Jahresbericht 2015ÜBERWACHUNG
LEBENSMITTEL · BEDARFSGEGENSTÄNDE · KOSMETIKA
TRINKWASSER · FUTTERMITTEL
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ÜBERWACHUNG
LEBENSMITTEL
BEDARFSGEGENSTÄNDE
KOSMETIKA
TRINKWASSER
FUTTERMITTEL
Jahresbericht 2015
◆
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in Baden-Württemberg wird der Verbraucherschutz bei
Lebensmitteln und verbrauchernahen Produkten wie
Kleidung, Kosmetik und Spielzeug großgeschrieben.
Deshalb hat die Landesregierung bereits seit 2010 die
Lebensmittelüberwachungsbehörden im Land laufend
personell verstärkt und 2015 mit dem neuen Landes-
kontrollteam Lebensmittelsicherheit (LKL BW) ein inter-
disziplinäres Team eingerichtet, um die zuständigen
Behörden in ihrer Arbeit durch weitere Expertinnen und
Experten zu unterstützen.
Unsere Lebensmittelüberwachungsbehörden überprüfen
risikoorientiert die gesamte Lebensmittelkette vom Feld
über den Stall bis auf den Teller. Sie überwachen dort
gezielt, wo sie Schwachstellen vermuten, und sie über-
prüfen die Wirksamkeit der betrieblichen Eigenkontrollen.
Die beachtliche Jahresbilanz bei der Überwachung von
Lebensmitteln, Trinkwasser, Futtermitteln und Lebens-
mittelkontaktmaterialien ebenso wie von Bedarfsgegen-
ständen, kosmetischen Mitteln und Tabakerzeugnissen
zeigt eindrucksvoll die große Bandbreite an Aufgaben im
Bereich des gesundheitlichen Verbraucherschutzes. Der
Jahresbericht der Lebensmittel- und Futtermittelüberwa-
chung trägt zur Transparenz in diesem wichtigen Bereich
bei. So informieren wir die Öffentlichkeit einmal im Jahr
umfassend über die Aktivitäten der Überwachung.
Die amtliche Lebensmittelüberwachung ist aktiver Ver-
braucherschutz mit langer Tradition. Die Landesregierung
wird die zuverlässige Arbeit der amtlichen Veterinär- und
Lebensmittelkontrolle auf allen Stufen der Lebensmittel-
herstellung noch weiter stärken und den begonnenen
Ausbau weiter fortsetzen. Darüber hinaus ist vorgesehen,
die bestehenden überregionalen Kontrollteams und Stabs-
stellen zu einer effektiven Einheit zusammenzuführen und
die Überwachung von Bedarfsgegenständen, kosmeti-
schen Mitteln und Tabakerzeugnissen in das für die Markt-
überwachung zuständige Vor-Ort-Regierungspräsidium
Tübingen einzugliedern. Wir stärken und bündeln also
unsere Ressourcen im gesundheitlichen Verbraucher-
schutz. So können wir die Herausforderungen der modernen
Lebensmittelwirtschaft – seien es globale Handelsströme
oder regionale Herkünfte – auch weiterhin gut bewältigen
und das hohe Verbraucherschutzniveau im Land gewähr-
leisten.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der amtlichen
Lebensmittel-, Trinkwasser- und Futtermittelüberwachung
in Baden-Württemberg haben auch im vergangenen Jahr
hervorragend zum Wohle aller Verbraucherinnen und
Verbraucher gearbeitet. Ich möchte mich an dieser Stelle
für ihr großes Engagement und ihre hervorragende Arbeit
bedanken.
Ihnen, liebe Verbraucherinnen und Verbraucher, wünsche
ich eine interessante und kurzweilige Lektüre des Jahres-
berichts 2015 „Überwachung von Lebensmitteln, Bedarfs-
gegenständen, Kosmetika, Trinkwasser und Futtermitteln“.
Peter Hauk MdL
Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz
Baden-Württemberg
Stuttgart, im Juli 2016
Liebe Verbraucherinnen und Verbraucher,
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LEBENSMITTEL-, TRINKWASSER,- FUTTERMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL I VORSPANN GRUSSWORT DES M IN ISTERS
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TE I L I VORSPANN
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15I Vorspann
Grußwort des Ministers 5
Inhaltsverzeichnis 6
Zusammenfassung: Highlights und Sorgenkinder 8
II Betriebskontrollen und Vollzug
Themenübersicht 13
Einleitung 14
Das LKL-BW – neue Wege bei der Kontrolle im Land 14
AkadVet – Garant für die Qualifikation des Personals
im Verbraucherschutz 15
Schwerpunkt FORUM Ernährung 17
Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB 18
Zahlen und Fakten 18
Schulungen und Beratungen 20
Schädlinge 23
Fehlende Sauberkeit 23
Zusammenarbeit von Behörden 28
Zusammenarbeit auch mit den Betrieben 29
Internethandel 31
Kennzeichnung 32
Verschiedenes 33
Erfreuliches 35
Kurioses 36
Wo steht was ?
I Vorspann 5
II Betriebskontrollen und Vollzug 13
III Untersuchungen 37
IV Trinkwasser 75
V Futtermittel 89
III Untersuchungen
Lebensmittel, Kosmetische Mittel, Bedarfsgegenstände und Tabakwaren
Themenübersicht 37
Untersuchungsergebnisse:
Übersicht in Zahlen 38
Achtung: Gesundheitsgefahr! 41
Krankmachenden Lebensmittelkeimen auf der Spur 42
Achtung: Gefahr beim Verschlucken 45
Tödliches Gartengemüse 46
Gefährliche Haarglätter 47
Strahlend weiße Zähne – nicht ungefährlich 48
Sagt das Etikett die Wahrheit? 48
Sagt das Etikett alles? 48
Fremdwasser in Geflügelfleisch? 49
Was ist die LMIV? 51
Nicht besonders super 52
Schlank und fit mit Pillen? 53
Auf Spurensuche … 54
Radioaktivität 54
Pflanzenschutzmittelrückstände und organische Kontaminanten 55
Tierarzneimittelrückstände 57
Gentechnik und Lebensmittel 58
Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten 59
Herstellungsbedingte Kontaminanten 62
Mykotoxine und Biotoxine 62
Was ist drin? 68
Allergene in Lebensmitteln 68
2015 – Kein gutes Jahr für Olivenöl-Freunde 69
Insekten – igitt oder lecker? 70
Wie kommt Bisphenol F in Senf? 71
Non-Food – auch ein Thema der Lebensmittelüberwachung 72
IV Trinkwasser
Themenübersicht 75
Trinkwasserüberwachung 76
Informationen rund ums Trinkwasser 76
Flüchtlingswelle 2015 – Auswirkungen auf die Trinkwasserüberwachung 77
Umsetzung der umfassenden Untersuchung für dezentrale kleine Wasserwerke 78
Radioaktivität im Trinkwasser 80
Trinkwasseruntersuchung 82
Mikrobiologische Untersuchungen 83
Chemische Untersuchungen 86
V Futtermittel
Themenübersicht 89
Futtermittelüberwachung 90
Übersicht 90
Cross-Compliance-Kontrollen Futtermittelsicherheit 91
Wenn es schnell gehen muss: RASFF 91
Untersuchungen auf unerwünschte Stoffe 93
Höchstgehaltsüberschreitungen von Pflanzenschutzmitteln 94
Dioxine und PCB 95
Futtermittelkontrollen als Hilfe zur Aufklärung von Belastungen in Lebensmitteln 97
Pharmakologisch wirksame Stoffe 97
Gentechnisch veränderte Futtermittel 99
Radiochemische Untersuchungen 100
Rätselhafte Todesfälle bei Weiderindern 100
Veränderungen in der Laborlandschaft in Baden-Württemberg – Eine Ära geht zu Ende 101
Zusammenfassung 102
INHALTSVERZE ICHN ISLEBENSMITTEL-, TRINKWASSER,- FUTTERMITTELÜBERWACHUNG BW
Glossar
Abkürzungsverzeichnis 103
Größenvergleich von Konzentrationsangaben 104
Impressum 107
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ZUSAMMENFASSUNG
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TEIL I VORSPANN
Zahlen aus der Futtermittelüberwachung
Die amtliche Futtermittelkontrolle erfolgt − analog der Lebens-
mittelüberwachung − risikoorientiert. Sie versteht sich als Kon-
trolle der betrieblichen Eigenkontrolle mit dem Ziel einer hohen
Futtermittelsicherheit.
Im Jahr 2015 wurden 1.265 Betriebe kontrolliert, in denen
Futtermittel hergestellt, gehandelt, eingeführt oder verfüt-
tert wurden; 39 Unternehmen (3,1 %) wurden mit Verfahren
belegt. Weiterhin wurden insgesamt 1.041 Futtermittelpro-
ben gezogen und vielfältig untersucht, zum Beispiel auf uner-
wünschte oder verbotene Stoffe, aber auch auf qualitätsbestim-
mende Inhaltsstoffe oder Zusatzstoffe. Von den untersuchten
Proben entsprachen 121 (11,6 %) nicht den Vorschriften.
Im Brennpunkt
Das LKL-BW – neue Wege bei der Kontrolle im Land
Auf Beschluss des Ministerrates wurde 2015 eine landesweit
tätige und interdisziplinär zusammengesetzte Kontrolleinheit
in Baden-Württemberg gegründet, das Landeskontrollteam
Lebensmittelsicherheit (LKL-BW). Bei der Aufklärung und
Bewältigung von Krisenfällen, bei schwierigen Kontrollen
und komplexen Fragestellungen soll es die Lebensmittel-
überwachungsbehörden unterstützen. Auch Kontrolltätig-
keiten an den Schnittstellen verschiedener Rechtsbereiche,
zum Beispiel Lebensmittel – Futtermittel sollen mithilfe des
LKL-BW besser vernetzt werden. Anfang Oktober 2015 hat
das Kontrollteam seine Arbeit aufgenommen, es wird im Lauf
des Jahres 2016 personell noch weiter aufgestockt. Erste
Projekte sind die Überprüfung des Hygienestatus und des
Eigenkontrollkonzepts in Großbäckereien sowie die Rückver-
folgbarkeit und Zuverlässigkeit der Auslobung von Lebens-
mitteln regionaler Herkunft aus Baden-Württemberg.
Infoveranstaltungen für Verantwortliche von Vereins- und Straßenfesten
Auf großes Interesse stießen Infoveranstaltungen, die für
Verantwortliche von Vereins- und Straßenfesten organisiert
Highlights und Sorgenkinder 2015
8
betrugen die Geld-
strafen, die im Rahmen von Strafverfah-
ren verhängt werden mussten.
und damit mehr als das
5-fache der zulässigen
Höchstmenge des krebs-
erregenden Schimmel-
pilzgiftes Aflatoxin B1 wurden in Proben von
zerkleinerten Haselnüssen festgestellt.
von insgesamt
17 Proben Haar-
glättungsmittel
mussten wegen erhöhter Gehalte an
freiem Formaldehyd als nicht sicher für
die menschliche Gesundheit beurteilt
werden.
der untersuchten
Olivenöle muss-
ten zum Beispiel
wegen schlechter Qualität beanstandet
werden.
Weine wurden
im Rahmen der
amtlichen Überwachung überprüft.
LEBENSMITTEL-, TRINKWASSER,- FUTTERMITTELÜBERWACHUNG BW
32 %
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Proben von
Lederbekleidung
wurden wegen
erhöhter Chrom-VI-Gehalte als
gesundheitsschädlich beurteilt.
Zahlen aus der Lebensmittelüberwachung
Ziel der amtlichen Lebensmittelüberwachung ist es, Verbrau-
cher vor gesundheitlichen Risiken durch Lebensmittel und
Gegenstände des täglichen Bedarfs und vor Täuschung zu
schützen. Die amtliche Überwachung ist die „Kontrolle der
Kontrolle“, das heißt, sie überwacht die Wirksamkeit der be-
trieblichen Eigenkontrollen. Dies erfolgt über risikoorientier-
te Betriebskontrollen und zielgerichtete Probenahmen mit
wechselnden Untersuchungsschwerpunkten.
Die Kontrollfrequenzen der amtlichen Lebensmittelüberwa-
chung in den einzelnen Betrieben leiten sich aus den jeweili-
gen Risikobeurteilungen ab. Vorbildlich geführte Betriebe, die
in der Risikobewertung niedrig eingestuft werden, müssen
seltener kontrolliert werden als solche, in denen Mängel fest-
gestellt wurden.
Aktuell sind in Baden-Württemberg 234.840 Betriebe regis-
triert. Im Jahr 2015 fanden insgesamt 118.678 Kontrollbe-
suche statt, bei denen 81.864 Betriebe ein- oder mehrmals
überprüft wurden. In 23.570 Betrieben, das heißt, bei 28,8 %
der kontrollierten Betriebe (Vorjahr: 27,9 %), wurden insge-
samt 42.175 Verstöße festgestellt.
Zur Ahndung der Verstöße wurden im Jahr 2015 insgesamt
425 Strafverfahren und 2.473 Ordnungswidrigkeitsverfahren
eingeleitet, die zu 1.710 Bußgeldbescheiden und zu 4.468
Verwarnungen mit oder ohne Verwarngeld führten.
1.021 Betriebe mussten aufgrund der dort herrschenden un-
hygienischen Umstände zum Schutz der Verbraucher sofort
geschlossen werden.
Die zielgerichtete Probenahme umfasste insgesamt 48.016
Proben, die chemisch, physikalisch und mikrobiologisch
untersucht sowie auf Kennzeichnungsmängel überprüft wur-
den. Das waren 41.626 Lebensmittel (16,8 % beanstan-
det), 2.042 kosmetische Mittel (13,4 % beanstandet), 2.302
Bedarfsgegenstände (21,6 % beanstandet), 343 Tabaker-
zeugnisse (12,0 % beanstandet) und 35 sonstige Produkte
(20,0 % beanstandet), die zum Beispiel wegen der möglichen
Gesundheitsgefahr durch Verwechselbarkeit mit Lebensmit-
teln überprüft wurden. Als gesundheitsschädlich beurteilt
wurden insgesamt 103 Proben von Lebensmitteln und kos-
metischen Mitteln beziehungsweise Bedarfsgegenständen,
dies entspricht einem Anteil von 0,21 % aller Proben. Gründe
für diese Beurteilung waren bei Lebensmitteln, ähnlich wie in
den Vorjahren, hauptsächlich pathogene Keime (z. B. Listeria
monocytogenes, Salmonellen, verotoxinbildende Escherichia
coli), mikrobiell verursachte toxische Eiweißabbauprodukte
(Histamin), scharfkantige Fremdkörper sowie Verunreinigun-
gen mit Säure, Lauge oder Lösungsmitteln. Bei den Kosmetika
wurden beispielsweise Anti-Cellulite-Cremes wegen hoher
Gehalte an Coffein sowie bei Bedarfsgegenständen Lederbe-
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w
Bis zu15.000 E
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1.668
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kleidung wegen Chrom (VI)-Gehalten als gesundheitsschädlich
beurteilt. Außerdem wurden 14.949 Proben im Rahmen des
Nationalen Rückstandskontrollplanes für Lebensmittel tieri-
scher Herkunft, bei dem unter anderem Fleisch, Milch, Eier
und Honig auf Rückstände unerwünschter Stoffe überprüft
werden, sowie 1.506 Proben auf Radioaktivität und 5.585
Proben im Rahmen der Trinkwasserüberwachung untersucht.
Bis zu 27 µg/kg
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ZUSAMMENFASSUNGTEIL I VORSPANN
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LEBENSMITTEL-, TRINKWASSER,- FUTTERMITTELÜBERWACHUNG BW
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wurden. Pressemeldungen und Medienberichte rund um
die seit Ende 2014 geltende Lebensmittelinformationsver-
ordnung hatten viele Gewerbetreibende, besonders aber
auch Verantwortliche von Vereins- und Straßenfesten, ver-
unsichert. Die größten Bedenken waren, ob es zukünftig
für einen Verein mit überwiegend lebensmittelrechtlichen
Laien überhaupt noch möglich sein würde, ein öffentliches
Vereinsfest, zum Beispiel einen Basar oder ein Straßenfest,
durchzuführen. Die Referenten erklärten, wie die Kenn-
zeichnungsverpflichtungen durch Laien ausreichend, aber
nicht zu kompliziert umgesetzt werden können. Selbstver-
ständlich wurden in den Veranstaltungen auch wichtige
Informationen zur Lebensmittelhygiene vermittelt.
Das gehört nicht in Lebensmittel
Fremdkörper in Lebensmitteln stellen ein erhebliches Si-
cherheitsproblem dar. Sie gelangen entweder durch die
Rohwaren oder beim Produktionsprozess in die Lebensmit-
tel. Ein großer Teil der Rückrufe von Lebensmitteln erfolgt
wegen enthaltener Fremdkörper; diese sind nicht nur ekel-
erregend, sondern meist auch geeignet, die Gesundheit der
Verbraucher zu schädigen. Die Suche nach der Herkunft
eines Fremdkörpers gestaltet sich meist schwierig und er-
fordert nicht selten detektivischen Spürsinn und technisch
aufwendige Nachuntersuchungen. Bei der Lebensmittel-
überwachung gehen regelmäßig Verbraucherbeschwer-
den ein, wenn in Lebensmitteln etwas gefunden wird, was
dort mutmaßlich nicht hineingehört. Fremdkörper aus Glas,
Metall, Kunststoff oder Holz, aber auch Knochenstücke und
Steine, die beim Verzehr aufgrund der Form und Größe zu
Verletzungen führen können, wurden von Verbraucherin-
nen und Verbrauchern in Lebensmitteln gefunden. Kurios
war der Fund einer „Kröte im Spinat“, über den auch in
einem kurzen Internetbeitrag berichtet wurde.
Tödliches Gartengemüse
Schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen traten bei
einem älteren Ehepaar mutmaßlich infolge des Verzehrs
eines Zucchinigerichts auf; eine Person ist sogar ver-
storben. Bei der Untersuchung der entsprechenden Ver-
dachtsprobe hat das CVUA Stuttgart erhebliche Gehalte
an giftigen Cucurbitacinen nachgewiesen, eine Gruppe
toxischer Stoffe, die von verschiedenen Kürbisgewächsen
natürlicherweise gebildet werden können. Cucurbitacine
verursachen einen stark bitteren Geschmack und können
Lebensmittelvergiftungen hervorrufen. In seltenen Fällen
wurden bereits Vergiftungen mit tödlichem Verlauf be-
schrieben. Das in der Probe festgestellte Muster an Cu-
curbitacinen sowie deren Gehalte waren typisch für bittere
Zucchini. Das BfR hat daraufhin diesen und weitere in
Bayern aufgetretene Fälle bewertet und empfiehlt, einen
ungewöhnlich bitteren Geschmack als Warnzeichen zu
deuten, dass derartige Zucchini nicht zum Verzehr ge-
eignet sind.
Strahlend weiße Zähne – nicht ungefährlich
Keine strahlende Bilanz ergab das Untersuchungspro-
gramm von Zahnbleichmitteln: Mehr als ein Drittel der
Proben waren zu beanstanden. Ein über das Internet er-
hältliches Produkt, welches mit einer stark wasserstoffper-
oxidhaltigen Gelschicht belegt war, musste sogar als nicht
sicher für die menschliche Gesundheit beurteilt werden.
Denn ohne ärztliche Betreuung besteht bei der Anwen-
dung ein erhöhtes gesundheitliches Risiko, besonders bei
Verletzungen des Zahnfleisches oder der Mundschleim-
häute, aber auch bei ständigem Genuss von Alkohol und
Tabak. Wasserstoffperoxid kann das durch Tabakkonsum
oder Alkoholmissbrauch erhöhte Risiko, Krebs im Mund-
raum zu entwickeln, weiter erhöhen. Auf der Verpackung
wurden dagegen Raucher und Weintrinker besonders
angesprochen beziehungsweise die Anwendung speziell
bei dieser Personengruppe empfohlen. Gerade hier sollte
doch besondere Vorsicht für die Anwendung gelten.
Das „Super Food“ Moringa – nicht besonders super
Moringa liegt zusammen mit anderem angeblichem „Super-
food“ voll im Trend. Die getrockneten, pulverisierten Blätter
des Moringabaumes sollen über das morgendliche Müsli
gestreut oder als sogenannter „Smoothie“ zubereitet wer-
den. Das Fazit der Untersuchungen von Moringa-Blatt-
pulver-Präparaten war ernüchternd: Salmonellen waren
nachweisbar und Pestizid-Höchstgehalte wurden häufig
überschritten. Zudem wies die Kennzeichnung der Produk-
te, zum Beispiel wegen irreführender Angaben, fast durch-
weg Mängel auf.
Schimmelpilzgifte – zerkleinerte Haselnüsse verstärkt betroffen
Möglicherweise auf Engpässe auf dem Weltmarkt zurück-
zuführen sind deutlich erhöhte Belastungen mit Aflatoxi-
nen, vor allem bei zerkleinerten Haselnüssen. Aflatoxine,
besonders Aflatoxin B1, gelten als stark krebserregend. Bei
Proben von „zerkleinerten“ Haselnüssen (geröstet, gehackt,
gemahlen) waren im Jahr 2015 die Belastungshäufigkeit,
die mittlere Belastung sowie die Zahl an Höchstmengen-
überschreitungen deutlich höher als im Jahr 2014.
Bei ganzen Haselnüssen war die Belastung durch Aflato-
xine vergleichsweise gering. Die Resultate der Proben von
„zerkleinerten“ Haselnussprodukten bestätigen die langjäh-
rige Erfahrung, dass diese Produkte häufiger belastet sind
als „ganze“ Haselnüsse. Die Daten deuten darauf hin, dass
für die Herstellung der zerkleinerten Ware Rohstoffe ein-
gesetzt werden, die qualitativ weniger hochwertig sind als
ganze Früchte.
Pyrrolizidinalkaloide in Kräutertee – weiter Handlungsbedarf
Pyrrolizidinalkaloide in Kräutertees stellen weiterhin ein
ernstzunehmendes Problem dar. Dies zeigen die Ergeb-
nisse der Untersuchungen aus 2015. Alle festgestellten
Gehalte liegen zwar weit unter der Schwelle für akute Ge-
sundheitsbeschwerden oder gar Vergiftungen. Allerdings
wurde beispielsweise die maximal empfohlene Tageszu-
fuhr für Kinder durch eine Tasse bei 43 % der untersuchten
Kräutertees überschritten, darunter unter anderen Kamil-
len-, Melissen- und Pfefferminztees.
Nachdem im Jahr 2013 das Problem bekannt wurde, hat die
Lebensmittelwirtschaft bereits große Anstrengungen unter-
nommen, Gehalte dieser natürlichen Pflanzeninhaltsstoffe mit
gesundheitsschädigendem Potenzial in Kräutertees zu mini-
mieren. Da jedoch weiterhin Handlungsbedarf besteht, hat die
Lebensmittelüberwachung jetzt eine Vorgehensweise abge-
stimmt und die Lebensmittelwirtschaft darüber informiert.
Holpriger Start: Allergenkennzeich-nung in Restaurants und Kantinen
Kontrollen in Betrieben der Gemeinschaftsverpflegung, wie
Restaurants, Kantinen und Imbissen sollten zeigen, ob die
neuen Kennzeichnungsregelungen bei offen, das heißt un-
verpackt abgegebenen Lebensmitteln korrekt umgesetzt
worden sind. In einem umfangreichen Untersuchungspro-
gramm wurden die angebotenen Gerichte beprobt und auf
allergene Bestandteile untersucht. Anschließend wurde mit
der Allergenkennzeichnung verglichen, die die Kontrolleure
im Betrieb angetroffen haben. Die Ergebnisse zeigten, dass
häufig noch Verbesserungsbedarf besteht: Bei 40 % der
untersuchten Proben war die Allergenkennzeichnung noch
nicht oder nicht korrekt vorgenommen worden.
Auch über Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung hinaus
wurden noch zum Jahresende 2015 Betriebe angetroffen,
denen die Verpflichtung zur Kennzeichnung nicht bekannt
war, darunter auch Handwerks- und Einzelhandelsbetriebe.
Bakterien in neuen Wasserzählern
Aus Norddeutschland wurde im Jahr 2014 bekannt, dass
Wasserzähler verschiedener Hersteller mit dem Bakterium
Pseudomonas aeruginosa belastet sein können. Beispiels-
weise konnte dort ein Kindergarten wegen des Nachwei-
ses des Keims nicht planmäßig in Betrieb genommen
werden. P. aeruginosa wird immer wieder als Ursache von
Infektionen in medizinischen Einrichtungen, insbesonde-
re Krankenhäusern, aber auch in Pflegeheimen, genannt.
Kontaminiert wurden die Zähler entweder beim Kalibrieren
durch Fachfirmen oder durch falsche Lagerung. Als Konse-
quenz überprüfte die Trinkwasserüberwachung in Baden-
Württemberg sensible Einrichtungen wie Krankenhäuser
und Altenpflegeeinrichtungen. Erfreulicherweise waren nur
wenige Trinkwasserinstallationen von einer Verkeimung
betroffen. Auch hatten Wasserversorger und Hersteller
jeweils schnell reagiert und entsprechende Maßnahmen
ergriffen. Die Untersuchungen werden in sensiblen Ein-
richtungen weitergeführt.
Vorbeugender Verbraucherschutz: Untersuchungen auf Chlorat und Chrom-VI im Trinkwasser
Mit ebenfalls umfangreichen Untersuchungen wurden
neue Erkenntnisse zu möglicherweise problematischen
Stoffen in Trinkwasser gewonnen: Über das Vorkommen
von Rückständen an Chlorat hat die baden-württember-
gische Überwachung 2014 erstmals berichtet. Chlorat
kann über chlorhaltige Reinigungs- und Desinfektionsmit-
tel in das Trinkwasser gelangen. Mit der nun vorliegenden
toxikologischen Sicherheitsbewertung der Europäischen
Behörde für Lebensmittelsicherheit ist eine Bewertung der
Befunde möglich. In den meisten Trinkwasserproben liegt
der Gehalt an Chlorat unterhalb der tolerierbaren täglichen
Aufnahmemenge, allerdings gibt es in Einzelfällen doch
deutliche Überschreitungen. Die Untersuchungen haben
gezeigt, dass es geeignete Minimierungsmöglichkeiten
durch den Wasserversorger gibt.
Anders ist die Situation bei Chrom-VI, das aufgrund einer
toxikologischen Neubewertung als krebserregend einge-
stuft wurde: Die Untersuchungen zeigten, dass der jetzt
durch das Umweltbundesamt vorgeschlagene Leitwert
in knapp 30 % der Trinkwasserversorgungsgebiete über-
schritten wurde. Eine Reduzierung des sehr wahrschein-
lich geogen bedingten Vorkommens von Chrom-VI unter
den vorgeschlagenen Leitwert ist entweder technisch
aufwendig und/oder kaum wirtschaftlich betreibbar. Aller-
dings weist das Umweltbundesamt zum Verständnis des
vorgeschlagenen Leitwertes explizit darauf hin, dass von
13
aufgeregte Botschaft: „Sie kommet doch net heut oder
morga? Bei uns isch nämlich grad der Boiler verreckt ond
mir hend koi Zeit für da Kundadienscht. Sie kommet doch
bestimmt net glei, oder?“
Kirchenasyl?
Anfang August wurde eine Kontrolle beim Kirchenfest in ei-
ner Kreisgemeinde durchgeführt. Bei seiner Ankunft, so be-
richtete der Lebensmittelkontrolleur humorvoll, flüchteten
alle an der Ausgabe von Lebensmitteln beteiligten Perso-
nen in die Kirche. Der Lebensmittelkontrolleur musste ge-
raume Zeit warten. Die Flucht war insofern begründet, als
er keine Handwaschgelegenheit vorfand. Das einzige, was
zur Verfügung stand, war Weihwasser. Dem Mangel wurde
umgehend abgeholfen und so konnte die Feier beginnen.
„Meisterbäcker?“
Fast ein Jahr lang führte ein Bäcker einen Betrieb mit 2
Filialen. Er war weder im Besitz eines Gesellenbriefes noch
hatte er die Meisterprüfung abgelegt. Am Schaufenster
prangte unter seinem Namen jedoch das Wort „Meister-
bäckerei“. Mehrere Kontrollen förderten in allen Betriebstei-
len heillose Unordnung, gravierende Hygienemängel und
verdorbene Lebensmittel zutage. Im Backbetrieb, der illegal
in einem normalen Wohnhaus eingerichtet worden war,
herrschten inakzeptable bauliche Mängel und ebenfalls
gravierende Hygienemängel vor. Bei der Untersuchung von
Laugenbrezeln, die direkt auf defekten Aluminiumblechen
gebacken worden waren, wurden laut Gutachten so hohe
Aluminiumgehalte festgestellt, dass ein Kind die tolerierba-
re wöchentliche Aufnahmemenge an Aluminium beim Ver-
zehr von nur einer Brezel ausgeschöpft hätte. Die Behörde
hat den Betrieb geschlossen und ein Strafverfahren einge-
leitet. Allerdings sind der „Meisterbäcker“ und sein Sohn
mittlerweile unbekannt verzogen.
Hans-Ulrich Waiblinger, CVUA Freiburg
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Betriebskontrollen und Vollzug der Lebensmittelüberwachung 13
Themenübersicht 13Einleitung 14Das LKL-BW – neue Wege bei der Kontrolle im Land 14AkadVet – Garant für die Qualifikation des Personals im Verbraucherschutz 15Schwerpunkt FORUM Ernährung 17
Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB 18
Zahlen und Fakten 18Schulungen und Beratungen 20Schädlinge 23Fehlende Sauberkeit 23Zusammenarbeit von Behörden 28Zusammenarbeit auch mit den Betrieben 29Internethandel 31Kennzeichnung 32Verschiedenes 33Erfreuliches 35Kurioses 36
TEIL I VORSPANN
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LEBENSMITTEL-, TRINKWASSER,- FUTTERMITTELÜBERWACHUNG BW
Teil II Betriebskontrollenund Vollzug
12
◆
wissenschaftlicher Seite derzeit kein „wahres" Risiko und
daher auch kein „wahrer" Grenzwert für Chrom-VI ermittelt
werden kann. Die Untersuchungen werden im Jahr 2016
fortgesetzt, um ein möglichst vollständiges Bild über die
Belastungssituation des Trinkwassers in Baden-Württem-
berg durch Chrom-VI zu erhalten.
Veränderungen in der Laborlandschaft in Baden-Württemberg – Eine Ära geht zu Ende
Die Landesanstalt für Landwirtschaftliche Chemie der
Universität Hohenheim (LA Chemie) hat viele Jahrzehnte
Aufgaben der amtlichen Futtermitteluntersuchung wahrge-
nommen. Die Uni Hohenheim hat jetzt beschlossen, ihre
Analytik neu auszurichten und zu bündeln. Dabei spielt die
LA Chemie eine maßgebliche Rolle. Bestehende Aufgaben
im Bereich der amtlichen Futtermitteluntersuchung kann
die LA Chemie nach der Neuausrichtung daher nicht mehr
wahrnehmen. Die Landesaufgaben hat mit Beginn des Jah-
res 2016 das LTZ Augustenberg übernommen. Die damit
verbundene weitgehende Konzentration der Futtermittelun-
tersuchungen an einer Stelle soll zu einer verbesserten Ko-
ordinierung und auch wirtschaftlicheren Probenbearbeitung
beitragen. Die Regierungspräsidien und das MLR bedanken
sich für die langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit mit
der LA Chemie. Als Brücke zwischen Wissenschaft, Ver-
waltung und landwirtschaftlicher Praxis stand sie dem Land
als wertvoller Berater sowohl bei analytischen als auch bei
wissenschaftlichen Fragen, in nationalen und internationa-
len Gremien und bei der Beurteilung von Gesetzesvorhaben
zur Verfügung. Immer wieder war sie auch gefragt bei der
Aufklärung von Schadensfällen.
Kurioses und Unappetitliches
Kontrolle abbestellt
Die Lebensmittelkontrolle hat einen Lebensmittelbetrieb
„wegen extremer Sparsamkeit“ in der Risikoanalyse „hoch“
eingestuft. Dieser musste deshalb bis auf Weiteres viertel-
jährlich mit Kontrollen rechnen. Hauptursache waren Hy-
gienemängel im Betrieb und defekte Geräte. So war die
einzige, uralte Spülmaschine seit Monaten praktisch funk-
tionsunfähig, der Boiler zur Warmwasserbereitung für die
Personaltoiletten ging in regelmäßigen Abständen kaputt,
ebenso der Ablauf des Kondenswassers im Kühlraum –
meist ausgerechnet kurz vor einer Kontrolle. Im Februar
2015 war dem Betreiber klar, dass die nächste Kontrolle
unmittelbar bevorstehen müsste. Deshalb wurde mehrfach
versucht, den zuständigen Lebensmittelkontrolleur auf sei-
nem Privathandy zu kontaktieren und auch im Dienst zu
erreichen. Als dies endlich gelungen war, erreichte ihn die
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TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG EINLEITUNG
AK ADVET
Betriebskontrollen und Vollzug der Lebensmittelüberwachung
Die Veterinärämter der Stadt- und Landkreise – je nach Behörde auch Veterinär- und Verbraucherschutzamt
oder Amt für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung genannt – überwachen, ob die Betriebe in Baden-
Württemberg die lebensmittelrechtlichen Bestimmungen einhalten. Die Lebensmittelkontrolleurinnen und -kon-
trolleure führen selbstständig, teilweise mit Unterstützung der Amtstierärztinnen und -ärzte regelmäßige Kontrol-
len durch und entnehmen Proben. Sie treffen die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, um die Sicherheit
der Lebensmittel zu gewährleisten, Verstöße zu beseitigen, ihnen vorzubeugen und Verbraucherinnen und Verbraucher
vor Gesundheitsgefahren zu schützen. Deren Schutz vor gesundheitlichen Gefahren hat höchste Priorität. Da-
neben ist auch die Verhinderung von Irreführung und Täuschung sehr wichtig. Bei Bedarf sind Sachverständige
der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter und häufig auch Personal der Kreisgesundheitsämter an den
Betriebskontrollen beteiligt.
Vom Lebensmittel liefernden Tier im Stall oder der Pflanze auf dem Feld über die Produktion bis zum verzehrfertigen Produkt
auf dem Teller der Verbraucher unterliegt die gesamte Lebensmittelkette der Überwachung. Die Lebensmittelkontrolle
überprüft alle Lebensmittelunternehmen risikoorientiert vom Produzenten über Transporteure und Zwischenhändler bis
zum Vertreiber. Kontrolliert werden zum Beispiel Landwirte, Metzgereien, Molkereien, Spediteure, Lebensmittelkonzerne,
Gaststätten, Großküchen, wie Kantinen oder Krankenhäuser und weitere Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung,
wie Altenheime, Kindertagesstätten oder „Tagespflegeeinrichtungen in anderen geeigneten Räumen“ sowie Anbieter auf
Wochenmärkten, Volks- und Straßenfesten. Die Lebensmittelkontrolle überwacht auch Betriebe, die kosmetische Mittel,
Bedarfsgegenstände oder Tabakerzeugnisse in den Verkehr bringen.
Manche Lebensmittelunternehmer sind deutschland-, europa- oder weltweit tätig. Auch die Lebensmittelkrisen der
letzten Jahre hatten immer eine überregionale Dimension. Dies stellt eine ganz besondere Herausforderung dar für eine
Behörde, deren Zuständigkeit an der Kreisgrenze endet. Deshalb hat der Ministerrat am 20. Februar 2015 beschlossen,
eine landesweit tätige und interdisziplinär zusammengesetzte Kontrolleinheit in Baden-Württemberg zu gründen. Das
Landeskontrollteam Lebensmittelsicherheit (LKL-BW) wurde damit ins Leben gerufen.
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Das LKL-BW – neue Wege bei der Kontrolle im Land
Das LKL-BW mit Sitz am Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung (LGL) in Stuttgart hat zum 1. Oktober
2015 seine Arbeit aufgenommen. Das Team unter der Leitung von Dr. Wolfram Martens besteht derzeit neben dem
Sekretariat aus einer Chemikerin, einem Lebensmittelchemiker, einer Lebensmitteltechnologin, einer Agrarbiologin,
einer Juristin und zwei Lebensmittelkontrolleuren. Es wird im Lauf des Jahres 2016 personell noch weiter aufgestockt.
Die Hauptaufgabengebiete sind:n Unterstützung bei der Aufklärung und Bewältigung von Krisen- und größeren Fällen von Irreführungen
bei Lebensmitteln und Futtermitteln, auch in der Rolle einer schnellen Eingreiftruppe
n Unterstützung der zuständigen Behörden mit einem interdisziplinären Expertenteam, insbesondere bei
schwierigeren Kontrollen und komplexeren Fragestellungen
n Vernetzung der Kontrolltätigkeiten, vor allem an den Schnittstellen verschiedener Rechtsbereiche, zum
Beispiel Lebensmittel – Futtermittel
n Durchführung besonderer Kontrollen zusammen mit der zuständigen Behörde, zum Beispiel bei
schwerwiegenden Vorkommnissen im Zusammenhang mit Lebensmitteln
n Zusammen mit der zuständigen Behörde vertiefte Überprüfungen großer, überregional tätiger Betriebe
und komplexer Systeme
Das LKL-BW bearbeitet inzwischen die beiden Einstiegsprojekte „Überprüfung des Hygienestatus und des
Eigenkontrollkonzepts in Großbäckereien“ sowie „Rückverfolgbarkeit und Zuverlässigkeit der Auslobung von
Lebensmitteln regionaler Herkunft aus Baden-Württemberg“.
Prof. Dr. Wolfram Martens, LKL-BW
Häufig war das Kontrollpersonal der Lebensmittelüberwachungsbehörden auch im Berichtsjahr zu ungewöhnlichen
Tageszeiten unterwegs, um Betriebe zu überprüfen,
n bei denen die Produktion bereits nachts beginnt, wie in Bäckereien oder Metzgereien,
n die erst spät abends öffnen, wie Diskotheken oder Nachtlokale oder
n die nur sonn- und feiertags ihre Waren anbieten, wie bestimmte Gaststätten oder Weihnachtsmärkte, ebenso
Vereins- und Straßenfeste.
Die Behörden planen die Betriebskontrollen und Probenahmen auf Basis risikoorientierter Überwachungsstrategien, wel-
che die betriebsspezifischen und die produktspezifischen Besonderheiten berücksichtigen. Daher nimmt die Lebensmittel-
überwachung häufigere Routinekontrollen vor und erhebt Planproben insbesondere dort, wo betriebsbedingte Risiken
bestehen und empfindliche Produkte hergestellt und angeboten werden. Wenn einzelne Betriebe bei Kontrollen mit er-
heblichen oder wiederholten Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Bestimmungen auffallen, erhalten diese Betriebe
individuell eine höhere Risikoeinstufung und werden nachfolgend häufiger als bislang kontrolliert.
Die Überwachungstätigkeiten folgen den Vorgaben des landesweiten Qualitätsmanagementsystems. Dabei hat jede
Behörde ihr eigenes QM-Team, das noch zusätzlich individuelle, auf das jeweilige Amt zugeschnittene Vorgaben erstellt.
Verschiedenste Verfahrens- und Arbeitsanweisungen sorgen für eine einheitliche Durchführung und Dokumentation und
gewährleisten eine jederzeit nachvollziehbare und transparente Überwachung.
Die Aus- und Fortbildung des Kontrollpersonals findet in Baden-Württemberg zentral in der Landesakademie für Veterinär-
und Lebensmittelwesen (AkadVet) in Stuttgart statt. Ergänzt wird das Fortbildungsprogramm der AkadVet beispielsweise
durch Fachvorträge bei Dienstbesprechungen oder bei der ämterübergreifenden Fortbildung der CVUAs.
Lebensmittelkontrolleure (LMK)Im Februar 2015 gab es den Startschuss für einen neuen zweijährigen LMK-Ausbildungslehrgang mit 25 Teilneh-
merinnen und Teilnehmern an der AkadVet. Ende 2015 konnte darüber hinaus der Jahrgang 2014/15 mit 13 erfolg-
reichen hiesigen und 2 auswärtigen Absolventinnen und Absolventen verabschiedet werden. Die frischgebackenen
Lebensmittelkontrolleurinnen und -kontrolleure erhielten am 11. Dezember im Rahmen einer feierlichen Verabschie-
dung mit Fortbildungsteil ihre Urkunden von Minister Alexander Bonde.
Im Berichtsjahr schlossen an der AkadVet 15 Lebensmittelkontrolleurinnen
und -kontrolleure, 18 amtliche Fachassistentinnen und Fachassistenten und
40 Amtstierärztinnen und Amtstierärzte ihre Aus- beziehungsweise Weiterbil-
dung ab. Premiere hatte der erste theoretische Ausbildungslehrgang für das
in Baden-Württemberg neue Berufsbild des Veterinärhygienekontrolleurs. Au-
ßerdem profitierten mehr als 1.300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer von dem
Fortbildungsangebot der AkadVet. Informationen über Aufgaben und aktuelle
Kurse an der AkadVet stehen auf deren Internetseite:
www.akadvet.baden-wuerttemberg.de.
AkadVetGarant für die Qualifikation des Personals im Verbraucherschutz
Die erfolgreichen Absolventinnen und Absolventen des LMK-Lehrgangs 2014/2015
Einleitung
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TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG AK ADVET
Amtstierärzte (ATA)Mit 42 Veterinärinnen und Veterinären,
davon 6 externen aus Rheinland-Pfalz und
Hessen sowie aus den Reihen der Bundes-
wehr, begann bereits Mitte Januar 2015
ein neuer Lehrgang für den tierärztlichen
Staatsdienst. Die Weiterbildung von Tier-
ärzten zu ATA hat in Baden-Württemberg
eine lange Tradition: Es war der 35. Lehr-
gang seit der Gründung Baden-Württem-
bergs im Jahr 1952, wobei die beiden
ersten Lehrgänge 1953 und 1954 noch
in den Landesteilen getrennt nach „badi-
schem“ und „württembergischem“ Recht
durchgeführt wurden. An der AkadVet fand
der „Staatskurs“ 2015 bereits zum fünften
Mal statt. Am 30. Oktober war es dann so
weit: 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer
konnten den ATA-Lehrgang erfolgreich ab-
schließen und erhielten von Jürgen Maier, Leiter der Abteilung 3 – Verbraucherschutz und Ernährung – des MLR,
ihre Zeugnisse. Zurück in den Heimatämtern gilt es nun, die neu erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten in die Praxis
umzusetzen.
Amtliche Fachassistenten (aFA) und Veterinärhygienekontrolleure (VetHK)Schon im Juni begann die Theorieausbildung für die amtlichen Fachassistentinnen und -assistenten, die früher als
Fleischkontrolleure bezeichnet wurden. Zeitgleich startete – ein Novum in der baden-württembergischen Landesver-
waltung – die Ausbildung von Veterinärhygienekontrolleurinnen und -kontrolleuren. Diese neue Berufsgruppe soll die
Amtstierärzte bei ihren täglichen Routineaufgaben in den Veterinärämtern unterstützen und entlasten. Da thematisch
verwandt, begannen 4 baden-württembergische und 4 externe VetHK-Azubis gemeinsam mit dem aFA-Seminar I.
Das Seminar II wird dann für die beiden Berufsgruppen getrennt durchgeführt. Die aFA schlossen die Theorie mit
diesem Seminar noch im Jahr 2015 ab. Die VetHK werden nach einer praktischen Ausbildung in den Veterinärämtern
erst 2016 mit dem Seminar II ihre theoretischen Kenntnisse weiter vertiefen.
FortbildungenAuch im Jahr 2015 bot die AkadVet ein umfangreiches und vielfältiges Fortbildungsprogramm für die unterschied-
lichen Berufsgruppen des Kontrollpersonals im Veterinärwesen und der Lebensmittelüberwachung an. Insgesamt
besuchten 1.363 Teilnehmer 32 verschiedene Fortbildungen an 51 Terminen. Neben dem Fachwissen braucht das
Kontrollpersonal zunehmend weitere Kompetenzen, die nicht unbedingt Teil der Berufsausbildung sind. Die AkadVet
hat deshalb im Berichtsjahr zusätzlich wichtige Themen wie Konfliktmanagement, Deeskalation oder Ethik in den
Stundenplan mit aufgenommen.
Dieses Pensum kann die Geschäftsstelle der AkadVet mit ihren derzeit 3,3 Personalstellen nicht alleine bewältigen. Sie
wird in ihren Aufgaben von einer Vielzahl von Dozentinnen und Dozenten sowie Prüferinnen und Prüfern unterstützt.
Außerdem werden in verschiedenen Gremien von Fachleuten aus allen Ebenen der Verwaltung die Inhalte der Aus-,
Fort- und Weiterbildungen erarbeitet, festgelegt und ständig an die Bedürfnisse aus der Kontrollpraxis angepasst.
Diesen Kolleginnen und Kollegen, die die Lehrgänge und Fortbildungen an der AkadVet durch ihren Einsatz erst
ermöglichen, gilt unser herzlicher und spezieller Dank. Sie gewährleisten durch ihr Engagement eine hochwertige
Qualifikation des Kontrollpersonals und stärken somit dauerhaft die Qualität im Verbraucherschutz und Veterinärwe-
sen in Baden-Württemberg.
Urkundenübergabe von Abteilungsleiter Jürgen Maier an die 3 lehrgangs-besten Teilnehmerinnen des Lehrgangs für den tierärztlichen Staatsdienst 2015 – von rechts nach links: Kerstin Rutenbeck, Jürgen Maier, Dr. Ulrike Fischer, Dr. Katharina Englert
Dr. Manuela Franz, AkadVet
Besonders erfreulich ist es, wenn die Überwachung von Betrieben zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit der Behörden mit
den Unternehmen führt, mit der zum Teil wesentliche Verbesserungen der Lebensmittelhygiene erreicht werden können.
Von dieser Entwicklung profitieren alle. Die Lebensmittelunternehmer, weil ihr Renommee und die Qualität der Produkte
gesteigert werden. die Verbraucher, weil sie mehr sichere, appetitliche Lebensmittel kaufen können und nicht zuletzt auch
die Kontrolleure, die gute Betriebe seltener überprüfen müssen, weil diese in der Risikoeinstufung sinken. Auch solche
neudeutsch „Best practice“ genannten Beispiele beschreibt dieser Bericht.
Ein kleinerer Teil der Aufgaben hat beratenden Charakter – beispielsweise im Bereich der Einrichtungen zur
Gemeinschaftsverpflegung.
Schwerpunkt FORUM Ernährung
FORUM Ernährung – 10 Jahre beim Veterinäramt und Verbraucherschutz – Ein Rückblick
Im Rhein-Neckar-Kreis arbeiten das dem Veterinäramt angegliederte FORUM Ernährung für Kindertages-
stätten (Kitas) und Tagespflegepersonen, die die Tagespflege in anderen geeigneten Räumen anbieten, und
das Jugendamt eng zusammen. Regelmäßig führt das FORUM Ernährung für diese Zielgruppe Schulungen
zur Lebensmittelhygiene durch.
Was hat die Ernährungsbildung mit dem Veterinäramt oder der Lebensmittelüberwachung zu tun? Diese
Frage, die sich unsere Teilnehmer und Teilnehmerinnen von Veranstaltungen oft stellen, stellte sich uns vor der
Verwaltungsreform auch. Wo sind die Schnittstellen? Wo ergeben sich Ansätze zur Zusammenarbeit? Nach anfäng-
lichem „Beschnuppern“ zeigte sich recht schnell, dass die Themen Lebensmittelsicherheit, Lebensmittelproduktion
und Lebensmittelhygiene eine Verbindung darstellen, die auch für unsere Klientel – pädagogische Fachkräfte
und hauswirtschaftliche Kräfte – gewinnbringend sein kann. Sind wir doch mit den Informationen zu recht-
lichen Vorgaben und aktuellen Änderungen immer am Ball und können diese zum Beispiel direkt über unser
Fachberaternetzwerk der Kitas den Einrichtungen beziehungsweise Trägern oder Küchenkräften zukommen lassen.
Durch den persönlichen Kontakt der Kolleginnen und Kollegen der Lebensmittelüberwachung bei Kontrollen der
Kita-Küchen ergibt sich zudem die Möglichkeit, im Gespräch auf unsere ernährungsbildenden Angebote der
Landesinitiative BeKi – bewusste Kinderernährung aufmerksam zu machen und dadurch unterstützend und nicht
nur kontrollierend zu wirken. So können hilfreiche Informationen für den Kita-Alltag direkt weitergetragen, die
Wahrnehmung gesteigert und die Angebote genutzt werden.
Auch bei Verpflegungsfragen allgemein, der Schulverpflegung, des Lernortes Bauernhof, der Tagespflege-
personen und anderen gilt: In allen Bereichen sind Fragen der Hygiene im Umgang mit Lebensmitteln
relevant. Durch das FORUM Ernährung
kann die Lebensmittelkontrolle wichtige
Informationen direkt an die Multiplikatoren
weitergeben. Das Veterinäramt unterstreicht
mit seiner Beteiligung die Fachlichkeit und
macht die Verbindung auch nach außen deut-
lich, was letztlich auch einen Imagegewinn
und eine positive Außendarstellung mit sich
bringt. So hat sich die Verbindung über die
Jahre bestätigt; man könnte es auch als klas-
sische Win-win-Situation bezeichnen.
Auch bei der BeKi-Zertifizierung hat sich
die Einbindung des FORUM Ernährung
ins Veterinäramt bewährt, da auf kurzem
Weg die Registrierung der Einrichtung als
Lebensmittelunternehmen überprüft bezie-
hungsweise in die Wege geleitet werden kann.
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TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG Z AHLEN UND FAK TEN
Zahlen und Fakten
Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB
Zahl der landwirt- Hersteller Großhändler Einzel- Dienst- handwerkliche insgesamt schaftliche und und händler leistungs- Hersteller und Erzeuger Abpacker Transporteure betriebe Direktvermarkter
Betriebe 65.165 3.438 3.990 52.187 93.435 16.625 234.840
kontrollierten Betriebe 2.627 1.625 1.352 23.897 46.161 6.202 81.864
Kontrollbesuche 3.748 5.030 2.401 36.115 61.267 10.117 118.678
Betriebe mit Verstößen 271 472 212 5.711 14.761 2.143 23.570
Anzahl der Betriebskontrollen (gemäß § 2 Nr. 1.1 AVV-DÜb)
landwirt- Hersteller Großhändler Einzel- Dienst- handwerkliche insgesamt schaftliche und und händler leistungs- Hersteller und Erzeuger Abpacker Transporteure betriebe Direktvermarkter (Urproduktion) Hygiene
(HACCP, Ausbildung) 54 209 73 1.872 5.386 881 8.475
Hygiene allgemein 230 415 167 4.738 13.019 1.982 20.551
Zusammensetzung
(nicht mikrobiologisch) 3 23 7 44 180 31 288
Kennzeichnung und
Aufmachung 55 131 40 2.735 8.173 961 12.095
Andere Verstöße 13 29 16 191 427 90 766
Art der festgestellten Verstöße bei Betriebskontrollen (gemäß § 2 Nr. 1.1 AVV-DÜb)
Zahl der Verstöße gegen
Die Kontrollfrequenz der amtlichen Lebensmittelüberwa-
chung in den einzelnen Betrieben leitet sich von der je-
weiligen Risikobeurteilung ab. Aktuell sind in Baden-Würt-
temberg 234.840 Betriebe (Vorjahr: 232.805) registriert,
65.165 davon (Vorjahr: 65.076) sind landwirtschaftliche
Betriebe. Im Jahr 2015 fanden insgesamt 118.678 Kon-
trollbesuche (Vorjahr: 111.933) statt, bei denen 81.864
Betriebe (Vorjahr: 77.689) ein- oder mehrmals überprüft
wurden. In 23.570 Betrieben (Vorjahr: 21.685), das heißt
bei 28,8 % der kontrollierten Betriebe (Vorjahr: 27,9 %),
wurden insgesamt 42.175 Verstöße (Vorjahr: 35.910)
festgestellt. In den Grafiken ist die Entwicklung der Be-
triebskontrollen in den letzten 6 Jahren dargestellt.
Art der Verstöße
Hygiene (HACCP, Ausbildung)
Hygiene allgemein
Zusammensetzung (nicht mikrobiologisch)
Kennzeichnung und Aufmachung
andere Verstöße
2 %
20 %
1 %
49 %
29 %
Betriebskontrollen – Übersicht 1 (2010-2015)
250.000
200.000
150.000
100.000
50.000
0
2010 2011 2012 2013 2014 2015
n Zahl der registrierten Betriebe
davon:
n ohne Verstöße
n mit Verstößen
226.763 232.374 232.857 230.902 232.805 234.840
120.000
100.000
80.000
60.000
40.000
20.000
0
n Zahl der kontrollierten Betriebe
n Zahl der Kontrollbesuche
n Zahl der Verstöße 2010 2011 2012 2013 2014 2015
Betriebskontrollen – Übersicht 2 (2010-2015)
61.9
69
94
.03
72
6.1
99
72
.015 10
7.6
763
2.7
06
68
.40
9 98
.44
03
0.0
98
72
.59
0 100
.521
37.
88
4
15.725 19.852 18.135 19.961 21.685 23.570
46.244 52.163 50.274 52.629 56.004 58.294
77.
68
9 111.
93
33
5.9
10
81.
86
4 118
.67
842
.17
5
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TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG Z AHLEN UND FAK TEN
SCHULUNGEN UND BERATUNGEN
Bei Kontrollen werden Beanstandungen häufig durch den
Betreiber sofort oder nach mündlicher Anordnung abge-
stellt. Wenn dies nicht der Fall ist, sorgen die verantwort-
lichen Lebensmittelüberwachungsbehörden mit ihren
verwaltungsrechtlichen Mitteln in Form von schriftlichen,
kostenpflichtigen Anordnungen oder anderen Maßnahmen
– im Berichtsjahr in 32.142 (Vorjahr: 28.422) Fällen – dafür,
dass rechtskonforme Zustände wieder hergestellt werden. In
4.468 Fällen wurden Verwarnungen mit oder ohne Verwarn-
geld (Vorjahr: 4.392) ausgesprochen.
Zahl und Ausgang der Ordnungswidrigkeits- und Straf-
verfahren – soweit bei den unteren Lebensmittelüber-
wachungsbehörden bekannt und im Berichtsjahr abge-
schlossen – ergaben sich aus den oben genannten Tätigkei-
ten im Jahr 2015 insgesamt wie folgt:
2.473 Ordnungswidrigkeitsverfahren (Vorjahr: 2.411)
wurden eingeleitet, die zu 1.710 Bußgeldbescheiden
(Vorjahr: 1.550) mit Bußgeldern bis zu 7.000 Euro (Vor-
jahr: 5.000 Euro) führten. Bei Verdacht des Vorliegens
einer Straftat wird der Vorgang an die zuständige Staats-
anwaltschaft weitergeleitet. In 425 Fällen wurden die
Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet (Vorjahr: 426),
87 Verfahren (Vorjahr: 93) wurden im Berichtsjahr abge-
schlossen mit Geldstrafen bis zu 15.000 Euro (Vorjahr:
9.000 Euro).
1.021 (Vorjahr: 1.027) Betriebe mussten aufgrund der dort
herrschenden unhygienischen Umstände zum Schutz der
Verbraucher sofort geschlossen werden.
Die nachfolgenden Fallbeispiele geben einen Einblick in
die breite Palette der Tagesarbeit der baden-württember-
gischen Lebensmittel- und Fleischhygieneüberwachung.
Einige Themen dieses Kapitels werden zusätzlich in
Kapitel III behandelt; dort wird aus der Perspektive der
Untersuchungseinrichtungen berichtet. Im vorliegenden
Kapitel werden die Fälle aus dem Blickwinkel der zustän-
digen Lebensmittelüberwachungsbehörden dargestellt,
überwiegend vom Entstehen bis zu ihrem Abschluss mit
der jeweiligen Sanktionierung. Daran wird deutlich, dass
die Lebensmittelkontrolle auf 2 Säulen basiert: der Kont-
rolle vor Ort mit Betriebsbesuchen und Probenahme und
der Probenuntersuchung. Beide Säulen stehen nicht isoliert
nebeneinander, sondern sind durch die Zusammenarbeit
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Lebens-
mittelüberwachungsbehörden vor Ort und in den Unter-
suchungsämtern eng miteinander verbunden.
Bei den im Folgenden dargestellten Beispielen handelt es
sich um besonders interessante oder anschauliche, teilwei-
se aber auch kuriose oder sehr drastische Einzelfälle aus
dem Überwachungsalltag sowie um Themen, die im ver-
gangenen Jahr die eine oder andere Behörde des Landes
besonders beschäftigten. Sie sind daher nicht repräsentativ
für die jeweilige Branche und erlauben keine Rückschlüsse
auf die Lebensmittelunternehmen in Baden-Württemberg
insgesamt.
Schulungen und Beratungen
Kita und Co.
Die Zahl an Kindertages- und Kindertagespflegeein-
richtungen und damit einhergehend deren lebensmit-
telhygienische Überwachung hat in den vergangenen
Jahren stark zugenommen. Während die Kindertages-
stätten (einschließlich der Kindergärten) schon seit ei-
nigen Jahren zum Zielpublikum der Fortbildungen über
Lebensmittelhygiene gehören, kamen die Tagespflege-
personen neu dazu.
Das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis hat daher im Jahr
2015 die seit 2012 für Tageseltern angebotenen Schu-
lungen zum Erwerb der Fachkenntnisse nach § 4 LMHV
durchgeführt. Dieses Angebot richtete sich an Tageseltern,
die die Betreuung in anderen geeigneten Räumen anbie-
ten – und nicht an diejenigen, die dies in ihren privaten
Räumen tun. Die Lebensmittelkontrolle arbeitet dazu eng
mit dem Jugendamt zusammen, um die Zielgruppe zu er-
reichen. Bisher waren die Tagespflegeeinrichtungen nicht
registrierpflichtig. Für diejenigen, die die Tagespflege in
den eigenen privaten Räumen anbieten, ist dies nach wie
vor nicht erforderlich. Dagegen müssen sich inzwischen
die Tagespflegepersonen in anderen geeigneten Räumen
bei der Lebensmitteüberwachungsbehörde registrieren.
Sie unterscheiden sich in dieser Hinsicht nicht von den
registrierten Kindertagesstätten; lediglich die Zahl der be-
treuten Kinder dürfte in den meisten Fällen bei der Tages-
pflege deutlich kleiner sein.
Probleme bestehen bei dieser Zielgruppe darin, dass sich
die Tagespflegepersonen an ihren Status als Lebensmit-
telunternehmer erst gewöhnen müssen. Entsprechend
viele Unsicherheiten und zum Teil auch Vorbehalte waren
noch vorhanden. Dabei ging und geht es nicht so sehr um
bauliche Belange – diese werden meistens verstanden –,
sondern um die Abläufe im Alltag. Vor allem die Abgren-
zung zu den Eltern und deren Vorstellungen fällt dabei oft
schwer. Dies ist verständlich, da die Tagespflege in den
privaten Räumen der Tageseltern bis vor Kurzem nicht der
Lebensmittelkontrolle unterlag. Es handelt sich damit um
eine neue Situation für die Tageseltern, nun plötzlich eben-
falls als Lebensmittelunternehmer behandelt zu werden.
Entsprechend war bei den Schulungsveranstaltungen zu-
mindest anfänglich etwas Unmut zu spüren. Dieser legte
sich jedoch im Laufe der Veranstaltungen, nachdem die
Teilnehmer merkten, dass sie nicht mit theoretischem Wis-
sen überhäuft wurden. Stattdessen konnten sie selbst an
der Veranstaltung mitwirken und erhielten konkrete Infor-
mationen und Handlungsempfehlungen, die ihnen im All-
tagsleben mit den ihnen anvertrauten Kindern von Nutzen
sein werden. Empfehlungen zum richtigen und sicheren
Erhitzen und Abkühlen von Speisen waren dabei ebenso
vorhanden wie Tipps zur Reinigung und gegebenenfalls
erforderlichen Desinfektion.
Informationsangebote der Lebensmittelüberwachung Tübingen
Eine zentrale Aufgabe der Lebensmittelüberwachung des
Landratsamtes Tübingen ist, Verstöße gegen das Lebens-
mittelrecht aufzudecken und eine rasche Mängelbesei-
tigung zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher zu
veranlassen. Hilfreich ist darüber hinaus allerdings auch,
bereits im Vorfeld zu informieren und zu beraten, sodass
die verantwortlichen Lebensmittelunternehmer ihren Sorg-
faltspflichten genügen können und Mängel gar nicht erst
entstehen.
Zum Beispiel sehen sich Lehrkräfte, Erzieherinnen und Er-
zieher sowie Eltern plötzlich in die neue Rolle von Lebens-
mittelunternehmern versetzt, da in den Einrichtungen nun
auch eine Gemeinschaftsverpflegung für die Kinder ange-
boten wird. Auch Ehrenamtliche, die auf Vereinsfesten mit-
wirken, haben häufig einen Informationsbedarf bezüglich
der lebensmittelrechtlichen Anforderungen, die von Ihnen
einzuhalten sind.
Für alle Personen, die nicht hauptberuflich den Umgang
mit Lebensmitteln erlernt haben, sind Weiterbildungs-
maßnahmen in diesem Bereich daher wichtig. So hat die
Tübinger Lebensmittelüberwachung im Jahr 2015 in Kin-
dergärten und auf Vereinsfesten verschiedene Vorträge
zur Lebensmittelhygiene gehalten, in denen über die wich-
tigsten gesetzlichen Vorschriften aufgeklärt wurde. Dabei
stellten die Referenten auch gute und schlechte Beispiele
aus der Praxis vor. Anschließend diskutierten sie mit der
Zuhörerschaft Einzelfragen und zeigten Lösungen für indi-
viduelle Probleme auf.
Das Landratsamt Tübingen (www.kreis-tuebingen.de)
hat ebenso wie die anderen unteren Lebensmittelüberwa-
chungsbehörden der Stadt- und Landkreise auf der eige-
nen Internetseite Merkblätter und Leitfäden zu verschie-
denen Themenbereichen rund um lebensmittelrechtliche
Anforderungen eingestellt, die dort auch heruntergeladen
werden können.
Infoveranstaltungen für Verantwort- liche von Vereins- und Straßenfesten
Seit Dezember 2014 gelten die Vorschriften der Le-
bensmittelinformationsverordnung (Verordnung (EU) Nr.
1169/2011). Die vielen Pressemeldungen und Medienbe-
richte haben Gewerbetreibende, insbesondere Verantwort-
liche von Vereins- und Straßenfesten, verunsichert. Die
größten Bedenken waren, ob es zukünftig für einen Verein
mit überwiegend lebensmittelrechtlichen Laien überhaupt
noch möglich sein würde, ein öffentliches Vereinsfest, zum
Beispiel einen Basar oder ein Straßenfest, durchzuführen.
Die Betroffenen traten mit diesen Bedenken an die Lebens-
mittelüberwachung heran.
Das Landratsamt Rems-Murr-Kreis hat im späten Frühjahr
2015 eine Informationsveranstaltung für Verantwortliche
von Vereins- und Straßenfesten in Backnang organisiert.
Die Teilnehmenden wurden über sämtliche Belange des
Lebensmittelhygienerechts informiert, wobei das Haupt-
augenmerk auf der neu in Kraft getretenen Lebensmittel-
informationsverordnung lag. Die Referenten erklärten, wie
die Kennzeichnungspflicht durch Laien ausreichend, aber
nicht zu kompliziert umgesetzt werden kann. Diese Veran-
staltung haben trotz sonnig-schönem Wetter über 50 Per-
sonen besucht. Das Interesse war groß, es wurden viele
Fragen gestellt und angeregt diskutiert.
Angespornt durch die vielen Nachfragen und die große Re-
sonanz im Nachgang fiel rasch die Entscheidung, solche
Infoveranstaltungen auch in den anderen großen Kreisstäd-
ten des Landkreises anzubieten. Im Laufe des Jahres 2015
fanden 5 weitere Veranstaltungen statt.
Planung und Bau einer Kindergartenküche
Eine Kindergartenleiterin nahm Kontakt mit der Lebens-
mittelkontrolle auf, um sich bei der Planung einer Küche
beraten zu lassen. Die Kindergartenküche sollte als Vertei-
lerküche und zum pädagogischen Kochen genutzt werden.
Hieraus ergaben sich besondere Anforderungen. Die Bau-
planung war gut vorbereitet und so konnten die konkreten
Vorstellungen gemeinsam problemlos umgesetzt werden.
Die Küchenzeile wurde in einer U-Form so geplant, dass
Bereits im Jahr 2014 war die Lebensmittelüberwachung im
Rems-Murr-Kreis von den im Kreis ansässigen Tageseltern-
vereinen kontaktiert worden. Hintergrund war der Umgang
mit der Leitlinie für eine gute Lebensmittelhygienepraxis in
der Kindertagespflege des Bundesverbands für Kinderta-
gespflege e.V. Die 5 Tageselternvereine im Rems-Murr-
Kreis vertreten rund 500 Tagespflegepersonen. Sie haben
2014 und 2015 insgesamt 9 Informationsveranstaltungen
organisiert, an denen Vertreter der Lebensmittelüberwa-
chung unter anderem den Inhalt der Leitlinie für eine gute
Lebensmittelhygienepraxis praxisnah vermittelt haben.
An einer der ersten Veranstaltungen haben Vertreter des
Fachdienstes Kindertagesbetreuung des Jugendamtes teil-
genommen und sich informiert.
Die Informationsveranstaltungen zielten auf Tagespflege-
personen ab, die Kinder im eigenen Haushalt betreuen.
Schnell wurde klar, dass insbesondere auch Beratungs-
bedarf bei Tiger-Einrichtungen (Tagespflege in anderen
geeigneten Räumen) besteht. Hierzu steht ein Lebens-
mittelkontrolleur für den gesamten Rems-Murr-Kreis zur
Verfügung, der bezirksübergreifend auch vor Ort berät. So
können lebensmittelhygienische Fragen schon vor der Ein-
richtung der Tiger geklärt werden.
Auch andere Vor-Ort-Behörden haben Schulungen und
Beratungen für Betreiber von Einrichtungen zur Gemein-
schaftsverpflegung, aber auch andere, wie Vereins- und
Straßenfeste, als wichtiges Element des vorbeugenden
Verbraucherschutzes durchgeführt.
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TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG
Schädlinge
Zu einer guten Hygiene gehört auch eine effektive Schädlingsbekämpfung – im günstigsten Fall bleiben die Tierchen ein-
fach draußen. Hier ein Beispiel, bei dem die Schädlingsbekämpfung offenbar nicht klappte:
Das betreffende Restaurant führte die Schädlingsbekämpfung in Eigenregie durch. Offensichtlich war dies nicht besonders
effektiv, denn die Mäuse haben die selbst aufgestellten Fallen ignoriert. Im Anschluss an die Kontrolle hat der Betrieb einen
professionellen Schädlingsbekämpfer beauftragt.
SCHULUNGEN UND BERATUNGEN
SCHÄDLINGE · FEHLENDE SAUBERKEIT
die Kinder nicht unmittelbar in den Hygienebereich gelangen, sondern von einem Podest aus alle wichtigen Kücheneinrich-
tungen bedienen können, während die Küchenleiterin vom Hygienebereich aus mitwirkt. Die Küche ist bereits seit einiger
Zeit in Betrieb und hat sich bewährt. Die lebensmittelrechtlichen Vorgaben wurden so gut umgesetzt, dass dieses Konzept
weiterhin überzeugen kann.
Regelmäßig fragen Bauherren, Architekten und Küchenplaner bei der Lebensmittelüberwachung nach, unter welchen
Voraussetzungen Bauprojekte verwirklicht werden können. Das Landratsamt bietet eine beratende Mitwirkung schon bei
der Bauplanung solcher Einrichtungen gerne an und zeigt die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf. Hierdurch können
Probleme und möglicherweise teure bauliche Nachbesserungen bereits im Vorfeld vermieden werden.
Neben den Beratungen spielen natürlich auch die Kontrollen der Einrichtungen eine große Rolle. Da die Betreiber von Kin-
dertagesstätten, aber auch die von Pflege-, Alten- und Seniorenheimen eine große Verantwortung tragen, muss auf diese
Einrichtungen ein besonderes Augenmerk gerichtet werden. Ein Beispiel findet sich im nächsten Beitrag.
Jahresziel Kontrolle von Pflege-, Alten- und Seniorenheimen
Die Lebensmittelüberwachung hat 2015 im Rems-Murr-Kreis die Pflege-, Alten- und Seniorenheime insbesondere in
Hinblick auf Erfüllung der betrieblichen Eigenkontrollen und HACCP kontrolliert. Insgesamt waren dies 77 Einrichtungen.
Im ersten Schritt hat das Amt die vorhandenen Daten (Einrichtungen, Adressen, Träger) abgeglichen und hierzu Kontakt
mit der Heimaufsicht im Rems-Murr-Kreis aufgenommen. Es gab auch einen gemeinsamen Besprechungstermin der
Lebensmittelüberwachung mit der Heimaufsicht, in dem die jeweiligen Kontrolltätigkeiten dargestellt wurden.
Der nächste Schritt war die Erstellung einer Kontrollcheckliste und Schulung der Lebensmittelkontrolleure durch den
Projektleiter.
Die eigentlichen Kontrollen fanden im dritten Schritt statt. Hauptaugenmerk war die Kontrolle der Eigenkontrolle. Es
wurde geprüft, welche Vorgaben die Einrichtungen für die Eigenkontrollen haben, ob diese ausreichend sind, ob sie
auch durchgeführt werden und wie mit Abweichungen umgegangen wird.
Das Ergebnis fiel positiv aus. Die meisten Heime arbeiten nach einem individuellen HACCP-Konzept und nur ein geringer
Anteil nach einer vorgefertigten Leitlinie. Nur in wenigen Einrichtungen wurden Abweichungen zwischen Eigenkontroll-
konzept und täglicher Arbeit festgestellt. Die Eigenkontrollen sind in der Regel fester Bestandteil der täglichen Arbeit
und werden auch entsprechend dokumentiert.
Gaststätten
Dreck sogar am WaschbeckenDie Betriebskontrolle in einer Speisegaststätte ergab zahl-
reiche Mängel in der Betriebs-, Produktions- und Lebens-
mittelhygiene. Besonders fiel der Zustand des Wasch-
beckens auf: die Handtuchrolle war verunreinigt, der
Aufrollmechanismus defekt, die Silikonfugen waren ver-
schimmelt und es fehlte die Flüssigseife. Eine regelmäßige
und gründliche Händereinigung ist jedoch für eine gute
Betriebshygiene von zentraler Bedeutung!
Fehlende SauberkeitAuch im Jahre 2015 blieben die Fälle nicht aus, bei denen man nichts anderes feststellen konnte als: „Es ist ein-
fach dreckig!“. Wie immer muss dazu aber angemerkt werden, dass dies Einzelfälle, Ausnahmen und nicht die
Regel sind – die überwiegende Anzahl der Betriebe arbeitet sauber, die Mehrzahl der gefundenen Mängel ist nicht
so gravierend. Gerade deshalb aber sind die folgenden Beispiele so interessant, weil sie eben nicht alltäglich und
gewöhnlich sind.
Viele Bedarfsgegenstände waren altverschmutzt, die Klin-
gen dieses Gemüsehobels zeigten Schimmelanhaftungen.
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In einigen Ecken hatte sich Schmutz angesammelt, viele
Fugen waren schwarz verunreinigt und altes Fett tropfte
von der Dunstabzugshaube. Insgesamt hatte dieser Be-
trieb die Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten erheb-
lich vernachlässigt.
Der Lebensmittelkontrolleur ordnete mündlich eine soforti-
ge Grundreinigung an. Die Bußgeldbehörde leitete gegen
den Betriebsinhaber ein Ordnungswidrigkeitenverfahren
ein. Bei der Nachkontrolle waren die Mängel beseitigt.
Vereiste Kühlung 1Ein Lebensmittelkontrolleur hat einer anderen Gaststätte
zahlreiche überlagerte Lebensmittel gefunden, von denen
einige augenscheinlich bereits verdorben waren. Die Kühl-
schränke wurden vom Betreiber nur aufgefüllt, aber an-
scheinend weder zwischengereinigt noch abgetaut.
Derartige Eisbildungen bekommt auch ein Lebensmittel-
kontrolleur nicht alle Tage zu sehen. Es war fast nicht mög-
lich, die eingefrorenen Lebensmittel zu entnehmen.
In einzelnen Behältnissen hatte sich ein regelrechter
Schimmelrasen ausgebreitet. Der Betreiber entsorgte un-
ter Aufsicht des Lebensmittelkontrolleurs alle Lebensmittel,
die offenkundig verdorben waren.
Im Betrieb wurden noch weitere Hygienemängel fest-
gestellt. Noch vor Ort wurde mündlich eine sofortige
Grundreinigung angeordnet, zeitnah nachkontrolliert – und
außerdem gegen den Betriebsinhaber ein Bußgeldverfah-
ren eingeleitet.
Vereiste Kühlung 2In einer Selbstbedienungstheke eines Restaurants wurde
Schweinemett angeboten, das während der Kontrolle eine
Temperatur von +15 °C aufwies. Die hohe Temperatur re-
sultierte unter anderem daraus, dass der Kühlthekeneinsatz
zu weit oben angebracht worden war. Der Lebensmittel-
unternehmer wollte dadurch die Lebensmittel besser prä-
sentieren, bedachte aber nicht, dass sich dadurch die Kälte
nicht in der Umgebung der Lebensmittel halten konnte. Bei
der weiteren Überprüfung entdeckte der Kontrolleur außer-
dem eine starke Vereisung der Abtropfwanne, die überdies
dazu führte, dass die Kälte sich nicht mehr verteilen konnte.
Unbelehrbare müssen Lehrgeld zahlenMissstände schleichen sich in einer Gastwirtschaft immer
wieder ein. Ein Gastwirt erhielt ein Bußgeld von 1.000
Euro, da außer erheblich verschmutzten Betriebsräumen
und Geräten auch verdorbenes Fleisch und verdorbener
Fisch vorgefunden wurden.
Die Lebensmittelkontrolleure haben bei einer Routinekon-
trolle hygienische Mängel festgestellt. Unter anderem war
der Mikrowellenherd verschmutzt, Lebensmittel waren
nicht abgedeckt und Wandflächen sowie Ablageflächen
altverfettet. Der Gastwirt war einsichtig. Es reichte eine
Verwarnung aus, um ihn zur Beseitigung der Missstände
zu bewegen.
Allerdings war dies nicht von Dauer. Bei der nächsten
Kontrolle fand der Lebensmittelkontrolleur die Gaststätte
wieder in stark verschmutztem Zustand vor. Die Dunst-
abzugshaube war erheblich verfettet, das Fenster in der
Küche besaß kein Fliegengitter, das Handwaschbecken
war zugestellt und ohne Warmwasser, der Abfalleimer hat-
te keinen Deckel, die Silikondichtung am Spülbecken war
schadhaft und der Boden nicht sauber. Außerdem waren
eingefrorene Lebensmittel nicht sachgemäß verpackt und
ohne Bezeichnung. Es stand Gerümpel herum und der
Kellerraum war nicht aufgeräumt. Bei mehreren Lebens-
mitteln war das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen und
kühlpflichtige Lebensmittel wie Quark und Schinkenwurst
lagerten bei einer viel zu hohen Temperatur. Darüber hin-
aus konnte der Betriebsverantwortliche keine Nachweise
über die Belehrungen nach dem Infektionsschutzgesetz
und über Hygieneschulungen vorlegen. Der Gastwirt kam
der Aufforderung zur Beseitigung der Mängel nach und bei
der Nachkontrolle war wieder alles in Ordnung.
Aber leider hielt dieser Zustand erneut nicht lange an. Beim
nächsten Besuch der Lebensmittelüberwachung herrsch-
ten solch unhygienische Zustände, dass eine sofortige
Grundreinigung der Betriebsräume sowie ein Verbot der
Produktion und Abgabe von Speisen angeordnet wurden.
Die Verunreinigungen betrafen die Abzugshaube, den
Herd, den Boden und den Keller sowie die Wandflächen.
Auch zeigten diverse Arbeitsgeräte wie der Dosenöffner
oder die Seiher starke Verunreinigungen. Außerdem wur-
den wiederum Lebensmittel offen gelagert. Es wurden 7
Proben genommen, die laut Gutachter allesamt nicht mehr
zum Verzehr geeignet waren. Dabei handelte es sich um
rohes Fleisch verschiedener Tierarten, Bratwürste und
Fisch.
Die Missstände wurden vom Gastwirt wiederum fristge-
recht behoben. Um den Lerneffekt zu verstärken, wurde
ein Bußgeld von 1.000 Euro festgesetzt. Es bleibt zu hof-
fen, dass dieses Wirkung zeigt und der Gastwirt nicht wie-
der „rückfällig“ wird!
Gammel statt Edelschimmel In einem Kühlraum eines Restaurants wurde ein grünlich
verschimmelter Parmaschinken vorgefunden. Der Lebens-
mittelunternehmer war zunächst der Meinung, dass es
sich um Edelschimmel handeln würde. Die Lebensmit-
telkontrolleure haben ihn eines Besseren belehrt und den
Schinken entsorgen lassen.
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LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG FEHLENDE SAUBERKEIT
Verschimmelte SchankanlageBei der Kontrolle einer Getränkeschankanlage im Selbst-
bedienungsbereich eines Restaurants wurden stark ver-
schmutzte Mischeinheiten festgestellt. Offensichtlich
hatten die Verantwortlichen schon seit längerer Zeit ver-
gessen, die Mischeinheiten der Post-Mix-Getränkeschank-
anlage zu reinigen.
Gemeinschaftsverpflegung
Schimmel und unhygienische Zustände in einer Gemein-
schaftsverpflegung
Täglich verpflegen die Betreiber einer EU-zugelassenen
Küche über 1.000 Kinder aus Schulen, Kindergärten und
Kinderkrippen im Cook & Chill Verfahren. Dies ist eine ver-
antwortungsvolle Aufgabe.
Der Lebensmittelüberwachung zeigte sich seit einiger Zeit
jedoch ein anderes Bild. Das CVUA hatte die Speiseplä-
ne von 4 Wochen ausgewertet und in seinem Gutachten
festgestellt, dass die Zusammensetzung der zubereiteten
Speisen nicht dem Standard für Kleinkinder der Deutschen
Gesellschaft für Ernährung (DGE) entspricht. Doch nicht
nur die ernährungsphysiologische Qualität der Speisen
gab Grund zur Beanstandung. Die Großküche war baulich
in einem desolaten Zustand. Aufgrund des mangelhaften
Raumklimas durch die schlechte Belüftung wiesen die
Wände und Decken immer wieder einen flächendecken-
den Schimmelbewuchs auf. Wiederholt haben die Lebens-
mittelkontrolleure erhebliche Hygienemängel festgestellt.
Die Eigenkontrollen beschränkten sich in diesem Betrieb
auf das Führen einer Liste, in der die Temperatur von ledig-
lich einer Kühlzelle eingetragen wurde. Zusätzlich hat das
Personal die Temperatur eines defekten Thermometers,
das in einer Tiefkühltruhe bereitliegt, täglich abgelesen und
auch in dieser Liste dokumentiert. Mikrobiologische Unter-
suchungen, ein Schädlingsmonitoring oder das Zurückle-
gen von Rückstellproben wurden nicht oder nur sporadisch
durchgeführt. Es gab keine Reinigungspläne oder Ähn-
liches. Der Abkühlprozess der im Cook & Chill Verfahren
hergestellten Speisen wurde nicht überwacht.
Im Rahmen einer Routinekontrolle hat die Lebensmittel-
überwachung festgestellt, dass die Abkühleinrichtungen
ausgefallen und erneut erhebliche hygienische und bauli-
che Mängel vorhanden waren. Kondenswasser tropfte von
der schimmelbehafteten Decke unmittelbar auf den Zube-
reitungsbereich. Die von der Lebensmittelüberwachung
angeordneten Eigenkontrollen wurden immer noch nicht
durchgeführt. Aufgrund dieser erheblichen Mängel wurde
der Gemeinschaftsverpflegung die Speiseabgabe unmittel-
bar untersagt und gegen die Betreiber ein Strafverfahren
eingeleitet.
Metzgereien
Das Ergebnis der Routinekontrolle in einer Metzgerei sah
nicht überzeugend aus. Der Betriebsinhaber gab als Haupt-
grund für die Hygienemängel in seinem Betrieb personelle
Engpässe an.
In den Lagerräumen herrschte Unordnung und in den Pro-
duktionsbereichen waren Reinigungsmängel offensichtlich.
Über dem Kombidämpfer in der Wurstküche wurde ein In-
sektenvernichter verwendet, der durch elektrischen Strom
Insekten explosionsartig tötet. Deren Reste sammelten sich
auf der Oberseite des Gerätes, in dem gerade Fleischkäse
gebacken wurde.
Auf dem Boden standen zahlreiche offene Behältnisse.
Dabei bestand das Risiko, dass Gegenstände hineinfallen
konnten, der untere Rand von Schürzen die Gefäße streif-
ten oder durch den direkten Kontakt zwischen Gefäßunter-
seite und Fußboden die Arbeitsflächen später verunreinigt
werden.
Im Kühlraum waren Ventilatorgitter, Kabel und Decken-
leuchte stark verflust. Es bestand die Gefahr, dass offene
Lebensmittel hierdurch verunreinigt und auch Schimmel-
sporen verteilt werden.
Zudem haben die Kontrolleure verdorbene Lebensmit-
tel vorgefunden. Auf diesem Stück Rindfleisch hatte sich
schon ein richtiger Schimmelpilzrasen entwickelt. Dieses
Fleisch hat der Inhaber freiwillig entsorgt.
Aufgrund der verschiedenen Verstöße gegen lebensmit-
telrechtliche Vorschriften wurde gegen den Betriebsinha-
ber ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Bis zur Nachkontrolle
hatte sich die Betriebshygiene erheblich verbessert und
bildete nun eine solide Basis für das Behandeln von sen-
siblen Lebensmitteln.
Einzelhandel
Während einer Plankontrolle im Lebensmitteleinzelhandel
hat die Überwachungsbehörde schwerwiegende Verstöße
gegen lebensmittelrechtliche Bestimmungen festgestellt.
Zunächst war die mangelhafte Kühlleistung der Kühlthe-
ke aufgefallen. Bei der genaueren Überprüfung stellte der
Kontrolleur dann eine starke Verschmutzung der Kühlthe-
ke fest, die unter anderem die Ursache für die mangelnde
Kühlleistung war. Nachdem die Bleche mit den kühlpflich-
tigen Plunderteilchen und Kuchen entnommen wurden,
waren bereits auf der Edelstahlabdeckplatte grünlich ver-
schimmelte Gebäckreste und Brösel zu erkennen. Unter
der Abdeckplatte wucherte in der Abtropfwanne starker
grau-grünlicher Schimmel und das Abtauwasser staute
sich, weil der Abfluss verstopft war. Auf dem Abtauwasser
bildete sich schon ein weißlicher Schimmelrasen. An den
Lüftergittern wurden weißliche, milchig-schleimige, fäden-
ziehende Gebilde festgestellt.
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Eine gute Zusammenarbeit mit der Polizei ist ebenfalls von
großer Bedeutung, wie man exemplarisch an den folgen-
den Beiträgen sehen kann:
Kühltransporter
Eine Lebensmittelüberwachungsbehörde führt regelmäßig
Kontrollen auf der Autobahn gemeinsam mit der zuständi-
gen Autobahnpolizei des Polizeipräsidiums durch. In diesem
Rahmen wurde bei einer Kontrolle ein Kühltransporter einer
Firma für mediterrane Spezialitäten überprüft.
Dabei hat die Lebensmittelkontrolle festgestellt, dass nicht
kühlpflichtige, kühlpflichtige und Tiefkühllebensmittel zu-
sammen in einer Kabine transportiert wurden. Die tiefgefro-
renen Lebensmittel wiesen nur noch Kerntemperaturen von
-6 °C auf. Die Kühlung konnte nicht tiefer eingestellt werden,
da ansonsten Produkte wie Wein oder Essig eingefroren
wären. Die zu beliefernden Betriebe hatten die Spezialitä-
tenfirma über die unterbrochene Kühlkette informiert.
Die weiteren Ermittlungen ergaben, dass der Betrieb dies
aus Kostengründen regelmäßig praktizierte und es schon
wiederholt zu behördlichen Auflagen und Anzeigen ge-
kommen war. Deshalb hat die Behörde wegen des Ver-
stoßes gegen die Tiefkühllebensmittelverordnung gegen
den verantwortlichen Geschäftsführer ein Strafverfahren
eingeleitet.
Die für die Spezialitätenfirma zuständige Behörde hat we-
gen der mangelnden Zuverlässigkeit gegen den Unterneh-
mer nun ein Gewerbeuntersagungsverfahren eingeleitet.
Gemeinsame Kontrollen
Die Autobahnpolizei hat bei einer Fahrzeugkontrolle in ei-
nem anderen Landkreis wegen Verdachts eines lebensmit-
telrechtlichen Verstoßes das Veterinär- und Verbraucher-
schutzamt des Landratsamtes hinzugezogen. Der Verdacht
hat sich dann bestätigt, gegen den Lebensmittelunterneh-
mer wurde ein Strafverfahren eingeleitet.
Diesen Vorfall hat die Lebensmittelüberwachungsbehör-
de zum Anlass genommen, weitere Straßen- und Auto-
bahnkontrollen in Zusammenarbeit mit der Polizei durch-
zuführen. Bei 2 gezielt durchgeführten Aktionen wurden
2 Verstöße festgestellt und jeweils ein Bußgeldverfahren
eingeleitet.
Die gemeinsamen Kontrollen mit der Autobahnpolizei wer-
den auch 2016 wieder durchgeführt.
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LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG ZUSAMMENARBEIT VON BEHÖRDEN
ZUSAMMENARBEIT AUCH MIT DEN BETRIEBEN
Zusammenarbeit von Behörden
Eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit der Veterinärämter mit anderen Behörden ist vor allem dort wich-
tig, wo verschiedene Ämter in die gleichen Betriebe kommen und dort an einem Strang ziehen sollten. Bestes
Beispiel ist die Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern, die für die Hygiene in gewerblichen Küchen und Le-
bensmittelbetrieben insofern eine große Rolle spielen, als sie für die Gesundheit der dort Beschäftigten zuständig
sind. Im Falle einer Erkrankung oder keimbedingten Vergiftung durch ein Lebensmittel muss immer auch geprüft
werden, ob dieser Keim nicht durch einen Menschen in oder auf das Lebensmittel kam.
Auch mit anderen Behörden wie dem Jugendamt, den Bauämtern, dem Zoll, der Polizei, der Landwirtschaftsver-
waltung, der Futtermittelüberwachung und, nicht zuletzt, den Gemeinden, vor allem den dortigen Ordnungsämtern,
muss eine enge Zusammenarbeit gepflegt werden.
Wie dies gelingen kann, zeigen die folgenden Beispiele fruchtbarer Zusammenarbeit:
Auftreten humaner Trichinellose – ein Fallbericht
Die Trichinellose ist eine weltweit verbreitete Zoonose, die zu den meldepflichtigen Krankheiten zählt. Es handelt sich um
eine lebensmittelbedingte Infektion mit Fadenwürmern der Gattung Trichinella, die über ungenügend erhitztes Fleisch
aufgenommen werden. Die Trichinellose tritt in Deutschland nur noch sehr selten auf. Immer wieder treten jedoch verein-
zelt sogenannte importierte Erkrankungsfälle auf, bei denen sich Personen in Nicht-EU-Ländern oder durch mitgebrachte
infizierte Wurst- oder Fleischprodukte anstecken.
Im Februar 2015 hat das Institut für Pathologie in Heilbronn dem Gesundheitsamt des Hohenlohekreises die Trichinel-
loseerkrankung eines im Landkreis wohnhaften Jägers und Metzgers, seiner Ehefrau und deren erwachsenen Sohnes
gemeldet. Bei dem ersterkrankten Mann war aufgrund von Muskelschmerzen eine Biopsie aus der Oberarmmuskulatur
entnommen worden. Nach anfänglichem Verdacht, die Person könnte sich durch den Verzehr von selbst erlegtem Wild
infiziert haben, hat die Gesundheitsbehörde jedoch Reste einer aus Serbien eingeführten Paprikarohwurst sichergestellt,
nach deren Genuss die ersten Symptome bei den betroffenen Familienmitgliedern aufgetreten waren. Sie hat das Veteri-
näramt verständigt, das unverzüglich die Untersuchung einer Probe der Wurst in der Trichinenuntersuchungsstelle Öhrin-
gen veranlasste. Bei der mikroskopischen Untersuchung waren unzählige Trichinellen festzustellen (siehe Abbildung),
die zunächst einen deutlichen Hinweis auf die Ursache
der Erkrankung lieferten. Das staatliche Tierärztliche Unter-
suchungsamt Aulendorf (Diagnosezentrum) und das BfR
als Referenzlabor für humane Trichinellose haben den Be-
fund bestätigt.
Zu den ersten Erkrankungsfällen kamen im weiteren Ver-
lauf des Geschehens noch 8 weitere im Familienumfeld
des Betroffenen hinzu. Alle erkrankten Personen hatten ei-
nen Teil der Wurst verzehrt. Für die Verzehranamnese war
von elementarer Bedeutung, dass 2 der Familienmitglie-
der, die nicht erkrankten, Vegetarier waren und nicht von
der Wurst gegessen hatten. Von den erkrankten Personen
mussten 6 stationär und 3 ambulant behandelt werden.
Das infizierte Fleisch, aus dem die Paprikawurst hergestellt
war, stammte von der Hausschlachtung eines in Serbien
im Freien gehaltenen Hausschweins.
Das für die Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von
Infektionskrankheiten beauftragte RKI hat die Falldefinition
für humane Trichinellose beschrieben. Danach erkennt man die Erkrankung im Wesentlichen durch das klinische Bild
und die Labordiagnose. Der epidemiologische Zusammenhang wird durch den Verzehr eines Lebensmittels, in dessen
Resten Trichinella-Larven labordiagnostisch nachgewiesen wurden, bestätigt. Das typische klinische Bild der humanen
Trichinellose wird durch 5 Kriterien gekennzeichnet, von denen für die Diagnosestellung mindestens 2 erfüllt sein müssen:
verändertes Blutbild (Eosinophilie), Durchfall, Fieber, Muskelschmerzen und Schwellungen (periorbitales Ödem).
Das rasche Eingreifen und die gute und unbürokratische Kooperation der beteiligten Institutionen haben dazu beigetragen,
die Krankheitsursache schnell aufzuklären und weitere Infektionen zu vermeiden. Dieses Fallbeispiel zeigt anschaulich, wie
wichtig eine gute Zusammenarbeit zwischen Veterinäramt und Gesundheitsamt bei lebensmittelbedingten Erkrankungen ist.
Mikroskopischer Nachweis der Trichinellen aus der Verdauungs- flüssigkeit der Rohwurst
Zusammenarbeit auch mit den Betrieben
Erfolgreiche Minimierung des Alumini-umgehaltes in Laugengebäck
Die Belastung von Laugengebäck wie Laugenbrezeln,
-stangen und -brötchen mit unerwünschten Gehalten an
Aluminium steht seit Jahren im Fokus der Lebensmittel-
überwachung. Ursache für erhöhte Aluminiumgehalte ist
der Kontakt von belaugten Teiglingen vor oder während
des Backvorgangs mit aluminiumhaltigen Backblechen.
Durch diesen Kontakt können sich aufgrund des erhöhten
pH-Wertes erhebliche Mengen an Aluminium aus die-
sen Materialien lösen und auf das Erzeugnis übergehen.
Backbleche aus Aluminium kommen bisher in Bäckereien
hauptsächlich wegen der guten Backeigenschaften zum
Einsatz.
Das Amt für Veterinärwesen und Verbraucherschutz des
Landratsamtes Tuttlingen hat im Rahmen eines Projektes
im Jahr 2015 die Belastung von Laugengebäck mit Alu-
minium näher beleuchtet. Die Proben wurden gezielt in
handwerklichen Bäckereien entnommen. Das CVUA Frei-
burg bestimmte die Aluminiumgehalte. Abhängig von den
Untersuchungsergebnissen sollten die Backbetriebe zu
Maßnahmen angehalten werden, die Aluminiumgehalte
im Laugengebäck zu minimieren. Am Beispiel einer hand-
werklichen Bäckerei wird der erfolgreiche Weg der Mini-
mierung des Aluminiumgehaltes von Brezeln erörtert.
In einer Bäckerei haben die Behördenvertreter mit dem
Betreiber und dem Backstubenmeister die Abläufe bei der
Herstellung von Brezeln vor Ort erfasst, um mögliche Kon-
taminationsquellen der Backwaren mit Aluminium heraus-
zufinden: Nach der Ausformung wurden die Teiglinge über
ein Beregnungssystem mit Backlauge, 4 %iger Natronlauge,
benetzt. Die Lauge tropfte auf Edelstahlgittern ab. Anschlie-
ßend wurden die Teiglinge direkt auf Aluminiumbleche
(Lochbleche) umgesetzt, auf denen sie bis zum Backen ver-
blieben; die Verweildauer bis zum Backvorgang war dabei
unterschiedlich lang. Zum Backen wurden die Brezeln direkt
auf den Aluminiumblechen in den Ofen geschoben und an-
schließend zur Auskühlung auf Holzgitter umgesetzt.
Direkt im Anschluss an die Produktion hat der Lebensmit-
telkontrolleur amtliche Proben von Laugengebäck (Brezeln)
entnommen und zur Untersuchung an das CVUA Freiburg
eingesandt. Das Labor hat bei den Brezeln einen Gesamt-
Aluminiumgehalt von 30,6 mg/kg ermittelt. Die Verteilung
des Aluminiums auf dem Laugengebäck war unterschied-
lich; auf der Oberseite wurden 5,45 mg/kg und auf der
Unterseite 54,7 mg/kg gemessen. Diese Untersuchungs-
ergebnisse belegen anschaulich, dass der erhöhte Alu-
miniumgehalt durch den direkten Kontakt der belaugten
Teiglinge mit der aluminiumhaltigen Oberfläche der Back-
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INTERNETHANDEL
Internethandel
Lebensmittelkontrolle im World Wide Web
In den letzten Jahren hat das Angebot an Lebensmitteln im Internet stetig zugenommen. Im Jahr 1999 waren
beispielsweise bei eBay 323 Nahrungsmittelartikel im Angebot. Im März 2013 waren es bereits 247.680 und im
September 2015 sogar 350.094 Artikel mit weiter steigender Tendenz.
Diesem wachsenden Angebot an Lebensmitteln trägt auch die seit Dezember 2014 gültige Lebensmittelinformati-
onsverordnung, kurz: LMIV (VO (EU) Nr. 1169/2011) Rechnung, in der zum ersten Mal auch konkrete Kennzeich-
nungsregelungen für den Fernabsatz enthalten sind.
Seit 2012 beschäftigt sich die Stabstelle Ernährungssicherheit (SES) am RP Tübingen in enger Zusammenarbeit
mit dem CVUA Karlsruhe mit der Überwachung des Onlinehandels in Baden-Württemberg.
Kennzeichnung von Lebensmitteln im InternetSeit Einführung der LMIV müssen nun auch im Fernabsatz, zu dem auch der Internethandel zählt, bestimmte Anforde-
rungen zur Lebensmittelinformation erfüllt sein. Folgende Kennzeichnungselemente müssen für die Kundschaft nun vor
Vertragsabschluss verfügbar sein:
n die Bezeichnung des Lebensmittels;
n das Verzeichnis der Zutaten;
n bestimmte Zutaten und Verarbeitungshilfsstoffe, die Allergien und Unverträglichkeiten auslösen;
n die Menge bestimmter Zutaten oder Klassen von Zutaten – QUID;
n die Nettofüllmenge des Lebensmittels;
n ggf. Hinweise zur Verwendung oder Hinweise zur Lagerung;
n der Name beziehungsweise die Firma und die Anschrift des Lebensmittelunternehmers oder Importeurs;
n ggf. das Ursprungsland oder der Herkunftsort;
n ggf. eine Gebrauchsanleitung;
n der Alkoholgehalt bei Getränken über 1,2 Vol %;
n die Nährwertdeklaration (ab 13.12.2016).
Das Mindesthaltbarkeits- oder das Verbrauchsdatum müssen spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung bekannt sein. Bei
Waren, die nicht vorverpackt sind, muss eine Angabe zu bestimmten allergenen Bestandteilen erfolgen.
Ein Merkblatt für Unternehmer zur Kennzeichnung im Fernabsatz ist auf der Internetseite des RP Tübingen unter https://
rp.baden-wuerttemberg.de/rpt > Unsere Themen > Verbraucherschutz > Internethandel zu finden.
Bei einer ersten stichprobenartigen Überprüfung der Kennzeichnung von Internethändlern aus Baden-Württemberg im
Jahr 2015 erfüllten zirka 68 % die Vorgaben gemäß Art. 14 LMIV.
Ergebnisse der Überwachung Die Gemeinsame Zentralstelle zur Kontrolle der im Internet gehandelten Erzeugnisse des LFGB und Tabakerzeugnisse
der Bundesländer beim BVL (kurz: G@ZIELT) übermittelt jedes Jahr 2- bis 3-mal Datensätze zu Onlinehändlern an die
Bundesländer. Im Rahmen dieser Unternehmensrecherchen hat das BVL bisher 1.003 unterschiedliche Onlinehändler mit
Sitz in Baden-Württemberg ermittelt. Davon waren 731 Betriebe laut Rückmeldung der Lebensmittelüberwachungsbehör-
den bereits registriert, 178 Betriebe, also
fast 18 %, nicht. Bei 289 Betrieben han-
delte es sich um reine Onlinehändler. Von
diesen waren wiederum 111 (38 %) nicht
registriert. Die neu ermittelten Betriebe sind
nunmehr der zuständigen Lebensmittel-
überwachungsbehörde bekannt und damit
im Überwachungssystem erfasst.
Bei der Überwachung des Internethandels
in Baden-Württemberg arbeiten das CVUA
Karlsruhe und die SES eng zusammen.
Auch 2015 haben sie wieder verschie-
dene gemeinsame Projekte durchgeführt.
Nachfolgend sollen 2 Projekte vorgestellt
werden:
bleche verursacht wird. Die Proben wurden aufgrund des
hohen Aluminiumgehaltes als „zum Verzehr durch den
Menschen ungeeignet“ beurteilt.
Die Lebensmittelüberwachungsbehörde informierte den
Betreiber unverzüglich über das Ergebnis und forderte ihn
auf, schnellstmöglich Maßnahmen zur Minimierung des
Aluminiumgehaltes zu ergreifen. Als Sofortmaßnahme hat
die Bäckerei das Herstellungsverfahren modifiziert und die
Teiglinge zum Backen auf Backpapier, etwas später auf
Silikonfolien ausgelegt. Nach Angaben des Bäckers funkti-
onieren diese Methoden jedoch nur bedingt, weil die Qua-
lität der Brezeln hinsichtlich Konsistenz, Krustenbildung,
Farbe und Geschmack nicht zufriedenstellend war.
Daher hat er nach Alternativen Ausschau gehalten. In Zu-
sammenarbeit mit dem Zentralverband des Deutschen Bä-
ckerhandwerks e. V. und Herstellerfirmen aus dem Back-
zubehörbereich und in enger Begleitung durch das Amt für
Veterinärwesen und Verbraucherschutz hat die Bäckerei
sichere Herstellungsverfahren mit bestmöglichem Back-
verhalten und Qualität des Endproduktes ausprobiert und
bewertet. Im Ergebnis zeichnete sich ein deutlicher Vor-
teil bei der Verwendung von neuartigen Backblechen mit
Keramikbeschichtung ab. Das Backverhalten war sehr gut,
die Brezeln lösten sich praktisch von selbst vom Blech und
die Keramikbeschichtung schützte das Backgut vor einem
Übergang von Aluminium. Nach Abschluss der Testphase
wurde dieses Verfahren priorisiert.
Die Umstellung auf das neue Verfahren verzögerte sich
lediglich, weil der Backblechhersteller Lieferschwierigkei-
ten hatte. Nach der Umstellung hat die Kontrollbehörde
die Brezeln, die mit dem neu etablierten Herstellungs-
verfahren gebacken worden waren, amtlich beprobt. Das
Untersuchungsergebnis war erfreulich. Der Messwert von
Aluminium lag unterhalb der Bestimmungsgrenze. Durch
den gemeinsamen Einsatz von Betrieb, Lebensmittelüber-
wachungsbehörde und Untersuchungsamt konnte die Be-
lastung mit Aluminium erfolgreich minimiert und damit ein
wichtiger Beitrag zur Reduzierung von gesundheitlich be-
denklichen Substanzen in Lebensmitteln geleistet werden.
Leider gibt es auch das gegenteilige Beispiel, bei dem
ein selbsternannter Bäcker dadurch, dass er sich weder
um eine Ausbildung noch um ein rechtskonformes hygie-
nisches Arbeiten bemühte, Gebäck mit gefährlich hohen
Aluminiumgehalten in Verkehr brachte:
Eine gute Ausbildung macht schon Sinn
Fast ein Jahr lang führte ein Bäcker einen Betrieb mit 2
Filialen. Er war weder im Besitz eines Gesellenbriefes noch
hatte er die Meisterprüfung abgelegt. Am Schaufenster
prangte unter seinem Namen jedoch das Wort „Meister-
bäckerei“.
Mehrere Kontrollen förderten in allen Betriebsteilen heillose
Unordnung, gravierende Hygienemängel und verdorbene
Lebensmittel zutage. Im Backbetrieb, der illegal in einem
normalen Wohnhaus eingerichtet worden war, herrschten
inakzeptable bauliche Mängel und ebenfalls gravierende
Hygienemängel vor. Von einer angemessenen Personalhy-
giene konnte nicht die Rede sein.
Bei der Untersuchung von Laugenbrezeln, die direkt auf
defekten Aluminiumblechen gebacken worden waren,
wurden laut Gutachten so hohe Aluminiumgehalte fest-
gestellt, dass ein Kind die tolerierbare wöchentliche Auf-
nahmemenge an Aluminium beim Verzehr von nur einer
Brezel ausgeschöpft hätte. Das CVUA hatte die Brezeln als
nicht sicher eingestuft und damit als inakzeptabel für den
menschlichen Verzehr.
Die Behörde hat den Betrieb geschlossen und ein Strafver-
fahren eingeleitet. Allerdings sind der „Meisterbäcker“ und
sein Sohn mittlerweile unbekannt verzogen.
Auswertung der Unternehmensrecherchen, getrennt nach reinen Online-händlern und Händlern mit konventionellem und Internet-Vertrieb
600
500
400
300
200
100
0Händler mit konventionellem
und Internet-Vertriebreine Onlinehändler
registriert nicht registriert
An
zah
l der
üb
erp
rüft
en H
änd
ler
9 %
38 %
62 %
91,0 %
568
289
31
33
Kennzeichnung
Fehlende Preisauszeichnung
Bei Betriebskontrollen in der Vergangenheit hat der Le-
bensmittelkontrolleur den Betriebsinhaber eines Markt-
standes mehrfach darauf hingewiesen, dass er seine
Ware gemäß der Preisangabenverordnung auszeichnen
muss. Bei einer erneuten Kontrolle fehlten zum wieder-
holten Male die Preise an fast der gesamten Ware. Dazu
kamen noch Reinigungsmängel in der Verkaufskühltheke,
sodass ein Bußgeldverfahren eingeleitet wurde. Bei einer
Nachkontrolle 6 Wochen später bot sich leider das gleiche
Bild. Aufgrund dieser Unbelehrbarkeit wurde ein zweites,
deutlich höheres Bußgeld erhoben. Erst bei der zweiten
Nachkontrolle, die 8 Wochen später durchgeführt wurde,
zeigten die beiden Bußgelder Wirkung. Die Ware war jetzt
mit Preisschildern versehen und der Verbraucher hatte die
Möglichkeit, die Preise zu vergleichen.
Verbrauchertäuschung
Bei der Routinekontrolle einer Gaststätte hat die Lebens-
mittelüberwachung festgestellt, dass in der Speisekarte
zahlreiche Gerichte mit der Zutat „Schinken“ angeboten
wurden. Tatsächlich jedoch hat der Wirt anstelle von
Schinken ein Produkt verwendet, das laut Zutatenver-
zeichnis neben Kartoffelstärke und Sojaeiweiß nur 56 %
Schweinefleisch enthielt. Die Bezeichnung „Schinken“
war demnach nicht zutreffend und stellte eine Täuschung
des Verbrauchers dar. Gegen den Inhaber der Gaststätte
wurde ein Bußgeldverfahren eingeleitet.
Verschiedenes
Verdorbenes Verarbeitungsfleisch
Die Lebensmittelüberwachungsbehörde erhielt einen Hin-
weis, in einem handwerklichen Metzgereibetrieb sei ver-
dorbenes Verarbeitungsfleisch nicht ordnungsgemäß
entsorgt worden. Der Betrieb sollte es zur Abtötung vor-
handener Keime mit Desinfektionsmittel versetzt und wei-
terverarbeitet haben.
Im Rahmen der unverzüglich durchgeführten Betriebs-
kontrolle hat die Behörde verdächtige Produkte wie frisch
hergestellten Fleischkäse sowie rohe Fleischküchle von ins-
gesamt rund 130 kg amtlich sichergestellt und Verdachts-
proben erhoben. Weiter hat sie im Betrieb anhand des
Reinigungs- und Desinfektionsplans und der vorhandenen
Reinigungs- und Desinfektionsmittel als vermutlich zum
Einsatz gekommenes Desinfektionsmittel quartäre Ammo-
niumverbindungen ermittelt. Daher sollte das CVUA Stutt-
gart gezielt darauf untersuchen. Tatsächlich konnten diese
Stoffe in der Probe bestätigt werden, in allen beprobten
Lebensmitteln wurden stark erhöhte Gehalte an quartären
Ammoniumverbindungen festgestellt. In den Proben der
Fleischküchle war der Gehalt sogar so hoch, dass diese
Probe als gesundheitsschädlich beurteilt wurde. Das Des-
infektionsmittel war jedoch weder bei der Sicherstellung
noch bei der Untersuchung geruchlich wahrnehmbar.
Aufgrund der nachgewiesenen Konzentration des Desin-
fektionsmittels ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von
einem mutwilligen Versatz auszugehen. Die gleichzeitig an-
geforderte mikrobiologische Untersuchung zeigte zudem
eine hohe Belastung mit Verderbnis erregenden Keimen.
Dies unterstützte die Aussage des Hinweisgebers, dass
verdorbenes Verarbeitungsfleisch wieder keimfrei gemacht
werden sollte. Gegen den Metzger wurde Strafanzeige ge-
stellt.
Verheimlichte Rauchfleischproduktion
Seit mehr als 10 Jahren ist ein Lebensmittelunternehmer
im Landkreis gewerblich als Wurst- und Fleischwaren-
einzelhändler gemeldet und bei der Lebensmittelüberwa-
chung registriert. Routinemäßig wird der Betrieb von der
Lebensmittelüberwachung kontrolliert. Der Betreiber zeigte
der Überwachung stets einen Kühlschrank im Flur, in wel-
chem verpackte und etikettierte Wurst und vereinzelt Kon-
serven bereitgehalten werden. Der Betreiber gab gegen-
über dem Kontrollpersonal sehr überzeugend an, lediglich
verpackte Fleisch- und Wurstwaren einzukaufen und auf
einem Wochenmarkt weiterzuverkaufen.
Zufällig entdeckte die Lebensmittelüberwachung bei ei-
nem Direktvermarkter vakuumiertes Rauchfleisch mit den
Herstellerangaben des Gewerbetreibenden. Als der Gewer-
betreibende mit dem Fund konfrontiert wurde, gab er an,
dass sein Metzger ihm aus Versehen Rauchfleisch ohne
Etiketten verkauft hätte, somit wäre er gezwungen gewe-
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LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG INTERNETHANDEL · KENNZEICHNUNG
VERSCHIEDENES
Unter anderem hat die SES im Sommer 2015 kühl-
pflichtige Fischprodukte bei Internethändlern bestellt.
Das CVUA Karlsruhe untersuchte dann diese Testkäufe.
Alle Händler ließen die Ware von gängigen Logistik-
unternehmen ohne spezielle Kühlfahrzeuge ans CVUA
anliefern. Teilweise waren in den Paketen zwar Kühl-
akkus oder Trockeneis vorhanden, bei der Mehrheit
der Produkte war jedoch die Einhaltung der Kühlkette
nicht gewährleistet. Bei der Untersuchung stand die
Mikrobiologie im Vordergrund. Das CVUA hat die
Ware direkt nach Eingang und gegen Ende des MHD
untersucht. Insbesondere zum Ende des MHD wie-
sen einige Proben erhöhte Keimzahlen auf. Eine Probe
zeigte bereits am Ankunftstag sensorische Abwei-
chungen. Außerdem mussten einige Proben wegen
Kennzeichnungsmängeln beanstandet werden.
In einem weiteren Projekt untersuchte das CVUA
Karlsruhe Haarglättungsmittel hinsichtlich ihrer In-
haltsstoffe. Bei diesen Produkten wird wegen seiner
guten Wirksamkeit oft Formaldehyd eingesetzt, das
allerdings aufgrund der Gesundheitsgefahr in der EU
für diesen Zweck verboten ist. Deshalb hat die SES
neben Proben, die die Lebensmittelüberwachungsbe-
hörden bei Internethändlern vor Ort erhoben haben,
auch gezielt Testkäufe bei weiteren Onlinehändlern,
insbesondere aus dem EU-Ausland, durchgeführt.
Diese Proben wurden bei Händlern bestellt, die über
ebay.de oder den Marktplatz von amazon.de ihre
Produkte anbieten. Formaldehyd konnte dabei in 5
Proben nachgewiesen werden. Eine Probe stammte
von einer Händlerin in Nordrhein-Westfalen, 4 wei-
tere aus Großbritannien und Polen. Für die Probe aus
Deutschland wurde ein RAPEX-Entwurf erstellt, der
von Nordrhein-Westfalen weiter verfolgt wurde. Der
Online-Händler in Nordrhein-Westfalen hat das Pro-
dukt bei allen belieferten Kunden zurückgerufen. Die
dortigen Behörden haben die Informationen zum Pro-
dukt an das europäische Schnellwarnsystem RAPEX
weitergegeben (Meldung A12/1064/15). Bei den
anderen 4 Produkten hat das BVL die Vorgänge im
Rahmen des EU-Amtshilfeverfahrens in die Herkunfts-
länder weitergeleitet. Die SES hat eBay und Amazon
über die Ergebnisse informiert, woraufhin die beiden
Plattformen diese Angebote in eigener Verantwortung
gelöscht haben. Die Untersuchungsergebnisse sind in
Kapitel III dargestellt.
Tipps für Verbraucher zum Onlinekauf von Lebensmit-
teln sind auf der Internetseite des RP Tübingen unter
https://rp.baden-wuerttemberg.de/rpt > Unsere The-
men > Verbraucherschutz > Internethandel zu finden.
32
Asja Altwasser und Isabella Sackmann, SES
Wie müsste der „Schummelschinken“ korrekt heißen?
Wird die Pizza als „Schinkenpizza“ oder „Pizza mit
Schinken“ bezeichnet, darf auch nur Hinterschin-
ken darauf liegen. Wurde zur Herstellung Form-
fleisch-Schinken verwendet, muss sie „Pizza mit
Schinken aus Stücken zusammengefügt“ heißen.
Wurde gar ein brühwurstähnliches Imitat verwen-
det, muss dies zutreffend erläutert werden: „Pizza
mit Pizzabelag nach Art einer groben Brühwurst
aus Schweinefleisch“. Gleiches gilt auch für Nudel-
gerichte, Salate und andere Gerichte, die Schinken
als Zutat enthalten.
Zur Problematik der Schinkenimitate haben die CVUAs
2009 mit dem Titel „Ist es wirklich ein Schinken auf der
Pizza ?“ und 2012 mit dem Titel „Der Schinken unterm Mi-
kroskop – Original oder Fälschung?“ ausführliche Berichte
veröffentlicht: www.ua-bw.de.
Allergenkennzeichnung
Seit dem 13. Dezember 2014 müssen nach der Le-
bensmittelinformationsverordnung (LMIV) die 14 wich-
tigsten Allergene deutlich sichtbar gekennzeichnet
werden. Dabei müssen auch Produkte aus diesen Aller-
genen gekennzeichnet werden. Nicht zu kennzeichnen
sind dagegen Stoffe, die durch den Verarbeitungs- oder
Herstellungsprozess ihr allergenes Potenzial verlieren.
Die Ausnahmen sind in der LMIV genannt.
Diese Stoffe und Erzeugnisse müssen bei vorverpackten
Waren im Zutatenverzeichnis hervorgehoben werden. Bei
nicht vorverpackten Waren muss ebenfalls eine Informa-
tion über Allergene erfolgen; erfolgt diese in mündlicher
Form, muss eine schriftliche Information auf Nachfrage
leicht erhältlich sein.
Damit hätten im Jahre 2015 überall die Allergene gekenn-
zeichnet sein müssen. Dies war allerdings nicht der Fall,
wie sich bei vielen Vor-Ort-Kontrollen herausstellte. Die
Lebensmittelkontrolle kann folgendes Fazit ziehen: Wer
die Allergene gekennzeichnet hatte, tat dies auch meistens
korrekt. Die anderen hatten sie überhaupt nicht gekenn-
zeichnet. Noch zum Jahresende 2015 wurden Betriebe
gefunden, denen die Verpflichtung zur Kennzeichnung
nicht bekannt war, auch Handwerks- und Einzelhandels-
betriebe.
Zur Allergen-Untersuchung in Lebensmitteln finden Sie
weitere Informationen in Kapitel III.
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LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG VERSCHIEDENES
ERFREULICHES
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sen, das Rauchfleisch selbst zu etikettieren. Lieferscheine oder Rechnungen konnten nicht vorgelegt werden, diese wären
beim Steuerberater, nur den Namen des herstellenden Metzgers gab der Gewerbetreibende preis.
Da diese Aussage der Lebensmittelüberwachung doch sehr fragwürdig erschien, wurde bei der herstellenden Metzgerei
nachgefragt. Die Lebensmittelüberwachung erhielt dort die Auskunft, dass der besagte Gewerbetreibende immer nur
unverarbeitetes Fleisch bezieht, aber nie Rauchfleisch. Erneut wurde der Gewerbetreibende aufgesucht. Anfänglich gab er
wieder an, lediglich verpackte Wurstwaren zu handeln. Doch das Lügengespinst fiel durch gezielte Fragen der Lebensmit-
telkontrolleure in sich zusammen. Zunächst versuchte der Gewerbetreibende darzustellen, dass das unverarbeitete Fleisch
bei einem benachbarten Metzger gesalzen und geräuchert würde. Schlussendlich gab er aber zu, dass er das Fleisch in
der Brennerei seiner Schwester einlegt, räuchert und in seiner Waschküche trocknet, aufschneidet und etikettiert. In der
Brennerei schlachtet die Schwester zudem noch Kaninchen und Geflügel und brennt Schnäpse, was der Lebensmittel-
überwachung auch nicht bekannt war.
Verfärbtes Ei
Eine Verbraucherin beschwerte sich beim zuständigen Veterinäramt über die Verpflegung, die ihr Kind im Rahmen eines
Sommerferienprogramms erhalten hatte. Das Kind hatte ein Käse-Ei-Brötchen mit nach Hause gebracht und die Mutter
entdeckte auf dem Brötchenbelag grünliche Verfärbungen des gekochten Eis. Das Brötchen wurde fotografiert und da-
nach mit dem Hausmüll entsorgt. Die Behörde erhielt die Beschwerde samt Fotos per E-Mail und kontrollierte daraufhin
den Bäckereibetrieb, in dem die Brötchen belegt worden waren.
Es wurden keinerlei Hygienemängel festgestellt. Stutzig wurden die Kontrolleure über den interessanten Hinweis, dass in
der Bäckerei ähnliche Farbveränderungen schon einmal bei der Kombination von Sonnenblumenkernbrötchen mit hart-
gekochtem Ei beobachtet worden waren. Sie gaben diesen Hinweis an das CVUA Freiburg weiter, das sofort eine Ver-
suchsreihe anlegte.
Der Hinweis aus der Bäckerei erwies sich als Volltreffer. Da sich Sonnenblumenkerne durch einen vergleichsweise ho-
hen Kupfergehalt auszeichnen, gelang es im Labor, Verfärbungen wie auf den Beschwerdefotos durch den Kontakt von
hartgekochten Eischeiben mit Sonnenblumenkernen oder auch mit Kupferdrähten zu erzeugen. Hinweise auf eine ge-
sundheitsschädliche Wirkung ergaben sich zwar nicht, aber schon aufgrund der optischen Beeinträchtigung wird der
Bäckereibetrieb in Zukunft seine Sonnenblumenkernbrötchen anders belegen.
Wie bereits erwähnt, stellen diese Fallbeispiele nicht die Regel dar. Die überwiegende Mehrzahl der Kontrollen in den
verschiedenen Lebensmittelbetrieben ergab ein erfreuliches Ergebnis, da die lebensmittelrechtlichen Anforderungen ein-
gehalten wurden. Einige besonders positive Eindrücke aus verschiedenen Bereichen sollen daher auch in diesem Bericht
erwähnt werden. Durch Eigeninitiative, Kreativität und durch ein besonders gutes Hygieneverständnis wurden hier prakti-
sche Lösungen gefunden, die auch die Lebensmittelüberwachungsbehörde überzeugen konnten.
ErfreulichesMit Eigeninitiative zu einer vorbildlichen Betriebshygiene
Bei einer Regelbetriebskontrolle einer Metzgerei führte der
Inhaber verschiedene, für seinen Betrieb maßgefertigte
Konstruktionen vor, die in einigen häufig anzutreffenden
Problembereichen wesentlich zu einer Verbesserung der
Betriebs- und Arbeitshygiene beitragen.
Problem: Eine häufige Beanstandung in Kühlhäusern ist
die Bodenlagerung von Behältnissen. Diese ist zu ver-
meiden, da die vom Fußboden aufgenommenen Kisten
– wenn sie anschließend auf die Arbeitstische gestellt wer-
den – diese verunreinigen.
Lösung: Hier sorgt dieses rollbare Metallrahmen-System
für Übersichtlichkeit, Sauberkeit und vereinfachte Hand-
habung. Die Kisten sind hierbei nicht einfach aufeinander
gestapelt, sondern einzeln zu entnehmen.
Problem: In Metzgereien werden Lackschürzen als Teil
der Schutzkleidung nass gereinigt und sollen danach mög-
lichst rasch und vollständig abtrocknen. Bei der üblichen
Trocknung werden die Schürzen an Wandhaken aufge-
hängt, hierbei entstehen allerdings Falten, sodass diese
Zwischenräume nur schlecht abtrocknen. Diese Feuchtig-
keitsansammlungen begünstigen Schimmelbildung.
Lösung: Hier werden die Schürzen auf überdimensionale
Kleiderbügel annähernd faltenfrei gespannt, im Deckenbe-
reich aufgehängt und können dort vollständig abtrocknen.
Problem: Die Rostbildung an frisch gereinigten Maschi-
neneinsätzen gibt häufig Anlass zu Beanstandungen. Nach
ihrer Reinigung werden die Metallteile häufig so gelagert,
dass durch unmittelbaren Kontakt der Einsätze keine Ab-
trocknung erfolgen kann und sich somit Rost bildet.
Lösung: Auf einem Kunststoffbrett sind Aufhängevorrich-
tungen angebracht, die mit einem Abstandhalter zur Un-
terlage versehen sind. Somit ist für eine gute Luftzirkulation
und Abtrocknung der eingehängten Teile gesorgt.
Gute Wildbrethygiene
Wildbret ist für viele eine Bereicherung des Speisezettels.
Für manche Verbraucher ist jedoch Wildbret untrennbar
mit dem Begriff „Hautgout“ verbunden; dieser sehr stren-
ge, angeblich typische Wildgeschmack und -geruch hält
viele vom Verzehr ab. Dabei kommen diese Merkmale häu-
fig durch mangelhafte Kühlung und zu spätes Ausweiden
zustande und kennzeichnen den fortschreitenden Eiweiß-
verderb. Eine zeitgemäße Wildbrethygiene vermeidet sol-
che Mängel.
Jäger, die Wildbret an Dritte abgeben, sind als Lebensmit-
telunternehmer anzusehen und gesetzlich dazu verpflich-
tet, sichere Lebensmittel in Verkehr zu bringen. Die hier
abgebildete Wildkammer wurde im vergangenen Jahr vom
Veterinäramt abgenommen.
Der hygienische Umgang mit dem Wildbret kann nur in
einer entsprechenden Umgebung gelingen. Eine optimal
ausgestattete Wildkammer auch auf kleinem Raum – wie
hier auf unserer Abbildung – bietet hierfür das geeignete
Arbeitsumfeld: gut ausgeleuchtet, komplett gefliest und
daher leicht zu reinigen und zu desinfizieren, mit Insekten-
schutz an den Fenstern, Warmwasseranschluss und aus-
reichenden Kühlmöglichkeiten.
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Teil III Untersuchungen
LebensmittelKosmetische MittelBedarfsgegenständeTabakwaren
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LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG
Kurioses Kontrolle abbestellt
Die Lebensmittelkontrolle hat einen Lebensmittelbetrieb
„wegen extremer Sparsamkeit“ in der Risikoanalyse hoch
eingestuft. Dieser musste deshalb bis auf Weiteres viertel-
jährlich mit Kontrollen rechnen. Hauptursache waren Hy-
gienemängel im Betrieb und defekte Geräte. So war die
einzige, uralte Spülmaschine seit Monaten praktisch funk-
tionsunfähig, der Boiler zur Warmwasserbereitung für die
Personaltoiletten ging in regelmäßigen Abständen kaputt,
ebenso der Ablauf des Kondenswassers im Kühlraum –
meist ausgerechnet kurz vor einer Kontrolle. Wegen der
wiederholten Verstöße waren Zwangsgelder bereits fest-
gesetzt und auch schon mehrfach beigetrieben worden.
Im Februar 2015 war dem Betreiber klar, dass die nächste
Kontrolle unmittelbar bevorstehen müsste. Deshalb wurde
mehrfach versucht, den zuständigen Lebensmittelkont-
rolleur auf seinem Privathandy zu kontaktieren und auch
im Dienst zu erreichen. Als dies endlich gelungen war, er-
reichte ihn die aufgeregte Botschaft: „Sie kommet doch
net heut oder morga? Bei uns isch nämlich grad der Boiler
verreckt ond mir hend koi Zeit für da Kundadienscht. Sie
kommet doch bestimmt net glei, oder?“
Kirchenasyl?
Anfang August wurde eine Kontrolle beim Kirchenfest in
einer Kreisgemeinde durchgeführt. Bei seiner Ankunft, so
berichtete der Lebensmittelkontrolleur humorvoll, flüch-
teten alle an der Ausgabe von Lebensmitteln beteiligten
Personen in die Kirche. Der Lebensmittelkontrolleur musste
geraume Zeit warten. Die Flucht war insofern begründet,
als er keine Handwaschgelegenheit vorfand. Das einzige,
was zur Verfügung stand, war Weihwasser. Dem Mangel
wurde umgehend abgeholfen und so konnte die Feier be-
ginnen.
„Wasser ist zum Waschen da“
Ein Verbraucher wandte sich besorgt an die Lebensmittel-
überwachung, nachdem ihm beim Besuch einer Gaststätte
ein Glas Leitungswasser als Getränk verwehrt wurde.
Die Begründung des Gastwirtes lautete, dass aufgrund des
schlechten Zustandes der Wasserleitungen das Wasser
daraus nicht trinkbar sei. Bei der darauffolgenden Betriebs-
kontrolle bestätigte der Inhaber zunächst diese Aussage
gegenüber dem Lebensmittelkontrolleur und fügte hinzu,
dass aufgrund der alten Leitungen das Wasser wahrschein-
lich kontaminiert sei. Als dem Gastwirt deutlich gemacht
wurde, dass unter diesen Bedingungen keine Lebensmittel
mehr abgegeben werden dürften, wurde dieser kleinlaut.
Er gab zu, dass es keinerlei Hinweise auf eine mangelhafte
Wasserqualität gäbe, er wollte eben lieber andere Getränke
verkaufen als Leitungswasser abgeben.
Gute Zusammenarbeit
Im August 2015 begegneten sich der Lebensmittelkont-
rolleur und der Geschäftsführer im Supermarkt. Letzterer
freute sich und sagte ganz stolz: „Es ist unfassbar, was so
ein Schreiben von Ihnen bewirken kann! Ich habe für alle
TK-Truhen Deckel bekommen. Jetzt machen die Tempera-
turkontrollen richtig Spaß!“
Blattspinat mit Beilage
Als Beschwerdeprobe wurde der Lebensmittelüberwa-
chung eine leere Blattspinat-Pappschachtel mit einem
grün-braunen Fremdkörper in einer Plastiktüte übergeben.
Der Fremdkörper hatte sich im tiefgefrorenen Spinat be-
funden.
Die Untersuchung ergab, dass es sich bei dem Fremd-
körper um Korpusteile einer Kröte mit dunkelgrüner, leder-
artiger Haut handelte – höchstwahrscheinlich um eine Ge-
meine Erdkröte. Die Probe wurde als ekelerregend beurteilt
– wohl für jeden nachvollziehbar.
Dr. Sabine Burgermeister, LRA Rhein-Neckar-Kreis
Untersuchungsergebnisse: Übersicht in Zahlen 38Achtung: Gesundheitsgefahr! 41 Krankmachenden Lebensmittelkeimen auf der Spur 42Achtung: Gefahr beim Verschlucken 45Tödliches Gartengemüse 46Gefährliche Haarglätter 47Strahlend weiße Zähne – nicht ungefährlich 48
Sagt das Etikett die Wahrheit? 48Sagt das Etikett alles? 48Fremdwasser in Geflügelfleisch? 49Was ist die LMIV? 51Nicht besonders super 5 2 Schlank und fit mit Pillen? 53
Auf Spurensuche … 54Radioaktivität 54Pflanzenschutzmittelrückstände und organische Kontaminanten 55Tierarzneimittelrückstände 57Gentechnik und Lebensmittel 58Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten 59Herstellungsbedingte Kontaminanten 62Mykotoxine und Biotoxine 62
Was ist drin? 68Allergene in Lebensmitteln 682015 – kein gutes Jahr für Olivenöl-Freunde 69Insekten – igitt oder lecker? 70Wie kommt Bisphenol F in Senf? 71Non-Food – auch ein Thema der Lebensmittelüberwachung 72
◆
38 39
Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung wurden
insgesamt 48.016 Proben (Vorjahr: 50.318) chemisch, physi-
kalisch und mikrobiologisch untersucht: 41.626 Lebensmittel
(Vorjahr: 44.078), 1.668 Weine (Vorjahr: 1.558), 2.042 kos-
metische Mittel (Vorjahr: 1.969), 2.302 Bedarfsgegenstände
(Vorjahr: 2.361), 343 Tabakerzeugnisse (Vorjahr: 308) und
35 sonstige Produkte (Vorjahr: 44), die zum Beispiel wegen
der möglichen Gesundheitsgefahr durch Verwechselbarkeit
mit Lebensmitteln überprüft wurden.
Obwohl Trinkwasser das wichtigste Lebensmittel darstellt,
unterliegt es rechtlich der Trinkwasserverordnung und nicht
dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch. Der große
Bereich Trinkwasser wird deshalb separat dargestellt (siehe
Kapitel IV).
Außerdem wurden 14.949 Proben (Vorjahr: 13.033) im Rah-
men des Nationalen Rückstandskontrollplanes für Lebens-
mittel tierischer Herkunft untersucht, bei dem unter anderem
Fleisch, Milch, Eier und Honig auf Rückstände unerwünsch-
ter Stoffe untersucht werden. 1.506 Proben (Vorjahr: 1.151)
wurden auf Radioaktivität und 5.585 Proben (Vorjahr: 5.342)
im Rahmen der Trinkwasserüberwachung (siehe Kapitel IV)
untersucht.
Der Begriff „Beanstandung“ umfasst jede festgestellte
Abweichung von der Norm, unabhängig von der Art oder
dem Ergebnis der weiteren Verfolgung. Die Feststellungen,
die im Gutachten ihren Niederschlag finden, unterliegen
gegebenenfalls noch der richterlichen Nachprüfung. Ins-
besondere sind hier nicht nur Abweichungen in stofflicher
Hinsicht, sondern auch Verstöße gegen Kennzeichnungs-
vorschriften und Kenntlichmachungsgebote aufgeführt.
Untersuchungsergebnisse: Übersicht in Zahlen
Die Untersuchung und Beurteilung von Lebensmitteln, Wein, kosmetischen Mitteln, Bedarfsgegenständen und Tabak-
waren ist neben den Betriebskontrollen (siehe Kapitel II ) die zweite Säule der amtlichen Lebensmittelüberwachung.
Die Art der Beanstandung ist aus den nachfolgenden Gra-
fiken und Tabellen erkennbar.
Probenanforderung und Probenahme erfolgen risikoorien-
tiert, es werden Verdachts-, Beschwerde- und Vergleichs-
proben eingesandt und die Untersuchung der Proben wird
zielgerichtet durchgeführt. Die Zahl der Beanstandungen
ist deshalb nicht repräsentativ für das Marktangebot und
erlaubt nur eingeschränkt Rückschlüsse auf die Qualität
unserer Lebensmittel insgesamt.
Die festgestellten Verstöße beruhten auf folgenden
Mängeln:
n Mängel der Kennzeichnung und Aufmachung,
n Mängel der Zusammensetzung und Beschaffenheit
(z.B. Qualitätsmängel),
n Mängel durch mikrobiologische Verunreinigungen,
mikrobiologischen Verderb,
n Mängel durch andere Verunreinigungen oder
Verderbsursachen,
n Mängel aus anderen Gründen,
n Beanstandungen aufgrund gesundheitsschädlicher
Eigenschaften.
Durch Zusammentreffen mehrerer Beanstandungsgründe
bei einer Probe kann die Anzahl der Beanstandungsgründe
höher sein als die der beanstandeten Proben.
Geeignet die Gesundheit zu schädigen waren ins-
gesamt 103 (0,21 %) Proben (Vorjahr: 106 = 0,21 %).
59 (0,14 %) Lebensmittelproben (Vorjahr: 81 = 0,18 %)
wurden als gesundheitsschädlich beurteilt – vor allem
wegen pathogener Keime (Listeria monocytogenes,
Salmonellen, verotoxinbildende Escherichia coli), mi-
krobiell verursachter toxischer Eiweißabbauprodukte
(Histamin), scharfkantiger Fremdkörper oder Verunrei-
nigung mit Säure, Lauge oder Lösungsmitteln. Auch
20 (0,87 %) der Bedarfsgegenstände- (Vorjahr: 12 =
0,51 %) – beispielsweise wegen Chrom VI in Leder-
kleidung – und 18 (0,88 %) Kosmetikaproben (Vorjahr:
9 = 0,46 %) – zum Beispiel wegen hohen Gehalten an
Coffein in Anti-Cellulite-Cremes oder an Formaldehyd in
Haarglättungsmitteln – mussten entsprechend beurteilt
werden. Außerdem waren 6 von 35 (Vorjahr: 4 von 44)
sonstigen scharfkantigen beziehungsweise verschluck-
baren Produkten wegen ihrer Verwechselbarkeit mit
Lebensmitteln als gesundheitsschädlich zu beurteilen.
Einzelheiten sind in der Tabelle im Kapitel „Achtung:
Gesundheitsgefahr! “ dargestellt.
Anteil der beanstandeten Proben an der Gesamtprobenzahl und Verteilung der Beanstandungsgründe
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LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE: ÜBERSICHT IN Z AHLENTEIL III UNTERSUCHUNGEN
kosmetische Mittel
mikrobiologische Verunreinigungen oder Verderb 0
andere Verunreinigungen oder Verderbsursachen 0
Zusammmensetzung, Beschaffenheit 47
Kennzeichnung, Aufmachung 223
andere Gründe 23
gesundheitsschädlich 18 Anzahl an Beanstandungen*
untersuchte Proben 2.042
davon beanstandet 274
Anteil in [%] 13,4
nicht beanstandet 1.768
Anteil in [%] 86,6
23 47
223
18
Lebensmittel
mikrobiologische Verunreinigungen oder Verderb 1.551
andere Verunreinigungen oder Verderbsursachen 604
Zusammensetzung, Beschaffenheit 497
Kennzeichnung, Aufmachung 4.654
andere Gründe 1.326
gesundheitsschädlich 59Anzahl an Beanstandungen*
untersuchte Proben 43.295
davon beanstandet 7.275
Anteil in [%] 16,8 %
davon nicht beanstandet 36.020
Anteil in [%] 83,2 % 604
4.654
1.551
497
591.326
Bedarfsgegenstände
mikrobiologische Verunreinigungen oder Verderb 0
andere Verunreinigungen oder Verderbsursachen 24
Zusammmensetzung, Beschaffenheit 234
Kennzeichnung, Aufmachung 288
andere Gründe 0
gesundheitsschädlich 20Anzahl an Beanstandungen*
untersuchte Proben 2.302
davon beanstandet 498
Anteil in [%] 21,6 %
davon nicht beanstandet 1.804
Anteil in [%] 78,4 %
20 36
* Je beanstandeter Probe können bis zu 3 Beanstandungen gezählt werden.
288
234
Art der Proben 2015 2014 2013
Amtliche Lebensmittelüberwachung:
Lebensmittel (ohne Wein) 41.626 44.078 46.643
Wein 1.668 1.558 1.772
kosmetische Mittel 2.042 1.969 2.008
Bedarfsgegenstände (z.B. Verpackungsmaterial, Spielwaren, Gegenstände mit Hautkontakt, Reinigungs- und Pflegemittel) 2.302 2.361 2.202
kein Erzeugnis nach LFGB 35 44 21
Tabakerzeugnisse 343 308 272
Probenzahl gesamt 48.016 50.318 52.918
Sonstige Proben:
Nationaler Rückstandskontrollplan (u.a. Fleischhygieneproben) 14.949 13.033 13.839
Radioaktivität (2012 einschl. IMIS-Übung) 1.506 1.151 1.595
Trinkwasser 5.585 5.342 6.079
Hygieneproben (Mikrobiologie zur Betriebshygieneüberprüfung) 734 801 696
Weinmost (während der Lesezeit) 710 679 698
4140
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW
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ÜBERSICHT: UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE
ACHTUNG: GESUNDHEITSGEFAHR!
TEIL III UNTERSUCHUNGEN
Übersicht: Untersuchungsergebnisse Achtung: Gesundheitsgefahr!
Lebensmittel 43.294 7.274 16,8 % 1.566 638 497 4.653 1.326
Milch und Milchprodukte 3.150 380 12,1 % 180 4 21 178 129
Eier und Eiprodukte 1.001 123 12,3 % 3 13 8 81 82
Fleisch, Wild, Geflügel und deren Erzeugnisse 7.980 1.563 19,6 % 591 31 160 894 257
Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere und deren Erzeugnisse 2.643 488 18,5 % 188 29 42 270 53
Fette und Öle 835 168 20,1 % 1 60 33 96 12
Suppen, Brühen, Saucen, Feinkostsalate 1.298 321 24,7 % 72 4 4 247 58
Getreide, Backwaren und Teigwaren 4.367 740 16,9 % 184 77 59 434 118
Obst, Gemüse und deren Erzeugnisse 4.814 564 11,7 % 59 234 15 139 197
Kräuter und Gewürze 944 177 18,8 % 8 8 11 153 6
alkoholfreie Getränke (inkl. Mineral- und Tafelwasser) 3.742 472 12,6 % 121 33 13 273 61
Wein 1.668 218 13,1 % 0 4 25 196 18
alkoholische Getränke (außer Wein) 2.177 414 19,0 % 48 29 13 313 148
Eis und Desserts 1.551 232 15,0 % 55 14 18 151 40
Zuckerwaren 1.608 331 20,6 % 3 7 5 308 69
Schokolade, Kakao und kakaohaltige Erzeugnisse, Kaffee, Tee 1.152 135 11,7 % 1 13 18 107 9
Hülsenfrüchte, Nüsse und deren Erzeugnisse, Knabberwaren 824 91 11,0 % 5 30 9 58 1
Fertiggerichte 1.689 469 27,8 % 45 13 7 413 28
Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung, Nahrungsergänzungsmittel 1.481 361 24,4 % 1 33 33 321 40
Zusatzstoffe 370 27 7,3 % 1 2 3 21 0
Kosmetische Mittel 2.042 274 13,4 % 0 18 47 223 23
Mittel zur Hautreinigung und Hautpflege 1.228 150 12,2 % 0 10 15 133 12
Haarbehandlungs-/Reinigungs- und Pflegemittel
für die Mundhygiene und Nagelkosmetik 459 70 15,3 % 0 8 22 45 8
Deodorants und Parfüms 90 10 11,1 % 0 0 0 10 0
Mittel zur Beeinflussung des Aussehens (Make-up, Sonnenschutz) 241 39 16,2 % 0 0 9 31 3
Rohstoffe für kosmetische Mittel 5 0 0,0 % 0 0 0 0 0
Tätowiermittel 19 5 26,3 % 0 0 1 4 0
Bedarfsgegenstände 2.302 498 21,6 % 0 44 234 288 0
Gegenstände und Materialien mit Lebensmittelkontakt 1.091 289 26,5 % 0 14 114 211 0
Gegenstände mit Körperkontakt 864 155 17,9 % 0 21 92 60 0
Spielwaren und Scherzartikel 288 29 10,1 % 0 0 26 3 0
Reinigungs- und Pflegemittel 59 25 42,4 % 0 9 2 14 0
Verpackungsmaterialien für kosmetische Mittel und Tabakwaren 0 0 0 0 0 0 0 0
Kein Erzeugnis nach LFGB 35 7 20,0 % 0 0 0 0 7
Tabakwaren 343 41 12,0 % 0 0 35 5 1
Trinkwasser (siehe Kapitel IV) 5.585 621 11,1 % 547 1 11 0 87
Produktgruppe
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Ergebnisse der Untersuchungen an Lebensmitteln, kosmetischen Mitteln, Bedarfsgegenständen, Tabakwaren und Trinkwasser.
Als gesundheitsschädlich beurteilt wegen Probenbezeichnung Anzahl
Lebensmittel 59
Bacillus cereus Spätzle 1
Listeria monocytogenes Schnittkäse, Hackfleisch (3x), Lachsschinken, Rindswurst, Leberwurst, geräucherte Forellenfilets, Pesto (2x) 10
Salmonella Give und Salmonella Chicago Sesammus 1
Salmonella Minnesota Moringa Blattpulver bzw. Kapseln 2
Salmonella spp. Zwiebelmettwurst 1
Enterotoxin des Staphylococcus aureus Lachs 1
Staphylococcus aureus (und Enterotoxin) Kartoffelsalat 1
Verotoxinbildende Escherichia coli (VTEC) Hackfleisch (4x), Zwiebelmettwurst 5
Histamin Thunfisch (4x), Thunfischsalat 5
Cucurbitacine Zucchini 1
Hoher Chloratgehalt, Kontamination mit Perchlorat und Verunreinigung mit Trihalogenmethanen Nahrungsergänzungsmittel (Wasser mit Kochsalz) als Nachprobe zu Probe aus 2014 1
Erhebliche Überschreitung der sicheren maximalen Tagesdosis von Vitamin B6 Nahrungsergänzungsmittel für Sportler bei intensiver Muskelanstrengung 1
Zugesetztes Desinfektionsmittel (QAV ) Fleischküchle 1
Ätzende Wirkung durch extrem niedrigen pH-Wert Flüssigkeit in einer Mineralwasserflasche 1
Erstickungsgefahr Hartzuckerbälle 1
Verletzungsgefahr durch Tierkralle, Knochensplitter, Zahn Bratwurst, Bauernbrot, Eintopf 3
Verletzungsgefahr durch Glasscherben, -splitter oder -stücke Joghurt, marinierte Steaks, Knoblauchsauce, Mehrkornbrot, Kürbiskerne, Gemüsemischung, Steinobstbrand, Erdbeerlikör, Pizza 9
Verletzungsgefahr durch scharfkantige, spitze bzw. harte
Fremdkörper aus Kunststoff Bio-Milch, Brot (2x), Erbsenkonserve 4
Verletzungsgefahr durch Aluminiumfäden, Drahtstücke, Metallunterlegscheibe, Eincentmünze Cornflakes, Berliner, Bohnenkonserve, Hähnchenbrustfilet, Chips 5
Verletzungsgefahr durch andere Fremdkörper wie Dorn, Steine, Zahnstocher Suppe, Winzerbrötchen, Hefekranz, Kartoffelknabbererzeugnis, Fertiggericht 5
Bedarfsgegenstände 20
Hoher Chrom(VI)-Gehalt (größer 3 mg/kg) Lammfellsohle, Lederschuhe (2x), Lederhandschuhe (7x), Ledergürtel (4x), Lederarmband (2x) 16
Verletzungsgefahr bei bestimmungsgemäßem Gebrauch Teller, Suppen bzw. Salat-/Dessertschalen (2x), Schleckmuscheln 4
Kosmetische Mittel 18
Hoher Gehalt an Coffein, das durch die Haut aufgenommen werden kann Anti-Cellulite Cremes 10
Hoher Gehalt an freiem Formaldehyd Haarglättungsmittel 5
Methylacryalat, das ein hohes Sensibilisierungspotenzial aufweist Nagelbehandlungsmittel 1
Gehalt an Wasserstoffperoxid, der für die Abgabe an Endverbraucher unzulässig ist Zahnbleichmittel 1
Verbotener Stoff (2-Aminophenol) Färbemittel für Augenbrauen 1
Kein Erzeugnis nach LFGB 6
Verwechselbarkeit mit Lebensmitteln (scharfkantig, verschluckbar) Dekogegenstände (Äpfel, Erdbeeren, Trauben …) 6
4342
Krankmachendes Sesammus
Im Februar 2015 klagte eine Verbraucherin etwa 12 Stun-
den, nachdem sie Sesammus (Tahin) verzehrt hatte, über
Bauchschmerzen, Übelkeit, Durchfall und Fieber. Sie über-
gab deshalb die Restmenge des Produktes an die zustän-
dige Lebensmittelüberwachungsbehörde, die das Lebens-
mittel zur weiteren Untersuchung an das CVUA Stuttgart
weiterleitete. Dort wurden mithilfe der mikrobiologischen
Untersuchung aus dem Sesammus gleich 2 Salmonella-
Serovare nachgewiesen: Salmonella Give und Salmonella
Chicago. Eine Lebensmittelinfektion durch Salmonellen
führt in der Regel 12 bis 36 Stunden nach dem Verzehr
des Lebensmittels zu Symptomen wie Kopfschmerz, Un-
wohlsein, Erbrechen, Leibschmerzen, leichtem Fieber und
Durchfällen. Die Sachverständige beurteilte deshalb das
Sesammus als gesundheitsschädlich.
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL III UNTERSUCHUNGEN KRANKMACHENDEN LEBENSMIT TELKEIMEN AUF DER SPUR
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15Krankmachenden Lebensmittelkeimen auf der Spur
Die 4 CVUAs untersuchen amtliche Lebensmittelproben auf ihre mikrobiologische Unbedenklichkeit. Sie haben
2015 insgesamt 13.880 Proben (Vorjahr: 15.863), bestehend aus 10.113 Planproben und 3.767 Anlassproben,
mikrobiologisch untersucht. 942 Planproben (8,0 %) und 754 Anlassproben (18,3 %) haben sie aufgrund dieser
Untersuchungen beanstandet und bei 655 Proben darüber hinaus auf Mängel hingewiesen. 27 Proben (0,2 %)
wurden als gesundheitsschädlich beurteilt. 495 Proben (3,1 %) waren aufgrund des grobsinnlichen und/oder
mikrobiologischen Untersuchungsbefundes „nicht mehr zum menschlichen Verzehr geeignet“, 94 Proben (0,6 %)
„wertgemindert“.
Zentral im Land untersucht das CVUA Stuttgart mikrobiologisch Lebensmittelproben, die in einem
Erkrankungszusammenhang stehen. Es hat im Jahr 2015 im Zusammenhang mit vermeintlich lebensmittelbe-
dingten Erkrankungen insgesamt 1.261 sogenannte Erkrankungsproben zu 323 Ausbrüchen bearbeitet. Ein le-
bensmittelbedingter Krankheitsausbruch ist laut AVV Zoonosen Lebensmittelkette definiert als „das Auftreten ei-
ner mit demselben Lebensmittel in Zusammenhang stehenden oder wahrscheinlich in Zusammenhang stehenden
Krankheit in mindestens 2 Fällen beim Menschen oder eine Situation, in der sich die festgestellten Fälle stärker
häufen als erwartet“. Diese Proben sind nicht planbar. Der Vergleich der letzten 6 Jahre zeigt, dass die Zahl der
Ausbrüche und die Zahl der eingeschickten Proben tendenziell leicht abgenommen haben.
Zahl der Proben, die 2015 als gesundheitsschädlich beanstandet wurden wegen:
◆
10
5
4
1
5
Listeria monocytogenes 10
verotoxinbildende Escherichia coli (VTEC) 5
Histamin 5
Salmonellen 4
Staphylococcus aureus einschl. Staph. Enterotoxin 2
Bacillus cereus 1
2
Welche Wirkung hatte das Gutachten?
Aufgrund des Gutachtens mussten keine aktuellen Maß-
nahmen ergriffen werden. Denn der Hersteller hatte die-
ses Produkt bereits im Januar 2015 öffentlich zurückge-
rufen. Die Behörden hatten die Unternehmensmeldung
im Portal www.Lebensmittelwarnung.de ein- gestellt
und diese ging zumindest im Internet durch die Medi-
en. Auch die belieferten Lebensmittelgeschäfte hatten
per Aushang vor der Salmonellen-Kontamination des
Sesammuses gewarnt. Dennoch hatte diese wichtige
Information die erkrankte Verbraucherin offensichtlich
nicht erreicht. Der Fall macht 2 Dinge deutlich: Zum
einen ist die Information der Öffentlichkeit gerade bei
verzehrsfertigen Lebensmitteln, die mit Krankheitserre-
gern verunreinigt sind, zwingend notwendig, weil hier
die konkrete Gesundheitsgefahr vorliegt. Zum anderen
ist es schwierig, alle Verbraucherinnen und Verbrau-
cher tatsächlich zu erreichen und damit die Gefahr der
Gesundheitsschädigung zu verhindern.
Listerien-Untersuchungen
Listeria monocytogenes
ist als Auslöser schwer-
wiegender lebensmittel-
bedingter Erkrankungen
bekannt. Im Vergleich zu
Campylobacter-Infektio-
nen und Salmonellosen
ist die Listeriose zwar
eine eher seltene Erkran-
kung, allerdings weist sie eine hohe Sterblichkeitsrate
von 20 % auf, insbesondere bei gefährdeten Bevölke-
rungsgruppen wie zum Beispiel älteren Menschen. Bei
Patienten mit gutem Immunsystem verläuft die Infekti-
on meist symptomlos oder mit leichter, grippeähnlicher
Symptomatik. Dagegen können die Erreger bei Patien-
ten mit Abwehrschwäche schwere Infektionen verur-
sachen. Die Listeriose während der Schwangerschaft
kann zum Abort oder konnataler Listeriose führen.
Der Verzehr kontaminierter Lebensmittel gilt als haupt-
sächlicher Übertragungsweg auf den Menschen, wobei
die Lebensmittel ihrerseits einer Vielzahl von Kontamina-
tionsquellen ausgesetzt sein können. Listerien sind über-
all verbreitet, besonders an kühlen, feuchten Stellen. Der
Nachweis von Listerien in Lebensmitteln weist immer auf
ein Hygieneproblem hin.
Gemäß den mikrobiologischen Sicherheitskriterien der VO
(EG) Nr. 2073/2005 gelten verzehrfertige Lebensmittel mit
L. monocytogenes-Gehalten von über 100 KbE/g als nicht
sicher. Sie sind geeignet, die menschliche Gesundheit zu
schädigen.
Nachfolgend werden Beispiele zu lebensmittelbedingten Erkrankungsfällen dargestellt.
Birgit Bienzle, MLR
Listerien-Untersuchungen in Baden-Württemberg
Von 9.482 in Baden-Württemberg auf Listerien un-
tersuchten Proben konnten die CVUAs in 338 Pro-
ben (3,6 %) diese Bakterien nachweisen. In 201
Fällen haben sie die pathogene Art L. monocyto-
genes differenziert (2,1 %). Am häufigsten wurde
L. monocytogenes nachgewiesen in rohem roten
Fleisch einschließlich Rohwürsten (93) und bei
Fischerzeugnissen (53). Bei letzteren handelte es
sich überwiegend um vakuumverpackte Räucher-
fischwaren. Eine Gefahr für den Menschen stellen
diejenigen kontaminierten Lebensmittel dar, die vor
dem Verzehr nicht mehr unbedingt durcherhitzt
werden. Aus diesem Grund wurden 10 Lebensmit-
tel wegen des Nachweises von L. monocytogenes
in einer Konzentration über 100 KbE/g als nicht
sicher und gesundheitsschädlich beurteilt: 3 Mal
rohes Hackfleisch, 3 Mal Fleischerzeugnisse, 1 Mal
Schnittkäse, 1 Mal geräucherte Forellenfilets und
2 Mal Pesto-Proben.
◆
4544
Die derart verunreinigten Lebensmittel sind als nicht sicher
zu beurteilen. Wenn nicht ausgeschlossen werden kann,
dass es sich um einen Einzelfall handelt und derart verun-
reinigte Ware in den Privathaushalten vorhanden ist, er-
folgt nicht nur eine Rücknahme im Handel, sondern auch
die Information der Öffentlichkeit über die Medien und im
Internet auf dem bundesweiten Portal www.Lebensmittel-
warnung.de. Bei Produkten, die in Baden-Württemberg an
Verbraucherinnen oder Verbraucher abgegeben wurden,
informiert das MLR auch auf der eigenen Internetseite:
http://mlr.baden-wuerttemberg.de > Unser Service > Le-
bensmittel- und Produktwarnungen.
Ein kurioser Fall eines Fremdkörpers, der ekelerregend,
nicht aber gesundheitsschädlich war, wird in Kapitel II be-
schrieben. Über die „Kröte im Spinat“ ist auch ein kurzer
Internetbericht veröffentlicht: www.ua-bw.de.
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL III UNTERSUCHUNGEN KRANKMACHENDEN LEBENSMIT TELKEIMEN AUF DER SPUR
ACHTUNG: GEFAHR BEIM VERSCHLUCKEN
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15Achtung:
Gefahr beim Verschlucken
Das gehört nicht in Lebensmittel
Fremdkörper in Lebensmitteln stellen ein erhebliches
Sicherheitsproblem dar. Sie gelangen entweder durch
die Rohwaren oder beim Produktionsprozess in die Le-
bensmittel. Ein erheblicher Teil der Rückrufe von Le-
bensmitteln erfolgt wegen enthaltener Fremdkörper;
diese sind nicht nur ekelerregend, sondern meist auch
geeignet, die Gesundheit der Verbraucher zu schädi-
gen. Die Suche nach der Herkunft eines Fremdkörpers
gestaltet sich meist schwierig und erfordert nicht sel-
ten detektivischen Spürsinn und technisch aufwendige
Nachuntersuchungen.
Bei der Lebensmittelüberwachung gehen regelmäßig Ver-
braucherbeschwerden ein, wenn in Lebensmitteln etwas
gefunden wird, was dort mutmaßlich nicht hineingehört.
Manchmal sind sie „nur“ ekelerregend, manchmal sogar ge-
sundheitsschädlich. In der tabellarischen Übersicht der als
gesundheitsschädlich beanstandeten Lebensmittel ist wieder
eine große Vielfalt solcher Beispiele aufgeführt. Fremdkörper
aus Glas, Metall, Kunststoff oder Holz, aber auch Knochen-
stücke und Steine, die beim Verzehr aufgrund der Form und
Größe zu Verletzungen führen können, wurden von Verbrau-
cherinnen und Verbrauchern in Lebensmitteln gefunden.
Auf der Suche nach der Nadel im Heuhaufen2014 hat das RKI erneut auf eine Häufung von Listeriose-
Erkrankungen in verschiedenen Landkreisen in Baden-
Württemberg hingewiesen. Bei der Feintypisierung die-
ser Isolate zeigte sich, dass es sich sehr wahrscheinlich
um denselben Stamm handelte (PFGE-Muster 13a/54),
der seit 2012 bereits über 30 Erkrankungen in mehre-
ren Bundesländern verursacht hatte. Um in einem sol-
chen Fall die mögliche Infektionsquelle zu ermitteln, ist
ein gemeinsames Vorgehen der Lebensmittelüberwa-
chungsbehörden und des öffentlichen Gesundheitswe-
sens notwendig. Durch gute Kontakte und regelmäßige
Zusammenarbeit der Behörden und Untersuchungsäm-
ter, wie LGA und CVUA Stuttgart, wird dies erleichtert.
Erste Patientenbefragungen lenkten den Verdacht auf
Brühwürstchen. In anschließenden umfangreichen Unter-
suchungen durch die CVUAs konnte dieser Verdacht
jedoch nicht bestätigt werden. Derzeit untersucht das
CVUA Stuttgart verstärkt L. monocytogenes-Isolate aus
der amtlichen Routine sowie aus betrieblichen Eigen-
kontrollen auf die Zugehörigkeit zu diesem sogenannten
„Würstel-Cluster“ mittels Infrarotspektroskopie. Zusätz-
lich werden die verdächtigen Proben zur Abklärung ans
BfR, das Nationale Referenzlabor für Listerien, gesandt.
Metallstück
Bislang konnte jedoch die Infektionsquelle nicht näher
eingegrenzt werden, die Untersuchungen werden daher
fortgeführt.
Histamin-Untersuchungen
Wenn Thunfischfleisch verdirbt, werden zahlreiche
Stoffwechsel- und Abbauprodukte gebildet, die für den
Menschen toxisch sein können. Insbesondere gehört
dazu das biogene Amin Histamin, das durch Eiweißab-
bau entsteht. Der toxische Schwellenwert ist bei Nor-
malpersonen im Bereich von 100 mg bei oraler Auf-
nahme anzusetzen. Da jedoch große Unterschiede in
der individuellen Empfindlichkeit gegen biogene Amine
bestehen, kann dieser Wert nur als grobe Orientierung
angesehen werden. Vergiftungsserscheinungen können
schon bei weit geringeren Konzentrationen auftreten.
Die Symptome einer Histaminvergiftung sind Brennen
im Mund, Taubheitsgefühl auf der Zunge, Hautrötungen
bis hin zum Nesselausschlag, Kopfschmerzen, Kreis-
laufbeschwerden, Schwindel, Übelkeit bis zum Erbre-
chen, Magenbeschwerden und Bauchschmerzen bis
zum Durchfall. Typischerweise treten diese Symptome
bereits 30 bis 60 Minuten nach dem Verzehr der thun-
fischhaltigen Lebensmittel auf.
Histaminvergiftungen durch keimbelastetes ThunfischfleischIn insgesamt 5 verschiedenen Fällen haben Lebensmittel-
überwachungsbehörden offenes Thunfischfleisch in Ver-
bindung mit Erkrankungen zur Untersuchung eingereicht.
In der Regel stammte es aus Pizzerien zur Herstellung von
Thunfischpizza, einmal handelte es sich um Thunfischsalat.
Allen beschriebenen Erkrankungsfällen war gemeinsam,
dass sehr rasch nach dem Verzehr der thunfischhaltigen
Lebensmittel die typischen Symptome einer Histaminver-
giftung aufgetreten waren. Tatsächlich konnten in allen Fäl-
len eine sehr starke Keimbelastung sowie hohe bis sehr
hohe Histamin-Gehalte von 173 bis 4.155 mg/kg nachge-
wiesen werden. In allen Fällen war deshalb ein Zusammen-
hang zwischen dem Verzehr der thunfischhaltigen Lebens-
mittel und den Erkrankungen anzunehmen. Das CVUA hat
die Lebensmittel als gesundheitsschädlich beurteilt.
Thunfischfleisch aus der Dose ist aufgrund der Herstel-
lung üblicherweise sehr keimarm. Erst wenn die Dosen in
der Gastronomie geöffnet und dann das Thunfischfleisch
zu lange und/oder unsachgemäß gelagert und behandelt
wird, entstehen die starken Keimbelastungen und daraus
resultierend die hohen Histamingehalte.
Die ausführlichen Untersuchungsergebnisse 2015 sind
im Internet veröffentlicht worden: www.ua-bw.de.
Dr. Alfred Friedrich und Dr. Sabine Horlacher, CVUA Stuttgart Metallspäne
Knochenstück
Eincent-Münze
Zahnstocher
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LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL III UNTERSUCHUNGEN ACHTUNG: GEFAHR BEIM VERSCHLUCKEN · TÖDLICHES GARTENGEMÜSE
GEFÄHRLICHE HA ARGL ÄT TER
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15Sind das Lebensmittel?
Nicht nur Fremdkörper in Lebensmitteln können gefähr-
lich sein, wenn sie mitverzehrt werden. Auch Produkte,
die gar keine Lebensmittel sind, können insbesondere
von Kleinkindern in den Mund genommen und ver-
schluckt werden, wenn sie mit Lebensmitteln verwech-
selbar sind. Scharfe oder spitze Teile können dabei im
Mund- und Rachenraum oder im Verdauungskanal zu
Verletzungen führen. Wenn sie als Ganzes verschluck-
bar sind, kann dies im schlimmsten Fall zum Ersticken
führen. Daher hat der Gesetzgeber verboten, solche
Produkte in den Verkehr zu bringen.
Immer wieder gerät deshalb Dekomaterial in den Fokus
der Lebensmittelüberwachungsbehörden. Im Berichtsjahr
hat das CVUA Stuttgart insgesamt 5 verschiedene Deko-
gegenstände aufgrund der genannten Gefahren als ge-
sundheitsschädlich beurteilt. Dazu gehörten Zieräpfelchen,
künstliche Erdbeeren, Trauben und Beeren. Solche Artikel
sind zu jeder Jahreszeit beliebt, daher bietet der Handel
immer naturgetreuere Früchte für die Zimmerdekoration
an. Aber nicht nur die Hersteller und Anbieter sind vom
Gesetzgeber in die Pflicht genommen. Auch Verbrauche-
rinnen und Verbraucher sollten Kleinkinder von solchen
Dekorationen auf Tischen, Fensterbänken und in hübschen
Schalen fernhalten, um kein unnötiges Risiko einzugehen.
Denn die Kleinen sind nicht nur neugierig, sondern neh-
men gerne auch alles Mögliche in den Mund – ganz be-
sonders, wenn es zum Anbeißen lecker aussieht.
Tödliches Gartengemüse
Im August 2015 hat das CVUA Stuttgart 2 Verdachts-
proben Zucchini untersucht, nachdem bei einem älteren
Ehepaar mutmaßlich infolge des Verzehrs eines Zucchi-
nigerichts schwere gesundheitliche Beeinträchtigun-
gen aufgetreten waren. In deren Verlauf mussten bei-
de Personen intensivmedizinisch betreut werden, eine
Person ist verstorben. Im Rahmen der durchgeführten
chemischen Untersuchungen hat das CVUA in einer
Probe erhebliche Gehalte an giftigen Cucurbitacinen
nachgewiesen.
Bei Cucurbitacinen handelt es sich um eine Gruppe von
toxischen Stoffen, die von verschiedenen Kürbisgewäch-
sen, zu denen neben Kürbissen auch Zucchini, Gurken
oder Melonen zählen, natürlicherweise gebildet werden
können. Die Gruppe umfasst etwa 40 Einzelstoffe. Cu-
curbitacine verursachen einen stark bitteren Geschmack,
wirken als Zellgift und können Lebensmittelvergiftungen
mit gastrointestinaler Symptomatik hervorrufen. Je nach
aufgenommener Dosis können die Symptome von Übel-
keit, Erbrechen, Magenkrämpfen und Durchfall bis hin zu
lebensbedrohlicher hämorrhagischer Gastroenteritis rei-
chen. In seltenen Fällen wurden bereits Vergiftungen mit
tödlichem Verlauf beschrieben. Das in der Probe festge-
stellte Muster an Cucurbitacinen sowie deren Gehalte sind
als typisch für bittere Zucchini zu bezeichnen. Das CVUA
Stuttgart hat den Fall in einem kurzen Bericht veröffentlicht:
www.ua-bw.de. Kurze Zeit später hat auch das Bayerische
Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit im
Internet über vermehrte Vergiftungsfälle durch bittere Zuc-
chini berichtet (www.lgl.bayern.de).
Das BfR hat daraufhin die Fälle in seiner Mitteilung Nr.
027/2015 vom 4. September 2015 bewertet (www.bfr.
bund.de). Das BfR empfiehlt, einen ungewöhnlich bitteren
Geschmack als Warnzeichen zu deuten, dass derartige
Zucchini nicht zum Verzehr geeignet sind. Vor der Zube-
reitung sollte das rohe Gemüse gekostet und bei einem
bitteren Geschmack nicht verwendet werden.
Thomas Kapp, CVUA Stuttgart
Deko-Erdbeeren
Deko-Trauben
Birgit Bienzle, MLR
Zucchini
Gefährliche Haarglätter
Formaldehydhaltige Produkte aus dem Internet
Nachdem die Kosmetiküberwachung des Landes im Herbst 2010 vor formaldehydhaltigen Haarglättungsmitteln
gewarnt hatte, fand das Kosmetiklabor bei den stichprobenartigen Untersuchungen von Proben aus dem Einzel-
handel in den Jahren 2011 bis 2014 keine dieser gesundheitsschädlichen Haarglättungsmittel mehr. Das Projekt
2015 „Haarglättungsmittel im Internethandel“ zeigt hingegen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher sehr wohl
noch vermeintlich harmlose Produkte übers Internet erwerben können.
Von insgesamt 17 Proben hat das CVUA Karlsruhe 5 Proben als nicht sicher für die menschliche Gesundheit beurteilt. Es
hatte in den Proben zwischen 1,3 und 6,5 % freies Formaldehyd bestimmt. Wegen des hohen Gehaltes an freiem Form-
aldehyd geht bei Verwendung dieser Produkte ein ernstes Risiko für die menschliche Gesundheit aus. Zu den Testkäufen
im Internet und dem weiteren Vorgehen nach den Beanstandungen berichtet die SES in Kapitel II.
Zum Hintergrund:Vor 5 Jahren berichtete die amtliche Kosmetiküberwachung Baden-Württembergs über Haarglättungsmittel, die als sen-
sationelle Neuheit in Friseursalons und im Internet angeboten worden waren. Sie stammten aus den USA und aus Brasilien
und waren irreführend aufgemacht. Die Werbeaussagen behaupteten, dass der Haarglättungseffekt durch einen gesund-
heitlich unbedenklichen Keratinkomplex erzielt würde. Die Analysen im Labor wiesen dagegen nach, dass die Produkte
bis zu 8 % Formaldehyd enthielten. Mit diesem Wirkstoff kann während der Friseurbehandlung mit einem Glätteisen bei
hohen Temperaturen eine perfekte, über Monate anhaltende Haarglättung erzielt werden. Während dieser Anwendung at-
men aber sowohl das Friseurpersonal als auch die Kundschaft giftige Formaldehyd-Dämpfe ein. Formaldehyd ist aufgrund
seiner erwiesenen krebserzeugenden Wirkung im Bereich der Nasen- und Rachenepithelien für diesen Verwendungszweck
EU-weit verboten.
Das MLR hat am 29.10.2010 vor Haarglättungsmitteln mit verbotenem Formaldehyd gewarnt. Ein ausführlicher
Fachbericht aus demselben Jahr ist veröffentlicht: www.ua-bw.de.
Glyoxylsäure – eine harmlose Alternative?
Inzwischen gibt es einen Alternativwirkstoff für Formaldehyd, und zwar die Glyoxylsäure, auch Oxoessigsäure (CAS
298-12-4) genannt. Sie ist in der EU-Kosmetikverordnung bisher nicht geregelt, also auch nicht verboten. Glyoxylsäure
hat kein krebserregendes Potenzial und ist in Haarglättungsmitteln zwischen 10 und 20 % enthalten. Das Funktions-
prinzip ist ähnlich wie bei Formaldehyd, nämlich die Vernetzung der Keratin-Proteine des Haares durch Hitzeeinwirkung
mit dem Glätteisen. Bei Glättungstemperaturen von 180 bis 230 °C und einer Prozedur im Friseursalon von bis zu 45
Minuten je nach Haarlänge und Haardicke ist eine für Verbraucher und Friseur unangenehme Dampfentwicklung zu
beobachten.
Das CVUA Karlsruhe hatte die Sicherheitsbewertung eines untersuchten Produktes mit einem Glyoxylsäuregehalt von
20 % eingesehen. Sowohl Friseur als auch Kunden sind den Glyoxylsäuredämpfen ausgesetzt. Für den toxikologisch
wichtigen Endpunkt der Inhalationstoxikologie lagen jedoch keine Daten vor, weshalb diese Sicherheitsbewertung nicht
geeignet war, die Sicherheit des Produktes ausreichend zu belegen. Aus diesem Grund wurde das Produkt als nicht
verkehrsfähig beurteilt.
Dr. Gerd Mildau, CVUA Karlsruhe
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LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL III UNTERSUCHUNGEN STRAHLEND WEISSE ZÄHNE – NICHT UNGEFÄHRLICH · SAGT DAS ETIKETT ALLES?
FREMDWASSER IN GEFLÜGELFLEISCH?
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15Strahlend weiße Zähne –
nicht ungefährlich
Dank Sauerstoffbleiche wieder strahlend weiße Zähne.
Das wünschen sich viele Verbraucherinnen und Ver-
braucher. Doch Zahnbleichmittel sind nicht ungefähr-
lich. Daher hat der europäische Gesetzgeber strenge
Vorschriften für die Abgabe dieser Produkte festgelegt.
Das Untersuchungsprogramm im Jahr 2015 ergibt kei-
ne strahlende Bilanz: Mehr als zwei Drittel der Proben
waren zu beanstanden.
Seit 1. November 2012 gibt es für Zahnbleichmittel mit
Wasserstoffperoxid im kosmetischen Bereich neue recht-
liche Regelungen. Die baden-württembergische Kosmetik-
überwachung nahm 2015 diese Produktgruppe unter die
Lupe – gezielt Produkte aus dem Internet, aber auch direkt
von Herstellern.
Von den 19 untersuchten Proben waren 7 (37 %) zu bean-
standen. Eine Probe musste das CVUA Karlsruhe als nicht
sicher für die menschliche Gesundheit bewerten, da jeder
sie über das Internet beziehen konnte und damit die vor-
geschriebene ärztliche Betreuung nicht sichergestellt war.
Bei der Probe handelte es sich um transparente dünne
Kunststoffstreifen, die jeweils mit einer wasserstoffper-
oxidhaltigen oder freisetzenden Gelschicht belegt sind. Der
ermittelte Wasserstoffperoxidgehalt betrug 5,5 %. Gemäß
der Stellungnahme des Wissenschaftlichen Komitees für
Verbraucherprodukte der EU gibt eine fehlende ärztliche
Betreuung Anlass zu gesundheitlichen Bedenken. Ein er-
höhtes gesundheitliches Risiko besteht bei Verletzungen
des Zahnfleisches oder der Mundschleimhäute, aber
auch bei ständigem Genuss von Alkohol und Tabak. Denn
Wasserstoffperoxid kann das durch Tabakkonsum oder
Alkoholmissbrauch erhöhte Risiko, Krebs im Mundraum
zu entwickeln, weiter erhöhen. Hier sollte also besondere
Vorsicht für die Anwendung gelten. Auf der Verpackung
wurden dagegen Raucher und Weintrinker besonders
angesprochen beziehungsweise die Anwendung speziell
bei dieser Personengruppe empfohlen. Die erforderlichen
Warnhinweise, wie „nicht bei Personen unter 18 Jahren
verwenden“, fehlten. Erschwerend kam hinzu, dass im In-
ternet noch gefahrenverharmlosend geworben wurde mit
„enthält weniger als 0,1 % Wasserstoffperoxid“.
Das CVUA Karlsruhe hat den ausführlichen Bericht im
Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de.
Dr. Gerd Mildau, CVUA Karlsruhe
Täuschungsschutz ist neben dem Gesundheitsschutz
das zweite klassische Ziel der Lebensmittelüberwa-
chung. Die Bekämpfung von sogenanntem Lebens-
mittelbetrug ist seit dem Pferdefleischskandal im Jahr
2013 stärker in den Fokus der Behörden und der Öf-
fentlichkeit gerückt. Aber nicht nur dadurch gewinnen
neue Fragestellungen wie der Herkunftsnachweis oder
die Überprüfung der „Bio“-Kennzeichnung immer mehr
an Bedeutung. Auch die Verbrauchererwartung an die
Informationen zu den gekauften Lebensmitteln und Pro-
dukten steigt immer mehr.
Sagt das Etikett alles?
Nicht nur das, was drauf steht, muss stimmen. Die
Kennzeichnung muss auch vollständig sein und den
gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Denn nur so
sind die Verbraucherinnen und Verbraucher auch voll-
ständig informiert über das, was sie kaufen.
Konformitätserklärung für Keramik – mehr als ein Beipackzettel
Auf Weihnachtsmärkten gibt es jedes Jahr wieder Tassen,
Teller und Schüsseln und vieles mehr aus Keramik. Was
die Verbraucher jedoch nicht wissen: Bei jedem Kauf eines
Produktes aus Keramik, das mit Lebensmitteln in Kontakt
kommt, muss eine sogenannte Konformitätserklärung (KE)
ausgehändigt werden. Doch die Realität sieht anders aus.
Im Jahr 2015 haben die Händler bei 37 von 38 Proben kei-
ne Konformitätserklärung ausgehändigt. Die Situation hat
sich damit in den letzten Jahren sogar verschlechtert. 2013
hatten 72 % der 57 Proben, 2014 nur 27 % keine oder
eine mangelhafte KE. Im Berichtsjahr musste das CVUA
nun 97 % wegen der fehlenden KE beanstanden. Diese
Produkte dürfen von Rechts wegen nicht in den Verkehr
gebracht werden.
Sagt das Etikett die Wahrheit?
Was ist eine Konformitätserklärung?
Eine Konformitätserklärung (KE) bestätigt, dass der betreffende Gegenstand so hergestellt wurde, dass er den
geltenden Vorschriften entspricht und mit Lebensmitteln in Kontakt kommen darf. Außerdem soll sicher-
gestellt werden, dass für die Sicherheit des Verbrauchers Informationen, beispielsweise Verwendungshinweise, in
der Herstellungskette weitergegeben werden.
Das CVUA Stuttgart hat den ausführlichen Bericht im Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de. Dort ist auch für Unter-
nehmen ein Merkblatt über die Herstellung und Kennzeichnung von Lebensmittelbedarfsgegenständen aus Keramik
abrufbar.
Magdalena Köhler, CVUA Stuttgart
Fremdwasser in Geflügelfleisch?
Fleisch von Huhn und Pute wird immer beliebter. Bei
rohem Fleisch ist die Gewichtssteigerung durch den Zu-
satz von fleischfremdem Wasser eine altbekannte Mög-
lichkeit zum Betrug am Verbraucher. Nur bei ausdrück-
licher Kennzeichnung kann Geflügelfleisch zulässige
Mengen, beispielsweise an Flüssigwürze, enthalten. Die
landesweiten Untersuchungen von 94 Proben zeigen
ein erfreuliches Ergebnis: Die CVUAs mussten keine der
Proben wegen eines möglichen Fremdwassergehaltes
beanstanden.
Der Geflügelfleischverzehr in Deutschland ist in den ver-
gangenen Jahrzehnten beträchtlich gestiegen. Der Pro-
Kopf-Verbrauch lag 1952 noch bei rund 1,2 kg. 1978 war
er bereits auf über 10 kg gestiegen und 2013 verzehrte je-
der Bürger etwa 19,4 kg Geflügelfleisch. Neben dem güns-
tigen Preis ist für diesen Anstieg ausschlaggebend, dass
Geflügelfleisch den Wünschen der Konsumenten nach
kalorienarmer und leicht verdaulicher Kost entspricht. Am
häufigsten kommt Huhn auf den Tisch, der Putenfleischver-
zehr hat allerdings stark zugenommen.
§Was regelt das Lebensmittelrecht?
In der Verordnung (EG) Nr. 543/2008 sind Durchschnittswerte und Höchstwerte für das Wasser-Eiweiß-Verhältnis
(W/E-Verhältnis) für die unterschiedlichen Fleischstücke von Puten- und Hähnchenfleisch, abhängig vom Her-
stellungsverfahren, aufgeführt. Wird Fremdwasser zum Beispiel in Form von Flüssigwürze zugesetzt, handelt es
sich nicht mehr um „rohes Geflügel“, sondern um eine Geflügelfleischzubereitung. Die Abweichung von der all-
gemeinen Verkehrsauffassung ist durch eine beschreibende Verkehrsbezeichnung nach der Verordnung (EU) Nr.
1169/2011 (LMIV) kenntlich zu machen.
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LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL III UNTERSUCHUNGEN FREMDWASSER IN GEFLÜGELFLEISCH?
WAS IST DIE LMIV?
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15Untersuchungsergebnisse
Ein unzulässiger Wasserzusatz erhöht das Fleischgewicht. Damit kauft die Kundschaft das Fleisch überteuert ein. Mithilfe
des W/E-Verhältnisses ist es möglich, eine Zugabe von Fremdwasser zu erkennen. Denn der Wassergehalt von Fleisch
steht zu dessen Eiweißgehalt in einem bestimmten, relativ konstanten Verhältnis.
Bereits 2013 haben die CVUAs im Rahmen eines landesweiten Projekts Geflügelteilstücke auf Phosphat- sowie Wasser-
zusätze untersucht und die Ergebnisse im Jahresbericht veröffentlicht. Dieses Projekt wurde 2015 nochmals aufgegrif-
fen und 94 rohe Geflügelfleischproben – Hähnchenbrustfilet, Putenbrustfilet und entbeintes Fleisch von Hähnchen- und
Putenschenkeln – auf Fremdwasserzusätze über das W/E-Verhältnis überprüft. Keine der untersuchten Proben war wegen
eines Fremdwasserzusatzes zu beanstanden.
Für die Kennzeichnung von Lebensmitteln gilt seit 13. Dezember 2014 weitgehend die neue europäische Lebensmit-
telinformationsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 1169/2011, kurz LMIV). Die Überprüfung der neuen Vorgaben war
für die Lebensmittelüberwachung im Jahr 2015 eine zentrale Aufgabe und Herausforderung. Die LMIV führt in vielen
Teilen die schon bisher geltenden Regelungen der nationalen Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV) fort,
beispielsweise bei der Angabe eines Mindesthaltbarkeitsdatums, der Angabe des Herstellers oder der Angabe eines
Zutatenverzeichnisses. In anderen Teilen werden die Kennzeichnungsvorschriften ausgedehnt und präzisiert.
Die weitreichendsten Neuerungen beziehen sich auf die Allergenkennzeichnung. Nach den bisherigen Vorgaben der
LMKV musste auf bestimmte Zutaten, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen können, wie glutenhaltige Getrei-
deerzeugnisse, Eier, Erdnüsse und Milch, auf Verpackungen hingewiesen werden. Nach der LMIV müssen diese Zutaten
nun im Zutatenverzeichnis hervorgehoben dargestellt werden, beispielsweise durch Fettdruck. Neu ist auch, dass die 14
Zutaten, die allergische oder andere Unverträglichkeitsreaktionen auslösen können, auch bei loser Abgabe von Lebens-
mitteln angegeben werden müssen, beispielsweise auf Speisekarten oder Schildern an der Ware.
Neben der fehlenden oder unzureichenden Allergenkennzeichnung waren insbesondere die neuen Vorgaben zur Nähr-
wertkennzeichnung und die neu eingeführte Mindestschriftgröße für die verpflichtenden Angaben sehr häufig Grund für
eine Beanstandung.
Die Anforderungen der LMIV stellen aber auch Lebensmittelbetriebe vor erhebliche Herausforderungen. In diesem Zu-
sammenhang wurde beispielsweise die Frage aufgeworfen, wer überhaupt als Lebensmittelunternehmer einzustufen ist
und folglich die Vorgaben der LMIV einzuhalten hat. Gelten die Regelungen der LMIV zum Beispiel auch für schulische
Veranstaltungen oder lokale Vereinsfeste? Das CVUA Sigmaringen war an einer Landesarbeitsgruppe des MLR betei-
ligt, die diese Frage klären sollte. Die Arbeitsgruppe hat eine Entscheidungshilfe erarbeitet, die die Lebensmittelüberwa-
chungsbehörden des Landes bei der Beantwortung der Fragestellung unterstützt, wann eine Tätigkeit als Lebensmittel-
unternehmer vorliegt. So liegen zum Beispiel bei der gelegentlichen Abgabe von selbst hergestellten Speisen wie Kuchen
auf kleinen gemeinnützigen Festen oder beim Verkauf von Konfitüren durch Schulklassen auf Weihnachtsmärkten keine
lebensmittelunternehmerischen Tätigkeiten vor, sodass für diese Lebensmittel die Allergenkennzeichnung und die weite-
ren Vorgaben der LMIV nicht verpflichtend sind. Der Leitfaden ist auch im baden-württembergischen Verbraucherportal
veröffentlicht: www.verbraucherportal-bw.de.
Die Ergebnisse der Allergenuntersuchungen sind in diesem Kapitel unter Allergene in Lebensmitteln dargestellt. In
Kapitel II sind die Ergebnisse der Überprüfung der Allergenkennzeichnung bei Kontrollen vor Ort dargestellt.
Mirjam Zeiher und Paul-Hermann Reiser, CVUA Sigmaringen
Was ist die LMIV?
Für entbeintes Fleisch von Hähnchenschenkeln gibt die Verordnung (EG) Nr. 543/2008 keine durchschnittlichen Werte
vor. Das in diesen Proben ermittelte W/E-Verhältnis ist im Vergleich zum entsprechenden Putenfleisch zwar höher, aber
dieser Unterschied zwischen Hähnchen- und Putenfleisch ist mit den Ergebnissen bei den untersuchten Brustfilets ver-
gleichbar.
Inge Eversberg und die Mitglieder der ALUA-AG „Fleisch, Fisch und Erzeugnisse“
Hähnchenbrustfilet, ohne Haut 36 3,29 ± 0,12 3,19 ± 0,12
Putenbrustfilet, ohne Haut 30 3,09 ± 0,19 3,05 ± 0,15
entbeintes Fleisch von Hähnchenschenkeln 24 4,03 ± 0,11 -
entbeintes Fleisch von Putenschenkeln 4 3,79 ± 0,15 3,65 ± 0,17 (ohne Haut)
Untersuchungsergebnisse des W/E-Verhältnisses bei Geflügelfleisch
Probenzahl durchschnittliches W/E-Verhältnis nach VO (EG) Nr. 543/2008
W/E-Verhältnis
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SCHL ANK UND F IT MIT P ILLEN?
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Was ist drin in Moringablättern?
Glaubt man der Werbung – insbesondere im Internet – sind die Wirkung und der Nährstoffgehalt von Moringablättern
„legendär“. Vor allem in Ostafrika wird Moringa oleifera traditionell als Heilmittel eingesetzt. Für die Behauptung, dass
Moringablätter Krankheiten heilen können, gibt es aber bisher keine durch fundierte wissenschaftliche Studien erzielten
Nachweise. Abgesehen davon sind krankheitsbezogene Angaben für Lebensmittel gar nicht erlaubt.
Die Gegenüberstellung der Nährwerte von getrockneten, pulverisierten Moringablättern mit denen von frischer Milch,
Spinat oder Bananen entspricht dem berühmten Vergleich von Äpfeln mit Birnen. Die Untersuchungen einiger wichtiger
Nährstoffe durch das CVUA Stuttgart zeigen, dass Moringablätter zwar ein breites Nährstoffspektrum haben, jedoch auch
nur ein „normales“ Lebensmittel sind. Verglichen mit üblichen Verzehrsmengen von frischen Lebensmitteln sind in 10 g
Moringablattpulver keinesfalls wie beworben enthalten: „doppelt so viel hochwertiges Eiweiß (Soja)“, „17-mal so viel Kalzi-
um (Milch)“, „25-mal so viel Eisen (Spinat)“ bzw. „15-mal so viel Kalium (Bananen)“. Die Art und Weise dieser Bewerbung
der Nährstoffgehalte hat das CVUA deshalb als zur Täuschung des Verbraucher geeignet beurteilt.
Ein ausführlicher Fachbericht ist veröffentlicht: www.ua-bw.de.
Dr. Christiane Lerch und Ellen Scherbaum, CVUA Stuttgart
Nicht besonders super
Das „Super Food“ Moringa
Moringa liegt zusammen mit anderen angeblichen „Superfoods“, wie beispielsweise Getreidegräsern, Spirulina,
Chlorella oder Maca, voll im Trend. Die getrockneten, pulverisierten Blätter des Moringabaumes sollen über das
morgendliche Müsli gestreut oder als sogenannter „Smoothie“ zubereitet werden. Bequemer ist der Verzehr von
Kapseln mit Moringablattpulver.
Das CVUA Stuttgart hat in den Jahren 2013 bis 2015 insgesamt 16 Proben Moringa-Blattpulver untersucht. Davon waren
11 Proben als „Nahrungsergänzungsmittel“ bezeichnet. Sofern ein Herkunftsland angegeben wurde, lautete es „Indien“.
Das ernüchternde Fazit der Untersuchungen lautet:
n Lediglich 2 Proben wurden nicht beanstandet.
n 2 der im Jahr 2015 untersuchten Proben enthielten Salmonellen und wurden als gesundheitsschädlich
beurteilt (siehe Tabelle „Achtung Gesundheitsgefahr“).
n 12 der 13 auf Pestizide untersuchten Erzeugnisse wiesen Rückstände auf, 8 Proben – darunter
2 „Bio“-Produkte – wurden wegen der Überschreitung von Höchstgehalten beanstandet.
n 13 Proben wiesen Kennzeichnungsmängel auf, meist aufgrund irreführender nährwert- und/oder
gesundheitsbezogener Bewerbung, aber auch unzulässiger krankheitsbezogener Angaben.
Schlank und fit mit Pillen?
Nicht deklariertes DNP als gefährlicher „Fatburner“
Im Sommer 2015 hatte Interpol vor Diätpillen mit 2,4-Dinitrophenol (DNP) gewarnt. Nahrungsergänzungsmittel
für Sportler versprachen eine schnelle Gewichtsreduktion durch eine Steigerung der Fettverbrennung. Über den In-
ternethandel können solche Produkte leicht beschafft werden. Die Untersuchungsämter in Großbritannien spürten
den giftigen Stoff auf und informierten über das europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel
(RASFF) alle übrigen Mitgliedstaaten. In den daraufhin vom CVUA Karlsruhe untersuchten Proben aus dem Prä-
senzhandel ergaben sich keine positiven DNP-Befunde.
Untersuchungsergebnisse
Im CVUA Karlsruhe als zentraler Einrichtung in Baden-Württemberg zur Untersuchung von Sportlernahrung werden derar-
tige Proben auf unzulässige Zusätze, insbesondere auch auf nicht deklarierte Zusatzstoffe oder Zutaten untersucht.
2015 hat das CVUA insgesamt 70 Proben analysiert. Es handelte sich um Produkte zur Zufuhr von Eiweiß, Aminosäu-
ren, Vitaminen, Mineralstoffen oder Pflanzenextrakten in Form von Pulvern, Kapseln, Flüssigkeiten, Gelen oder Riegeln.
Die Kennzeichnung wies zum Teil auf Fettverbrennung, Körperstraffung oder ähnliche Wirkungen hin. Die Proben des
Untersuchungsprogramms stammten aus dem stationären Handel wie Fitness-Studios, lokalen Sportgeschäften und Su-
permärkten, also dem sogenannten Präsenzhandel. Erfreulicherweise konnte in diesen Proben kein DNP nachgewiesen
werden. Die Verbraucherinnen und Verbraucher sind also beim Erwerb von Sportlerlebensmitteln aus dem Präsenzhandel
bei weitem nicht so gefährdet wie beim Internetkauf. Zu warnen ist vor allem vor Produkten aus dem internationalen
Internethandel. Die hier angebotenen Nahrungsergänzungsmittel können derzeit noch kaum in die Überwachung einbe-
zogen werden. Besonders tückisch sind nicht deklarierte DNP-Zusätze zu Sportlernahrung, deren Gefährlichkeit für den
Verbraucher dann nicht erkennbar ist.
Sibylle Maixner, CVUA Karlsruhe
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Dr. Martin Metschies, CVUA Freiburg
Radioaktivität
30 Jahre, genau eine Halbwertzeit des Radionuklids Cäsium (Cs)-137, liegt der Unfall im Kernkraftwerk von
Tschernobyl (Ukraine) zurück. Durch den Reaktorbrand am 26. April 1986 wurden große Mengen Radioaktivität
freigesetzt, die große Flächen in Europa kontaminierten, in Deutschland insbesondere den Süden. Bund und Länder
installierten daraufhin mit IMIS ein deutschlandweites Messnetz für die Umweltradioaktivität, das seitdem immer
weiter entwickelt wurde.
Die CVUAs Stuttgart und Freiburg sind als Landesmessstellen Baden-Württembergs in das IMIS eingebunden. Sie müs-
sen in einem Ereignisfall hohe Probenzahlen auch über längere Zeit bewältigen können. Ihre Kapazität soll mit dem Projekt
„Nuklearer Notfallschutz" ausgebaut werden, für das die Landesregierung 2015 zusätzliche Finanzmittel bereitgestellt hat.
Der Kernkraftwerksunfall von Fukushima (Japan) hat vor rund 5 Jahren, am 11. März 2011, das Thema Radioaktivität
sehr deutlich in Erinnerung gebracht. Während aus Japan nur sehr geringe Mengen radioaktiver Stoffe nach Deutschland
gelangten, sind die Cs-137-Kontaminationen aus Tschernobyl auch heute noch in einigen Gebieten Baden-Württembergs
im Wildschweinfleisch deutlich messbar.
Ergebnisse 2015
Die beiden CVUAs haben im Jahr 2015 insgesamt 1.391 (Vorjahr:
1.070) Lebensmittel- und 26 (Vorjahr: 28) Trinkwasserproben auf Ra-
dioaktivität untersucht. Die Ergebnisse zu Futtermittel- und Bodenpro-
ben sind in Kapitel V Futtermittel dargestellt.
Die untersuchten Lebensmittelproben zeigten geringe Cs-137-Gehal-
te im Bereich der Nachweisgrenze von 0,1 bis 1 Bq/kg. Mit Aus-
nahme von Wildschweinfleisch lagen die Werte damit bei allen Pro-
ben deutlich unter dem EU-Grenzwert von 600 Bq/kg, den die EU
kurz nach Tschernobyl für Importe aus den besonders betroffenen
Gebieten Ost- und Südosteuropas festgelegt hatte. Seither zieht die
Lebensmittelüberwachung in Deutschland diesen Wert für Lebens-
mittel allgemein als Beurteilungsrichtwert heran, zum Beispiel bei hei-
mischem Wild.
Ein Teil der Proben wurde zusätzlich auf Strontium-90 untersucht, das
durch oberirdische Kernwaffentests in den 1950er und 1960er Jahren
verstärkt in die Umwelt gelangte. Strontium-90 findet sich heute zwar
nur noch in Spuren in Lebensmitteln, gehört aber wegen seiner hohen
Radiotoxizität weiterhin zum festen Untersuchungsprogramm.
Wild-Überwachungsprogramm
Mit dem Wild-Überwachungsprogramm der Landesregierung Baden-
Württemberg soll erreicht werden, dass kein Wildschweinfleisch mit
Cs-137-Gehalten über dem Richtwert von 600 Bq/kg in den Handel
gelangt. Die stichprobenartigen Kontrollen von Wildfleisch aus Gast-
stätten und Metzgereien ergaben nur in einem Fall eine Richtwertüber-
schreitung.
Das CVUA Freiburg hat die Untersuchungsergebnisse des Landesuntersuchungsprogramms für Wildschweinfleisch
von allen Messstellen des Landes für das zurückliegende Jagdjahr (01.04.2015-31.03.2016) ausgewertet und im
Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de. Dort sind auch die Auswertungen der Vorjahre sowie der Gesamtbericht der
Radioaktivitätsuntersuchungen 2015 abrufbar.
Auf Spurensuche ... Pflanzenschutzmittelrückstände und organische Kontaminanten
Lebensmittel tierischer Herkunft
Das CVUA Freiburg hat 2015 insgesamt 1.040 Proben tierischer Herkunft untersucht. 528 dieser Proben stammen
aus dem Lebensmittelhandel mit Schwerpunkt auf den Produktgruppen Fleisch und Fleischprodukte, Leber, Fisch,
Milch und Milchprodukte, Babynahrung sowie 117 Proben Honig. 279 Proben hat die Lebensmittelkontrolle im Rah-
men des Nationalen Rückstandskontrollplanes (NRKP) direkt bei den Erzeugern entnommen. Dazu kamen 2 Human-
milchproben aus Baden-Württemberg zur Untersuchung. Als Referenzlabor der WHO und des UNEP hat das CVUA
Freiburg 6 gepoolte Humanmilchproben für die internationale WHO/UNEP-Studie auf Gehalte an POPs analysiert.
Untersuchungsspektrum
Das CVUA Freiburg untersucht seit 2001 zentral für Baden-Württemberg Lebensmittel tierischer Herkunft auf Rück-
stände von Pflanzenschutzmitteln und organischen Kontaminanten. Das Pflanzenschutzmittelspektrum umfasst
neben den zum langjährigen Routine-Untersuchungsprogramm gehörenden fettlöslichen Pyrethroiden, Organo-
chlor- und Organophosphorverbindungen inzwischen auch mittelpolare und polare Pflanzenschutzmittel sowie de-
ren Metaboliten. Das Untersuchungsprogramm für organische Kontaminanten beinhaltet insbesondere langlebige
organische Schadstoffe mit der englischen Abkürzung POPs. Zusätzlich werden Nitromoschusverbindungen, syn-
thetische Duftstoffe sowie natürlich vorkommende Inhaltsstoffe, die eine schädliche Wirkung für den Menschen
haben, wie zum Beispiel Pyrrolizidinalkaloide in Honig untersucht (siehe auch Mykotoxine und Biotoxine).
Nach wie vor ist eine Hintergrundbelastung an Altlasten von langlebigen Organochlorpestiziden, den sogenannten Altpes-
tiziden, sowie an chlor- und bromorganischen Kontaminanten vorhanden, die jedoch ständig weiter abnimmt. Dennoch
sind Lebensmittel tierischer Herkunft weiterhin die Hauptquelle für die Aufnahme dieser Stoffe durch den Verbraucher.
Daher wird die Lebensmittelüberwachung die Rückstandssituation weiterhin beobachten, um die Aufnahme dieser uner-
wünschten Stoffe langfristig abzuschätzen, die zeitliche Entwicklung aufzuzeigen und eventuell vorhandene „Hot Spots“
zu erkennen. Diese Stoffgruppen sind auch Bestandteil des bundesweiten Monitorings, an dem sich das CVUA Freiburg
jedes Jahr beteiligt.
Besonders relevant und repräsentativ für die Belastung mit Altpestiziden und Kontaminanten sind die Stoffe Hexachlor-
benzol (HCB), Lindan, Gesamt-DDT, PCB 153 (als Markersubstanz für die Stoffgruppe der polychlorierten Biphenyle),
Dieldrin, Endosulfan, Moschusketon/Moschusxylol sowie die polybromierten Diphenylether (PBDE, Summe aus BDE
28, 47, 99, 100, 153, 154 und 183 ). Die gemessenen Gehalte sind inzwischen sehr niedrig. Der höchste Gehalt mit
16 µg DDT/kg Rindfleisch schöpft die gültige Höchstmenge nicht einmal zu 2 % aus.
Biozidrückstände in BabynahrungDas Untersuchungsspektrum bei Säuglings- und Kleinkindernahrungsmitteln umfasste im Berichtsjahr auch Biozide. Dies
sind Stoffe, die während der Reinigung, beispielsweise von Arbeitsoberflächen, eingesetzt werden. Die Umgebung bei
der Lebensmittelherstellung soll sauber und weitgehend keimfrei sein. Auf den Arbeitsoberflächen dürfen aber auch keine
Rückstände von Bioziden verbleiben, damit diese die Lebensmittel nicht verunreinigen können. Daher müssen die Flächen
nach der Anwendung mit solchen Stoffen sorgfältig nachgereinigt werden. Bekannte Biozide sind quartäre Ammonium-
verbindungen (QAV) und Chlorat.
Das Labor hat 34 Proben Babybrei mit Milchanteil und 19 Proben Milchmahlzeiten untersucht. In 2 Proben waren QAV
bestimmbar, die Gehalte lagen aber jeweils unter der Höchstmenge. In 8 Proben gab es Befunde von Chlorat, 4 dieser
Proben wurden mit Gehalten zwischen 0,02 und 0,3 mg Chlorat/kg verzehrsfertiger Nahrung beanstandet.
Die ermittelten Gehalte von Rückständen und Kontaminanten lassen keinen signifikanten Unterschied zwischen Produkten
aus ökologischer und solchen aus konventioneller Produktion erkennen. Die vereinzelt festgestellten geringfügig erhöhten
Gehalte sind unabhängig von der Produktionsart.
Der Gesamtbericht ist im Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de.
Benjamin Dambacher, CVUA Freiburg
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TIERARZNEIMIT TELRÜCKSTÄNDE
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15Lebensmittel pflanzlicher Herkunft
Im Jahr 2015 hat das CVUA Stuttgart insgesamt 916 Proben Frischgemüse, 813 Proben Frischobst und 338 Pro-
ben verarbeitete Lebensmittel, Pilz-, Getreide- und Kartoffelproben aus konventionellem Anbau auf Rückstände von
über 700 verschiedenen Pestiziden, Pestizidmetaboliten sowie Kontaminanten untersucht.
Bei frischem Obst hat sich die Beanstandungsquote mehr als halbiert und liegt in diesem Jahr bei 5,2 %, im Vergleich zu
11 % im Jahr 2014. Dies ist vor allem auf die Verbesserung der Rückstandssituation bei Chlorat zurückzuführen. Hier ist
der Anteil an Höchstmengenüberschreitungen von 6,9 % im Jahr 2014 auf 1,6 % im Berichtsjahr zurückgegangen. We-
sentliche Gründe hierfür sind die umfangreichen Untersuchungen im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung,
aber auch die erfolgreiche Aufklärung und Ursachenforschung hinsichtlich der Eintragswege und als Folge davon die
wirksamen Eigenkontrollmaßnahmen der Inverkehrbringer zur Reduktion der Chloratrückstände in frischem Obst.
Im Gegensatz dazu liegt die Beanstandungsquote bei frischem Gemüse mit fast 16 % unverändert hoch auf dem
Vorjahresniveau. Hier wirkt sich die weiterhin sehr hohe Beanstandungsquote bei Chlorat (13 %) aus. Im Vergleich zu
frischem Obst konnte trotz umfangreicher Untersuchungen bei Gemüse keine Verbesserung der Rückstandssituation
erreicht werden. Da keine Informationen zu Eigenkontrollmaßnahmen seitens der Produzenten vorliegen, können über
die genauen Gründe lediglich Vermutungen angestellt werden. Denkbare Ursachen für die zahlreichen Chloratbefunde
bei Gemüse sind der Einsatz von gechlortem Wasser als Gießwasser während der Produktion oder Waschwasser zur
Behandlung der Ware nach der Ernte sowie die Verwendung von chlorathaltigem Dünger.
Sonderproblematik Chlorat
Bis 1992 waren in Deutschland mehrere Pflanzen-
schutzmittel mit dem Wirkstoff Natriumchlorat als
Herbizide auf dem Markt, das bekannteste davon als
„Unkraut-Ex“. Seit 2010 ist die Anwendung von Pflan-
zenschutzmitteln mit Chloraten EU-weit verboten. Auch
in Biozid-Produkten darf Chlorat nicht angewendet
werden. Als ehemalige Pflanzenschutzmittelwirkstoffe
fallen Chlorate unter die Regelung der Verordnung (EG)
Nr. 396/2005. Da für Chlorat keine spezifische Höchst-
mengen festgelegt sind, gilt wie in allen derartigen Fäl-
len als Höchstmenge EU-weit der Standardwert von
0,01 mg/kg. Das gilt unabhängig davon, auf welchem
Weg das Chlorat in das Lebensmittel gelangt. Lebens-
mittel, deren Chlorat-Konzentration gesichert über die-
sem Standardwert liegt, dürfen nach dem deutschen
Insgesamt 3 Übersichtsberichte zu den Ergebnissen bei konventioneller Ware (Frischobst, Frischgemüse sowie verarbeitete
Lebensmittel, Pilze, Getreide und Kartoffeln) sind im Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de. Die Ergebnisse von Bioproben
werden ausführlich im Ökomonitoringbericht 2015 dargestellt, der unter http://oekomonitoring.cvuas.de abrufbar ist.
Maria Roth, CVUA Stuttgart
Lebensmittelrecht (LFGB) nicht in den Verkehr ge-
bracht werden. Diese rechtliche Beurteilung gilt nach
wie vor. Eine Verbesserung dieser Beanstandungsquo-
te ist langfristig vermutlich nur erreichbar, wenn spezi-
fische Höchstgehalte für Chlorat in Lebensmitteln, aber
auch in Trinkwasser festgelegt werden.
Seit die EFSA am 24. Juni 2015 eine neue Risikobe-
wertung zu Chlorat in Lebensmitteln veröffentlicht hat,
sollen sich die Überwachungsmaßnahmen in Deutsch-
land bis auf Weiteres auf eine einzelfallbezogene Ri-
sikobewertung beziehen. Dafür prüft das CVUA unter
Anwendung der ARfD und mittels EFSA-PRIMo im Ein-
zelfall, ob nach Verordnung (EG) Nr. 178/2002 Art. 14
ein nicht sicheres Lebensmittel vorliegt.
Birgit Bienzle, MLR
Wenn landwirtschaftliche Nutztiere wie Rinder, Schweine oder Geflügel erkranken, werden sie mit Tierarzneimitteln
behandelt. Daher ist nach der Verabreichung eines Tierarzneimittels in der Regel eine Wartezeit einzuhalten, bevor von
dem Tier Lebensmittel gewonnen werden dürfen. Außerdem sind für Nutztiere nur bestimmte Wirkstoffe zugelassen.
Zur Entscheidung darüber, ob ein Lebensmittel verkehrsfähig ist, ziehen die Lebensmittelüberwachungsbehörden EU-
weit festgelegte Höchstmengen heran. Weitere Informationen zu pharmakologisch wirksamen Stoffen finden Sie im
Internet: www.ua-bw.de.
Kontrolle nach Plan
Für die Überwachung tierischer Lebensmittel auf Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe gibt es bereits
seit 1989 EU-einheitliche Maßstäbe. Jeder Mitgliedstaat muss jährlich einen nationalen Kontrollplan erstellen und
die Kontrollen entsprechend durchführen. Der nationale Rückstandskontrollplan (NRKP) legt bundesweit Mindest-
probenumfang und Stoffspektrum fest und macht Vorgaben zur anzuwendenden Methodik und zur Probenahme.
Trotz der zielorientierten Probenahme liegt die Beanstandungsquote beim NRKP seit Jahren in einem sehr niedri-
gen Bereich – nicht nur in Baden-Württemberg, sondern auch bundesweit, wie die NRKP-Jahresberichte auf der
Internetseite des BVL zeigen (www.bvl.bund.de).
Das CVUA Karlsruhe hat 2015 für Baden Württemberg insgesamt 4.970 NRKP-Proben (Vorjahr: 4.573) auf pharmakolo-
gisch wirksame Stoffe unter Einsatz von chemisch-physikalischen Methoden analysiert. Die Proben stammten überwie-
gend aus Schlachtbetrieben, aber auch aus Erzeugerbetrieben. Insgesamt hat das Labor 14 Rückstände an pharmakolo-
gisch wirksamen Stoffen festgestellt. Wie im Vorjahr wurden lediglich 4 Proben (0,09 %) beanstandet:
n Das Antibiotikum Tetracyclin war in den Muskel- und Nieren-Proben eines Mastschweins oberhalb des
zulässigen Grenzwertes nachweisbar.
n In der Niere eines weiteren Schweins wurden Gehalte des Antibiotikums Dihydrostreptomycin aus der Gruppe
der Aminoglycosid-Antibiotika deutlich oberhalb der zulässigen Höchstmenge bestimmt.
n In der Muskulatur und Niere einer Kuh wurde Oxytetracyclin aus der Antibiotikagruppe der Tetracycline nach -
gewiesen, wobei nur die ermittelte Konzentration in der Niere den zulässigen Grenzwert überstieg.
n Eine Honigprobe enthielt nachweisbare Mengen des verbotenen Stoffes Chloramphenicol sowie des
Antibiotikums Tetracyclin. Tetracycline wirken in der aktiven Wachstumsphase gegen den Erreger der amerikani-
schen Faulbrut und werden zum Teil in Staaten außerhalb der EU zur Bekämpfung der Tierseuche eingesetzt.
Aktuell ist in Deutschland allerdings kein Tierarzneimittel mit dem Wirkstoff Tetracyclin zur Behandlung von
Bienen zugelassen. Für Rückstände von Tetracyclin in Honig gilt daher eine Nulltoleranz. Eine Verfolgsprobe
bestätigte diesen Befund.
Lebensmittelkontrolle
Neben den NRKP-Proben überprüft die baden-württembergische Le-
bensmittelüberwachung auch Lebensmittel tierischer Herkunft aus dem
Handel als amtliche Proben nach dem LFGB gezielt auf Rückstände phar-
makologisch wirksamer Stoffe. Die Auswahl der Proben erfolgt risiko-
orientiert. Im Jahr 2015 hat das CVUA Karlsruhe im Rahmen der allge-
meinen Lebensmittelüberwachung insgesamt 858 Proben untersucht
(Vorjahr: 881 Proben).
In 13 Proben wurden Tierarzneimittelrückstände festgestellt, 7 (0,8 %)
davon führten zu Beanstandungen. Wie auch schon im Vorjahr fielen im
Berichtsjahr insbesondere asiatische Aquakulturerzeugnisse und süd-
amerikanische Rindfleischerzeugnisse wie Corned Beef durch eine vergleichsweise hohe Anzahl an Rückstandsbefunden
auf. Daher hat das CVUA Karlsruhe beide Produktgruppen auch 2016 wieder verstärkt im Untersuchungsprogramm auf
Tierarzneimittelrückstände.
Das CVUA Karlsruhe hat den Gesamtbericht der Untersuchungen im Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de. Dort sind
auch die Ergebnisse der beiden Untersuchungsschwerpunkte zu Aquakulturerzeugnissen aus Asien und zu südamerikani-
schen Rindfleischerzeugnissen dargestellt.
Christina Skiera, CVUA Karlsruhe
Tierarzneimittelrückstände
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INDUSTRIE- UND UMWELTBEDINGTE KONTAMINANTEN
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Das CVUA Freiburg hat 2015 insgesamt 635 Lebensmittelproben auf Bestandteile aus gentechnisch veränderten (GV)
Pflanzen untersucht, davon waren 76 positiv. Der Anteil positiver Proben (12,0 %) blieb damit gegenüber dem Vorjahr
(11,5 %) nahezu unverändert. In keiner Probe waren Bestandteile von nicht zugelassenen GV-Pflanzen nachweisbar.
Bei 75 von 76 positiven Proben handelte es sich um zugelassene GV-Soja, zumeist in sehr geringen Spuren unter 0,1 %.
Zudem wurden bei einer Probe Mais gentechnische Veränderungen nachgewiesen – ebenfalls im Spurenbereich.
Kennzeichnungspflichtige Anteile von zugelassenen GV-Pflanzen über 0,9 % ohne entsprechende Deklaration wurden
nur bei einer Probe Sojalecithin festgestellt. Aufgrund des Befundes hat die Lebensmittelüberwachungsbehörde in dem
Betrieb Nachproben aus derselben Charge erhoben. Diese Nachproben waren unauffällig und haben den Erstbefund nicht
bestätigt, sodass die Gesamtcharge als verkehrsfähig eingestuft wurde. Die Behörde hat jedoch im Zusammenhang mit
dem auffälligen amtlichen Untersuchungsergebnis das Eigenkontrollsystem des Betriebes überprüft und wird dort weiter-
hin regelmäßig die Eigenkontrollergebnisse überprüfen und amtliche Proben ziehen.
Im Gegensatz zu den Vorjahren war GV-Raps nicht nachweisbar, auch nicht in Form sogenannter botanischer Verunreini-
gungen in Senf, wie dies zuletzt noch der Fall war.
Auch bei Lebensmitteln aus weiteren Nutzpflanzen mit grundsätzlicher „GVO-Relevanz“, das heißt, dass hier entsprechen-
de GV-Pflanzen im Ausland angebaut werden oder GV-Bestandteile bereits in Lebensmitteln nachgewiesen wurden, gab
es keine positiven Befunde. Dies gilt auch für die in geringem Umfang erfolgten Untersuchungen auf GV-Mikroorganis-
men oder GV-Lachs.
Sportlernahrung aus dem Internet – kaum Auffälligkeiten
Besonders im Internethandel ist eine Vielzahl von Produkten anzutreffen, die dank hochkonzentrierten Proteins
Sportlern beim Aufbau von Muskelmasse helfen sollen. Insgesamt 19 Proben von Sojaproteinpräparaten in Pulver-
und Riegelform wurden beim Internetangebot von hier ansässigen Händlern beprobt.
Gentechnische Veränderungen waren in 6 Proben nachweisbar. Nachgewiesen wurden jeweils zugelassene GV-Soja
Events („Roundup Ready Soja“, Events GTS40-3-2 sowie MON89788). Der höchste Anteil an GV-Soja lag mit 0,26 %
noch deutlich unter dem Kennzeichnungsgrenzwert. Die übrigen Proben mit positiven Befunden enthielten lediglich
Spuren unter 0,1 %. Das CVUA Freiburg musste keine der Proben wegen enthaltener gentechnischer Veränderungen
beanstanden. Allerdings hat es bei 6 Proben unterschiedliche Kennzeichnungsmängel festgestellt.
Gentechnik und Lebensmittel
Die Ergebnisse der GVO-Untersuchungen in Futtermitteln sind im Kapitel V beschrieben. Der Gesamtbericht zu den
Lebensmitteluntersuchungen auf GVO und ein ausführlicher Bericht zu den Ergebnissen des Erntemonitorings sind im
Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de. Die Ergebnisse von Bioproben werden ausführlich im Ökomonitoringbericht 2015
dargestellt, der unter http://oekomonitoring.cvuas.de abrufbar ist.
Hans-Ulrich Waiblinger, CVUA Freiburg
GV-Bestandteile in Sportlernahrung auf Sojabasis aus dem Internetangebot (Gesamtprobenzahl 19)
nicht nachweisbar
Spuren 0,1 %
> 0,1 % - 0,9 %
> 0,9 %
1
13
5
0
Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS)
Bei der Auswahl neuer Stoffe im Untersuchungsspektrum orientiert sich das CVUA Freiburg unter anderem an inter-
nationalen Übereinkommen wie der Stockholmer Konvention. Die Konvention nimmt immer wieder neue bedenkliche
Stoffe in ihre Liste auf. Perfluoroctansulfonat (PFOS) wurde 2009 in die Liste der Stockholmer Konvention aufge-
nommen. PFOS gehört zur Stoffgruppe der PFAS. Lebensmittel werden daher inzwischen auch auf PFAS untersucht.
Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten
PFAS – perfluorierte Alkylsubstanzen
Prominenteste Vertreter der Stoffklasse sind Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) und Perfluoroctansäure (PFOA).
Sie sind außerordentlich stabil und überall in der Umwelt nachweisbar. PFOS kann sich in der Nahrungskette
anreichern. PFOS und PFOA verbleiben nach der Aufnahme lange im menschlichen Organismus. Beide Stoffe
besitzen im Tierversuch lebertoxische, krebserregende und reproduktionstoxische Eigenschaften. Für PFOS und
PFOA existieren im Gegensatz zu den kurzkettigen PFAS bereits toxikologische Einschätzungen. Die EFSA hat
die vorläufige täglich tolerierbare Aufnahmemenge auf 0,15 µg PFOS pro kg Körpergewicht und Tag bezie-
hungsweise auf 1,5 µg PFOA pro kg Körpergewicht und Tag festgelegt. Es gibt jedoch bisher weder in der EU
noch in Deutschland Höchstgehalte für PFAS in Lebensmitteln.
Das CVUA Freiburg hat im Jahr 2015 insgesamt 223 tierische und 219 pflanzliche Lebensmittelproben untersucht. 23 %
der tierischen und 39 % der pflanzlichen Proben stammten wegen eines aktuellen Kontaminationsverdachts aus dem
Landkreis Rastatt sowie aus den Stadtkreisen Baden-Baden und Mannheim. In diesem Zusammenhang sind vor allem
die kurzkettigen Vertreter dieser Stoffklasse in den Fokus gerückt. Das CVUA Freiburg hat daher schwerpunktmäßig 6
kurzkettige PFAS-Verbindungen mit Kettenlängen zwischen 5 und 7 Kohlenstoffatomen analysiert. Diese Gruppe kurz-
kettiger PFAS war in dort untersuchten Wasserproben und Bodenproben aufgefallen (siehe hierzu Jahresbericht 2014,
Kapitel IV). Die genauen Umstände der Kontamination von Wasser und Boden sind noch nicht abschließend geklärt. Als
Quelle wird der Zusatz eines „Bodenverbesserers“ zum Mutterboden auf Feldern vermutet. Im Sinne des vorsorglichen
Verbraucherschutzes hat das MLR 2014 ein Minimierungskonzept mit verbindlichen Beurteilungswerten für Lebensmit-
tel und einem breitangelegten Untersuchungsprogramm erarbeitet. Dadurch soll verhindert werden, dass hochbelastete
Lebensmittel in den Handel kommen. Außerdem soll den betroffenen Landwirten rechtliche Sicherheit gegeben werden.
Der Gesamtbericht mit den Ergebnissen von 2014 und 2015 ist im Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de. Darin ist
auch ein Bericht zum Untersuchungsprogramm bei Lebensmitteln tierischer und pflanzlicher Herkunft aus den von dem
Kontaminationsfall betroffenen Kreisen aus den Jahren 2014 und 2015 enthalten.
Dr. Tanja Radykewicz, CVUA Freiburg
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15Dioxine und PCB
Der Begriff Dioxine umfasst die beiden Stoffgruppen
polychlorierte Dibenzo-p-dioxine (PCDD) und Furane
(PCDF). Sie bestehen aus insgesamt 210 Einzelver-
bindungen, Kongenere genannt, und gehören zu den
giftigsten chlororganischen Verbindungen. Das Konge-
ner mit der höchsten Toxizität ist das 2,3,7,8-Tetrachlor-
dibenzodioxin (kurz 2,3,7,8-TCDD), das sogenannte
Seveso-Gift. Dioxine sind fettlöslich und sehr langlebig.
Deshalb reichern sie sich im Fettgewebe von Tieren und
Menschen an. Bestimmte PCB weisen dioxinähnliche
toxikologische Eigenschaften auf und werden deshalb als
„dioxinähnliche PCB“ (dl-PCB) bezeichnet. Die übrigen
der insgesamt 209 PCB-Kongenere weisen ein anderes
toxikologisches Profil auf und werden daher unter der
Bezeichnung „nicht dioxinähnliche PCB“ (ndl-PCB) zu-
sammengefasst.
Schwermetalle und toxische Spurenelemente
Von A wie Aluminium bis Z wie Zink werden chemische Elemente in einer breiten Palette von Lebensmitteln,
Kosmetika und Bedarfsgegenständen untersucht. Verbrauchern sind chemische Elemente meist aus dem Che-
mieunterricht durch das Periodensystem der Elemente oder unter dem Sammelbegriff Schwermetalle bekannt.
Jedoch sind für die Lebensmittelüberwachung weit mehr Elemente als die typischen Schwermetalle, wie Blei oder
Quecksilber, relevant. Zahlreiche andere Elemente können sich beispielsweise toxisch auswirken oder können
falsch gekennzeichnet sein. Das kann auch für gesundheitlich wichtige Elemente wie Jod zutreffen.
Die Gehalte verschiedenster toxischer Elemente und an Spurenelementen werden risikoorientiert überprüft. Auch 2015
haben die CVUAs in rund 6.000 Proben nahezu 52.000 Elementbestimmungen durchgeführt. Wie in den Vorjahren sind
nur wenige Proben mit Überschreitungen von Höchstgehalten für toxische chemische Elemente aufgefallen.
EU-MinimierungskonzeptDa der Mensch Dioxine und PCB fast ausschließ-
lich über die Nahrung aufnimmt, können belaste-
te Lebensmittel bei lebenslanger Aufnahme ein
gesundheitliches Risiko für Verbraucher darstel-
len. Daher hat die EU-Kommission eine Strategie
entwickelt, um die Gehalte in der Nahrungskette
zu verringern. Sie hat Höchstgehalte erlassen, die
die Aufnahme von Dioxinen über die Nahrung be-
grenzen. Um die Belastung der Lebensmittel mit
Dioxinen und PCB zu erkennen und weiter zu re-
duzieren, hat sie zudem sogenannte Auslösewer-
te eingeführt. Die Auslösewerte liegen unterhalb
der Höchstgehalte und sind ein Instrument, um
Kontaminationsquellen zu identifizieren und die-
se einzuschränken oder zu beseitigen, bevor der
Höchstgehalt überschritten wird. Sind diese Aus-
lösewerte überschritten, soll die Kontaminations-
quelle ermittelt und durch entsprechende Maß-
nahmen beschränkt oder beseitigt werden.
Weitere Informationen zu Dioxinen und PCB sind
unter www.ua-bw.de zu finden.
LebensmittelInsgesamt überschritten nur vereinzelte Lebensmittelpro-
ben die Auslösewerte oder die Höchstgehalte für diese
Kontaminanten:
In 2 Rindfleischproben aus ökologischer Erzeugung lag eine
Überschreitung des Höchstgehaltes für die Summe aus Di-
oxinen und dl-PCB vor, die im Wesentlichen durch erhöhte
Gehalte an dl-PCB verursacht wurde. In 4 Proben war der
Auslösewert für dl-PCB statistisch gesichert und in weiteren
4 Proben nur numerisch überschritten.
Von insgesamt 3 Proben Hühnereier wurden die Höchst-
gehalte für Dioxine und/oder die Summe aus Dioxinen und
dl-PCB überschritten. Eine der Proben überschritt darüber
hinaus den für Indikator-PCB gültigen Höchstgehalt von
40 ng/g Fett mit einem Gehalt von 293 ng/g Fett sehr deut-
lich. Darüber hinaus haben 4 Hühnereiproben die für Di-
oxine beziehungsweise dl-PCB festgesetzten Auslösewerte
unter Berücksichtigung der erweiterten Messunsicherheit
überschritten, bei 3 weiteren Proben lagen nur numerische
Überschreitungen vor.
Bei getrocknetem Majoran haben 2 der 3 Proben die für
Dioxine und dl-PCB gültigen Auslösewerte überschritten.
Kosmetische MittelIm Berichtsjahr hat das CVUA Freiburg eine Probe „Grüne
Tonerde“ auf Dioxine und PCB untersucht. Das Produkt soll
laut Kennzeichnung als Schönheitsmaske für das Gesicht
verwendet werden. In der Probe wurde bezogen auf das
Produkt ein Dioxingehalt von 4,5 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g
und 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin (2,3,7,8-TCDD) in
einer Konzentration von 1,4 pg/g bestimmt. 2,3,7,8-TCDD
darf in kosmetischen Mitteln nicht enthalten sein. Lediglich
eine unbeabsichtigte Anwesenheit ist dann erlaubt, wenn
der Gehalt technisch unvermeidbar ist.
Unbelastete Tonerden enthalten jedoch nach Kenntnis des
CVUA Freiburg weniger als 0,75 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g
und deutlich niedrigere Gehalte an 2,3,7,8-TCDD von unter
0,15 pg/g. Somit enthielt die Probe den verbotenen Stoff
2,3,7,8-TCDD in einer Menge, die nach Auffassung des
zentral für kosmetische Mittel in Baden-Württemberg zu-
ständigen CVUA Karlsruhe technisch vermeidbar ist. Der
französische Hersteller müsste daher gegebenenfalls eine
technische Unvermeidbarkeit belegen können, damit das
Produkt als sicheres Kosmetikum vermarktet werden darf.
Bislang hat die hiesige Kosmetiküberwachung hierzu noch
keine Stellungnahme von der Behörde in Frankreich erhalten.
Der Gesamtbericht einschließlich der Ergebnisse von
Bioproben ist unter www.ua-bw.de zu finden.
Kerstin Wahl und Katharina Djuchin, CVUA Freiburg
Arsen in ReiswaffelnInsbesondere für Säuglinge und Kleinkinder sind Reis-
waffeln eine einfache und vermeintlich gesunde Ener-
giequelle. Produkte aus Reis können allerdings relativ
hohe Gehalte an anorganischem Arsen aufweisen. Der
Gesetzgeber hat inzwischen reagiert: Seit Januar 2016
gilt für Reisprodukte eine Höchstmenge von 0,3 mg/kg,
bei spezieller Eignung für Säuglinge und Kleinkinder so-
gar von 0,1 mg/kg. Diese Höchstmengen wurden von
keiner der im Jahr 2015 untersuchten 11 Reiswaffeln
erreicht.
Im Jahr 2015 hat das CVUA Stuttgart 11 Reiswaffeln
auf ihren Gehalt an anorganischem Arsen untersucht.
Der höchste ermittelte Wert lag bei 0,16 mg/kg anorga-
nischem Arsen. Davon wiesen 6 Gehalte unter 0,1 mg/kg
auf, bei 4 Proben lag der Gehalt um 0,1 mg/kg. Eine der
Proben wurde speziell für Säuglinge und Kleinkinder an-
geboten. Hier lag der Gehalt an anorganischem Arsen
unter 0,1 mg/kg und entspracht somit den Vorgaben. Alle
untersuchten Reiswaffeln wiesen damit Gehalte an anorga-
nischem Arsen unter den gesetzlichen Höchstmengen auf.
Die Befunde bestätigen die Ergebnisse des bundesweiten
Monitoringprojektes 2014, die das BVL veröffentlicht hat:
www.bvl.bund.de.
Von einem Verzehr im Übermaß ist dennoch abzuraten:
Nach Empfehlung des BfR sollten besonders Säuglinge
und Kleinkinder nicht ausschließlich mit reisbasierten Le-
bensmitteln ernährt werden.
Der ausführliche Bericht ist im Internet veröffentlicht:
www.ua-bw.de.
Dorothee Doludda, CVUA Stuttgart
◆
Das CVUA Freiburg hat im Jahr 2015 insgesamt 526
Lebensmittelproben und eine Kosmetikprobe auf Dioxine
und PCB untersucht. Darüber hinaus hat es 8 NRKP-Pro-
ben (Hühnereier, Fleisch) zur Untersuchung auf Dioxine
und PCB erhalten.
6362
Die beiden erstgenannten Projekte hat das CVUA im Rah-
men des Ökomonitorings durchgeführt. Die Ergebnisse
werden ausführlich im Ökomonitoringbericht 2015 darge-
stellt, der unter http://oekomonitoring.cvuas.de abrufbar
ist.
2014 war in einem Kino eine Probe Popcornmais erhoben
worden, in der das CVUA erhöhte Gehalte an Mykotoxinen
nachwies. Daher hat die Lebensmittelüberwachung 2015
landesweit verstärkt Popcornmais aus Kinos beprobt. Ins-
gesamt hat das Labor 21 Proben untersucht. In fast allen
Proben konnte Deoxynivalenol nachgewiesen werden, der
höchste gemessene Wert lag bei 436 µg/kg. In etwa jeder
zweiten Probe waren die Fumonisine B1 und B2 nachweis-
bar, maximal wurden 318 µg/kg erreicht. Zearalenon war
nur in wenigen Proben vorhanden, T-2 Toxin und HT-2
Toxin konnten nur in 2 Proben in Spuren nachgewiesen
werden. Keiner der Messwerte hat den jeweiligen Höchst-
wert überschritten, weshalb im Berichtsjahr auch keine
dieser Proben beanstandet werden musste. Ein Großteil
der untersuchten Getreideprodukte war nur gering mit
Mykotoxinen belastet. Dem nächsten Kinobesuch mit Pop-
corngenuss steht also in dieser Hinsicht nichts im Weg.
Dr. Gregor Vollmer, CVUA Sigmaringen
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL III UNTERSUCHUNGEN HERSTELLUNGSBEDINGTE KONTAMINANTEN
MYKOTOXINE UND BIOTOXINE
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15Mykotoxine in Trockenfeigen –
Never ending story!
Feigen sind als Frischware nur sehr kurz haltbar. Sie
werden daher durch Trocknung haltbar gemacht und
sind dann als „getrocknete Feigen“ das ganze Jahr ver-
fügbar. Trockenfeigen stellen in Bezug auf Mykotoxine
ein Risikoprodukt dar, insbesondere können sie mit
Aflatoxinen oder Ochratoxin A belastet sein. Das saf-
tige und nährstoffreiche Fruchtfleisch der frischen Fei-
ge bietet einen idealen Nährboden für Schimmelpilze.
Das in den Feigen-Anbaugebieten wie Griechenland,
Spanien, Iran und vor allem Türkei herrschende Klima
begünstigt deren Wachstum zusätzlich. So kann es bei
nicht sachgerechter beziehungsweise unzureichender
Trocknung und Verletzung der Früchte zu einem Be-
fall durch Schimmelpilze und damit zur Bildung von
Mykotoxinen kommen. Daher werden Trockenfeigen
am CVUA Sigmaringen regelmäßig auf die genannten
Mykotoxine untersucht.
◆
Herstellungsbedingte Kontaminanten, auch Prozesskon-
taminanten genannt, sind unerwünschte, manchmal auch
giftige Substanzen, die bei der Herstellung verschiedens-
ter Lebensmittel, insbesondere bei Erhitzungsprozessen,
gebildet werden. Viele dieser Substanzen sind bisher
noch gar nicht erforscht, aber einige haben in den letzten
Jahren doch erhebliche Bedeutung erlangt. Altbekannt
sind die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstof-
fe (PAK). Im Fokus der Lebensmittelforschung und der
Überwachung stehen seit einigen Jahren auch Acrylamid
sowie 3-MCPD und verwandte Verbindungen.
Ein Bericht über die Untersuchungsergebnisse 2015 zu
Acrylamid in Weihnachtsgebäck ist im Internet veröffent-
licht: www.ua-bw.de.
Herstellungsbedingte Kontaminanten
Natürlich ist nicht automatisch sicher. Mykotoxine sind
von Schimmelpilzen gebildete Stoffwechselprodukte.
Mehrere 100 Substanzen sind bekannt. Biotoxine oder
Pflanzentoxine sind Stoffwechselprodukte, die von sehr
vielen Pflanzenarten als Schutz gegen Fraßfeinde gebildet
werden. Mykotoxine und Biotoxine können bei Mensch
und Tier bereits in geringsten Konzentrationen akute oder
chronisch toxische Wirkungen zeigen. Aus diesem Grund
sind neben den bereits auf EU- oder nationaler Ebene
rechtlich geregelten Mykotoxinen eine Vielzahl weiterer
Mykotoxine und Biotoxine in den Fokus der Lebensmittel-
überwachung gerückt.
Mykotoxine in Cornflakes, Getreide- flocken und Popcorn – ein Problem?
2015 hat das CVUA Sigmaringen zentral für Baden-
Württemberg knapp 1.700 Proben auf Schimmelpilz-
gifte, sogenannte Mykotoxine, untersucht.
Ein besonderer Schwerpunkt lag in diesem Jahr auf
3 Projekten:
n Cornflakes und andere getreide- oder maisbasierte
Frühstückscerealien
n Getreideflocken und
n Popcornmais aus Kinos in ganz Baden-Württemberg
◆
◆
Mykotoxine sind in den Früchten grundsätzlich nicht gleichmäßig verteilt, zudem besitzen Trockenfeigen ein unge-
fähres Stückgewicht von 15 g. Diese beiden Eigenschaften gestalten die Entnahme einer repräsentativen Probe sehr
schwierig. Für eine einheitliche Vorgehensweise wurden in der Verordnung (EG) Nr. 401/2006 allgemeine und EU-
weit geltende Kriterien festgelegt, die ein Probenahmeverfahren erfüllen muss. Um die erforderliche Repräsentativität
zu erreichen, muss nach dieser Verordnung eine von der Größe der vorhandenen Produktcharge abhängige Anzahl an
Einzelproben entnommen werden – gleichmäßig verteilt über die gesamte vorrätige Produktmenge. Beispielsweise
müssen bei einer Lieferung von 8 Tonnen Feigen 80 Einzelproben – jede mit jeweils etwa 300 g – an unterschiedlichen
Stellen der Partie entnommen werden. Bei diesem Beispiel werden somit 24 Kilogramm Trockenfeigen als Probe erho-
ben. In der Praxis ist dies zwar ein sehr zeitaufwendiger und kostspieliger Vorgang, doch nur so können die Ergebnisse
der Mykotoxinuntersuchung als repräsentativ für die gesamte beprobte Partie angesehen werden.
Höchstgehalte für FeigenAflatoxine sind europaweit in der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 geregelt. Für Aflatoxin B1 liegt der Höchst-
gehalt bei 6 µg pro Kilogramm Probe und für Gesamtaflatoxine (Summe Aflatoxine B1, B2, G1 und G2) bei
10 µg/kg. Für Ochratoxin A in Feigen ist in der nationalen Kontaminantenverordnung ein Höchstgehalt von
8 µg/kg geregelt.
Mykotoxine und Biotoxine
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15Haselnüsse – eine Rarität in der Weihnachtsbäckerei 2015?
Im Berichtsjahr hat das CVUA Sigma-
ringen insgesamt 77 Proben ganze be-
ziehungsweise zerkleinerte Haselnüs-
se auf Aflatoxine untersucht. 6 (7,8 %)
der Proben waren wegen Überschrei-
tungen der festgelegten Höchstmen-
gen zu beanstanden. Außerdem war
gegenüber dem Vorjahr eine deutliche
Zunahme des Anteils aflatoxinbelaste-
ter Ware und des mittleren Aflatoxin-
gehaltes festzustellen.
Untersuchung von ImportprobenFür bestimmte Erzeugnisse aus Drittstaaten, also Län-
der außerhalb der EU, schreibt die Verordnung (EU) Nr.
884 ̆/2014 Maßnahmen für eine systematische Kon-
trolle auf Aflatoxine bei der Einfuhr in die Gemeinschaft
vor. Dies betrifft gegenwärtig Pistazien aus dem Iran
und der Türkei, Haselnüsse und getrocknete Feigen
aus der Türkei, Erdnüsse aus Ägypten und China, Man-
deln aus den USA sowie Paranüsse aus Brasilien. Die
Einfuhrkontrolle, auch Vorführpflicht genannt, führen
die Zollämter und Lebensmittelüberwachungsbehörden
durch.
Im Jahr 2015 gingen am CVUA Sigmaringen 5 solche Importproben Trockenfeigen aus der Türkei zur Untersuchung auf
Aflatoxine ein. Die Proben wurden auch auf Ochratoxin A untersucht.
Eine dieser Importproben war aufgrund ihres hohen Aflatoxin B1-Gehaltes (10,5 µg/kg) und ihres hohen Gesamtaflatoxin-
Gehaltes (17,2 µg/kg) zurückzuweisen. Eine weitere fiel durch einen Ochratoxin A-Gehalt von 10,5 µg/kg auf. Die Behör-
den melden solche Grenzzurückweisungen auch über das europäische Schnellwarnsystem RASFF.
Untersuchung von HandelsprobenDas CVUA hat 25 Feigenproben aus dem Handel, die vor allem aufgrund der geforderten Probenmenge in Zentrallagern
und Abpackbetrieben erhoben wurden, auf Mykotoxine untersucht. In 76 % der Fälle waren Aflatoxine und in 64 % der
Fälle war Ochratoxin A nicht nachweisbar.
Bei 20 % der Proben lag der Gehalt an Aflatoxin B1 unter dem Höchstgehalt von 6 µg/kg, bei 4 % darüber. Der höchste
ermittelte Gehalt lag bei 10,4 µg/kg. Für die Gesamtaflatoxine zeigt sich das gleiche Bild, der höchste ermittelte Gehalt
betrug hier 22 µg/kg.
Bei 36 % der Proben war Ochratoxin A nachweisbar, bei 16 % lag der Gehalt an Ochratoxin A unter dem Höchstgehalt
von 8 µg/kg, bei 20 % der untersuchten Proben darüber. Der höchste ermittelte Gehalt lag hier bei 84 µg/kg, was einer
10-fachen Höchstgehaltsüberschreitung entspricht.
Wie aus diesen Ergebnissen ersichtlich ist, waren Trockenfeigen bezüglich Aflatoxinen im Jahr 2015 in der Regel un-
problematisch, dagegen war die Belastungsquote bei Ochratoxin A auffallend hoch. Daher hat die Untersuchung auf
Ochratoxin A insbesondere bei Feigen große Bedeutung, da hier ein hohes Risiko für eine Ochratoxin A-Kontamination
gegeben ist. Zudem erscheint auch eine Untersuchung von Importproben auf Ochratoxin A empfehlenswert, um zu ver-
hindern, dass nicht verkehrsfähige Ware nach Deutschland importiert wird.
Elisabeth Burgmaier-Thielert, CVUA Sigmaringen
Ergebnisse Aflatoxin B1 und Gesamtaflatoxin in Feigen 2015
nicht nachweisbar
Gehalt unter dem Höchstgehalt
Gehalt über dem Höchstgehalt
4 %
76 %
20 %
Ergebnisse Ochratoxin A in Feigen 2015
20 %
64 %16 %
nicht nachweisbar
Gehalt unter dem Höchstgehalt
Gehalt über dem Höchstgehalt
Haselnüsse müssen für den deutschen
Markt überwiegend importiert werden.
Hauptexportland ist die Türkei. An der
türkischen Schwarzmeerküste gab es Ende März 2014 einen Kälteeinbruch mit Hagelschlag, weshalb die Blüten an den
Haselnusssträuchern erfroren sind. Dadurch kam es in der Weihnachtszeit 2014 und vor allem im ersten Halbjahr 2015 zu
enormen Engpässen. Somit war man gespannt, wie die neue Ernte im August und September 2015 ausfallen würde. Die
Ernte 2015 war zwar zufriedenstellend, aber durch eine mäßige Ernte blieben die Preise hoch. Haselnüsse waren damit
zwar keine Rarität für die Weihnachtsbäckerei 2015, jedoch waren sie relativ teuer. Die Lebensmittelüberwachung stellte
sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob aufgrund der Engpässe bis Mitte 2015 im Berichtsjahr auch aflatoxinbelas-
tete Haselnüsse auf den Markt gekommen sind.
UntersuchungsergebnisseDas CVUA hat insgesamt 86 Proben ganze beziehungsweise zerkleinerte Haselnüsse im Jahr 2014 und 77 Proben im
Jahr 2015 auf Aflatoxine analysiert und beurteilt. Dabei wurden 11 (2014) beziehungsweise 10 (2015) dieser Proben bei
Einfuhrkontrollen erhoben.
In beiden Jahren waren Aflatoxine lediglich in etwa 7 % der untersuchten Proben „ganze Haselnüsse“ nachweisbar. Dem-
gegenüber wiesen die Proben „zerkleinerte Haselnüsse“, wie geröstete, gehackte Haselnüsse oder gemahlene Haselnüs-
se, im Jahr 2015 eine weitaus höhere Belastungshäufigkeit auf als im Jahr 2014. In 30 % (2014) beziehungsweise 42 %
(2015) dieser Proben konnten Aflatoxingehalte gemessen werden. Außerdem war die mittlere Belastung und die Zahl an
Höchstmengenüberschreitungen bei diesen Produkten im Jahr 2015 höher als im Jahr 2014. Die 2015 vergleichsweise
höhere Anzahl an belasteten Proben könnte auf die Engpässe auf dem Weltmarkt zurückzuführen sein.
Die Resultate der Proben „zerkleinerte Haselnüsse“ bestätigen die langjährige Erfahrung, dass diese Produkte häufiger be-
lastet sind als „ganze Haselnüsse“. Die Daten deuten darauf hin, dass für die Herstellung der zerkleinerten Ware Rohstoffe
eingesetzt werden, die qualitativ weniger hochwertig sind als ganze Früchte.
Elisabeth Burgmaier-Thielert, CVUA Sigmaringen
Jahr
Toxin
Gesamt-zahl derProben
2014 42 3 (7,1) 18,1 50,5 1 (2,4) 3 (7,1) 58,7 159 2 (4,8)
2015 29 2 (6,8) 1,4 2,0 0 (0) 2 (6,8) 5,1 8,0 0 (0)
2014 44 13 (29,5) 2,9 5,7 1 (2,3) 15 (34,1) 2,9 21,9 1 (2,3)
2015 48 20 (41,7) 4,1 27,0 6 (12,5) 22 (45,8) 7,0 38,0 6 (12,5)
Aflatoxinuntersuchungen in ganzen und zerkleinerten Haselnüssen in den Jahren 2014 und 2015
Anzahl(Anteil[%])
Anzahl(Anteil[%])
Mittel-wert[µg/kg]
Maximal-wert[µg/kg]
Aflatoxin B1
Proben mit Gehalten > BG* > HG**
Anzahl(Anteil[%])
Anzahl(Anteil[%])
Mittel-wert[µg/kg]
Maximal-wert[µg/kg]
GesamtaflatoxineProben mit Gehalten > BG* > HG**
ganze Haselnüsse
zerkleinerte Haselnüsse
* BG = Bestimmungsgrenze kleiner als 0,4 µg/kg** HG = Höchstgehalt: 5,0 µg/kg Aflatoxin B1 und 10,0µg/kg für Gesamtaflatoxine (Summe Aflatoxin B1 , B2 , G1 und G2 )
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15Pyrrolizidinalkaloide in Kräutertee
Pyrrolizidinalkaloide (PA) sind natürliche Pflanzeninhaltsstoffe, die von einer Vielzahl weltweit vorkommender Pflan-
zenarten zum Schutz vor Fraßfeinden gebildet werden. Das Vorkommen von PA in Pflanzen variiert stark nach
Pflanzenart und Pflanzenteil und wird auch von weiteren Faktoren, wie zum Beispiel Klima oder Bodenbeschaffen-
heit beeinflusst. Aufgrund ihres gesundheitsschädigenden Potenzials sind insbesondere 1,2-ungesättigte PA in
Lebens- und Futtermitteln gesundheitlich bedenklich. In hoher Dosierung können sie zu akuten Leberschädigungen
führen. Im Tierversuch haben sich bestimmte PA als genotoxische Kanzerogene erwiesen, wie die Stellungnahme
018/2013 des Bundesamtes für Risikobewertung (BfR) vom 05.07.2013 beschreibt.
Bislang gibt es weder in Deutschland noch in der EU Grenzwerte für die Summe an PA oder einzelne PA. In der oben
genannten Stellungnahme weist das BfR aber darauf hin, dass bei längerfristigem Verzehr von Produkten mit hohen PA-
Gehalten insbesondere bei Kindern, Schwangeren und Stillenden ein Risiko einer gesundheitlichen Gefährdung besteht.
Das BfR hat deshalb empfohlen, dass eine Tageszufuhr von 0,007 µg PA/kg Körpergewicht möglichst nicht überschritten
werden sollte.
Die CVUAs Stuttgart und Karlsruhe haben 2015 insgesamt
93 Proben der beiden beliebtesten Kräuterteesorten Pfef-
ferminze und Kamille sowie Fenchel, Melisse und Brenn-
nessel als Monodroge oder Hauptbestandteil von Kräuter-
tees untersucht. Je 16 Kräuterteeproben aus ökologischer
und konventioneller Produktion haben sie als Projekt im
Ökomonitoring untersucht – diese Ergebnisse sind im Öko-
monitoringbericht 2015 ausführlich dargestellt. Der Bericht
ist unter http://oekomonitoring.cvuas.de abrufbar.
In 71 der 93 Proben waren PA nachweisbar, 22 Proben
waren unbelastet. Die höchsten Gehalte mit einem Spit-
zenwert von 1.400 µg/kg Teedroge wurden im Kamillentee
gemessen.
Bei 6 Kamillentees wurde die maximal empfohlene Tages-
zufuhr an PA für Erwachsene bereits mit einer Tasse Tee
ausgeschöpft oder gar überschritten.
Die maximal empfohlene Tageszufuhr für Kinder wurde
durch eine Tasse bei 43 % der untersuchten Kräutertees
überschritten, davon 15 Kamillentees, 6 Melissentees, 5
Pfefferminztees, 3 Brennnesseltees und 1 Fencheltee mit
Anis und Kümmel.
Alle Gehalte liegen aber weit unter der Schwelle für akute
Gesundheitsbeschwerden oder gar Vergiftungen.
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Tropanalkaloide
Bei Tropanalkaloiden (TA) handelt es sich um eine Gruppe von insgesamt mehr als 200 Verbindungen, die von ver-
schiedenen Pflanzenarten als Fraßschutz gebildet werden. Die bekanntesten und am besten untersuchten Vertreter
dieser Stoffgruppe sind Atropin und Scopolamin. Sie kommen insbesondere in verschiedenen Nachtschattengewäch-
sen wie Schwarzes Bilsenkraut, Engelstrompete, Stechapfel oder Schwarze Tollkirsche vor. Wenn Teile dieser Pflan-
zen, zum Beispiel deren Samen, mitverarbeitet werden, ist eine Kontamination von pflanzlichen Lebensmitteln mit TA
nicht auszuschließen. TA können in bereits geringsten Konzentrationen physiologische Wirkungen, wie Erhöhung der
Herzfrequenz, Anregung des zentralen Nervensystems und dadurch Benommenheit, Kopfschmerzen oder Übelkeit
hervorrufen. Einige dieser Alkaloide, beispielsweise Atropin, werden auch als Arzneimittelwirkstoffe unter anderem in
der Notfallmedizin oder der Augenheilkunde eingesetzt.
Hirsekörner Buchweizenkörner Tollkirschensamen
Das BfR hat in einer Stellungnahme vom November 2013 zu TA in Getreideprodukten die von der EFSA festgelegte akute
Referenzdosis (ARfD) in Höhe von 0,016 µg/kg Körpergewicht bezogen auf die Summe von Atropin und Scopolamin als
gesundheitsbezogenen Richtwert bestätigt.
Im November 2014 wurden erhöhte Rückstände an Atropin und Scopolamin in Babybrei mit Hirse festgestellt (siehe
Jahresbericht 2014). Die Hersteller haben die Produkte öffentlich zurückgerufen, die deutschen Behörden haben andere
Mitgliedstaaten über das RASFF informiert. Deshalb hat das CVUA 2015 verstärkt Getreideerzeugnisse, insbesondere
Hirse- und Buchweizenerzeugnisse, aber auch Maisgrieße und Maismehle auf Tropanalkaloide untersucht.
Keine auffälligen BefundeInsgesamt 80 Proben Hirse- und Buchweizenkörner, Flocken und Mehle daraus sowie Maisgrieße und -mehle wurden
auf ihre Gehalte an Atropin und Scopolamin untersucht, davon waren 33 Produkte aus ökologischem Anbau und 47 aus
konventionellem. Mit Ausnahme von je einer Probe Hirsekörner und Buchweizenmehl aus ökologischem Anbau, bei denen
leicht positive TA-Gehalte nachgewiesen wurden, lagen alle anderen Gehalte unterhalb der Nachweisgrenze von 0,5 µg/kg.
Die nachgewiesenen Gehalte stellen für einen Erwachsenen kein gesundheitliches Risiko dar, sie waren deshalb nicht zu
beanstanden.
Die Ergebnisse werden ausführlich im Ökomonitoringbericht 2015 dargestellt, der unter http://oekomonitoring.cvuas.de
abrufbar ist.
Barbara Ruf, CVUA Sigmaringen
Fazit
Nachdem im Jahr 2013 das Problem bekannt wurde, hat bereits die Lebensmittelwirtschaft große Anstrengungen unter-
nommen, um PA-Gehalte in Kräutertees zu minimieren. Die Untersuchungsergebnisse aus dem Jahr 2015 zeigen, dass
PA in Kräutertees trotzdem noch ein ernstzunehmendes Problem darstellen, das auch die Lebensmittelüberwachung
weiter verfolgen muss. Die LAV-Arbeitsgruppe „Lebensmittel, Bedarfsgegenstände, Wein und Kosmetika“ (ALB) hat in
ihrer 28. Sitzung am 28. und 29.10.2015 das Thema „Pyrrolizidinalkaloide in Tee und Kräuterteeprodukten“ behandelt. Um
einen einheitlichen Vollzug in den Ländern zu gewährleisten, hat die ALB eine abgestimmte Vorgehensweise vorgeschlagen
und die Lebensmittelwirtschaft darüber informiert.
Dr. Winfried Ruge, CVUA Karlsruhe und Thomas Kapp, CVUA Stuttgart
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LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL III UNTERSUCHUNGEN ALLERGENE IN LEBENSMIT TELN
2015 – KEIN GUTES JAHR FÜR OL IVENÖL-FREUNDE
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Seit Dezember 2014 gilt die Kennzeichnungspflicht
für Allergene in loser Ware, das heißt unverpackten
Lebensmitteln (siehe hierzu Kapitel II). Bisher erhielten
Verbraucherinnen und Verbraucher nur bei verpackten
und vollständig etikettierten Lebensmitteln Informatio-
nen über allergene Zutaten. Schwerpunktmäßig hat die
baden-württembergische Lebensmittelüberwachung die
Umsetzung dieser neuen Regelung kontrolliert.
Die CVUAs haben insgesamt 2.058 Untersuchungen auf
mögliche allergene Bestandteile an Proben offener Ware
aus Gastronomie und Kantinen sowie von Eisdielen, Metz-
gereien und Bäckereien durchgeführt. Hierbei wurden aus-
schließlich solche Proben ohne entsprechende Kennzeich-
nung oder bereitgestellte Informationen untersucht.
Das Ergebnis: Verglichen mit verpackten Produkten war der
Anteil nachgewiesener, nicht angegebener Allergene deut-
lich höher. Bei insgesamt 301 von 2.058 Untersuchungen
(15 %) waren nicht gekennzeichnete Allergene mit Antei-
len über dem jeweiligen Beurteilungswert nachweisbar. Bei
verpackten Produkten war dies nur bei 6 % der Fall (102
von 1.703 Untersuchungen). Bei weiteren 210 Tests auf Al-
lergene (10 %) in unverpackten Lebensmitteln waren nicht
deklarierte Allergene nachweisbar, allerdings in sehr gerin-
gen Spurenanteilen unter dem Beurteilungswert (siehe Info-
kasten). Dieser Anteil war mit 9 % bei verpackten Produkten
in etwa gleich.
Was ist drin?Allergene in Lebensmitteln
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
verpackt
(n = 1.703)unverpackt (offen)
(n = 2.058)
Allergengehalte über dem Beurteilungswert
Allergengehalte in Spuren unter dem Beurteilungswert nachweisbar
Allergene nicht nachweisbar
Vergleich der Allergenbefunde bei verpackter und unverpack-ter Ware, angegeben als prozentuale Anteile aller Proben.
An
teil
in %
9
10
85 74
615
Bundesweite Beurteilungswerte der Untersuchungslabors
Bei 362 von insgesamt 3.761 Untersuchungen,
also knapp 10 %, waren geringe Spuren allerge-
ner Bestandteile unter dem sogenannten Beurtei-
lungswert nachweisbar.
Bei dem 2014 bundesweit unter den Labors der
amtlichen Lebensmittelüberwachung abgestimm-
ten Konzept der Beurteilungswerte handelt es sich
um interne Aktionswerte und nicht um Grenzwer-
te. Das Konzept orientiert sich sowohl an aktuellen
Erkenntnissen aus der gesundheitlichen Bewer-
tung als auch am analytisch Machbaren. In den
meisten Fällen liegen die gemessenen Werte im
Bereich der analytischen Bestimmungsgrenzen
der derzeit verwendeten Methoden auf Basis von
ELISA und/oder real-time PCR.
Wenn Untersuchungsergebnisse die Beurteilungs-
werte überschreiten, erstellt das Labor hierüber ein
Gutachten für die Lebensmittelüberwachungsbe-
hörde. Ob ein Verstoß gegen die Bestimmungen
zur Allergenkennzeichnung vorliegt, kann in der
Regel nur durch die Lebensmittelüberwachungs-
behörde am Ort der Herstellung ermittelt werden:
Denn die Kennzeichnungspflicht gilt nur, wenn das
nachgewiesene Allergen über eine rezepturmäßig
verwendete Zutat in das Lebensmittel gelangt ist.
Nach wie vor müssen Allergenspuren, die nach-
weislich durch eine unbeabsichtigte Verunrei-
nigung in das Lebensmittel eingetragen worden
sind, nicht gekennzeichnet werden.
Der Ansatz der Beurteilungswerte wurde im Be-
richtsjahr intensiv auch mit Vertretern nicht-staat-
licher Laboratorien, von Verbraucherverbänden
sowie der Lebensmittelindustrie erörtert und von
diesen ebenfalls als praktikable Vorgehensweise
begrüßt. Auch in die aktuelle Diskussion auf EU-
Ebene um mögliche Regelungen zur freiwilligen
Kennzeichnung unbeabsichtigter Allergenspuren
ist das Konzept eingebracht worden.
Allergenkennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung
Kontrollen in Betrieben der Gemeinschaftsverpflegung, wie
Restaurants, Kantinen und Imbissen sollten zeigen, ob die
neuen Kennzeichnungsregelungen korrekt umgesetzt wor-
den sind. Die angebotenen Gerichte wurden beprobt und
auf allergene Bestandteile untersucht. Anschließend wurde
mit der Allergen-Kennzeichnung verglichen, die die Kon-
trolleure im Betrieb angetroffen haben.
Die Ergebnisse zeigten, dass häufig noch Verbesserungs-
bedarf besteht: Bei 40 % der insgesamt 577 untersuchten
Proben war die Allergenkennzeichnung noch nicht korrekt
vorgenommen worden.
Ergebnisse der Untersuchungen von offen abgegebenen Speisen aus Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung. Anzahl von Proben, bei denen die Allergene korrekt oder nicht korrekt gekennzeichnet waren.
Allergenkennzeichnung nicht korrekt
Allergenkennzeichnung korrekt
229
Die ausführlichen Berichte zur Kennzeichnung und Kon-
trolle von Allergenen in Lebensmitteln sowie über das
Schwerpunktprogramm zur Allergenkennzeichnung in
der Gastronomie sind im Internet veröffentlicht:
www.ua-bw.de. Das dort ebenfalls abrufbare Merkblatt
zur Allergenkennzeichnung bei nicht vorverpackten
Lebensmitteln fasst die rechtlichen Vorgaben zusammen
und gibt Beispiele für die Praxis.
Hans-Ulrich Waiblinger und die Sachverständigen für
Allergenanalytik der CVUAs
348
2015 – kein gutes Jahr für Olivenöl-Freunde
Im Jahr 2015 hat das CVUA Stuttgart insgesamt 266 Pro-
ben Olivenöl untersucht. Davon musste fast jede dritte Pro-
be beanstandet werden. Wie in den Jahren zuvor waren
häufig Mängel in der Aufmachung und Kennzeichnung zu
beobachten. 20 % der Proben wiesen aber auch erhebliche
Qualitätsmängel auf oder waren verfälscht oder unzulässig
behandelt worden.
Olivenöl ist ein wichtiger Bestandteil einer „mediterranen
Ernährung“ und erfreut sich seit Jahren ständig steigender
Beliebtheit. „Natives Olivenöl extra“, das Olivenöl der höchs-
ten Qualitätsstufe, ist in Deutschland besonders begehrt und
hat mit sehr großem Abstand den höchsten Marktanteil von
allen Olivenölkategorien.
Olivenölkategorien
Olivenöl darf nur unter genau vorgeschriebenen
Bezeichnungen verkauft werden. Für die gängigs-
ten Kategorien gibt es folgende gesetzlich vorge-
schriebenen Mindeststandards:
Natives Olivenöl extra: Wird ohne Wärme-
behandlung durch Pressen oder Zentrifugieren
hergestellt. Es muss erkennbar fruchtig und frei
von sensorisch wahrnehmbaren Fehlern sein. Der
Gehalt an freien Fettsäuren darf maximal 0,8 %
betragen. In Deutschland werden über 90 % aller
Olivenöle als „Natives Olivenöl extra“ vermarktet.
Natives Olivenöl: Wird ebenfalls ohne Wärme-
behandlung durch Pressen oder Zentrifugieren
hergestellt. Es muss erkennbar fruchtig sein, ge-
ringfügige sensorische Fehler werden aber tole-
riert. Der Gehalt an freien Fettsäuren darf bis zu
2,0 % betragen.
Olivenöl: Eine Mischung aus raffiniertem Olivenöl
und nativem Olivenöl, das zur Geschmacksgebung
zugegeben wird.
◆
◆
w
7170
LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL III UNTERSUCHUNGEN INSEK TEN – IG IT T ODER LECKER?
WIE KOMMT BISPHENOL F IN SENF?
JA
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20
15Ergebnisse 2015
Aufgrund der schlechten Olivenernte 2014/2015 war der
Bedarf an qualitativ hochwertigem Olivenöl kaum zu de-
cken. Solche Umstände erhöhen die Gefahr, dass auch alte
und fehlerhafte Öle auf den Markt kommen. Aus diesem
Grund wurden im Jahr 2015 schwerpunktmäßig Olivenöle
untersucht. Von den insgesamt 266 untersuchten Oliven-
ölen – meist Öle der Kategorie „Natives Olivenöl extra“,
aber auch aromatisierte Olivenöle – waren 86 zu bean-
standen. Die Beanstandungsquote von 32,3 % lag deutlich
höher als im Vorjahr (25 %). Bei 33 Proben (12,4 %) waren
lediglich Mängel in der Aufmachung und Kennzeichnung
festzustellen. 53 Proben (20 %) wiesen neben Kennzeich-
nungsmängeln auch Mängel in der Qualität auf, waren ver-
fälscht oder unzulässig behandelt. Einige Olivenöle, die als
„Natives Olivenöl extra“ oder „Olio extra vergine di Oliva“
angeboten wurden, waren sogar von so schlechter Qua-
lität, dass sie als „Lampantöl“ und damit als ungenießbar
eingestuft wurden.
12 der untersuchten Olivenöle stammten von Online-
Shops. Davon wurde die Hälfte wegen Mängeln in der
Aufmachung und Kennzeichnung beanstandet. Oft war
gar keine deutschsprachige Kennzeichnung vorhanden.
Bei 4 der Öle ließ zudem auch die Qualität zu wünschen
übrig, sodass Bezeichnungen wie „nativ extra“ oder „ext-
ra vergine“ nicht gerechtfertigt waren. Bei einem Oliven-
öl ergab sich auch der dringende Verdacht, dass das Öl
zur Qualitätsverbesserung einer unzulässigen Wärme-
behandlung und einer chemischen Entsäuerung unterzo-
gen worden war.
„Falsches“ Olivenöl
Ein Tischöl aus einem Ölspender in einer Pizzeria sollte
eigentlich Olivenöl sein. Die Analyse ergab aber, dass es
sich dabei um ein angefärbtes Sojaöl handelte. Der be-
troffene Gastwirt war sich keiner Schuld bewusst, hatte
er doch die Ölspender direkt aus einem Originalkanister
mit nativem Olivenöl extra befüllt. Die weiteren Nachfor-
schungen, auch durch die Staatsanwaltschaft, ergaben,
dass in großem Stil angefärbtes Sojaöl und Sonnenblu-
menöl in 5 Liter-Kanistern vor allem an die Gastronomie
als italienisches natives Olivenöl extra verkauft worden
war.
Glücklicherweise ist die aktuelle Olivenernte wesentlich
besser ausgefallen als die letzte, sodass die Verbraucher
2016 wieder mit einem besseres Angebot an qualitativ
hochwertigen Olivenölen rechnen können.
Die ausführlichen Untersuchungsergebnisse 2015 sind
im Internet veröffentlicht worden: www.ua-bw.de.
Dr. Rüdiger Weißhaar, CVUA Stuttgart
Insekten – igitt oder lecker?
Was im ersten Moment noch futuristisch klingen mag,
könnte sich vielleicht dennoch bald als Alternative zu
den „traditionellen" Speisen etablieren: Immer häufi-
ger werden auch bei uns Lebensmittel-Insekten zum
menschlichen Verzehr angeboten, vor allem über das
Internet. Pikant oder süß, getrocknet, geröstet oder ge-
grillt – der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt. Und
Käfer, Raupen oder Heuschrecken lassen sich mannig-
faltig zubereiten.
Inspirationen liefern unzählige Rezepturen aus Asien, Af-
rika, Lateinamerika oder Australien. Insekten zählen dort
zu den Grundnahrungsmitteln und ihr Verzehr ist seit lan-
gem Normalität. Weit gefehlt, wer glaubt, dies geschehe
nur aus Hungersnot: Auf diesen Kontinenten sind Insekten
fester Bestandteil der lokalen Ernährungsgewohnheiten,
werden vor allem wegen ihres Geschmacks gegessen und
gelten dabei häufig als besondere Delikatesse!
Sind Insekten „neuartige Lebensmittel”?
Insektenteile, die vor dem 15. Mai 1997 noch nicht in
nennenswerten Umfang in der EU verzehrt wurden,
fallen unter die Verordnung (EG) Nr. 258/97 (Novel Food-
Verordnung) und gelten als neuartige Lebensmittel be-
ziehungsweise -zutaten. Ein Inverkehrbringen derartiger
Insektenteile als Lebensmittel oder Lebensmittelzutat ist
in der EU ohne Sicherheitsbewertung und Zulassung
nicht erlaubt. Insekten als Ganzes fallen dagegen nicht
zweifelsfrei in den Anwendungsbereich der aktuell gül-
tigen Novel Food-Verordnung und befinden sich somit
lebensmittelrechtlich derzeit in einer Grauzone. Die neue
Verordnung (EU) Nr. 2015/2283 ist am 31. Dezember
2015 in Kraft getreten. Mit dieser Verordnung werden
einige Unklarheiten im Hinblick auf den Anwendungsbe-
reich der bisher geltenden Verordnung (EG) Nr. 258/97
beseitigt. Unter anderem sind ganze Tiere wie Insekten
nunmehr Teil der Begriffsbestimmung und fallen damit
eindeutig in den Anwendungsbereich der Verordnung.
Weiter wird auch der Begriff „traditionelles Lebensmittel
aus einem Drittland" eingeführt. Für diese traditionellen
Lebensmittel gilt ein vereinfachtes Verfahren, wenn der
Antragsteller eine mindestens 25-jährige sichere Verwen-
dung als Lebensmittel außerhalb der EU verlässlich bele-
gen kann. Allerdings sind die Vorgaben der „neuen Novel
Food-Verordnung“ von 2015 erst ab dem 1. Januar 2018
vollumfänglich gültig.
Aufgrund der steigenden Nachfrage haben zwischen-
zeitlich jedoch bereits einzelne EU-Mitgliedstaaten – so
beispielsweise Belgien und die Niederlande – nationale
Vorgaben eingeführt und Aufzucht und Vermarktung be-
stimmter Lebensmittel-Insekten im nationalen Alleingang
unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht. Dort wer-
den die entsprechenden Produkte nun teilweise bereits im
Supermarkt angeboten.
Was macht die Lebensmittelkontrolle?
Die Lebensmittelüberwachung muss sich dieser neuen He-
rausforderung stellen. Das CVUA Freiburg beschäftigt sich
daher seit geraumer Zeit mit dieser Thematik. Neben der
ständigen Beobachtung des internationalen Geschehens,
der Weiterentwicklung der politisch-strategischen Ausrich-
tung und von aktuellen Forschungsergebnissen stehen die
Sachverständigen im Austausch mit den entsprechenden
renommierten Forschungsinstituten. Sie entwickeln parallel
die erforderlichen routinetauglichen Untersuchungsmetho-
den. Ein Schwerpunkt liegt derzeit auf der Artenbestim-
mung der Insekten in allen Entwicklungsstadien, um bei
einer Vielzahl möglicher essbarer Insekten-Spezies und der
jeweiligen Abhängigkeit der Gefahrenbewertung eine ge-
sicherte Aussage machen zu können.
Der ausführliche Bericht zum Thema Insekten ist im In-
ternet veröffentlicht: www.ua-bw.de.
Silke Helble, CVUA Freiburg
Buffalowürmer (Alphitobius diaperinus)
Wanderheuschrecke (Locusta migratoria)
Wie kommt Bisphenol F in Senf?
Metallische Behälter für Lebensmittel, wie Konserven-
dosen, Tuben und Getränkebehälter, sind zum Schutz
des Lebensmittels vor dem Übergang von Metallen
häufig im Inneren beschichtet. Zur Herstellung dieser
Beschichtung werden Bisphenole und -derivate einge-
setzt. Nachdem Bisphenol A (BPA) in der Öffentlichkeit
aufgrund seiner endokrinen Wirkung in die Kritik ge-
riet, suchen die Hersteller nach Ersatzstoffen. Für die
dem BPA sehr ähnlichen, also analogen Stoffe, liegen
oftmals keine toxikologischen Bewertungen vor. Das
CVUA Stuttgart hat 16 Senftuben auf den Übergang
von BPA und anderen Bisphenolen beziehungsweise
-derivaten untersucht. Die Lebensmittelchemiker sind
dabei auf hohe Mengen an Bisphenol F (BPF) gestoßen.
Untersuchungsergebnisse
Das Labor hat insgesamt 16 Proben Senf aus Tuben unter-
sucht. In den beiden Proben süßer Senf wurde BPF in Ge-
halten von 850 µg/kg beziehungsweise 1.800 µg/kg und
in den 9 Proben mittelscharfer Senf zwischen 1.500 µg/kg
und 6.200 µg/kg ermittelt. Auffällig war, dass alle 5 Pro-
ben scharfer und extrascharfer Senf keine oder nur geringe
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LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL III UNTERSUCHUNGEN NON-FOOD – AUCH EIN THEMA DER LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG
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15Enthalten Papierverpackungen
Anthrachinon?
Im Jahr 2013 wurde das krebserregende Anthrachinon
aus den Empfehlungen des BfR für die Herstellung von
Papier gestrichen. Im Jahr 2014 fanden die Prüfer der
Stiftung Warentest Anthrachinon in nicht unerheblichen
Mengen in Schwarztee. Neben den im Teeanbau verwen-
deten Pestiziden kommen auch die Papierfilter als Ein-
tragsquelle für Anthrachinon in Frage.
Nanomaterialien in Kosmetika
Die EU-Kosmetik-Verordnung (VO (EG) Nr. 1223/2009),
die im Juli 2013 vollumfänglich in Kraft getreten ist, hat
im Gegensatz zu anderen Rechtsgebieten bereits einige
Verfahren zum Einsatz von Nanomaterialien genau regu-
liert. Diese Anforderungen hat das CVUA Karlsruhe im
Rahmen der im Auftrag des MLR durchgeführten Stu-
die „Marktübersicht für Produkte mit Nanotechnologie in
Baden-Württemberg“ für kosmetische Mittel überprüft.
Kaffeefilter
Teefilter zum Selbstbefüllen
Teebeutel befüllt
Butterbrotpapiere
Süßwarenpackungen
sonstige Papierverpackungen
Das CVUA Stuttgart untersuchte daher in den Jahren
2014 und 2015 Kaffee- und Teefilter zum Selbstbefüllen
und bereits mit Tee befüllte Beutel. Zudem wurden weite-
re Papierverpackungen, wie Butterbrotpapier, Obsttüten,
Hamburger- und Pizzaschachteln, diverse Pappteller und
-schalen, Bäckerseide und -tüten sowie Muffin- und Cup-
cake- förmchen geprüft.
In keiner der 110 untersuchten Proben war Anthrachinon be-
stimmbar. Lediglich in 2 bereits befüllten Schwarzteebeuteln
waren geringe Spuren von Anthrachinon (< 3 mg/kg) nach-
weisbar. Als mögliche Quelle kommt hier der mit Pestiziden
behandelte Schwarztee in Frage. Die Untersuchungen
zeigten insgesamt, dass Anthrachinon in den untersuchten
Materialien offensichtlich keine Anwendung fand.
Die ausführlichen Untersuchungsergebnisse sind im
Internet veröffentlicht worden: www.ua-bw.de.
Sarah Stürenburg, Heike Blank, Susanne Maier und
Dr. Natalie Rosenfelder, CVUA Stuttgart
Überblick über die auf Anthrachinon untersuchten Proben Papiermaterialien mit Lebensmittelkontakt in den Jahren 2014-2015 (Gesamtzahl 110)
17 11
38
2613
5
Marktcheck25 der rund 400 im Land ansässigen verantwortlichen
Personen im Sinne der VO (EG) 1223/2009, die kosmeti-
sche Mittel herstellen, vertreiben oder importieren, haben
Produkte mit Nanomaterialien im Sortiment. Dies ergab eine
Recherche im Cosmetic Product Notification Portal (CPNP)
im März 2015. Insgesamt werden 140 kosmetische Mittel,
die Nanomaterialien enthalten, angeboten. Beim überwie-
genden Teil handelt es sich um Sonnenschutzmittel (116),
weitere Produkte sind kosmetische Mittel zur Lippen- und
Zahnpflege, Tagescremes und Mascara. Bei den 140 Pro-
dukten wurden 6 verschiedene Nanomaterialien eingesetzt:
◆
Die ausführlichen Untersuchungsergebnisse 2015 sind
im Internet veröffentlicht worden: www.ua-bw.de.
Iris Eckstein, CVUA Stuttgart
Non-Food – auch ein Thema der Lebensmittelüberwachung
Kinetischer Sand – Sandkuchen backen im Haus
Ein neuartiger Spielsand wird für das Kinderzimmer an-
geboten. Der kinetische Sand, Zaubersand oder Crazy
Sand besteht aus feinkörnigem Spielsand, der mittels
Bindemittel auf Silikonölbasis spezielle Eigenschaften
erlangt. Er staubt nicht, ist formbar wie feuchter Sand
und klebt nicht an Händen und Unterlagen.
Das CVUA Stuttgart hat bei 6 von 12 Proben jedoch Mängel
festgestellt. In 4 Proben eines Herstellers wurde n-Butanol
nachgewiesen. Diese Proben hatten in Aufschlämmungen
mit Wasser einen pH-Wert im alkalischen Bereich (pH 11).
Die übrigen Proben hingegen zeigten unter den gleichen
Bedingungen neutrale bis schwach saure Reaktion. Wei-
tere 2 Produkte hatten ebenfalls einen fremdartigen Ge-
ruch. Hier wurden Naphthalinderivate und cyclische Alkane
identifiziert. Ein pink gefärbter Sand war nicht schweißecht
und enthielt den Farbstoff Rhodamin B, der im Verdacht
steht, krebserzeugend zu sein.
Der kinetische Sand besitzt überraschende Eigenschaften.
Teilweise sind jedoch noch qualitative Verbesserungen er-
forderlich. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten vor-
sorglich grundsätzlich Spielwaren mit auffälligem Geruch
meiden. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse scheint
das Sandeln im Freien immer noch die bessere Alternative
zu sein.
BPF-Gehalte von weniger als 35 µg/kg enthielten. Unter
den Proben befanden sich auch mittelscharfe und schar-
fe Senfe vom selben Hersteller. Da davon auszugehen ist,
dass in dem Herstellungsbetrieb gleichartige Tuben für die
verschiedenen Produkte verwendet werden, sind die un-
terschiedlichen Befunde in scharfem und mittelscharfem
Senf auffallend.
BPF entsteht bei der Senfherstellung
Die Resultate lassen darauf schließen, dass das BPF nicht
aus der Verpackung stammt. Das Schweizer Bundesamt
für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) hat in
früheren Untersuchungen bereits ähnlich hohe BPF-Gehalte
in süßem und mittelscharfem Senf festgestellt. In einer Stu-
die des BLV wurde bestätigt, dass BPF nicht durch die Ver-
packung verursacht wird, sondern bei der Herstellung des
Senfes aus natürlich vorkommenden Glucosinolaten, auch
Senfölglycoside genannt, entsteht (www.blv.admin.ch).
Laut BLV wird BPF nur bei der Herstellung von süßem und
mittelscharfem Senf gebildet, da seine Entstehung in Zusam-
menhang mit dem in weißem Senf vorkommenden Sinalbin
steht. Der genaue Bildungsweg ist noch nicht geklärt. Die
Daten des CVUA Stuttgart bestätigen jedoch diese Aussage.
Ist BPF gesundheitsschädlich?
BPA wird für die Herstellung verschiedener Kunststoffe
und Kunstharze verwendet. Die Europäische Chemika-
lienagentur (ECHA) stuft BPA als reproduktionstoxisch
ein. Reproduktionstoxische Verbindungen können die
Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen und das Kind im
Mutterleib schädigen. BPF ist ein Strukturanalogon von
BPA, das heißt: beide Stoffe weisen eine sehr ähnliche
chemische Struktur auf. Solche Analoga können auch
ähnliche biologische Wirkungen hervorrufen. Für BPF lie-
gen jedoch bisher keine ausreichenden toxikologischen
Bewertungen und kein gesetzlicher Grenzwert vor.
Das BfR hat bewertet, ob sich aus dem Vorkommen von
BPF in Senf mögliche gesundheitliche Risiken für Verbrau-
cher ergeben könnten. Es kam in seiner Stellungnahme
zur Bewertung möglicher gesundheitlicher Risiken durch
Bisphenol F in Senf vom 8. Juni 2015 zu dem Schluss,
dass eine gesundheitliche Gefährdung des Verbrauchers
durch den Verzehr von BPF-haltigem Senf nach jetzigem
Kenntnisstand unwahrscheinlich ist (siehe www.bfr.de).
Das BfR weist jedoch darauf hin, dass die Datenlage un-
zureichend ist und weitere toxikologische Studien sowie
Abschätzungen zur Exposition für eine abschließende Be-
wertung erforderlich sind.
Ein ausführlicher Bericht über die Untersuchungen ist im
Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de.
Ulrike Kielmeier, CVUA Stuttgart
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LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL III UNTERSUCHUNGEN
Teil IV Trinkwasser
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15
Trinkwasserüberwachung 76Informationen rund ums Trinkwasser 76Flüchtlingswelle 2015 – Auswirkungen auf die Trinkwasserüberwachung 77Umsetzung der umfassenden Untersuchung für dezentrale kleine Wasserwerke 78Radioaktivität im Trinkwasser 80
Trinkwasseruntersuchung 82Mikrobiologische Untersuchungen 83Chemische Untersuchungen 86
75◆
Die meisten Einträge fallen auf Titandioxid (116 Einträge),
das als UV-Filter in Sonnenschutzmitteln verwendet wird.
Weitere Nanomaterialien sind
n 29-mal Methylene-bis-benzotrazolyl-tetra-methylbutyl-
phenol (MBBT), ein organischer Lichtfilter,
n 8-mal Zinkoxid, ebenfalls ein UV-Filter,
n 4-mal Siliciumdioxid und einmal Hydroxyapatit, die in
Zahncremes oder Zahnpflegeprodukten eingesetzt wer
den, sowie
n 1-mal Carbon black, das als schwarzer Farbstoff zum
Beispiel in Mascara oder Kajal verwendet wird.
Zusätzlich hat das CVUA Karlsruhe eine Internet-Recherche
zu kosmetischen Mitteln mit Nanomaterialien durchgeführt.
Über die SES wurden 17 Produkte als Testkauf aus dem
Internet erworben und untersucht.
Befragung der verantwortlichen PersonVon den 25 ermittelten Kosmetikunternehmern in Baden-
Württemberg, die kosmetische Mittel mit Nanomaterialien
im Sortiment haben, wurden 12 für eine Betriebskontrolle
ausgewählt. Die Auswahl wurde so getroffen, dass jede
Produktart und jedes Nanomaterial möglichst zweimal, min-
destens aber einmal abgedeckt war. Die Kontrollen haben
die Sachverständigen des CVUA Karlsruhe gemeinsam mit
der jeweils zuständigen unteren Verwaltungsbehörde durch-
geführt. Bei den Kontrollen wurden die Produktunterlagen
überprüft, insbesondere die Rohstoffspezifikationen der
eingesetzten Nanomaterialien, sowie die Rezeptur und die
Sicherheitsbewertung des entsprechenden kosmetischen
Mittels. Die überprüften Kosmetikunternehmer hielten die
gesetzlichen Anforderungen bezüglich Nanomaterialien
(Meldungen, Notifizierung, Kennzeichnung) ein.
Untersuchung und BeurteilungVon den insgesamt 13 Proben aus den Betriebskontrollen
bei Herstellern und 17 Proben von Testkäufen aus dem
Internet wurde eine Auswahl von 18 Proben zur chemi-
schen Untersuchung auf Nanomaterialien in einem beauf-
tragten Privatlabor getroffen. 9 der 18 ausgewählten Proben
(50 %) wurden beanstandet. Von den Proben aus Baden-
Württemberg war eine Probe (5,5 %) zu beanstanden.
Die ausführlichen Ergebnisse sind im Internet veröffent-
licht worden: www.ua-bw.de.
Claudia Baumung, CVUA Karlsruhe
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TRINKWASSERÜBERWACHUNG BW
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15
TEIL IV TRINKWASSER TRINKWASSERÜBERWACHUNG · INFORMATIONEN RUND UMS TRINKWASSER
FLÜCHTLINGSWELLE 2015 – AUSWIRKUNGEN AUF DIE TRINKWASSERÜBERWACHUNG
TrinkwasserüberwachungTrinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Es steht jedem zur Verfügung, in der Regel unbeschränkt und ohne
dass Wege für die Beschaffung zurückgelegt werden müssen. Kein Lebensmittel ist besser kontrolliert. Für kein
Lebensmittel gelten vergleichbar viele und strenge Grenzwerte. Nach den Vorschriften der Trinkwasserverordnung
muss es rein und genusstauglich sein. Es darf keine Krankheitserreger enthalten und keine Stoffe, die die mensch-
liche Gesundheit gefährden können.
Die Ankunft tausender Flüchtlinge innerhalb weniger Mo-
nate erforderte Improvisation bei deren Unterbringung.
Leerstehende Gebäude jeder Art, zum Beispiel Gasthöfe
oder Gewerbehallen, rückten dafür in den Fokus von Land-
kreisen und Kommunen. Anwesen, deren Trinkwasser-
installationen alt und in schlechtem Zustand oder für die
Versorgung überfüllter Gemeinschaftsunterkünfte vielfach
nicht ausgelegt waren, mussten kurzfristig für die Unter-
bringung der Menschen hergerichtet werden. Trotzdem
muss auch hier das zur Verfügung gestellte Trinkwasser
die strengen Anforderungen der Trinkwasserverordnung
erfüllen. Die Trinkwasserüberwachung sah sich einer be-
sonderen Herausforderung gegenüber.
Trägt der Eigentümer der Liegenschaft oder der Mieter als Nutzer die Verant-wortung?
Die Verantwortung für die Reinheit und gesundheitliche
Unbedenklichkeit des Trinkwassers sowie gegebenenfalls
die Pflicht zur Veranlassung bestimmter Untersuchungen,
insbesondere zu Legionellen, liegt nach geltendem Recht
beim Unternehmer oder sonstigen Inhaber der Trinkwas-
serinstallation. Bei der Vielfalt der sich in der Praxis erge-
benden Konstellationen ist die Feststellung, wer letztlich
verantwortlich ist, oft nicht einfach.
Bei der Vermietung von Gebäuden für die Unterbringung
der Flüchtlinge handelt es sich um eine gewerbliche Tä-
tigkeit im Sinne der Trinkwasserverordnung, sofern die
unmittelbare oder mittelbare, zielgerichtete Trinkwasser-
bereitstellung im Rahmen der Vermietung stattfindet. Sind
bereits Duschen vorhanden, ist der Eigentümer (Vermie-
ter) verantwortlicher Unternehmer – unabhängig davon,
ob vom Mieter weitere Duschen ergänzt werden. Ist eine
Großanlage zur Trinkwassererwärmung vorhanden, besteht
für ihn die Pflicht zur Untersuchung auf Legionellen. Wenn
das angemietete Gebäude keine Duschen und ähnliche
Einrichtungen enthält, gibt es keine zielgerichtete Trink-
wasserbereitstellung mit Legionellen-Relevanz durch den
Vermieter. Durch die Unterbringung von Personen und den
Einbau von Duschen agiert der Mieter im Rahmen einer
öffentlichen Tätigkeit im Sinne der Trinkwasserverordnung,
als sogenannter sonstiger Inhaber, was bei Vorhandensein
einer Großanlage zur Trinkwassererwärmung die Pflicht zur
Informationen rund ums Trinkwasser
Trinkwasserverbrauch und -versorgung
Es wird zum Genuss im ursprünglichen Zustand oder aufbereitet zu Getränken und Speisen, aber auch zur Körper-
pflege und Reinigung benötigt. In Baden-Württemberg hat jeder Einwohner im Jahr 2013 täglich im Durchschnitt
116 Liter Trinkwasser verbraucht. Dies erscheint recht viel, zumal 2014 nur rund 4 % für Essen und Trinken ver-
braucht wurden. Allerdings ist der durchschnittliche tägliche Wasserverbrauch je Einwohner seit dem Maximum
Anfang der 1990er Jahre wieder um rund 25 Liter gesunken und stagniert nun schon seit 10 Jahren auf diesem
Niveau. Der Pro-Kopf-Verbrauch im Land liegt unter dem Bundesdurchschnitt von 121 Litern. Die Statistik wird alle
3 Jahre erhoben
Die Wasserversorgung in Baden-Württemberg basiert auf kommunaler Versorgung, überregionalen Fernwasserver-
sorgungen und für einen sehr kleinen Teil der Bevölkerung, vor allem in den ländlichen Regionen von Schwarzwald
und Oberschwaben, auf dezentralen kleinen Wasserwerken (Eigenwasserversorgungen). Etwa die Hälfte des Was-
sers wird aus Grundwasser gewonnen, knapp 30 % aus Oberflächenwasser, der Rest vor allem aus Quellwasser.
Weitere Informationen zum Wasserverbrauch und der Wassergewinnung sind auf der Internetseite des Statisti-
schen Landesamtes Baden-Württemberg (www.statistik.baden-wuerttemberg.de) und der Internetseite des Bun-
desverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (www.bdew.de) veröffentlicht.
Trinkwasserkontrolle
Für Reinheit und gesundheitliche Unbedenklichkeit des Trinkwassers sind die Wasserversorgungsunternehmen und
Inhaber von Wasserversorgungsanlagen verantwortlich. Von der Trinkwasserüberwachung wird erwartet, dass sie
die Einhaltung der strengen Qualitätsstandards gewährleistet.
In Baden-Württemberg sind die 38 Gesundheitsämter der Land- und Stadtkreise und das Landesgesundheitsamt
(LGA) beim Regierungspräsidium Stuttgart für die Überwachung der Trinkwasserqualität zuständig. Zu den zentra-
len Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes gehört damit die Überwachung und Mitwirkung bei der Sicher-
stellung einer hygienisch einwandfreien Trinkwasserversorgung der Bürgerinnen und Bürger. Die Gesundheitsämter
tragen hier eine wesentliche Mitverantwortung.
Nach § 37 Infektionsschutzgesetz muss Wasser für den menschlichen Gebrauch so beschaffen sein, dass für die Verbrau-
cherinnen und Verbraucher keine Schädigung ihrer Gesundheit zu befürchten ist. Detailliert geregelt sind die Anforderungen
an die Beschaffenheit des Trinkwassers in der Trinkwasserverordnung aus dem Jahre 2001, kurz: TrinkwV. Diese Rechts-
vorschrift wurde in den letzten Jahren mehrfach geändert, zuletzt im Jahr 2015. Mit dieser jüngsten Anpassung wurden
radiologische Anforderungen an das Trinkwasser sowie die entsprechenden Überwachungsaufgaben konkretisiert.
Die Überwachungsaufgaben umfassen routinemäßige und anlassbezogene Überprüfungen der Wasserqualität durch
mikrobiologische, chemische und zukünftig radiologische Untersuchungen. Die Anlagen und Wasserschutzzonen sind
regelmäßig zu begehen, um sicherzustellen, dass die bestehenden Wassergewinnungs- und Versorgungsanlagen den
Anforderungen an den aktuellen Stand der Technik gerecht werden.
Einzelne bundesrechtliche Änderungen der Trinkwasserverordnung führten in den letzten Jahren bei der Trinkwasserüber-
wachung in den unteren Gesundheitsbehörden zu einem Mehraufwand, dem das Land Baden-Württemberg im Berichts-
jahr nun dadurch begegnet ist, dass im Nachtragshaushalt für 2015/2016 zusätzliche Finanzmittel für einen erstmaligen
Stellenaufwuchs bei den Hygienekontrolleuren bereitgestellt wurden.
Martina Bauer, MLR
Flüchtlingswelle 2015 – Auswirkungen auf die Trinkwasserüberwachung
Eine besondere Situation ergab sich im Jahr 2015 durch den immensen Flüchtlingsstrom nach Deutschland und
Baden-Württemberg. Wegen der sich teilweise ergebenden kurzfristigen Nutzung zuvor leerstehender Gebäude für
die Unterbringung der Menschen war auch die Trinkwasserüberwachung stark gefordert.
Untersuchung auf Legionellen durch den Mieter zur Folge
hat. Bei einem angemieteten Ein- oder Zweifamilienhaus
besteht keine Untersuchungspflicht.
Aspekte der Trinkwasserhygiene
Angesichts der möglicherweise wochen- oder sogar
monatelangen Stillstandszeiten in den entsprechenden
Gebäuden kann es bei Wiederinbetriebnahme der Trink-
wasserinstallation zu sensorisch auffälligen oder anderen
Beeinträchtigungen des Trinkwassers kommen. Von be-
sonderer Bedeutung ist die mikrobiologische Beschaffen-
heit des Trinkwassers. Wichtigste Maßnahme ist ausgie-
biges Spülen, danach eine erste Beprobung. Wenn die
Untersuchungsergebnisse wegen des herrschenden Zeit-
drucks nicht abgewartet werden können, kommen unter
Beachtung der Bedingungen des Einzelfalls zeitlich befris-
tete Einschränkungen der Verwendung des Trinkwassers,
beispielsweise „kein Duschen möglich“, in Betracht.
Martina Bauer, MLR
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TRINKWASSERÜBERWACHUNG BW TEIL IV TRINKWASSER UMSETZUNG DER UMFASSENDEN UNTERSUCHUNG
FÜR DEZENTRALE KLEINE WASSERWERKE
Ergebnisse
Von den 954 Einzelwasserversorgern haben bislang 554
Betreiber, also etwas mehr als die Hälfe, Ergebnisse der
umfassenden Untersuchung mit 33 Parametern vorgelegt.
Davon wiesen 307 Anlagen Grenzwertüberschreitungen
auf.
Die folgende Tabelle stellt dar, welche Parameter wie oft
über den Grenzwerten lagen:
Umsetzung der umfassenden Untersuchung für dezentrale kleine Wasserwerke
Die Änderung der Trinkwasserverordnung im Jahr 2011 brachte für Betreiber von Kleinanlagen zur Trinkwasser-
versorgung mit Wasserabgabe an Dritte im Rahmen einer öffentlichen oder gewerblichen Tätigkeit, zum Beispiel
Vermietung, Gastronomie, Herstellung und Vertrieb von Lebensmitteln, erhebliche Änderungen mit sich. Für diese
sogenannten dezentralen kleinen Wasserwerke müssen die Betreiber neben den „routinemäßigen Untersuchungen“
jährlich auch „umfassende Untersuchungen“ durchführen.
Im Ortenaukreis sind 954 dezentrale kleine Wasserwerke erfasst. Ein Großteil dieser Anlagen gehört zu landwirt-
schaftlichen Betrieben. Im Jahr 2015 hat das Gesundheitsamt alle Betreiber angeschrieben, um sie auf ihre Pflicht
zur Durchführung einer umfassenden Untersuchung hinzuweisen.
6
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1
2
4
154
4
27
42
4
2
1
35
3
4
6
1
2
3
321
2
109
41
16
47
215
ParameterAnzahl der Proben mit Grenzwertüberschreitung
1. aus der umfassenden Untersuchung
Aluminium
Arsen
Bentazoen
Benzol
Blei
Calcitlösekapazität
Clostridien
Eisen
Enterokokken
Färbung SAK
Fluorid
Hexazinon
Mangan
Metolachlor
Nickel
Nitrat
Oxidierbarkeit
Summe PSM
Uran
Summe Anzahl
2. aus der Routineuntersuchung
Ammonium
coliforme Keime
E. Coli
Koloniezahl
ph-Wert
Summe Anzahl
Die Grenzwertüberschreitungen betreffen sowohl mik-
robiologische Parameter, wie Enterokokken, chemische
Parameter, wie Arsen, Eisen oder Mangan, als auch so-
genannte Indikatorparameter, wie die Calcitlösekapazität.
Indikatorparameter sind in den üblichen Mengen nicht
gesundheitsschädlich, können aber beispielsweise zur Kor-
rosion von Rohren führen. Einen großen Anteil von rund
70 % der Grenzwertüberschreitungen haben die geogen
bedingten Untersuchungsparameter Arsen, Calcitlösekapa-
zität, Eisen und Mangan.
Die bisherigen Ergebnisse der umfassenden Untersuchun-
gen haben ferner gezeigt, dass bei den Anlagen mit Grenz-
wertüberschreitungen dies durchschnittlich jeweils bei 0,6,
gerundet also einem Parameter, aus der umfassenden Un-
tersuchung der Fall ist.
Das Gesundheitsamt muss jeweils im Einzelfall entschei-
den, welche Konsequenzen die Grenzwertüberschreitun-
gen haben. Dies können Nachbeprobung, Abkochgebot,
Verzicht auf Verwendung für Säuglingsnahrung, Einschrän-
kung der landwirtschaftlichen Nutzung im Fassungsbereich
der Quellen oder Nachrüsten von Filteranlagen sein.
Ortenauer Weg
Die umfassende Untersuchung stellt für die Betreiber eine
große finanzielle Belastung zusätzlich zur routinemäßigen
Untersuchung dar, denn jede umfassende Untersuchung
kostet etwa 500 bis 900 Euro. Unabhängig davon ist das
Trinkwasser ein äußerst wichtiges Gut, das zu Recht gera-
de auch mit Blick auf den Verbraucherschutz einen hohen
Schutzstatus genießt.
Der „Ortenauer Weg“ beschreibt eine Vorgehensweise, die
vom Landratsamt Ortenaukreis entwickelt wurde und die
im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben der Trinkwasserver-
ordnung weitestgehend beiden Interessen gerecht werden
soll.
Bevor das Gesundheitsamt seinen Ermessensspielraum
ausüben und den Untersuchungsumfang gemäß Anlage
4 Teil I Buchstabe b TrinkwV reduzieren kann, muss eine
entsprechende Datengrundlage vorhanden sein. Die erste
umfassende Untersuchung im Jahr 2015 wurde deshalb
aus fachtechnischen Gründen mit vollständigem Parame-
terumfang durchgeführt. Erst mit diesen vollständigen Analyseergebnissen besteht eine ausreichende fachliche Grundla-
ge, um die im Einzelfall relevanten Parameter beurteilen zu können.
Durch den „Ortenauer Weg“ können der Untersuchungsumfang und damit die Kosten für die Trinkwasseruntersuchungen ab
2016 erheblich reduziert werden. So müssen in den folgenden Jahren neben den auch in den letzten Jahren schon erforder-
lichen routinemäßigen Untersuchungen nur jeweils noch diejenigen Parameter ergänzend untersucht werden, bei denen es
im Jahr 2015 zu Grenzwertüberschreitungen gekommen ist. Erst im Jahre 2019 wird dann wieder eine größere umfassende
Untersuchung durchgeführt. Die Parameteranzahl wird jedoch geringer als bei der ersten Untersuchung 2015 sein, da die
Trinkwasserkontrolle dann, basierend auf der Datengrundlage der Untersuchungen 2015 bis 2018, in jedem Einzelfall ent-
scheiden kann, welche Parameter aus fachlichen Gründen für die betroffenen Betreiber überhaupt in Frage kommen.
Katinka Mangei, LRA Ortenaukreis
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
2015 2016 2017 2018 2019
routinemäßige Untersuchung ggf. Parameter mit Grenzwertüberschreitung umfassende Untersuchung
Untersuchungsumfang für dezentrale kleine Wasserwerke bis 2019 nach dem „Ortenauer Weg“
Par
amet
eran
zah
l
33
14 14 14 14 14
Jahr
Im Durchschnitt 1 Parameter
Reduzierung möglich, soweitUntersuchungen 2015-2018unproblematisch
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TRINKWASSERÜBERWACHUNG BW TEIL IV TRINKWASSER RADIOAK T IV ITÄT IM TRINK WASSER
Dr. Jens Fleischer, LGA◆
Welche Rolle spielt Radioaktivität in unserem Trinkwasser?
Im Jahr 2009 hat das BfS in einer Studie 582 Trinkwasser-
proben untersucht, wobei die Beprobung einen großen Teil
des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland erfasst hat-
te. Zur Untersuchung von Trinkwasser in Ballungsgebieten
wurden vorwiegend größere Wasserversorgungsanlagen
beprobt. Zusätzlich wurden zur Erfassung der oberen Ak-
tivitätsbereiche gezielt Trink- und Rohwasser von Wasser-
versorgungsanlagen in Gebieten mit erhöhter natürlicher
Radioaktivität beprobt. Hierzu gehörten auch Gebiete in
Bayern, Sachsen, Baden-Württemberg, Thüringen, Rhein-
land-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Als wesentliches Ergebnis
benennt die Studie, dass das Trinkwasser in Deutschland
nur geringfügig zur gesamten mittleren jährlichen Strahlen-
exposition aus natürlichen Quellen beiträgt.
Verglichen mit der gesamten natürlichen wie auch mit der
zivilisatorischen Strahlenexposition der Bevölkerung ist in
Deutschland die durchschnittliche Strahlenbelastung durch
Trinkwasser gering. Die effektive Dosis aus dem Trinkwas-
serkonsum liegt nach dem Bericht des BfS im Mittel für die
Altersgruppe der Erwachsenen im Bereich von 0,01 mSv/a
(Millisievert pro Jahr). Die gesamte natürliche Strahlenexpo-
sition beträgt demgegenüber im Mittel 2,1 mSv/a mit einer
örtlich bedingten Spannweite von 1 mSv/a bis 10 mSv/a.
Das BfS hat aus seiner Studie Empfehlungen für die zu-
künftige Überwachung des Trinkwassers abgeleitet. Unter
anderem soll die Trinkwasseruntersuchung alle natürlichen
Radionuklide berücksichtigen, die einen relevanten Dosis-
beitrag liefern könnten. Dazu gehören neben Radon-222
die Radiumisotope Ra-228 und Ra-226, die Uranisotope
U-238 und U-234 und die Radonfolgeprodukte Pb-210
und Po-210.
Wie geraten radioaktive Stoffe in das Trinkwasser?
Während künstliche Radionuklide nur durch Störfälle, zum
Beispiel aus kerntechnischen Anlagen, in die Umwelt ge-
langen, sind natürlich vorkommende Radionuklide auf-
grund geologischer und hydrogeologischer Gegebenheiten
sehr unterschiedlich und mit großen Schwankungsbreiten
in der Konzentration verteilt. Der Konsum von aus Grund-
wasserleitern gewonnenem Trinkwasser kann daher unter
Umständen im Einzelfall zu Strahlenbelastungen führen, die
im Sinne eines vorsorglichen gesundheitlichen Verbrau-
Radioaktivität im Trinkwasser Seit dem 18. November 2015 gilt die 3. Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung. Diese Verordnung
dient der nationalen Umsetzung der Richtlinie 2013/51/EURATOM zur Festlegung von Anforderungen an den
Schutz der Gesundheit der Bevölkerung hinsichtlich radioaktiver Stoffe in Wasser für den menschlichen Gebrauch.
cherschutzes nicht akzeptabel sind. Solche nennenswert
erhöhten Aktivitätskonzentrationen natürlicher Radionukli-
de finden sich häufiger in Wässern aus granitisch gepräg-
ten Gebieten, wie im Erzgebirge, Vogtland, Fichtelgebir-
ge, Bayerischen Wald, Oberpfälzer Wald, im Harz und im
Schwarzwald.
Welche rechtlichen Anforderungen gibt es?
Die Trinkwasserverordnung sieht vor, dass die Aktivitäts-
konzentrationen ausgewählter Radionuklide und die so-
genannte Richtdosis zur Bewertung von Trinkwasser hin-
sichtlich radioaktiver Inhaltsstoffe herangezogen werden.
Parameter Parameterwert Einheit
Radon-222 100 Bq/l
Tritium 100 Bq/l
Richtdosis 100 mSv/a
Parameterwerte für Radon-222, Tritium und Richtdosis (Tabelle nach Anlage 3a Teil 1 TrinkwV)
Radon-222In Bezug auf Radon-222 ist eine Erstuntersuchung durch-
zuführen, um das Ausmaß einer möglichen Exposition
durch Radon-222 im Trinkwasser zu bestimmen. Der Pa-
rameterwert für Radon-222 gilt als eingehalten, wenn die
gemessene Radon-Aktivitätskonzentration gemittelt über 4
unterschiedliche Quartale diesen Wert nicht überschreitet.
TritiumUntersuchungen im Hinblick auf Tritium im Trinkwasser
sind nicht erforderlich, solange der zuständigen Behörde
keine Anhaltspunkte vorliegen, dass der in Anlage 3a Teil I
festgelegte Parameterwert für radioaktive Stoffe überschrit-
ten sein könnte. Bei Überschreitung des Parameterwertes
für Tritium ist eine Untersuchung des Trinkwassers auf
andere künstliche Radionuklide erforderlich, da Tritium als
Indikatornuklid für das Vorhandensein künstlicher radioakti-
ver Stoffe angesehen wird.
RichtdosisDie Richtdosis wird anhand der gemessenen Radionuk-
lidkonzentrationen und der im Bundesanzeiger (BAnz. Nr.
160a und Nr. 160b vom 28. August 2001) veröffentlich-
ten Dosiskoeffizienten sowie einer jährlich angenommenen
Aufnahme von 730 Litern Trinkwasser durch Multiplikation
dieser 3 Faktoren berechnet. Dabei sind grundsätzlich die
in der TrinkwV aufgeführten Referenz-Aktivitätskonzent-
rationen für verschiedene Radionuklide zu berücksichti-
gen. Die Aktivitätskonzentrationen von K-40, Tritium und
Radon-222 sowie kurzlebige Radon-Zerfallsprodukte blei-
ben unberücksichtigt. Wenn Informationen vorliegen, dass
andere Radionuklide in dem Trinkwasser vorhanden sein
könnten, deren Dosisbeitrag zu einer Überschreitung der
Richtdosis führen kann, sind auch diese einzubeziehen.
In der Regel kann die Untersuchung künstlicher Radionuk-
lide entfallen, es sei denn, die zuständige Behörde ordnet
solche Untersuchungen an.
Für die Erstuntersuchung im Hinblick auf die Richtdosis
durch natürliche Radionuklide können unterschiedliche
Verfahren angewendet werden: Screening-Verfahren mit
Bestimmung der Gesamt-Alpha-Aktivitätskonzentration
Calpha-ges und Einzelnuklidbestimmung. Kann die Einhaltung
des Parameterwertes für die Richtdosis mittels Screening-
Verfahren nicht nachgewiesen werden, sind zur Beurtei-
lung der Richtdosis Einzelnuklidbestimmungen erforderlich.
Wo und wie oft müssen die Untersu-chungen zur Radioaktivität durchgeführt werden?
Die Untersuchungen sind in der Regel zumindest in Form
der Erstuntersuchungen in jedem Wasserversorgungsge-
biet, ausgehend von der abgegebenen Menge, jährlich 1-
bis 10-mal durchzuführen. Nach Abschluss der von den
Wasserversorgern veranlassten Erstuntersuchungen (bis
spätestens 4 Jahre nach Inkrafttreten der Änderungsver-
ordnung) wird festzulegen sein, wo weitere regelmäßige
Untersuchungen zur Radioaktivität im Trinkwasser durch-
zuführen sind.
Eine vom BfS geleitete fachübergreifende Arbeitsgruppe
aus Vertretern von Ministerien, Landesmessstellen, analy-
tischen Laboratorien und Trinkwasserverbänden hat zwi-
schen 2009 und 2012 einen Leitfaden zur Untersuchung
und Bewertung von Radioaktivität im Trinkwasser erarbei-
tet, der die bestehenden Anforderungen auf empfehlender
Basis konkretisiert. Der Leitfaden ist auf der Internetseite
des BfS abrufbar (www.bfs.de).
Die Ergebnisse der Radioaktivitätsuntersuchungen in Lebensmitteln und Trinkwasser sowie in Futtermitteln insbesondere
im Rahmen von IMIS sind in Kapiteln III und Kapitel V beschrieben.
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TRINKWASSERÜBERWACHUNG BW TEIL IV TRINKWASSER TRINK WASSERUNTERSUCHUNG
MIKROBIOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN
Trinkwasseruntersuchung
In den Mitgliedstaaten der EU und insbesondere in Deutschland wird viel dafür getan, um eine hohe Qualität des
Trinkwassers sicherzustellen. Hierzu gehören regelmäßige und umfangreiche Untersuchungen des Trinkwassers.
Dabei wird zum einen die Belastung des Wassers durch Nitrat, Pflanzenschutzmittel, Schwermetalle und andere
chemische Substanzen überprüft, zum anderen werden mikrobiologische Untersuchungen durchgeführt.
In Baden-Württemberg gibt es etwa 8.000 Stellen in der gesamten Wasserversorgung, an denen die Trinkwasser-
überwachung regelmäßig Wasserproben entnimmt. Diese werden in den akkreditierten Trinkwasserlaboratorien
des Landes, den 4 CVUAs und dem LGA analysiert und ausgewertet. Darüber hinaus sind die Wasserversorger
verpflichtet, Eigenkontrolluntersuchungen bei Laboratorien, die auf der Liste der Untersuchungsstellen nach § 15
Absatz 4 TrinkwV (zugelassene Trinkwasserlaboratorien) aufgenommen sein müssen, zu beauftragen.
Im Berichtsjahr haben die CVUAs im Rahmen der amtlichen Trinkwasserüberwachung 5.585 Proben (Vorjahr:
5.342 Proben) untersucht. 11 % dieser Proben (Vorjahr: 11 %) entsprachen nicht den Normen für Trinkwasser.
Dabei handelte es sich weit überwiegend um die Überschreitung mikrobiologischer Grenzwerte, teilweise im noch nicht
aufbereiteten Rohwasser, für das die Grenzwerte nicht gelten, sowie um kleine Wasserversorgungsanlagen zur Eigenver-
sorgung.
Das LGA hat im Jahr 2015 insgesamt 4.400 Trinkwasserproben gemäß TrinkwV 2001 mikrobiologisch untersucht. Davon
entfielen 3.036 auf die Fernwasserversorgungen, 365 auf Ortswasserversorgungen, 41 auf Eigenwasserversorger und
958 Proben auf übrige Einsender, hierzu zählen vermehrt Wasserproben aus Trinkwasserinstallationen oder Dentalein-
heiten in Zahnarztpraxen. Insgesamt wurden 126 Proben
beanstandet, die Beanstandungsrate lag damit insgesamt
bei 3,4 % (ohne Rohwasser). Die Fernwasserversorger
zeigten eine Beanstandungsquote von 0,7 %, die Ortswas-
serversorgungen eine von 14,4 % und die übrigen eine von
durchschnittlich 5,2 % für die eingesandten Proben. Die Ei-
genwasserversorger verzeichneten mit 39,5 % die meisten
Beanstandungen.
Hinweis: Die teilweise hohen Beanstandungsraten aus
den Trinkwasseruntersuchungen des LGA ergeben sich
aus vielfach unterschiedlichen Stichprobengrößen oder
auch aus Wiederholungsproben beziehungsweise Mehr-
fachuntersuchungen einer Entnahmestelle. Sie sind also
nicht repräsentativ für die allgemeine Trinkwasserqualität in
Baden-Württemberg. Sehr gut schneiden die Fernwasser-
versorger ab, mit einer nahezu konstanten Beanstandungs-
rate von < 1 %.
3.500
3.000
2.500
2.000
1.500
1.000
500
0
Fernwasserversorger Ortswasserversorger Einzelwasserversorger Hausinstallationen Sonstige
Trinkwasserproben beim LGA inkl. Rohwasser nach Einsendern im Jahr 2015 (n = 4.400)
3.036
365
41
848
110
Mikrobiologische Untersuchungen
Bakterien in neuen Wasserzählern
Der Nachweis von Pseudomonas aeruginosa (P. aeruginosa) in einem Kindergartenneubau in Hamburg verhinderte
dessen planmäßige Inbetriebnahme. Aus Norddeutschland wurde im Jahr 2014 bekannt, dass Wasserzähler ver-
schiedener Hersteller mit dem Bakterium P. aeruginosa belastet sein können. Die Zähler wurden entweder beim
Kalibrieren durch Fachfirmen oder durch falsche Lagerung kontaminiert.
Bei P. aeruginosa handelt es sich um einen fakultativ pathogenen Keim, der in medizinischen Einrichtungen, insbeson-
dere Krankenhäusern, aber auch in Pflegeheimen in der Literatur immer wieder als Ursache von Infektionen beschrieben
wird. Da der Parameter bei der Untersuchung der Trinkwasserqualität in Trinkwasserinstallationen nach der Trinkwasser-
verordnung routinemäßig nicht mit erfasst wird, besteht aus infektionsprophylaktischer Sicht aufgrund der berichteten
Vorkommnisse Handlungsbedarf. Mittlerweile haben die Trinkwasserüberwachungsbehörden mehrerer Bundesländer
Untersuchungen durchgeführt und Maßnahmen eingeleitet. In manchen Städten wurden tausende Wasserzähler in Trink-
wasserinstallationen von öffentlichen Gebäuden und Wohnhäusern ausgetauscht.
Baden-Württemberg reagiert mit landesweiten VorgabenVor diesem Hintergrund hat das MLR Ende des Jahres 2014 Vorgaben erlassen, welche Maßnahmen die Gesundheitsäm-
ter durchführen sollen, um die von P. aeruginosa ausgehenden Gefahren zu erforschen und abzuwehren:
Für einen ersten Überblick sollte jedes Gesundheitsamt Untersuchungen des Trinkwassers in 5 Einrichtungen veranlassen,
in denen sich immungeschwächte Personen aufhalten, insbesondere Krankenhäuser und Altenpflegeeinrichtungen, in de-
nen im Jahr 2014 ein neuer Wasserzähler eingebaut wurde, sofern keine Befunde aus den letzten 3 Monaten nach Einbau
vorlagen. Hatten sich bei dieser ersten Untersuchungsserie signifikante Hinweise auf eine Kontamination des Trinkwassers
mit P. aeruginosa durch verunreinigte Wasserzähler ergeben, waren weitere Untersuchungen notwendig.
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TRINKWASSERÜBERWACHUNG BW TEIL IV TRINKWASSER MIKROBIOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN
Das LGA sollte zentral die Untersuchungen durchführen und die Ergebnisse der amtlichen oder vom Inhaber der Trinkwas-
serinstallation veranlassten Untersuchungen in einem Bericht zusammenfassen.
Die Hersteller der Wasserzähler sollten den Wasserversorgern künftig die mikrobiologische Unbedenklichkeit des Wasser-
zählers sowie die Einhaltung des Hygienekonzepts bei Herstellung und Prüfung schriftlich bestätigen. Die Wasserversorger
sollten Wasserzähler im Lagerbestand stichprobenartig auf P. aeruginosa untersuchen lassen, und zwar 1 % der jeweili-
gen Charge, mindestens jedoch 10 Wasserzähler einer Charge.
Gleichzeitig sollen die Gesundheitsämter den Wasserversorgungsunternehmen den Einbau von neuen Wasserzählern
nach den Vorschriften von Infektionsschutzgesetz und Trinkwasserverordnung untersagen, wenn nicht sichergestellt ist,
dass diese Wasserzähler nicht mit P. aeruginosa verunreinigt sind.
Werden im Trinkwasser in Einrichtungen, in denen sich immungeschwächte Personen aufhalten, P. aeruginosa nach-
gewiesen, müssen die Betreiber unverzüglich Gefahrenabwehrmaßnahmen, wie Nutzungseinschränkungen, Spül- und
Desinfektionsmaßnahmen ergreifen und den Austausch der kontaminierten Wasserzähler veranlassen.
Ergebnisse der Studie des LGA für 2015
n Von den 361 gemeldeten Wasserproben waren 10 positiv (2,8 %) für P. aeruginosa.
n Gemeldete Zahlen zu Wasserzählern ergaben 4 positive (7 %) von 60 überprüften.
n Datenbankabfragen beim LGA für die Jahre 2013 bis 2015 (siehe Tabelle) haben ein Untersuchungsvolumen von
883 Proben aus verschiedenen Trinkwasserinstallationen (Krankenhäuser, Pflegeheime, Schulen, Kindergärten usw.)
ergeben. Hiervon waren 29 Proben positiv (3,3 %), davon allein 9 aus einem Gebäude.
n Einzelnen Berichten von Wasserversorgern zufolge waren nach eigenen Untersuchungen von Wasserzählern aus
dem Lagerbestand etwa 15 bis 25 % der überprüften Zähler positiv für P. aeruginosa.
Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime 736 17 6 2 9 2,3
Schulen und Kindergärten 63 2 0 0 2 3,2
Sonstige Hausinstallationen 69 5 3 0 2 7,2
Lebensmittelverarbeitende Betriebe 15 5 0 1 4 3,3
Insgesamt 883 29 9 3 17 3,3
Ergebnisse der Datenbankabfrage beim LGA zu Untersuchungen aus Trinkwasserinstallationen auf den Parameter P. aeruginosa
Einrichtung
P. aeruginosa - positive ProbenAnzahl deruntersuchtenProben
Anzahl 1-10KBE/100 ml
10-100KBE/100 ml
> 10KBE/100 ml
ProzentualerAnteil (%)
Fazitn Die Verkeimung von Wasserzählern stellt nach heutigem Wissenstand keine neue Situation, sondern eine
zusätzliche Erkenntnis dar.
n Breit angelegte Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Verkeimung des Wasserkörpers beziehungsweise der
Trinkwasserinstallationen nur in wenigen Fällen die Folge war.
n Wasserversorger und Hersteller haben jeweils schnell reagiert und entsprechende Maßnahmen ergriffen.
n Epidemiologische Betrachtungen des Erkrankungsgeschehens zeigen keine Auffälligkeiten.
n Die rasche Einbindung der Öffentlichkeit und die Kommunikation mit den Gesundheitsbehörden haben eine
durchweg konstruktive Diskussion ermöglicht.
Weiteres Vorgehenn Weiterführung der Untersuchungen auf P. aeruginosa in sensiblen Einrichtungen gemäß Empfehlungen des
Umweltbundesamts
n Implementierung neuer technischer Regeln beziehungsweise Standards vom Bundesverband der Energie-
und Wasserwirtschaft e. V (BDEW) und vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW)
n Anpassung und Konkretisierung der Anweisungen an die Hersteller von Wasserzählern und an die
Wasserversorger (HACCP)
n Bereitstellen von Informationsmaterial für die Öffentlichkeit
Dr. Jens Fleischer, LGA
Anzahl Proben L. sp. negativ
Anzahl Proben L. sp. positiv in 1 ml
Anzahl Proben L. sp. positiv in 1 und in 100 ml
Anzahl Proben L. sp. positiv in 100 ml
Anzahl der für Legionella sp. positiv getesteten Wasserproben 2015 (Gesamtzahl 2.100, positive Proben 615)
328
1.386
277
10
L. species
L. pneumophilia S2-S14 + L. species
L. pneumophilia S2-S14
L. pneumophilia S1+S2-S14
L. pneumophilia S1
0 50 100 150 200 250 300 350 400
Verteilung der ermittelten Legionella pneumophila Serogruppen 2015 gemessen an der Gesamtzahl der positiven Proben (615)
Dr. Jens Fleischer, LGA
◆
9
2
349
23
232
Untersuchung von Trinkwasser-installationen auf Legionellen
Beim LGA wurden im Berichtsjahr 2.001 Proben aus
Trinkwasserinstallationen auf Legionellen untersucht. In
287 Fällen (14,3 %) konnten in 1 ml Probe, in 605 Fällen
(30,2 %) in 100 ml Probe Legionella sp. nachgewiesen
werden. Die Beanstandungsraten entsprechen damit
weitestgehend den Ergebnissen aus den Vorjahren. Aus
den positiv getesteten Wasserproben wurden in 232 Fäl-
len Legionella pneumophila der Serogruppe 1 isoliert,
in 349 Fällen Legionella pneumophila der Serogruppen
2-14, in 34 Fällen wurden Gemenge der Serogruppen 1
und 2-14 sowie andere Legionella species isoliert. Grund-
lage für die Beurteilung der Konzentrationenvon Legionella
sp. sind der in der TrinkwV festgelegte Maßnahmewert
(> 100 KBE/100 ml), die im DVGW-Arbeitsblatt W551 (April
2004) aufgeführten Bewertungen von Legionellenbefun-
den in Trinkwassererwärmungs- und Leitungsanlagen so-
wie die Empfehlungen des Umweltbundesamtes von 2006
und 2015 zur Probennahme und zum Untersuchungsgang.
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TRINKWASSERÜBERWACHUNG BW TEIL IV TRINKWASSER CHEMISCHE UNTERSUCHUNGEN
Was gibt es Neues?Am 24. Juni 2015 hat die EFSA eine Stellungnahme zur toxikologischen Bewertung von Chlorat in Lebensmitteln und
Trinkwasser veröffentlicht (siehe www.efsa.europa.eu). Darin wird aufgrund der möglichen Hemmung der Jodaufnahme
eine tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) von 3 Mikrogramm Chlorat pro kg Körpergewicht pro Tag (µg/kg KG/Tag)
festgelegt. Auch eine hohe Chlorat-Aufnahme an einem einzigen Tag könnte für den Menschen toxikologisch bedenklich
sein, da die Fähigkeit des Blutes, Sauerstoff aufzunehmen, eingeschränkt wird beziehungsweise es zu Nierenversagen
kommen könnte. Die EFSA hat daher auch eine sichere Höchstmenge für eine Tagesaufnahme von Chlorat, die soge-
nannte ARfD, von 36 µg/kg KG/Tag empfohlen. Nach Angaben der EFSA trägt Trinkwasser hauptsächlich zur chronischen
Aufnahme von Chlorat bei.
Wie sind die gemessenen Gehalte in Trinkwasser zu bewerten? Für verschiedene in Trinkwasser gemessene Chlorat-Gehalte wurde die Ausschöpfung des TDI und der ARfD sowohl für
einen Erwachsenen mit einem durchschnittlichen Tagesverzehr von 2 Liter Trinkwasser als auch für ein Kleinkind (Alter ca.
12 bis 18 Monate) mit einem durchschnittlichen Verzehr von 1 Liter Trinkwasser am Tag berechnet.
Chemische UntersuchungenChlorat in Trinkwasser – Ein Update
Einen ersten Beitrag zu Untersuchungen zum Chlorat-Gehalt in Trinkwasser enthielt der Jahresbericht 2014. Zum
damaligen Zeitpunkt war eine gutachterliche Bewertung der Chlorat-Gehalte aufgrund eines fehlenden Grenzwertes
für Trinkwasser und mangels Daten zur Toxikologie nur schwer möglich.
0,01 1 11 3 33
0,05 5 56 14 167
0,10 9 111 28 333
0,20 19 222 56 667
Ausschöpfung von TDI und ARfD in % bei Erwachsenen und Kleinkindern
Chlorat-Gehalt Trinkwasser[mg/l]
Erwachsener 60 kg, 2 l Wasser/TagARfD [%] TDI [%]
Kleinkind 10 kg1 l Wasser/TagARfD [%] TDI [%]
< 0,002 mg/l
0,002 - 0,03 mg/l
> 0,03 - 0,09 mg/l
> 0,09 mg/l
Chlorat-Gehalte in Trinkwasserproben aus dem Regierungsbezirk Stuttgart aus den Jahren 2014 und 2015 (Zahl der untersuchten Proben: 141); höchste gemessene Gehalte: 0,39 mg/l und 1,15 mg/l
1928
85
9
Die Grafik zeigt, dass die Chlorat-Gehalte in den meisten der untersuchten Trinkwasserproben aus dem Regierungsbezirk
Stuttgart unter dem TDI für Kleinkinder von 0,03 mg/l lagen (113 Proben, 80 %). Nur bei einem geringen Anteil der Proben
lag der Chlorat-Gehalt über 0,03 mg/l (19 Proben, 13 %) beziehungsweise über dem TDI für Erwachsene von 0,09 mg/l (9
Proben, 6 %). Bei den 2 Proben mit den höchsten gemessenen Chlorat-Werten war die ARfD für Kleinkinder überschritten
(0,39 mg/l und 1,15 mg/l).
Wie lässt sich der Chlorat-Gehalt in Trinkwasser beeinflussen?Die Untersuchungen am CVUA Stuttgart ergaben, dass der Chlorat-Gehalt im Trinkwasser vom verwendeten Desin-
fektionsmittel abhängt (siehe Internetbericht Beitrag vom 10.12.2014 auf www.ua-bw.de). Bei der Verwendung von
Chlorgas entstehen deutlich niedrigere Chlorat-Gehalte im behandelten Wasser als bei der Verwendung von Chlordioxid
oder Chlorbleichlauge (Natriumhypochloritlösung).
Ferner können in Chlorbleichlauge bei der Lagerung sehr hohe Gehalte an Chlorat entstehen. Der Einfluss der Lagerbe-
dingungen, insbesondere der Temperatur- und der Lichtverhältnisse, wurde bei Untersuchungen aus dem Jahr 2004
zur Belastung von Schwimmbeckenwasser erkannt (Gabrio, T., Bertsch, A., Karcher, C., Nordschild, S. & Sacré, C.:
Belastung von Schwimmbeckenwasser mit anorganischen Desinfektionsnebenprodukten. AB Archiv des Badewesens
3/04, S. 158-163). Es zeigte sich, dass bei kühler und dunkler Lagerung der Natriumhypochloritlösung deutlich weniger
Chlorat gebildet wird. Auch bei dem Trinkwasser mit dem höchsten gemessenen Gehalt von 1,15 mg/l konnte durch
Verwendung einer frischen Chlorbleichlauge der Chlorat-Gehalt des Wassers deutlich gesenkt werden.
Wie geht es weiter? Aktuell wird beim UBA diskutiert, einen Chlorat-Grenzwert in die Liste der Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren
gemäß § 11 TrinkwV aufzunehmen.
FazitAuch wenn der Chlorat-Gehalt in den meisten Trinkwasserproben unterhalb des TDI liegt, gibt es in Einzelfällen doch
deutliche Überschreitungen. Wenn der Wasserversorger geeignete Minimierungsmaßnahmen ergreift, zum Beispiel das
Desinfektionsmittel oder dessen sachgerechte Lagerung überprüft, können die Chlorat-Gehalte im Trinkwasser gesenkt
werden.
Dr. Carmen Breitling-Utzmann, CVUA Stuttgart
◆
Aus der Tabelle ergibt sich, dass bei Kleinkindern der TDI bereits ab einem Gehalt von 0,03 mg Chlorat pro Liter Trinkwas-
ser überschritten wird, bei Erwachsenen ab einem Gehalt von 0,09 mg/l. Der ARfD wird ab einem Gehalt von 0,36 mg/l
Chlorat (bei Kleinkindern) beziehungsweise 1,1 mg/l (bei Erwachsenen) überschritten. Legt man jedoch den bisherigen
Leitwert der WHO von 0,7 mg/l Chlorat in Trinkwasser zugrunde, würde der TDI von Kleinkindern und Erwachsenen deut-
lich überschritten werden, bei Kleinkindern sogar der ARfD.
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Teil V Futtermittel
Futtermittelüberwachung 89
Übersicht 90Cross-Compliance-Kontrollen Futtermittelsicherheit 91Wenn es schnell gehen muss: RASFF 91Untersuchungen auf unerwünschte Stoffe 93Höchstgehaltsüberschreitungen von Pflanzenschutzmitteln 94Dioxine und PCB 95Futtermittelkontrollen als Hilfe zur Aufklärungvon Belastungen in Lebensmittel 97Pharmakologisch wirksame Stoffe 97Gentechnisch veränderte Futtermittel 99Radiochemische Untersuchungen 100Rätselhafte Todesfälle bei Weiderindern 100Veränderungen in der Laborlandschaft in Baden-Württemberg – Eine Ära geht zu Ende 101Zusammenfassung 102
TRINKWASSERÜBERWACHUNG BW TEIL IV TRINKWASSER
Hermann Brezger, CVUA Sigmaringen
Vorkommen und Bewertung von Chrom-VI im Trinkwasser
Eine Studie der amerikanischen Umweltorganisation Environmental Working Group (EWG) hat über das Vorkom-
men von sechswertigem Chrom (Chrom-VI) in US-amerikanischem Trinkwasser berichtet. Bisher ist man davon
ausgegangen, dass Chrom in Wasser fast ausschließlich als dreiwertiges Chrom (Chrom-III) vorliegt, welches als
essenzielles Spurenelement für den Zuckerstoffwechsel benötigt wird und eine relativ geringe toxische Wirkung
aufweist. Für Chrom im Trinkwasser gibt die Trinkwasserverordnung einen Grenzwert in Höhe von 50 µg/l vor. Die-
ser gilt unabhängig davon, in welcher Form das Chrom im Trinkwasser vorliegt. Der Grenzwert wird in Deutschland
praktisch nie überschritten.
Ausgehend von einer toxikologischen Neubewertung von Chrom-VI durch die US-amerikanische Umweltbehörde (EPA)
werden Chrom-VI-Gehalte in Trinkwasser mittlerweile wesentlich kritischer bewertet. Chrom-VI gilt als erbgutschädi-
gend und krebserregend, weshalb das UBA in Übereinstimmung mit der EPA zu dem Schluss kommt, dass Chrom-VI
auch über den Trinkwasserpfad als krebserregend angesehen werden muss. Aufgrund des Ergebnisses eines vom
UBA in Auftrag gegebenen Sondergutachtens zur potenziellen Schädlichkeit von Chrom in Trinkwasser empfiehlt das
UBA zunächst einen lebenslang (70 Jahre) akzeptablen Leitwert (LW70) von 0,3 µg/l für Chrom-VI in Trinkwasser. Eine
Überschreitung des toxikologischen Leitwertes bedeutet noch keine konkrete Gesundheitsgefahr, jedoch steigt das
Gesundheitsrisiko von Krebserkrankungen statistisch leicht an.
Wäre das gesamte Trinkwasser in Deutschland überall mit 0,3 µg/l Chrom-VI belastet und würde jeder Einwohner
2 Liter pro Tag davon trinken, würde dies für die in Deutschland lebende Bevölkerung von rund 80 Millionen Men-
schen nach Angaben des UBA rechnerisch ungefähr eine zusätzliche Krebserkrankung pro Jahr – unter den insgesamt
477.000 neuen Krebsfällen jährlich in Deutschland – bedeuten. Konzentration und Krebsrisiko hängen linear zusammen,
daher würde beispielsweise eine Konzentration von 3 µg/l für ganz Deutschland zu knapp 10 zusätzlichen Krebserkran-
kungen pro Jahr führen. Das UBA weist zum Verständnis des vorgeschlagenen Leitwertes explizit darauf hin, dass von
wissenschaftlicher Seite derzeit kein „wahres“ Risiko und daher auch kein „wahrer“ Grenzwert für Chrom-VI ermittelt
werden kann.
Aufgrund dieser neuen Bewertungssituation von Chrom-VI in Trinkwasser hat das MLR ein Monitoring-Programm zur
Untersuchung von Chrom-VI in baden-württembergischen Trinkwasserproben initiiert, da bisher nur sehr wenige Un-
tersuchungsdaten zu Chrom-VI-Gehalten im Trinkwasser vorlagen.
Zunächst mussten die CVUAs geeignete Analysenverfahren etablieren, um Chrom-VI im Spurenbereich ab etwa
0,1 µg/l Trinkwasser untersuchen zu können. Die bisher vorliegenden Untersuchungsergebnisse zeigen, dass Chrom
entgegen früherer Annahmen im Trinkwasser überwiegend als Chrom-VI vorliegt und dass durch oxidative Aufberei-
tungsverfahren, wie zum Beispiel die Zugabe von Chlor oder Ozon zu Trinkwasser, die Chrom-VI-Gehalte meist nicht
mehr nennenswert verändert werden.
Im Berichtsjahr wurden landesweit 260 Trinkwasser-
proben aus 219 verschieden Trinkwasserversorgungs-
gebieten auf Chrom-VI untersucht. In 63 (29 %) dieser
Trinkwasserversorgungsgebiete wurde der eingeführte
Leitwert des UBA in Höhe von 0,3 µg/l Chrom-VI über-
schritten. Der Höchstwert eines Trinkwassers lag bei
2,15 µg/l.
Das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau hat
eine hydrogeochemische Karte von Baden-Württemberg
zur geogenen Beschaffenheit des oberflächennahen
Grundwassers für Gesamtchrom erstellt. Diese zeigt eine
gute Übereinstimmung mit den im Rahmen des Monito-
ringprogrammes bisher vorliegenden Daten von Chrom-
VI im Trinkwasser. Danach weist insbesondere Trinkwasser aus den Gebieten von Oberschwaben sowie aus den Berei-
chen entlang des Rheins häufiger Gehalte über dem vom UBA empfohlenen Leitwert von 0,3 µg/l auf. Anthropogene
Ursachen spielen nach derzeitigem Kenntnisstand für erhöhte Chrom-VI-Gehalte im Trinkwasser praktisch keine Rolle.
Problematisch ist, dass alle derzeitigen Verfahren zur Entfernung von Chrom-VI aus Wasser bei einem Aufbereitungs-
ziel von Chrom-VI-Gehalten < 0,3 µg/l technisch aufwendig und/oder kaum wirtschaftlich betreibbar sind. Die Unter-
suchungen werden im Jahr 2016 fortgesetzt, um ein möglichst vollständiges Bild über die Belastungssituation des
Trinkwassers in Baden-Württemberg durch Chrom-VI zu erhalten.
< BG (0,05 bzw. 0,1 µg/l)
≥ BG bis ≤ 0,3 µg/l
> 0,3 bis ≤ 1,6 µg/l
> 1,6 µg/l
Chrom-VI-Gehalte in baden-württembergischen Wasserversorgungs-gebieten (Untersuchungen aus 2015)
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FUTTERMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL V FUTTERMITTEL FUT TERMIT TELÜBERWACHUNG · ÜBERSICHT
CROSS-COMPLIANCE-KONTROLLEN FUTTERMITTELSICHERHEIT · WENN ES SCHNELL GEHEN MUSS: RASFF
Futtermittelüberwachung
„Sichere Futtermittel für gesunde Tiere und sichere Lebensmittel“ – entsprechend diesem Grundsatz dürfen Fut-
termittel keine Stoffe enthalten, die die Gesundheit des Menschen oder der Tiere schädigen können. Ebensowenig
dürfen sie die Umwelt schädigen. Diesen sogenannten unerwünschten oder verbotenen Stoffen gilt das besondere
Interesse der amtlichen Futtermittelkontrolle.
Übersicht
Die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 über amtliche Kon-
trollen, die auch die Futtermittelkontrolle einschließt,
verlangt regelmäßige Kontrollen auf Risikobasis und mit
angemessener Häufigkeit, um eine hohe Sicherheit im
Sinne der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (EU-Basisver-
ordnung) zu erreichen. Deren Vorschriften zur Futter-
mittelsicherheit werden durch die Verordnung (EG) Nr.
183/2005 (Futtermittelhygiene-Verordnung) präzisiert.
Diese richtet sich an alle Betriebe, die mit Futtermitteln
umgehen. Sie stellt umfangreiche Anforderungen an die
Betriebshygiene und Buchführung sowie an die Einrich-
tungen und Ausrüstungen des Betriebes, an das Personal
und dessen Qualifikation, die Sicherheit und Herstellung
der Produkte sowie hinsichtlich der Rückverfolgbarkeit
von Futtermitteln.
Rückverfolgbarkeit
Die Futtermittelunternehmer müssen in der Lage sein,
jede Person festzustellen, von der sie ein Futtermittel
oder einen Stoff, der dazu bestimmt ist, dass er in ei-
nem Futtermittel verarbeitet wird, erhalten haben. Außer-
dem müssen sie jederzeit feststellen können, an welche
anderen Unternehmen sie selbst ein Erzeugnis geliefert
haben. Wenn sich nachträglich herausstellen sollte, dass
ein Futtermittel, das sich im Verkehr befindet, nicht si-
cher ist, kann somit schnell ermittelt werden, wo sich
betroffene Ware noch befinden könnte, und notwendige
Maßnahmen können gezielt ergriffen werden.
Alle Betriebe, die Futtermittel herstellen, lagern, trans-
portieren oder behandeln, müssen sich nach der Verord-
nung (EG) Nr. 183/2005 bei den Regierungspräsidien als
für die Futtermittelkontrolle zuständigen Behörden regis-
trieren lassen. Aktuell sind in Baden-Württemberg neben
den 40.057 landwirtschaftlichen Betrieben (Primärprodu-
zenten) 3.028 sonstige „gewerbliche“ Betriebe, wie Her-
steller, Händler, Lagerhalter und Transporteure registriert.
Betriebe, die zum Beispiel mit „kritischen“ Zusatzstoffen
umgehen, oder Betriebe, die Futtermittel unter direkter
Einwirkung der Verbrennungsgase trocknen, müssen bei
der zuständigen Behörde eine Zulassung beantragen, die
erst nach einer Vor-Ort-Kontrolle erteilt werden kann. 73
solche Betriebe sind derzeit zugelassen.
Umsetzung des Kontrollprogramms
Das von den Ländern gemeinsam mit dem Bund erar-
beitete „Kontrollprogramm Futtermittel 2012 bis 2016“
legt als Orientierung die Zahl der zu ziehenden Proben
und der Untersuchungen fest. Die Aufteilung auf die
Bundesländer erfolgt insbesondere entsprechend der
Bedeutung der dort betriebenen Mischfuttermittelpro-
duktion und des Aufkommens an Einzelfuttermitteln.
Risikoorientierte Auswahl der BetriebeDie zu kontrollierenden Betriebe werden risikoorientiert
durch die Regierungspräsidien auf Basis der länderüber-
greifenden Risikobewertung ausgewählt. Damit soll das
individuelle betriebsspezifische Risiko nach einheitlichen
Kriterien bewertet werden. Häufigkeit und Intensität der
Kontrolle richten sich nach den möglichen Risiken der zu
kontrollierenden Betriebe und nach den eventuell gegebe-
nen Risiken der eingesetzten Komponenten sowie der her-
gestellten Produkte. Die Auswahl der zu kontrollierenden
landwirtschaftlichen Betriebe erfolgte 2015 EDV-gestützt
und ebenfalls risikoorientiert aus der Gesamtheit aller Be-
triebe, die einen Antrag auf EU-Direktzahlungen gestellt
haben (Cross-Compliance-Kontrollen).
Auswahl der ProbenDie Futtermittelkontrolle entnimmt amtliche Proben entwe-
der als Stichprobe im Rahmen einer Inspektion in Betrie-
ben oder gezielt infolge von Erkenntnissen, Hinweisen oder
Auffälligkeiten.
◆
Zur Überprüfung, ob die Vorschriften für die Futtermittelsicherheit eingehalten werden, haben die Kontrollbehörden des
Landes im Jahr 2015 insgesamt 428 Cross-Compliance-Kontrollen auf landwirtschaftlichen Betrieben durchgeführt, die
EU-Direktzahlungen erhalten. Dabei wurden bei 17 Betrieben Mängel beanstandet.
n In 8 Fällen lagen die vorgeschriebenen Dokumente über den Ein- oder Verkauf von Futtermitteln nicht vor.
Diese müssen aufbewahrt werden, damit die Rückverfolgbarkeit gewährleistet ist.
n 2 Betriebe haben den Einsatz von Bioziden nicht ausreichend dokumentiert.
n In 2 weiteren Fällen wurden Futtermittel von nicht registrierten Betrieben bezogen.
n In 3 Fällen wurde beanstandet, dass Futtermittel und gefährliche Stoffe nicht ausreichend getrennt gelagert
wurden.
n In einem Fall wurden Arzneimittel enthaltende Futtermittel nicht getrennt von Futtermitteln ohne Arzneimittel
eingesetzt. Eine Trennung ist notwendig, um eine Kontamination zu verhindern.
n Bei einem Betrieb war das Heu von so schlechter Qualität, dass das Futtermittel als nicht ausreichend sicher
einzustufen war.
Eine Beanstandung führt in der Regel zu einer Kürzung der Direktzahlung um 1 % bei einem leichten Verstoß und um
3 % bei einem mittleren Verstoß. Außerdem veranlasst die Futtermittelkontrollbehörde die erforderlichen Maßnahmen zur
Beseitigung der futtermittelrechtlichen Verstöße.
Cross-Compliance-Kontrollen Futtermittelsicherheit
Über das Europäische Schnellwarnsystem RASFF tauschen die Behörden grenzüberschreitend Informationen über
auffällige Lebensmittel, Futtermittel und Lebensmittelbedarfsgegenstände aus. Gemeldet werden Produkte immer
dann, wenn von ihnen ein unmittelbares oder mittelbares Risiko für die Gesundheit ausgeht. Sie teilen auch mit,
welche Maßnahmen von den Unternehmen oder durch die Behörden getroffen wurden, um die Gefahr zu beseiti-
gen, wie zum Beispiel Beschränkungen des Inverkehrbringens („Sperren“), Rückruf oder unschädliche Beseitigung
der betroffenen Ware. Das BVL ist die nationale Kontaktstelle in Deutschland. Es nimmt Meldungen der Bundes-
länder entgegen und leitet diese nach einer Prüfung an die Europäische Kommission weiter. Die Kommission wertet
die Meldungen aller Mitgliedstaaten aus und notifiziert sie im Schnellwarnsystem.
Sobald die Behörde im Land über das RASFF informiert worden ist, ergreift sie weitere Maßnahmen. Sie prüft beispiels-
weise, ob noch Ware vorhanden ist, ob diese an weitere Empfänger geliefert wurde und wenn ja, wie viel und wohin, ob
und wie sie weiterverarbeitet wurde oder ob Rückrufe ordnungsgemäß durchgeführt wurden. Gegebenenfalls ordnet sie
weitere Untersuchungen, die unschädliche Beseitigung oder Rücksendung an. Ohne das RASFF wäre ein Informations-
austausch zwischen den betroffenen Behörden erheblich komplizierter und weniger verlässlich. Doch nicht nur Behörden
können das System für ihre Zwecke nutzen. Jeder Interessierte kann sich auf den Internetseiten der EU-Kommission oder
des BVL selbst über aktuelle Vorgänge informieren, die dort anonymisiert, das heißt ohne Nennung der betroffenen Pro-
dukte, Chargen und Unternehmen, veröffentlicht werden:
n https://webgate.ec.europa.eu/rasff-window/portal (RASFF Portal) und
n www.BVL.bund.de > Futtermittel > Aufgaben im Bereich Futtermittel > Meldungen im Europäischen
Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel
RASFF-Meldungen über Futtermittel
Im Jahr 2015 wurden über das RASFF 3.049 Originalmeldungen übermittelt, 206 davon betrafen Futtermittel. Zwei der
Meldungen wurden von Baden-Württemberg erstellt.
Bei einer Eigenkontrolle hatte ein Unternehmer erhöhte Werte an dem giftigen und krebserregenden Schimmelpilzgift
Aflatoxin in Mais festgestellt und dies der zuständigen Futtermittelüberwachungsbehörde gemeldet. Er hatte die Ware von
einem Händler mit Sitz in Baden-Württemberg direkt von Italien nach Bayern gehandelt.
Im zweiten Fall hat die Futtermittelkontrolle bei einer amtlichen Probenahme direkt beim Hersteller in einer Ladung Raps-
extraktionsschrot Salmonellen nachgewiesen. Der Futtermittelunternehmer hat bereits ausgelieferte Ware zurückgerufen.
Bei 12 weiteren Meldungen, die von anderen Bundesländern oder Mitgliedstaaten kamen, waren Unternehmen in Baden-
Wenn es schnell gehen muss: RASFF
9392
Höchstgehalte für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln sind in der Richtlinie 2002/32/EG europaweit einheitlich festgelegt.
ÜbersichtDie Zusammenstellung der Ergebnisse der letzten Jahre (siehe Tabelle) zeigt, dass die Anzahl der Höchstgehaltsüber-
schreitungen für unerwünschte Stoffen sich auf einem sehr niedrigen Niveau bewegt.
Die rechtlichen Vorgaben und die Maßnahmen der Betriebe zur Vermeidung hoher Belastungen scheinen zu greifen. Eine
dauerhafte Beobachtung und somit regelmäßige Untersuchungen auf diese Stoffe werden dennoch als weiter notwendig
erachtet. Entscheidend für eine hohe Qualität der Futtermittel sind die Eigenkontrollen der Unternehmen, die in eigener
Verantwortung unter Berücksichtigung der betriebsspezifischen Risiken erfolgen müssen. Hierzu muss ein HACCP-System
vorliegen, also ein Verfahren zur Identifizierung und Beherrschung von kritischen Punkten eines Betriebes.
Fälle 2015In einem Ergänzungsfutter für Wiederkäuer wurden erhöh-
te Gehalte an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasser-
stoffen (PAK) festgestellt. Solche Stoffe können zum Bei-
spiel bei Verbrennungsvorgängen entstehen. Ursache war
eine belastete Einzelkomponente des Mischfutters. In den
ebenfalls untersuchten Lebensmitteln, die von den hiermit
gefütterten Tieren gewonnen wurden, konnten PAK nicht
nachgewiesen werden.
Alle weiteren Höchstwertüberschreitungen gingen auf natürliche Kontaminationen auf dem Feld und bei der Ernte oder
Lagerung zurück. In je einem Einzelfuttermittel und einem Mischfuttermittel für Vögel waren mehr Samen der Ambrosia-
Pflanze enthalten als gesetzlich erlaubt.
Die Orientierungswerte für die Schimmelpilzgifte Deoxynivalenol und Ochratoxin A waren in jeweils einer Getreideprobe,
der für Deoxynivalenol außerdem in je einem Mischfuttermittel für Schweine und für Pferde überschritten. Gesetzliche
Höchstwerte für diese Stoffe wurden bisher nicht festgelegt.
Jahr Gesamtzahl der Höchstgehalt überschritten
Untersuchungen Anzahl Anteil (%)
2012 1.769 5 0,3
2013 3.428 5 0,1
2014 3.792 10 0,3
2015 3.035 7 0,2
Untersuchungen auf unerwünschte Stoffe
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FUTTERMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL V FUTTERMITTEL WENN ES SCHNELL GEHEN MUSS: RASFF
UNTERSUCHUNGEN AUF UNERWÜNSCHTE STOFFE
Württemberg als Hersteller, Lieferant, Händler oder Empfänger entsprechender Ware mit betroffen. Häufigster Anlass war
der Nachweis von Salmonellen. In je 3 Fällen waren Hühnerfleischprodukte für die Herstellung von Heimtierfutter und
Sojabohnenprodukte belastet, in einem Fall waren es Mariendistelsamen. Unternehmer in Baden-Württemberg waren
außerdem Empfänger von Hundefutter mit zu hohem Gehalt an dem Schwermetall Cadmium, von Sojaextraktionsschrot
mit zu hohem Gehalt an dem Pflanzenschutzmittel Deltamethrin, von einem dioxinhaltigen Zusatzstoff (Zinkoxid) und
von Sonnenblumensamen, die als Verunreinigung zu viele Samen der Ambrosia-Pflanze enthielten. Pollen von Ambrosia
können schwere Allergien auslösen. Ein weiterer Fall, von dem ein Händler aus Baden-Württemberg betroffen war, ist im
nachfolgenden Abschnitt ausführlich beschrieben (Fremdkörper in Bio-Sonnenblumenkuchen aus China).
Fremdkörper in Bio-Sonnenblumenkuchen aus China
Bei einer Inspektion während des Öffnens und Entladens von Containern in Dänemark stellte die dortige Überwachungs-
behörde fest, dass in dem eingeführten Futtermittel Fremdkörper enthalten waren. Gefunden wurden ein großes Knochen-
stück, Kunststoff, Papier, Holzsplitter, Büromaterial, Metallteile und vieles mehr. Bei dem Futtermittel in den Containern
handelte es sich um Bio-Sonnenblumenkuchen aus China, ein Nebenprodukt aus der Lebensmittelherstellung.
Da ein Händler aus Baden-Württemberg beteiligt war, erfolgte von Dänemark aus über das Europäische Schnellwarnsys-
tem RASFF eine Aufforderung an die hier zuständige Futtermittelüberwachungsbehörde, Hintergründe und Einzelheiten zu
dieser Lieferung zu ermitteln und diese der dänischen Überwachungsbehörde zur Verfügung zu stellen.
Die Ermittlungen ergaben, dass die verwendeten Container in China vor der Beladung auf ihre Sauberkeit und das Freisein
von Fremdbestandteilen kontrolliert worden waren. Die Container waren während des Schiffstransports ordnungsgemäß
verschlossen und versiegelt und das Siegel war bis zur Inspektion in Dänemark unbeschädigt. Die Fremdkörper mussten
also während der 4 Tage zwischen der Reinigungskontrolle und dem Auslaufen des Schiffs in China in das Futtermittel
geraten sein.
Tatsächlich hatte sich im Containerlager des betreffenden chinesischen Hafens (Tianjin) direkt nach der Reinigungskon-
trolle ein gewaltiges Explosionsunglück ereignet. Berichte über die Katastrophe gingen im August 2015 um die Welt.
Zahlreiche Menschen kamen dabei zu Schaden. Unter den zerstörten Gebäuden waren auch die von Logistikunternehmen.
Die Beladung fand in den Tagen unmittelbar nach dem Explosionsunglück statt. Da sämtliche Mitarbeiter des beauftragten
Logistikunternehmens getötet worden waren, mussten Aushilfskräfte für das Beladen eingesetzt werden. Dies könnte eine
Erklärung für die festgestellten Fremdbestandteile im Futtermittel sein.
Vor diesem tragischen Hintergrund erscheint die Verunreinigung einer Futtermittelladung als eher unbedeutende Rander-
scheinung. Sie führt jedoch die globalen Zusammenhänge drastisch vor Augen.
Containerlager
Für die Sicherheit der Futtermittel ist der Unternehmer zuständig. Die amtliche Kontrolle dient der Überprüfung
seiner Eigenkontrollmaßnahmen. Das Kontrollprogramm Futtermittel legt dabei einen Schwerpunkt auf die Unter-
suchung auf unerwünschte Stoffe in Futtermitteln. Die Gesundheit der Nutz- und Heimtiere sowie die Sicherheit
der Lebensmittel tierischer Herkunft für die Verbraucher sind die wesentlichen Ziele der amtlichen Futtermittel-
kontrolle. Unerwünschte Stoffe, wie Schwermetalle oder Mykotoxine (Pilzgifte), können direkt zu gesundheitli-
chen Auswirkungen beim Tier führen. Auch Stoffe, die in Futtermitteln für bestimmte Tierarten oder bestimmte
Lebensphasen, zum Beispiel für sehr junge Tiere zugelassen sind, können dann, wenn sie in andere Futtermittel
verschleppt werden, in diesen „unerwünscht“ sein. Die genannten Stoffe, aber auch andere, insbesondere Dioxine
und weitere beständige organische Verbindungen, können sich im Tier anreichern und in Milch, Fleisch oder Eier
übergehen. Die Beanstandungsraten waren in den letzten Jahren allerdings sehr gering.
Untersuchungen auf unerwünschte Stoffe
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FUTTERMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL V FUTTERMITTEL HÖCHSTGEHALTSÜBERSCHREITUNGEN VON PFLANZENSCHUTZMITTELN IN FUTTERMITTELN 2015
DIOXINE UND PCB
Im Berichtsjahr hat das LTZ Augustenberg 96 Futtermittel entsprechend den Vorgaben des Kontrollprogramms auf
Pflanzenschutzmittelwirkstoffe (PSM) untersucht. Es handelte sich um 52 Getreidekörnerproben, 31 Ölsaaten, 2 Körner-
leguminosen und 11 be- und verarbeitete Futtermittel. In insgesamt 26 (27,1 %) Futtermitteln wurden dabei ein oder
mehrere PSM nachgewiesen, allerdings sind diese analytischen Nachweise hinsichtlich der festgelegten Höchstgehalte zu
relativieren. 2014 gab es in 26,5 % der Futtermittel für PSM positive Befunde. Somit ist die prozentuale Anzahl der Befunde
gegenüber dem letzten Berichtszeitraum nahezu unverändert. Ebenfalls gleich zum Vorjahr wurde in nur einer Probe der
Rückstandshöchstgehalt (RHG) überschritten. Die untersuchten Proben wurden zudem nicht repräsentativ, sondern risiko-
orientiert gezogen.
Zur Übersicht sind die positiven Befunde mit den entsprechenden RHG tabellarisch zusammengefasst.
Höchstgehaltsüberschreitungen von Pflanzenschutzmitteln in Futtermitteln 2015
Deltamethrin
Pirimiphosmethyl
Spiroxamin
Azoxystrobin
Chlorpyriphosmethyl
Dithiocarbamat als CS2
Glyphosat
Pirimiphosmethyl
Propyzamid
Trifloxystrobin
Dithiocarbamat als CS2
Glyphosat
Trifloxystrobin
Hafer
Weizen
Gerste
Rapssaat
Rapssaat
Sonnenblumenkerne
Leinsaat
Rapssaat
Raps
Soja
Rapsextraktionsschrot
Leinexpeller
Leinextraktionsschrot
Wirkstoff höchster gemessener Gehalt [mg/kg]
positive Befunde[Anzahl (Anteil in %)]*
Rückstandshöchst-gehalt (RHG) [mg/kg]**
* Die Prozentangaben beziehen sich auf die jeweilige Probengruppe und nicht auf die Gesamtprobenzahl** gemäß Verordnung (EG) Nr. 396/2005 und Folgeverordnungen für den Berichtszeitraum
Probengruppe[Anzahl]
Positive Befunde von PSM in Futtermitteln
Probenart deshöchsten Gehaltes
Getreidekörner
52
Ölsaaten
31
be- und verarbeitete Futtermittel
11
3 (5,8)
5 (9,6)
1 (1,9)
1 (3,2)
2 (6,5)
1 (3,2)
2 (6,5)
3 (9,7)
1 (3,2)
1 (3,2)
1 (9,1)
9 (81,8)
1 (9,1)
2,00
5,00
0,30
0,50
0,05
0,10
10,00
0,05
0,01
0,01
keine RHG
0,320
0,610
0,008
0,006
0,140
0,130
1,080
0,017
0,006
0,006
0,190
3,730
0,024
Dioxine und PCB
Dioxine und PCB werden als lipophile Verbindungen über die Nahrung als Hauptexpositionspfad, vorwiegend
durch den Verzehr von Lebensmitteln tierischer Herkunft, aufgenommen und im Körper angereichert. Für die Be-
lastung landwirtschaftlicher Nutztiere können neben den Haltungsbedingungen insbesondere Futtermittel ursäch-
lich sein. Aus diesem Grund kommt der stetigen Überwachung der Gehalte an Dioxinen und PCB in Futtermitteln
eine besondere Bedeutung zu.
Die Richtlinie 2002/32/EG über unerwünschte Stof-
fe in der Tierernährung untersagt die Verwendung
und das Inverkehrbringen von zur Tierernährung be-
stimmten Erzeugnissen, deren Gehalt an Dioxinen
und PCB die in Anhang I festgelegten Höchstgehalte
überschreitet. Als weitere Maßnahme zur Reduzie-
rung von Dioxinen und PCB in Lebensmitteln wurden
in der Richtlinie 2002/32/EG Aktionsgrenzwerte für
Futtermittel festgesetzt, bei deren Überschreitung die
zuständigen Behörden Untersuchungen zur Ermittlung
der Kontaminationsquelle einleiten.
Im Jahr 2015 wurden im CVUA Freiburg insgesamt 129
amtlich erhobene Futtermittelproben auf Dioxine unter-
sucht, davon 112 zusätzlich auf dioxinähnliche PCB (dl-PCB) und Indikator-PCB. Die Futtermittelproben wiesen mittlere
Gehalte an Dioxinen von 0,02 ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg Produkt, an dl-PCB von 0,01 ng WHO-PCB-TEQ/kg Produkt
und an Indikator-PCB von 0,11 µg/kg Produkt jeweils bezogen auf 88 % Trockenmasse auf. In der Tabelle sind die
Untersuchungsergebnisse verschiedener Futtermittelkategorien den gültigen Höchstgehalten und Aktionsgrenzwerten
gegenübergestellt. Die Gehalte an Dioxinen, dl-PCB und Indikator-PCB lagen in sämtlichen untersuchten amtlichen
Futtermittelproben unterhalb der jeweils gültigen Höchstgehalte und Aktionsgrenzwerte.
Gehalte an Dioxinen, dl-PCB, Summengehalt (Summe aus Dioxinen und dl-PCB) (in ng WHO-TEQ/kg Produkt [88 % Trocken- masse]) und Indikator-PCB (in µg/kg Produkt [88 % Trockenmasse]) verschiedener Futtermittelkategorien
Futtermittelgruppe Anzahl Median (Wertebereich) Höchstgehalt Aktionsgrenzwert
Dioxine 50 0,02 (0,002-0,12) 0,75 0,5
dl-PCB 43 0,03 (0,001-0,16) - 0,35
Summengehalt 43 0,06 (0,003-0,19) 1,25 -
Indikator-PCB 43 0,18 (0,02-1,3) 10 -
Dioxine 22 0,07 (0,004-0,28) 0,75 0,5
dl-PCB 21 0,01 (0,003-0,10) - 0,5
Summengehalt 21 0,09 (0,01-0,29) 1,5 -
Indikator-PCB 21 0,16 (0,02-1,5) 10 -
Dioxine 6 0,02 (0,002-0,19) 0,75 0,5
dl-PCB 6 0,002 (0,001-0,07) - 0,35
Summengehalt 6 0,02 (0,003-0,26) 1,0 -
Indikator-PCB 6 0,02 (0,01-0,77) 10 -
Dioxine 1 0,02 0,75 0,5
dl-PCB 1 0,001 - 0,35
Summengehalt 1 0,02 1,25 -
Indikator-PCB 1 0,05 10 -
Dioxine 4 0,01 (0,01-0,28) 0,75 0,5
dl-PCB 4 0,002 (0,001-0,003) - 0,5
Summengehalt 4 0,01 (0,01-0,28) 1,5 -
Indikator-PCB 4 0,02 (0,02-0,02) 10 -
Dioxine 1 0,01 1,0 0,5
dl-PCB 1 0,002 - 0,35
Summengehalt 1 0,01 1,5 -
Indikator-PCB 1 0,01 10 -
Futtermittel-
Ausgangserzeugnisse
pflanzlichen
Ursprungs
Pflanzliche Öle
Futtermittel-
Ausgangserzeugnisse
mineralischen
Ursprungs
Zusatzstoffe der
Funktionsgruppe
Spurenelemente
Erzeugnisse
von Landtieren
95
Bei den untersuchten Getreidekörnern wurde in 3 (5,8 %) Proben Deltamethrin, in 5 (9,6 %) Proben Pirimiphosmethyl
und in einer (1,9 %) Probe Spiroxamin gefunden. Sämtliche Befunde in Getreide lagen unter den entsprechenden RHG.
In der Probengruppe „Ölsaaten“ wurde in 2 (6,5 %) Proben Chlorpyriphosmethyl gefunden. Bei einer Probe Rapssaat wur-
de der Gehalt an Chlorpyriphosmethyl mit 0,14 mg/kg ermittelt. Auch bei Berücksichtigung der Messunsicherheit wurde
in diesem Fall der RHG von 0,05 mg/kg überschritten. In einer (3,2 %) Probe Sonnenblumenkerne ergab die Analyse einen
Gehalt an Dithiocarbamat von 0,13 mg/kg. Unter Berücksichtigung der Messunsicherheit wurde in diesem Fall der RHG
nicht überschritten. An PSM-Gehalten deutlich unter den festgelegten Höchstmengen wurden in dieser Probengruppe
außerdem noch in jeweils einer (jeweils 3,2 %) Probe Rückstände von Azoxystrobin, Propyzamid und Trifloxystrobin ge-
funden, in 2 (6,5 %) Proben wurden Rückstände an Glyphosat und in 3 (9,7 %) Proben Rückstände an Pirimiphosmethyl
nachgewiesen.
In den untersuchten Körnerleguminosen waren keine PSM nachweisbar.
Von den auf PSM geprüften be- und verarbeiteten Futtermitteln enthielten 9 (81,8 %) Proben den Wirkstoff Glyphosat und
jeweils eine (jeweils 9,1 %) Probe geringe Mengen an Dithiocarbamat und Trifloxystrobin. Für diese Futtermittel können
wegen fehlender Verarbeitungsfaktoren keine RHG abgeleitet werden. Unter Berücksichtigung des entsprechenden RHG
für den Ausgangsstoff Leinsaat von 10,0 mg/kg relativiert sich allerdings der höchste gemessene Glyphosat-Gehalt von
3,73 mg/kg in einem Leinexpeller.
Zusatzstoffe der
Funktionsgruppe
Bindemittel und
Trennmittel
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FUTTERMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL V FUTTERMITTEL DIOXINE UND PCB · FUTTERMITTELKONTROLLEN ALS HILFE ZUR AUFKLÄRUNG
VON BELASTUNGEN IN LEBENSMITTELN · PHARMAKOLOGISCH WIRKSAME STOFFE
Gehalte an Dioxinen, dl-PCB, Summengehalt (Summe aus Dioxinen und dl-PCB) (in ng WHO-TEQ/kg Produkt [88 % Trocken- masse]) und Indikator-PCB (in µg/kg Produkt [88 % Trockenmasse]) verschiedener Futtermittelkategorien
Dioxine 3 0,004 (0,003-0,02) 1,0 0,5
dl-PCB 3 0,001 (0,0004-0,001) - 0,35
Summengehalt 3 0,01 (0,004-0,02) 1,5 -
Indikator-PCB 3 0,02 (0,004-0,02) 10 -
Dioxine 27 0,01 (0,004-0,29) 0,75 0,5
dl-PCB 20 0,01 (0,001-0,37) - 0,5
Summengehalt 20 0,02 (0,01-0,66) 1,5 -
Indikator-PCB 20 0,08 (0,02-3,1) 10 -
Dioxine 8 0,07 (0,05-0,35) 1,75 1,25
dl-PCB 8 0,16 (0,09-0,73) - 2,5
Summengehalt 8 0,23 (0,14-1,1) 5,5 -
Indikator-PCB 8 1,7 (0,75-9,2) 40 -
Dioxine 7 0,004 (0,002-0,01) - -
dl-PCB 5 0,001 (0,0004-0,001) - -
Summengehalt 5 0,005 (0,003-0,01) - -
Indikator-PCB 5 0,01 (0,004-0,03) - -
Vormischungen
Mischfuttermittel
Fischfutter
Heimtierfutter
Sonstige
(z.B. Vitamine,
Aminosäuren)
Futtermittelgruppe Anzahl Median (Wertebereich) Höchstgehalt Aktionsgrenzwert
Untersuchung von Verdachts- und Verfolgsproben
Die amtliche Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung in Baden-Württemberg hat im Jahr 2015 in 6 Betrieben Futter-
mittelproben als Verdachts- oder Verfolgsproben erhoben. Die nachfolgende Tabelle stellt die Ergebnisse der insgesamt
11 untersuchten Proben zusammen.
In den Betrieben 1 bis 3 erfolgte die Erhebung von Ver-
folgsproben im Rahmen der Ursachenermittlung, da bei
Routineuntersuchungen von Lebensmittelproben auffälli-
ge Gehalte an Dioxinen beziehungsweise PCB festgestellt
worden waren. Betroffen waren Rindfleisch und Eier. In
diesen Fällen konnten Futtermittel, zumindest anhand der
erhobenen und untersuchten Proben, als Kontaminations-
quelle ausgeschlossen werden. Sämtliche Proben wie-
sen futtermittelrechtlich nicht zu beanstandende Gehalte
an Dioxinen, dl-PCB und Indikator-PCB auf (siehe auch
Kapitel Futtermittelkontrollen als Hilfe zur Aufklärung
von Belastungen in Lebensmitteln).
In den Betrieben 4 bis 6 lagen einzelfallbezogene Gründe für die Erhebung von Verdachtsproben vor. In einem Fall war
beispielsweise eine im Rahmen der Eigenkontrolle festgestellte numerische Überschreitung des Dioxin-Höchstgehaltes
Anlass für die Probenerhebung. Weitere außerplanmäßige Probenahmen wurden im Rahmen der Betriebskontrolle ent-
sprechend den vor Ort vorliegenden Erkenntnissen, zum Beispiel Lagerung von Futtermitteln in Silos mit Altanstrichen,
durchgeführt. Auch in diesen Proben lag keine Überschreitung der geltenden Grenzwerte vor.
Katharina Djuchin, CVUA Freiburg
Ergebnisse für Dioxine, dl-PCB und Indikator-PCB in Verdachts- und Verfolgsproben
[ng WHO-TEQ/kg Produkt (88 % TM)] 1 3 0,02 | 0,02 | 0,03 0,11 | 0,04 | 0,07 0,54 | 0,24 | 0,35
2 2 0,004 | 0,01 0,004 | 0,005 0,05 | 0,03
3 1 0,01 0,004 0,07
4 2 0,19 | 0,13 0,07 | 0,04 0,77 | 0,21
5 2 0,42 | 0,05* 0,003 0,10
6 1 0,01 0,01 0,06
Betrieb AnzahlDioxine dl-PCB Indikator-PCB
[µg/kg Produkt (88% TM)]
Futtermittelkontrollen als Hilfe zur Auf klärung von Belastungen in Lebensmitteln
In einzelnen landwirtschaftlichen Betrieben hat die amtliche Lebensmitteluntersuchung Rückstände und Kontaminanten in
Lebensmitteln nachgewiesen, die möglicherweise auf belastetes Futtermittel zurückzuführen waren. Daher hat die Futter-
mittelkontrolle in diesen Betrieben Proben von Futtermitteln gezogen.
Es handelte sich dabei um erhöhte Gehalte von Kupfer in Rinderleber und von Quecksilber in Schweineleber. In beiden
Fällen waren in den beprobten Futtermitteln jedoch keine auffälligen Werte zu finden.
In einer Probe Rindfleisch wurde ein Gehalt an dl-PCB festgestellt, der über dem Auslösewert lag. Hier wurden das auf
dem Betrieb vorhandene Heu sowie Grünfutter beprobt. Die festgestellten Gehalte an Dioxinen und PCB lagen auch hier
unter den festgesetzten Höchstgehalten und auch unter den Aktionsgrenzwerten.
Bei einer Untersuchung von Hühnereiern durch die Lebensmittelüberwachung wurde der Höchstgehalt für Dioxine und
PCB überschritten. Im Rahmen der Ursachenermittlung wurden auch die vorhandenen Futtermittel überprüft. Die Un-
tersuchungsergebnisse waren unauffällig. Die weiteren Ermittlungen der Lebensmittelüberwachung ergaben erhöhte
Werte in einem Bereich des Auslaufs, sodass entsprechende Maßnahmen veranlasst wurden (siehe auch unter Kapitel
Dioxine und PCB).
Pharmakologisch wirksame Stoffe
Am CVUA Karlsruhe werden Futtermittel gemäß dem „Kontrollprogramm Futtermittel für die Jahre 2012 bis
2016“ auf Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe untersucht. Hierbei wird zwischen sogenannten
unerwünschten und unzulässigen Stoffen unterschieden.
Zu den „unerwünschten“ Stoffen zählen verschleppte Kokzidiostatika in Futtermitteln für Nichtzieltierarten. Kokzi-
diostatika sind unter festgelegten Bedingungen als Futtermittelzusatzstoffe für bestimmte Tierarten zugelassen.
So dürfen sie zum Beispiel bei Masthühnern, Puten und Kaninchen vorbeugend zur Verhütung der Kokzidiose
eingesetzt werden, jedoch ist der Zusatz von Kokzidiostatika beispielsweise bei Futtermitteln für Legegeflügel nicht
zulässig. Bei der Herstellung von Futtermitteln für verschiedene Verwendungszwecke im selben Betrieb kann es
jedoch zu Verschleppungen von Kokzidiostatika in Futtermittel für Nichtzieltierarten kommen. Hierfür sind in der
Richtlinie 2002/32/EG Höchstgehalte festgelegt, deren Einhaltung im Rahmen der Untersuchung von Futtermitteln
auf pharmakologisch wirksame Stoffe überprüft wird.
Die „unzulässigen“ pharmakologisch wirksamen Stoffe lassen sich in 3 Stoffgruppen untergliedern:
n zugelassene Futtermittelzusatzstoffe, die nicht bestimmungsgemäß verwendet werden
n ehemals zugelassene Zusatzstoffe, die nicht mehr verwendet werden dürfen
n verbotene beziehungsweise verschleppte Tierarzneimittelwirkstoffe
Tierarzneimittel werden häufig in Form von Fertigarzneimitteln eingesetzt, die vom Tierhalter selbst beziehungswei-
se durch fahrbare Mahl- und Mischanlagen in die Futtermittel eingemischt werden. Auch hier kann es beispielswei-
se aufgrund einer mangelhaften Reinigung zu Verschleppungen von Arzneimittelwirkstoffen in andere Futtermittel
kommen.
Das CVUA Karlsruhe hat im Berichtsjahr 208 Futtermittelproben auf pharmakologisch wirksame Stoffe untersucht,
wobei 1.335 Einzeluntersuchungen durchgeführt wurden. Bei 80 % der zur Untersuchung eingesandten Proben
handelte es sich um Mischfuttermittel, außerdem wurden auch Vormischungen (13 %), Einzelfuttermittel (3 %) und
Zusatzstoffe (4 %) untersucht. Die Futtermittelkontrolle hat die Proben größtenteils bei Herstellern oder Tierhaltern
entnommen, aber auch bei Händlern und fahrbaren Mahl- und Mischanlagen.
Verschleppte Kokzidiostatika wurden in insgesamt 12 Futtermittelproben nachgewiesen. In 11 Ergänzungs- be-
ziehungsweise Alleinfuttermitteln für Milchkühe, Legehennen, Hühnerküken, Kaninchen, Kälber und Ferkel waren
Kokzidiostatika im Spurenbereich unterhalb der gemäß Richtlinie 2002/32/EG zulässigen Höchstgehalte enthal-
ten. In 5 Fällen war das Kokzidiostatikum Lasalocid-A-Natrium, in 4 Fällen Monensin-Natrium, in jeweils 2 Fällen
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FUTTERMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL V FUTTERMITTEL PHARMAKOLOGISCH WIRKSAME STOFFE
GENTECHNISCH VERÄNDERTE FUT TERMIT TEL
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Salinomycin-Natrium beziehungsweise Robenidin-Hydrochlorid und in jeweils einem Fall Maduramicin-Ammonium,
Narasin beziehungsweise Nicarbazin nachweisbar. In 4 Futtermittelproben wurden mehrere Stoffe pro Probe fest-
gestellt. In einem Ergänzungsfuttermittel für Milchkühe war der Höchstgehalt für Monensin-Natrium statistisch nicht
gesichert überschritten.
In einem Alleinfuttermittel für tragende Sauen wurde das Anthelminthikum Flubendazol mit einem Gehalt von
1,91 mg/kg nachgewiesen. Weiterhin wurde in einem Alleinfuttermittel für Aufzuchtferkel das Antibiotikum Amoxi-
cillin mit einem Gehalt von 4,11 mg/kg festgestellt. Die ermittelten Gehalte der beiden pharmakologisch wirksamen
Stoffe lagen im Verschleppungsbereich. Bei beiden Alleinfuttermitteln handelte es sich um Proben, die bei Tierhaltern
aus dem Trog beziehungsweise Silo entnommen wurden.
Tabea Pflaum und Sabrina Müntnich, CVUA Karlsruhe
Sonderprojekt Chloramphenicol
RASFF-Meldungen haben in den Jahren 2011 bis 2014 mehrfach über den Nachweis des Antibiotikums Chloram-
phenicol in Futtermittelzusatzstoffen (Vitamine, Enzyme) und in Vormischungen mit diesen Zusatzstoffen berichtet.
Chloramphenicol ist ein bakteriostatisch wirkendes Antibiotikum, das beim Menschen in seltenen Fällen eine aplas-
tische Anämie auslösen kann. Es darf Tieren, die der Lebensmittelgewinnung dienen, nicht verabreicht werden. Auf-
grund unsachgemäßer Handhabung bei der Herstellung beziehungsweise Lagerung von Futtermittelzusatzstoffen
kam es in den vergangenen Jahren wiederholt zu Kontaminationen von Futtermittelzusatzstoffen mit Chloramphe-
nicol. Auch in Vormischungen, die die kontaminierten Zusatzstoffe enthielten, war Chloramphenicol nachweisbar.
Häufig stammten die betroffenen Produkte aus Indien oder China.
Vor diesem Hintergrund hat das CVUA Karlsruhe 2015 im Rahmen eines Sonderprojektes verschiedene Futtermit-
telzusatzstoffe und Vormischungen auf Chloramphenicol untersucht. Insgesamt wurden 7 Futtermittelzusatzstoffe
(2 Enzyme, 5 Vitamine), 8 Vormischungen mit Vitaminen und eine Vormischung mit Vitaminen und Enzymen für
die Untersuchung auf Chloramphenicol beprobt. Die Zusatzstoffe beziehungsweise Vormischungen stammten aus
Deutschland, den Niederlanden und China. In keiner der Proben wurde Chloramphenicol nachgewiesen (Nachweis-
vermögen der Methode: 0,3 µg/kg).
Die Untersuchung dient insbesondere zur Klärung der Fra-
ge, ob die Deklarationspflicht erfüllt wird, das heißt, ob ein
gentechnisch veränderter Futtermittelbestandteil entspre-
chend den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003
ausgewiesen ist. Für die GVO-Kennzeichnung gilt ein
Schwellenwert für in der EU als Futtermittel zugelassene
GVO von 0,9 %. Eine zusätzliche Vorgabe bei Befunden
unterhalb dieses Schwellenwertes ist, dass der GVO-Ein-
trag zufällig oder technisch unvermeidbar ist. Dafür muss
der Unternehmer darlegen, dass bei der Produktion des
Futtermittels ausreichende Maßnahmen zur Verhinderung
einer GVO-Verschleppung getroffen worden sind.
Im Berichtsjahr wurden insgesamt 134 Futtermittelpro-
ben auf GVO untersucht. Darunter waren 66 Mischfutter-
mittel, von denen 8 mit der Deklaration „Hergestellt aus
gentechnisch veränderten Sojabohnen“ gekennzeichnet
waren. Bei einer dieser Proben wurde zusätzlich ein als
zufällig oder technisch unvermeidbar eingestufter Anteil
von gentechnisch verändertem Mais (NK603, TC1507
und MON810) nachgewiesen, welcher nicht deklariert
war. Zwei Mischfuttermittel waren nicht vorschriftsmäßig
gekennzeichnet. Im Bereich zwischen der Bestimmungs-
grenze von 0,1 % und dem Schwellenwert von 0,9 %
GVO-Anteil lagen 23 Untersuchungsergebnisse. In 6 wei-
teren Proben wurden Spuren von in der EU zugelassenen
GVO unter der Bestimmungsgrenze von 0,1 % nachge-
wiesen. Dabei war immer das Event GTS 40-3-2 (Round-
up-Ready) vertreten, 2-mal wurde zusätzlich A2704-21
(Liberty Link Soja) nachgewiesen, 8-mal zusätzlich das
Sojaevent MON89788 (Roundup-Ready 2) und ebenso
oft das Event MON87701. Die beiden zuletzt genann-
Gentechnisch veränderte Futtermittel
2015 hat das LTZ Augustenberg 134 amtlich gezogene Futtermittelproben auf gentechnisch veränderte Organis-
men (GVO) untersucht. Bei 3 Proben hat die Untersuchung ergeben, dass die Futtermittel nicht vorschriftsmäßig
deklariert waren. In der EU nicht zugelassene GVO wurden jedoch nicht gefunden. In nahezu 60 % der nicht als
GVO deklarierten untersuchten Chargen wurden keinerlei Spuren von GVO nachgewiesen. Gegenüber den Vorjah-
ren haben somit die Proben ganz ohne GVO-Nachweis signifikant zugenommen.
ten GVO werden häufig als sogenannte Stacked-Events
(kombinierte GVO) produziert.
Von den 28 untersuchten Einzelfuttermittelproben aus So-
jabohnen waren 3 als gentechnisch verändert deklariert.
12-mal wurden als zufällig oder technisch unvermeidbar
eingestufte Anteile von gentechnisch verändertem Soja
nachgewiesen. 9 Proben hatten einen GVO-Anteil unter
der Bestimmungsgrenze von 0,1 %. Bei allen positiven Pro-
ben war das Event GTS 40-3-2 (Roundup-Ready) vertre-
ten, einmal wurde zusätzlich A2704-21 (Liberty Link Soja)
nachgewiesen, 9-mal zusätzlich das Sojaevent MON89788
(Roundup-Ready 2) und 3-mal das Event MON87701. Ein
Einzelfuttermittel war nicht vorschriftsmäßig deklariert. Nur
in 3 Proben waren keine GVO nachweisbar.
In keinem der 40 untersuchten Mais-, Raps- und Lein-
Einzelfutter waren gentechnisch veränderte Anteile nach-
weisbar.
Etwa 30 % der insgesamt untersuchten Futtermittelpro-
ben hatten einen bestimmbaren GVO-Anteil, der jedoch
unter dem Schwellenwert von 0,9 % lag. Sowohl in den
Mischfuttermitteln wie auch in den Ölsaaten wurden wie
im vergangenen Jahr vorrangig die zugelassenen Soja-
Events MON40-3-2 (Roundup-Ready-Soja 1), MON89788
(Roundup-Ready-Soja 2), A2704-12 (Liberty-Link-Soja)
und MON87701 nachgewiesen.
In keiner Probe waren nicht zugelassene GVO nachweis-
bar. Sogenannte botanische Verunreinigungen konnten
auch in diesem Jahr in keiner der untersuchten amtlichen
Futtermittelproben festgestellt werden.
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FUTTERMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL V FUTTERMITTEL RADIOCHEMISCHE UNTERSUCHUNGEN · RÄTSELHAF TE TODESFÄLLE BEI WEIDERINDERN
VERÄNDERUNGEN IN DER L ABORL ANDSCHAF T IN BADEN-WÜRT TEMBERG – EINE ÄRA GEHT ZU ENDE
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Radiochemische UntersuchungenIm Jahr 2015 haben die CVUAs Stuttgart und Freiburg insgesamt 89 (Vorjahr: 61) Proben aus dem land-
wirtschaftlichen Bereich untersucht. Bei Futtermitteln sind die gemessenen Aktivitäten mit denen der Le-
bensmittel vergleichbar (siehe Kapitel III). Sie nehmen langsam, aber stetig von Jahr zu Jahr weiter ab.
Die Untersuchung von 68 Futtermittelproben ergab nur geringe Gehalte an künstlicher Radioaktivität: Die Maximalge-
halte für Cs-137 beziehungsweise Sr-90 betrugen jeweils 3 Bq/kg Trockenmasse. Bei den 21 untersuchten Boden-
proben ergaben sich Maximalgehalte für Cs-137 von 67 Bq/kg, für Sr-90 von ca. 3 Bq/kg.
Dr. Martin Metschies, CVUA Freiburg
Rätselhafte Todesfälle bei WeiderindernAuf einem landwirtschaftlichen Betrieb verendeten zunächst 3 Rinder und kurz danach 2 weitere auf einer hofeigenen Wei-
de. Trotz Autopsie der toten Tiere konnte die Todesursache nicht abschließend geklärt werden. Die Pathologen vermuteten
lediglich, dass ein allergisches Geschehen als Ursache infrage käme. Auch war nicht auszuschließen, dass Giftpflanzen
im Weideaufwuchs eine Rolle gespielt haben könnten. Die Futtermittelkontrolle wurde über das zuständige Veterinäramt
eingebunden. Alle Beteiligten, nicht zuletzt die betroffene Landwirtsfamilie, waren schockiert, als sich der Vorgang im
folgenden Frühjahr wiederholte. Erneut verendeten ohne erkennbaren Grund mehrere bis dahin gesunde Rinder auf der
Weide, ohne dass die Todesursache geklärt werden konnte.
In solchen schwierigen Fällen ist es besonders wichtig, dass die beteiligten Behörden und Untersuchungseinrichtungen die
vorhandenen Informationen austauschen, laufend intensiven Kontakt halten, in der Ursachenforschung nicht nachlassen
und beharrlich zusammenarbeiten. Die Futtermittelkontrolle hat zunächst den Weideaufwuchs, insbesondere auch einzelne
Pflanzenarten und Sträucher, identifiziert und beprobt. In Zusammenarbeit mit der Landesanstalt für Landwirtschaftliche
Chemie der Universität Hohenheim konnte ausgeschlossen werden, dass örtliche Giftpflanzen ursächlich waren. Eine Lite-
raturrecherche an der Universität – auch in der älteren Literatur – erbrachte letztendlich einen Hinweis auf einen möglichen
Zusammenhang mit einem Weißdornstrauch am Rande der Rinderweide. Die Raupen des Weißdornspinners, der auf
Weißdornsträuchern beheimatet ist, können bei Rindern hochaggressive Allergien, auch mit tödlichem Ausgang, auslösen.
Umgehend entfernte der betroffene Landwirt sämtliche Weißdornsträucher im Umfeld seiner Weiden. Das Rindersterben
wiederholte sich nicht mehr.
Dieser ungewöhnliche Einzelfall ist ein Beispiel für eine erfolgreiche fachübergreifende Zusammenarbeit verschiedener
Behörden und Sachverständiger.
Veränderungen in der Laborlandschaft in Baden-Württemberg – Eine Ära geht zu Ende
Amtliche Futtermittelproben werden in Baden-Württemberg vom Futtermittelkontrollpersonal der 4 Regierungs-
präsidien bei Herstellern, Händlern, Lagerbetrieben, Spediteuren oder auch bei Landwirten gezogen und zur Un-
tersuchung in die amtlichen Labore geschickt.
Die Untersuchung der amtlichen Futtermittelproben findet in mehreren Laboren statt.Proben aus den Regierungsbezirken Stuttgart und Tübingen wurden bis Ende 2015 an der LA Chemie der Universität
Hohenheim, die aus den Regierungsbezirken Karlsruhe und Freiburg am LTZ Augustenberg in Karlsruhe untersucht. Die
Analyse auf einige Parameter erfolgte jedoch jeweils nur in einem der Labore für Proben aus dem ganzen Land. Die Labore
haben diese analytischen Schwerpunkte gebildet, damit bestimmte Laboreinrichtungen und spezialisiertes Personal nicht
mehrfach im Land vorgehalten werden müssen. So wurden beispielsweise mikrobiologische und molekularbiologische
Untersuchungen nur am LTZ, Analysen von Aminosäuren und bestimmten Vitaminen nur an der LA Chemie durchgeführt.
Für weitere spezielle Untersuchungen stehen das CVUA Freiburg (Dioxine und PCB sowie Radioaktivität), das CVUA Karls-
ruhe (pharmakologisch wirksame Substanzen) und das CVUA Stuttgart (Radioaktivität) zur Verfügung.
Die LA Chemie ist eine Einrichtung der Universität Hohenheim. Diese hat beschlossen, die Analytik der Universität zukünftig
in einer zentralen „Core Facility“ zu bündeln und neu auszurichten. Die bisherige LA Chemie wird ein Teil dieser zentralen
Einrichtung, an der Analysen im Auftrag der Universitätsinstitute durchgeführt werden sollen. Die neue Einheit soll damit
einen wesentlichen Beitrag zu den Forschungsprojekten der Universität leisten. Dies war auch bisher schon eine wichtige
Aufgabe der LA Chemie. Die LA Chemie kann darüber hinaus bestehende Aufgaben im Bereich der amtlichen Futtermit-
teluntersuchung nach der Neuausrichtung nicht mehr wahrnehmen. Sie endeten zum 31. Dezember 2015. Diese und
weitere bisher von der LA Chemie wahrgenommenen Landesaufgaben, wie die amtliche Düngemitteluntersuchung, hat
mit Beginn des Jahres 2016 das LTZ übernommen. Die damit verbundene weitgehende Konzentration der Futtermittelun-
tersuchungen an einer Stelle soll nach einer Übergangszeit zu einer verbesserten Koordinierung und auch wirtschaftliche-
ren Probenbearbeitung beitragen.
Die Regierungspräsidien und das MLR bedanken sich für die jahrzehntelange erfolgreiche Zusammenarbeit mit der LA
Chemie. Als Brücke zwischen Wissenschaft, Verwaltung und landwirtschaftlicher Praxis stand sie dem Land als wertvoller
Berater sowohl bei analytischen als auch bei wissenschaftlichen Fragen, in nationalen und internationalen Gremien und bei
der Beurteilung von Gesetzesvorhaben zur Verfügung. Immer wieder war sie auch gefragt bei der Aufklärung von Scha-
densfällen (siehe Beitrag: Rätselhafte Todesfälle bei Weiderindern).◆
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FUTTERMITTELÜBERWACHUNG BW TEIL V FUTTERMITTEL ZUSAMMENFASSUNG
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS · GLOSSAR
Die Futtermittelüberwachung Baden-Württemberg hat im Berichtsjahr 1.265 (Vorjahr: 1.303) Betriebe kontrolliert, in de-
nen Futtermittel hergestellt, gehandelt, eingeführt oder verfüttert wurden. Sie führte dazu teilweise mehrfach im selben
Betrieb Betriebsprüfungen (Kontrollen zu einem bestimmten Zeitpunkt mit dem Schwerpunkt der Dokumentenkontrolle
und der Sauberkeit und Hygiene) und Buchprüfungen (Dokumentenkontrolle über einen festgelegten Zeitraum vor der
Prüfung) durch. Insgesamt hat sie 1.826 (Vorjahr: 1.529) Inspektionen durchgeführt und dabei insgesamt 226 Verstöße
festgestellt. 39 (43) Unternehmen, das sind 3,1 % (Vorjahr: 3,3 %) der kontrollierten Betriebe, wurden mit Verfahren
belegt. In den vorgenannten Zahlen enthalten sind 753 (Vorjahr: 612) Inspektionen auf 580 (Vorjahr: 552) landwirtschaft-
lichen Betrieben mit einer Beanstandungsquote von 5,4 % (Vorjahr: 8,3 %).
Das Futtermittelkontrollpersonal hat 1.041 (Vorjahr: 1.031) Futtermittelproben gezogen, von denen 121 (Vorjahr: 99)
nicht den Vorschriften entsprachen. Dies entspricht einer Beanstandungsquote von 11,6 % (Vorjahr: 9,6 %). Die Untersu-
chungsergebnisse der verschiedenen Futtermittelgruppen sind in der Tabelle aufgeführt.
Hildegard Assfalg, RP Stuttgart · Horst Kraus, RP Tübingen · Dr. Jürgen Looser, RP Karlsruhe · Brigitte Speck, LTZ
Dr. Moritz Bauer, LTZ · Dr. Regina Modi, MLR · Dr. Bernhard Eckstein, MLR
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3-MCPD 3-Monochlorpropandiol (3-Chlor-1,2-propandiol)
AkadVet Landesakademie Baden-Württemberg für Veterinär- und Lebensmittelwesen
ARfD akute Referenzdosis
AVV Allgemeine Verwaltungsvorschrift
BfR Bundesinstitut für Risikobewertung
BfS Bundesamt für Strahlenschutz
BG Bestimmungsgrenze
BLL Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V.
BMEL Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
BMG Bundesministerium für Gesundheit
Bq Becquerel
BVL Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
CVUA Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt
Dioxine PCDD und PCDF
dl-PCB dioxinähnliche PCB
E. coli Escherichia coli
EFSA Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority)
EFSA-PRIMo EFSA-Berechnungsmodell für Pestizidrückstände (Pesticide Residue Intake Modell - PRIMo)
ELISA Enzyme Linked Immunosorbent Assay (antikörperbasiertes Nachweisverfahren)
GC-MS gaschromatografisch-massenspektrometrisch
GV gentechnisch verändert
HACCP Hazard Analysis and Critical Control Point (zu deutsch: Gefahrenanalyse und kritische Lenkungspunkte)
IMIS integriertes Mess- und Informationssystem für die Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt
KbE Koloniebildende Einheit
LA Chemie Landesanstalt für Landwirtschaftliche Chemie der Universität Hohenheim
LAV Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz
LFGB Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch
LGA Landesgesundheitsamt
LIMS Laborinformations- und -managementsystem
LKL-BW Landeskontrollteam Lebensmittelsicherheit Baden-Württemberg
LMHV Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln (Lebensmittel-Hygieneverordnung)
LRA Landratsamt
LTZ Landwirtschaftliches Technologiezentrum
LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg
MLR Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz
MRL Maximum Residue Limits
MRPL-Wert Minimum Required Performance Standard (zu deutsch: Mindestanforderung an international verwendete Analysenmethoden)
NG Nachweisgrenze
NMR Kernresonanzspektroskopie (von engl. nuclear magnetic resonance = Kernmagnetische Resonanz)
NOAEL No observed adverse effect level
NRKP Nationaler Rückstandskontrollplan
ÖGD Öffentlicher Gesundheitsdienst
PA Pyrrolizidinalkaloide
PAK polyzyklische (= polycyclische) aromatische Kohlenwasserstoffe
PCB polychlorierte Biphenyle
PCDD Dibenzo-p-dioxine
PCDF polychlorierte Dibenzofurane
PCR Polymerase-Ketten-Reaktion
POPs persistent organic pollutants (dt. langlebige organische Schadstoffe)
PSM Pflanzenschutzmittelwirkstoffe
RKI Robert Koch-Institut
RP Regierungspräsidium
SES Stabsstelle für Ernährungssicherheit
AbkürzungsverzeichnisDie wichtigsten in diesem Jahresbericht verwendeten Abkürzungen sollen in nachfolgender Tabelle erläutert werden:
Futtermittelgruppe Untersuchungen Beanstandungen Anzahl Anzahl Anteil %Einzelfuttermittel 462 (430) 35 (22) 7,6 (5,1)
Mischfuttermittel 519 (539) 80 (71) 15,4 (13,2)
Vormischungen und Zusatzstoffe 60 (62) 6 (6) 10,0 (9,7)
Gesamt 1.041 (1.031) 121 (99) 11,6 (9,6)
Futtermitteluntersuchungen und Beanstandungen nach Futtermittelgruppen (Zahlen in Klammern: Vorjahr)
Futtermittelgruppe Untersuchungen Beanstandungen Anzahl Anzahl Anteil %Inhaltsstoffe (ohne Wasser) 927 (1.064) 50 (80) 5,4 (7,5)
Zusatzstoffe (Gehalte in Mischfuttermitteln) 351 (516) 36* (50)* 10,3 (9,7)
unerwünschte Stoffe 3.035 (3.792) 7 (10) 0,2 (0,3)
unzulässige Anwendung/verbotene Stoffe 1.439 (1.682) 6 (11) 0,4 (0,7)
davon „tierische Bestandteile“ 72 (162) 2 (0) 2,8 (0,0)
GVO 134 (147) 3 (3) 2,2 (2,0)
Schädlingsbekämpfungsmittel (Wirkstoffe) 6.040 (6.062) 1 (1) 0,02 (0,02)
mikrobiologische Qualität (z.B. Verderb) 131 (136) 6 (3) 4,6 (2,2)
Salmonellenuntersuchungen 40 (41) 4 (5) 10,0 (12,2)
formale Kennzeichnungsvorschriften 583 (514) 277 (250) 47,5 (48,6)
Futtermitteluntersuchungen und Beanstandungen nach Futtermittelgruppen (Zahlen in Klammern: Vorjahr)
Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Zahl der durchgeführten Untersuchungen, wobei je Probe in der
Regel mehrere Untersuchungen durchgeführt wurden. Da Ergebnisse auch aus der Untersuchung von Verdachts- und
Verfolgsproben stammen können, sind die Beanstandungszahlen nach Art und Häufigkeit nicht geeignet, um die Quali-
tät der Futtermittel insgesamt zu beschreiben.
Aus den Beanstandungen ergaben sich folgende Maßnahmen:n In 327 (Vorjahr: 320) leichten Fällen wurden die Betroffenen durch Hinweise belehrt.
n 4 (Vorjahr: 3) Verwarnungen mussten ausgesprochen werden.
n In 19 (Vorjahr: 11) Fällen wurde eine weitere Behandlung des Futtermittels, dessen anderweitige
Verwendung (nicht zur Verfütterung) oder die unschädliche Beseitigung angeordnet.
n 39 (Vorjahr: 43) Bußgeldverfahren zur Ahndung von 72 (Vorjahr: 68) Beanstandungen wurden eingeleitet, 28
(Vorjahr: 22) Bußgeldverfahren zur Ahndung von 56 (Vorjahr: 37) Beanstandungen wurden abgeschlossen.
Dabei wurden Bußgelder in Höhe von 6.400 (Vorjahr: 4.950) Euro vereinnahmt.
n Insgesamt wurden Gebühren und Auslagen in Höhe von 8.505,98 (Vorjahr: 2.746,27) Euro erhoben.
n Strafverfahren mussten nicht eingeleitet werden.
* in 5 (18) Fällen Überschreitung des gesetzlichen Höchstwertes für das jeweilige Futtermittel
Zusammenfassung
104 105
GLOSSARLEBENSMITTEL-, TRINKWASSER,- FUTTERMITTELÜBERWACHUNG BW
Staph. aureus Staphylococcus aureus
STEC Shiga-Toxin-bildende E. coli
STUA Staatliche Tierärztliche Untersuchungsamt Aulendorf – Diagnosezentrum
TA Tropanalkaloide
TEQ Toxizitätsäquivalente
Tier-LMHV Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von bestimmten Lebensmitteln tierischen Ursprungs (Tierische Lebensmittel-Hygieneverordnung)
TM Trockenmasse
TrinkwV Trinkwasserverordnung (aus dem Jahr 2001)
UBA Umweltbundesamt
UNEP United Nations Environment Programme
VO Verordnung
VTEC Verotoxinbildende E. coli
WHO Weltgesundheitsorganisation
Größenvergleich von KonzentrationsangabenDie im Jahresbericht angegebenen Ergebnisse der Gehalte verschiedener Stoffe werden in den verschiedensten Konzentrationen angegeben. Die nachfolgende Tabelle erläutert diese Angaben.
Bezeichnung entspricht entspricht in Worten Verhältnis in Worten Verhältnis in Zahlen Potenz Erläuterung
1 Prozent
1 Promille
1 ppm
1 ppb
1 ppt*
1 ppq
10 g/kg
1 g/kg
1 mg/kg
1 μg/kg
1 ng/kg
1 pg/kg
10 Gramm pro Kilogramm
1 Gramm pro Kilogramm
1 Milligramm pro Kilogramm
1 Mikrogramm pro Kilogramm
1 Nanogramm pro Kilogramm
1 Picogramm pro Kilogramm
1 Teil von hundert Teilen
1 Teil von tausend Teilen
1 Teil von einer Million Teilen
1 Teil von einer Milliarde Teilen
1 Teil von einer Billion Teilen
1 Teil von einer Billiarde Teilen
1:100
1:1.000
1:1.000.000
1:1.000.000.000
1:1.000.000.000.000
1:1.000.000.000.000.000
10-2
10-3
10-6
10-9
10-12
10-15
Prozent = %
Promille = ‰
ppm = part per million
ppb = part per billion
ppt = part per trillion
ppq = part per quadrillion
* 1 ppt entspricht einem Stück Würfelzucker (2,5 g) im Starnberger See (2,5 Billionen Liter Wasser) oder 20 Stück Würfelzucker im Bodensee (50 Billionen Liter Wasser).
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NOTIZEN
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IMPRESSUM
Herausgeber:Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR)
Abteilung Verbraucherschutz und Ernährung
Kernerplatz 10, 70182 Stuttgart
Telefon: 0711.126 - 0
www.mlr.baden-wuerttemberg.de
Redaktion:Birgit Bienzle, MLR
Lektorat:Beate Wörner, Fellbach
www.beatewoerner.de
Grafik Design + Prepress:Friedrich Don BDG - Don Design, Waiblingen
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Druck:Firma Offizin Scheufele Druck und Medien GmbH + Co. KG, Stuttgart
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Bezugsquelle:Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz
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Fotos:Wir danken allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Lebensmittel-, Trinkwasser- und Futtermittelüber-
wachung des Landes Baden-Württemberg für das zur Verfügung gestellte Bildmaterial.
Weiteres markiertes Bildmaterial von ◆shutterstock · nMLR/Joachim E. Röttgers · Don Design
© 2016 Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg
Drucknummer: MLR 11-2016-36
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LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BW
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