruft Jesus Maria beim Namen und haucht ihr neue
Hoffnung ein. Mit seiner Liebe holt er sie aus der Dunkelheit ins Licht.
Die Auferstehung hatte längst begonnen als alles noch verloren schien.
Die amerikanische Theologin Nadia Bolz-Weber ist lutherische Pastorin
in Texas. Ihr Weg zum Glauben war weit und steinig. Sie hat ein
wunderschönes Buch geschrieben mit dem Titel: „Ich finde Gott in den
Dingen, die mich wütend machen“. Darin erzählt sie von einer
Osterpredigt, die sie gehalten hat. Eine Osterpredigt über genau die Stelle
im Johannesevangelium, als Maria Jesus, dem Gärtner begegnet. Mich
hat ihre Auslegung tief berührt. Nadia Bolz-Weber schreibt in ihrem
Buch:
„‘Jesus sah an Ostern nicht sehr beeindruckend aus‘, sagte ich,
‚jedenfalls nicht im kirchlichen Sinne. Das merken wir schon daran, dass
Maria aus Magdala ihn für einen Gärtner hielt.‘ Ich schaute die zitternde
Menschenmenge an und fügte hinzu, vielleicht hätte Maria den
auferstandenen Christus deshalb für den Gärtner gehalten, weil Jesus
noch die Erde aus seinem eigenen Grab unter den Fingernägeln hatte.
Auf den Kirchenbildern des auferstandenen Christus ist natürlich nie
Dreck unter den Fingernägeln zu sehen. Dort sieht er eher aus wie ein
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Engel ohne Flügel als wie ein Gärtner. Es ist, als hätte man ihn für die
Ostergäste erst einmal herausputzen müssen, damit er mehr Eindruck
macht und niemand an der Wahrheit Anstoß nehmen muss. Doch das
führt am Ende nur dazu, dass wir uns eine verdrehte Vorstellung davon
machen, wie Auferstehung aussieht. Meine Erfahrung dagegen ist, dass
der Gott von Ostern ein Gott mit Dreck unter den Fingernägeln ist.
Auferstehung fühlt sich nie so an, als würde man hübsch sauber und
fromm herausgeputzt wie auf jenen Osterbildern. Ich wäre nie bereit
gewesen, für Gott zu arbeiten, wenn ich geglaubt hätte, Gott wäre daran
interessiert, mich nett oder hübsch oder auch nur gut zu machen. Schon
damals hatte ich unbewusst begriffen, dass es Gott nie darum ging, mich
schick herauszuputzen. Er wollte mich neu machen.
Neu sieht nicht immer perfekt aus. Neu ist oft chaotisch, wie die
Ostergeschichte selbst. Neu sieht aus wie Alkoholiker auf Entzug. Neu
sieht aus wie Versöhnung zwischen Familienmitgliedern, die es
eigentlich nicht verdienen. Neu sieht aus wie jedes Mal, wenn ich es
schaffe zuzugeben, dass ich mich irre, und jedes Mal, wenn ich es
schaffe, nicht zu erwähnen, dass ich recht habe. Neu sieht aus wie jeder
Neuanfang und jeder Akt der Vergebung und jeder Moment, indem wir
etwas loslassen, wovon wir glaubten, nicht ohne es leben zu können, und
dann doch irgendwie ohne es leben. Neu ist das, was wir nie kommen
sahen – was wir uns nicht einmal erhofft haben -, was sich aber dann
doch als genau das entpuppt, was wir schon immer brauchten.
‚Das passiert uns allen‘, schloss ich an jenem Ostermorgen. ‚Gott greift
immer wieder hinunter in den Dreck des Menschseins und lässt uns
auferstehen aus den Gräbern, die wir uns selbst durch unsere
Gewalttätigkeit, unsere Lügen, unsere Selbstsucht, unsere Arroganz und
unsere Süchte gegraben haben. Und immer wieder liebt Gott uns zurück
ins Leben.‘“ (Nadia Bolz-Weber, „Ich finde Gott in den Dingen, die mich wütend
machen“. Pastorin der Ausgestoßenen, Moers 2015, 218f.)
An diesem Ostern ist vieles anders als gewohnt. Wochen der
Unsicherheit, mit Ausgangsbeschränkungen liegen hinter uns und
wahrscheinlich auch vor uns. Eine ganz grundlegende Passions- und
Fastenzeit. Wir fasten Kontakt zueinander. Nicht um abzunehmen,
sondern um einander zu schützen.
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Dieses Ostern ist nicht herausgeputzt. Zu diesem Ostern passt Jesus, der
Gärtner, mit dem Dreck seines Grabes unter den Fingernägeln. Jesus,
dessen Auferstehung alles neu macht. Jeden Tag.
Der uns Leben und Hoffnung einhaucht, uns beim Namen ruft, wenn wir
ihn aus lauter Trauer und Angst gar nicht mehr sehen können, sondern
nur noch das, was fehlt.
Die Auferstehung hatte längst begonnen, als alles noch verloren schien.
In all dem Chaos, der Unsicherheit, der Furcht.
Immer wieder liebt Gott uns zurück ins Leben.
Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden.
Halleluja!
Gebet:
Du Gott des Lichts,
du hast die Dunkelheit unserer Welt durchbrochen an jenem
Ostermorgen.
Du hast einen neuen Anfang gemacht, als alle nur auf das Ende
blickten. Versteinertes hast du ins Rollen gebracht, Erstarrtes in
Bewegung. Schatten der Angst hast du weggewischt und die
Schöpfung wieder wie am ersten Tag geschmückt.
Lass dein Licht an diesem Ostermorgen auch unser Herz ergreifen
und unsere Welt erleuchten.
Schenke uns Mut das Unfassbare zu glauben, damit auch wir
dereinst auferstehen. Amen.
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Drei hilfreiche Gebete:
Ein bekannter Liedrefrain passend zum Gebetsläuten
Meine Zeit steht in deinen Händen,
nun kann ich ruhig sein, ruhig sein in dir,
Du gibst Geborgenheit, du kannst alles wenden.
Gib mich ein festes Herz, mach es fest in dir! Amen.
Morgengebet Dietrich Bonhoeffers aus dem Gefängnis
Gott, zu dir rufe ich in der Frühe des Tages. Hilf mir beten
und meine Gedanken sammeln zu dir; ich kann es nicht allein.
In mir ist es finster, aber bei dir ist das Licht;
ich bin einsam, aber du verlässt mich nicht;
ich bin kleinmütig, aber bei dir ist die Hilfe;
ich bin unruhig, aber bei dir ist der Friede;
in mir ist Bitterkeit, aber bei dir ist die Geduld;
ich verstehe, deine Wege nicht, aber du weißt den Weg für mich. Amen
Martin Luthers Abendsegen
Ich danke dir, mein himmlischer Vater, durch Jesus Christus, deinen
lieben Sohn, dass du mich diesen Tag gnädiglich behütet hast, und bitte
dich, du wollest mir vergeben alle meine Sünde, wo ich Unrecht getan
habe, und mich diese Nacht gnädiglich behüten. Denn ich befehle mich,
meinen Leib und Seele und alles in deine Hände. Dein heiliger Engel sei
mit mir, dass der böse Feind keine Macht an mir finde. Amen
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Gebet aus Anlass der Corona-Pandemie
Allmächtiger Gott, barmherziger Vater,
wir bringen Dir alle Erkrankten und bitten um Trost und Heilung.
Sei den Leidenden nahe, besonders den Sterbenden.
Bitte tröste jene, die jetzt trauern.
Schenke den Ärzten und Forschern Weisheit und Energie,
allen Krankenschwestern und Pflegern Kraft in dieser extremen
Belastung,
den Politikern und Mitarbeitern der Gesundheitsämter Besonnenheit.
Wir beten für alle, die in Panik sind. Alle, die von Angst überwältigt
sind.
Um Frieden inmitten des Sturms, um klare Sicht.
Wir beten für alle, die großen materiellen Schaden haben.
Wir bringen Dir alle, die in Quarantäne sein müssen, sich einsam fühlen,
niemanden umarmen können. Berühre Du Herzen mit Deinem Frieden.
Und ja, wir beten, dass diese Epidemie abschwillt,
dass die Zahlen zurückgehen, dass Normalität wieder einkehren kann.
Mach uns dankbar für so vieles, was wir ohne Krisenzeiten so schnell
übersehen. Lass uns bedenken,
dass das Leben ein Geschenk ist von dir,
dass wir irgendwann sterben werden und nicht alles kontrollieren
können,
dass im Leben so vieles unwichtig ist, was oft so laut daherkommt,
und vor allem: dass du uns durch Jesus, deinen lieben Sohn, den
Auferstandenen, Zukunft gibst, festen Halt und Hoffnung.
Wir vertrauen Dir.
Amen.
Jesus Christus spricht: „In der Welt habt ihr Angst,
aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ (Johannes 16,33)
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Impressum: Hrsg. Evang.-Luth. Kirchengemeinde Weißenstadt
Pfarrgäßchen 3, 95163 Weißenstadt
V.i.S.d.P.: Pfarrerin z.A. Lisa Keck
Internet: www.weissenstadt-evangelisch.de
Druck: Druckkultur Späthling, Ruppertsgrün - Auflage: 2.000 St.