ebay-briefmarken fälschungslexikon

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Ein Fälschungs(erkennungs)-Lexikon Allgemeines Fälschungen und Verfälschungen sind inhaltlich zwei völlig unterschiedliche Begriffe. So ist ein falsches Postwertzeichen, also eine Fälschung, ein nachgeahmtes, unechtes „Postwertzeichen“ , d.h. das mehr oder weniger gelungene Plagiat eines Originals, das in der Regel zu betrügerischen Zwecken hergestellt wird. Dazu zählen Vignetten und Reproduktionen, Nach- und Neudrucke privater Provenienz, Ganzfälschungen von Marken und Briefen, Stempel- und Aufdruckfälschungen diverser Art sowie die Prüfzeichenfälschungen. Ein verfälschtes Postwertzeichen ist dagegen ein durch chemische, mechanische oder anderweitige äußere Einwirkung verändertes Postwertzeichenoriginal. Dazu zählen im Sinne von Reparaturen Markenbild-, Papier-, Farb-, Gummi-, Zähnungsverfälschungen, aber auch Stempelverfälschungen und Briefverfälschungen, bei denen bestimmte Bestandteile verändert wurden. Der Bund Philatelistischer Prüfer e.V. (BPP) beschreibt Fälschungen so: Fälschungen von Postwertzeichen a. Ganzfälschungen, bei denen das gesamte Postwertzeichen in allen Teilen gefälscht ist b. Verfälschungen, bei denen an den ursprünglichen Postwertzeichen Veränderungen vorgenommen wurden (z.B. durch Veränderung der Gummistruktur, Neugummierung, Farbveränderungen, Abschneiden der Zähne, Anbringen eines falschen Aufdrucks, einer falschen oder ergänzten Entwertung oder anderer Zusätze, usw.), die das Vorliegen eines selteneren Postwertzeichens vortäuschen sollen. Fälschungen von Ganzstücken a. Ganzfälschungen, bei denen sämtliche Bestandteile des Ganzstückes falsch sind. b. Teilfälschungen durch Veränderungen (Hinzufügen, Entfernen oder Austauschen von Bestandteilen des Ganzstückes, z.B. Postwertzeichen, Entwertungen oder Zusatzstempel, Vermerke, Adress- oder Absenderangaben). Nach ihrem Zweck unterscheidet man: a. Fälschungen zum Schaden der Sammler. Hierzu zählen neben den oben genannten Ganz- und Teilfälschungen auch die selbst für Postgesellschaften schädlichen Phantasie- und Schwindelmarken, die im Namen von tatsächlichen oder nicht existenten „Ländern“ unautorisiert erscheinen. b. Fälschungen zum Schaden der Post einschließlich zu Spionagezwecken hergestellter Fälschungen. Fälschungen von Prüfzeichen Postwertzeichen und Belege kommen auch mit gefälschten Prüfzeichen vor. Aus diesem Grund werden in der Regel höherwertige Prüfgegenstände mit fälschungssicheren Befunden oder Attesten versehen. Fälschungen wie Verfälschungen von Postwertzeichen setzen also immer ein Original voraus. Ohne Original kann es auch keine Fälschungen geben. Neben den Postwertzeichen, also den Briefmarken, werden natürlich auch Ganzsachen, Internationale Antwortscheine, Freistempel und Poststempel aller Art gefälscht. Das nun folgende „Lexikon“ soll einen ersten Überblick über die wichtigsten und bekanntesten Fälschungsarten geben. Gleichzeitig soll es zeigen, mit woran und mit welchen Mitteln man Fälschungen erkenne kann. Weitere Hinweise, Tipps und geschichtliche Hintergründe finden Sie in den Werk von Wolfgang Maassen: Echt oder falsch? Fälschungen und Fälscher in der Philatelie, erschienen im PhilCreativ-Verlag, Schwalmtal 2003, ISBN 3-932198-48-4 1

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Ein Fälschungs(erkennungs)-Lexikon

Allgemeines

Fälschungen und Verfälschungen sind inhaltlich zwei völlig unterschiedliche Begriffe.

So ist ein falsches Postwertzeichen, also eine Fälschung, ein nachgeahmtes, unechtes „Postwertzeichen“, d.h. dasmehr oder weniger gelungene Plagiat eines Originals, das in der Regel zu betrügerischen Zwecken hergestellt wird.Dazu zählen Vignetten und Reproduktionen, Nach- und Neudrucke privater Provenienz, Ganzfälschungen von Markenund Briefen, Stempel- und Aufdruckfälschungen diverser Art sowie die Prüfzeichenfälschungen.

Ein verfälschtes Postwertzeichen ist dagegen ein durch chemische, mechanische oder anderweitige äußereEinwirkung verändertes Postwertzeichenoriginal. Dazu zählen im Sinne von Reparaturen Markenbild-, Papier-, Farb-,Gummi-, Zähnungsverfälschungen, aber auch Stempelverfälschungen und Briefverfälschungen, bei denen bestimmte Bestandteile verändert wurden.

Der Bund Philatelistischer Prüfer e.V. (BPP) beschreibt Fälschungen so:

Fälschungen von Postwertzeichena. Ganzfälschungen, bei denen das gesamte Postwertzeichen in allen Teilen gefälscht istb. Verfälschungen, bei denen an den ursprünglichen Postwertzeichen Veränderungen vorgenommen wurden

(z.B. durch Veränderung der Gummistruktur, Neugummierung, Farbveränderungen, Abschneiden der Zähne, Anbringen eines falschen Aufdrucks, einer falschen oder ergänzten Entwertung oder anderer Zusätze, usw.), die das Vorliegen eines selteneren Postwertzeichens vortäuschen sollen.

Fälschungen von Ganzstückena. Ganzfälschungen, bei denen sämtliche Bestandteile des Ganzstückes falsch sind.b. Teilfälschungen durch Veränderungen (Hinzufügen, Entfernen oder Austauschen von Bestandteilen des

Ganzstückes, z.B. Postwertzeichen, Entwertungen oder Zusatzstempel, Vermerke, Adress- oder Absenderangaben).

Nach ihrem Zweck unterscheidet man:a. Fälschungen zum Schaden der Sammler. Hierzu zählen neben den oben genannten Ganz- und

Teilfälschungen auch die selbst für Postgesellschaften schädlichen Phantasie- und Schwindelmarken, die im Namen von tatsächlichen oder nicht existenten „Ländern“ unautorisiert erscheinen.

b. Fälschungen zum Schaden der Post einschließlich zu Spionagezwecken hergestellter Fälschungen.

Fälschungen von PrüfzeichenPostwertzeichen und Belege kommen auch mit gefälschten Prüfzeichen vor. Aus diesem Grund werden in der Regelhöherwertige Prüfgegenstände mit fälschungssicheren Befunden oder Attesten versehen.

Fälschungen wie Verfälschungen von Postwertzeichen setzen also immer ein Original voraus. Ohne Original kann esauch keine Fälschungen geben.Neben den Postwertzeichen, also den Briefmarken, werden natürlich auch Ganzsachen, InternationaleAntwortscheine, Freistempel und Poststempel aller Art gefälscht.

Das nun folgende „Lexikon“ soll einen ersten Überblick über die wichtigsten und bekanntesten Fälschungsartengeben. Gleichzeitig soll es zeigen, mit woran und mit welchen Mitteln man Fälschungen erkenne kann. WeitereHinweise, Tipps und geschichtliche Hintergründe finden Sie in den Werk von Wolfgang Maassen: Echt oder falsch?Fälschungen und Fälscher in der Philatelie, erschienen im PhilCreativ-Verlag, Schwalmtal 2003, ISBN 3-932198-48-4

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Abarten-Fälschungen

„Abarten sind in der Regel nicht beabsichtigte, nicht selten markante Abweichungen vom Herstellungsauftrag, diedurch diesen nicht mehr gedeckt werden. Hierzu zählen zum Beispiel: Plattenfehler, ungezähnt oder teilgezähntgebliebene Marken, Abweichungen der Farbe oder des Papiers, Stellung des Wasserzeichens, des Auf- oder Über-druckes, kopfstehende Bildteile, teilweise oder ganz fehlende Druckgänge und ähnliches. Diese Abarten finden sichregelmäßig wiederkehrend auf bestimmten Bogenfeldern oder Bogen einer Auflage oder Teilauflage.

Druckzufälligkeiten sind keine Abarten. Druckzufälligkeiten sind lediglich zufällig während der Herstellung entstan-den und zeigen sich nur auf einzelnen Bogen oder geringen Teilen der Auflage, z. B. Farbverschmierungen,Rakelstriche, Punkte, Kleckse, Verzähnungen, Passer- und Aufdruckverschiebungen. In der Regel werdenDruckzufälligkeiten nicht in MICHEL-Katalogen erfasst. Ihre Katalogisierung bleibt Spezialwerken vorbehalten.“

So lautet die Definition zu Abarten und Druckzufälligkeiten, wie sie sich heute in der neuesten Fassung derPhilatelistischen Begriffsbestimmungen findet. Erläuternd sei hinzugefügt, dass Abarten von Sammlern als das „Salzin der Suppe“ empfunden werden, die Mehrzahl gängige Auktionsware sind und dass teils Preise dafür gefordertund gezahlt werden, die höchst beachtlich sind. Selbst so manche Druckzufälligkeit genießt bei Sammler besonderen Wert, z.B. markante Verzähnungen oderAufdruckverschiebungen. So bleibt es nicht aus, dass Fälscher immer wieder versucht haben, hier tätig zu werden.

Dokumentation 115 Pf. Württemberg, ungezähnt (!), MiNr. 5 U; MICHEL: ohne PreisangabeAbb. 1.1 zeigt eine gezähnte und eine ungezähnte Marke im Vergleich. Die Kenntnis derDruckverfahren hilft auch hier weiter. Die echte, gezähnte Marke ist im Rastertiefdruckproduziert, während die angeblich echte, aber in Wirklichkeit falsche Marke im Offsetdruckhergestellt wurde.

Die beiden Vergleichs-Fotos bringen es bei 20facher Vergrößerungnoch deutlicher ans Licht, denn bei der Fälschung (Abb. 1.2) wirddas abweichende Vierfarb-Offsetraster zum Original (Abb. 1.3)deutlich sichtbar. Mit einer guten Lupe kann man dies leichtselbst nachvollziehen.

Dokumentation 2Plattenfehler sind beliebte Abarten und werden gerne gesammelt. Gerade bei älteren Marken sind solche nicht selten auch recht teuer. In den letzten Jahren haben sie eine starke Aufwertung erfahren, da zunehmend mehrSammler das Ausgefallene suchen. Dies wissen auch die Fälscher und richten sich auf diese Nachrage ein, zumalgerade Plattenfehler entweder durch Hinzufügung oder Wegnahme kleinster Bestandteile des Markenbildes rechtleicht herzustellen sind.

1919/1920, MiNr. 109-110, Eröffnung der NationalversammlungWeimar, Plattenfehler „9“ ohne Aufstrich (MiNr. 109/110 I)Abb 2.1zeigt den hier relevanten Ausschnitt der normal gedrucktenJahresziffer „1919“ bei der 25 Pf-Marke, Abb. 2.2 den gleichen beider 30 Pf.-Marke.

Abb. 2.3 und Abb. 2.4 dokumentieren demgegenüber die angebliche Abart im vergleichbaren Ausschnitt, bei dem bei nähererBetrachtung unter Lupe und Schräglicht deutlich wird, dass derAufstrich der „9“ per "Rasur" entfernt wurde (derartige Entfernungenkommen zuweilen auch als chemische Bearbeitung vor!).

Der Vergleich mit der echten Abart und der Fälschung bei der 30 Pf-Marke macht zudem deutlich, dass der Fälscherstümperhaft gearbeitet hat, indem er am unteren "Bauch" der Ziffer "9" zuviel weggenommen hat.Auch in diesem Fall lässt sich die Verfälschung mit einfachen Hilfsmitteln wie Lupe, Mikroskop und Licht feststellen.

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Abb. 2.1 Abb. 2.2

Abb. 1.2 Abb. 1.3

Abb. 1.1

Abb. 2.3 Abb. 2.4

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Abgeschnittene Zähnung

Die bekannteste Form ist die meist einseitig fehlende Zähnung, mit der eine seltene Abart vorgetäuscht werdensoll. Seltener sind Fälle, bei denen eine vorhandene Zähnungsreihe zuerst entfernt, dann aber ein Stück Papier ange-setzt wird, um gleichfalls eine Abart zu ermöglichen (siehe hierzu: Angesetzte Ränder). Nicht zu behandeln sind hierZähnungsreparaturen wie Neuzähnung oder Umzähnungen, bei denen ja ebenfalls häufig Zähnungen „abgeschnit-ten“, aber eben nicht total entfernt werden.

Nicht nur AM-Post- oder Bautensammler kennen das Phänomen: einseitig ungezähnt gebliebene Briefmarken, dieoffenbar noch soviel an Bildrand haben, dass man kaum zu glauben wagt, hier könnte eine Manipulation vorliegen.Und dennoch: man kann sich leicht täuschen, denn die Linienzähnung, in der diese Serien verausgabt wurden,wurde meist so unregelmäßig angebracht, dass die Marken selten genau zwischen den Zähnungsreihen zentriertsind. Umgekehrt bedeutet dies: viele Marken sind zu einer Seite deutlich dezentriert, was bei Randstücken markantsichtbar wird.

Gerade solche Randstücke bieten dem Fälscher die Möglichkeit, die Zähnung so zu entfernen, dass die Annahmenahe liegt, dass es sich hier um eine der durchaus bekannten einseitig ungezähnten Marken handelt.

Dezentrierungen kommen auch bei Marken mit Kammzähnung vor und solches Material, meist als unbedeutendereDruckzufälligkeit angeboten, ist von Fälschern sehr gefragt, weil sie daraus ungezähnte Abarten herstellen.

Dokumentation 1AM-Post 10 Pf., MiNr. 6

Die Abbildung spricht für sich, denn das echte Exemplar vom linken Bogenrand zeigt schonbei diesem Exemplar auf, wie breit der Abstand von der Bildumrahmung bis zurLinienzähnung sein kann. Die rechte Marke ist die vermeintliche Abart, die in Wirklichkeiteine leicht herzustellende Fälschung ist.

Bildquelle: DPhJ - Fälschungen, Lüdenscheid 1983

Dokumentation 2BRD 1995, 100 Pf, MiNr. 1824

„100. Geburtstag von Kurt Schumacher“Auch bei der Kammzähnung sind Dezentrierungen der Marken möglich, wenngleichauch seltener. Die in Abb. 2.1 gezeigte Originalmarke belegt an der rechten Seiteeinen breiteren Abstand zum Markenbild, den der Verfälscher nutzte, um darauseine einseitig ungezähnte Marke - siehe Abb. 2.2 - zu zaubern. Dieses Beispiel hierist zwar gestellt, aber in der Praxis durchaus nicht selten, da immer machbar. EinEchtheitsattest werden solche „Abarten“ nie erhalten!

Adressfälschungen

So manch einer wird fragen, warum es denn wohl nötig sei, Adressen zu fälschen - falls der Brief doch schon einehat. Richtig, in solch einem Falle, also bei Bedarfsbriefen, ist dies auch wohl kaum sinnvoll. Sinn macht dies aber beiall solchen Briefen, die keine Bedarfsbriefe sind, sondern nur aus anschriftlosen Umschlägen mit gestempelterFrankatur bestehen oder bei Ganzfälschungen, bei denen auf einen „nackten“ Umschlag gleich alles gefälschtwurde. Hier sind vielfältige Kombinationen denkbar; einige werden näher vorgestellt.

Wie lassen sich nun solche Verfälschungen, z.B. die nachträgliche Aufbringung einer Anschrift, überhaupt identifizie-ren? Im Einzelfall ist dies nicht immer einfach; es bedarf gar der systematischen Suche und Analyse. Dank derDummheit mancher Fälscher gibt es zuweilen äußere Merkmale, z.B. die Verwendung von Kugelschreiber oderFilzstiften zu einer Zeit, als es diese noch nicht gab, die Verwendung von bestimmten Kugelkopf-Schreibmaschinen-typen oder generell der Schreibmaschine, als diese noch nicht existierten oder aber Phantasieadressen, die in keinem Adress- oder Telefonbuch der jeweiligen Zeit aufzufinden sind.

Eine Adresse mit der Postleitzahl 21 b auf einem Brief aus dem Jahre 1937 kann auch nicht der Wirklichkeit entspre-chen, weil es zu dieser Zeit noch keine Postleitzahlen gab, - eine fünfstellige Postleitzahl im Jahre 1952 wäre ebensowenig sinnvoll.

Zuweilen können Experten in Arbeitsgemeinschaften auch Hinweise geben über aufschriftlose Briefe, die in Mengen

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Abb. 2.1 Abb. 2.2

Page 4: ebay-Briefmarken Fälschungslexikon

bekannt waren und bei Tauschtagen für Kleingeld gehandelt wurden, die dann aber plötzlich eine Aufwertung durchHinzufügung einer Adresse erfahren haben. Auch diese Fälle gibt es!Hinweise auf Ganzfälschungen, bei der auch die Adresse gefälscht wird, ergeben sich häufig schon bei Betrachtungder Umschläge, die aus moderner Fabrikation und Zeit stammen.

Dokumentation 1Abb. 1.1 (fehlt) und Abb. 1.2 (fehlt) zeigen zwei Briefe, die auf den ersten Blick hin wenig miteinander zu tun haben.Der Blankoumschlag mit dem Viererblock der 3 Pf-Marke ist mit dem Sonderstempel NW 7 DelegiertenVersammlung vom 11. Februar 1946 entwertet, der Stempel ist echt, rückseitig befindet sich der Absendervermerk„Zentralbüro für Mineralöl GmbH, Berlin“. Die Mehrzahl solcher Stempeldokumentationen wurde von dem RheydterSammler Gerhard Hein zu Hunderten gefertigt, die Umschläge sind aber nie postalisch befördert worden. SolcheUmschläge kommen heute meist mit nachträglicher Beschriftung vor, was auch für Abb. 1.2 (fehlt) gilt, bei der dieFrankatur zwar portogerecht ist, aber eine postalische Beförderung nicht stattfand. Nähere Erläuterungen zu den hierabgebildeten Belegen und der generellen Problematik findet sich in einem Beitrag von Harry Steinert: „Deutschlandunter Alliierter Besetzung.“ Gedanken zu Merkwürdigkeiten von in Berlin verwendeten Ziffernwerten der erstenKontrollratsserie im Februar 1946, in: philatelie Nr. 259 /Philatelie und Postgeschichte Nr. 180 (März 1998), S. 33-35;

Dokumentation 2Bei diesem Beleg handelt es sich um eine Ganzfälschung,bei der auch die Adresse gefälscht wurde. Abb. 2.1 doku-mentiert die Vorderseite mit einem roten Stempel Kurland,der weder postgeschichtlich noch zeitlich am 1. April 1944möglich war, denn den militärischen Begriff „Kurland“ gabes erst als Kessel ab dem Oktober 1944! Auch die ande-ren Stempel und natürlich auch die Anschrift sind falsch.

Die Rückseite (Abb. 2.2) dieses Briefes macht zwar einen hübsch gealterten Eindruck, aber der Absender vermagauch hier angesichts der vorderseitigen Defizite - nicht zu überzeugen!

Angesetzte Ränder

Unter dem Begriff „Abgeschnittene Zähnung“ wurde schon angesprochen, dass Fälscher bei Marken mitKammzähnung häufig hingehen und rare „Abarten“ schaffen, indem sie die vorhandene Zähnung abschneiden, dafüraber, mindestens an einer Seite, einen neuen, nunmehr ungezähnten Markenrand anfügen.Das Verfahren ist weit einfacher, als man denkt. Im warmen Wasserbad ist Papiermasse so aufzuweichen, dass manzwei Teile des gleichen Papiers mit einem speziell hergestellten Leim zusammenfügen kann. Sofern dies genaugemacht wird, ist diese Reparatur bei Tageslicht nicht zu erkennen, vorausgesetzt, das angefügte Stück ist von dergleichen Papierqualität (z.B. vom Bogenrand eines Blockstückes). Leim und Appretur machen aus den zwei Teileneine scheinbare Einheit, wobei der Fälscher natürlich auch die Alternative hat (wird bei klassischen „Raritäten“ die-ser Art bevorzugt), das ganze komplett zu hinterlegen und mit Leim wasserfest zu machen.Bei klassischen Marken in geschnittener Erhaltung werden auf diese Art und Weise recht zahlreich fehlende Ränderan einzelnen Seiten ausgebessert.

Dokumentation1BRD MiNr. 515, Deutscher Katholikentag 1966

Bei diesem Beispiel schnitt der Fälscher die Zähne der unteren Zahnreihe ab undsetzte gleichzeitig einen neuen „Rand“ an, den er aus Bogenrandmaterialgewann. Bei Vorlage unter Tageslicht ist dies in Abb. 1.1 wohl kaum zu erkennen.Auch die Rückseite präsentiert sich - siehe Abb. 1.2 - nur scheinbar tadellos. Erstbei näherer Betrachtung unter der Fluoreszenzlampe oder - wie in diesem Fall -bei Vergrößerung im PC und Betrachtung mit verschiedenen Farbfiltern (Abb. 1.3) - wird die Reparatur mehr als augenfällig.

Dokumentation 2Lübeck, MiNr. 9, 1863, 1sh, gestempelt

Mit 600 Euro im Katalog ist die Marke nicht ganz billig.Abb. 2.1 und 2.2 belegen die Vorder- und Rückseite derscheinbar einwandfreien Marke. Auf der Markenrückseitesitzt noch ein Falzrest, der bei erhöhtem Kontrast nochsichtbarer wird (Abb. 2.3); bei einer gestempelten Markekein Problem. Abb. 2.4 bringt mit weißem und farbigen

Schräglicht die Konturen der Rückseite noch deutlicher zur Geltung, man sieht die Spuren, die der Falz hinterlassen

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Abb. 2.1 Abb. 2.2

Abb. 1.1 Abb. 1.2 Abb. 1.3

Abb. 2.1 Abb. 2.1 Abb. 2.4Abb. 2.3

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hat, aber auch schon eine Spur rund um das rückseitige Oval, die auffällig wirkt.

Betrachtet man nun die Vorderseite unter der Vergrößerung einer Lupe (bzw.im Bildbearbeitungsprogramm) (Abb. 2.5), stechen die ersten beidenBuchstaben des Wortes „BAHNHOF“ direkt ins Auge; sie wirken seltsamirregulär angeordnet und weisen eine Art leichter Doppelzeichnung auf. Diesist bisher nur eine Vermutung, aber eine erneute Vergrößerung und dieHerausarbeitung bei verschiedenen Farb- und Graufiltern, bestätigt diese.

Man sieht in den Abbildungen 2.6 bis 2.9 deutlich die ursprünglichen Konturen desBuchstabens, die unter den nachgemalten Buchstaben „B“ und „A“ (hier besondersmarkant) liegen.

Bis zu diesem Zeitpunkt scheint das dubiose Stück noch in dieser Gruppe der angesetzten Ränder falsch eingrup-piert zu sein und eher zum Stichwort „Stempel-Teilverfälschungen“ zu gehören. Weit gefehlt. Denn betrachtet mannun den Durchstich - die Marke existiert mit Durchstich 12 und 10 - genauer, so erkennt man in der Abb. 2.10 dieabweichende Unregelmäßigkeit, und zwar am unteren Rand, wo der Fälscher keinen Durchstich, sondern eine plum-pe Ausstanzung vorgenommen hat. Also noch eine künstlich herbeigeführte „Zähnungsfälschung“!

Und der angesetzte Rand? Dieser erschließt sich dem Experten bei der intensivenBetrachtung, wie er sich aus den Abb. 2.11 und 2.12 ergibt: Die Unterschiede in derPapierstruktur des Ovals und rings um das Oval sind zu ahnen. Urteil der BPP-PrüferinMaria Brettl gegenüber einem Auktionshaus, das Wilhelm van Loo dieses herausragendeBeispiel der Fälscherzunft zur Verfügung stellte: „1 sh: Stark repariert, alle Ränder ange-setzt. Meines Erachtens aus Umschlag hergestellt“. Wer hätte das gedacht!

Gerade dieses Beispiel dokumentiert aber auch, dass solche Reparaturen für den Laien kaum nochersichtlich sind, selbst bei guter Hilfsmittelausstattung und PC- Programmen. In die Marke wurde alsoein Mittelstück eingefügt - oder umgekehrt ausgedrückt, diesem Markenoval Ränder angesetzt undalles außerhalb dieses Ovals wurde nachgemalt.

Wer hierzu noch einen weiteren Beweis benötigt, sollte sich die Stempellinien-Übergänge oben undunten näher anschauen. Abb. 2.13, aber auch schon 2.1, belegen dies sichtbar, denn außerhalb desOvals ändern die Linien ihre Struktur. Da hat sich zweifellos jemand viel Mühe gemacht!

Angesetzte Zähne

Was das Ansetzen von Rändern bei geschnittenen Marken ist, das ist das Ansetzen von Zähnen bei unregelmäßigoder schlecht gezähnten Marken. Bis heute ist dies eine der am häufigsten vorkommenden Reparaturen, die ihreBeliebtheit darin findet, dass bestimmte Marken in einwandfrei gezähnter Erhaltung einen hohen Wert haben, aberschlecht gezähnte gleiche Marken nur einen Bruchteil davon. Und, wenn nun schon einmal Zähne fehlen, dannersetzt man diese aus Markenmaterial gleicher Substanz, z.B. einer gleichen Marke, vielleicht ebenfalls schlechterZähnungsqualität. Aus zwei schlechten mach' eben eine gute! Das lohnt sich.

Dokumentation 1BRD, MiNr. 120, 30+15 Pf „Helfer der Menschheit“

Postfrisch steht die Marke mit 100 Euro im Katalog, der komplette Satz mit 150 Euro.Wenn man nun eine zahnlose Marke mit neuem „Gebiss“ versehen kann, dann lohnt derVerkauf auch zu 30 Prozent MICHEL, denn eine solche Reparatur kostet nur Kleingeld.

Bei Tageslicht (Abb. 1.1) ist die Reparatur nicht zu erkennen, aber unter UV-Licht (Abb. 1.2)wird sie sichtbar.

Dokumentation 2BRD, MiNr. 150, 30 Pf. 75 Jahre Otto-Motor

Wer genau hinschaut, wird bei Abb. 2.1 schon bei Tageslicht den Verdacht einerVerfälschung durch angesetzten Zahn hegen, denn die exakte Umrandung des Marken-bildes oben rechts ist unterbrochen, weil offenbar zuviel angesetzt wurde. Der Verdachtbestätigt sich denn auch unter UV-Licht (Abb. 2.2), bei dem der neue Zahn hell leuchtet!

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Abb. 2.5 Abb. 2.6

Abb. 2.10Abb. 2.9

Abb. 2.11

Abb. 2.13

Abb. 2.12

Abb. 1.1 Abb. 1.2

Abb. 1.1 Abb. 1.2

Page 6: ebay-Briefmarken Fälschungslexikon

Dokumentation 3Wer zu Hause bei seiner „Prüferwerkstatt“ sitzt, der hat es mit solchen Hilfsmitteln wie UV-Lampe etc. leichter alsz.B. derjenige, der in halbdunklen Tauschlokalen, bei Börsen und Flohmärkten sein Glück versucht. Und: wer führtschon all diese Gerätschaften mit, selbst, wenn es diese auch in Miniaturausführung gibt?

Zuweilen verrät schon die Lupe bei Tageslicht, dass etwas nicht stimmenkann, wie Abb. 3.1 und Abb. 3.2 belegen. Denn, wer ganz genau hinschaut,erkennt die oberen Eckzähne als minimal weißlicher, besonders im rückseiti-gen Vergleich zum ansonsten eher gelblich wirkenden Gummi. Da „leuch-ten“ die angefügten Eckzähne, von denen Abb. 3.3 einen in der Vergrößer-ung zeigt. Hier wird der Verdacht zur Gewissheit und beweist, dass sich dieMitnahme und der Gebrauch einer Lupe immer auszahlen kann!

Aufdruckfälschungen

In einem Zeitalter, in dem man heute nahezu an jeder Straßenecke oder jedem Copy-Shop Stempel für wenig Geldnachmachen lassen kann oder man - auch nicht allzu schwer - mit einem leistungsfähigen Bildbearbeitungsprogrammdiese von der Marke „abheben“ und dann reproduzieren und billigste Bogenware überdrucken kann, scheint es verständlich, dass nahezu jede Aufdruckmarke von Wert fälschungsgefährdet ist. Häufig sind die Urmarken billigeMassenware und auch heute noch preiswert in Bogenform erhältlich, was die Versuchung nur steigern kann.

Dabei stellt sich schon die Frage, wie man derartige Aufdruckfälschungen feststellen kann. Hier sind sowohl die klassischen Hilfsmittel wie auch der PC nützlich, so dass es drei gängige Prüfalternativen gibt:

Prüfung, ob Form und Gestalt des Aufdruckes zeitgerecht sindPrüfung, ob die Farbe des Aufdruckes dem Original entsprichtPrüfung, ob zusätzliche Merkmale gegen die Echtheit sprechen

Um beim letztgenannten Punkt zu beginnen: Bei einer Marke, die im Original im Buchdruck hergestellt wurde undnun als im Offset hergestellte Marke mit Aufdruck vorliegt, erledigt sich die Prüfung des Aufdruckes von selbst: die-ser kann einfach nicht echt sein, sondern wurde bei der Ganzfälschung einfach mitgedruckt!

Hilfreich für den Sammler ist es immer, sofern es sich um einen Satz mit Aufdrucken handelt, von dem es auch billi-ge Werte gibt, sich einen ganz billigen Wert zu verschaffen (diese werden naturgemäß seltener gefälscht) und die-sen als Vergleichsvorlage zu nehmen. Wer absolut sicher gehen will, kauft - vielleicht in einem Lot - einen geprüftenbilligen Wert.

So besteht die Möglichkeit, die Form und Gestalt von Aufdrucken, aber auch deren Farbe und Ausführung zu verglei-chen. Wenn ein Aufdruck nicht in kursiver Form bekannt ist, dann kann ein solcher auch naturgemäß nicht echt sein.Wenn er in seiner Zeichnung deutlich abweichende Merkmale der Buchstabenführung aufweist, kann er nicht echtsein. Wenn die Schwärzung deutlich vom Original unter der Lupe oder der UV-Lampe abweicht, kann dieser nichtecht sein. Und wenn Streupunkte von Toner sich neben dem Aufdruck befinden - dann spricht dies für einen gutenKopierer, aber nicht für einen echten Aufdruck!

Handstempelaufdrucke mit Gummi- oder Stahlstempeln haben eine ganz spezifische Farbe, die - Jahrzehnte später -nachzuahmen - nur sehr schwierig ist. Im PC unter Farbfiltern werden die Unterschiede schnell deutlich.

All dies sind erste Anhaltspunkte, mit denen man rund die Hälfte aller mehr oder weniger schlecht gemachtenAufdruckfälschungen durchaus selbst identifizieren kann. Zusätzliche Anhaltspunkte geben - bei gestempeltenMarken oder Briefen - häufig die Stempel. Liegt der Aufdruck über oder unter dem Stempel? Das ist eine wichtigeFrage, denn sobald man den Eindruck - z.B. bei starker Vergrößerung - gewinnt, er liegt über dem Stempel, kann erja wohl kaum echt sein! Man glaubt gar nicht, bei wie vielen Briefen und gestempelten Marken man dies selbst miteiner Lupe, Mikroskop oder mit dem PC selbst feststellen kann!

Dokumentation 1Sächsische SchwärzungenDiese Aufbrauchsprovisorien aus dem Jahre 1945 sind bekannt. Es handelte sich um Marken der NS-Zeit, die füreine begrenzte Zeit (RPD Chemnitz - RPD/OPD Leipzig 12. Mai bis 8. August 1945; OPD Dresden 23. Mai bis 20.Juni 1945) bei Schwärzung des Kopfabbildung Hitlers bzw. der NS-Symbole infolge des Fehlens neuer Briefmarkennach Wiederaufnahme des Postverkehrs noch zu verwenden waren.

Selbst der normale MICHEL-Deutschland-Katalog präsentiert unter „Bundesland Sachsen“ eine Reihe der möglichenUnkenntlichmachungen in Form von Klecksstempeln, die in zahlreichen Formen in der Literatur belegt sind.

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Abb. 3.1 Abb. 3.3Abb. 3.2

Page 7: ebay-Briefmarken Fälschungslexikon

Abb. 1.1 dokumentiert ebenfalls zwei Marken. Postfrisch können diese nicht geprüft wer-den, und dies aus einem einfachen Grund: solche damals zur Verwendung gelangtenStempel können auch heute noch jederzeit hergestellt werden!

Dokumentation 2„Deutschlands Verderber“ - Meissen

Auch diese Lokalausgaben sind in zahlreichen Formen fälschungsbekannt, was übrigens -mit Verlaub gesagt - für nahezu alle Not- und Lokalausgaben mit Aufdrucken gilt. Abb. 2.1zeigt eine echte Marke mit echtem Aufdruck, Abb. 2.2 eine Fälschung, erkennbar an dersichtbar abweichenden Form des diagonalen Aufdrucks.

Aber es gibt diesen Aufdruck auch in nahezu korrekter Form aufge-bracht. Abb. 2.3 belegt hier wiederum ein echtes Exemplar, Abb. 2.4 eine Fälschung, die zudem in anderer Aufdruckfarbgebung ausgeführt wurde. Die Abb. 2.5 und 2.6, bei denen mit Hilfe vonFiltern im Bildbearbeitungsprogramm die Farben so verändert wurden, dass der Aufdruck deutlicher im Vergleich sichtbar wurde,dokumentieren, die zwar nicht großen, aber durchaus erkennbaren

Merkmale der Aufdruckfälschung: hier weicht z.B. die Zeichnung des kleinen „s“ sichtbar vom Original ab!

Man sollte sich übrigens nicht von dem wie ein Prüfzeichen wirkenden „Vogel Meissen“ beirren lassen. Vogel selbstwar der Fälscher, der sogar seine Aufdruckfälschungen signierte! Es ist also kein Prüfzeichen!

Dokumentation 3Aufdrucke auf Wertstempeleindrucken bei Ganzsachen werden selbstverständlich ebenfalls gefälscht, zuweilen sindauch diese schon beim optischen Vergleich mit dem Original leicht zu identifizieren.

6 Pf. Postkarte Deutsches Reich / OstlandAbb. 3.1 zeigt den Wertstempelausschnitt des Originals, bei dem der Aufdruck OSTLANDgerade einmal bis zum Buchstaben „S“ von DEUTSCHES REICH reicht. Der Fälscher mach-te sich wenig Mühe, wie man in Abb. 3.2 sieht: nicht nur, dass die gewählte Schriftart fürOSTLAND falsch ist, auch die Größe der Schrift stimmt weder in Höhe noch Breite, dennhier reicht der Aufdruck bis zum Buchstaben „E“ von REICH.

Bei diesem Beispiel sieht man dies schon ohne Hilfsmittel, bei anderen Beispielen, die nicht so augenfällig sind,empfiehlt es sich zu allererst, die Größe eines Aufdruckes millimetergenau zu vermessen. Hierzu leistet eine Lupemit Millimetereinteilung oder das Programm MICHEL-Perfoscop gute Hilfestellung.

Dokumentation 43 Pf, Hitlermarke mit Aufdruck „Feldpost“, sog. „Ruhrkesselmarke“

Experten streiten bis heute, ob es diese Marke in echt gestempelter Erhaltung, zumal aufbeförderten Briefen, überhaupt geben kann. Postfrisch ist sie nicht unbedingt eine Rarität,wird aber dennoch gefälscht, wie Abb. 4.1 im Vergleich zu einem echten Exemplar zeigt.Größe und Schriftführung weichen deutlich vom rechts daneben abgebildeten Original ab.Dann ist selbst ein „Sonderpreis von nur 49,90 DM“ ein „teures Schnäppchen“.

Dokumentation 5Berlin West, Schwarz-/Rotaufdruckserie von 1948/1949 (MiNr. 1-34)Der wohl am häufigsten bei deutschen Marken gefälschte Aufdruck dürfte bei diesen Serien zu finden sein. Es gibtdiesen in unzähligen Ausführungen, wobei viele der einfach gemachten Fälschungen schon bei einem Vergleich mitdem Original zu erkennen sind, wennman die zu Anfang des Stichwortes genannten Kriterien überprüft.

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Abb. 1.1

Abb. 2.1 Abb. 2.2

Abb. 2.3 Abb. 2.4 Abb. 2.5 Abb. 2.6

Abb. 3.1 Abb. 3.2

Abb. 4.1

Page 8: ebay-Briefmarken Fälschungslexikon

Die unterschiedliche Ausformung der Buchstaben ist in Abb. 5.1 beieiner echten und im Vergleich zu Abb. 5.2, bei einer falschen Marke,zu erkennen. Gerade der Buchstabe „B“ von BERLIN ist offenbarmisslungen!

Das hindert Fälscher aber nicht, selbst Aufdrucke kopfstehend zu produzieren (Abb. 5.3), die dannoffenbar eine ganz besondere Rarität darstellen. Hier sind die falsch ausgeformten Buchstaben (manvergleiche einmal das „R“ in BERLIN!) geradezu eine Herausforderung!

Nützlich sind auch hier „Aufdruckschablonen“, also billige echte Marken mit geteiltemAufdruck, die man auf das zu begutachtende Exemplar anlegen kann (Abb. 5.4). Abb. 5.5zeigt einen solchen Vergleich in der Vergrößerung, unten die echte, oben die Fälschung, beider der Aufdruck schon in der Breite der Buchstabenführung nicht stimmt. Denn nicht nurdie Gesamtbreite spielt eine Rolle, sondern auch der Abstand der Buchstaben zueinander,abgesehen von der Einzelausformung!

Wichtig ist jedes Mal dennoch auch die Messung der Aufdruckbreite, die man mit Hilfe des MICHEL-Perfoscopeleicht bewerkstelligen kann, sowie die Prüfung der Aufdruckfarbe. Winzige Millimeterabweichungen bieten hier nichtselten schon erste Hinweise auf eine Aufdruckfälschung.

Dokumentation 61948 All. Kontrollratsausgaben mit Posthörnchenaufdruck, MiNr. 52-68 I/II

Das Pendant zu den gefälschten Berlin-Aufdrucken dürften diese Ausgaben sein,bei denen ebenfalls die Originalmarken ohne Aufdrucke Massenware sind, echteMarken aber teils sehr teuer. Und wenn sie gar als Einheiten einherkommen,dann sind selbst postfrische Marken recht gesucht - vorausgesetzt, sie sind echt.Abb. 6.1 und 6.2 zeigen zwei derartige Viererblocks, die nur einen Nachteil haben:im Gegensatz zu den Originalen, bei denen der Aufdruck im Buchdruck hergestelltwurde, sind diese Aufdrucke aufkopiert. Verbandsprüfer Hans-Dieter Schlegelmeinte dazu gegenüber dem Autor: „Von diesen Machwerken haben wir schonsehr viele zur Prüfung erhalten“. Im Vergleich zu den Originalen fallen aufkopierteAufdruck durch ihre Abweichungen und mangelnde Kontinuität durchaus auf!

Dokumentation 7BRD, Automatenmarken, MiNr. 1 (Serie 1981)

Es gibt auch moderne Aufdruckfälschen und zwar da, wo die Post auch heute systembe-dingt Wertaufdrucke in Wertzeichendruckern auf entsprechendes Wertzeichenpapier bringt.Abb. 7.1 belegt einen Wertbrief (!), dessen Automatenmarke mit einem privat hergestell-ten, also gefälschten Wertaufdruck von 12 Mark versehen wurde. Der Brief ist tatsächlichordnungsgemäß angenommen und befördert worden. Auf die Wiedergabe der Rückseite -und damit der Absenderangabe - wird hier aus Datenschutzgründen verzichtet.

Einrissentfernung

Unsachgemäß behandelte Briefmarken, zuweilen gar unachtsam gelöste Falze oder aus einem Album abgelösteMarken, können ihre Spuren in Form von Markenrandeinrissen hinterlassen haben. In der Skala der häufigst ausge-führten Reparaturen gehören solche Arbeiten sicherlich unter die Top 10.

Für den Reparateur sind solche Arbeiten an der Papiermasse zwar kein Kinderspiel, aber Alltag. Er wird einer Markegleicher Art, die er als „Knochen“ in seinem Bestand hat, Papiermasse entnehmen und damit selbst größere Risse,bei denen Papier fehlt, füllen können. Die Bestandteile werden im präparierten Bad aufgeweicht und dann sozusammengeführt, dass - bei guter Arbeit - kaum Spuren an der Papierstruktur wahrzunehmen sind.

Kritischer Anhaltspunkt sind meist die Ränder des so ergänzten Papiers, bei dem nichts von dem Leim sichtbar wer-den darf, der benötigt wurde, um die Papiermengen zu verbinden. Bei schlechter Reparaturarbeit sind schon einmalPapierverwerfungen zu sehen, die ihre Ursachen in der unterschiedlichen Ausdehnung von geleimten und ungeleim-ten Papier haben, denn die Leimung darf nicht bis an den Rand gehen, sonst würde beim anschließenden PressenÜberstände davon sichtbar sein. Also bleiben einige Zehntel Millimeter ungeleimt - und genau diese könnenanschließend zu identifizieren sein.

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Abb. 5.1 Abb. 5.2

Abb. 5.3

Abb. 5.5Abb. 5.4

Abb. 6.2Abb. 6.1

Abb. 7.1

Page 9: ebay-Briefmarken Fälschungslexikon

Abb. 1 zeigt eine Marke mit einem ehemaligen Einriss, bei der Papiermasse nun diesen Riss ausfüllt. Die stark aufgeraute Oberfläche ist ein Hinweis, ebenso aber die darüber liegende Zähnung, an der noch eine Leimungsverklebung festzustellen ist.

Abb. 2 lässt unter Schräglicht und achtfacher Vergrößerung ebenfalls eine Einriss-Reparatur deutlich sichtbar werden. Wichtig ist hier wiederdas Schräglicht, denn bei normalem Aufsicht-Tageslicht würde man kaumdiese Reparatur, die hier idealtypisch als gestellte Bildmontage gezeigtwird, wahrnehmen können.

Essay-Fälschungen

Was man unter einem „Essay“ verstehen darf, ist in der Briefmarkenkunde genauestens festgelegt. Dennoch haltensich manche Anbieter nicht daran oder sie bieten ihre angeblichen Raritäten unter Begriff wie Entwürfe, Probedruckeu.a. an. Auch hier sind die Definitionen der „Philatelistischen Begriffsbestimmungen“ eindeutig, denn dort steht zulesen:

Diese Produkte aus den Vorstufen der Postwertzeichenherstellung sind keine Postwertzeichen, da sie grundsätzlichnicht zur postalischen Verwendung bestimmt sind. Sie können deshalb in ihren Formaten schwanken. Dazu gehören:

a) Entwürfe für neu auszugebende Postwertzeichen, die meist größer als die endgültigen Marken sind und gezeichnet oder im privaten Auftrag des Gestalters gedruckt werden (private Essays).

b) Andrucke sind Drucke, die meist auf unterschiedlichen Papieren vor Beginn des eigentlichen Markendrucks hergestellt werden, um die Druckmaschine nebst Farbwerken auf ihre ordentliche Funktion und die Druckform auf Sauberkeit usw. zu überprüfen. Hierzu gehören auch Phasendrucke beim Mehrfarbendruck.

c) Maschinenproben dienen im Unterschied zu den Andrucken nicht der unmittelbaren Vorbereitung des Drucks bestimmter Postwertzeichen, sondern lediglich der Erprobung insbesondere neuer oder reparierter Druckmaschinen durch Herstellung markenähnlicher Drucke. Dazu können eigens dafür hergestellte oder aber auch Druckformen früherer Markenausgaben in unveränderter oder veränderter Form verwendet werden.

d) Essays sind im postalischen Auftrag hergestellte Vorlagen in abweichender Zeichnung, um unter den eingeholten Entwürfen für neue Postwerteichen die am besten geeigneten zu finden.

e) Probedrucke sind letzte Versuchsdrucke vor Beginn des eigentlichen Auflagendrucks zwecks nochmaliger Überprüfung der Druckform und Farbwirkung und zeigen die endgültige Zeichnung (gegebenenfalls in einer anderen Farbe, Wertstufe, einem anderen Druckverfahren oder einer anderen Druckausführung).

f) Postwertzeichendrucke, die zur Ausgabe als Postwertzeichen vorgesehen waren, aber aus unvorherseh-baren Gründen (häufig aus politischen oder gestaltungstechnischen Gründen) vor Ausgabe zurückgezogen wurden, gelten als nicht zur Ausgabe gelangt. Sie werden in Katalogen unter einer gesonderten (römischen) Nummerierung als Postwertzeichendrucke aufgeführt.

Die genannten Vorstufen b) bis f) werden mit Attesten oder Befunden versehen.

Diese Klarheit hindert dubiose Anbieter aber nicht, trotzdem derartiges Material - häufig mit dem Hinweis, dass nurwenige Stücke bekannt sind - auf den Markt zu bringen, nicht selten als Fälschung eines Original-Essay, häufig aberauch als Phantasiedrucke und Zusammenstellungen, die es in dieser Form nie von einer Postverwaltung gegebenhat. Da es sich ja nicht um amtliche oder offiziell veranlasste Postwertzeichen handelt, laufen diese Anbieter nichtGefahr, wegen juristisch relevanter Fälschung angeklagt zu werden.

Solche Produkte bleiben aber was sie sind: private Nachdrucke oder Vignetten ohne jeden kommerziellen Wert! Essind - sofern sie nicht eindeutig gekennzeichnet sind - Fälschungen!

Abb. 1-4 dokumentieren derartigeFälschungen aus dem „StudioAlbrecht„ in Berlin, Abb. 5 scheintauf den ersten Blick der zuvorerwähnten Ziffer (f) zuzuordnen zusein, zumal der Anbieter diesem„guten Stück„ sogar einen

Kopienausschnitt aus einem MICHEL-Katalog beilegte, der diesen Druck mit einem Wert von 120 DM bezifferte.

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Abb. 1

Abb. 2

Abb. 1 Abb. 4 Abb. 5Abb. 3Abb. 2

Page 10: ebay-Briefmarken Fälschungslexikon

Die nähere Analyse ergibt, dass es sich um einen billig und einfach gemachten Offsetdruck der „Marken“ handelt,er wurde nicht von der LPD Berlin, sondern privat herausgegeben und bei dem angeblichen MICHEL-Katalog handeltes sich um einen seit mehr als 20 Jahren vergriffenen MICHEL-Spezialkatalog für Vignetten und privateDruckerzeugnisse, der seitdem nicht mehr weitergeführt worden ist.

Das letzte Beispiel - Abb. 6 - täuscht ebenso. Die Beschreibung des Anbieters legt nahe:„Nicht zur Ausgabe gelangter Entwurf zum Jubiläum ‚30 Jahre Luftbrücke 1978' in Blockform.Seltenes Schaustück für die große Berlin-Slg.! Sonderpreis nur 49,90 DM“. Die Tatsache ernüchtert, denn natürlich ist auch dies kein Essay, sondern nichts anderes alseine private Vignette, die weder von der LPD Berlin noch von einer anderen damaligen amtli-chen Institution herausgegeben wurde, auch wenn ein rückseitig auf der Marke aufgedruckterHinweis „Der Landespostdirektion Berlin eingereichter Entwurf ....“ dies nahe legen soll.

Um nicht missverstanden zu werden: Hier werden nicht Vignetten kritisiert, sondern der mit solchen privat gedruck-ten Erzeugnisse erweckte Eindruck, es handele sich um „amtliche“ Entwürfe, die nicht zur Ausgabe gelangt sind.Sofern solche Produkte nicht exakt als „private Entwürfe“ mit den dafür notwendigen Angaben gekennzeichnet sind,handelt es sich um Fälschungen! Siehe auch Stichwort: Vignetten!

Farbverfälschungen

Wenn heute Farbverfälschungen eigentlich vergleichsweise selten als bewusst hergestellte Fälschung vorkommen,dann dies wohl nur aus einem einzigen Grund: nach 160 Jahre Philateliegeschichte weiß man einfach, was existiert,was es an Haupt- und Untersorten gab und diese haben alle eine Katalogisierung gefunden, die jedermann bekanntist.Mit solchen vermeintlichen Abarten, z.B. einer blauen Posthornmarke der Bundesrepublik zu 10 Pf., kann man viel-leicht noch einen Anfänger täuschen, aber keinen fortgeschrittenen und katalogfesten Sammler. Problematischer ist es bei Marken, die tatsächlich in deutlich verschiedenen Farbtönungen belegt und katalogisiertsind. Die technische Entstehungsmöglichkeit ist durchaus geklärt, denn schlecht verrührte Farben, die ja früher auchaus Farbmischungen (z.B. blau und gelb) zusammengemischt wurden, können nachweislich aufgrund unterschiedli-cher spezifischer Gewichte der einzelnen Farbbestandteile (gelb hat z.B. ein schwereres spezifisches Gewicht) zuAbsetzungen führen. Wird dann die ungerührte Farbe nach längerer Zeit wieder aufgetragen, erhalten die Marken imDruck einen deutlich abweichenden Farbton. Auch unterschiedliche, vielleicht gar fehlerhafte Farb-Lieferungen kön-nen vergleichbare Folgen haben.So ist es das Bestreben der Fälscher, gerade in Fällen, bei denen eine Farbtönung signifikant teurer im Katalog wer-tet als die andere, solche Farbtönungen chemisch, z.B. durch Lösungsmittel, zu bewirken. Im Einzelfall dürfte es beilosen Marken nicht einfach sein, diese Verfälschung nachzuweisen; hilfreich ist allerdings immer der Aspekt, ob derunbedruckte Markenteil - im Vergleich zum Original oder zum Papier der billigen Farbtönungssorte - ebenfalls eineVeränderung aufweist.

Dokumentation 1BRD, MiNr. 128, 1951, 10 Pf. Posthorn

Die Marke wurde laut Katalog in dunkelgrüner Farbe herausgegeben, wie Abb. 1.1beweist. Es existieren zahlreiche, häufig schon durch Sonnenbestrahlung in den Farbtonblau verfärbte Marken (Abb. 1.2). Generell sind grünfarbene Marken unter längererLichteinwirkung leicht in blaufarbene zu verfärben, so dass solche Exemplare in der Regelals leicht zu erkennende Fälschungen einzustufen sind.

Dokumentation 2Deutsches Reich, MiNr. 122, 20 Pf, Bayern-Abschiedsausgabe 1920/21

Die 20 Pf.-Marke wurde in braunviolett-Tönen herausgegeben,die durchaus schwanken können (Abb. 2.1). Allerdings Rosa-Farbtöne - siehe Abb. 2.2 sind nicht echt, wie leicht zu sehen,denn die gesamte Marke wurde chemisch verändert, das Blauentfärbt, damit aber auch der weiße Zähnungsrand leicht ein-gebläut. Abb. 2.3 zeigt eine gelungene Entfärbung, wobei dierosa-farbene Marke falsch ist.

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Abb. 6

Abb. 1.1 Abb. 1.2

Abb. 2.1 Abb. 2.2 Abb. 2.3

Page 11: ebay-Briefmarken Fälschungslexikon

Dokumentation 3Thüringen 1946, MiNr. 114

Die vollständige Farbvergleichstafel eines Prüfers belegt die beispielhaftmöglichen Farben, die unter chemischer Einwirkung bei dieser Markeentstehen können (Abb. 3.1). Vergleichsweise ist dies ist mit einer Rekonstruktion bei einerEinzelmarke dargestellt (Abb. 3.2).

Dokumentation 4Deutsches Reich, 6 Pf.-Postkarte

Diese Postkarte wurde in Massenauflagen auf minderwertigem Papier überJahre hinweg gedruckt. Die Wertstempel kommen, wie Abb. 4.1 dokumen-tiert, in zahlreichen Farbtönungen vor. Dies mag einerseits an kriegsbeding-tem Material (Papier, Farbe) liegen, wohl aber auch an den seither eingetrete-nen Alterungsprozessen, die ihre Spuren mit der Veränderung von Papier undDruckfarbe hinterlassen. Bei solchen billigen Karten hat sich kein Fälscher versucht, es sind aber auch keine katalogisierenswerten Farbabarten.

Fehlende Zudrucke

Das Stichwort „Aufdruckfälschung“ wird in der Regel ja so betrachtet, dass auf eine Marke ohne Aufdruck ein sol-cher appliziert wird, so dass eine verfälschte Marke mit Aufdruck entsteht. Grundsätzlich ist auch das umgekehrtedenkbar, wenn Aufdruckmarken billig und in Mengen vorhanden sind, daraus aufdrucklose zu produzieren, die sehrselten sind. Sie könnte man dann als rare Abarten „Marken ohne statt mit Aufdruck“ in den Handel bringen.

Derartige Fälle sind allerdings vergleichsweise selten, da das normale eben immer die Marke ohne Aufdruck ist.Wohl gibt es natürlich bei Aufdruckmarken zahlreiche Verstümmelungen und Mängel, z.B. fehlende Buchstaben u.ä.,bei denen sich Fälscher schon gerne versuchen.

Unter „Abartenfälschung“ fällt allerdings der hier zu behandelnde Teilaspekt, bei dem Zudrucke, z.B. bei Blocks,nachträglich entfernt werden, so dass nur das Markenbild sichtbar ist. Solche Abarten sind bei einer Reihe vonBlocks durchaus bekannt und sie basieren auf dem technischen Fehler, dass der Markenbilddruck und der Druck derRandbeschriftung bei Blocks nicht immer in gleichen Farben bzw. - seltener - nicht in einem Druckvorgang vorge-nommen wurde.

Mit chemischer Einwirkung oder leichtem Abtragen der Papierschicht wird dann versucht, diese Randbeschriftung zuentfernen.

Dokumentation 1BRD, Block 16, 1978, MiNr. 959-961

Abb. 1.1 dokumentiert einen normalen Blockim Vergleich zur vermeintlichen Abart(Abb.1.2). Auf den ersten Blick ist nichtsabsonderliches zu erkennen. Sobald man aberden Block unter die UV-Lampe legt (Abb. 1.3),bemerkt man, dass durch chemische

Manipulation die Beschriftung entfernt wurde. Dabei rückte der Fälscher dem Papier so hart zu Leibe, dass gleichauch noch deutliche Stellen der Fluoreszenzausstattung des Papiers Schaden nahmen.

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Abb. 3.1

Abb. 3.2

Abb. 4.1

Abb. 1.1 Abb. 1.2 Abb. 1.3

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Ganzfälschungen - Blocks

Blocks, gerade wenn sie mit ungezähnten Marken herausgegeben werden, sind leicht zu fälschen. Sofern dasursprüngliche Druckverfahren nachgeahmt wurde, bleiben nur die Merkmale Farbe, Papier und Gummierung, um dieFalsifikate zu erkennen. Gegen Billigproduktionen hilft aber auch schon die Kenntnis der Druckverfahren und derGebrauch der Fluoreszenzlampe.

Man möchte eigentlich meinen, dass solche Ganzfälschungen seit Jahrzehnten keine Chance mehr haben sollten;dennoch weit gefehlt. Wer das Internet aufmerksam verfolgt, aber auch auf Flohmärkten, selbst bei Auktionen imAusland Angebote betrachtet, wundert sich immer wieder, was es nicht so alles gibt. Da werden selbst primitiveFälschungen als echte Ware angeboten, wenn man „Glück“ hat, steht vielleicht noch „ohne obligo“ dabei, wasnichts anderes bedeutet als das, dass der Anbieter genau um die Fälschung weiß. Von marketingtechnischenAspekten sind Angebote sog. Fälschungssammlungen oder gefälschter Blocks auch nicht ohne, denn sie stehen inkeinem Preis-Leistungsverhältnis. Wer erlebt, dass bei einem bekannten Internet-Auktionshaus auf ausgewieseneBerlin-Block 1-Fälschungen nahezu stetig bis zu 5 Euro geboten werden, wer weiß, dass die Druckproduktionskostenfür solche Fälschungen Cent-Artikel sind, der kann sich leicht ausrechnen, was Fälscher selbst für ein Geld verdienen, wenn sie offen deklarierte Fälschungen anbieten.

Für die Erkennung - das sei noch einmal wiederholt - ist die Kenntnis der Merkmale des Druckverfahren und die übliche Hilfseinrichtung wichtig.

Dokumentation 11994 machte der Bielefelder Auktionator Reiner Baumotte von sich reden, der Interessenten seine „Siam-Tiger-Produktion“ anbot. Diese enthielt zahlreiche Positionen, die in Thailand hergestellt wurden.

Berlin, Block 1, 1949, MiNr. 68-70Abb. 1.1 zeigt einen Blockausschnitt, die Marken sind sauberst feingestempelt, auf den ersten Blick kaum etwas Ungewöhnliches. Abb. 1.2zeigt zu diesem Block einen tatsächlich echten (untere Teilabbildung) imVergleich zu dem Falsifikat (obere Teilabbildung). Deutlich schon hier dieleicht abweichenden Farbtöne: bei der 10 Pf-Marke wirkt der Grüntonder Fälschung viel intensiver, auch dem Blau fehlt die Helligkeit.

Die vergrößerte Betrachtung beider genannter Marken - Abb. 1.3 und Abb. 1.4 - lässt diese Farbunterschiede noch stärker in Erscheinung treten,wobei die nähere Analyse auch ergibt, dass bei den gefälschten Blocks dieZähnung nur aufgedruckt, also nicht wirklich durchgezogen ist! Allerdings istes selbst für Amateurfälscher kein Problem, dank der aufgedrucktenZähnung daraus eine künstliche Neuzähnung zu machen, so dass man sichausmalen kann, dass diese Falsifikate auch gezähnt vorkommen.

Beide, Original wie Fälschung, sind im Offsetdruck hergestellt, aber die Qualitäten wei-chen deutlich voneinander ab, wie bis zu 40-fache Detailvergrößerungen jeweils imVergleich belegen. - Abb. 1.5/1.6 und Abb. 1.7/1.8 - Bei den Fälschungen fallenRasterstreupunkte und die abweichende Anlage der Raserwinkel für die Rasterpunkteleicht ins Auge - wenn man denn unter's Mikroskop schaut!

Dokumentation 2Alliierte Besetzung, Gemeinschaftsausgaben, Block 12A, 1946, MiNr. 924A-929AMit 60 Euro ist der Block postfrisch nicht gerade eine Seltenheit, wohl aber leichte Beute für Fälscher. Dennoch lassen sich auch aufgrund unterschiedlicher Druckverfahren viele Fälschungen leicht identifizieren.

Abb. 2.1 zeigt zwei Blocks im Vergleich, oben einen echten Block,im Buchdruckverfahren hergestellt, unten eine Fälschung imOffsetdruck. Die Farben variieren, besonders deutlich bei der mittleren 40 Pf-Marke. Die klare Ausprägung des Buchdruckeszeigt das Falsifikat nicht. Bei falsch gestempelten Blocks (Abb. 2.2), die man ohneVergleichsmaterial sieht, mag dies auf den ersten Blick nicht auffal-

len, aber spätestens der zweite Blick mit Schräglicht und Lupe dürfte anzeigen, dass der Stempel mit aufgedruckt istund weder die für einen Stempel typische Farbe noch seine Durchdruckspuren auf der Rückseite hinterlassen hat.

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Abb. 1.1 Abb. 1.2

Abb. 1.3 Abb. 1.4

Abb. 1.5 Abb. 1.6

Abb. 1.7 Abb. 1.8

Abb. 2.1 Abb. 2.2

Page 13: ebay-Briefmarken Fälschungslexikon

Erhellend ist der Detailvergleich, der - siehe Abb. 2.3 - die Folgen der unterschiedlichenDruckverfahren überdeutlich macht. Rasterpunkte im Offset, klare Fläche im Buchdruck!Und wer dann noch absolut sicher gehen will und die beiden Blocks unter der UV-Lampebetrachtet, der wird den Unterschied in Abb. 2.4 „blau auf weiß“ sehen: das Papier des

echten (oberen) Blocks ist hell, dünn und fast transparent, dasder Fälschung dicht und undurchlässig. Bei der Fälschung„quarzt“ (oszilliert) die orange Farbe kräftig. Abb. 2.5/Abb.2.6

Dokumentation 3Das dritte Beispiel -siehe Abb. 3.1 - könnte auch unter Phantasiefälschung einzuordnen sein, denn diesen Block - soähnlich er auch dem vorgenannten sehen mag - gibt es natürlich nicht. Andererseits sind die Marken tatsächlich

echt! Auch der Sonderstempel ist echt! Aber die komplette Blockgestaltung ist falsch! Des Rätsels Lösung: Auf einen gefälschten Blockrahmen wurden echte Marken und Stempel appliziert!Wie schrieb R. Baumotte 1994: „Wenn Sie möchten, drucken die in Thailand Ihnen alles ...Die Qualität weicht jedoch vom Original ab“. - Ohne weitere Worte!

Ganzfälschungen - Briefe/Ganzstücke

Bei Ganzstücken von einer „Ganzfälschung“ zu sprechen, bedeutet nicht unbedingt, dass z.B. der Briefumschlaggefälscht ist, sondern primär, dass alles, was sich auf diesem Umschlag befindet, Marke, Stempel, Anschriften etc.falsch sind. Es kann auch bedeuten, dass diese aufgebrachten Objekte zwar echt sind, aber dort nicht ihrenursprünglichen Platz haben. Gerade solche Verfälschungen sind vergleichsweise häufig.Im Einzelfall sind die Marken für sich gesehen häufig echt, aber mit falschen Stempeln versehen, aber es kommennatürlich auch Briefe vor, die mit Markenfälschungen beklebt sind, bei denen nur der - vielleicht sogar sichtbar ange-brachte Hinweis - FAUX oder dergleichen dann durch einen übergehenden Stempel so abgedeckt sind, dass mandiesen nicht auf den ersten Blick bemerkt.Die Vielfalt ist also unendlich, wie einige Beispiele zeigen werden. Hilfreich zur ersten Erkennung sind:

Die Prüfung der Angaben zur Marke und Herstellungsverfahren etc. im KatalogDie Prüfung des Stempels, besonders des DatumsDie Prüfung der anderen Briefbestandteile

Es ist verblüffend, wie viele Kombinationen sich an kleinen Fehlern der Fälscher, die zuweilen nicht über das philate-listische Spezialwissen verfügen, erkennen lassen!

Dokumentation 1Feldpost-Zulassungsmarke Nr. 3 für 2kg Päckchen Richtung Heimat - Front

An diesem Ausschnitt - Abb. 1.1 - stimmt so gut wie alles nicht, denn die Marke erschien ab24. November 1944, der Stempel zeigt aber ein Stempeldatum vom 5. November 1943 (!)an. Der Wahrscheinlichkeit vorgenommener Sendungen (Bestimmung: Winterbekleidung fürSoldaten an der Front) hätte eine Beifrankatur entsprochen, denn das Porto war nur für einGewicht bis 250g so möglich; eine Beifrankatur, bis 1 kg 20 Pf., bis 2 kg: 40 Pf) fehlt. Dafürist der Dienstpoststempel des Empfangsgebietes statt des korrekten Abgangsstempels inder Heimat vorhanden! Das Feldpost-Dienstsiegel mag sich zwar gut ausmachen, gehörtaber ebenso wenig dahin, sieht man einmal von der Tatsache ab, dass diese Einheit imNovember 1943 nicht in der Ukraine war, sondern bei Siegburg!

Dokumentation 2Brief aus Kurland nach Uelzen, gestempelt 29.4.1945Ein schwierigeres Beispiel, denn dieser Brief - Abb. 2.1 - sieht wirklich echt aus. Beim Vergleich mit anderenBriefstempeln dieser Art ergaben sich in Form und Farbe aber kleine Abweichungen, die darauf schließen lassen,

dass der Stempel aus Kurland mitgenommen und später abgeschlagen wurde.Hierfür sprechen weitere Details: Bisher ist kein RAD-Lager in Ebsdorf nachgewiesen. EinePostbeförderung kann nach dem 29. April 1945 nach Deutschland nicht mehr stattgefundenhaben. Der Ort Uelzen ist - höchst ungewöhnlich! - „Ülzen“ geschrieben!Dem Experten ist darüber hinaus bekannt, dass es zahlreiche Kurlandschnellbrief-Fälschungen vom Januar und Februar 1945 gibt, die alle als Absender/Adressat den Namen„Lödding“ tragen.

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Abb. 2.3 Abb. 2.4

Abb. 2.5 Abb. 2.6

Abb. 3.1

Abb. 1.1

Abb. 2.1

Page 14: ebay-Briefmarken Fälschungslexikon

Dokumentation 342 Pf, MiNr. 930, All. Besetzung - Gemeinschaftsausgabe, gestempelt 24.1.1946 Parchim

Abb. 3.1 und 3.2 zeigen die Vorder- und Rückseite eines R-Briefes, bei dem sowohl die Stempel wie der Not-R-Zettel aufden Brief fabriziert wurden. Wer in den Katalog schaut, wird alsAusgabedatum der Marke den 11. Februar 1946 finden; einStempeldatum vom 24. Januar 1946 ist also gar nicht möglich!

Ganzfälschungen - Ganzsachen

Ganzsachen nachzudrucken, ist für einen Fälscher keine technische Herausforderung. Für ältere Ganzsachen bestehtdas Problem nur in der möglichst gleichen Wahl des Druckverfahren (früher häufig im Buchdruck!) und in der Wahleines identischen Papieres. Ganzsachen aus Kriegs- und Notzeiten sind in der Regel auf holzhaltigen, sämischfarbe-nen Papier gedruckt, das heute nicht leicht nachzuahmen ist.Dafür ist der Markt aber überschwemmt von Ganzsachen- und Bildpostkartenfälschungen aus der Zeit des DrittenReiches, die sich heute als Propagandakarten oder Militaria - besonders auch im Ausland - hoher Beliebtheit erfreu-en und teuer bezahlt werden. Manche dieser Fälschungen sind so plump, dass man sie schon auf den ersten Blickerkennt, andere allerdings auch deutlich besser gemacht. Auch hier hilft in erster Linie der gesunde Menschenverstand, die Kenntnis der Druckverfahren und ihrer Merkmalesowie die Betrachtung des Papiers im Vergleich zu Originalen. Dies alles nützt natürlich nicht bei denGanzfälschungen, die Georges Fouré auf Original-Papier mit Original-Wertstempeln und Stempeln der Zeit vorge-nommen hat bzw. vornehmen ließ: an diesen ist ja alles „echt“, nur nicht der Zeitpunkt der Fabrikation. DieseUnterschiede zu erschließen, dürfte nur dem erfahrenen Prüfer und Experten möglich sein.

Dokumentation 1Propagandakarte, Churchill

Abb. 1.1 dokumentiert sichtbar, was man aus einem angegebenen Nachdruck eines Originalsleicht mit einem Radiermesser machen kann: eine Fälschung, denn bei der oberen Karte istdas Wort Nachdruck nicht mehr ersichtlich, so dass ein leichtgläubiger und wenig erfahrenerSammler davon ausgehen muss, dass er eine Karte mit Absendervermerk vor sich liegen hat.

Ganzfälschungen - Gemalte Marken

Das Thema „Ganzfälschungen - Marken„ wird eigentlich erst als nächstes behandelt. Wenn dieser Einzelfall„Gemalte Marken„ vorgezogen wird, dann auch wegen seines absoluten Ausnahmecharakters, die aus diesenFälschungen wirkliche Kunstwerke machen, die wohl in der Regel nur als Einzelexemplare existieren.Die Teilnehmer trauten ihren Augen nicht, als BPP-Prüfer Hans-Georg Schlegel bei dem BPP-Jahrestreffen 2002 eineVorlage herumreichte und lächelnd in die Gesichter all der Experten schaute, die es nicht für möglich hielten, was siesahen: eine klassische Marke, die komplett gemalt war! An Stempelnachmalungen, selbst an komplett gemalteStempel waren diese Fachleute ja gewöhnt, aber eine klassische Marke so nachmalen, dass sie mit dem Auge vomOriginal kaum zu unterscheiden ist? Das hatten die meisten wohl noch nicht gesehen und deshalb soll diesemAusnahmestück hier auch ein dokumentarisches Denkmal gesetzt werden.

Dokumentation 124 sk Schweden 1855, gestempelt Stockholm 10.12.1857

Die Marke ist vollflächig gemalt, ebenso ist der Stempel gemalt. Es handelt sich um eineGanzfälschung, von der die ursprüngliche Prüferin Helena Obermüller-Wilén in ihrem Attest schreibt:„Sehr schön gemacht“. Abb. 1.1

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Abb. 3.1 Abb. 3.2

Abb. 1.1

Abb. 1.1

Page 15: ebay-Briefmarken Fälschungslexikon

Ganzfälschungen - Marken

Die Zahl dieser Ganzfälschungen ist Legion, wohl keiner kann sie heute mehr überschauen. Und selbst Fachprüfernbegegnen ständig neue, ihnen noch nicht bekannte Exemplare und Ausführungen, was auch zeigt, dass Fälscher ihrWerk ununterbrochen weiter betreiben. Gerade für solche Fälschungen gilt allerdings das, was schon mehrfach gesagt wurde: Druckverfahren vergleichen,nach deren typischen Merkmalen suchen, Papier und Farben vergleichen, Zähnungen und Stempel prüfen. In vielenFällen, natürlich nicht in allen, wird man als eigene Vor-Clearingstelle gerade die massenhaft verbreiteten Exemplareerkennen, die aus bescheiden gemachten Massenproduktionen stammen.

Dokumentation 1Deutsches Reich, 1 RM lebhaftrot, MiNr. 455, Luftschiff Graf Zeppelin

Abb. 1.1 zeigt in mehrfacher Vergrößerung zwei Marken, die schon auf demersten Blick sehr unterschiedlich wirken. Schaut man in den Katalog, findetman als Druckverfahren für das Original „Rastertiefdruck„ angegeben, was javielleicht dem weniger Erfahrenen nahe legen mag, die untere Marke sei auf-grund ihres groben Rasters die Fälschung. Weit gefehlt, denn die obere istecht! Beim Rastertiefdruck ist nie ein solches grobes undifferenziertes Rasterzu sehen, die Flächen wirken im Rastertiefdruck gerade wegen der meistgleich großen Rasterpunkte eher verschwommen und leicht unscharf! Der Vergleich von zwei anderen Marken dokumentiert dasselbe Bild: diegestempelte echte Marke Abb. 1.2 ist im RaTDr produziert, zeigt ein weichesBild, die Fälschung in Abb. 1.3 wurde im Offsetdruck hergestellt, wobei dasRaster selbst deutlich an den Buchstaben der Beschriftung in der Vergrößerung

als Unterschied zu sehen ist. Erhellend ist Abb. 1.4, die die Marken unter UV-Licht zeigt. Das Papier der unteren, falschen, im Offsetdruck gedruckten Marke zeigt Weiß-Aufheller, der für das gestrichene Papier des Originals vor 70 Jahren noch nicht bekannt war. Bei solchen „Einsichten“ braucht man dann schon gar nicht mehr über dieEchtheit des Stempels zu diskutieren.

Dokumentation 212+28 Pf., MiNr. 22, Mecklenburg-Vorpommern, 21.10.1945

Das Original der Marke ist in diversen Farbtönungen bekannt, die von lebhaftrot bis dunkel-rot, selbst bis orangerot reichen. Abb. 2.1 zeigt ein solches Original, das eine Linienzähnungvon 10 ¾ aufweist und im Buchdruck hergestellt wurde.Die abweichende Zähnung der Fälschung - siehe Abb. 2.2 - könnte ja nahe legen, dass hiernur die Zähnung verfälscht wurde, denn auch diese „Marke„ wurde im Buchdruck produziertund wirkt vom Format an den Rändern nur kleiner. Verstand es der Fälscher, die

Linienzähnung noch vergleichsweise regelmäßig nachzuahmen, so weist das Markenbild bei näherer Betrachtungjede Menge Unterschiede der Ausgestaltung der Ziffern und Buchstaben aus. Man achte einmal auf die Wertziffer„12“ im Vergleich oder auf den Abstand von „21.10.1945“ zum Markenbild!

Dokumentation 3Deutsches Reich 1912, Flugpostmarken, MiNr. V/VI

Die Unterschiede zwischen Original (Abb. 3.1) und Fälschung (3.2) sind hier natürlich schnellersichtlich, zumal das Falsifikat noch den Hinweis „Copy„ am unteren Bildrand aufweist (deraber häufig für weitere Verfälschung mit dem Radiermesser entfernt oder durch einen aufge-setzten Stempel überdeckt wird).Die Linienzähnung 11½ stimmt bei der Fälschung nicht, der Markenrand ist viel zu groß (könn-te bei Linienzähnung aber durchaus vorkommen) und das Druckbild wirkt abweichend.Originale sind im Buchdruck hergestellt, die Fälschung einmal mehr im Offsetdruck.Der Verlust an Schärfe ist bei Abb. 3.2 sehr gut in der mangelhaften Punktierung derHintergrundlinien im Oval zu sehen, auch wirkt die Schraffierung der Brieftaube nicht so klarstrukturiert, diese laufen eher zu.

Der Offsetdruck vermag auch nicht die Intensität des Aufdrucks E.E.L.P. in der Farbdichte des Schwarztons wieder-zugeben, wie Abb. 3.3 des echten und Abb. 3.4 des falschen Aufdrucks in der starken Vergrößerung anzeigen.

Gummi(ver)fälschungen

Eigentlich sind es ja Sammler und Händler selbst schuld, denn der häufig beschworene „Postfrischwahn“ hat dazugeführt, dass große Teile der Altbestände von Falzmarken zunehmend mehr entwertet wurden, und kaum noch handelbar waren, es sei denn als Ausgangsmaterial für vorzunehmende Neugummierungen. So werden seit Jahrzehnten nahezu alle Falzmarken, die als postfrische Marken einen Marktwert haben, neugummiert, wobei in der Regel der Falz oder Falzrest abgenommen und die alte Gummierung abgewaschen wird,

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Abb. 1.1 Abb. 1.2

Abb. 2.1 Abb. 2.2

Abb. 3.1 Abb. 3.2

Abb. 3.3 Abb. 3.4

Abb. 1.3 Abb. 1.4

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um dann eine völlig neue aufzutragen. Spuren dieses Vorgangs sind dann nicht nur an den Zähnungsrändern, sondern auch an abweichender Gummistruktur (da vollbringen heutige Fälscher aber wahre Wunderdinge!) und anden fehlenden Merkmalen des Drucks auf der Gummierungsseite zu erkennen. Andererseits sindNeugummierungen der letzten Jahre häufig so perfekt ausgeführt, dass zuweilen nur noch der Experte diese wirk-lich erkennen kann. Dem Sammler aber hilft es schon, die weniger gut gemachten Fabrikate auszusortieren.

Ein Wort in diesem Zusammenhang muss auch den vielfach verbreiteten Vignetten vonVereinen, Verbänden und namhaften Firmen gelten, die nicht selten als kostenlose Give-awayseinfach nur Freude stiften sollen, im Einzelfall aber auch für Fälschungen missbraucht werden.Man entfernt mit dem Papiermesser den rückseitigen Aufdruck (z.B. Faksimile 1984), gummiert die Marke neu und hat ein bestens gedrucktes und gezähntes scheinbares Original. Abb. 1.1 und 1.2

Während früher Neugummierung häufig mit der Hand aufgetragen wurde und insofern diese „Handarbeit“ auchleichter zu erkennen ist, wird dies in der Gegenwart mit speziellen Maschinen nahezu perfekt und in großerSchnelligkeit erledigt. Dennoch sind einige altvertraute Ratschläge auch heute noch sinnvoll:

Vergleichen Sie im Schräglicht die Gummistrukturen echter und evtl. falscher Marken. Bei entfalzten Marken kann man zuweilen noch den Schatten des ursprünglichen Falzes in der Gummireliefstruktur sehen!Nachgummierte Marken weisen zuweilen noch „harte Zahnspitzen“ auf (Profis arbeiten diese mit Sandpapier weg, was man aber meist nur unter der Lupe erkennen kann!)Achten Sie auf Gummireste zwischen den Zahnlöchern; so etwas kommt bei maschineller Fertigung von echten Marken nicht vor!Nachgummierte Marken sind oft schwerer und fallen aus 30 cm Höhe schneller und ohne sich zu drehen auf einen Tisch!Bei Stichtiefdruckmarken fehlt meist das Relief der Bildseite auf der neugummierten Rückseite!Neugummierte Marken rollen sich auf, was durch Brechung der Gummierung verhindert wird. Davon können noch Brüche und (Haar-)Risse unter der Lupe sichtbar sein!

Dokumentation 1BRD 1952, 70 Pf-Posthorn, MiNr. 136

Ausgangspunkt für den Fälscher ist häufig die Originalmarke mit Falz (Abb. 1.1). Siehtman Abb. 1.2 im normalen Auflicht daneben, sind die Unterschiede noch nicht sehrdeutlich, es fällt wohl aber schon auf, dass sich der vorderseitige Stichtiefdruck offen-bar nicht mehr ganz so stark durchprägt. Diese wesentliche Folge und Anzeichen füreine Neugummierung wird in der Vergrößerung bestätigt. Abb. 1.3 belegt diesenUnterschied: bei der oberen echten Marke drückt sich die Beschriftung durch, währendbei der unteren nachgummierten Marke davon kaum noch etwas zu sehen ist.

Dokumentation 2Studie zu Markenrückseiten

Marken mit vorderseitig im Druck eingeprägten Medaillon hinterlassen bei Originalen sichtbareSpuren auf der Rückseite, die bei der Neugummierung weitgehend verloren gehen. Dies bele-gen die Abb. 2.1 und 2.2, wobei hier dem Fälscher es auch nicht gelungen ist, die korrekteGummierungsfarbe zu treffen. Dies gilt aber für Abb. 2.3 und 2.4. Abb. 2.3 zeigt die Markenoch mit Falzrest oben und der Originalgummierung, Abb. 2.4 die Marke nach demNachgummierungsprozess. Sichtbar wird auch hier der Verlust an „Bildinformation“ aufgrunddes Druckverfahrens, das hier eben nicht mehr rückseitig zu erkennen ist.

Dokumentation 3Berlin 1949: 2 Pf. Rotaufdruck, MiNr. 21u.a.

Einer Markenbildvorderseite bei echten Marken kann man die Nachgummierungnicht ansehen, wohl aber kann man nicht selten bei Schräglicht noch die Spurendes ursprünglichen Falzes sehen, wie dies die Abb. 3.1-3.3 deutlich aufzeigen. Manahnt die Falzentfernung an dem „Knick“ am oberen Rand, der wie ein Schattenseine Spur hinterlässt. Außerdem ist rückseitig die obere Randlinie des vorderenMarkenbildes nicht mehr sichtbar!

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Abb. 1.1 Abb. 1.2

Abb. 1.1 Abb. 1.2 Abb. 1.3

Abb. 2.1 Abb. 2.2

Abb. 2.3 Abb. 2.4

Abb. 3.1 Abb. 3.2 Abb. 3.3

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Dokumentation 4Zähnungsränder als Spiegel der Neugummierung

So amateurhaft wie Abb. 4.1 kommen Neu- oder Nachgummierungen der letzten Jahre kaum noch ein-her. Hier sind noch deutlich die Gummierungsreste an und zwischen den Zahnspitzen ersichtlich.Normalerweise geht der Fälscher hin und schabt bzw. feilt diese Reste sorgsam weg. Abb. 4.2 zeigt obeneine gefälschte Gummierung, bei der allerdings nur noch Spuren der Gummierung unter dem Mikroskopzu sehen sind, unten im Vergleich dazu das Original. Manchmal sind es wirklich nur noch Spuren, die aufdie Spur führen!

Hinterlegung

Marken von höherem Wert, die nicht nur Einrisse, sondern größere dünne Stellen - z.B. in Folge unsachgemäßerFalzentfernung - aufweisen, werden häufig vollflächig auf der Markenrückseite mit neuem Papier hinterlegt.Gleiches gilt für klassische Marken, die ursprünglich mit einem fest anhaftendem Leim im Album befestigt waren,wobei man diese nur durch Abreißen „retten“ konnte, so dass sowohl das Papier rückseitig, aber auch dasMarkenbild vorderseitig zu reparieren ist.

Gute Reparateure suchen sich für solche Restaurationen Originalmarkenpapier, entweder von billigen Marken dergleichen Serie oder von vergleichbaren, wobei dann das fehlerhafte Original wie das Zweitexemplar dünn geschabt,also quasi geteilt wird. Beide Teile werden dann durch Leim verbunden, die Ränder begradigt, das ganze fixiert.Dadurch, dass nur Originalpapier aus der jeweiligen Zeit verwendet wurde, ist die Reparatur kaum sichtbar, es seidenn, dass z.B. bei geschnittenen Marken an den Rändern minimale Teile des ergänzten Papiers unter demMikroskop zu erkennen sind.

Eine Hilfe kann hier wirklich das Mikroskop sein, denn Papier hat eine Laufstruktur der Fasern. Und so entdeckt manzuweilen die nahezu unsichtbar gewordene Verleimung des Papiers durch minimale Faserreste, die in unterschiedli-che Richtung ragen, was normalerweise nicht der Fall sein dürfte.

Es kommt aber auch vor, dass Restaurateure in ein fehlendes Markenbild genau passende Bestandteile einerOriginalmarke einpassen. Da die Teile nahezu perfekt miteinander „verbunden“ werden, sind solche Reparaturenauch nur an Faserungsresten und minimalsten Ungenauigkeiten zu erkennen.

Generell gilt:Papierein- und zufügungen sind - sofern nicht das Originalpapier verwendet wurde - unter der UV-Lampe an (teils auch nur leichten) Fluoreszenzunterschieden zu erkennen.Reparierte Stellen zeichnen sich - gerade bei früheren, also schon älteren Reparaturen - häufig imWaschbenzin gut ab.Zugezogene Risse erkennt man bei Schräglicht zuweilen als feine Linie.

Mit Hilfe eines Papiermessgerätes großer Genauigkeit kann man - im Falle von Hinterlegungen - diese nicht seltenan der messbaren größeren Papierstärke der Gesamtmarke oder an deutlich unterschiedlichen Werten bei Teilen ein-und derselben Marke erkennen.

Dokumentation 1Kurland 1945: MiNr. 4, 12 Pf - Aufdruck auf Feldpost-Päckchen-Zulassungsmarke

Das Briefstück - Abb. 1.1 - wirkt auf den ersten Blick echt und einwandfrei.Abb. 1.2 zeigt aber schon Unregelmäßigkeiten im Aufdruck „Kurland“, dervom Original abweicht, denn der Stempel wurde vorderseitig von Handergänzt. Grund ist eine Reparatur eines Markenbildteiles, die hier in Abb.1.3 mit Hilfe von Farbfiltern sichtbar gemacht werden konnte. Der kunstbe-gabte Restaurateur hat tatsächlich ein ganzes Stück in die Marke einge-setzt und dann Stempel wie Aufdrucke vorderseitig nachgemalt!

Markenbild-Verfälschung - Retuschen

Unter dem Fachbegriff „Retusche“ versteht man, nachträglich vorgenommene Korrekturen. Ausbesserungen oderNachgravierungen, an einer Druckplatte oder an Einzelklischees. Dies erfolgte früher häufig, um abgenutzte Plattenresp. Klischees zu überarbeiten oder auch um Gravierfehler zu beseitigen.

Fälscher gehen nun hin und erzeugen solche Fehler, die Sammler gerne als Abarten oder Plattenfehler in ihreSammlung aufnehmen. Theoretisch sind diese durch teilweise Nachmalen des Markenbildes, durch Hinzufügungen,

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Abb. 4.1

Abb. 4.2

Abb. 2.1 Abb. 2.2 Abb. 2.2

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durch Übermalen einzelner kleiner Bildbestandteile oder eben durch Entfernen möglich, wobei hier häufig die Rasurzum Einsatz kommt.

Bei der Rasur sind nicht selten unter dem Mikroskop Veränderungen der Papierstruktur im Schräglicht sichtbar, beiÜbermalungen minimale Ansatzstellen-Veränderungen oder Farbtonabweichungen. Lupe und Mikroskop helfen hierviel.

Dokumentation 11923, 3 Pf., MiNr. 338

Die Abart „Sprung im Korbdeckel„ - siehe Abb. 1.1 - ist bei Sammlern sehr beliebt.Bogenweise wird das Material durchgeschaut, ob denn nicht ein solches Exemplar dabeiist. Im Rosettenmuster - siehe Abb. 1.2 mit einer Ausschnittsvergrößerung - fehlt ein kleinerTeil eines geschwungenen Bogens.

Abb. 1.3 zeigt eine rechte Marke rechts ohne diese Abart, links daneben eineMarke, bei der diese Abart durch Manipulation am Papier erzeugt wurde. Zweiweitere Vergrößerungsstufen - Abb. 1.4 und Abb. 1.5 - machen dies unter demMikroskop deutlich: die Linienführung wurde an halbwegs passender Stelle einfach wegrasiert.

Nachdrucke (amtlich - privat)

Die Begriffe Nachdruck und Neudruck werden innerhalb der Philatelie höchst unterschiedlich gebraucht, zuweilenwird gerade der Begriff Nachdruck gerne von Fälschern gewählt, um ihrem privaten Produkt einen scheinbar amtlichen Status zu geben.

Die korrekte Bezeichnung findet sich in jedem Fachlexikon, aber auch in den „PhilatelistischenBegriffsbestimmungen“, wo es heißt:

Markendrucke, die nach Ablauf der Gültigkeit gleichwertiger Postwertzeichen in anderen Druckverfahren oder voneinem teils abweichend gestalteten Druckmedium, das so nicht von dem autorisierten Herausgeber bei derOriginalauflage eingesetzt wurde, sind Nachdrucke.

Nachdrucke, die von privater Seite hergestellt und nicht als Faksimile gekennzeichnet sind, werden als Fälschungengekennzeichnet.

Das heißt im Klartext: Der Begriff „Nachdruck“ ist ausschließlich für den offiziell legitimierten und dazu befugtenBriefmarkenherausgeber reserviert; nur dessen Produkte können - im philatelistischen Sinne - echte Nachdruckesein.

Solche Nachdrucke ein- und dergleichen Marke, aber z.B. in anderen Druckverfahren, kennt die Philateliegeschichtedurchaus häufiger. Zum Beispiel bei MiNr. 5 und 9 von Preußen, wobei die erstgenannte im StTdr und die zweite imBDr ausgeführt wurden. Ähnlich verhält es sich bei Bayerns Abschiedsserie und dem 2½-Mark-Wert (MiNr. 190/191)oder bei der Serie Adolf Hitler und dem 10 Pf-Wert (MiNr. 787/826), die sich allerdings auch noch leicht in derFarbtönung (dunkelsiena statt dunkelrotbraun) unterscheiden.

Dies alles sind amtlich veranlasste Nachdrucke, keine Neudrucke, denn sie wurden ja nicht im unverändertenDruckverfahren hergestellt. Die Vorstellung, es wird etwas „nachgedruckt“, ist für Neudrucke also der falsche Begriff,eher kann man sich da mit der Vorstellung einer Neuauflage im gleichen Druckverfahren und vom gleichenDruckmedium (aber nicht unbedingt in der gleichen Farbe) weiterhelfen.

Private Nachdrucke kann es in diesem hier genannten Sinne also nicht geben. Sofern diese als private Drucke vorlie-gen (und davon gibt es Legionen) sind diese ausschließlich Imitationen, Faksimiles, Faux und dergleichen. Sofern sienicht eindeutig (z.B. mit privater Nachdruck) gekennzeichnet sind, gelten sie schlichtweg als Fälschungen. DieseGanzfälschungen sind dann - wie schon in den verschiedenen Teilkapiteln beschrieben - unter den dort dargestelltenAspekten und Kriterien zu qualifizieren.

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Abb. 1.1 Abb. 1.2

Abb. 1.3 Abb. 1.4 Abb. 1.5

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Dokumentation 1Der Goetheblock ist eindeutig als privater Nachdruck durch „Facsimile1981“ unterhalb der Marke (Abb. 1.2) und unten links unter denUmrandungslinien gekennzeichnet (Abb. 1.1). Diese Kennzeichnungfehlt auf der Vorderseite des Saar-Hochwasserhilfe-Blocks völlig (Abb.1.3). Rückseitig kann man bestenfalls noch erahnen, dass ein kleinerwie ein Prüfstempel aussehender hellblau auf dem Gummi liegenderStempel tatsächlich „Nachdruck“ heißen soll. Blocks mit vergleichbarfehlender Kennzeichnung sind eindeutig Fälschungen!

Nachmalungen

Nachmalungen sind eine bei einer Reparatur häufig anfallende Restaurationsmaßnahme, die entweder erzeugt wird,um eine Abart oder einen Plattenfehler vorzutäuschen oder die Marke wieder in ihren scheinbar ursprünglichenZustand zurückzuversetzen.

Der Fälscher muss sich hierfür in Farben auskennen, das Originalbild nachvollziehen und mit meist selbst gemach-ten Zeichen- und Ziehfedern aus abgeschrägtem Holz unter Lupe arbeiten, um mit höchstmöglicher Präzision Linien,Buchstaben oder Flächen zu ergänzen bzw. neu aufzutragen.

Nachmalungen kann man in der Regel an der abweichenden Farbtönung und -konsistenz erkennen, zuweilen auchan der dennoch nicht gelungenen Linienführung. Lupe und Mikroskop sind hier wichtig, aber auch Streulicht, um dasunterschiedliche Glänzen verschiedener Farbpartikel sichtbar werden zu lassen.

Eine im Stichtiefdruck gedruckte Markeneinfassungslinie bei einem angesetzten Markenstück mit Farbe so nachzu-ziehen, dass es unter größerer Vergrößerung nicht auffällt, ist wahrlich eine Kunst und nicht selten anzutreffen. Nur:wer schaut sich im Tauschlokal oder auf einer Börse die Marke so genau an? Und bei Abbildungen im Internet, dienormal gescannt sind, kann man dies sowieso nicht sehen. Hier gibt es gar keine Chance!

Dokumentation 1Kurland, MiNr. 1, 1945, 6 Pf. Aufdruck auf 5 Pf.

Angesichts der dunkelolivgrünen Farbe der Originalmarke fällt es in diesem Beispiel- Abb. 1.1 - sehr schwer, eine Nachmalung, selbst unter Lupe und Streulicht exakt zuidentifizieren. Hier helfen aber moderne Bildbearbeitungsprogramme weiter, dennmit diesen kann man die Farbanteile reduzieren.Abb. 1.2 zeigt die Marke invers - und siehe da: rechts im Markenbild fallen deutlichabweichende „Farbstellen“ vollflächig auf. Wenn man nun Kontrast und Helligkeit

stark erhöht, so dass die Marke quasi giftgrün wird - Abb. 1.3 -, dann heben sich die Nachmalungen sichtbar dunklerab. Was eben zu beweisen war! Aber welche Chance hätte man gehabt, dies im Tauschlokal zu sehen?

Neudrucke (amtlich - privat)

Schon im Teilkapitel „Nachdrucke“ wurden die Unterschiede zum „Neudruck„ herausgestellt, die die nachfolgendenDefinitionen aus den Philatelistischen Begriffsbestimmungen noch einmal klar herausstellen:

Neudrucke sind nur solche Drucke vom unveränderten Originaldruckmedium (Druckstein, Druckplatte, Klischeeusw.), die im gleichen Druckverfahren wie die Originale nach endgültiger Einstellung des Drucks dieserPostwertzeichen und in der Regel nach Ablauf der Gültigkeit hergestellt worden sind. Neudrucke können auch inanderen Farben als die Originale hergestellt werden.

Private Neudrucke müssen als solche gekennzeichnet sein, sonst handelt es sich um Fälschungen.

Amtliche, d.h. vom offiziell lizensierten Herausgeber veranlasste Neudrucke kennt die Philatelie eine ganze Reihe,besonders bei den klassischen Marken (z.B. Schleswig-Holsteins). Aber auch private Neudrucke haben seit jeher ihren Reiz, denn sie ermöglichen das Studium der zuweilen sehr seltenen Originalmarken im Detail, sind somit gutes Vergleichsmaterial (leider für den Fälscher aber auch brauchba-res Material zu Teilverfälschungen oder Ganzfälschungen, zumal dann, wenn hellgrau aufgedruckte Hinweise leichtzu entfernen sind). Hier helfen dann wieder die Hinweise zu Ganzfälschungen (siehe dort!)

Abb. 1.2

Abb. 1.3Abb. 1.1

Abb. 1.1 Abb. 1.2 Abb. 1.3

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Dokumentation 1Amtliche und Private Neudrucke

Abb. 1.1zeigen einen amtlich veranlassten Neudruck von Marken Schleswig-Holsteins, so wie er auch in den MICHEL-Katalogen notiert wird, wobei in diesem Falldiese echten Neudrucke mit Falschstempeln versehen wurden!

Abb. 1.2 bis 1.5 belegen zwei privat veranlasste Neudrucke, die von denOriginalplatten nahezu identisch, aber aufabweichendem Wasserzeichen-Papier, aus-geführt wurden. Die Marken sind rückseitiggekennzeichnet; allerdings fällt es einemgeschickten Fälscher nicht schwer, dieseKennzeichnung - z.B. eine hellgrau gedruck-te Jahreszahl - zu entfernen. Und dann hatman wieder eine Fälschung vor sich liegen!

Phantasieprodukte

Hier handelt sich um nichts anderes als um Vignetten ohne wirklichen kommerziellen Wert - und seien sie noch sooriginell. Dies gilt auch für eine Reihe bekannter „Geburtstagsmarken“, die bekannten Philatelisten zum Geschenkgemacht wurden, die meistens das Porträt des zu Ehrenden zeigen und eine Originalmarken zuweilen ähnlicheBeschriftung und Zähnung.

Natürlich weiß jeder, dass es sich in solchen Fällen nur um eine Referenzgeste handelt, um eine Vignette ohnepostalischen Wert. Dies gilt auch für den Fall, das solche Produkte vereinzelt der Postbeförderung übergeben wer-den und tatsächlich anstandslos den Postlauf überstanden haben. Es ist und bleibt nicht mehr als ein Scherz oderGag, der nicht allzu ernst zu nehmen ist, zumal es Einzelfälle sind.

Einen Sonderfall bildet die Gruppe der Phantasieprodukte, die Sammler schon im 19. Jahrhundert - z.B. zumPhilatelistentag 1894 in Kiel - gefertigt haben. Nichts an den damals an die Besucher verkauften „Ganzsachen“ warecht, weder Stempel noch Zusatzvignette, Werteindruck oder Nebenstempel; alles war privaten Ursprungs. DieseKarten verstanden sich seinerzeit als Protest gegen bestimmte Vorgänge in der Philatelie und wurden auch so ange-sehen, was aber den Markt heute nicht hindert, diese Produkte - sie sind keine Massenware - recht teuer zu verkau-fen. Aber auch damals wusste jeder, dass es sich um ein mit Absicht gefertigtes Phantasieprodukt handelte!

Anders verhält es sich mit Phantasieprodukten, zu denen es tatsächlich Originale, aber in abweichender Farbe,Druck etc. gibt. Besonders im Bereich der Propagandafälschungen (die ja für sich echt waren), gibt es privateFälschungen dieser Fälschungen! Und sie werden für teures Geld in Umlauf gebracht!

Dokumentation 1Phantasieprodukte für Philatelisten

All die mit den Abb. 1.1-1.4 gezeigten Produkte sindVignetten, Phantasieprodukte. Sofern sie überhaupt in denVerkauf kamen (wie 1.3 - Kiel) und nicht kostenlos abgege-ben wurden, war es kein Schwindel. Nur bei belegtenPostbeförderungen mit solchen Vignetten wurde zuweilender Post das Entgelt vorenthalten.

Dokumentation 212 Pf Propagandafälschung „Futsches Reich“Originale dieser Propagandafälschung gibt es zumindest in zwei verschiedenen Typen, wobei die Farbe von karminbis matt karmin und die Papierfarbe von weiß bis grau reichen kann. Aber beide sind im Buchdruck und eben inKarminfarbe hergestellt.

Abb. 2.1 belegt eine solche Marke in grüner Farbe und beimVergleich mit dem Original wird deutlich, dass diese Fälschungder Fälschung im Offsetdruck produziert wurde. Das gleiche giltfür den „seltenen Einzelabzug auf gummierten Papier„ - Abb.2.2 -, der ebenso wenig echt ist. Wenn man allerdings dieAuspreisung für 150 DM sieht, staunt man doch!Abb. 2.3 belegt drei weitere Phantasieprodukte, die zwar rückseitig alle einen Prüfstempel Ludin aufweisen, aber deshalbauch nichts anderes darstellen als die Fälschung der Fälschung.

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Abb. 1.1

Abb. 1.2 Abb. 1.4 Abb. 1.5Abb. 1.3

Abb. 1.1

Abb. 2.1

Abb. 2.2 Abb. 2.3

Abb. 1.4Abb. 1.3Abb. 1.2

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Prüfzeichenfälschungen

Prüfzeichen nennt man die Signierungen oder Signierstempel, mit denen Experten und Fachprüfer philatelistischerSammelgebiete seit mehr als 100 Jahren Marken rückseitig, Briefe und Ganzsachen vorder- oder rückseitig gekenn-zeichnet haben, um die Echtheit und/oder den Erhaltungsgrad anzuzeigen. Neben diesen Prüfzeichen gibt es nochBesitzer-, Eigentums- oder Firmenzeichen, die teils eine ähnliche Bedeutung hatten.

Gerade die Namen bestimmter Prüfer galten Generationen von Philatelisten schon als Legitimation der Echtheit,selbst wenn es sich um Altprüfungen aus heutiger Sicht handelte. Dass Prüfer früher irren konnten, war dabei offen-bar ebenso wenig von Belang wie der Forschungsfortschritt, der seit Jahrzehnten nachweisbar eingetreten ist. MitPrüfzeichen war und ist eine Marke eindeutig besser verkaufbar.

Dies bewirkte bei Fälschern ganz unterschiedliches: in erster Linie die Nachahmung echter Prüfzeichen mit gefälsch-ten Stempeln auf von ihnen vorgenommenen Verfälschungen, Ganzfälschung und vergleichbaren Produkten.Bei höher signierten Marken, deren Erhaltungsgrad also Mängel aufwies, wurden Prüfzeichen mit dem Altgummiweggewaschen, Neugummierung aufgebracht und dann ein neues gefälschtes Prüfzeichen unten als Ausweisbester Qualität und Echtheit aufgebracht.

Selbst bei Briefen entfernte man Prüfzeichen, die z.B. eine Stempelfälschung klar stellten. Auch hier gab es nichts,was es nicht gibt. Da nun Prüfer aus ganz unterschiedlichen Gründen - besonders aber dann, wenn ein bestimmtesPrüfzeichen sehr häufige Nachahmung erfährt - ihr Prüfzeichen im Laufe ihres Prüferlebens wechseln, heißt dies fürden Sammler, der signierte Marken erwirbt, ggf. das Prüfzeichen nachprüfen zu lassen, zumal bestimmte minimaleMerkmale nur dem Prüfer selbst bekannt sind. In der Regel wird dies jeder Prüfer kostenfrei bei Beifügung einesPrüfumschlages vornehmen.

Ein Prüfzeichen aus alter Zeit ist also keine Sicherheit und nichts, worauf man sich vertrauensvoll verlassen kann.Nur eine aktuelle (Nach-)Prüfung kann bei Neuerwerb Sicherheit bieten.

Dokumentation 1Prüfzeichen „Schlegel“Die Prüferfamilie Schlegel, die weite Bereiche der Markengebiete Deutsches Reich und Bundesrepublik/Berlin seitJahrzehnten prüft, ist fast jedem Sammler bekannt. Und ebenso oft wird von Fälschern deren Prüfzeichen gefälscht,so dass das Prüfbüro Schlegel in den vergangenen Jahren, selbst in der Presse, mehrfach zur Möglichkeit derkostenlosen Nachprüfung von Prüfzeichen aufgerufen hat.

Nicht immer sind nämlich Fälscher so dumm wie Abb. 1.1 belegt. Hier ist das falsche Prüfzeichenleicht zu erkennen (wenn man es weiß), denn einen „D. Schlegel“ (ohne BPP-Zusatz) gibt es nicht.

Dokumentation 2Veränderung eines PrüfzeichensEs kommen auch Fälle vor, in denen ein vorhandenes Prüfzeichen verändert wird, um z.B. aus der mit Signaturbestätigten (wertloseren) Markenfarbe „a“ eine hochwertigere Type „c“ zu machen.

Abb. 2.1 dokumentiert einen von INFLA Berlin signierten Brief (hierder Markenausschnitt mit dem Signierstempel „c“). DieAusschnittvergrößerung in Abb. 2.2 macht deutlich, dass dieses „c“aus einem „a“ gefertigt also das „c“ übermalt wurde. Die Rückseitedes Briefes - siehe Abb. 2.3 - bestätigt diese Prognose, denn hier istdie „Übertünchung“ noch deutlicher sichtbar.

Dokumentation 3Entferntes Prüfzeichen

Die Fälschung eines Kurlandschnellbriefes legt sich dem Betrachter nahe, wenner die Stempelung der Marke mit einem Feldpoststempel bei Abb. 3.1 sieht.Dies konnte nicht sein, die grüne Halbierung musste durch den Briefstempellinks auf dem Brief vorausentwertet sein, wobei es die Nr. 17007 nicht inKurland gab. Der Feldpoststempel wurde nämlich nie zur Entwertung dieserMarken verwendet! Abb. 3.2 macht deutlich, was hier in Wirklichkeit passiert ist,

denn im Durchlicht sieht man, dass das ursprünglich vorhandene Prüfer- und das quergestellte FALSCH-Zeichen ent-fernt wurden. Diese Rasur war nun wiederum im Tages-Auflicht nicht zu sehen!

Dokumentation 4Aus alt mach neu - Wie man „Falsch“-signierte Marken verwenden kann!Es wäre ein Irrtum zu glauben, man könnte einmal von einem Prüfer mit „Stempel FALSCH„ rückseitig signierteMarken als Fälscher nicht mehr verwenden. Solche Stücke eignen sich bestens für kleinere Briefstücke, bei denen

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Abb. 1.1

Abb. 2.1

Abb. 3.1 Abb. 3.2

Abb. 2.1

Abb. 2.3

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man die falsche Marke aufklebt, so dass man vorderseitig die FALSCH-Signaturnicht mehr sehen kann, und den Stempel dann bis zu den Rändern desBriefstückes nachzieht. Abb. 4.1-4.3 belegt diese zweifelhafte Kunst, die nichtimmer von der Vorderseite zu entdecken ist.

Bei Abb. 4.4/4.5 hat der Fälscher eine schon als „Stempel FALSCH“-signierte Marke auf ein grö-ßeres Briefstück gebracht, wo der verbliebene Stempelrest scheinbar harmonierte. Wer genauerhinschaut, sieht aber, dass sich die Druckfarbe des Stempels in der Färbung leicht unterscheidet.

Stempelfälschungen

Der Bereich der Stempelfälschungen umfasst ein derart großes Gebiet, dass selbst an Experten und Fachprüferimmer größere Anforderungen stellt. Dabei ergeben sich diese zum einen

aus postgeschichtlichen Daten und Fakten, die es zu eruieren gilt,zum anderen aus handwerkstechnischen Kenntnissen, die eine fachgerechte Prüfung voraussetzen. Bei einem Prüferseminar wurden diese Kriterien einmal so ins Verhältnis gesetzt: „Briefmarkenprüfungen haben zu 80 Prozent mit Kenntnissen über Fälschungsmethoden zu tun und nur zu 20 Prozent mit Kenntnissen über das jeweilige Gebiet“!

Da aber gerade Stempelfälschungen zunehmend mehr bei klassischen wie modernen Marken vorzufinden sind,bedürfen diese einer eingehenderen Betrachtung, und nicht nur der beispielhaften Dokumentation.Generell sind bei dem Stichwort „Stempelfälschen“ drei Hauptgruppen zu unterscheiden:

(a) Ganzfälschungen von Stempeln(b) Rückdatierungen von Originalstempel(c) Teilverfälschungen von Stempeln / Gemalte Stempel

Für alle Stempelfälschungen gilt es, erst einmal die Originalität des Postwertzeichens zu betrachten, auf dem derStempel vorliegt. Ist dieses Postwertzeichen schon eine Ganzfälschung, erübrigt sich jede weitere Untersuchung.

Zur Gruppe (a) zählen die zahlreichen aufgedruckten und klischierten Stempel, die - z.B. bei Marken, die ungebrauchtbzw. postfrisch wesentlich billiger als gestempelt sind - vorzufinden sind. Zur Gruppe (b) zählen die - z.B. aus derInflationszeit her - bekannten Originalstempelgeräte, die auch noch lange nach amtlich genehmigten Einsatz zurVerwendung kamen. Für beide Gruppen gelten folgende Aspekte:

Zuerst einmal gilt es mit Hilfe eines Kataloges zu prüfen, ob das Stempeldatum überhaupt zutreffen kann, also obder Stempel aus dem Zeitraum der Gültigkeit einer Marke stammt. Aber auch die generelle Kalenderangabe ist zuvergleichen, denn z.B. den 29.2.45 gab es einfach nicht - auch wenn er so im Stempelbild erscheint! AlsStempeldatum einen Sonntag ausgewiesen zu finden, sollte einem ebenfalls zu denken geben, denn an diesem Tagsind sicherlich nur wenige Postämter geöffnet! Man wundert sich, wie viele Falschstempel allein an derart unsinni-gen Details zu erkennen sind!

Sofern Vergleichsmaterial vorliegt, sollte überprüft werden, ob die Stempelart für die Zeit überhaupt vergleichbare(echte) Vorbilder hat oder ob es hier schon Anhaltspunkt der Irregularität gibt. Hierunter fallen z.B. falsche Angabenüber zwei-, vier- bzw. fünfstellige Postleitzahlen, die natürlich nur in bestimmten Zeiträumen möglich waren. Nichtvergessen sollte man allerdings die Größenmessung von Stempeln, denn deren Größe waren sowohl nach Form(at)und Größe jeweils standardisiert, also genormt. Schon kleine Abweichungen können durchaus mit Hilfe einer Lupemit Messeinheit, besser aber noch im PC - z.B. mit dem Programm MICHELperfoscope - oder mit einemBildbearbeitungsprogramm, das es auch erlaubt, Stempel von Original und Fälschung übereinander zu legen, sicht-bar gemacht werden.

Bei Stempeln kleinerer Postämter kann es eine Hilfe sein, den Namen des Ortes für die im Stempel angegebeneZeit zu überprüfen, denn zahlreiche Orts-Umbenennungen, verbunden mit Raum-Neugliederungen, führten zu neuenOrtsnamen bzw. Abkürzungen, die nur in bestimmten Zeiträumen möglich waren. Kenntnisse, die der Fälscher häu-fig nicht kennt!

Stempel-Ganzfälschungen sind nicht selten an der abweichenden Farbe zu erkennen, sofern sie nicht von vorneher-ein primitiv aufgedruckt sind. Solchen Stempeln fehlt der unter UV-Licht sichtbar werdende ölige Gehalt der amtli-chen Stempelfarbe, das „schwarz“ wirkt selten gleich intensiv schwarz und das Leuchten der Farbe unter UV weichtvom Original eines echten Stempels ab.

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Abb. 4.1 Abb. 4.2

Abb. 4.4 Abb. 4.5

Abb. 4.3

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Andere Erkennungsmerkmale haben „gemalte Stempel“. Diese werden meist freihändig gemalt oder auf einemLeuchttisch abgepaust, wobei diese entweder strichweise „gezogen„ oder „getupft“ werden. Beide Techniken hin-terlassen nicht selten Spuren in Form von „Schlieren“ oder von Ausbuchtungen, die beim Original nicht denkbarsind. Abgesehen vom abweichenden Farbmaterial - siehe oben - hinterlassen echte Metallstempel auch einePrägung, die ja auch auf der Marke schon sichtbar werden kann. Fehlt diese, kann dies auch ein Anhaltspunkt füreine Stempelverfälschung sein.

Dokumentation 1All. Besetzung (Gemeinschaftsausgabe), 8.12.1946 - Block 12 A

Der in Abb. 1.1 wiedergegebene Block ist sauber in Hohenlimburg gestempelt, das Datum imStempel weist den 27.10.1946 aus. Der Blick in den Katalog macht deutlich, dass aber der Blockerst sechs Wochen später erschienen ist! Die Fälschung des Stempels ist damit belegt.

Dokumentation 2Kurland MiNr. 1, 6 auf 5 Pf.

Abb. 2.1 weist auf, wie man im PC nach Einscannen der Originalmarke und der Fälschung die abwei-chende Größe eines Stempels deutlich sichtbar machen kann. Nach dem Scanvorgang wird einer derbeiden Stempel in der Farbe verändert und dann beide übereinander gelegt. Das Beispiel hier zeigt,wie beide Stempel am oberen Steg der Datumsbrücke angelegt wurden. Damit fiel dieGrößenverschiedenheit des „Prüflings„ auf, der damit als Falschstempel entlarvt ist.

Dokumentation 3Baden 1949: Block 1 B / Block 2 / MiNr. 46IIDie Ausschnittvergrößerungen 3.1 bis 3.4 dokumentieren Stempel-Ganzfälschungen, bei denen der Stempel direktmit auf das Block-Imitat gedruckt wurden. Beiden Stempeln fehlen alle Echtheitsmerkmale der Farbe, wenn man

diese unter der UV-Lampe näher betrachtet. DieseFälschungen sind massenhaft verbreitet und kommen beiallen Blocks der Französischen Zone, aber auch natürlichbei anderen Gebieten (Berlin Block 1, Saar-Blocks, Blocksdes Deutschen Reiches) vor.

Dokumentation 4Marken aus der Inflationszeit / KurlandViele Marken der Inflationszeit waren nur für kurze Zeit gültig und wurden nach ihrer Kursgültigkeit mit echtenPoststempeln nachträglich gestempelt, sind also eindeutige Stempelfälschungen im philatelistischen Sinne. Hierzuwurden längst nicht mehr in Verwendung befindliche Poststempel, aber auch noch im Einsatz vorhandene genutzt.Bei Millionen von Stempelprüfungen wurden bis heute unzählige Fälschungen identifiziert.

Abb. 4.1 belegt einen echten Stempel und zeigt auf der Markenrückseite dasentsprechende Prüfsignum. Abb. 4.2 und 4.3 geben Hinweise zu der Erkennungder falschen Stempel, Abb. 4.4 dokumentiert eine in diesem Zusammenhangstehende Fälschung eines Prüfzeichens und Abb. 4.5 stellt eine Steckkarte mitausschließlich gefälschten Inflamarken vor, die ein Sammler zum Tausch einbrin-gen wollte.

Um während der Inflationszeit gebrauchte Stempel selbst vorzuprüfen, bedarf es eines umfangreichen postge-schichtlichen Wissens. In der INFLA Berlin-Bücherei sind hierzu eine Reihe sehr wertvoller Literaturtitel erschienen,die Voraussetzung für Kompetenz und Wissen sind, zumindest leicht identifizierbare Stempelfälschungen selbstschon auszusortieren.

Natürlich gibt es solche Stempel-Rückdatierungen bei Verwendung echter Poststempel nicht nur aus derInflationszeit, sondern bei einer großen Anzahl von Sammelgebieten. Abb. 4.6 stellt den Ausschnitt einerKurland Ganzsache I vor, die nicht mehr zur Ausgabe gelangte. Der Stempel ist echt, aber rückdatiert!

Dokumentation 5Heuss Lumogen, MiNr. 260y (1960)Fälscher erwerben gerne - z.B. mit bekannten Händler-Prüfzeichen als echt ausgewiesene postfrische Marken (indiesem Fall echtes Signum Borek für Echtheit der Lumogenmarke; L = Lumogen), die sie dann nachträglich durchAufbringung eines Falschstempels verändern und dann als „geprüft Borek“ anbieten. Die Gummierung wird dabei

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Abb. 1.1

Abb. 2.1

Abb. 3.1 Abb. 3.4Abb. 3.3Abb. 3.2

Abb. 4.1

Abb. 4.1

Abb. 4.4Abb. 4.3

Abb. 4.2

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meist nicht abgewaschen, um das Signum nicht verschwinden zu lassen.Abb. 5.1 und 5.2 dokumentieren diesen Prozess. Die Marke wurde dann später von demSammler, der diese erworben hatte, einem BPP-Prüfer vorgelegt, der zwar bestätigen konnte,dass das Postwertzeichen und die Gummierung echt war, nicht aber der Stempel! DerartigeNachstempelungen sind häufig schon daran erkennbar, dass sie nur als Eckstempel abge-schlagen sind.

Dokumentation 6Kurland MiNr. 4 auf Brief

Bei diesem Kurlandschnellbrief hat sich der Verfälscher recht viel Mühe gegeben, denn Abb. 6.1weist in der Vergrößerung nach, dass unterhalb der aufgelebten Marke ursprünglich eine ganzandere Marke saß, die auch schon entwertet war, und zwar mit dem Datum 29.4.45. Eine neueMarke wurde nun auf den Brief geklebt, teilweise damit der alte Stempel verdeckt und der zweitesichtbare Stempelteil auf die Marke übergehend nachgemalt.

Dokumentation 7Stempel-Nachmalungen

Die Kunst der Fälscher kennt kaum Grenzen.Stempel werden komplett nachgemalt, nicht nur -vergleichsweise einfach herzustellende Einzeiler,siehe Abb. 7.1-7.4 -, sondern auch aufwändigereZweikreisstempel verschiedener Art (Abb. 7.5-7.8).

Wer diese Stempel auf Echtheit bei sich vorprüfen will, benötigt aufder einen Seite nachweislich echtes Vergleichsmaterial, und sollteandererseits die technischen Aspekte der Herstellung solcherNachmalungen und ihre grundsätzlichen Erkennungsmerkmale imBlick behalten.

Umprägungen

Umprägungen sind bekannt bei Marken, bei denen ein Teil resp. die komplette Marke im Prägedruck hergestelltwurde und der Fälscher durch Umprägen eine seltenere Marke vortäuschen kann. Das klassische Beispiel in derdeutschen Philatelie sind die ersten Ausgaben des Deutschen Reiches von 1872/74, die sog. Brustschild-Ausgaben(MiNr. 1-11, 14-15 und 16-28). Während die erste Ausgabe in der kreisrunden Mitte einen Adler mit kleinemBrustschild geprägt zeigt, weist die zweite Ausgabe (ab MiNr. 16) einen Prägedruck Adler mit großem Brustschild auf.

Ein Blick in den Katalog belehrt Neugierige recht schnell über wesentliche Notierungsunterschiede, besonders beiden Marken zu 2 und 18 kr., die in gestempelter Erhaltung mehrere tausend Euro wert sind. Mithin begehrenswerteObjekte für Fälschungsversuche.

Dokumentation 1Deutsches Reich 1872: 2 Kr, MiNr. 8

Bei dieser Marke wurde versucht, nach Glätten des ursprünglichen Adlers mit kleinem Brustschild diewesentlich teurere Marke, MiNr. 24, vorzutäuschen, indem mit Hilfe der Aufpressung eines entsprechen-den Prägewerkzeuges die Marke verändert wurde.Unter Lupe und Schräglicht bleiben aber zuweilen auch Konturen der überlagerten alten Prägung sichtbar,so dass sich die Fälschung in solchen Fällen nachweisen lässt. Abb. 1.1

Vignetten

An verschiedenen Stellen in diesem Buch wurden schon sog. „Vignetten“ angesprochen. In diesem Zusammenhangversteht man darunter

Werbemarken in Postwertzeichenform ohne Frankaturkraft,private Nachdrucke von amtlich herausgegebenen Briefmarken in gleichen oder abweichenden Druck- und Produktionsverfahren.

Während Werbemarken, z.B. herausgegeben zu großen Ausstellungen, bedeutenden Veranstaltungen, Messen unddgl. in der Regel keine Postwertzeichen in Druck und Gestaltung nachahmen, gilt dies nicht für private Nachdruckeamtlicher Briefmarken, die zuweilen gekennzeichnet sind, häufig aber als Ganzfälschungen auch ohne entsprechen-de Kennzeichnung verbreitet werden.

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Abb. 5.1 Abb. 5.2

Abb. 7.1 Abb. 7.2 Abb. 7.3 Abb. 7.4

Abb. 7.5 Abb. 7.6 Abb. 7.7 Abb. 7.8

Abb. 1.1

Abb. 6.1

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Das Problem bei Vignetten ist nicht die Vignette an sich, sofern sie gekennzeichnet ist, sondern das, was Verfälscherund Betrüger daraus machen können!

Dokumentation 1Vignetten Berlin Block 1

Zwei eindeutig gekennzeichnete Vignetten. Abb. 1.1 weicht in allenMerkmalen, also in der Marken- und Randbeschriftung, aber auch in dernur aufgedruckten Zähnung, schon vom Original deutlich sichtbar ab.Abb. 1.2 ist dem Original nachempfunden, unterhalb der Marken findetsich der kleingedruckte Hinweis „Faksimile 1980“ und auf derMarkenrückseite jeweils ein entsprechender Vermerk.

Dokumentation 2BRD 50 Pf. Automatenmarke

Die 50 Pf.-ATM rührt aus einem Vignettenblock her, der zu einer Messe im Jahre 1980kostenlos abgegeben wurde. Das Papier der Vignette ist völlig abweichend, auch istder Wertaufdruck bei der ATM-Vignette direkt mitgedruckt worden (Abb. 2.1). EinSammler ging nun hin, schnitt diese Vignette aus und benutzte sie zur Frankatur.Insofern ist aus der ursprünglichen Vignette eine Fälschung zum Schaden der Postgeworden!Derartige Praktiken waren vor Jahrzehnten der Grund, warum selbst Fachzeitschriftenbei ihren Neuheitenankündigung neu erscheinende Briefmarken in Farbe nur in einemVergrößerungsmaßstab bis zu 70 oder ab 125 Prozent des Originals zeigen durften.Man wollte solchen Missbrauch ausschließen.

Dokumentation 3Nicht verausgabte Olympiamarke 1980, MiNr. XIII

Anfang der 80er-Jahre war diese vorbereitete, aber aufgrund des Olympiaboykotts nicht mehrzur Ausgabe gelangte Marke, eine Sensation. Mit 30.000 Euro MICHEL ist sie es wohl heutenoch. Von ihr existieren postfrische und gestempelte Vignetten (siehe Abb. 3.1), die unten imMarkenrand, wo üblicherweise ebenso klein die Jahreszahl des Herausgabejahres steht, denHinweis des Herstellers - damals die Fachzeitschrift „Phila-Report“ - aufweist. Der Stempelist natürlich ebenso wenig echt.

Echter wirkt dann das Replikat der zuerst aufgefundenen Postkarte mit dieser Marke - Abb.3.2 -, die allerdings auch leicht (entfernbar) gekennzeichnet ist. Daraus nun noch etwasscheinbar „Echteres“ zu machen, ist wohl auch kein Kunststück!

Wasserzeichenfälschungen

Wasserzeichenfälschungen sind nicht sehr häufig, sie herzustellen, ist eine kleine Kunst. Der Fälscher muss dabei inMarken, die kein Wasserzeichen haben, das entsprechende Wasserzeichen formgenau einarbeiten. In der Regel wirdhierzu die Marke rückseitig abgetragen, das auf ein dünnes Seidenpapier gebrachte Wasserzeichen in die Marke hin-einradiert und aufgedrückt und dann diese Marke später vollflächig hinterlegt.Bei Blocks gibt es aber auch aufgedruckte Wasserzeichen, die man leicht an der mangelnden Durchsicht imGegenlicht identifizieren kann.

Dokumentation 1Deutsches Reich 1935, Block 3, „Ostropa-Block“

Original und Fälschung erschließen sich sicherlich aus mehrfacherSicht, denn das Original - Abb. 1.1 - wurde im Stichtiefdruck her-gestellt, die abgebildete Fälschung 1.2 im Offsetdruck. Bei dieserFälschung wurde dann das Wasserzeichen direkt mit gedruckt.Ob dies gut gelungen ist, mag der Leser für sich entscheiden!

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Abb. 1.1

Abb. 2.1

Abb. 1.2

Abb. 3.1

Abb. 3.2

Abb. 1.1 Abb. 1.2

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Zähnungsfälschungen

Immer dann, wenn Postwertzeichen offiziell mit unterschiedlicher Zähnung herausgegeben werden und diese sichnach geraumer Zeit als unterschiedlich selten herausstellen, ruft dies Fälscher auf den Plan, die versuchen, aus derbilligen Zähnung eine neue zu machen, also eine Umzähnung vornehmen.

Ganzfälschung werden mit einer falschen Zähnung versehen, Marken, die Zähnungsunregelmäßigkeiten, kurze oderfehlende Zähne aufweisen, werden korrigiert und/ oder teilweise neu gezähnt. Das breite Spektrum derMöglichkeiten beinhaltet aber auch zusätzliche Neuzähnungen, die neben der alten zu sehen ist und mit derBesonderheiten vorgetäuscht werden sollen, z.B. die Doppelzähnung.

Dokumentation 1Deutsches Reich 1943, MiNr. 859

Ein Postwertzeichen mit Doppelzähnung ist eine Besonderheit, die nicht so häufig vorkommt. Nunerscheinen Marken mit Kammzähnung zwar nicht immer als absolut zentriert gedruckt, aber seltensind die Randabstände so groß, dass man korrekt eine zweite Zähnungsreihe nach innen anbringenkann. Wohl kann man dies - siehe Beispiel 1.1 - auf dem Bogenrand als äußere zweite Zähnungsreihe.Der Vergleich unter der Lupe macht schon die unregelmäßige Form der Zähnung deutlich, zumal beider Kreuzung der unteren Zähnungsreihe.

Dokumentation 2Sachsen 1945 - PrivatzähnungenFolgen von Behelfszeiten, die sich bei Briefmarken in Versuchszähnungen und Postmeistertrennungen niederschla-gen können, beflügeln die Phantasie von Sammlern und Fälschern. Vom Sammelgebiet Ost-Sachsen sind solcheTrennungsarten in vielfältiger Form als echt, leider aber auch als falsch bekannt.

1945 gab es in Ostsachsen, OPD Dresden, ab 28. Juni/4.Oktober nur ungezähnte Marken. Da man sich die Mühedes Schneidens ersparen wollten, kamen manche auf die Idee, die Bogen mit einer Linienzähnung zu zähnen, dieman amtliche Versuchszähnung oder Postmeistertrennung nannte (Postmeisterzähnung), die aber verschiedenbetrachtet werden.

Andere, nicht Befugte, stellten dann mittels eines Rädchen, wie es die Frauen für Schnittmuster benutzten, eineeigene Zähnung her, die nicht erlaubt wurde. In der Philatelie- und Prüfersprache nennt man dies „Privatzähnung„,was nichts anders heißt als falsch gezähnt! Echte Postmeistertrennungen sind nur geprüft zu erwerben.

Abb. 2.1 zeigt links eine echt gezähnte Marke, im Vergleich dazu rechts eineZähnungsfälschung. Weitere Beispiele für Privatzähnungen, alsoZähnungsverfälschungen, belegt Abb. 2.2.

Dokumentation 3Liechtenstein 1921, MiNr. 49ADie Versuchung für Fälscher ist groß, aus einer billigen Markenvariante durch Neuzähnung eine teure Type zu gestal-ten. Bei Liechtenstein bietet sich diese Möglichkeit z.B. bei der Marke MiNr. 49 B (gez. L 12½), die im Katalog unge-braucht nur 24 Euro wertet, während die in Linienzähnung 9½ ausgeführte Marke 550 Euro notiert.

Abb. 3.1 und 3.2 heben die originale Zähnung 12 ½ dieser Marke(hier der billigen MiNr. 61B, die gleiche Marke, allerdings mitAufdruck) hervor. Abb. 3.3 und 3.4 zeigen im Vergleich dazu dieVorder- und Rückseite einer zähnungsverfälschten Marke. Dass dieseMarke eine falsche Zähnung aufweist, kann man einerseits mit

einem Zähnungsmessgerät nachweisen, man kann aber auch - hier zur besseren Hervorhebung sichtbar gemacht -beide Marken übereinander legen.

So erkennt man genau, dass die zähnungsgefälschte Marke geschrumpft ist, nämlich um den Anteil, den derFälscher brauchte, um eine neue seltenere Zähnung anzulegen. Vergleicht man nämlich noch einmal Abb. 3.1 und3.3, dann fällt ja auf, dass die breitere Zähnung viel enger am Bildrand anliegt als die weitere Zähnung - dies ist einHinweis, dass hier eine vollständig neue Falschzähnung unterhalb der alten Zähnung versucht wurde.

Text aus: Wolfgang Maassen, Echt oder falsch? Fälschungen und Fälscher in der Philatelie, PhilCreativ-Verlag, Schwalmtal 2003, 342 Seiten, ISBN 3-932198-48-4Fotos: Wilhelm van Loo, Aachen

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Abb. 1.1

Abb. 2.1 Abb. 2.2

Abb. 3.1 Abb. 3.2 Abb. 3.3 Abb. 3.4