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e-Journal of Practical Business Research Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen Lena Seifert, Andreas Lindner, Hoang Vo, Magdalena Drexler, Jörg Puchan & Thomas Gann [email protected] Erschienen im e-Journal of Practical Business Research unter: http://www.e-journal-of-pbr.info Der vorliegende Beitrag ordnet einleitend die Diskussion der Kennzahlenbetrachtung in den Gesamtkontext des Projekts Business Process Benchmarkings (BPB) ein und detail- liert unter Verwendung von Praxisbeispielen die für die weitere Betrachtung relevanten, im Beitrag „Projektstruktur und Begriffe“(Puchan, Gann, Konrad, Seifert, Nagel & Jäck, 2012) gegebenen Definitionen. Das Kapitel 2 beschäftigt sich mit den Anforde- rungen und Kriterien, denen eine Kennzahl als auch ein Kennzahlensystem gerecht werden sollten, damit sie langfristig einsetzbar und verwendbar sind. Im nächsten Schritt wird auf wichtige Prozessleistungsparameter eingegangen, die als sogenannte Prozesskennzahlencluster eingeführt werden, um für mehrere Prozesse einen generi- schen Ansatz der Kennzahlenbildung zu finden und jeweils sicher zu stellen, alle we- sentlichen Aspekte jedes Prozesses zu untersuchen. Auch hier dienen jeweils Praxisbei- spiele dem Verständnis. Fazit und Ausblick schließen den Beitrag ab. Zitation: Seifert, Lena; Lindner, Andreas; Vo, Hoang; Drexler, Magdalena; Puchan, Jörg & Gann, Thomas (2012): Prozesskennzahlen. In: e-Journal of Practical Business Research, Sonderausgabe: Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen (Hrsg. Puchan/Gann) (07/2012), DOI: 10.3206/0000000047

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e-Journal of Practical Business Research

Business Process Benchmarking –

Band I Grundlagen:

Prozesskennzahlen

Lena Seifert, Andreas Lindner, Hoang Vo, Magdalena Drexler, Jörg

Puchan & Thomas Gann

[email protected]

Erschienen im e-Journal of Practical Business Research

unter: http://www.e-journal-of-pbr.info

Der vorliegende Beitrag ordnet einleitend die Diskussion der Kennzahlenbetrachtung in

den Gesamtkontext des Projekts Business Process Benchmarkings (BPB) ein und detail-

liert unter Verwendung von Praxisbeispielen die für die weitere Betrachtung relevanten,

im Beitrag „Projektstruktur und Begriffe“(Puchan, Gann, Konrad, Seifert, Nagel &

Jäck, 2012) gegebenen Definitionen. Das Kapitel 2 beschäftigt sich mit den Anforde-

rungen und Kriterien, denen eine Kennzahl als auch ein Kennzahlensystem gerecht

werden sollten, damit sie langfristig einsetzbar und verwendbar sind. Im nächsten

Schritt wird auf wichtige Prozessleistungsparameter eingegangen, die als sogenannte

Prozesskennzahlencluster eingeführt werden, um für mehrere Prozesse einen generi-

schen Ansatz der Kennzahlenbildung zu finden und jeweils sicher zu stellen, alle we-

sentlichen Aspekte jedes Prozesses zu untersuchen. Auch hier dienen jeweils Praxisbei-

spiele dem Verständnis. Fazit und Ausblick schließen den Beitrag ab.

Zitation: Seifert, Lena; Lindner, Andreas; Vo, Hoang; Drexler, Magdalena; Puchan,

Jörg & Gann, Thomas (2012): Prozesskennzahlen. In: e-Journal of Practical Business

Research, Sonderausgabe: Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen (Hrsg.

Puchan/Gann) (07/2012), DOI: 10.3206/0000000047

Business Process Benchmarking –

Band I Grundlagen:

Prozesskennzahlen

Projekt Business Process Benchmarking (BPB)

Forschungs- und Entwicklungsprojekt

der Fakultät für Wirtschaftsingenieurwesen

Hochschule für angewandte Wissenschaften München

Wiss. Leitung:

Prof. Dr. Jörg Puchan

Thomas Gann, M. Eng.

Autoren:

Lena Seifert, Andreas Lindner, Hoang Vo, Magdalena

Drexler, Jörg Puchan & Thomas Gann

10.07.2012

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann I

Kurzfassung

Dieser Beitrag ist ein Teil des ersten Sammelbands „Business Process Benchmar-

king – Band I Grundlagen“, des ersten Teils der Projektdokumentation zum For-

schungs- und Entwicklungsprojekt Business Process Benchmarking an der Hoch-

schule München.

Die Beiträge in den Sammelbänden stammen von den jeweils mit den Projektmo-

dulen betrauten Projektmitarbeitern unter Leitung der Modulverantwortlichen.

Die weiteren Beiträgen des Sammelbands I sind zu finden unter:

Puchan, J., Gann, T., Konrad, T., Seifert, L., Nagel, C. & Jäck, D. (2012): Busi-

ness Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Projektstruktur und Be-

griffe

Konrad, T., Puchan, J. & Gann, T. (2012): Business Process Benchmarking –

Band I Grundlagen: Referenzprozessmodelle: Bestandsaufnahme, Synopse

und Entwicklungspotentiale

Lugauer, W., Gann, T., & Puchan, J. (2012): Business Process Benchmarking

– Band I Grundlagen: Benchmarking-Methoden: Bestandsaufnahme, Sy-

nopse und Entwicklungspotentiale

Schwerpunkt in Band I bilden die Grundlagen der Module, die Bestandsaufnahme

und Würdigung der Ansätze in der Literatur sowie die Konzeption des jeweiligen

Vorgehens.

Der vorliegende Beitrag zum Thema Prozesskennzahlen ordnet einleitend die Dis-

kussion der Kennzahlenbetrachtung in den Gesamtkontext des Projekts Business

Process Benchmarkings (BPB) ein und detailliert unter Verwendung von Praxisbei-

spielen die für die weitere Betrachtung relevanten, im Beitrag „Projektstruktur

und Begriffe“(Puchan, Gann, Konrad, Seifert, Nagel & Jäck, 2012) gegebenen De-

finitionen. Das Kapitel 2 beschäftigt sich mit den Anforderungen und Kriterien,

denen eine Kennzahl als auch ein Kennzahlensystem gerecht werden sollten, da-

mit sie langfristig einsetzbar und verwendbar sind. Im nächsten Schritt wird auf

wichtige Prozessleistungsparameter eingegangen, die als sogenannte Prozess-

kennzahlencluster eingeführt werden, um für mehrere Prozesse einen generi-

schen Ansatz der Kennzahlenbildung zu finden und jeweils sicher zu stellen, alle

wesentlichen Aspekte jedes Prozesses zu untersuchen. Auch hier dienen jeweils

Praxisbeispiele dem Verständnis. Fazit und Ausblick schließen den Beitrag ab.

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann II

Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung .................................................................................................................. I 

Inhaltsverzeichnis........................................................................................................ II 

Abbildungsverzeichnis .............................................................................................. IV 

Tabellenverzeichnis ................................................................................................... IV 

Abkürzungsverzeichnis .............................................................................................. V 

1.  Einleitung ..........................................................................................................1 

1.1  Einordnung Kennzahlenbetrachtung .......................................................................... 2 

1.2  Zusammenhang der definierten Begriffe ................................................................... 4 

1.3  Definitionen an Praxisbeispielen ................................................................................... 5 1.3.1  Effizienz, Effektivität .......................................................................................................... 5 1.3.2  Kennzahlen, KPI, PPI ............................................................................................................ 6 

2  Anforderungen .................................................................................................8 

2.1  Anforderungen in der Literatur ...................................................................................... 8 

2.2  Gewählte Anforderungen ................................................................................................ 9 2.2.1  Wirtschaftlich ..................................................................................................................... 10 2.2.2  Problemgerecht .................................................................................................................. 11 2.2.3  Konsistent ............................................................................................................................ 11 2.2.4  Verständlich ........................................................................................................................ 12 2.2.5  Akzeptiert ............................................................................................................................. 12 2.2.6  Anpassbar ............................................................................................................................. 12 2.2.7  Organisationsgerecht ...................................................................................................... 13 2.2.8  Aktuell .................................................................................................................................... 13 

3  Prozesskennzahlencluster ............................................................................. 14 

3.1  Prozesskennzahlencluster in der Literatur ............................................................... 14 

3.2  Besondere Bedeutung der Kundenorientierung im Prozessmanagement........................................................................................................ 15 

3.3  Definiertes Prozesskennzahlencluster ....................................................................... 17 3.3.1  Prozessqualität ................................................................................................................... 19 3.3.2  Prozesszeit ............................................................................................................................ 20 3.3.3  Prozesskosten ..................................................................................................................... 21 3.3.4  Kundenzufriedenheit ....................................................................................................... 21 

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann III

3.3.5  Termintreue ......................................................................................................................... 22 3.3.6  Ergebnisqualität ................................................................................................................. 22 3.3.7  Leistungsmengen .............................................................................................................. 23 

4  Fazit und Ausblick .......................................................................................... 24 

Literaturverzeichnis .................................................................................................. 25 

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann IV

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Managerial Control Concept nach Tucker .................................................... 3 Abbildung 2: Step 0-4 der Benchmarkingmethode im BPB-Projekt ............................... 3 Abbildung 3: Begriffsabgrenzungen sowie Zusammenhänge ........................................ 5 Abbildung 4: Anforderungen an Kennzahlen....................................................................... 10 Abbildung 5: Modell eines prozessorientierten Qualitätsmanagementsystems ... 16 Abbildung 6: Kano-Modell .......................................................................................................... 17 

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Beispiele Kennzahl, PPI, KPI im Personalbeschaffungsprozess .................... 7 Tabelle 2: Anforderungen an Kennzahlen in ausgewählter Literatur ........................... 9 Tabelle 3: Kennzahlencluster in der Literatur ...................................................................... 15 Tabelle 4: Kennzahlencluster im BPB-Projekt ...................................................................... 18 Tabelle 5: Beispiel Zuordnung der Kennzahlen zu den

Prozesskennzahlenclustern im Personalbeschaffungsprozess ........................ 19 

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann V

Abkürzungsverzeichnis

BPB Business Process Benchmarking

BPM Business Process Management

GPM Geschäftsprozessmanagement

KPI Key Performance Indicator

PPI Process Performance Indicator

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann Seite 1/26

1. Einleitung

Prozesskennzahlen – Definitionen, Anforderungen, Cluster - mit Veranschauli-

chung an Praxisbeispielen

Prozessmodelle, als elementarer Teil des BPB Projekts in Modul 1 ausführlich be-

handelt, sind ein Indiz für die zunehmende Orientierung hin zur Prozessorientie-

rung (vgl. Schmelzer und Sesselmann, 2010, S. 49f.). Eine Studie der Pricewater-

houseCoopers AG zum Status quo des Geschäftsprozessmanagements in deut-

schen und österreichischen Unternehmen 2011 besagt, dass

„sich Unternehmen derzeit auf ein systematisches und standardisier-

tes Vorgehen zur ganzheitlichen Dokumentation ihrer Prozesswelt

konzentrieren. Kennzahlen spielen […] eine untergeordnete Rolle und

werden bestenfalls nur bei Bedarf ausgewertet. Den Fokus ausschließ-

lich auf Prozessdokumentation zu setzen greift allerdings zu kurz. Das

Geschäftsprozessmanagement muss […] zum Ziel haben, Prozesse kon-

tinuierlich auf Grundlage von Prozessindikatoren zu verbessern.“ (Mül-

ler, 2011, S. 20, 21).

Die Betrachtung von Prozessergebnissen und die messungsbasierte Steuerung

sowie die davon abgeleitete kontinuierliche Prozessverbesserung, die den CMMI-

Stufen 4 und 5 entsprechen (vgl. Schmelzer et al., 2010, S. 319), werden laut der

Studie nur von ca. 10% der Unternehmen durchgeführt (Müller, 2011, S. 21). Ge-

mäß einer Studie des Software Engineering Institutes (2012), Erfinder des CMMI-

Reifegradmodells, wurde keines der untersuchten deutschen Unternehmen mit

der CMMI-Stufe 4 oder 5 ausgezeichnet.

Die Prozessdokumentation ist somit ein wichtiger Schritt in Richtung Prozessori-

entierung, jedoch noch nicht genug. Im nachhaltigen Prozessmanagement ist das

Monitoring der Prozesse ein wichtiger weiterer Schritt. Prozessmonitoring zeigt

jedoch auch erst dann eine positive Wirkung, wenn ihm geeignete Prozesskenn-

zahlen und dazugehörige Ziele zugrunde liegen. (Schmelzer et al., 2010, S. 49f.)

Prägnanter formuliert: Erst das Monitoring mit Hilfe von Kennzahlen macht das

Prozessmanagement nachhaltig zweckmäßig.

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann Seite 2/26

1.1 Einordnung Kennzahlenbetrachtung

Kennzahlen erfassen Sachverhalte quantitativ und in konzentrierter Form. Damit

dienen Kennzahlen (oftmals) der Verdichtung großer Datenmengen zu wenigen,

aussagefähigen Kenngrößen (Kütz, 2009, S. 41).

Stöger (2011, S. 4) nennt sieben Faktoren, die Prozessmanagement definieren; der

vierte Faktor umfasst die Kontrollierbarkeit, Messbarkeit und Beurteilbarkeit. Um

dies möglich zu machen, werden Kennzahlen eingesetzt.

Benchmarking bedeutet, wie im Beitrag „Projektstruktur und Begriffe“ (Puchan,

Gann, Konrad, Seifert, Nagel & Jäck (2012)) erläutert, vergleichen. „Vergleichen

kann man aber nur, was (in welchem Sinne auch immer) vergleichbar ist“, so Kütz.

Kennzahlen sind dabei das Mittel, um die Vergleichbarkeit herzustellen, indem

auf geeignete Messgrößen projiziert wird. (vgl. Kütz, 2009, S. 30,31)

Wenn man die Erklärung zu Benchmarking von Jochem, Mertins & Knothe (2010,

S. 182) betrachtet, die besagt, dass man unter einem Benchmark einen Referenz-

punkt in Form einer gemessenen Bestleistung versteht, wird die Notwendigkeit

von Kennzahlen ersichtlich, da ein Referenzpunkt meist in Form einer Kennzahl

ausgedrückt wird.

Auch Schmelzer und Sesselmann (2010, S. 27) betonen, dass durch Benchmarking

Leistungsunterschiede aufgezeigt werden; um Leistungsunterschiede messbar zu

machen, sind Kennzahlen eine offensichtlich prädestinierte Form.

Und auch die Definition der Zielsetzung eines Benchmarkings nach Ahlrichs und

Knuppertz, nämlich dem „seriösen Vergleich mit besseren oder den besten Unter-

nehmen oder internen Unternehmenseinheiten zur Erzielung schneller Effektivi-

täts- oder Effizienzgewinne“ (Ahlrichs und Knuppertz, 2006, S. 123), verdeutlicht

die Wichtigkeit von Kennzahlen implizit: Um hierfür klare Vergleichsgrundlagen

zu schaffen, bilden quantitative Kennzahlen oder qualitative Aussagen die Grund-

lage.

Analog zu der im Modul 1 behandelten Detaillierung von Geschäftsprozessen auf

mehreren Ebenen, erfolgt auch die Zerlegung von Kennzahlen. Auf der obersten

Ebene sollten möglichst wenige Kennzahlen auf höchster Aggregationsebene

verdichtet werden, die dann vom Top-Management für unternehmerische Ent-

scheidungen herangezogen werden können. Demgegenüber steht eine hohe De-

taillierung auf Level 3: Die hier zahlreichen Kennzahlen bilden die Basis für die auf

höherer Ebene aggregierten Kennzahlen und dienen somit der Belastbarkeit der

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann Seite 3/26

Ursache-Wirkungs-Kette, ohne die die Top-Level-Informationen „in der Luft hän-

gen“ würden (Tesche, 2012, S. 36).

Die genannten Ebenen werden auch in der Abbildung des Managerial Control

Concepts von Tucker gut deutlich, siehe Abbildung 1: Managerial Control Concept

nach Tucker (Quelle: Siegwart, Reinecke & Sander, 2010, S. 76, zitiert nach Staude

et al. 1985).

Abbildung 1: Managerial Control Concept nach Tucker (Quelle: Siegwart, Reinecke

& Sander, 2010, S. 76, zitiert nach Staude et al. 1985)

In Bezug auf die in Modul 2 diskutierte Methodik des Geschäftsprozessbench-

markings (siehe Abbildung 2: Step 0-4 der Benchmarkingmethode im BPB-Projekt

(Quelle: Eigene Darstellungkann die Betrachtung von Kennzahlen hier im Quer-

schnitt über alle Schritte Anwendung finden.

Abbildung 2: Step 0-4 der Benchmarkingmethode im BPB-Projekt (Quelle: Eigene

Darstellung)

Im Rahmen der Vorbereitung ist es notwendig, die Geschäftsprozesse als Bench-

marking-Objekte sowie die Benchmarking-Partner auszuwählen und in diesem

Umfeld die zu messenden Leistungsparameter abzustimmen. Diese müssen in

aussagekräftigen Kennzahlen ausgedrückt werden. Hier wird die Frage beantwor-

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann Seite 4/26

tet: Welche Kennzahlen messen wir für das Benchmarkingvorhaben? Im Vorfeld

werden aus den aktuellen Unternehmens- und Prozesszielen Leistungsparameter

sowie zusätzliche Prozessparameter abgeleitet. Diese werden in der Analysephase

auf Basis von Kennzahlen beschrieben, gemessen und analysiert. Im Zuge der Be-

wertung finden der Prozessvergleich und die Identifikation von Leistungslücken

statt - für beides bilden die Kennzahlen die elementare Basis. Dies gilt ebenso für

die Ableitung von Zielwerten der Prozesskennzahlen und Maßnahmen, die zu

dem letzten Schritt des Prozess-Benchmarking, der Verbesserung, gezählt wird.

Auf den nachfolgenden Seiten wird auf folgende Teilaspekte im Rahmen der

Kennzahlenbetrachtung eingegangen:

Um ein gemeinsames Verständnis der Begrifflichkeiten herzustellen, wer-

den die Begriffe Effizienz, Effektivität, Kennzahl, Key Performance Indicator

(KPI), Process Performance Indicator (PPI) sowie Prozess- und Ergebnisqua-

lität im Zusammenhang dargestellt und anhand von Praxisbeispielen er-

läutert und differenziert.

Kennzahlen, die der Prozessmessung langfristig gerecht werden können,

müssen bestimmte Anforderungen erfüllen. Als Basis für die spätere Kenn-

zahlenfestlegung werden die Anforderungen an Kennzahlen festgelegt

und geschildert.

Um für mehrere Prozesse einen generischen Ansatz zu finden, der alle we-

sentlichen Aspekte berücksichtigt, wird eine thematische Clusterung von

Kennzahlen eingeführt.

1.2 Zusammenhang der definierten Begriffe

Um Verwechslungen zu begegnen, werden in dieser Arbeit analog der Differen-

zierung des Begriffspaares Effizienz und Effektivität auch die Begriffe PPI und KPI

sowie die Begriffe Prozessqualität und Ergebnisqualität unterschieden. Die Defini-

tionen sind dem Beitrag „Projektstruktur und Begriffe“ (Puchan et al., 2012, S.

25ff.) zu entnehmen. Die folgende Darstellung soll die Begriffe im Zusammen-

hang visualisieren:

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann Seite 5/26

Abbildung 3: Begriffsabgrenzungen sowie Zusammenhänge (Quelle: Eigene Dar-

stellung)

1.3 Definitionen an Praxisbeispielen

Im Beitrag „Projektstruktur und Begriffe“ (Puchan et al., 2012) wurden die Begriffe

Effizienz, Effektivität, Kennzahlen, KPI und PPI erläutert. An dieser Stelle sollen die

Definitionen mit Hilfe von Praxisbeispielen verdeutlicht werden.

1.3.1 Effizienz, Effektivität

Zur Veranschaulichung der Differenzierung von Effizienz und Effektivität dienen

die folgenden zwei Beispiele: Um ein Feuer zu löschen, ist es effektiv, dies mit

Champagner oder Wasser zu tun, jedoch ist es effizienter, das Feuer mit Wasser

zu löschen, da der Materialaufwand im Vergleich zu Champagner wesentlich ge-

ringer ist. Die Strecke von München nach Berlin in drei Stunden zurück zu legen,

wäre zwar sehr effizient, jedoch nicht effektiv, wenn ich eigentlich nach Hamburg

fahren möchte, da das Ziel nicht erreicht wurde.

Bei der Betrachtung von Effizienz und Effektivität im Zusammenhang mit Ge-

schäftsprozessen kann gesagt werden: Wichtig ist, dass ein Prozess effektiv ist. Es

bringt nichts, wenn der Prozess sehr effizient ist, jedoch nicht zum Ziel führt.

Doch angesichts des herrschenden Wettbewerbs ist auch die Effizienz ein Feld

mit hohem Optimierungspotential, worauf im BPB-Projekt bei der Betrachtung

der Prozesse ein großes Augenmerk gelegt werden soll, um die Prozesse hinsicht-

lich bestmöglicher Leistung zu messen und zu verbessern.

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann Seite 6/26

1.3.2 Kennzahlen, KPI, PPI

Wie im Beitrag „Projektstruktur und Begriffe“ (Puchan et al. 2012) hergeleitet, gilt

im Rahmen des BPB-Projekts die folgende Definition:

Zur Erläuterung sollen noch folgende Ausführungen an Beispielen helfen:

Eine Kennzahl informiert nur über Sachverhalte, beziehungsweise gibt Informati-

onen, sie muss jedoch nicht ein KPI sein. Zum Beispiel ist die durchschnittliche

Verweildauer eines Kunden auf einer Unternehmens-Homepage zwar eine Kenn-

zahl, jedoch trifft diese weder eine konkrete Aussage über die Effektivität der

Website noch ist sie für den Unternehmenserfolg verantwortlich und ist somit

kein KPI. Die Durchschnittsgeschwindigkeit eines Mitarbeiters auf der Autobahn

auf dem Weg zum Kunden ist eine Kennzahl, die besagt wie schnell der Mitarbei-

ter bei dem Kunden ist, jedoch kein KPI, wenn der Unternehmenserfolg nicht da-

von abhängt, wann der Mitarbeiter beim Kunden eintrifft.

„Messkriterien für die Prozesseffizienz sind in erster Linie Kosten und Zeit. Aber

auch Messgrößen wie Ressourceneinsatz, Qualität an bestimmten Messpunkten,

etc.“ (Ahlrichs & Knuppertz, 2006, S. 148) beschreiben die Effizienz. Bei der Pro-

zesseffizienz geht es, wie bereits in der Definition beschrieben, darum, dass man

den Prozess mit möglichst großem Output bei möglichst kleinem Ressourcenein-

satz betreibt. So also auch für alle PPIs.

Zu den Ergebnissen, und damit der Effektivität, gehört das, was der Leistungs-

empfänger an Output vom Prozess erhält. Zum Beispiel: Die richtige Ware, zum

richtigen Zeitpunkt in der richtigen Menge. Mit welchem Aufwand der Output

hierbei zustande gebracht wurde, ist, analog der gängigen Definition von Effekti-

vität (siehe auch Puchan et al., 2012, S. 25ff.) für die KPIs unerheblich.

Anhand des Personalbeschaffungsprozess soll die Zuordnung beispielhaft aufge-

zeigt werden:

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann Seite 7/26

Tabelle 1: Beispiele Kennzahl, PPI, KPI im Personalbeschaffungsprozess (Quelle:

Eigene Darstellung)

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann Seite 8/26

2 Anforderungen

Es gibt viele Kennzahlen, die aus beliebigen vorliegenden Daten durch wenige

mathematische Verknüpfungen geschaffen wurden. Doch damit eine Kennzahl in

einem Kennzahlensystem langfristig einsetzbar und verwendbar ist, sollten so-

wohl Kennzahl als auch Kennzahlensystem bestimmten Anforderungen und Kri-

terien gerecht werden.

2.1 Anforderungen in der Literatur

In der Literatur werden unterschiedliche „Anforderungssätze“ an Kennzahlen be-

schrieben. Bei der Synopsis der Darstellungen von Werner (2010, S. 6), Siegwart et

al. (2010, S. 55) und Schmelzer et al. (2010, S. 240) werden große Schnittmengen

wie aber auch vereinzelt besondere Fokussierung deutlich:

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann Seite 9/26

Tabelle 2: Anforderungen an Kennzahlen in ausgewählter Literatur (Quelle:

Eigene Darstellung)

2.2 Gewählte Anforderungen

Auf der Grundlage einer Literaturrecherche (s. Werner, 2010; Siegwart, 2010;

Schmelzer & Sesselmann, 2010; Siegwart, Reinecke & Sander, 2010) und nach

intensiven Überlegungen wurden im Rahmen des BPB-Projekts folgende

Anforderungen an Kennzahlen vereinbart, die nachfolgend im Detail beschrieben

werden. Diese Menge an Anforderungen wurde anschließend zusammen mit den

Industriepartnern diskutiert und festgesetzt.

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann Seite 10/26

Abbildung 4: Anforderungen an Kennzahlen (Quelle: Eigene Darstellung)

2.2.1 Wirtschaftlich

Die Kosten der Kennzahlenerhebung müssen in angemessenem Verhältnis zum

Nutzen stehen (Siegwart, 2010, S. 62; Schmelzer & Sesselmann, 2010, S. 240;

Werner, 2010, S. 6). Es ist aus wirtschaftlicher Sicht nicht sinnvoll, eine Kennzahl

zu erheben, deren Aufwand zur Erhebung einen höheren finanziellen Aufwand

darstellt, als der eventuelle Nutzen, der hieraus gewonnen werden kann. Zu den

Kosten für die Erhebung einer Kennzahl zählen dabei Aufwände für Konstruktion,

Umsetzung und Einsatz des gesamten Kennzahlensystems, als auch für

Gewinnung und Verarbeitung der einzelnen Kennzahlen (Siegwart, Reinecke &

Sander, 2010, S. 62).

Die Schwierigkeit hierbei besteht darin, dass die Kosten für die Erhebung der

Kennzahlen meist nur grob beurteilt werden können. Noch schwieriger gestaltet

sich die Quantifizierung des Nutzens einer Kennzahl. Im Vorfeld der Erhebung

lässt sich kaum quantifizieren, welchen ökonomischen Wert eine bessere

Entscheidungsfindung aufgrund dieser Kennzahl haben wird. (Siegwart, Reinecke

& Sander, 2010, S. 62) An dieser Stelle dient in der ersten Iteration des BPB-

Projektes eine Experteneinschätzung als Orientierungshilfe; in der zweiten

Iteration sollte diese überprüft und ggfs. angepasst werden.

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann Seite 11/26

2.2.2 Problemgerecht

„Die Problemangemessenheit ist das wichtigste Gütekriterium an eine Kennzahl,

weil es sich dabei um eine inhaltliche und nicht um eine formale Anforderung

handelt“ (Siegwart, Reinecke & Sander, 2010, S. 56). Eine Kennzahl, die dem ei-

gentlichen Zweck nicht gerecht wird, entfaltet keinen Nutzen. Werner (2010) geht

auf diese Anforderung im Rahmen des Informationscharakters und der Informa-

tionsqualität ein. Eine Kennzahl wird einem Problem gerecht, wenn sie informativ

ist und sich ihr Aussageinhalt mit dem Informationsbedarf deckt. Informativ be-

deutet hierbei, dass eine Kennzahl zeitlich und sachlich dem verfolgten Ziel als

Diagnose- und Steuerungsinstrument (siehe auch Schmelzer, 2004) entspricht,

sowie einen richtigen Informationsgrad (Aggregationsgrad, Aktualität,

Periodizität) und auch eine angemessene Informationsqualität (Validität und

Reliabilität) besitzt (Schmelzer & Sesselmann, 2010, S. 55).

Als oben genanntes Steuerungsinstrument soll die Kennzahl Handlungsbedarf

aufzeigen und die Prozesssteuerung unterstützen (Schmelzer & Sesselmann,

2010, S.240). Hiermit wird sie dem „Problem gerecht“.

Die Anforderungen gelten gleichermaßen auch für Kennzahlensysteme. Auch ein

Kennzahlensystem muss problemgerecht sein: Damit es eine Aussage

transportieren kann, muss ein Kennzahlensystem kompakt sein und sich auf das

Wesentliche konzentrieren (Siegwart, Reinecke & Sander, 2010, S. 61), das heißt:

eine strukturierte, einheitliche und überschaubare Anzahl von Kennzahlen

enthalten (Werner, 2010, S. 6). Für Kennzahlensysteme hat sich durchgesetzt,

einem Entscheidungsträger nicht mehr als 20 Kennzahlen zu vermitteln, da durch

eine zu hohe Anzahl an Kennzahlen der Überblick verloren geht und man

sprichwörtlich „den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht“ (Fischer, 2010, S.

56). Auch diese Empfehlung dient der Problemgerechtheit.

2.2.3 Konsistent

Eine Kennzahl soll widerspruchsfrei (konsistent) sein, gegenseitige Abhängigkei-

ten (Ursache-Wirkung-Zusammenhang) sichtbar machen und als Frühwarnindi-

katoren fungieren (Schmelzer & Sesselmann, 2010, S. 240; Siegwart, Reinecke &

Sander, 2010, S. 55; Werner, 2010, S. 6). Sie muss möglichst eindeutig bezeichnet

und unter bestimmten Ermittlungsvorschriften festgelegt sein. Auch müssen

Kennzahlen richtig sein, das bedeutet, dass sie dem Adressaten unter Berücksich-

tigung des Informationsbedarfs ein zutreffendes Bild liefern (Groll, 2004, S. 23).

Damit einher geht der Anspruch an Robustheit, das heißt Sicherheit der Daten

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann Seite 12/26

beziehungsweise Schutz vor Manipulation (Werner, 2010, S. 6). Zusammengefasst

lässt sich sagen, dass folgende Punkte erfüllt sein müssen, damit die Kennzahlen

konsistent sind:

Kennzahl muss widerspruchsfrei sein

Daten, aus denen die Kennzahl gewonnen wird, müssen sicher vor

Manipulation sein

Daten aus denen die Kennzahl gewonnen wird, müssen fehlerfrei sein

Kennzahl muss eindeutig definiert und bezeichnet sein

2.2.4 Verständlich

Eine Kennzahl muss vom Adressaten richtig verstanden werden können, da dieser

die Informationen zu Entscheidungszwecken verwendet. Falls die Kennzahl nicht

verständlich ist, könnte sie vom Entscheider falsch beurteilt werden und somit zu

falschen Entscheidungen führen. Daher sind falsch verstandene Informationen

genauso gefährlich wie falsche Informationen (Groll, 2004, S. 26).

2.2.5 Akzeptiert

Auf den Anforderungen Konsistenz und Verständlichkeit baut die Anforderung

Akzeptanz auf. Die Akzeptanz aller betroffenen Mitarbeiter ist ausschlaggebend,

damit eine Kennzahl nachhaltig im Prozess etabliert wird und bleibt. Eine Kenn-

zahl gilt dann als akzeptiert, wenn alle betroffenen Mitarbeiter mit dieser Kenn-

zahl einverstanden sind. Auch weil eine Kennzahl dem Zweck dient, eine Prozess-

optimierung und damit Änderung des bisherigen Prozesses einzuleiten, ist es von

besonderer Bedeutung, dass sie akzeptiert ist. Um akzeptiert zu werden, ist die

Nachvollziehbarkeit und fehlerfreie Ermittlung der Kennzahl für alle Mitarbeiter

erforderlich. Die Kennzahl sollte leicht verständlich und aus Mitarbeitersicht sinn-

voll und nützlich sein (Schmelzer & Sesselmann, 2010, S. 240).

2.2.6 Anpassbar

Da das im Rahmen des BPB-Projektes erstellte Kennzahlensystem für eine Vielzahl

von Unternehmen unterschiedlicher Branchen, Größen und Unternehmenszwe-

cken festgelegt wird, sollen die darin definierten Kennzahlen auf die jeweiligen

Unternehmen spezifisch anpassbar sein.

Der erforderliche Grad an Flexibilität hängt von der jeweiligen Problemstellung

ab. Durch situative Anpassungen, An- und Abbau von Kennzahlen wird das Kenn-

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann Seite 13/26

zahlensystem dynamisiert. Modularität bietet hierfür eine optimale Basis

(Schmelzer & Sesselmann, 2010, S. 240; Siegwart, Reinecke & Sander, 2010, S. 57).

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass eine Kennzahl die Anforderung

anpassbar erfüllt, wenn sie branchen-, größen-, und unternehmenszweckunab-

hängig anpassbar ist.

2.2.7 Organisationsgerecht

Eine Kennzahl als solche kann einen unbestrittenen Informationsgehalt haben, ist

aber je nach Organisation bezüglich Datenermittlung oder abzuleitender Maß-

nahmen gegebenenfalls nicht sinnvoll.

Die Kompatibilität der einzelnen Kennzahl bezüglich der Organisation der einzel-

nen Anwendungsfälle muss stets überprüft werden. Bereits im Vorfeld kann eine

Kennzahl darauf geprüft werden, ob sie auf alle erdenklichen Organisationsfor-

men und Unternehmensgrößen angewendet werden kann (Siegwart, Reinecke &

Sander, 2010, S. 55). Falls dies nicht der Fall ist, muss geprüft werden, ob sie ge-

mäß Absatz 3.7. entsprechend angepasst werden kann oder in manchen Anwen-

dungsfällen nicht betrachtet wird.

2.2.8 Aktuell

Der Nutzen bzw. die Verwendbarkeit einer Kennzahl hängt unter anderem von

der zeitlichen Aktualität der gewonnen Daten ab (Werner, 2010, S. 6). Die zugrun-

de liegenden Daten sollen möglichst aktuell sein, damit eine eventuell abzulei-

tende Maßnahme auch zeitgerecht umgesetzt wird. Falls die Daten nicht aktuell

sind, wird die Auswertung insofern verfälscht, als sich zwischenzeitlich der Kenn-

zahlenwert erheblich verändert haben könnte und dieser somit andere Maßnah-

men erforderlich machen würde.

Zudem muss gewährleistet sein, dass alle Kennzahlen gleichermaßen aktuell sind.

Da sich die Parameter verschiedener Kennzahlen gegenseitig beeinflussen kön-

nen, müssen sie zum selben Zeitpunkt gemessen werden (Schmelzer & Sessel-

mann, 2010, S. 241).

Um die Aktualität zu gewährleisten, muss vor der Erhebung der Kennzahlen si-

chergestellt sein, dass die Daten neu erhoben werden und somit aktuell sind.

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann Seite 14/26

3 Prozesskennzahlencluster

Nachdem die Anforderungen an Kennzahlen festgelegt sind, kann mit der Kenn-

zahlendefinition begonnen werden. Das BPB-Projekt stellt sich dem Vorhaben, für

mehrere Prozesse einen generischen Ansatz zu finden und jeweils sicher zu stel-

len, alle wesentlichen Aspekte jedes Prozesses zu untersuchen. Hierzu wurden

Prozesskennzahlencluster eingeführt, die jeweils einen Bezug zu typischen Pro-

zessleistungsparametern haben. Die Zuordnung der definierten Kennzahlen zu

einem der gewählten Cluster ermöglicht ein entsprechend methodisches Vorge-

hen, um die einzelnen Kennzahlen dabei jeweils einem der definierten Cluster

zuzuordnen und ggfs. zu einer Kennzahl zu aggregieren. Die Cluster helfen zum

einen, einen Überblick zu erhalten, über welchen Aspekt des Prozesses eine Kenn-

zahl eine Aussage trifft (welchem Cluster sie zugeordnet ist) und auf der anderen

Seite, ob zu einem Prozess ausreichend Kennzahlen definiert wurden, um alle An-

forderungen an den Prozess zu messen und ihn somit hinreichend auswerten zu

können (welchem Cluster welche Kennzahl zugeordnet ist).

3.1 Prozesskennzahlencluster in der Literatur

In der Literatur findet man den Begriff Kennzahlencluster nicht explizit, jedoch

werden häufig allgemeine Zielfelder des Prozessmanagements beschrieben.

Schmelzer und Sesselmann (2010, S. 240) definieren fünf Standard-Leistungs-

parameter. Als Ziele „eines Workflows“, eines formal beschriebenen, ganz oder

teilweise automatisierten Geschäftsprozesses, zählt Gadatsch (2005, S. 41,49)

ebenfalls fünf Zielfelder auf. Stöger (2011, S. 25) fasst die Zielfelder im Prozess-

management auf einer höheren Ebene zusammen. Die Value Chain Group (2012,

S. 27) hat im Rahmen des von ihnen erstellten Value Reference Model (VRM)

ebenfalls Kennzahlencluster gebildet. Tabelle 3: Kennzahlencluster in der Litera-

tur zeigt eine Übersicht aus ausgewählter Literatur. Dabei wurden inhaltlich ähn-

liche Cluster in die gleiche Zeile eingetragen.

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Projekt BPB; Seifert, Lindner, Vo, Drexler, Puchan, Gann Seite 15/26

Tabelle 3: Kennzahlencluster in der Literatur (Quelle: Eigene Darstellung)

3.2 Besondere Bedeutung der Kundenorientierung im

Prozessmanagement

Ergänzt werden soll an dieser Stelle die besondere Bedeutung der Kundenzufrie-

denheit im Zusammenhang des Benchmarkings als Methode des Prozessmana-

gements.

Wie auch unter 1.1 bereits zitiert, nennt Stöger (2011, S. 4) sieben Faktoren, die

Prozessmanagement definieren. Die hier an zweiter Stelle genannte Kundenori-

entierung ist nach Ahlrichs und Knuppertz (2006, S. 37) der wesentliche Fokus bei

der Prozessausrichtung. Sie soll nicht benötigte Aktivitäten/Leistungen vermei-

den, indem ein Prozess von "Ende-zu-Ende" – vom Kunden als Auslöser bis zum

Empfänger - betrachtet wird. Auch Gadatsch (2005, S. 14) betont die Kundenori-

entierung; die Kundenanforderungen sollen im Rahmen der Geschäftsprozessop-

timierung (GPO) die bestimmenden Faktoren sein, nach denen alle wesentlichen

Arbeitsabläufe ausgerichtet werden, um die Wettbewerbsfähigkeit eines Unter-

nehmens nachhaltig zu verbessern. Diese Aussagen werden auch in der Abbil-

dung 5: Modell eines prozessorientierten Qualitätsmanagementsystems aus der

DIN EN ISO 9001:2008 deutlich.

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Abbildung 5: Modell eines prozessorientierten Qualitätsmanagementsystems

(Quelle: DIN EN ISO 9001:2008, S.8)

Daraus geht hervor, dass alle Aspekte für die Bewertung eines Prozesses, die sich

auch in den Prozesskennzahlencluster wiederfinden, sowohl die der Effektivität

wie auch der Effizienz, vor dem Hintergrund der Kundenorientierung hinterfragt

und optimiert werden sollen. Hierbei haben gemäß Kano-Modell (siehe Abbildung

6: Kano-Modell) verschiedene Merkmale unterschiedliche Auswirkung auf die

Kundenzufriedenheit.

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Abbildung 6: Kano-Modell (Quelle: QZ Qualität und Zuverlässigkeit, 2009, ange-

lehnt an Noriaki Kano, 1978)

Im Folgenden wird erläutert, welche Cluster auf Basis der Recherche aus 3.1 für

das BPB-Projekt festgelegt wurden.

3.3 Definiertes Prozesskennzahlencluster

Im Rahmen des BPB wird die Clusterung von Schmelzer und Sesselmann (siehe

Tabelle 3: Kennzahlencluster in der Literatur) verwendet und um die Ergebnisqua-

lität und die Leistungsmengen ergänzt. Dies ist im Folgenden begründet: Die

Kundenzufriedenheit, die Prozesszeit, die Prozessqualität sowie die Prozesskosten

werden je von drei von vier Autoren genannt und für wichtig und richtig erachtet.

Die von Schmelzer und Sesselmann (2010) vorgenommene Differenzierung der

Termintreue wird als wichtiger Aspekt der Effektivität betrachtet. Die von

Gadatsch (2005) separat aufgeführte Prozesstransparenz wird als unter Prozess-

qualität beinhalteter Bestandteil gesehen und daher nicht einzeln aufgenommen.

Die von Stöger (2011) aufgeführte Produktivität wird unter dem Begriff Leis-

tungsmengen berücksichtigt; die Leistungsmengen treffen eine Aussage über den

generellen Output des Prozesses. Die weiteren Zielfelder Management und Ge-

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winn finden wenig Vertreter und werden daher nicht berücksichtigt. Die Verläss-

lichkeit sowie die Anpassbarkeit wurden unter den Anforderungen an Kennzahlen

bereits als Basisvoraussetzung einer Kennzahl, nicht aber als Kennzahlencluster

beschrieben. Zusätzlich wurde die Ergebnisqualität, wie auch unter 1.2 begrün-

det, von der Prozessqualität differenziert als eigenes Cluster für die konkrete

Messgröße der Qualität des Outputs festgelegt. Hierbei besteht ein zum Teil wei-

cher Übergang zur Kundenzufriedenheit. In Tabelle 4: Kennzahlencluster im BPB-

Projekt ist der im BPB-Projekt entstandene Entwurf eines Kennzahlenclusters ab-

gebildet.

Tabelle 4: Kennzahlencluster im BPB-Projekt (Quelle: Eigene Darstellung)

Nach Ahlrichs und Knuppertz (2006, S.123) ist die Zielsetzung eines

Benchmarkings, Effektivitäts- oder Effizienzgewinne zu erzielen. Daher wird in der

Kennzahlenclusterung zunächst zwischen Prozesseffizienz und Prozesseffektivi-

tät unterschieden. Die Differenzierung ist wichtig, da, wie zuvor bereits genannt,

die Effizienz beschreibt, wie wirtschaftlich der Prozess ist und die Effektivität be-

sagt, wie hoch das Maß der Zielerreichung, beziehungsweise wie hoch die Wirk-

samkeit des Prozesses ist. Die Kennzahlen der Prozesseffizienz lassen sich hier

nun weiter den einzelnen Punkten Prozessqualität, Prozesszeit und Prozesskosten

zuordnen; die der Prozesseffektivität den Punkten Kundenzufriedenheit, Termin-

treue, Ergebnisqualität und Leistungsmengen.

Tabelle 5: Beispiel Zuordnung der Kennzahlen zu den Prozesskennzahlenclustern

im Personalbeschaffungsprozess zeigt beispielhaft am Prozess Personalbeschaf-

fung, wie zu jedem Prozessschritt auf Level 3 des Prozessmodells die Kennzahlen,

PPIs und KPIs den Prozesskennzahlenclustern zugeordnet werden.

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Tabelle 5: Beispiel Zuordnung der Kennzahlen zu den Prozesskennzahlenclustern

im Personalbeschaffungsprozess (Quelle: Eigene Darstellung)

Nachfolgend werden die Cluster in weiterer Detaillierung und ggfs. Bezug auf das

Kano-Modell (siehe Abbildung 6: Kano-Modell) beschrieben.

Ein zusätzliches Kennzahlencluster der Metadaten wird aktuell im Rahmen des

Projekts diskutiert, aber ggfs. zu einem späteren Zeitpunkt eingeführt.

3.3.1 Prozessqualität

Die Prozessqualität, wie auch schon im Beitrag „Projektstruktur und Begriffe“

(Puchan, Gann, Konrad & Seifert, 2012) festgehalten, bezieht sich auf die Prozess-

leistung und zeigt den Grad der Effizienz des Prozesses an sich auf. Das Ziel der

Prozessqualität ist dabei, das Prozessergebnis mit Einsatz möglichst weniger Res-

sourcen sowie geringer Verschwendung in kurzer Zeit zu erreichen (Ahlrichs &

Knuppertz, 2006, S. 170). Die Prozessqualität trifft eine Aussage, in welchem Grad

der Prozess beherrscht wird, das heißt in welcher Qualität und mit wie vielen Stö-

rungen er abläuft. Messen kann man die Prozessqualität unter anderem mit dem

First Pass Yield (FPY), welcher besagt, wie hoch die Anzahl der fehlerfreien Pro-

zessobjekte nach dem ersten Durchlauf ist. Eine weitere Messmethode ist die Feh-

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lerrate in Verbindung mit der Methodik Six Sigma (Schmelzer & Sesselmann,

2004, S. 240) welche die Abweichung des Ergebnisses vom Zielwert misst. Neben

diesen „harten Faktoren“ sind auch Eigenschaften wie die Schnittstellenqualität

und die Prozessreife als Aspekte der Prozessqualität zu verstehen. Diese müssen

gegebenenfalls in Form einer Befragung gemessen werden. Dies ist ein Grund,

weshalb die Prozessqualität im Vergleich zur Produktqualität in der Praxis nicht

so häufig gemessen wird, obwohl für die Prozessoptimierung viel Potential in der

Optimierung der Prozessqualität steckt. Die Prozessqualität ist für den Kunden

nicht direkt spürbar, sondern äußert sich wenn überhaupt nur in den eventuellen

Konsequenzen der Termintreue oder Ergebnisqualität. Mit dem Ansatz der Ver-

meidung aller Aufwände, die nicht der Erfüllung der Kundenanforderung dienen,

spielt die Prozessqualität dennoch eine wichtige Rolle im kundenorientierten Pro-

zessmanagement.

Aus diesen Gründen wird in den Prozesskennzahlenclustern explizit zwischen

Prozessqualität und Produktqualität differenziert.

Im Personalbeschaffungsprozess wird im Cluster Prozessqualität zum Beispiel

abgefragt, ob die Anforderungen an den Mitarbeiter ausreichend beschrieben

vorlagen, ob eine erste Ausschreibung eine ausreichende Anzahl qualifizierter

Bewerber hervorgerufen hat oder ob die für die Einstellung verantwortlichen Mit-

arbeiter zeitlich angemessen zur Verfügung standen.

3.3.2 Prozesszeit

Die Zeit, welche benötigt wird, damit ein Prozess einmal durchlaufen wird (auch

Durchlaufzeit oder Prozesszeit genannt), setzt sich nach Freund und Götzer (2008)

„aus den Komponenten Bearbeitungszeit, Transportzeit und Wartezeit aller Ar-

beitsstationen entlang des ‚kritischen Weges‘ im Prozess zusammen“ (S. 20).

Schmelzer und Sesselmann (2008) bringen die Definition der Prozesszeit für das

BPM noch weiter auf den Punkt: „Die Prozesszeit eines Geschäftsprozesses setzt

sich aus den Prozesszeiten der einzelnen Teilprozesse zusammen“ (S. 277). Dabei

spielt u.a. die Durchlaufzeit der Teilprozesse eine Rolle. Hierbei „wird die Zeitstre-

cke vom Zeitpunkt des Beginns bis zum Zeitpunkt des Endes der Bearbeitung“

(ebd., S. 277) gemessen. Im Beispielprozess „Personal einstellen“ würde sich die

Prozesszeit unter anderem aus der Dauer für das Schalten der Anzeigen, die Bear-

beitung der Bewerberunterlagen, das Einstellungsgespräch, die Vertragsverhand-

lung, das heißt alles, was zu der direkten Arbeit an dem Prozess gezählt werden

kann, zusammensetzen. Somit wird die gesamte Zeit von der Bedarfsmeldung der

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

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Einstellung eines neuen Mitarbeiters bis zum Arbeitsantritt des Mitarbeiters als

Durchlaufzeit definiert.

3.3.3 Prozesskosten

Die Prozesskosten beinhalten alle variablen- und fixe Kosten, die für die Durch-

führung des Prozesses und somit die Erfüllung der Kundenanforderung anfallen.

Variable Kosten sind dabei Kosten, deren Höhe vom Beschäftigungsgrad abhän-

gig ist (Gabler Verlag, 2012a) und fixe = feste Kosten sind Kosten, die von der je-

weils betrachteten Einflussgröße bzw. Entscheidung unabhängig sind (Gabler

Verlag, 2012b). Sie sind eine wichtige Ergänzung zu den übrigen Leistungspara-

metern, da sie die wirtschaftlichen Auswirkungen von Prozessverbesserungen

sichtbar machen (Schmelzer & Sesselmann, 2004, S. 240). Beispielhaft am Prozess

„Personal einstellen“ zählen zu den fixen Kosten: Kosten für die Räumlichkeiten,

IT-Kosten. Zu den variablen Kosten: Kosten für Inserate, Porto, Arbeitszeit der

Mitarbeiter, Kosten für Verbrauchsmaterial. Es wird definiert, dass zu den Pro-

zesskosten alle variable und fixe Kosten zählen, die dem Prozess zugeordnet wer-

den können.

3.3.4 Kundenzufriedenheit

Die Kundenzufriedenheit besagt, wie zufrieden die internen und externen Kun-

den mit den Prozessergebnissen sind. Die Definition von Meister und Meister

(2010) lautet „Die Kundenzufriedenheit sagt aus, welchen Grad an Kundenorien-

tierung ein Anbieter erreicht hat, will heißen, inwieweit er den Bedürfnissen und

Wünschen seiner Kunden entspricht“ (S. 98).

Die Kundenzufriedenheit ist dabei immer von den Anforderungen der Kunden

abhängig, siehe Abbildung 5: Modell eines prozessorientierten Qualitätsmana-

gementsystems. Dabei ist zu berücksichtigen, dass verschiedene Produkteigen-

schaften unterschiedlichen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit haben; siehe

hierzu Abbildung 6: Kano-Modell. Zollondz (2006, S. 129, 130) beschreibt die drei

Faktoren nach Kano wie folgt: Grundanforderungen bzw. Standard-

/Basisfaktoren werden vom Kunden als selbstverständlich angenommen. Sollten

diese nicht erfüllt werden, entsteht überdurchschnittliche Unzufriedenheit. Bei

Erfüllung ist der Kunde jedoch in der Regel nicht explizit zufrieden. Am Beispiel

Personalbeschaffung: Fähigkeiten gemäß Ausbildungsstand des Bewerbers. Leis-

tungs-Merkmale sind dem Kunden bewusste Merkmale, die wenn auch erwartet

und formuliert nicht selbstverständlich sind und aktiven Einfluss auf die Kaufent-

scheidung haben. Die Unzufriedenheit bzw. Zufriedenheit steigt abhängig vom

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Ausmaß der Erfüllung. Am Beispiel Personalbeschaffung: Qualifikation des Be-

werbers, Kosten (d.h. Gehalt) des Bewerbers, persönliches Auftreten des Bewer-

bers. Begeisterungseigenschaften sind dagegen überdurchschnittliche Zufrieden-

heit stiftende Merkmale, die der Kunde nicht erwartet oder fordert. Für den Kun-

den entsteht ein besonderer Wert am Produkt. Am Beispiel Personalbeschaffung:

Qualifikation über die genannte / geforderte hinaus.

Die Messbarkeit der Kundenzufriedenheit hat die Besonderheit, dass hier neben

mit objektiven Verfahren erfassten, "harten" Indikatoren, das heißt zahlenmäßig

fassbaren Kenngrößen, wie zum Beispiel der Wiederkaufrate, zusätzliche "weiche"

Indikatoren benötigt werden, „die zwar nicht direkt zahlenmäßig ausgedrückt

sind, dafür aber qualitative Aussagen liefern“ (Meister & Meister, 2010, S. 124).

Als Messmethodik dient an dieser Stelle oftmals die Befragung.

Beispiel Kundenzufriedenheit bei der Personalbeschaffung: Arbeitsqualität, Ar-

beitsquantität des neuen Mitarbeiters und andere.

Die Herausforderung hierbei ist die Vergleichbarkeit von subjektiven Antworten.

Im Rahmen des BPB-Projekts soll ihr mit dem Ansatz möglichst konkret formulier-

ter zu beantwortender Fragen begegnet werden; die Form der Skalierung, die die

Vergleichbarkeit sicher stellt – ob Notensystem oder Angaben analog Kano-

Modell -, wird in einem nächsten Schritt untersucht und festgelegt.

3.3.5 Termintreue

Die Termintreue besagt, wie gut Termine eingehalten werden. Dies ist ein sehr

wichtiger Standard-Leistungsparameter. Die Termintreue ist nach dem Kano Mo-

dell (Abbildung 6) ein Basismerkmal. Wie in der Abbildung 6 zu sehen ist, wird die

Zufriedenheit des Kunden durch Erfüllung der Termintreue nicht gesteigert, je-

doch tritt bei Nichterfüllung eine große Unzufriedenheit ein, da der Kunde im Vo-

raus erwartet, das die Termine eingehalten werden.

3.3.6 Ergebnisqualität

Die Ergebnis-(oder auch Produkt- oder Dienstleistungsqualität) trifft eine Aussage

über die Qualität des Outputs eines Prozesses bezüglich der Kundenanforderun-

gen. Durch eine Erhöhung der Produktqualität kann die Kundenzufriedenheit ge-

steigert werden, da der Kunde die Produktqualität direkt wahrnimmt, siehe hierzu

auch Abbildung 5: Modell eines prozessorientierten Qualitätsmanagementsys-

tems. Beim Prozess „Personal einstellen“ ist das Prozessergebnis der eingestellte

Bewerber und seine Qualität unter anderem die Qualifikation, Pünktlichkeit und

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sein Arbeitseinsatz. Bei einem Produktionsprozess ist die Ergebnisqualität die Be-

schaffenheit des produzierten Materials. Anzumerken sei noch, dass die Ergebnis-

qualität eines hergestellten Produkts einfacher zu messen ist, da dies anhand fes-

ter Kriterien beurteilt werden kann, die messtechnisch erfasst werden können. Bei

Prozessen wie „Personal einstellen“ wird das Ergebnis, hier der Mitarbeiter, an-

hand weicher Faktoren in Form eines generischen Fragebogens bewertet.

3.3.7 Leistungsmengen

Die Leistungsmengen besagen, wie groß der Output eines Prozesses ist. Diese

können zum Beispiel bearbeitete Kundenaufträge, Anzahl hergestellter Produkte,

aber auch bei der Personaleinstellung die Anzahl eingestellter Personen sein. Die

Leistungsmengen sind insofern wichtig, da sie besagen, welchen Output der Pro-

zess liefert.

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4 Fazit und Ausblick

Die Ausführungen des Beitrags Prozesskennzahlen haben die Thematik Kennzah-

len in das Gesamtprojekt BPB eingeordnet, grundlegende Begriffsverwendungen

erläutert, Anforderungen an Kennzahlen dargelegt sowie Kennzahlencluster fest-

gelegt und erklärt. All dies sind wesentliche Grundlagenerarbeitungen um das

Business Process Benchmarking mit dem Anspruch der generischen Herange-

hensweise, das heißt zur Ableitung der Vorgehensweise und dabei festgelegter

Kennzahlen für weitere Prozesse, erfüllen zu können. Im nächsten Schritt werden

ausgewählte Prozesse untersucht und Kennzahlen für die Prozesse festgelegt. Die

von Modul 1 vorgegebenen Prozessmodelle dienen dabei als Rahmen. Bei der Prü-

fung der Kennzahlen sowie der Zuordnung der Kennzahlen zu den Prozessschrit-

ten werden die hier ausgeführten Inhalte angewendet und verfeinert. Parallel

startet die Überführung in das von Modul 4 zu entwickelnde Tool.

Business Process Benchmarking – Band I Grundlagen: Prozesskennzahlen

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