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Dr. Wolfram Viefhues
Deutscher EDV-Gerichtstag Gemeinsame Kommission elektronischer Rechtsverkehr
Kontaktadresse [email protected]
Dr. Wolfram Viefhues Aufsicht führender Richter
am Amtsgericht a.D.
Familienrichter seit 1980
Mitglied des geschäftsführenden Vorstand des Deutschen EDV-Gerichtstages
Vorsitzender der Gemeinsamen Kommission elektronischer Rechtsverkehr
Langjährig in der Justizverwaltung mit Fragen des elektronischen Rechtsverkehrs befasst
Welche gesetzlichen Regelungen enthält das Gesetz über den elektronischen Rechtsverkehr und wann treten sie in Kraft?
Was genau ist das besondere elektronische Anwaltspostfach?
Welche Auswirkungen hat das auf die konkrete Arbeit in den Anwaltskanzleien?
Wie muss man sich den Ablauf der elektronischen Kommunikation zwischen Anwaltskanzleien und Gerichten vorstellen?
Wie steht es mit der elektronischen Akte?
Wie sieht es in der Justiz aus? ◦ Elektronische Kommunikation
◦ elektronische Akte
Speziell: Datenübertragung per xJustiz
1.1.2016: Alle Anwälte müssen elektronisch erreichbar sein
1.1.2018: Bundesweit ist die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs möglich bei freiwilliger Nutzung
1.1.2020: Länder können elektronischen Rechtsverkehr verpflichtend anordnen
1.1.2022: Bundesweite Verpflichtung der "professionellen Einreicher" zum elektronischen Rechtsverkehr in der ordentlichen Gerichtsbarkeit (mit Ausnahme des Strafverfahrens) und bei den Fachgerichten
Opt-in und opt-out-Lösungen können den Zeitpunkt verschieben!
Das besondere elektronische Anwaltspostfach („beA“)
Entwickelt und betrieben durch die Bundesrechtsanwaltskammer als gesetzliche Aufgabe
Entwicklung und Tests laufen
Gewohntes Outfit wie z.B. Outlook (siehe unten)
Immer aktuelle Informationen unter http://bea.brak.de/
◦ http://bea.brak.de/fragen-und-antworten/
Die stufenweise Einführung (aus Sicht der Anwaltskanzlei erst Eingangskanal – später der Ausgangskanal) macht es möglich, sich langsam an die neuen Abläufe zu gewöhnen!
Technisch EGVP (Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach)
◦ Bereits seit Jahren im Einsatz z.B. im
Handelsregister (Kommunikation Notare-Gericht)
◦ Sicherer elektronischer Transportweg
◦ Ende-zu-Ende-Verschlüsselung durch OSCI-
Standard
◦ Anders als DE-Mail
◦ Wahrung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht
gewährleistet
Zulassung und Betrieb durch BRAK
◦ Anwaltliche Zulassung ist Voraussetzung für ein beA-Postfach
◦ Identifizierung über die örtliche Kammer
◦ Damit ist sichergestellt, dass „Anwalt drin ist, wo Anwalt drauf steht“
◦ Das beA ist das persönliche Postfach des Anwalts
◦ Besonders gesicherter Zugang durch Besitz und Wissen Besitz: z.B. durch Chipkarte (Sicherheitskarte)
Wissen: z.B. durch Passwort
Jeder zugelassene Rechtsanwalt wird ein eigenes beA erhalten
beA ist das persönliches Postfach des Anwalts
Auch der angestellte Anwalt erhält ein eigenes beA, für das er verantwortlich ist
Es gibt kein Kanzlei-beA,
auch nicht für Kanzleien, die als Rechtsanwaltsgesellschaft organisiert sind
Auch der Anwalt, der in mehreren Kanzleien tätig ist, bekommt nur ein beA
Erste Stufe ab 1.1.2016
◦ Ist das beA freigeschaltet, muss mit elektronischen Eingängen gerechnet werden.
◦ Die Gerichte werden diesen Zugangsweg zur Anwaltschaft nutzen.
◦ Speziell in Hessen Gerichtskostenrechnungen
◦ Also muss das beA technisch bedient werden können
Vom Anwalt selbst
Ersteinrichtung mit der Verteilung der Berechtigungen
Im laufenden Alltagsbetrieb
Von den Mitarbeiterinnen im laufenden Alltagsbetrieb
Organisatorische Konsequenzen Eingehende elektronische Dokumente nebst Anlagen müssen zur
Kenntnis genommen werden
Werden eingegangene Dokumente entdeckt?
Benachrichtigungsfunktion in das „normale“ e-mail-Postfach
Aber auch das „normale“ e-mail-Postfach muss durchgesehen werden!
Wird das beA regelmäßig durchgesehen?
Wie werden die elektronischen Dokumente der konkreten Sache zugeordnet?
Wie werden die elektronischen Anlagen zugeordnet?
Gibt es eine klare Verantwortlichkeit dafür?
Die Weiterbearbeitung muss beherrscht werden
o von allen Beteiligten
o Nicht nur von einem „Spezialisten“
o Vorsorge treffen für Urlaubs- und Krankheitsfälle !!
Risiken vermeiden: Dokumente und Anlagen werden nicht entdeckt, bleiben liegen, vergessen oder sogar gelöscht!
Aber: zwischen Zugang und Zustellung unterscheiden
o Rechtswirksame Zustellung weiterhin nur gegen EB, also nur bei erfolgter Reaktion des Anwalts
o Für Zugang reicht Eingang im beA
Durchschrift zur Kenntnis
Formlose Terminsverlegung
Gerichtskostenrechnung usw.
Behandlung für die kanzleiinterne Verwendung
◦ Ausdrucken und herkömmlich weiterbearbeiten
Ausdruck direkt an einer zentralen Stelle
(das beA als Fax-Ersatz) oder
Elektronisch weiterleiten an einen bestimmten Arbeitsplatz und erst
dort ausdrucken
Abhängig von Größe und Zuschnitt der Kanzlei
◦ Das elektronische Dokument (ggf. zusätzlich)
speichern? (das beA als Einstieg in die elektronische
Akte)
Bei elektronischer Anwaltsakte können die vom Gericht eingehenden elektronischen Dokumente sofort in die elektronische Akte des Anwalts überführt werden
Weitergabe an die Mandantschaft
o Ausdruck und Postversand
o Übermittlung elektronisch?
Geschützter Transportweg oder E-Mail?
Verschlüsselung?
Verschwiegenheitspflicht?
o Übermittlung per Fax?
beA kann als normaler Ausgangskanal zu allen
Anwälten genutzt werden
Schafft Arbeitsentlastung, wenn automatisch möglich
Schafft Kostenentlastung (Porto)
Macht also Sinn!
Aber: sind die notwendigen Vorbereitungen
getroffen?
Voraussetzung:
◦ beA muss vom Justiz-Fachsystem als normaler Postausgang
angesprochen werden können
◦ Technisch kein Problem:
JUDICA/TSJ (NRW) z.B. kann EGVP ansprechen
◦ Organisatorisch:
◦ beA-Postfach muss im Fachsystem fehlerfrei erfasst werden
Zum jeweiligen Verfahren
Welcher Anwalt? ( beA ist das persönliche Postfach eines Anwalts!)
Sind wir darauf vorbereitet?
Sogar Zustellungen sind möglich
EB kann zusammen mit dem zuzustellenden Dokument
übermittelt werden
Rücklauf als normales (gedrucktes) EB-Dokument
Aber:
◦ Formalien des zuzustellenden Dokumentes beachten
(qualifizierte elektronische Signatur)
◦ Signatureinheit an jeder Serviceeinheit?
◦ Eine zentrale Signaturstelle im Gericht wäre zulässig!
◦ Sind wir darauf vorbereitet?
Elektronischer Zugang zu den Gerichten ist die Zukunft!
Zeitplan beachten
Anwalt kann elektronisch einreichen
◦ Schon gegenwärtig, soweit konkret der eRV eröffnet worden ist (durch Rechtsverordnung)
◦ ab 1.1.2018 generell,
soweit Bundesland nicht herausoptiert hat (möglich bis Ende 2019). Dann kein elektronischer Zugang möglich !!
Anwalt muss elektronisch einreichen
◦ ab 1.1.2019, soweit ERV im Bundesland verpflichtend angeordnet worden ist (vorgezogener Zeitpunkt)
◦ ab 1.1.2022 bundesweit Pflicht
Dieser „Flickenteppich“ muss von der Kanzlei beherrscht werden!!!
Wenn der elektronische Weg zu den Gerichten eröffnet ist
Übertragung der elektronischen Dokumente über das beA
Nutzung des Transportwegs beA genügt der Schriftform!
Keine qualifizierte elektronische Signatur mehr erforderlich!
◦ Einzelheiten siehe unten
Arbeitsabläufe in der Kanzlei müssen auch auf die Übersendung elektronischer Dokumente an die Gerichte eingestellt sein
o Im richtigen Dateiformat (wird über Rechtsverordnung festgelegt!)
o In der richtigen Form (Unterschriftserfordernis ??)
o An das richtige Gericht
o Mit den richtigen Anlagen
Das ist kein Ding der Unmöglichkeit, muss aber geplant, geübt und auch im Alltagsstress beherrscht werden!
Organisationsfrage: wer macht was wann? Kontrolle?
ERV ist zulässig, soweit Land nicht von der opt-out-Lösung Gebrauch macht
(Schlagwort „looser-Länder“)
beA wird von den Anwaltskanzleien als normaler Ausgangskanal von den
Anwälten genutzt werden
◦ Schafft Arbeitsentlastung
◦ Schafft Kostenentlastung (Porto)
◦ Macht also Sinn!
Wir müssen mit elektronischen Eingängen rechnen
◦ Dokument selbst
◦ Anlagen zu Dokumenten
Wir müssen mit Massen von elektronischen Eingängen rechnen
Aber: sind die notwendigen Vorbereitungen getroffen?
Erster Ansatz der Betrachtung beim „Arbeitsverursacher“
(gesehen hier aus Sicht der Justiz!)
◦ Immer in gesamten Arbeitsabläufen denken!
◦ Also beim Anfang der „Produktionskette“ ansetzen
◦ Immer auch über die einzelnen Organisationseinheiten (Gericht
– Anwaltskanzlei – Staatsanwaltschaft – Behörde) hinweg
nur so lassen sich auch übergreifende
Rationalisierungspotentiale erreichen
Gemeinsames Denken und Strukturieren der Abläufe ist
zwingend erforderlich
◦ Kaum durch „einseitige Anordnung“ möglich
◦ Partizipative Entwicklungsprozesse sinnvoll
elektronischer Weg zu den Gerichten kann eröffnet sein
Auch Papier und Fax sind noch zulässig
Risiko: Elektronischer Antrag wird an das Gericht geschickt, obwohl der ERV noch nicht eröffnet ist
◦ Fall: OLG Düsseldorf v. 24.07.2013, U (Kart) 48/12, AnwBl 2014, 91 = BRAK-Mitt 2014, 107 mit Anmerkung Sandkühler; siehe auch Radke, jM 2014, 58)
◦ Antrag unzulässig! Streitwert für das Berufungsverfahren 30 Mio., Beschwer der Klägerin fast 70 Mio €.
◦ Übersehen wurde, dass der eRV nur für Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG sowie für Registersachen, aber nicht für Berufungssachen zulässig ist
Es bleibt ein Flickenteppich!
Elektronischer Schriftsatz wird erzeugt
Anlagen werden eingescannt
Schriftsatz und Anlagen werden zusammengefügt
Schriftsatz und dazugehörige Anlagen werden über
das beA an das Gericht übermittelt
Ganz einfach – oder doch nicht?
Bei erfolgreicher Übertragung erfolgt sofort eine Eingangsbestätigung des Gerichts, die als Nachweis für die Fristwahrung gilt
Also nicht nur - wie beim Fax- eine wenig beweiskräftige Sendebestätigung des eigenen Faxgerätes
Damit herrscht sofort Klarheit, dass der Zugang nicht erfolgt ist, wenn die übliche Eingangsmeldung der Justiz nicht in der Rechtsanwaltskanzlei eingeht.
„Reparaturversuch“ kann sofort eingeleitet werden
Lästige Streitigkeiten über Wiedereinsetzung werden vermieden.
technisch kein Problem:
oDie meisten Bürodrucker verfügen über Scan-Funktion
organisatorisch anders als Kopieren und Fax
o Kopie: Papier zu Papier
o Fax: Papier direkt an Empfänger
o Scan: Zuordnung zu einem Schreiben (elektronisches
Dokument) erforderlich!!
Dateiname muss vergeben werden
Speicherort / Zuführung zum beA-Ausgang
Verknüpfung mit dem ausgehenden Schriftsatz
Schriftformerfordernis beachten (Unterschrift) ◦ Formale Bedeutung des Unterschriftserfordernisses
Abschlussfunktion - „mehr kommt nicht“
Abgrenzung vom Entwurf – „jetzt gilt es“
Zurechnung des Erklärungsinhaltes zu dem Aussteller – „das ist meine Erklärung“
◦ Praktische Bedeutung des Unterschriftserfordernisses im gerichtlichen Verfahren
Keine (ausreichende) Unterschrift
Rechtsmittelfrist ist abgelaufen
Rechtsmittel ist unzulässig, auch wenn der Rechtsmittelführer den nicht unterschriebenen Antrag gerade gelten lassen will
Ergebnis: Unterschrifterfordernis wirkt nicht zum Schutz, sondern zum Nachteil des Antragstellers!!
ERV muss eröffnet sein !!! (Fall OLG Düsseldorf)
Schriftsätze müssen in elektronischer Form erstellt sein
In Papier vorhandene Unterlagen müssen eingescannt werden
Soweit Schriftform (Unterschrift) erforderlich ist, muss das Schriftformerfordernis korrekt umgesetzt werden!
Konkret bedeutet dies:
◦ qualifizierte elektronische Signatur des Dokumentes (bis 31.12.2017)
◦ Und Transport über das beA zum Gericht
◦ Übermittlung eines unsignierten Dokumentes an das Gericht über das beA erfüllt erst ab 1.1.2018 das verfahrensrechtliche Schriftformerfordernis!
Praktisch ankommen werden sowohl Eingänge ◦ in Papier,
◦ als Fax und
◦ als elektronisches Dokument
Bearbeitung abhängig von Aktenführung im Gericht ◦ Papierakte: Ausdrucken
◦ Elektronische Akte: Einscannen
Zulässigkeitsprüfung ◦ Ist der ERV nicht eröffnet: generell unzulässig
◦ Ist der ERV eröffnet: Schriftformerfordernis kann relevant sein
Immer konkret bezogen auf das einzelne Dokument
Nicht alle Dokumente erfordern die Schriftform
Welche elektronische Form genügt (qeS, beA usw.) ?
Bearbeitung abhängig von Aktenführung im Gericht
◦ Papierakte: Ausdrucken
◦ Elektronische Akte: Einscannen
◦ Organisatorische Anforderungen für die Eingangsbehandlung:
Wer macht das?
Wo wird das gemacht?
Was geschieht mit den eingegangen „Originalen“ (Papier, elektr.. Dokument)?
Ist das eindeutig geregelt?
Wissen das die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?
Ist das ausreichend geübt (Massenbetrieb!!!!)
•Viefhues 2015 •38
Bisher: ◦ Eingang des Schriftsatzes in der Poststelle
(Wachtmeisterei)
Eingangsstempel
Sortierung nach Abteilungen
◦ Weitertransport zur Serviceeinheit
Aufwand / Arbeit
Verzögerung
◦ manuelle Zuordnung zur Akte
Aufwand / Arbeit
Verzögerung
•Viefhues 2015 •39
Keine Bearbeitung in der Poststelle automatische Weiterleitung an die
zuständige Serviceeinheit (keine Verzögerung !)
automatische Zuordnung zu elektronischen Akte (keine Verzögerung !)
bei herkömmlicher Aktenführung automatischer Ausdruck für die Akte in der SE
automatische Weiterleitung an den Gegner ◦ elektronisch an Anwälte über das beA ◦ zentraler Ausdruck für andere Beteiligte
Elektronische Dokumente müssen wir für
die Beteiligte, die nicht am elektronischen
Rechtsverkehr teilnehmen, selbst
ausdrucken
wir werden zur „Druckstrasse der
Anwaltschaft“
Das macht viel zusätzliche Arbeit
Das kostet viel Geld
•Viefhues 2015 •40
•Viefhues 2015 •41
Gedruckt wird nicht am Arbeitsplatz der
Servicekraft, gedruckt wird an zentraler Stelle
Voraussetzung: keine Unterschrift auf dem
Ausdruck erforderlich
Zentraldruck schon jetzt möglich durch
Wegfall der Ausfertigung (§ 317 ZPO n.F. ab
1.1.2014)
nur noch für die (eigene) Papierakte Ausdruck
am Arbeitsplatz
Ausdruck entfällt bei elektronischer
Aktenführung !!
•Viefhues 2015 •42
Keine Postbearbeitung in der Serviceeinheit mehr erforderlich!
keine Weitergabe zur Wachtmeisterei nötig!
automatische Steuerung
Elektronische Weiterleitung zur Druckstraße
Kostenersparnis bei Zentraldruck ◦ Druckkosten
◦ Portokosten
Für alle gerichtlichen Dokumente schon seit 1.7.2014 möglich durch Ersatz der Ausfertigung durch die automatische Beglaubigung
Zulässigkeitsprüfung
◦ Ist der ERV nicht eröffnet: generell unzulässig
◦ Ist der ERV eröffnet: Schriftformerfordernis kann relevant sein
Organisatorische Anforderungen an die Zulässigkeitsprüfung
◦ Wer macht das?
◦ Wann wird das gemacht?
◦ Wie wird das dokumentiert?
◦ Welche Reaktion erfolgt gegenüber dem Einreicher?
◦ Muss das wiederholt werden können?
◦ Ist das eindeutig geregelt?
◦ Wissen das die Beteiligten Personen?
◦ Ist das ausreichend geübt (Massenbetrieb!!!!)
Zugestellt wird ein elektronisches Dokument
über das beA
Ursprüngliche Vorstellung des Gesetzgebers:
◦ Zwangszustellung auch an Anwälte
◦ kein willensgesteuertes EB mehr
◦ Grund: Automatisierte Erfassung der
Zustellungsergebnisse bei den Gerichten möglich
Entschiedener Widerstand der Anwaltschaft:
o „nehmt uns nicht unser EB“
o „Wir gehen auf die Barrikaden“
Argument der Anwaltschaft:
o EB als verfassungsrechtlich geschütztes Gut
o Furcht vor Fristversäumung bei Abwesenheit
Argument der Justiz:
o EB wurde geschaffen zur Vereinfachung für den Absender
o Kein Privileg des Empfängers, damit über den Zustellungszeitpunkt selbst entscheiden zu können.
o Ziel: Automatisierte Erfassung der Zustellungsergebnisse
Suche nach dem Kompromiss: oAnwaltschaft will willensgesteuertes EB
o Justiz will automatisierte Erfassung der Zustellungsergebnisse
Lösung: oDas zukünftige EB besteht aus einem Datensatz, der
die üblichen Informationen eines EB enthält
oDieser Datensatz wird vom Anwalt willensgesteuert zurückgeschickt
ound dabei vom Programm um das Zustellungsdatum und den Namen des Anwalts ergänzt
oDer Datensatz kann bei der Justiz automatisch ausgewertet werden
Technische und rechtliche Umsetzung ab 1.1.2018
o Justiz erzeugt den EB-Datensatz
o Wird zusammen mit dem Dokument übermittelt an das beA des Anwalts
o beA (oder die Anwaltssoftware) zeigt an, dass Zustellung eingegangen ist – besondere Kennzeichnung!
o Anwalt bestätigt den Empfang im beA (bzw. der Anwaltssoftware)
o beA (oder die Anwaltssoftware) setzen Datum und Namen in den Datensatz und versenden ihn an das Absendergericht
o Zustellung wird dort automatisch im Computersystem des Gerichts vermerkt
elektronischer Weg zu den Gerichten kann verpflichtend sein
Papier und Fax sind nicht zulässig
Umgekehrtes Risiko des Anwalts:
◦ Antrag wird in Papierform oder Fax an das Gericht geschickt, obwohl der ERV bereits eröffnet ist
◦ Antrag unzulässig
Es bleibt ein Flickenteppich!
elektronischer Weg zu den Gerichten ist überall verpflichtend
Papier und Fax sind nicht zulässig
Risiko des Anwalts:
◦ Antrag wird in Papierform oder Fax an das Gericht geschickt, obwohl der ERV bereits eröffnet ist
◦ Antrag unzulässig
Jedenfalls kein Flickenteppich mehr!
Einführung des ERV global im Land oder „Flickenteppich“?
◦ Sind die „Flicken“ korrekt zugeschnitten?
◦ Sind die betroffenen Gerichte vorbereitet?
Reaktion auf den vorhandenen Flickenteppich
◦ Die Probleme des Anwalts schlagen auch auf die Gerichte
durch
Zulässigkeitsprüfungen,
Bescheidung des Einreichers,
Widereinsetzungsanträge
Phase 1: - der Einstieg
nur elektronische Ausgänge
Phase 2: - das Zwischenstadium
auch elektronische Eingänge, keine
elektronische Akte
Phase 3: - das Endziel
die elektronische Akte
•Viefhues 2015 •53
nur elektronische Ausgänge
Wird vom Fachsystem gesteuert
Keine Zusatzarbeit
Erleichterung, weil die manuelle
Postbearbeitung wegfällt
•Viefhues 2015 •54
elektronische Eingänge
Müssen bearbeitet werden
Für die eigene Papierakte
Für den Verfahrensgegner
•Viefhues 2015 •55
•Viefhues 2015 •57
Bisher: ◦ Eingang des Schriftsatzes in der Poststelle
(Wachtmeisterei)
Eingangsstempel
Sortierung nach Abteilungen
◦ Weitertransport zur Serviceeinheit
Aufwand / Arbeit
Verzögerung
◦ manuelle Zuordnung zur Akte
Aufwand / Arbeit
Verzögerung
•Viefhues 2015 •58
Keine Bearbeitung in der Poststelle automatische Weiterleitung an die
zuständige Serviceeinheit (keine Verzögerung !)
automatische Zuordnung zu elektronischen Akte (keine Verzögerung !)
bei herkömmlicher Aktenführung automatischer Ausdruck für die Akte in der SE
automatische Weiterleitung an den Gegner ◦ elektronisch an Anwälte über das beA ◦ zentraler Ausdruck für andere Beteiligte
Elektronische Dokumente müssen wir für
die Beteiligte, die nicht am elektronischen
Rechtsverkehr teilnehmen, selbst
ausdrucken
wir werden zur „Druckstrasse der
Anwaltschaft“
Das macht viel zusätzliche Arbeit
Das kostet viel Geld
•Viefhues 2015 •59
•Viefhues 2015 •60
Gedruckt wird nicht am Arbeitsplatz der
Servicekraft, gedruckt wird an zentraler Stelle
Voraussetzung: keine Unterschrift auf dem
Ausdruck erforderlich
Zentraldruck schon jetzt möglich durch
Wegfall der Ausfertigung (§ 317 ZPO n.F. ab
1.1.2014)
nur noch für die (eigene) Papierakte Ausdruck
am Arbeitsplatz
Ausdruck entfällt bei elektronischer
Aktenführung !!
•Viefhues 2015 •61
Keine Postbearbeitung in der Serviceeinheit mehr erforderlich!
keine Weitergabe zur Wachtmeisterei nötig!
automatische Steuerung
Elektronische Weiterleitung zur Druckstraße
Kostenersparnis bei Zentraldruck ◦ Druckkosten
◦ Portokosten
Für alle gerichtlichen Dokumente schon seit 1.7.2014 möglich durch Wegfall der Ausfertigung und automatische Beglaubigung
Elektronischer Rechtsverkehr zwingt weder die Gerichte
noch den Anwalt zur Einführung der elektronischen Akte
Aber: ohne elektronische Akte
o treten häufig Medienbrüche ein
Elektronische Dokumente müssen ausgedruckt werden
Papierdokumente müssen eingescannt werden
owird der Nutzeffekt der Arbeit mit elektronischen
Dokumenten kaum ausgeschöpft
Wie soll denn das gehen?
Das funktioniert doch nicht!
Das ist viel zu teuer!
Das ist alles zu unsicher!
Da kommen die Akten doch leicht weg!
Da kann man über das Internet in meine Akten sehen!
Das lerne ich nie!
Dazu bin ich zu alt!
Ich doch nicht!
Dazu lasse ich mich nicht zwingen!
Und viele viele Gründe mehr!
Wir kaufen im Internet!
Wir buchen Reisen im Internet!
Wir kaufen Tickets im Internet!
Wir ziehen uns Fahrkarten auf das Handy!
Wir machen Online-Banking!
Wir suchen im google!
Wir kommunizieren über Facebook!
Und warum?
Ist doch so bequem!
Das kann ich alles von meinem Sofa aus machen!
Sicherheit? Das wird schon klappen?
Datenschutz: Ist doch egal, wenn im Internet die Bilder der letzten Party jahrelang herumgeistern!
Wir machen Vieles elektronische, weil es Vorteile bietet
Eingehender Schriftsatz
telefonische Nachfrage
Wo ist die Akte? Nicht greifbar!
die Akte ist irgendwo im Haus unterwegs
◦ Auch eine gut geführte Aktenkontrolle erspart
nicht das Herbeiholen der Akte
◦ In der Praxis oft mühsame Suche in mehreren
Dienstzimmern
◦ „Die Akte ist im Geschäftsgang!“
•Viefhues 2015 •66
die Akte ist außer Haus
◦ Beim Richter
◦ bei der Akteneinsicht
◦ beim Sachverständigen
◦ in der nächsten Instanz (Beiakte, Vorstück)
Ohne Akte sind Informationen nicht
verfügbar!
Anfrage kann nicht bearbeitet werden!
•Viefhues 2015 •67
Grundsatz: es kann nur eine geben!
Nur wer die Akte hat, kann damit arbeiten!
Umkehrschluss: ◦ Wer die Akte nicht hat, kann nicht arbeiten!
◦ Wer die Akte hat, verhindert die Arbeit Anderer!
Erhebliche Zeitverluste sind die Folge
Hilfsmittel Kopie der Akte: ◦ hoher Arbeitsaufwand / erhebliche Kosten
◦ unterschiedliche Inhalte entwickeln sich
◦ Kopie ist nicht die offizielle Akte
•Viefhues 2015 •68
Die Akte ist nie weg!
◦ Die Akte wird nicht physikalisch weitergegeben oder verschickt
◦ Es wird anderen Personen Einblick in den Datenbestand der Akte gegeben
nur mit Leserecht
auch mit Bearbeitungsrecht
Die Akte bleibt immer verfügbar!
Parallele Aktenbearbeitung möglich!
Kein Zeitverlust!
•Viefhues 2015 •69
Betrifft Richter, Rechtspfleger, Serviceeinheit,
Kostenbeamten
Informationen sind nur in der Papierakte
verfügbar
◦ sind die Zeugen geladen?
◦ Wo ist das Vernehmungsprotokoll?
◦ Wo ist die Kopie des Kaufvertrages?
◦ Wo ist der Sachvortrag zum Unfallhergang?
Mühsame Suche nach einer bestimmten
Information in einer dicken Akte oder gar in
vielen Beiakten
•Viefhues 2015 •70
sekundenschnelle Suche
über den gesamten Aktenbestand – auch der Beiakten
Zugang wird erleichtert über sog. Meta-Daten ◦ Informationen aus dem Dokument (Volltextsuche)
◦ zusätzlich in Datenform gespeichert
◦ Individuelle Strukturierung
z.B. Art des Dokumentes „Beschluss“, „Haftbefehl“
z.B. Absender des Dokumentes „Kläger“, „Verteidiger“
Z.B. Datum des Dokumentes (Suche nach Zeiträumen möglich)
•Viefhues 2015 •71
Leicht „transportierbar“
von überall zugänglich (häuslicher Arbeitsplatz)
automatisierbarer Blick auf relevante
Teilbereiche (Ausfilterung von „Füllstoff“)
◦ ist die Zustellung erfolgt?
◦ inhaltliche Gesichtspunkte des Falles
◦ Blickwinkel des Kostenbeamten
•Viefhues 2015 •72
Aufgabe: die inhaltliche Auswertung der Akte
◦ Zusammenstellung des Sachverhaltes
◦ Aufbereitung der rechtlichen Fragen
◦ Formulierung der Entscheidung
Das ist Arbeit mit dem Kopf!
Nicht automatisierbar!
◦ kein „Entscheidungsautomat“ !!
Aber: Unterstützung durch IT-Technik möglich
•Viefhues 2015 •73
Sachverhaltsaufbereitung nach bestimmten
Strukturen
◦ Nach Zeitablauf (chronologisch)
◦ Differenzierung nach Beteiligtenrolle
(Klägervortrag, Beklagtenvortrag, Zivilprozess)
◦ Differenzierung nach beteiligten Personen
(Täter, Zeugen)
◦ Differenzierung nach Sachverhaltskomplexen
•Viefhues 2015 •74
Beispiel Verkehrsunfall: Unfallhergang,
Haftungsquote, Schadenspositionen
Beispiel Bauprozess: einzelne Mängelpositionen
Beispiel Zugewinn: Vermögenspositionen
Beispiel Strafverfahren: einzelne Tatkomplexe
•Viefhues 2015 •75
Unterstützung bei der
Sachverhaltsaufbereitung
◦ Kopieren aus der Akte in das Votum
durch Markierung des Kurztexts
◦ Verlinkung auf den Originalschriftsatz
- ein Klick zeigt sofort den Originaltext an
◦ Verbindung mit Stellungnahme des Gegners
Stichworte und Kurztext im Votum
Ein Klick führt zum Originaltext
•Viefhues 2015
•76
Unterstützung bei der rechtlichen
Aufarbeitung
◦ Strukturierung z.B. nach
Zulässigkeit des Antrags
Anspruchsgrundlage - z.B. Vertrag
Zustandekommen des Vertrages
Mängelrüge
Erklärung wirksam
Erklärung zugegangen usw. usw.
•Viefhues 2015
•77
Die Akte ist immer verfügbar und nie „im Geschäftsgang“
Die Akte kann von mehreren Personen gleichzeitig bearbeitet werden
oWer in einer Papierakte arbeitet, verhindert die gleichzeitige Arbeit anderer Personen!
o Verzögerungen, wenn Akte beim Sachverständigen, Rechtsmittelgericht, Kostenbeamten usw. usw.
Die Akte kann an verschiedenen Orten bearbeitet werden
o Transport auf dem Laptop, Tablet, iPad, e-reader
o Geschützter Online-Zugriff von jedem Ort aus
Umfangreiche Akten lassen sich nur noch elektronisch bearbeiten (z.B. Umfangsverfahren in Strafsachen)
Unterstützungsleistungen von e-Akten z.B.
oDurchsuchen nach Stichworten
oOrdnung nach Dokumententypen
o Strukturierung des Sachverhaltes
In elektronischen Akten sind auch andere Medien möglich (Videos, Tondateien, Berechnungsmodule wie Excel-Tabellen mit Berechnungsfunktionen, sonstige tabellarische Auswertungen, CAD-Zeichnungen usw.)
was ist eigentlich "die Akte"?
was gehört dort hinein, was muss darin blieben und was kann daraus entfernt werden?
wie kann eine gerichtliche Akte an eine andere Stelle abgegeben werden, z.B. an das Rechtsmittelgericht, bei einer Verweisung oder bei einer Vernehmung durch ein Rechtshilfegericht?
Wie werden Beiakten genutzt? o Anderer Gerichte
o Von Behörden
Polizei, Zoll, Steuerfahndung zur StA und weiter zum Gericht
Verwaltungsakten bei Verwaltungsgerichten, Finanzgerichten usw.
o Frage von Datenformaten / Austauschformaten
welche Teile stehen zur Akteneinsicht zur Verfügung und welche Teile gehören zur nur internen Bearbeitungsebene des Gerichts oder der StA?
wie muss ggf. eine Akteneinsicht des Anwaltes in die gerichtliche Akte technisch-organisatorisch bewerkstelligt werden? o Durch Einsicht am Bildschirm der Serviceeinheit
o Durch Online-Einsicht in die (kopierte) Gerichtsakte
o Durch Download von Dateien
o Durch Ausdrucken
wie sieht eine Akteneinsicht aus
o Einer anwaltlich nicht vertretenen „Naturalpartei“?
o Eines in der JVA einsitzenden Straftäters?
Gesetzentwurf zur Einführung der
elektronischen Akte im Strafverfahren
Elektronische Akten im Notariat
E-Akten in der Justiz
o Programmentwicklungen (Bayern, NRW, Baden-W.)
o Pilotprojekte (LG Landshut, LG Bonn, LG Mannheim)
Auswirkungen auf den Anwalt: z.B.
Akteneinsicht (Akteneinsichtsportal)
Daten statt Text ◦ Vorteile und Nutzen
◦ Einsatzbereiche
◦ Umsetzungsmöglichkeiten
Was ist xJustiz?
Wo wird das schon konkret eingesetzt?
Wie wirkt sich das auf die Arbeitsabläufe aus?
•Viefhues 2015 •99
Handelsregister (Notare, Gerichte)
Zentrales Vorsorgeregister (Notare, Bundesnotarkammer)
Zentrales Testamentsregister (Notare, Bundesnotarkammer)
Versorgungsausgleich (Familiengerichte, Deutsche Rentenversicherung DRV)
Weitere Einsätze: siehe Fachdatensätze!
www.xjustiz.de
•Viefhues 2015 •108
Datenaustausch zwischen Familiengerichten
und Versorgungsträgern
Bundesweites Projekt
◦ EGVP als sicherer Transportkanal (OSCI)
◦ Zentral über DSRV Würzburg für alle Regionalträger
der Deutschen Rentenversicherung
◦ xjustiz als Datenformat
◦ Daten statt Texte übertragen
◦ Automatische Weiterverarbeitung ermöglichen
(„Dunkelverarbeitung“)
•Viefhues 2015 •109
Seit 2012 flächendeckend in NRW im Einsatz
2012 ca. 150.000 Nachrichten elektronisch
ausgetauscht
Nutzen auf Seiten des Gerichts
◦ Zeitgewinn
◦ Keine Probleme mehr bei der Zuordnung der DRV-
Regionalträger
◦ Übergabe der empfangenen Daten an Rechenprogramm zum
VA
◦ Übergabe der Rechenwerte an den Entscheidungsvorschlag
◦ Übertragung der Werte aus Entscheidung in einen Datensatz
•Viefhues 2015 •110
In den Gerichten, Behörden und Anwaltskanzleien
stehen gewaltige Veränderungen an
o Entwicklungsaufwand für Programme
o Technik in den Gerichten und Kanzleien
oOrganisation / Neugestaltung von Arbeitsabläufen
o Bei den beteiligten Menschen
Veränderung beginnt in den Köpfen
nicht nur Schulungen, sondern die Beteiligten
„mitnehmen“ und überzeugen
Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie an und handelt.“
Große Aufgaben mit Veränderungen und Umwälzungen
bieten auch eine Chance, unsere Geschäftsabläufe und
Arbeitsprozesse den geänderten technischen
Möglichkeiten anzupassen
(Dante Alighieri, Dichter und Philosoph * 1265 † 1321)
In der Diskussion über ERV und eAkte wird oft argumentiert, was alles nicht funktionieren wird:
o „Da muss doch etwas schief gehen können.“
Und dann wird mit viel Energie überlegt, was denn tatsächlich schiefgehen könnte.
Das stellt man dann unkritisch der jetzigen Realität gegenüber und unterstellt, dass jetzt alles sicher, alles schön und alles problemlos ist.
Ich wünsche mir für unsere weitere Arbeit,
◦ dass wir nicht auf so einen negativen Ansatz verfallen,
◦ dass wir statt dessen unsere Kreativität aktiv einsetzen, um praktische Lösungen zu finden,
◦ und mit Augenmaß herangehen und nicht bei der Elektronik willkürlich viel schärfere Maßstäbe anlegen, als wir das bei gewohnter Arbeitsweise tun
◦ und mit Gelassenheit hinnehmen, dass immer auch einmal etwas schiefgehen kann.
BRAK-Internetseite http://bea.brak.de
Kostenlose e-Broschüren des Anwaltsverlages
◦ http://www.anwaltverlag.de/
◦ Nr. 1: Der elektronische Rechtsverkehr kommt!
◦ Nr. 2: Stand des besonderen elektronischen
Anwaltspostfachs, zukünftige Zustellungen und
Gesetzentwurf elektronische Akte in Strafsachen
◦ Nr. 3: Der Countdown läuft
Cosack Anwaltsberatung https://bea-abc.de/
RA Michgehl
http://www.elektronischer-rechtsverkehr.net/index.htm