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001 BuB 69 01/2017 EDITORIAL Nun können wir fliegen! Gingen wir noch urzeitlich gebeugt, um Stöckchen auf dem Boden zu Buchstaben zusammenzulegen, geht es in letzter Zeit immer schneller mit der bibliothekarischen Evolu- tion voran. Erst seit circa 100 Jahren können wir aufrecht stehen, mussten uns dabei aber an den Ausgabetheken festhalten, um Hal- tung zu bewahren. An der Freihandaufstellung hielten wir uns nicht mehr fest. Durch den Zugang zum Cyberspace wurden wir zur Me- diathek und lernten fliegen im Mediaspace. Heute liegt die Zukunft im Makerspace. Was ist das? Makerspaces sind Räume, in denen wir mit unseren Nutzern flie- gen lernen können. Oder zumindest können wir anbieten, in den Makerspaces verschiedenste Modelle von Fliegern zu bauen. Ob den traditionellen Papierflieger oder moderne Kunststoffflieger als 3D-Druck. Und mit der richtigen Computerausstattung ließen sich auch digitale Flieger basteln, um durch vernetzte virtuelle Räume zu fliegen. Sollten diese Flieger eine Bruchlandung hinlegen oder gar das Computerprogramm abstürzen, so gibt es das Repair-Café, in dem gemeinschaftlich die nötigen Reparaturen vorgenommen werden und das Wissen hierzu sowie das nötige Werkzeug getauscht wird. Und auch Internetzugang und Strom stehen inklusive Kaffee und Kakao zur Verfügung. Makerspaces bieten somit nicht nur den physischen und digitalen Raum, um fliegen zu lernen, sie bieten Raum für Im- pulse zum Wissensaustausch, zum selber Lernen, für die sinnvolle Freizeitgestaltung. Das beutet, sie bieten Raum für Bildung und Kul- tur. Hierdurch wird die Bibliothek neben dem Zuhause und Arbeitsort zum »Dritten Ort«, so wird die Bibliothek zum Treffpunkt und Kommu- nikationsraum, in dem auch laut nachgedacht, geredet und gehäm- mert werden darf. Und die Bibliothek stellt hierzu nicht nur Medien, sondern auch nötige Infrastrukturen und Ressourcen bereit. Einige Best-Practice-Beispiele stellt das aktuelle BuB vor und es wird deutlich, dass diese Zukunft schon jetzt Gegenwart ist und keine abgehobene Träumerei von einer »Räumerei«. Vielleicht werden auch Sie individuelle und neue Frei-, Denk-, Wissens-, Ex- perimentier-, Spiel-, Ruhe-, Kreativ-, Sozial-, Informations- und Tauschräume für Ihre Bibliothek konzipieren, wenn Sie dieses BuB- Heft gelesen haben. Denn Bibliotheken bieten heute nicht mehr nur kompetente Auskunft, wie man fliegen lernen, wie man Fliegen binden kann oder wie sich Fliegen ernähren, sondern sie bieten den atmosphärischen Raum zum fliegen lernen. Dr. Dirk Wissen, BuB-Herausgeber Fliegen lernen

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Page 1: EDITORIAL Fliegen lernen - BuB · Bibliotheken als Makerspaces (Hannelore Vogt, Bettina Scheurer, Hans-Bodo Pohl) 026 Hoher Aufwand, großer Erfolg Stadtbibliothek Köln veranstaltet

001BuB 69 01/2017

EDITORIAL

Nun können wir fliegen! Gingen wir noch urzeitlich gebeugt, um Stöckchen auf dem Boden zu Buchstaben zusammenzulegen, geht es in letzter Zeit immer schneller mit der bibliothekarischen Evolu-tion voran. Erst seit circa 100 Jahren können wir aufrecht stehen, mussten uns dabei aber an den Ausgabetheken festhalten, um Hal-tung zu bewahren. An der Freihandaufstellung hielten wir uns nicht mehr fest. Durch den Zugang zum Cyberspace wurden wir zur Me-diathek und lernten fliegen im Mediaspace. Heute liegt die Zukunft im Makerspace. Was ist das?

Makerspaces sind Räume, in denen wir mit unseren Nutzern flie-gen lernen können. Oder zumindest können wir anbieten, in den Makerspaces verschiedenste Modelle von Fliegern zu bauen. Ob den traditionellen Papierflieger oder moderne Kunststoffflieger als 3D-Druck. Und mit der richtigen Computerausstattung ließen sich auch digitale Flieger basteln, um durch vernetzte virtuelle Räume zu fliegen. Sollten diese Flieger eine Bruchlandung hinlegen oder gar das Computerprogramm abstürzen, so gibt es das Repair-Café, in dem gemeinschaftlich die nötigen Reparaturen vorgenommen werden und das Wissen hierzu sowie das nötige Werkzeug getauscht wird. Und auch Internetzugang und Strom stehen inklusive Kaffee und Kakao zur Verfügung. Makerspaces bieten somit nicht nur den physischen und digitalen Raum, um fliegen zu lernen, sie bieten Raum für Im-pulse zum Wissensaustausch, zum selber Lernen, für die sinnvolle Freizeitgestaltung. Das beutet, sie bieten Raum für Bildung und Kul-tur. Hierdurch wird die Bibliothek neben dem Zuhause und Arbeitsort zum »Dritten Ort«, so wird die Bibliothek zum Treffpunkt und Kommu-nikationsraum, in dem auch laut nachgedacht, geredet und gehäm-mert werden darf. Und die Bibliothek stellt hierzu nicht nur Medien, sondern auch nötige Infrastrukturen und Ressourcen bereit.

Einige Best-Practice-Beispiele stellt das aktuelle BuB vor und es wird deutlich, dass diese Zukunft schon jetzt Gegenwart ist und keine abgehobene Träumerei von einer »Räumerei«. Vielleicht werden auch Sie individuelle und neue Frei-, Denk-, Wissens-, Ex-perimentier-, Spiel-, Ruhe-, Kreativ-, Sozial-, Informations- und Tauschräume für Ihre Bibliothek konzipieren, wenn Sie dieses BuB-Heft gelesen haben. Denn Bibliotheken bieten heute nicht mehr nur kompetente Auskunft, wie man fliegen lernen, wie man Fliegen binden kann oder wie sich Fliegen ernähren, sondern sie bieten den atmosphärischen Raum zum fliegen lernen.

Dr. Dirk Wissen, BuB-Herausgeber

Fliegen lernen

Page 2: EDITORIAL Fliegen lernen - BuB · Bibliotheken als Makerspaces (Hannelore Vogt, Bettina Scheurer, Hans-Bodo Pohl) 026 Hoher Aufwand, großer Erfolg Stadtbibliothek Köln veranstaltet

002

SCHWERPUNKT

MAKERSPACEBibliotheken sind mehr als Ausleihstationen für Bücher. Sind sie aber auch kleine Werkstätten? Da gehen die Meinungen auseinander. Dennoch greifen immer mehr Bibliotheken hierzulande die »Maker«-Bewegung auf. Ihr Credo: Besucher wollen nicht nur »konsumieren«, sondern selbst aktiv und kreativ wer-den. Wie das genau aussehen kann, beschreiben ab Seite 20 KollegInnen der Stadtbiblio-thek Köln, die in Deutschland Vorreiter in Sachen Maker-space ist.

Der aktuelle BuB-Schwer-punkt wirft darüber hinaus einen Blick ins Mutterland des Makerspace: In den USA profilieren sich mit diesen technischen Angeboten ge-rade auch Wissenschaftliche Bibliotheken (Seite 28).

Foto: Stadtbibliothek Köln

Forum Bibliothek und Information

0 1/ 2017BuB

Fotos Titelseite: Stadtbibliothek Köln (6), NCSU, dbv/Thomas Mayer/Ostkreuz

Fotos Inhaltsverzeichnis: privat, NCSU, ZBIW – TH Köln

FOYER

TARIFPOLITIK

005 Höhergruppierungsantrag stellen – Ja oder Nein? Tipps und Berechnungsbeispiele vom Tarifexperten (Wolfgang Folter)

WISSEN FRAGT ... ?

008 Konservieren – Konsumieren – Kommunizieren Auf einen Espresso mit dem römischen Architekten und Künst-ler Fabio Barilari zur »Atmosphäre von Bibliotheken« (Dirk Wissen)

INTEGRATION

010 Spielend Deutsch lernen Veranstaltungsreihe für Migranten in der Stadtbibliothek Magdeburg (Miriam Schmidt)

DISKUSSION

011 Ein zentrales Gebäude für die Landesbibliothek – so bald wie möglich! Offener Brief des Vorstands des Freundeskreises der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (Ruth Klingenberg, Christine- Dorothea Sauer, Detlef Bluhm)

TAGUNGEN

012 Bibliotheken – Orte der Demokratie Politische Diskussionen und viele Besucher beim Niedersächsischen Bibliothekstag 2016 (Ellen van der Loos, Petra Moderow)

014 Kompetenz fürs Leben – Lese-förderung durch Bibliotheken Fachtagung der Bibliotheksfach-stellen Deutschlands vom 26. bis 28. September in Saarbrücken (Ute Palmer)

015 NACHRICHTEN

018 MARKT

LESESAAL

SCHWERPUNKT: MAKERSPACE

020 Orte für Kreativität und Wissenstransfer Bibliotheken als Makerspaces (Hannelore Vogt, Bettina Scheurer, Hans-Bodo Pohl)

026 Hoher Aufwand, großer Erfolg Stadtbibliothek Köln veranstaltet Mini Maker Faire (Sebastian Abresch)

028 »Think and Do« Initiativen zur Unterstützung von Makerspaces in den Bibliotheken der North Carolina State University / Kreativwerkstätten in Wissen-schaftlichen Bibliotheken (Lauren Di Monte, Adam Rogers, Markus Wust)

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003BuB 69 01/2017

032 Die Bibliothek als Ort für eine kleine, smarte Werkstatt Jens Krzywinski schafft neue Forschungsräume / Ein Projekt an der SLUB Dresden (Maiken Hagemeister)

034 Von der Discokugel bis zum Heimplanetarium Die »Bibliothek der Dinge« an der ZLB in Berlin geht in den Regelbetrieb (Peter Just, Florian Wieland)

036 Reparieren statt kaufen Das Repair-Café in der Stadt- und Landesbibliothek im Bildungsfo-rum Potsdam (Ronald Gohr)

038 Coding, Gaming, Making: Bibliotheken zeigen Europa ihre digitalen Kompetenzen #GenerationCode bei der EU Code Week 2016 (Sebastian Abresch)

040 Ein Tag voller Herausforderungen Vom »Gaming-Projekt im ländlichen Raum« zum »#Gaming-Wahnsinn – das Finale« (Daniela Verhoeven)

AUSLAND

044 Barack Obama plant seine Präsidentenbibliothek Chicago unter vier möglichen Standorten ausgewählt / Kapi-talstock von einer halben Milliarde Dollar notwendig (Gernot Gabel)

BAU

046 Ein neuer Magnet für den Stadtteil Die Stadtbibliothek Sterkrade wird zum attraktiven Treffpunkt für alle Bürger / Generationenübergrei-fende Angebote ( Monika Altena, Hans-Dietrich Kluge-Jindra)

LESEFÖRDERUNG

051 Experten für das Lesen Leseförderung in Öffentlichen Bi-bliotheken weiterentwickeln / Ein Blick zurück und nach vorn (Rita Höft, Gudrun Marci-Boehncke)

SCHULBIBLIOTHEK

056 Ausbildung zum Schulbibliothekar dringend erforderlich Beurteilung der Akzeptanz schul-bibliothekarischer Qualifizierungs-programme in Deutschland / Eine aktuelle Studie (Nancy Everhart)

INKLUSION

060 Herausforderung und Bereicherung Duale Ausbildung von schwerhö-rigen und tauben Menschen / Die UB der Freien Universität Berlin geht mit gutem Beispiel voran (Marwa Al Sadoon, Victoria Behnke, Simone Schütte)

MAGAZIN

FACHLITERATUR

064 New Librarianship Warum Bibliotheken zum »conversation business« gehören (Jochen Dudeck)

066 Tagungsband zum Öster- reichischen Bibliothekartag Ausformulierte Kernaussagen von Vorträgen (Ludger Syré)

AUS DEM BERUFSVERBAND

067 Aus den Landesgruppen

069 Aus dem Vorstand

001 EDITORIAL

070 SUMMARY / RESUME

072 STELLENANGEBOTE KLEINANZEIGEN IMPRESSUM

AB IN DIE APP!

018 Bildung und Mediennutzung PISA- und JIM-Studie liefern aktuelle Daten und Informationen

026 Auf zur Mini Maker Faire Im Blog der Kölner Stadtbibliothek lässt sich die Messe miterleben

054 Praxisideen für die Leseförderung Mit diesen Tipps werden Sie zum »Experten für das Lesen«

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004

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Zentralbibliothek Plymouth, UK

Eine Bibliothek mit kommerziellem Touch

Aus dem Ausschreibungsverfahren zur Einrichtung der Zentralbibliothek in Plymouth ging thedesignconcept als Gewinner hervor. Nach Umsetzung der veränderten Anforderungen wurde die Bibliothek im Herzen der Stadt wieder eröffnet, ringsum von Geschäften umgeben. Thedesignconcept war begeistert davon, eine Bibliothek zu gestalten, die ein Blickfang sein und Besucher anziehen würde.

Das lebendige Design vermittelt durch leuchtende Farben und Graphiken eine einladende Atmosphäre für alle Besucher. In dem aufgelockerten Kinderbereich spielt sich das Leben um einen Baum herum ab, während das erste OG als ruhige Studierzone gestaltet ist.

Die Bibliothek wurde mit Schulz Speyer unserem Regalsystem RATIO eingerichtet und mit eingegliedertem Cocoon-Möbelset als Sitzkabinen aufgelockert.

Der Entwurf der Inneneinrichtung stammt von Iain Hislop aus dem Planungsbüro in Großbritannien.

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005BuB 69 01/2017

Höhergruppierungsantrag stellen – Ja oder Nein? Tipps und Berechnungsbeispiele vom Tarifexperten

Durch die zum 1. Januar 2017 in Kraft getretene neue Entgeltordnung (EGO) profitieren Bibliotheksbeschäftigte bei kommunalen Arbeitgebern gleich doppelt.

Sie profitieren zum einen• durch die Abschaffung der

»speziellen« Bibliotheks-Tätigkeits-merkmale (TM) und stattdessen nun der Anwendung der »Allgemeinen TM« (wodurch jahrzehntelange Benachteili-gungen gegenüber der allgemeinen Ver-waltung ein Ende haben),

• zusätzlich auch durch die zahl-reichen Anhebungen und Verbesserun-gen, die zugleich innerhalb dieser »Allg. TM« erfolgt sind.

So ergeben sich aus jeder Entgelt-gruppe heraus Höhergruppierungs-möglichkeiten (vgl. den Beitrag in BuB 7/2016, Seite 376-381) – sei es, weil ein bisheriges TM, inhaltlich unverän-dert, nun einer höheren EG zugeordnet wurde, sei es aufgrund etlicher für Bib-liotheken ganz neuer TM (und Begriff-lichkeiten). Dazu bedarf es allerdings immer eines persönlichen Antrags und einer genauen Abwägung der hierbei be-stehenden »Risiken«.

Um dieses Thema geht es hier. So-fern nicht anders angegeben, beziehen sich die im Folgenden benannten Para-grafen auf den TVÜ-VKA.

1. Überleitung in die EGO: Grundsätzliches

• Jede/r Beschäftigte wurde zum 1.1.2017 in die neue EGO »überge-leitet« (§ 29 Abs. 1). Die bisherige Ein-gruppierung (die seit Inkrafttreten des TVöD ja noch als vorläufig galt) wurde dabei – für die Dauer der unverändert

auszuübenden Tätigkeit – zur endgülti-gen Eingruppierung (§ 29a Abs. 1).

• Das bedeutet: Eine andere Ein-gruppierung gibt es erst (bzw. nur), wenn entweder eine andere Tätigkeit übertragen wird oder aber ein Höher-gruppierungsantrag »aufgrund der Ver-besserungen in der neuen EGO« erfolg-reich gestellt wurde.

• Im Zuge der Schaffung der neuen Entgeltgruppen (EG) 9a, 9b und 9c werden Beschäftigte aus der bishe-rigen sogenannten »Kleinen EG 9« in die EG 9a (mit Sonderregelungen bei Stufe 2 und 4, siehe § 29c Abs. 3) und solche aus der »Großen EG 9« in die EG 9b übergeleitet (§ 29c Abs. 2), jeweils unter Mitnahme ihrer Stufenlaufzeit. Dies erfolgt automatisch (also ohne ei-genen Antrag), aber es handelt sich hier auch weder juristisch noch materiell um Höhergruppierungen.

2. Regelungen für Anträge auf Höher-gruppierung aufgrund der neuen EGO

Um eine sich nach der neuen EGO erge-bende Höhergruppierung zu erreichen, muss ein persönlicher formloser Antrag gestellt werden, denn § 29b Abs. 1 be-sagt: »Ergibt sich nach der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD eine höhere Entgeltgruppe, sind die Beschäf-tigten auf Antrag in der Entgeltgruppe eingruppiert, die sich nach § 12 (VKA) TVöD ergibt« – wobei eine »Eingrup-pierung nach § 12« die Anwendung der neuen EGO einschließt.

Ganz wichtig:• Ein solcher »Antrag nach § 29b

Abs. 1 TVÜ-VKA« – also einer, der mit Verbesserungen in der neuen EGO be-gründet wird – kann nur zwischen dem

1.1. und dem 31.12.2017 (Ausschluss-frist) gestellt werden,

• er wirkt auf den Stand am 1.1. 2017 zurück (auch zwischenzeitlich in 2017 erfolgte Stufensteigerungen wer-den dabei »zurückgerechnet«),

• und ein solcher Antrag wird nach dem »alten« Höhergruppierungs-verfahren abgewickelt!

In § 29b Abs. 2 heißt es: »Die Stu-fenzuordnung in der höheren Entgelt-gruppe richtet sich nach den Regelun-gen für Höhergruppierungen (§ 17 Abs. 4 TVöD in der bis zum 28. Februar 2017 geltenden Fassung).« Das ist das soge-nannte »alte Verfahren«. Wie das abläuft und was dabei herauskommt, wird auf der folgenden Doppelseite im Zusam-menhang mit der Tabelle dargestellt.

Da zum 1. März 2017 die sogenannte »stufengleiche Höhergruppierung« ein-geführt wird, haben sich bereits Missver-ständnisse eingestellt. Daher kann nicht oft genug wiederholt werden:

• Jeder Antrag, der mit der neuen EGO begründet wird – ganz egal, wann innerhalb des Jahres 2017 er gestellt wird – läuft nach dem alten Verfahren (ohne Stufengleichheit) – es spielt also über-haupt keine Rolle, ob ein solcher Antrag vor oder nach dem 1. März gestellt wird!

• Und andersrum: Eine stu-fengleiche Höhergruppierung gibt es nur dann, wenn nach dem 1. März eine Übertragung höherwertiger Tätigkeiten stattfindet und der Antrag hierdurch be-gründet ist (und nicht mit Verbesserun-gen in der neuen EGO)!

3. Dringend notwendig: Abwägung eines Höhergruppierungsantrags

Nach Ermittlung des »Höhergruppierungs-gewinns« (anhand folgender Anleitung)

FOYER TARIFPOLITIK

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006

FOYER TARIFPOLITIK

gilt es unbedingt, diesen mit anderen ta-riflichen Regularien abzuwägen – näm-lich zu prüfen, ob sich eine Höhergruppie-rung ganz individuell, je nach »Lebenssi-tuation«, materiell auch rechnet. Die vier wichtigen Themen hierbei sind:

• Jede/r sollte vor einem Antrag unbedingt eine Betrachtung und (ggf. lang-jährige) Rechnung vornehmen, bei der der weitere Verbleib und Verlauf in der jetzigen Eingruppierung dem Verlauf nach einer Hö-hergruppierung gegenübergestellt wird: In welcher EG und welcher Stufe bin ich? »Stand« innerhalb dieser Stufe? Habe ich in

der jetzigen EG noch Stufe(n) vor mir, wie lange dauert es bis dahin, welche Entgelter-höhungen stehen mir da noch bevor? Wann steht gegebenenfalls Rente oder ein Arbeit-geberwechsel an? – Und dann andererseits: Wie sähen die Antworten auf dieselben Fra-gen bei/nach einer Höhergruppierung aus (nicht vergessen: Nach einer Höhergrup-pierung beginnt die Stufenlaufzeit in der neuen EG von vorn)?

• Beachten: In höherer Entgelt-gruppe gegebenenfalls niedrigerer Pro-zentsatz bei der Jahressonderzahlung.

• Eine Höhergruppierung wird

auf eine eventuelle »Strukturausgleichs-zahlung« angerechnet und

• Besitzstands-Zulagen (ehe-malige Vergütungsgruppen-, Program-mierer- und ähnliche Zulagen) könnten wegfallen. Diese dürften in Bibliotheken kaum vorkommen, aber wer eine solche Zulage erhält, wird’s wissen und sollte dies dann prüfen. Eine Besitzstandszu-lage für Kinder (aus der BAT-Überlei-tung) fällt keinesfalls wegen einer Hö-hergruppierung weg.

Viel Erfolg beim Höhergruppiertwerden! Wolfgang Folter

Tabelle der Höhergruppierungsgewinne für Anträge nach Paragraf 29b Absatz 1 TVÜ-VKA

Das »alte« Höhergruppierungs-verfahren:

Alle Höhergruppierungsanträge, die zwischen 1.1. und 31.12.2017 mit der Begründung »Verbesserung durch die neue EGO« (also nicht mit »Übertra-gung neuer Tätigkeiten«) gestellt wer-den, werden nach »§ 17 Abs. 4 TVöD in der bis 28.2.2017 geltenden Fassung« abgewickelt. Das ist das »alte« Ver-fahren und das läuft so: Ich komme in der höheren EG in diejenige Stufe, de-ren Entgeltbetrag mindestens meinem jetzigen Betrag (in der niedrigeren EG) entspricht (manchmal genau identi-sche Beträge!), mindestens aber in Stufe 2 (Ausnahme bei Anträgen »auf-grund neuer EGO«: Wer in Stufe 1 ist, kommt auch in der höheren EG in Stufe 1, die schon verbrachte Zeit wird ange-rechnet; § 29b (2) TVÜ).

Garantiebetrag: Ergibt sich nach dieser »Berechnung« aber nicht min-destens eine Differenz zu meinem jet-zigen Betrag von 57,63 Euro in EG 1-8 beziehungsweise von 92,22 Euro in EG 9a-15, (komme ich zwar trotzdem in die wie oben ermittelte Stufe, aber)

erhalte ich statt des Tabellenbetra-ges der ermittelten Stufe diesen soge-nannten Garantiebetrag (57,63/92,22 Euro) für die Dauer dieser Stufe; dies muss also bei einer Höhergruppierung mindestens herauskommen.

Höhergruppierung »über mehr als 1 EG hinweg«: In diesen Fällen ist die obige »Rechnung« (beziehungsweise »Identifikation der Stufe«) in mehre-ren Schritten, für jede einzelne dazwi-schen liegende EG, vorzunehmen (Ich bin in EG 6/Stufe X, zunächst: In wel-che Stufe der EG 7 käme ich (fiktiv)? Dann wiederum von dieser ausgehend: In welche Stufe der EG 8 komme ich?). Die Frage des eventuellen Garantiebe-trags wird dabei nur einmal, am Ende der Rechnungskette, angestellt (Ver-gleich von ermitteltem Stufenbetrag in der »Ziel-EG« mit jetzigem Betrag in der »Ausgangs-EG«); in diesen Fäl-len sind die »Zwischen-Zeilen« der Ta-belle (mit den Berechnungen) nur ein-geschränkt anwendbar.

Die Stufenlaufzeit in der höhe-ren EG beginne ich in allen Fällen ab der Höhergruppierung wieder »bei Null«.

Anwendung der Tabelle auf der gegenüberliegenden Seite:

Alle genannten Regelungen sind bei den Berechnungen berücksichtigt. Fett gedruckt sind die Beträge der Entgelttabelle, Stand vom 1. Januar 2017. Die Tabelle ist »von unten kommend« wie folgt anzuwenden: Ich suche meine jetzige Entgeltgruppe und Stufe auf. In der darüber stehenden Zelle ist Fol-gendes ablesbar: zunächst die An-gabe der Stufe in der höheren Entgelt-gruppe, in die ich bei einer Höhergrup-pierung komme; dann zusätzlich durch Pfeil »optisch« gekennzeichnet: ob ich in der höheren Entgeltgruppe »stu-fengleich« (»↑«) oder in einer niedri-geren Stufe (als derzeit) (»↖«) lande; zuletzt der Betrag des »Höhergruppie-rungsgewinns« (gegenüber meinem jetzigen Entgelt): entweder der errech-nete Differenzbetrag oder, sofern dies infrage kommt, kursiv einer der beiden »Garantiebeträge« (57,63 / 92,22) – der bei »Höhergruppierung über mehr als 1 EG« allerdings nicht gilt – wie be-reits beschrieben.

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007BuB 69 01/2017

FOYER TARIFPOLITIK

EG Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5 Stufe 6

15 4.280,05 4.748,72 4.923,20 5.546,38 6.020,00 6.331,60

1 403,82 2 448,73 2 199,46 3 92,22 4 92,22 5 211,88

14 3.876,23 4.299,99 4.549,26 4.923,20 5.496,55 5.808,12

1 302,86 2 336,51 2 124,61 4 336,56 5 336,56 5 99,73

13 3.573,37 3.963,48 4.175,38 4.586,64 5.159,99 5.396,82

1 369,10 2 411,31 3 124,66 4 99,68 5 112,15 6 99,71

12 3.204,27 3.552,17 4.050,72 4.486,96 5.047,84 5.297,11

1 108,91 2 124,61 3 373,90 3 92,22 5 454,94 5 205,66

11 3.095,36 3.427,56 3.676,82 4.050,72 4.592,90 4.842,18

1 108,93 2 124,67 3 124,65 4 249,25 5 317,82 5 205,65

10 2.986,43 3.302,89 3.552,17 3.801,47 4.275,08 4.387,25

1 92,22 2 157,39 3 109,67 4 136,86 5 277,32 5 132,96

9c 2.897,54 3.145,50 3.442,50 3.664,61 3.997,76 4.142,12

1 248,69 2 219,56 2 92,22 4 199,69 5 221,23 6 116,34

9b 2.648,85 2.925,94 3.071,16 3.464,92 3.776,53 4.025,78

1 92,22 2 92,22 3 92,22 4 92,22 5 223,71 5 92,22

9a 2.648,85 2.896,81 3.071,16 3.464,92 3.552,82 3.776,53

1 163,37 2 152,39 2 92,22 3 96,80 4 369,56 4 293,33

8 2.485,48 2.744,42 2.865,46 2.974,36 3.095,36 3.171,59

1 152,45 2 169,40 2 57,63 3 57,63 4 57,63 5 66,55

7 2.333,03 2.575,02 2.732,33 2.853,36 2.944,10 3.028,81

1 57,63 2 57,63 3 84,71 4 90,77 4 57,63 5 57,63

6 2.289,44 2.526,62 2.647,62 2.762,59 2.841,25 2.919,91

1 91,97 2 102,84 3 108,89 4 108,90 4 57,63 5 57,63

5 2.197,47 2.423,78 2.538,73 2.653,69 2.738,39 2.798,90

1 104,07 2 114,97 3 84,71 3 57,63 4 57,63 5 65,36

4 2.093,40 2.308,81 2.454,02 2.538,73 2.623,44 2.673,03

1 57,63 2 57,63 3 120,99 3 57,63 4 57,63 5 57,63

3 2.060,76 2.272,49 2.333,03 2.429,82 2.502,44 2.568,98

1 152,50 2 169,40 2 108,89 2 57,63 4 72,63 5 57,63

2 1.908,26 2.103,09 2.163,60 2.224,12 2.357,19 2.496,38

2 392,05 2 363,01 2 326,70 2 292,84 2 205,71

1 — 1.711,04 1.740,08 1.776,39 1.810,25 1.897,38

Die Werte und Rechenvorgänge wurden vom Autor mehrfach überprüft - dennoch sind die Angaben ohne Gewähr.

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008

Der Architekt und Künstler Fabio Ba-rilari arbeitete sieben Jahre freischaf-fend unter anderem bei R. Morandi und M. Fuksas, bis er 1996 sein Pla-nungsbüros »FBA« in Rom gründete. Als Künstler nahm er an der Biennale in Venedig und an der Internationalen Architektur-Triennale in Sofia teil. In den Jahren 2000 und 2010 wurde er mit dem renommierten Architektur-preis »Inarch« ausgezeichnet. Seine zeichnerischen Interpretationen be-deutender Bibliotheksbauten in ur-baner Stadtkultur waren zuletzt un-ter dem Titel »Die Stadt lesen – Biblio-theksarchitektur in Deutschland« auf dem Bibliothekskongress in Leipzig 2016 zu sehen. Von seiner Sichtweise auf eine moderne Bibliotheksarchitek-tur erzählt er Dirk Wissen im aktuellen Interview der Reihe »Wissen fragt ... «.

Dirk Wissen: Was benötigt eine Biblio-thek, um eine positive Atmosphäre zu erhalten?

Fabio Barilari: Für mich ist bei der Atmosphäre einer Bibliothek der wichtigste Aspekt, dass diese neut-ral ist, sodass praktisch jede Person in die Bibliothek kommen kann und je-der für sich seinen persönlichen Ein-druck bilden kann. Ihre Neutralität er-hält die Bibliothek, indem sie persona-lisierte Aspekte zulässt und indem sie es schafft, für jeden beim Eintreten eine

Anziehungskraft zu bewirken, ohne da-bei langweilig zu wirken, und gleich-zeitig alle Aspekte eines modernen Ge-bäudes bietet. Ein ganz wichtiger Punkt dabei ist, die Konstruktion einer Bib-liothek als einen »Organismus« zu ver-stehen. Dieser bietet in der Regel ver-schiedenste Räumlichkeiten oder Teil-bereiche, um beides, das »Laute« und das »Leise« zu ermöglichen. Die Archi-tektur muss so beschaffen sein, dass bei-des ineinander greifen kann, diese Teil-bereiche aber auch für sich alleine funk-tionieren. An dieser Stelle steigen wir in die technischen Begebenheiten der Ar-chitektur ein. Die Akustik ist bei einer Bi-bliothek genauso fundamental wie beim Bau einer Musikhalle oder eines Audito-riums, dennoch unterschiedlich bedingt und angeordnet. Bei Bibliotheken ist es bei der Akustik wichtig, einzelne Berei-che bzw. Räume zu betrachten, die un-terschiedlichste Szenarien ermöglichen. Ich habe in einigen Bibliotheken zum Beispiel Räume gesehen, in denen mu-siziert wurde. Deswegen ist es besonders wichtig, dass man nicht nur die Biblio-thek als Ganzes betrachtet, sondern im-mer auch die einzelnen Bereiche archi-tektonisch mitdenkt, auch wenn diese als ein Gesamtbauwerk zusammengehö-ren. Diese Sichtweise der Kleinteiligkeit ist sowohl für die Akustik als auch für die Illumination wichtig, denn auch die Be-leuchtung hat eine wesentliche Bedeu-tung. Hinzu kommen aber auch die Fak-toren der Luftfeuchtigkeit und Gerüche. Es gibt verschiedene Teile beim Organis-mus Bibliothek, die zusammen leben.

Viele Bibliotheken bieten Nischen zum Lesen, Recherchieren, Musizie-ren und dergleichen – kennen Sie eine Bibliothek, in der man künstlerisch tätig sein kann?

Ich habe bisher keine Künstler- ateliers in Bibliotheken gesehen, aber Räume, in denen Kinder malen und zeichnen dürfen. Kinder stellen noch mal eine ganz andere Bedingung an Räume. Was mir hier wichtig ist bzw. was ich dabei unterstreichen möchte ist, dass wir im Bibliothekswesen der-zeit eine epochale Veränderung der ur-sprünglichen Funktion des Konservie-rens des Buchgutes erfahren. Biblio-theken verändern sich und wir erleben derzeit ganz neue Funktionen für Biblio-theksräume, die zur Verfügung gestellt werden, als noch vor wenigen Jahren. Für die gesellschaftliche Entwicklung kann ich mir durchaus vorstellen, dass es zukünftig auch Künstlerateliers in Bi-bliotheken geben wird, so wie es heute bereits Makerspaces zum Handwerken gibt oder spezielle Kinderbereiche. Vor-stellen könnte ich mir aber auch, dass es zukünftig Lounges geben könnte, in denen sich jeder niederlassen kann, als wäre man auf einer grünen Wiese, um Bücher zu lesen oder Musik zu hören. Dies sollte ein Raum sein, der sich allen öffnet, der für alle da ist – ein Raum, der verschiedenste Aktivitäten stimuliert.

Wie wichtig sind Ihnen für diese grüne Bibliothekswiese noch die Bücher?

Fundamental wichtig. Alles, was ich dazu sagen kann ist, dass Bücher zu Bi-bliotheken gehören. Aber es stimmt schon: Die ursprüngliche Aufgabe der Bibliotheken war, die Bücher zu konser-vieren, dann kam das Konsumieren und heute kommt die Funktion des Kommu-nizierens als wichtiger Aspekt einer Bi-bliothek hinzu. Zudem lassen sich Bü-cher heute quasi als neue Form des Kon-servierens digitalisieren. Somit werden durch die Digitalisierung neue, digitale Räume geschaffen und physischer Raum

FOYER WISSEN FRAGT ...?

Konservieren – Konsumieren – Kommunizieren Auf einen Espresso mit dem römischen Architekten und Künstler Fabio Barilari zur »Atmosphäre von Bibliotheken«

Auf einen Espresso mit Fabio Barilari

Wissen fragt ...?

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Die Bibliothek der Freien Universität Berlin. Eine Zeichnung aus der Ausstellung »Die Stadt lesen« von Fabio Barilari, zu sehen im Frühjahr in Köln und im Herbst in Berlin.

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FOYER WISSEN FRAGT ...?

kann für anderes genutzt werden, da sich durch die Digitalisierung Bücherre-gale verlagern lassen. Früher galten Bü-cher als das Instrument und die einzige Möglichkeit, um Kultur zu vermitteln. Was den Berufsstand der Bibliothekare angeht, gibt es heute zwei Ausrichtun-gen: einmal die traditionelle nostalgi-sche Sicht und einmal die moderne, die in die Zukunft weist. Ich als Architekt muss zukunftsorientiert sein und muss sehen, was kommt. Meiner Ansicht nach haben Bücher immer Bestand und eine Wichtigkeit. Bücher können nicht er-setzt werden, doch ändert sich derzeit diesbezüglich die Sichtweise.

Bedeutet Ihr Blick in die Zukunft, dass Makerspaces, Digital Spaces und Unprogrammed Spaces schon heute die Zukunft sind?

Ja, das ist bereits heute die Zukunft. Aber die Architektur braucht länger, um eine solche Zukunft neu auszufüllen. Die meisten Bibliotheksgebäude sollten nach Richtlinien neuerer Zukunftsmo-delle ausgerichtet werden, sind aber noch nicht in ihrer Art und Weise für eine sol-che Zukunft geschaffen worden. Die Zeit-schiene, um architektonische Verände-rungen zu erzielen, ist sehr lang. Im Hin-blick auf zukunftsorientierte Bibliotheken gibt es eine Bibliothek, die ich sehr, sehr liebe, die katholische Universitätsbiblio-thek Eichstätt. Auch wenn diese Biblio-thek aus den 1990er-Jahren stammt, habe ich dort viele Räumlichkeiten gesehen, die sehr personalisiert sind. Dort sieht man, dass es möglich ist, in vielen unter-schiedlichen Räumen sehr unterschiedli-che Angebote zu bieten. Eine weitere Bi-bliothek, die ich sehr interessant finde, da diese sehr entwicklungsbereit ist, ist die Münchener Stadtbibliothek am Ga-steig. Auch diese hat viele unterschiedli-che Räumlichkeiten, die mehrdeutig sind, also viele Möglichkeiten zulassen. Ich sah auf meinen Reisen auch sehr traditionell wirkende Bibliotheken, die dennoch von der Öffentlichkeit sehr gut angenommen werden und ebenfalls gut funktionieren. Zudem waren für mich hervorragende

Bibliotheken unter anderem die Philolo-gische Bibliothek der Freien Universität Berlin und die neue Studienbibliothek der klassischen Stiftung Anna Amalia. Deren Lesesaal wirkt sehr traditionell und ein wenig wie ein Wohnzimmer.

Gab es einen Anlass für Ihre Reisen zu den Bibliotheken?

Der Anlass war journalistisch ange-regt. Ich war überall vor Ort, indem ich zwei intensive Reisen durch Deutsch-land unternommen habe. Primär nutze ich meine Zeichnungen für eine ei-gene architektonische Recherche. Diese Zeichnungen bieten mir die Möglichkeit, einen bestimmten Moment festzuhal-ten, um die Bedingungen in der jewei-ligen Stadt zu begreifen, die Menschen die dort leben zu erleben, die Bibliothek zu verstehen sowie die Funktionen, die die Bibliothek vor Ort erfüllen soll, zu erkunden. Für eine Ausstellung gab es eine Kooperation mit dem Goethe-Insti-tut in Rom, das mich nach Deutschland geschickt hatte, damit ich meine Recher-chen, über das Zeichnen von Bibliothe-ken hinaus, weiter ausbauen konnte.

Wurden Ihre Zeichnungen vollstän-dig vor Ort erstellt oder daheim nachkoloriert?

Technisch betrachtet gab es beide Situationen. Ich reise immer mit einem Skizzenbuch, egal wohin ich fahre. Das ist praktisch mein Recherchebuch. Bei den beiden Reisen mit dem Goethe-In-stitut hatte ich extra großformatige Skizzenbücher bzw. Skizzenalben mit-genommen, um professioneller bzw. großformatiger zeichnen zu können. So konnte ich komplette Zeichnungen vor Ort anfertigen. Zudem machte ich Fo-tos, um diese Zeichnungen ggf. beenden zu können. Auf der anderen Seite gab es Zeichnungen, die wie bei einem Journa-listen als Notizpunkte dienten, um dann zu Hause nochmals ein neues Bild er-schaffen zu können. Dieser Mechanis-mus ist vergleichbar mit dem des Schrei-bens. Ich verstehe das Zeichnen als eine Form, Notizen zu machen.

Wie wichtig ist Ihnen bei der Szenerie Ihrer Zeichnungen die Symbolik der Architektur?

Die symbolische Komponente exis-tiert gerade im Architekturbereich fast immer. Meiner Meinung nach müsste die Symbolik bei Bibliotheken in den Hintergrund rücken. Bibliotheken soll-ten nicht der Politik dienen, Bibliothe-ken sollten neutral sein. Bibliotheken sollten offene Strukturen für alle Kultu-ren bieten. Diese Offenheit ist heute fun-damental wichtig und auf der anderen Seite ist es bedeutend, dass eine Biblio-thek diesen neutralen Charakter hat und bewahrt. Offen für alle und neutral ge-genüber jedem, das ist wichtig.

Sie beziehen eine starke Position. Wel-chen Prozess gab es, eine Position für die richtige Perspektive zu finden, damit Sie die Bibliotheken richtig in Szene set-zen können?

Die Prüfung der jeweiligen Zeich-nung, um die richtige Perspektive zu er-halten, ist die schwierigste architekto-nische Prüfung überhaupt. Diese wurde zum ersten Mal in der Renaissance von Piero della Francesca und Filippo Bru-nelleschi erforscht. Die Perspektive be-nötigt seitdem eine mathematische Be-rechnung. Ich kenne diese perspektivi-schen Regeln, doch in dem Moment des Zeichnens, ordne ich dies erst mal nicht mathematisch an, sondern ich weiß vom Kopf her, wie ich das anzuordnen habe und wie die Perspektive zu zeichnen ist. Meine ganz persönliche Art, diese Zeich-nungen anzufertigen ist, dass ich gleich-zeitig mit dem Stift und mit der Farbe male. Das bedeutet, dass ich gelegent-lich dann doch auch Fehler mache. Doch Fehler zu machen, gehörten zum Resul-tat einfach dazu.

Herr Barilari, ich danke Ihnen.

Und was sagen Sie als Journalistin Frau Weiss: Wie

wichtig ist es, auch mal Fehler machen zu dürfen – wie wichtig

ist Fehlerkultur?

Mehr dazu in der nächsten Folge von »Wissen fragt …?«. Selfies: Dirk Wissen

Ihre Meinung: Wie wichtig ist es, auch mal Fehler machen zu dürfen? Schreiben Sie an: [email protected]

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010

FOYER INTEGRATION

Im Zuge der Neugestaltung und Er-weiterung der Internationalen Bib-liothek war es dem Mitarbeiter-Team wichtig, dass die Stadtbibliothek Mag-deburg stärker von Geflüchteten und anderen Migrantengruppen als nie-derschwelliger Lernort und Treff-punkt wahrgenommen wird.

Für Einzelpersonen, aber auch für klei-nere und größere Gruppen ist ausrei-chend Platz vorhanden, hinzu kommen PC-Arbeitsplätze und eine Abhörstation für Lernende.

Auch der Bestand konnte dank ei-nes erfolgreichen Fundraising-Projekts noch einmal um rund 130 Medien er-weitert werden. Die Magdeburger Theo-login Gabriele Herbst gab den wesentli-chen Impuls zu der erfolgreichen Spen-denaktion »Wir bieten Nazis die Stirn. Bücher zum Deutschlernen für Flücht-linge«, an der sich neben Partnern aus Politik, Kultur, Kirche und Handel auch Schulen und zahlreiche Einzelpersonen beteiligten.

Bei Gruppenführungen für Deutschkurse und in Einzel-gesprächen mit Migranten kristallisierte sich immer wieder der Wunsch nach außerschulischer Kommuni-kation mit deutschen Mutter-sprachlern heraus.

Der Erlös von über 2 400 Euro wurde komplett für kostenintensive Wörterbü-cher, Sprachlehrmedien, Bildwörterbü-cher in einfacher Sprache sowie Medien aus dem Gebiet »Deutsch als Fremdspra-che«, darunter auch solche für Kinder

ausgegeben. Ausgerichtet an den Mut-tersprachen der Geflüchteten wurde das Angebot insbesondere für Sprachen wie Arabisch, Persisch, Paschtunisch, Urdu und Tigrinisch erweitert.

Bei Gruppenführungen für Deutsch-kurse und in Einzelgesprächen mit Migranten kristallisierte sich immer wieder der Wunsch nach außerschuli-scher Kommunikation mit deutschen Muttersprachlern heraus – gerne auch in der Bibliothek.

Einer der lebendigsten Kommuni-kationsorte in der Zentralbibliothek ist das vor einem Jahr neu eröffnete Ge-sellschaftsspiele-Kabinett, in dem sich nachmittags oft Familien oder Freunde treffen, um die neusten Spiele vor Ort auszuprobieren und gegebenenfalls auch auszuleihen.

Für die neue Veranstaltungsreihe »Spielend Deutsch« wurden der Wunsch nach einem sprachlichen Austausch und die Beliebtheit der Gesellschaftsspiele kombiniert. Einmal monatlich findet nun ein Kommunikationsspiele-Nach-mittag für Deutschlernende und inter-essierte Muttersprachler statt.

Bei Brettspielen wie »Concept« oder »Dixit« kommen die Teilnehmer in zwangloser Runde ins Gespräch, ge-winnen Sicherheit im Umgang mit der Fremdsprache Deutsch und erweitern ihren Wortschatz. Bei der Auftaktver-anstaltung waren an zwei Spieltischen 24 Teilnehmer aus insgesamt zehn ver-schiedenen Nationen von Afghanistan bis zur Ukraine anwesend.

Miriam Schmidt, Stadtbibliothek Magdeburg

Spielend Deutsch lernen Veranstaltungsreihe für Migranten in der Stadtbibliothek Magdeburg

Spaß, Unterhaltung und Kommunikation: Gleich zum ersten Spielenachmittag kamen zahlreiche Migranten. Foto: privat

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FOYER DISKUSSION

Ein zentrales Gebäude für die Landesbibliothek – so bald wie möglich! Offener Brief des Vorstands des Freundeskreises der Zentral- und Landesbibliothek Berlin

Zur Diskussion über einen Neubau für die Zentral- und Landesbibliothek Berlin hat die Redaktion folgenden of-fenen Brief erhalten:

Der Vorstand des Freundeskreises der Zentral und Landesbibliothek Berlin e.V. verfolgt mit wachsender Besorg-nis die Presseberichte über die Koaliti-onsverhandlungen bezüglich eines Neu-baus für die Zentral- und Landesbiblio-thek (ZLB). Wir sind überrascht, dass anscheinend die Zusammenführung der Standorte in einem Gebäude in der lau-fenden Legislaturperiode gefährdet ist.

An dem Bedarf kann kein Zweifel bestehen. Das sagen laut »Tagesspiegel« auch Michael Müller (SPD) und Stefan Evers (CDU). Die Linke schlägt in ihrer Erklärung zur Wahl 2016 eine zeitge-mäße Universalbibliothek an einem zen-tralen Standort vor, die den Bedürfnis-sen der modernen Stadtgesellschaft ge-recht wird. Auch die Grünen haben noch im Sommer 2016 gefordert, das Konzept für die neue Landesbibliothek samt se-riöser Bedarfs-, Ort- und Kostenplanung müsse kurzfristig vorgelegt werden.

Berlin braucht große, gut ausgestat-tete und mit fortschrittlicher IT-Technik

versehene Bibliotheken. Wer daran zwei-felt, dem empfehlen wir den Besuch des Grimm-Zentrums der Humboldt-Univer-sität an einem beliebigen Werktag. Sehen Sie sich auch gerne einmal in der Ameri-ka-Gedenkbibliothek (AGB), am Standort Blücherplatz, der ZLB um. Aber Vorsicht – nicht über die Benutzer/innen stolpern, die sich einen Arbeitsplatz auf dem Fuß-boden suchen müssen, weil die Tische alle hoffnungslos überbesetzt sind.

Die Standortplanung ist weit fortge-schritten. Wie in der Presse mehrfach zu lesen war, werden der Standort Blü-cherplatz sowie das Marx-Engels-Forum

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favorisiert. Da hat der schwarz-rote Se-nat erfreulicherweise seine Hausauf-gaben gemacht. Warum will die Politik nicht zeitnah auf den bisherigen Ergeb-nissen aufbauen? Warum soll in der der-zeitigen Legislaturperiode keine Festle-gung des Ortes und der Baukosten mög-lich sein? Warum soll der Baubeginn nicht festgelegt werden können? Die Ver-handler/innen einer möglichen rot-rot-grünen Koalition beabsichtigen einen Vorstoß in Richtung »Kultur für alle«. Da sagen wir, sehr gut, weiter so. Gute, attraktive Bibliotheken mit großzügi-gem Raumangebot und moderner tech-nischer Ausstattung sind extrem nied-rigschwellige Kultureinrichtungen. Das beweist die Nutzung der Zentral- und Landesbibliothek trotz ihres unzurei-chenden Platzangebots. In ihren beiden Häusern hat sie jährlich etwa anderthalb Millionen Besucherinnen und Besucher. Welche andere Berliner Kultureinrich-tung hat einen derartigen Zustrom aus der gesamten Stadtgesellschaft?

Warum soll in Berlin nicht möglich sein, was uns andere vormachen? Groß-zügige Bibliotheksbauten zum Beispiel in Amsterdam, in Seattle, in Birmingham, in Aarhus und auch in Stuttgart setzen wich-tige Zeichen für Kultur und Bildung.

Wir sagen: Berlinerinnen und Ber-liner brauchen eine moderne Landesbi-bliothek, die den Ansprüchen einer Me-tropole gerecht wird. In ihr werden sie die Welt der Medien, der Bildung und der kulturellen Vielfalt erfahren können.

Setzen Sie ein Zeichen. Beginnen Sie mit dem Bau einer Metropolenbibliothek in dieser Legislaturperiode, vor 2021. Schaffen Sie einen öffentlichen Raum, der mit Leseräumen, Büchern, mit neuen Medien und WLAN, mit DVDs, CDs und Datenbanken, aber auch mit Café und Kunsträumen den Zugang zu Bildung und Kultur erleichtert. Einen Platz für alle, ei-nen Ort der Freiheit des Geistes.

Der Vorstand des Freundeskreises der Zentral- und Landesbibliothek Berlin e.V.

(Ruth Klinkenberg – Geschäftsführerin der Buchhandlung Marga Schoeller, Christine-

Dorothea Sauer – Bibliotheksdirektorin i.R., Detlef Bluhm – Geschäftsführer des

Landesverbandes Berlin-Brandenburg des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels)

Bibliotheken – Orte der Demokratie Politische Diskussionen und viele Besucher beim Niedersächsischen Bibliothekstag 2016

Im November 2016 fand in Hannover der sehr gute besuchte Niedersäch-sische Bibliothekstag 2016 statt. Die unerwartet hohe Teilnehmerzahl von 250 Anmeldungen hat die Veranstal-ter, den Landesverband Niedersach-sen im Deutschen Bibliotheksverband (lvn) und die Büchereizentrale Nieder-sachsen in Kooperation mit Berufsver-band Information Bibliothek (BIB) und Verein Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VDB), überrascht.

»Unser Anliegen ist es, die hohe Rele-vanz von Bibliotheken für unsere de-mokratische Gesellschaft aufzuzeigen«, sagte Frank Priebe, Vorsitzender des niedersächsischen Landesverbandes in seiner Begrüßungsrede. »Unsere Bib-liotheken in Niedersachsen garantie-ren den Bürgerinnen und Bürgern aller gesellschaftlichen Schichten den freien Zugang zu Information. Bibliotheken sind die meistgenutzten öffentlichen Kultur- und Bildungseinrichtungen. Sie sind wichtige Akteure im Prozess des digitalen Wandels, bei der kulturellen

Integration verschiedenster Bevölke-rungsgruppen. Es ist höchste Zeit, dass Bibliotheken auch stärker in die digi-talen Strategien und in die Integrati-onspläne des Bundes, der Länder und der Kommunen einbezogen werden«, betonte Priebe. Ein Dank ging an den Gastgeber, die VGH Versicherungen, die die Veranstaltung in ihren Räumen ermöglichten.

Eine Kürzung der Mittel höhle Bibliotheken von innen aus und schwäche sie in ihrer Leistungsfähigkeit.

Gemäß dem Motto des Bibliothekstages war der Vormittag politischen Themen gewidmet. Sowohl die Grußworte als auch die engagierte Festrede griffen das auf. Die niedersächsische Landesbeauf-tragte für Migration und Teilhabe, Doris Schröder-Köpf, hob das Motto »Orte der Demokratie« als »Wesenskern von Bib-liotheken« hervor. Bibliotheken seien demokratische Räume, niedrigschwellig

FOYER TAGUNGEN

Der engagierte Festvortrag der Journalistin Franziska Augstein »Zivilisierte Räume auch in unzivilisierten Zeiten« zeigte die Bedeutung von Bibliotheken anhand von Beispielen wie etwa der Bibliothek in Kabul auf. Fotos: Vorstand lvn

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FOYER TAGUNGEN

und trügen zu Bildung und Teilhabe als Voraussetzung für gelingende Demo-kratie bei. Sie seien heute multifunktio-nale Einrichtungen, nicht-kommerzielle Treffpunkte zum lebenslangen Lernen mit einem Angebot von kultureller Viel-falt zur sozialen Integration und Über-windung der digitalen Spaltung. Das Projekt »Willkommen« der Bücherei-zentrale Niedersachsen, wichtig als erste Orientierung für Geflüchtete und Migranten, soll 2017 auch in die zweite und 2018 in die dritte Phase gehen.

Mehr Bibliothek wagen

Heike Fließ, zuständig für Öffentliche Bibliotheken im Ministerium für Wis-senschaft und Kultur, vertrat Gabriele Heinen-Kljajić, Ministerin und Schirm-herrin der Veranstaltung. Sie schlug den Bogen von den ersten bürgerlichen Volksbibliotheken bis hin zu modernen Bibliotheken der Gegenwart, analog wie digital offen für alle. Bibliothekare und Bibliothekarinnen würden zunehmend zu Beratern, zu »analogen Siri« und Me-dienkompetenzberatern, sie müssten sich noch stärker mit anderen Kultur-einrichtungen vernetzen. Das Land Nie-dersachsen fördere bereits die Bücher-eizentrale Niedersachsen, die Onleihe und »Lesestart« mit Landesmitteln. Ihr Fazit: »Politik und Ver-waltung sollten mehr Bibliothek wagen.«

Der engagierte Fest-vortrag der Journalistin Franziska Augstein »Zi-vilisierte Räume auch in unzivilisierten Zeiten« zeigte die Be-deutung von Bibliotheken anhand von Beispielen wie etwa der Bibliothek in Kabul auf. Nicht systematisch erschlos-sen und damit nicht benutzbar zeige sie klar die Bedeutung der Arbeit der Bib-liothekare, die den Zugang zu Wissen erst ermögliche. In den USA fungier-ten Bibliotheken durch die fehlende Wohlfahrtspflege auch als Sozialstation mit Hausaufgabenhilfe oder als Spiel-platz und könnten ein zweites oder gar einziges Zuhause sein. Hier wie dort seien Bibliotheken Orte der Friedfertig-keit, des Lernens und der Bildung für

ausnahmslos alle. Eine Kürzung der Mit-tel höhle Bibliotheken von innen aus und schwäche sie in ihrer Leistungsfähigkeit. Sie betonte auch den Stellenwert von Bi-bliotheken als Gedächtnis eines Landes.

Zum erweiterten Motto »Bibliothe-ken – Orte der Demokratie. Was müssen sie uns wert sein« diskutierten die kul-turpolitischen Sprecher aller Fraktionen

des Niedersächsischen Landtags – Silke Lese-mann (SPD), Volker Bajus (Bündnis 90/Die Grünen), Jörg Hillmer (CDU) und Almuth von Below-Neufeldt (FDP)

sowie die Kulturdezernentin Susanne McDowell (Stadt Celle) mit der Vorsit-zenden des Deutschen Bibliotheksver-bandes Barbara Lison, moderiert von Henning Bleyl, Bremer Journalist. Eine Finanzhilfe des Landes für Öffentliche Bibliotheken würde zurzeit nur durch die zentralen Leistungen der Bücherei-zentrale und durch temporäre Projekt-förderung erfolgen. Ob ein Kulturförd-ergesetz oder ein Bibliotheksgesetz für Niedersachsen in der Wirksamkeit über-legen sei, wurde kontrovers diskutiert. Susanne McDowell forderte stellvertre-tend für die Kommunen eine zusätzliche

direkte institutionelle Landesförderung für alle kommunalen Bibliotheken ein. Beim Urheberrecht in Sachen E-Books forderte Barbara Lison die Politik klar zum Handeln auf. Die dbv-Vorsitzende mahnte eine nationale Bibliotheksstra-tegie an, um das Thema Bibliothek breit zu diskutieren.

Das Thema Sonntagsöffnung von Bi-bliotheken war erkennbar in der Lan-despolitik noch nicht angekommen. Dennoch bewertete Barbara Lison die Podiumsrunde abschließend positiv, verbunden mit der Hoffnung, dass das Thema Bibliothek nunmehr in der Lan-despolitik gesetzt sei.

Am Nachmittag rundeten zehn gut besuchte Workshops die Veranstaltung ab. Die Themenbreite, interessant für Bibliothekare aus Öffentlichen wie Wis-senschaftlichen Bibliotheken, reichte dabei vom Datenschutz und Urheber-recht über interkulturelle Kompetenz, Lernstrategien und Informationskom-petenz, hin zu neuer Rollenfindung von Bibliotheken und Bibliotheksangeboten für Migranten.

Ellen van der Loos, Stadtbibliothek Nordhorn; Petra Moderow,

Stadtbibliothek Celle

Zum erweiterten Motto »Bibliotheken – Orte der Demokratie. Was müssen sie uns wert sein« diskutierten die kulturpolitischen Sprecher aller Fraktionen des Niedersächsischen Landtags – Silke Lesemann (SPD), Volker Bajus (Bündnis 90/Die Grünen), Jörg Hillmer (CDU) und Almuth von Below-Neufeldt (FDP) sowie die Kulturdezernentin Susanne McDowell (Stadt Celle) mit der Vorsitzenden des Deutschen Bibliotheksverbandes Barbara Lison. Moderiert wurde die Veranstaltung vom Bremer Journalisten Henning Bleyl.

Das Thema Sonntagsöff-nung von Bibliotheken war erkennbar in der

Landespolitik noch nicht angekommen.

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Kompetenz fürs Leben – Leseförderung durch Bibliotheken Fachtagung der Bibliotheksfachstellen Deutschlands vom 26. bis 28. September in Saarbrücken

Leseförderung als eine der Kern-Vo-raussetzungen für »Lebens-Kompe-tenz« ist einer der thematischen Dau-erbrenner in der Bibliotheksarbeit und verdient es immer wieder, in den Mittelpunkt gestellt zu werden. So auch bei der Fachtagung der Biblio-theksfachstellen in Deutschland, die dieses Jahr vom 26. bis 28. September in Saarbrücken stattfand. Leseförde-rung in Verbindung mit digitalen Me-dien sollte vor allem im öffentlichen Teil der Fachkonferenz auch die Bib-liotheksmitarbeiterinnen und Biblio-theksmitarbeiter Öffentlicher Biblio-theken ansprechen.

Die Tagung wurde vom saarländischen Bildungsminister Ulrich Commerçon und dem Vorsitzenden der Fachstellen-konferenz, Alexander Budjan, eröffnet. Die Fachstelle des Saarlands ist direkt dem Ministerium für Bildung und Kul-tur zugeordnet und beinhaltet als Refe-rat der Kulturabteilung die Verantwor-tungsbereiche Bibliotheken, Kunst und Literatur. Minister Commerçon wies er-neut auf die Voraussetzung des Lesens als zentrale Kulturtechnik für den Bil-dungserwerb hin. Das Lesen sei notwen-dig, um aktiv und selbstbestimmt alle Medien nutzen zu können – gerade auch im digitalen Zeitalter.

Digitale Leseangebote

Professor Stefan Aufenanger von der Jo-hannes Gutenberg-Universität in Mainz (AG Medienpädagogik /Institut für Er-ziehungswissenschaft) eröffnete mit sei-nem Vortrag »Leseförderung in einer di-gital geprägten Welt« den thematischen Schwerpunkt. Der Vortrag lotete die Möglichkeiten der Leseförderung mit und für digitale Medien aus und betonte

besonders die Rolle der Medienkompe-tenz. An einigen Beispielen machte Auf-enanger deutlich, wie die Rolle der Bib-liothek dabei aussehen und wie sie kon-kret ausgestaltet werden kann.

Von dem theoretischen Überbau ging es im Anschluss zu Best-Practice-Bei-spielen aus dem Bibliotheksalltag. Christine Kranz von der Stiftung Lesen stellte digitale Leseangebote, unter an-derem Bilderbuch-Apps, vor. Auch sie verdeutlichte die Rolle der Bibliotheken im digitalen Zeitalter und erläuterte, dass Bibliotheken Kinder und Jugendli-che mit digitalen Medien in der Leseför-derung besser erreichen können.

Petra Scheuer, Leiterin der Stadt-bücherei Lauterbach (Hessen), veran-schaulichte die unterschiedlichen Ver-anstaltungsformen des Leseförderkon-zepts in Lauterbach. Ein Schwerpunkt dabei ist der jährlich stattfindende Book-Slam für alle siebten Jahrgangsstufen ei-ner ortsansässigen Schule.

Georg Fisch, Leiter der Stadtbibliothek im Salzstadel in Straubing, präsentierte die »Leseregion Straubing«, ein bundes-weit einmaliges Netzwerk zur Leseför-derung im ländlichen Raum. Dort ha-ben sich die Stadt Straubing und der Landkreis Straubing-Bogen zur »Lesere-gion –Straubing – Stadt und Land« zu-sammengeschlossen. Partner in diesem Netzwerk für das Lesen sind die Schulen und die Kindertagesstätten der Region, das Freiwilligenzentrum Straubing und die Stadtbibliothek Straubing als zen-trale Organisationseinheit. Ziel ist die

Schaffung einer nachhaltigen Förder-struktur. Zum Aufgabenprofil zählen un-ter anderem ein Klassensatzverbund, die individuelle Leseförderung durch Lese-paten in der Grundschule, die Organisa-tion von Lesereisen sowie Fortbildungs-veranstaltungen für Lehrkräfte, Erziehe-rinnen und Ehrenamtliche.

Zum Abschluss des ersten Tages ga-ben Jörg Sämann (Ministerium für Bil-dung und Kultur des Saarlandes) und Günter Pflaum (Stellvertretender Leiter des Landesbibliothekszentrums Rhein-land-Pfalz) einen Überblick über die Leseförderangebote in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. In Rheinland-Pfalz wurde unter dem Namen »Lesespaß aus der Bücherei« ein Stufenprogramm zur Sprach- und Leseförderung entwickelt. Im Saarland werden zum großen Teil die bundesweiten Leseförderaktionen wie Lesestart, Vorlesetag, ergänzt durch ge-zielte Förderung von Einzelprojekten in Bibliotheken, Schulen und Kindertages-einrichtungen, durchgeführt.

Der zweite Tag wurde von einer Po-diumsdiskussion zum Thema Leseför-derung unter der Moderation von Bar-bara Renno (SR 2 Kulturradio) einge-leitet. Podiumsteilnehmer waren Jörg Sämann, Bettina Twrsnick (Bundes-verband Leseförderung e.V.), Karsten Schuldt (HTW Chur) und Sabine Ueh-lein (Stiftung Lesen).

Alle Podiumsteilnehmenden waren sich einig, dass die Leseförderung ge-rade im digitalen Zeitalter an Bedeu-tung gewinnt. Damit Bibliotheken auch künftig Kinder und Jugendliche errei-chen können, müssen sie verstärkt den Einsatz digitaler Medien in der Leseför-derung in den Blick nehmen.

Die nächste Fachkonferenz findet vom 11. bis 12. September in Koblenz statt.

Ute Palmer, Leitung Fachstelle München

FOYER TAGUNGEN

Ausgewählte Vorträge kön-nen in der BuB-App abge-rufen werden.

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FOYER NACHRICHTEN

Nachrichten

Gemeinsame Bau-Norm für Bibliotheken und Archive

Berlin. Der Deutsche Bibliotheksver-band (dbv) hat eine Stellungnahme der gemeinsamen Baukommission von dbv und Verein Deutscher Bibliothekarin-nen und Bibliothekare (VDB) zum Nor-mentwurf DIN E 67700 (Nachfolger des DIN Fachberichts 13) veröffentlicht: www.bibliotheksverband.de/fachgrup pen/kommissionen/baukommission/aktivitaeten/arbeitsdokumente.html. Der Entwurf mit dem Titel »Bau von Bi-bliotheken und Archiven – Anforderun-gen und Empfehlungen für die Planung« war Anfang Juli erschienen und legt An-forderungen und Empfehlungen fest, die bei der Planung von Bibliotheken und Archiven zu berücksichtigen sind. Er gilt sowohl für den Neubau von Bib-liotheken und Archiven als auch für die Umnutzung bestehender Gebäude oder Räume. Er bezieht Archive, Öffentliche und Wissenschaftliche Bibliotheken un-terschiedlicher Größe und Aufgabe ein. Damit liegt für die Anforderungen beim Bau von Bibliotheken und Archiven erst-mals eine Norm vor.

dbv begrüßt Reform des Urheberrechts

Berlin. Der Deutsche Bibliotheksver-band (dbv) begrüßt die geplante Re-form des Urheberrechts der Bundesre-gierung ausdrücklich und fordert sie auf, sie noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen. Der dbv unterstreicht dabei vor allem die Notwendigkeit, Maßnah-men in Bezug auf Pauschalvergütung, freie Materialwahl, Text- und Data Mi-ning, E-Book Ausleihe, Zweitveröffentli-chungsrecht und Langzeitarchivierung des digitalen Kulturerbes umzusetzen. »Der Kreislauf des Forschens und Leh-rens ist die Basis des wissenschaftlichen Arbeitens«, so Petra Hätscher, Mitglied im dbv-Bundesvorstand und Direktorin

des Kommunikations-, Informations- und Medienzentrums (KIM) der Univer-sität Konstanz. »Im digitalen Zeitalter werden wissenschaftliche Publikatio-nen zu einem großen Teil digital veröf-fentlicht. Dieser Medienwandel erfor-dert eine Reform des Urheberrechts im Sinne der Wissenschaft, das Forschen und Lehren befördert und einfache In-formationsflüsse ermöglicht.«

US-Bibliotheken reagieren auf Wahlergebnis

Chicago (USA). Unter dem Hashtag #LibrariesRespond teilen US-amerika-nische Bibliotheken seit Ende Novem-ber ihre Reaktionen auf das Ergebnis der Präsidentschaftswahl und erinnern un-ter anderem an ihre Grundwerte, näm-lich den freien Zugang zu Wissen und Information für alle Menschen – egal welcher Herkunft oder Religionszuge-hörigkeit. Die American Library Asso-ciation (ALA) war nach einer Presse-mitteilung, in der sie dem künftigen US-Präsident Donald Trump eine einver-nehmliche Zusammenarbeit angeboten

hatte, heftig in die Kritik geraten. Es folgten offene Briefe von Bibliotheken und Kommentare unter #NotMyALA.

Ausschreibung für Hamburger Innovationspreis

Hamburg. Mit dem Hamburger Inno-vationspreis Ranganathan honoriert das Department Information der HAW Hamburg innovative Ideen und Projekte in der Metropolregion Hamburg, die das Potenzial haben, den Bereich Biblio-thek- und Information langfristig voran-zutreiben. Er ist mit 2 000 Euro dotiert. Ziel des Preises ist es, außergewöhnliche Ideen und Projekte im Bibliotheks- und Informationssektor zu fördern und in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Teilnehmen können Einzelpersonen, Bi-bliotheken und Informationseinrich-tungen sowie Projekte, die hohes Inno-vationspotenzial aufweisen. Die Teilneh-menden können sich selbst bewerben oder von Dritten vorgeschlagen werden (via [email protected]). Bewerbungsschluss ist Ende Feb-ruar 2017.

Jahrestagung der deutschen AIBM-Ländergruppe

Vom 5. bis 8. September findet die Jahrestagung der deutschen AIBM-Länder-gruppe an der Universitäts- und Landesbibliothek Münster statt. Die Tagung soll verschiedene Themen mit musikbibliothekarischer Relevanz behandeln, unter anderem• Erschließungs- und Präsentationsformen für physische beziehungsweise digi tale Musikbibliotheksbestände• Digitale Noteneditionen• Vermittlung von Informationskompetenz und Recherche-Technik• urheberrechtliche Fragestellungen• Musik-Streaming-Dienste in Musikbibliotheken• Musik-Apps• aktuelle Projekte in Musikbibliotheken Wenn Sie einen Vortragsvorschlag haben, dann schicken Sie bitte den Titel und einen kurzen Abstract (maximal 1 500 Zeichen) in elektronischer Form bis zum 31. Januar 2017 an [email protected]. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an: Katharina Talkner, Sekretärin AIBM Deutschland, c/o Hochschule für Musik und Theater Hannover, Emmichplatz 1, 30175 Hannover / [email protected]ür die Vorträge sind in der Regel 30 Minuten (inklusive 5 Minuten Diskussion) vorgesehen. Weitere Informationen zur AIBM-Tagung werden auf der Tagungs-webseite veröffentlicht: http://www.aibm.info/tagungen/2017-muenster/

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Lesekalender 2017 erschienen

Hannover. Der Lesekalender 2017 der Akademie für Leseförderung Nieder-sachsen ist erschienen. In diesem Jahr stehen Ideen für die Sprach- und Le-seförderung für Flüchtlingskinder im Zentrum. Der Kalender präsentiert Pro-jekte, an deren Gestaltung die Kinder und Jugendlichen sich aktiv beteiligen. Außerdem werden Materialien, Bücher und Methoden vorgestellt, die für die Sprach- und Leseförderung für Kinder mit geringen Deutschkenntnissen hilf-reich sind. Interessenten können den Kalender gegen eine Schutzgebühr von fünf Euro bei der Akademie für Leseför-derung per E-Mail ([email protected]) oder telefonisch (0511/1267 308) bestellen.

FIZ Karlsruhe verstärkt Forschung

Karlsruhe. Die Forschung bei FIZ Kar-lsruhe – Leibniz-Institut für Informati-onsinfrastruktur wird weiter ausgebaut.

Nach der Berufung der Rechtswissen-schaftlerin Prof. Franziska Boehm für den ebenfalls neugeschaffenen Bereich »Immaterialgüterrechte in verteilten Informationsinfrastrukturen«, die be-reits zum Wintersemester 2015/16 aus Münster nach Karlsruhe wechselte, nahm nun auch Prof. Harald Sack sei-nen Ruf für den neu geschaffenen Be-reich »Information Service Enginee-ring« an. Zuvor war er viele Jahre als Senior Researcher am Hasso-Platt-ner-Institut in Potsdam tätig. Im Fokus des Bereichs »Information Service En-gineering« stehen Modelle und Metho-den zur Entwicklung und Bereitstellung von Informationsdiensten. Mit diesem neuen Forschungsschwerpunkt ergänzt FIZ Karlsruhe auf sein bisheriges For-schungs-, Dienstleistungs- und Produkt-portfolio und trägt damit der aktuellen Dynamik des digitalen Wandels Rech-nung: Daten und Informationen ebenso wie die zunehmende Digitalisierung von Arbeitsabläufen und Prozessen ver-ändern signifikant die Anforderungen, die Kunden und Nutzer an moderne In-formations-Services stellen.

Österreichischer Fachkongress in Linz

Linz (Österreich). Unter dem Motto »Wolkenkuckucksheim. Bibliotheken in der Cloud« richten die Vereinigung Ös-terreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VÖB) und die Universi-tätsbibliothek Linz vom 13. bis 15. Sep-tember 2017 in Kooperation mit dem Büchereiverband Österreichs (BVÖ) den größten Fachkongress für Bibliothekar-Innen in Österreich aus. Vorschläge für Vorträge und Poster können noch bis zum 13. März eingereicht werden. Wei-tere Informationen gibt es unter: biblio-thekartag2017.univie.ac.at

App »Ankommen« jetzt auch als Website

München. Die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ge-meinsam mit der Bundesagentur für Ar-beit (BA), dem Bayerischen Rundfunk

(BR) und dem Goethe-Institut entwi-ckelte App »Ankommen« wird um eine mobile Website erweitert: Unter www.ankommenapp.de erhalten Neuankom-mende in Deutschland künftig auch über das Internet praktische Hilfe und Informationen zum Asylverfahren, zum Arbeitsmarktzugang und zum Leben in Deutschland. Seit ihrem Start im Ja-nuar 2016 wurde die App bereits rund 200 000 Mal heruntergeladen. »Ankom-men« hilft nicht nur mit vielen Informa-tionen bei der schnellen Orientierung während der ersten Wochen, sondern verfügt zusätzlich über einen kosten-losen Basis-Sprachkurs für die ersten Schritte auf Deutsch. Die App-Inhalte werden zudem laufend weiterentwi-ckelt. Die Informationen zum Asylver-fahren wurden aktualisiert, der Sprach-kurs des Goethe-Instituts um weitere Ka-pitel ergänzt.

Überarbeitete KAB als Wiki: Version 2017

Reutlingen. In sieben Sitzungen entwi-ckelte die Expertinnengruppe der Sys-tematik-Kooperation ASB-KAB-Über-arbeitung die Online-Version der KAB in Wiki-Form. Das Ergebnis steht seit

FOYER NACHRICHTEN

BuB ab sofort auf FSC-zertifiziertem Papier

Die BuB-Redaktion ist mit guten Vorsätzen in das neue Jahr gestar-tet und hat deshalb die Heftproduk-tion ab 2017 auf FSC-zertifiziertes Papier umgestellt. FSC steht für »Forest Stewardship Council« und ist ein internationales Zertifizie-rungssystem für Waldwirtschaft. Zehn weltweit gültige Prinzipien garantieren, dass Holz- und Papier-produkte mit dem FSC-Siegel aus verantwortungsvoll bewirtschaf-teten Wäldern stammen. Diese Prinzipien sind in einem interna-tionalen Standard festgelegt. Der FSC-Standard schreibt vor, dass die ökologischen Funktionen ei-nes Waldes erhalten bleiben müs-sen, er schützt vom Aussterben be-drohte Tier- und Pflanzenarten und sichert die Rechte der Ureinwohner und der Arbeitnehmer.

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017BuB 69 01/2017

FOYER NACHRICHTEN

Online-Deutschkurse für Flüchtlinge Modellprojekt in Baden-Württemberg

Sprache ist der Schlüssel zur Integration – doch auf-grund der hohen Flüchtlingszahlen ist das Angebot an Sprachkursen an vielen Orten nicht ausreichend. In sieben Bibliotheken in Baden-Württemberg (Achern, Heilbronn, Konstanz, Nordheim, Reutlingen, Stuttgart und Tübingen) findet daher derzeit ein Modellprojekt statt, das Zuwanderern einen schnelleren Zugang zur deutschen Sprache ermöglichen soll: Flüchtlinge kön-nen dort an PC-Lernstationen an einem Deutschkurs im virtuellen Klassenzimmer teilnehmen.

»Flüchtlinge und Zuwanderer finden in den Bibliotheken im Land Orte, die ihnen eine ruhige Lernatmosphäre, aber auch Lehrbücher sowie PCs oder Online-Angebote zum Deutschlernen anbieten. Doch Betroffene finden allein häufig keinen Zugang zu der Software, wünschen sich An-leitung beim Lernen und den Anschluss an eine Gruppe«, erklärt Monika Ziller vom Deutschen Bibliotheksverband (dbv) in Baden-Württemberg. Daher habe man gemein-sam mit dem Institut für Berufliche Bildung (IBB AG) und der vitero GmBH das Modellprojekt initiiert, bei dem der Einsatz des virtuellen Klassenzimmers erstmals mit Teil-nehmern im Bibliotheksumfeld erprobt werden soll.

Für die Machbarkeitsstudie »Deutsch lernen im virtu-ellen Klassenzimmer« kooperiert der dbv mit dem IBB und vitero, die die Lernplattform entwickelt hat. Die innova-tive Unterrichtsform ermöglicht es, Teilnehmer an unter-schiedlichen Standorten in ganz Baden-Württemberg als Lerngruppe für einen Deutschkurs zusammenzubringen.

dbv

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Bei den Teilnehmern des ersten Live-Online-Kurses, hier in der Stadtbibliothek Heilbronn, kommt das neue Konzept gut an. Foto: dbv

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Anfang Januar 2017 unter http:// asb-kab-online.ekz.de. Anregungen und Kommentare dazu können an [email protected] gesendet wer-den. Die Überarbeitung erfolgte in Ab-stimmung mit fünf großen KAB-Refe-renzbibliotheken, die ihre Einschät-zung an die Gruppe weitergaben und somit zum Gelingen beitrugen. Ände-rungen gegenüber der gedruckten Ver-sion der KAB von 2004 sind an den grün unterlegten Notationen und Klas-sentexten zu erkennen.

Die ekz wird mit Beginn des Jahres 2017 die überarbeitete Version der KAB bei der Systematisierung anwenden. Dabei findet ein sukzessiver Übergang zur überarbeiteten KAB statt. Für be-reits veröffentlichte Titel mit Erschei-nungsjahr vor 2017 kann nach ekz-An-gaben keine aktualisierte Notation ga-rantiert werden. Zu beachten ist, dass sich die Überarbeitung der KAB auf die Standing-Order-Aufträge bei der ekz auswirken kann. Änderungen bezie-hungsweise Verschiebungen erfolgten besonders in den Gruppen B und C. Die Register-Bearbeitung ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht abge-schlossen. Weitere Informationen dazu gibt es im Wiki.

Ergebnisse der aktuellen JIM- und PISA-Studien

Stuttgart. Aktuell sind zwei großange-legte Studien veröffentlicht worden, die auch für Bibliothekare von Interesse sind: die JIM-Studie 2016 und die PI-SA-Studie (Jahr 2015). Schwerpunkte der JIM-Studie zum Umgang von 12- bis 19-Jährigen mit Medien und Infor-mation waren in diesem Jahr die The-men Smartphone und Schule. Die OECD hat darüber hinaus Anfang Dezember 2016 die Ergebnisse der internationa-len Schulleistungsstudie PISA 2015 mit dem Schwerpunkt Naturwissenschaft veröffentlicht.

FOYER MARKT

Markt

bibliotheca Hannover und Hamburg realisieren »Open Libraries«

Pr. – Die gutbesuchte Jugend- und Stadtbibliothek List in Hannover und zwei Zweigstellen der Hamburger Bücherhallen, Horn und Elbvororte, werden zukünftig zu sogenannten »Open Libraries«. Noch in diesem Mo-nat wird bibliotheca mit den Installa-tionen beginnen. Zum Einsatz kommt die in Europa führende Systemlösung für 24/7-Bibliotheken.

Die Stadtbibliothek Hannover wird den Neubau beziehungsweise die Wiederer-öffnung ihrer größten und populärsten Stadtteilbibliothek List nutzen, um ihr Serviceangebot weiter zu optimieren. Uwe Nietiedt, Bereichsleiter Betriebs-bezogene Dienste der Stadtbibliothek Hannover, erklärt: »Die Bibliothek am Lister Platz verfügt über eine hochmo-derne technische Ausstattung. Um wirt-schaftlich zu denken, ist es daher unser Ziel, die Einrichtung unserem Publikum zeitlich maximal zugänglich zu machen. Mit Zugang24 können wir unser Servi-ceangebot intensivieren und unsere Öff-nungszeiten bei gleichem Personalstand ausbauen.«

Der erhöhte Bedarf an ausgedehn-teren Öffnungszeiten resultiert aus den langjährigen Wünschen der Benutzer und aus der Lage der Bibliothek in einer Einkaufspassage, die an sechs Tagen in der Woche Publikumsverkehr über 20 Uhr hinaus hat. Eine Anpassung der Bi-bliothekszeiten scheint da langfristig schlicht unerlässlich.

Wim Markus, Vertriebsleiter bei bibliotheca, bestätigt: »Die unbemannte Selbstbedienungsbibliothek ist in Skan-dinavien seit Jahren erfolgreich etab-liert. Das praxisnahe Konzept der »Open Library« hat sich inzwischen interna-tional bewährt und wird seit Anfang dieses Jahres exklusiv von bibliotheca angeboten.«

Ex Libris hbz entscheidet sich für die Software Rosetta

Pr. – Ex Libris, a ProQuest Company, gibt bekannt, dass sich das Hoch-schulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein Westfalen (hbz) als Digi-tal-Asset-Management- und Langzeit-archivierungslösung für seine Mit-gliederinstitutionen für Ex Libris Ro-setta entschieden hat. Somit werden künftig mehr als 40 Mitgliedsinstitu-tionen des hbz in Nordrhein-Westfa-len ihre digitalen Bestände und For-schungsdaten im zentralen Roset-ta-System ablegen und mit Rosetta verwalten und bewahren können. Die Bemühungen des hbz im Bereich der digitalen Langzeitarchivierung wer-den vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Lan-des Nordrhein-Westfalen (MIWF) unterstützt.

Rosetta wurde aufgrund der umfang-reichen Funktionen sowie seiner Unter-stützung für die Langzeitarchivierung des Verbunds ausgewählt. So kann das hbz künftig die akademischen und lite-rarischen Bestände seiner Mitglieder be-wahren und verwalten.

»Das hbz benötigte eine robuste, skalierbare Lösung, die alle Aspekte der Verbundkooperation unterstützt«, so Silke Schomburg, Leiterin des hbz. »Un-sere Pläne für die Langzeitarchivierung und Verwaltung der Bestände in Nord-rhein-Westfalen umfassen sowohl Arte-fakte als auch moderne Forschungser-gebnisse. Mit Rosetta werden wir zahl-reiche Daten bewahren und digitale Assets auf Verbund- und Institutionse-bene verwalten können.«

In der Rubrik »Markt« werden Presse mitteilungen von Unterneh-men und Dienstleistern – ohne redaktionelle Bearbeitung – ver-öffentlicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge auszuwählen und zu kürzen.

Die aktuellen JIM- und PISA- Studien sind in der BuB-App zu finden.

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Mehr Farbe in der Bibliothek der Universität Konstanz

Die Universität Konstanz hat die Sanierung ihrer Bibliothek zum Anlass genommen, die 60er Jahre Räumlichkeiten den Anforde rungen der digitalisierten Welt anzupassen. Die Fläche von 18.000 m² sollte sich hin zu einer zukunfts­fähigen Serviceeinrichtung wandeln, die als attraktiver Lernort für die gesamte Universität angenommen wird, ohne dabei den historischen Charakter des Gebäudes zu verlieren.

Bereits beim Betreten der Bibliothek fällt einem sofort die Farbig­keit der Räume auf, mit denen die Neugestaltung realisiert wurde. „Technische Installationen sind in der Bibliothek, wie in der gesamten Uni, grundsätzlich sichtbar. Die Farbakzente der Möbel und der Gläser nehmen auf die Farbigkeit der 60er und 70er Jahre, der Entstehungszeit der Universität Konstanz, Bezug“, erklärt Oliver Kohl­Frey, Stellvertretender Direktor des Kom­muni kations­, Informations­, Medienzentrum (KIM), die Neu­gestaltung. Für die Entwicklung des neuen Bibliothekskonzepts

wurden nicht nur die Entscheidungsträger der Universität Kon stanz miteinbezogen, sondern auch Studierende, deren Vorstellungen bei der Realisierung berücksichtigt wurden. Die Ausarbeitung des Möblierungskonzepts übernahm der Architekt Michael B. Frank in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Möbel­hersteller Vitra. Gemeinsam mit dem Team der Bibliothek der Universität Konstanz wurden individuelle Lösungen für die neuen Anforderungen an eine moderne Bibliothek erarbeitet. Die neu gestalteten Räume bieten ein vielseitigeres Angebot an Arbeits­möglichkeiten für die Studierenden und Nutzer. Ein Hauptaugen­merk lag auf der Einrichtung des offenen und grosszügigen Eingangs bereichs. Ausgestattet mit farbenfrohen Amoebe High­back von Verner Panton entsteht ein einladendes Ambiente. Amoebe verkörpert den Stil und den Zeitgeist der frühen 70er Jahre wie fast kein zweites Möbelstück. Denn es ist nicht einfach ein Stuhl. Das ikonische Design bildet mit der hohen Rückenleh­ne, die in eine Art Bal dachin übergeht, geradezu eine Skulptur. So kann ein Gefühl der Geborgenheit kreiert werden und die Studie­renden können sich im offenen Raum der Lobby trotz viel Betriebs ungestört zum Lesen in einen der bunten Stühle zurückziehen.

Gutes Design ermöglicht eine Vielzahl an verschiedenen Einsatz­möglichkeiten in der Arbeitswelt. „Wir haben sehr unterschied­liche Funktionalitäten realisiert, und die Möblierung der Räume richtet sich nach diesen Funktionen“, sagt Oliver Kohl­Frey. Arbeitsplätze für projektbezogenes Teamworking sind in der heutigen Bibliothekslandschaft sehr wichtig. Hierfür wurde die Joyn Conference Bench eingesetzt, die durch ihre durchdachten Elektrifizierungs­ und Kabelmanagementlösungen zudem einen idealen Arbeitsplatz im digitalen Zeitalter darstellt. Die konfigu­rative Schreibtischlösung eignet sich auch hervor ragend für die Gestaltung von Medienarbeitsplätzen. In fast schon laborartig eingerichteten Räumen mit Buchscannern, Mikro­Film­Scannern, Videoschnitt­ oder Audioplätzen können die Studierenden wissen­schaftliche Arbeiten und Recherchen erledigen. Die ursprüng­liche, ruhige Tätigkeit an Einzelarbeitsplätzen ist in der Biblio­thek nach wie vor sehr gefragt. Um diesem Wunsch gerecht zu werden wurden Inselgruppen mit Workbays realisiert, deren hochgezogene Seitenwände die Umgebungsgeräusche eindäm­men und ein konzentriertes Arbeiten ermöglichen.

Sowohl mit dem Farbkonzept als auch durch den Einsatz der Vitra­Klassiker, wie Amoebe, wird eine Brücke zur Zeit der Entstehung des Gebäudes geschlagen und die Bibliothek der Universität Konstanz in der modernen Studien­ und Arbeitswelt verankert.

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Hannelore Vogt, Bettina Scheurer, Hans-Bodo Pohla

Orte für Kreativität und Wissenstransfer Bibliotheken als Makerspaces

Durch die digitale Transformation befindet sich unsere Ge-sellschaft im Umbruch. Dies gilt auch für die Rolle der Öf-fentlichen Bibliotheken. Der Umgang mit neuen Technolo-gien ist einer der Schlüssel für die gesellschaftliche Teilhabe. Der gleichberechtigte Zugang zu Wissen hat sich längst weit über das geschriebene Wort hinaus entwickelt. Digitale Chancengerechtigkeit ist für unsere Gesellschaft zu einem relevanten Faktor geworden. Damit befinden sich auch Bib-liotheken in einem Transformationsprozess: Ihre Aufgabe ist es nicht mehr, den Zugang zu Informationen zu gewährleis-ten, sondern den Zugang zu Wissen zu ermöglichen.

Der Erwerb von Wissen, das Lernen, erfolgt heute auf struktu-rell und konzeptionell anderen Wegen als in der Vergangenheit:

Heute wird Wissenserwerb nicht mehr als ein systematisch zu erwerbendes Universalwissen verstanden. Der Aufbau von Kenntnissen und Wissen erfolgt vielmehr wie das sukzessive Zusammensetzen einzelner Bausteine. Sie entwickeln sich zu Wissensbereichen, die unsystematisch wachsen, sich aber ge-genseitig ergänzen.

Dementsprechend verfolgen Bibliotheken das Ziel, Kompe-tenzen zu stärken und freien, leichten Zugang zu Information und Wissen zu gewährleisten – und dies in einem nicht kom-merziellen Raum. Dabei findet Lernen in Umgebungen und Zu-sammenhängen statt, die gar nicht mit Lernen assoziiert wer-den: So spielt Lernen durch eigenes Tun eine wichtige Rolle. Die Menschen wollen heute nicht mehr nur Konsumenten sein, sondern sie wollen auch selbst aktiv werden. Sie wollen Neues

Technik von innen: Bei diesem Workshop lernten die Kinder viel über das Innenleben technischer Geräte. Fotos: Stadtbibliothek Köln

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ausprobieren, kreativ sein, eigene »Dinge« herstellen und ihr Wissen und ihre Ideen mit anderen teilen.

Dieses Maker-Movement hat sich aus den USA längst nach Europa ausgebreitet. Im »American Libraries Magazine« wurde 2013 ein Artikel veröffentlicht1, der unter anderem einen Zeitstrahl für die Koexistenz von Bibliotheken und Maker-An-geboten aufzeigt und bis ins Jahr 1873 zu-rückreicht. Während damals Handarbeit, wie Quilten, Stricken und Nähen, relevant war, ha-ben sich die Themenfelder inzwischen weit-reichend diversifiziert. Der Zeitstrahl endet 2011 mit der Eröffnung des Vorreiters für Ma-kerspaces im 21. Jahrhundert in der Fayette-ville Free Library im Bundesstaat New York.

Makerspace in Köln: ein Konzept, das Wissen schafft

Als erste Öffentliche Bibliothek Deutschlands griff die Stadt-bibliothek Köln den Trend der Maker-Bewegung 2013 auf und richtete einen Makerspace ein.2 Der Makerspace ist hier ein of-fener Raum mit neuer Technologie, mit Tools und Medien zur freien kreativen Nutzung. Wissenserwerb vom Do-It-Yourself zum Do-it-Together steht im Vordergrund. Zur Ausstattung gehören ein Vinyl-Schneideplotter und, abweichend von ver-gleichbaren Konzepten in den USA, eine Vinylbar zum Digitali-sieren von Schallplatten, sowie die Filmbar, an der eigene VHS- Kassetten digitalisiert werden können. Bereits vorhandene

Tontechnik und neue Instrumente wurden als musikalischer Anteil integriert.

Als eine der ersten Technologien wurde in Köln die Mög-lichkeit des dreidimensionalen Druckens angeboten. Kunden und Nicht-Kunden nehmen an den regelmäßig stattfindenden Vorführungen des Druckers teil. Samstags erhalten sie Gele-

genheit, eigene Dateien ausdrucken zu lassen – ein Angebot, das nach wie vor stark genutzt wird. Kunden, die einen zweiten Drucker selbst nutzen möchten, können eine »Lizenz zum Drucken« in einem zweistündigen Work-shop erwerben. Inzwischen wurden über zweihundert 3D-Druck-Lizenzen ausgegeben.

Diese Infrastruktur steht jedem zur Verfü-gung. Menschen aller Altersgruppen nutzen

sie. Aktuelle Anschaffungen sind eine Premium-Overlock-Näh-maschine für kreative Handarbeitsprojekte sowie die neueste VR-Brille HTC Vive, mit der man sich in der virtuellen Reali-tät auf Objekte zubewegen und den virtuellen Raum erkunden kann.

Der Makerspace in der Zentralbibliothek weitet sich räum-lich und technisch mit innovativer Hardware aus und wird permanent weiterentwickelt, dabei werden die implementier-ten Technologien nach ihrer gesellschaftlichen Relevanz be-urteilt. Das Innovationsmanagement der Stadtbibliothek er-folgt abteilungs- und funktionsübergreifend, wobei sich der Input der Kenntnisse und Interessen der Team-Mitglieder als starkes Fundament erwiesen hat. Die Top-Technologie-Trends

Im Makerspace der Stadtbibliothek Köln geht es um Kreativität: Mit Siebdruck etwa entsteht das gewünschte Muster auf T-Shirts.

Der Makerspace in der Zentralbibliothek weitet sich räumlich und tech-

nisch mit innovativer Hardware aus und wird

permanent weiterentwi-ckelt.

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SCHWERPUNKT MAKERSPACE

des US-amerikanischen Marktforschungsinstituts Gartner sind alljährlich eine gute Inspiration.3 Die Ausstattung wird dabei nicht mit Etat-Mitteln verausgabt, sondern erfolgt nach und nach mithilfe von akquirierten Drittmitteln und Sponsoring.

Die frühe Verbindung der Stadtbibliothek mit der regiona-len Maker- und Kreativszene war für den Erfolg des Makerspace von großer Bedeutung. Mit der Schaffung eines technisch inno-vativen Forums zum Selbermachen in der Zentralbibliothek ist es der Bibliothek gelungen, sich als Initiator und Vermittler von kreativen Ideen und ihrer Umsetzung zu etablieren.

Programm für Selbermacher

Nach der Eröffnung unseres Makerspaces wurde sehr schnell deutlich, dass sich hier eine Community zusammenfindet, die oftmals an unserem herkömmlichen Buch- und Medienangebot nur ein zweitrangiges Interesse hat – dann aber erstaunt ist, wie breit gefächert das Bibliotheksangebot ist.

Die Szene vernetzt sich inzwischen mit dem Makerspace- Team der Bibliothek, das sich autodidaktisch mit den neuen Werkzeugen vertraut macht. Zur Vermittlung von Maker-Tech-nologien an die Kunden wurde ein Workshop-Programm entwickelt.

Fernab vom institutionellen Lernraum Schule kann die Bibliothek frühzeitig Interesse an Co-ding und technologischen Inhalten generieren, um das Interesse an MINT-Themen in einer zu-nehmend digitalisierten Gesellschaft zu fördern.

Dieses »Programm für Selbermacher« erreicht mit Themen wie »Selbstmarketing im Internet«, »3D-Modellieren« oder ei-ner »Cryptoparty« ein neues Publikum. Die einzelnen Termine dauern in der Regel zwei bis vier Stunden, sind kostenlos, und werden am Freitagnachmittag und am Samstag durchgeführt. Kursleiter sind neben Ehrenamtlichen auch Schülerinnen und Schüler eines benachbarten Gymnasiums.

Der Umgang mit neuen Technologien ist den Schülern selbstverständlich. Als Digital Natives haben sie nicht nur be-sondere Kenntnisse, sondern auch bereits Erfahrungen im prak-tischen Einsatz neuer Technologien. Diese Kenntnisse geben sie an die Bibliothekskunden in Workshops weiter. Im Makerspace- Programm unterrichten sie beispielsweise »Komponieren mit dem iPad« oder »Filmschnitt«. Hier treten die Schüler nun als Lehrende auf: als sogenannte »Junior Experts«. Das Lernen durch Lehren ist für sie eine relevante Erfahrung und wird in offiziellen Dokumenten nachgehalten. Die Symbiose fruchtet auf beiden Seiten und das Konzept wurde zum Preisträger.4

Neben den Schülern fand sich schnell ein breites Interesse von versierten Menschen, die ihr Wissen zu Techniken und Ge-

räten weitergeben wollten. Nur selten musste aktiv nach einem Workshop-Anbieter gesucht werden. Dafür reichte meist

schon, das Gerät im Kundenbereich auszustellen. In den ver-gangenen drei Jahren kamen so über 150 Workshops zustande, die den Makerspace und verschiedenste Techniken vermitteln.

Ausweitung der Zielgruppe: Maker Kids

Bald ergab sich seitens der Kunden die Nachfrage nach Ma-ker-Angeboten für Kinder. Daraufhin wurde ein spezielles me-dienpädagogisches Ferienprogramm entwickelt, das sich an die Zielgruppe der jüngeren Macherinnen und Macher im Alter von acht bis zwölf Jahren richtet: die Maker Kids. Hier erhalten die jungen Workshop-Teilnehmer die Möglichkeit, durch eigenes Tun und außerhalb des institutionalisierten Bildungsangebotes Technik kennenzulernen und für sich auszuprobieren.

Unterstützt durch Förderprogramme und medienpädagogi-sche Fachstellen werden Workshops wie Roboter programmie-ren, »Crazy Machines« erfinden, T-Shirts drucken, »Coding« und Musikkomposition angeboten.

Durch die zügige Umsetzung der Workshops für Kinder 2015 und eine Vernetzung in der Maker-Bewegung konnte die Stadtbibliothek an einem Buchprojekt für Early Adopters parti-zipieren, das unter offener Lizenzierung kostenlos zum Down-load steht.5

Ein besonderes Angebot zum Digital Storytelling wurde 2016 entwickelt: Hier können Kinder nach einer Buchvorlage einen eigenen Film erstellen. Das digitale Weitererzählen von Geschichten stärkt die Fähigkeiten der Teilnehmer hinsichtlich Lese-, Sozial- und Medienkompetenz und schlägt eine Brü-cke zwischen Buch und Film, indem die Teilnehmenden ei-nen kreativen und selbstwirksamen Umgang mit den Inhalten der Bücher und deren Umsetzung als Film mithilfe von Tab-lets praktizieren. Die Teilnehmer im Alter zwischen zehn und zwölf Jahren haben unter medienpädagogischer Anleitung im gemeinschaftlichen Arbeitsprozess über vier Ferientage groß-artige Ergebnisse erzielt. 2017 wird dieses Projekt in anderen Stadtteilbibliotheken fortgesetzt.

Für Jugendliche steht vor allem das Lesen in digitalen Me-dien im Vordergrund. Dabei wird Lesen oftmals gar nicht als Schlüsselkompetenz wahrgenommen. Sich des eigenen alltags-integrierten Lesens gewahr zu werden, darin liegt eine große Chance für die Leseförderung: Gerade Nicht-Leser können sich plötzlich selbst als lesende Persönlichkeit begreifen und sich ih-rer eigenen Lesekompetenz bewusst werden.

Pädagogik trifft Technologie: Coding

Fernab vom institutionellen Lernraum Schule kann die Bib-liothek bereits frühzeitig Interesse an Coding und technologi-schen Inhalten generieren, um das Interesse an MINT-Themen in einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft zu fördern.

Die Auszubildenden der Stadtbibliothek haben in den Stadtteilbibliotheken eine interaktive Lesung mit sogenannten »Bee-Bots«, kleinen Mini-Robotern in Bienen-Form, entwickelt. Die Bienen fahren die Stationen des Biene-Maja-Bilderbuchs

Foto links: Auch Bananen leiten kleine elektrische Impulse. Workshop für die acht- bis zwölfjährigen Maker Kids.

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auf einem selbst entwickelten Flickenteppich ab. Die kleinen Roboter unterstützen spielerisch das Heranführen von Kin-dern ans Programmieren und fördern ihr analytisches und lo-gisches Denken. Über große Tasten steuerbar sind sie bereits für Vorschulkinder geeignet, die noch nicht lesen und schrei-ben können.

Dieser Einstieg in die Prozesse des Coding wird bei den Workshops zum Programmieren eines »Finch Robot« für Kin-der und Jugendliche vertieft. Hier kann auf simple Weise pro-grammiert werden. Das Erlernte kann zuhause weiter verfei-nert werden, denn die Roboter sind nach Abschluss des Work-shops auch ausleihbar.

SciFi-Traum oder Dystopie: der humanoide Roboter NAO

Roboter stehen in der öffentlichen Diskussion, besonders was ihren Einsatz in unterschiedlichen Arbeitsfeldern angeht. Dies ist ebenfalls eine gesellschaftlich relevante technologische Entwicklung, über die die Stadtbibliothek informiert. Der NAO-Roboter wird in Kooperation mit einem weiteren Gym-nasium als neues Angebot der Bibliothek präsentiert.6 Dessen

IT-bewanderte Schülerinnen haben damit schon einen Robo-ter-Wettbewerb gewonnen. Inzwischen ist der bibliotheks-eigene NAO bereits mit komplexer Programmierung ausge-stattet und in der Lage, Gesichter zu erkennen. Auch hier geht es der Bibliothek darum, den Bürgern die Gelegenheit zu ge-ben, neue Technologien im kommerzfreien Raum kennen-zulernen. Nur so ist für den Einzelnen die Relevanz solcher Entwicklungen beurteilbar. Zukünftig sollen neben Präsenta-tionen des Roboters auch Workshops zum Programmieren an-geboten werden.

Kommt alle her: Bringt Technik mit!

Mit geeks@cologne wurde vor einigen Jahren ein Format für Technikinteressierte entwickelt. Die Veranstaltungsreihe bie-tet jährlich stattfindende Aktionstage wie den Maker Day oder 3Day. Dazu werden externe Partner eingeladen, die in den Räu-men der Bibliothek ihre Erfindungen und Angebote für Selber-macher präsentieren. Teilnehmer sind Fab-Labs wie die Köl-ner Dingfabrik oder auch das Repair-Café und einzelne Maker, die ihre Angebote zeigen und durch die Bibliothek einer grö-ßeren Öffentlichkeit bekannt werden. 2016 wurde in Koope-ration mit der Maker Media GmbH (Make Magazin) und dem Harenberg Verlag (Buchreport) eine Messe veranstaltet. Auf der Mini-Maker-Faire, auf der die Stadtbibliothek Köln als ers-ter Partner aus dem Bibliotheksbereich mitgewirkt hat, konn-ten über 3 600 Besucherinnen und Besucher ihre Ideen zum

Kennen Sie schon den Roboter NAO oder die Angebote für die Maker Kids? In der BuB-App finden Sie zwei Videos dazu.

Stop Motion: Bei dieser Filmtechnik werden unbewegte Bilder so aneinandergereiht, dass daraus ein Film entsteht.

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SCHWERPUNKT MAKERSPACE

Thema Do-it-yourself und Making austauschen.7 Vorausset-zung für die teilnehmenden Maker war, den Kunden ein pro-aktives Angebot zu präsentieren.

Be a maker – not a taker!

Die Wahrnehmung und das Image der Bibliothek haben sich durch den Makerspace radikal verändert: Gerade die Koope-rationen mit Schulen und Angebote für und von den Lernen-den sind dabei für beide Seiten gewinnbringend. Im neuen Sprachraum, eröffnet als ehrenamtlich betreuter Treffpunkt für Flüchtlinge und Willkommensinitiativen, wurde der Maker- Gedanke ebenfalls aufgegriffen.

So wurde auch eines der beiden Gymnasien – diesmal nicht mit Oberstufenschülern, sondern mit Schülern der sechsten Klasse – aktiv: Die »bestrelikids« haben im Mai 2016 einen Schülerworkshop für Flüchtlingskinder durchgeführt. Das Pro-jekt »Refugees welcome« wurde im Rahmen der Europawoche prämiert und gefördert. Von den Schülern wurden Learning Apps, Videos und Comicfilme entwickelt, die zum Deutschler-nen anleiten. Der Umgang mit digitalen Endgeräten wurde Kin-dern gezeigt, die zum Teil erst seit zwei Wochen in Deutschland waren. Der Einsatz digitaler Medien ließ dabei die Schwelle zu Kontaktaufnahme und Akzeptanz vergessen. Kinder, die keine gemeinsame Sprache haben, konnten gemeinsam spielen und kreativ arbeiten.

Ein Makerspace ist damit ein Angebot, das dem Bildungs- und Kulturauftrag der Bibliotheken nicht widerspricht – im Gegenteil! Die Bibliothek wird begeistert als innovativer und moderner Mitmachort wahrgenommen. Die Zeit ist längst ge-kommen, digitale Chancengerechtigkeit mit auf den Weg zu bringen. Bibliotheken sind als gesellschaftliche Vermittler stets ein relevanter Faktor und sollten auch hier, unabhängig von ihrer Funktion als Medienlager und Leseförderer, dafür ein-stehen. Bibliotheken sollten Orte werden, die zu Innovationen inspirieren.

1 American Libraries Magazine, 6. Februar 2013: http://american librariesmagazine.org/2013/02/06/manufacturing-makerspaces/

2 Makerspace der Stadtbibliothek Köln, online unter: http://www.stbib-koeln.de/makerspace

3 Gartner identifies the Top 10 Strategic Technology Trends for 2017, 18. Oktober 2016: http://www.gartner.com/newsroom/id/3482617

4 Die KAS.juniorEXPERTS erhalten den 2. Platz im Bereich Bildung auf der CeBit durch das BMWi, 16. März 2016: http://kas-koeln.de/die-kas-juniorexperts-erhalten-den-2-platz-im-bereich- bildung-auf-der-cebit-durch-das-bmwi/

5 »Making-Aktivitäten mit Kindern und Jugendlichen – Handbuch zum kreativen digitalen Gestalten«: http://bit.do/handbuch

6 Netzwerk Bibliothek – Bibliotheksheldin Lisa Reiche: http://www.netzwerk-bibliothek.de/de_DE/bibliotheksheldin-lisa-reiche

7 Vgl. Artikel in dieser Ausgabe, Seite 26

Bettina Scheurer, Stadtbibliothek Köln - Projekt- und Innovationsma-nagement; Schwerpunkt: Konzep-tion und Implementierung neuer technologischer Dienstleistungen, besonders die Umstrukturierung des Bereiches Musik mit der Ein-bettung eines MediaLab, bzw. Ma-kerspace in das aktuelle Angebot der Öffentlichen Bibliothek; Veröffentlichungen, Präsenta-tionen und Vorträge zu den Themen 3D-Medien, technologi-sche Innovation in Bibliotheken, Makerspaces und zur Rolle der Bibliothek in der urbanen digitalen Gesellschaft. Stu-dium Sozialwissenschaften und Germanistik, Staatsexa-men 1979, Referendariat Universitätsbibliothek Köln, Wis-senschaftliche Bibliothekarin 2. Staatsexamen 1982, Tätig-keit für den WDR bis 1984, seitdem Stadtbibliothek Köln.

Hans-Bodo Pohla ist seit 2014 im Team »Medien, Musik und Maker-space« der Stadtbibliothek Köln und leitet seit 2015 das Projekt Maker Kids. Bevor er nach Köln kam, war er ab Studienende 2010 stellvertre-tender Leiter der Stadtbibliothek Amberg. Nebenbei rezensiert er seit 2012 Bilderbücher für den ID der ekz.

Hannelore Vogt ist seit 2008 Di-rektorin der Stadtbibliothek Köln, die 2015 die Auszeichnung »Bib-liothek des Jahres« in Deutsch-land erhielt. Davor leitete sie viele Jahre die Stadtbücherei Würzburg, die ebenfalls zur »Bibliothek des Jahres« gewählt wurde. Hannelore Vogt ist Diplom-Bibliothekarin, ver-

fügt über einen Masterabschluss im Fach Kulturmanage-ment und hat anschließend berufsbegleitend zum Thema »Besucher orientierung in Bibliotheken« promoviert. So konnte sie Theorie und Praxis optimal verknüpfen. 2016 bekam sie den Kölner Kulturpreis als »Kulturmanagerin des Jahres« verliehen.

Als langjährige Vorsitzende des Beirats »Information und Bibliothek« des Goethe-Instituts, durch verschiedene Ämter bei der IFLA und als strategische Beraterin der Bill & Melinda Gates Foundation hat sie Einblick in internati-onale Best Practices und teilt ihr Wissen zu Themen wie Kundenorientierung, Marketing, Veränderungs- und Inno-vationsmanagement mit Kollegen in aller Welt.

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Sebastian Abresch

Hoher Aufwand, großer Erfolg Stadtbibliothek Köln veranstaltet Mini Maker Faire

Anfang November 2016 fand die deutschlandweit erste Maker Faire in einer Bibliothek statt – mit der Stadtbiblio-thek Köln als Austragungsort. Diese Art der Kooperation aus Verlagswesen, Privatwirtschaft und öffentlicher Insti-tution ist wenig verbreitet. Darum lohnt es sich, vom Pro-zess der Organisation, des Ablaufs und der Übertragbarkeit auf andere Bibliotheken zu berichten.

Dass die Grenzen zwischen Amateur und Profi, zwischen Kon-sument und Produzent zunehmend verschwimmen, hat der Futurologe Alvin Toffler bereits 1980 als »third wave« – die postindustrielle Gesellschaft – vorausgesagt. Seitdem konden-sierte sich diese dritte Welle in Phänomenen wie der Do-it-your-self-Bewegung, bis diese Tendenzen zusammen mit der Hackerbewegung in der zeitgenössischen Makerspace-Kultur

amalgamierten, die heute unsere Bibliotheken und die vorlie-gende BuB-Ausgabe umtreibt.

An anderem Ort zeichnet sich eine Kommerzialisierung ebendieser Kultur ab. Maker Faires etwa sind lizenzrecht-lich geschützte Labels. Wer eine Mini Maker Faire ausrichten möchte, braucht dazu einen Vertrag mit dem privatwirtschaft-lichen Lizenzgeber. Bedeutet das jetzt, dass der Geist der Gras-wurzelbewegung – denn die Maker-Kultur verstand sich stets als eine Ansammlung von bottom-up-Praktiken – vorüber ist und jetzt von oben herab das große Geldverdienen einsetzt?

Dieser Frage soll hier nicht nachgegangen werden, man sollte sie als öffentliche Institution aber stets im Hinterkopf be-halten. Immerhin ist sie verbunden mit der Tatsache, dass die Stadtbibliothek Köln die erste Mini Maker Faire in einer Bib-liothek ausrichtete. Der Zusatz »Mini« ist übrigens ebenfalls li-zenzrechtlich bedingt – für eine »große« Maker Faire braucht es mehr als 200 Aussteller und mehr als 10 000 Besucher. Di-mensionen, die für Köln nicht infrage kamen.

Ein Verbund aus dem Heise-Verlag, dessen Tochter Maker Media GmbH sowie Harenberg Kommunikation trat im Feb-ruar 2015 an die Stadtbibliothek Köln heran, um diese Mini

Der Maker Frank Mengel (links) stellte seine dreidimensional gedruckten Roboter vor – acht Stunden ohne Unterbrechung. Fotos: Stadtbibliothek Köln

Eindrücke von der Maker Faire vermittelt ein Messerundgang. Schauen Sie sich das pas-sende Video dazu in der BuB-App an.

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SCHWERPUNKT MAKERSPACE

Maker Faires auch im deutschen Buchhandel und in deutschen Bibliotheken zu etablieren. Zwar organisierte die Stadtbiblio-thek in der Vergangenheit kleinere vergleichbare Events wie den Maker Day oder den 3Day in Eigenregie, der größere Rah-men sowie die starke Reichweite der Partner aus den Verlagen überzeugten die Stadtbibliothek Köln letztlich jedoch zu einer Kooperation. Nach den Vertragsverhandlungen startete die Planungsphase.

Man einigte sich mit den Partnern auf eine Arbeitsteilung. Die Maker Media GmbH schaltete einen digitalen »Call for Makers«, also einen Aufruf zur Beteiligung all jener Tüftler und Bast ler, die eine Maker Faire ausmachen. Zusätzlich bespielten sie etablierte Informationskanäle mit großer Reichweite. Die Stadtbibliothek Köln wählte aus den Bewerbungen eine zu bewältigende Anzahl von Projekten aus und trat in Dialog mit ihnen.

Kernteam koordiniert Vorbereitungen

Ein Kernteam aus vier Bibliothekarinnen und Bibliothekaren, die sich auch im Alltag um die Pflege des Makerspace küm-mern, koordinierte in Absprache mit der Direktion die Vorbe-reitungen. Die zeitintensivsten Aufgaben waren dabei die Kom-munikation mit den Makern sowie die darauf aufbauende Vor-bereitungen der Bibliotheksräume: Wo wird welches Projekt platziert? Welche Etagen nehmen wir in Beschlag? Wie viele Tische und Stühle braucht das Projekt und wie viele Anschlüsse ans Stromnetz? Wie stark wird das Stromnetz dort belastet? Wird der Brandschutz eingehalten?

Diese und weitere Fragen mussten für rund 25 Projekte ge-klärt werden. Viele davon konnten nur unter Beanspruchung der Bibliotheksverwaltung und insbesondere der Gebäudever-waltung beantwortet werden. Teilweise waren externe Dienst-leister nötig, etwa um zusätzliche Tische für die Veranstaltung zu mieten. Die Planungsphase dauerte insgesamt rund sechs Monate – mit steigendem Aufwand, je näher die Mini Maker Faire rückte.

Man sollte den organisatorischen Aufwand sowohl bei der Vorbereitung als auch am Veran-staltungstag selbst im Blick haben. Er betrifft Personal im Benutzungsdienst, in der Verwal-tung und letztlich auch die Hausmeister.

Am Veranstaltungstag, ein Samstag, war zusätzliches Personal im Einsatz. Da die Öffnungszeiten ausnahmsweise erweitert wurden, war der Wachdienst länger im Haus. Der Makerspace der Stadtbibliothek wurde von FaMI-Auszubildenden betreut und ein Team aus Studenten der Technischen Hochschule Köln unterstützte bei Auf- und Abbau sowie der Berichterstattung vor Ort.

Die Mini Maker Faire war ein großer Publikumserfolg. Ver-glichen mit einem regulären Samstag verzeichnete die Bib-liothek doppelt so viele Besucher. Profitiert hat sie vor allem von den Quersynergien: Besucher, die wegen der Maker Faire

kamen, ließen sich leicht von den sonstigen Angeboten der Bi-bliothek begeistern. Besucher, die wegen der Medienausleihe kamen, entdeckten den »dritten Ort« mit einer neuen Facette. Das Team im Erdgeschoss berichtet von überdurchschnittlich vielen Neuanmeldungen während der Veranstaltung.

Abschließend ein paar Gedanken zur Übertragbarkeit: Wie lässt sich die Veranstaltung skalieren? Lohnt sich eine Lizenz-nahme auch für kleinere Bibliotheken?

Keine Kosten für Lizenznehmner

Der Vorteil, den die Maker Media GmbH als Lizenzgeber mit ihrer Reichweite bietet, lässt sich nicht von der Hand weisen.

Zumal bereits mit einer Größe von fünf Projekten eine Koope-ration vereinbart werden kann. Als Lizenznehmer entstehen prinzipiell keine Kosten. Dennoch sollte man den organisatori-schen Aufwand sowohl bei der Vorbereitung als auch am Ver-anstaltungstag selbst im Blick haben. Er betrifft Personal im Benutzungsdienst, in der Verwaltung und letztlich auch die Hausmeister. Je nach Ausgestaltung fallen Kosten an, die die Bibliothek selbst trägt, zum Beispiel das Anmieten von zusätz-lichem Mobiliar. Diese Rechnung muss jede Institution letztlich für sich selbst lösen – für Köln ist sie aufgegangen.

Sebastian Abresch (Foto: privat) ist Medienkulturwissenschaftler und seit 2013 bei der Stadtbibliothek Köln be-schäftigt. Dort ist er Teil des Maker-space-Teams, bietet Lizenzworkshops für den 3D-Drucker an, bespielt die Social-Media-Kanäle und kümmert

sich im Schulservice um Methodentrainings – Kontakt: [email protected], @sebabresch (Twitter)

Vladimir Kotlyarski aus Nürnberg stellte seinen »Bestellknopf« vor: Ein Sys-tem, um Waren auf Knopfdruck in eine Einkaufslisten-App zu übertragen.

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Lauren Di Monte, Adam Rogers, Markus Wust

»Think and Do« Initiativen zur Unterstützung von Makerspaces in den Bibliotheken der North Carolina State University / Kreativwerkstätten in Wissenschaftlichen Bibliotheken

Offene Kreativräume, sogenannte »Makerspaces«, und da-mit verbundene Initiativen sind in Wissenschaftlichen Bib-liotheken Nordamerikas zu einer beliebten Einrichtung ge-worden. Laut einer im Juni 2015 durchgeführten Studie der Association of Research Libraries, dem Fachverband ame-rikanischer Forschungsbibliotheken, bieten 27 Prozent der Befragten solche Makerspaces oder andere vergleichbare Services an, weitere 37 Prozent prüfen oder planen deren Einführung.1 Das meistverbreitete Inventarteil ist der in-zwischen fast unverzichtbare 3D-Drucker: Eine auf Crowd-sourcing-Basis generierte Datensammlung weist im No-vember 2016 in den Vereinigten Staaten und Kanada 155 Wissenschaftliche Bibliotheken und knapp dreimal so viele Öffentliche Bibliotheken mit 3D-Druckern aus. Zahlreiche Bibliotheken verfügen jedoch über noch umfassendere Fab-Lab-Angebote (Fabrication Laboratory) mit einem großen Spektrum an Technologien wie beispielsweise Elek tronik-Prototypenbausätze, Nähmaschinen und Werkstoffe, oft in speziell dafür ausgestatteten Räumlichkeiten.

Warum ist dieser Trend so stark? Für viele Wissenschaftliche Bibliotheken stellt die »Maker«-Bewegung eine Möglichkeit dar, die jeweilige Hochschul-Community vermehrt einzube-ziehen, Fortschrittlichkeit und Unternehmergeist zu fördern sowie Ideenreichtum und praktische Lernerfahrungen, sowohl im Rahmen des Lehrplans als auch außerhalb, zu intensivie-ren. Ein weiterer Aspekt ist, dass die Rolle der Wissenschaft-lichen Bibliothekare gestärkt wird: Sie erweitern den Zugang zu Maker-Aktivitäten und unterstützen Studierende dabei, ihre Kreativität und ihre handwerklich-technischen Kompetenzen auszubauen. Auf diese Weise tragen sie zur Entstehung von An-wendergemeinschaften in einem Bereich mit erheblicher inter-disziplinärer Attraktivität und bedeutendem Potenzial bei.2

Makerspaces und Servicemodelle in den Bibliotheken der NCSU

Mit der Einrichtung einer Kreativwerkstatt in der im Ja-nuar 2013 eröffneten James B. Hunt Jr. Library wurden die

Der Makerspace der D.H. Hill Library verfügt über 80 Quadratmeter und bietet den Studierenden praktischen Zugang zu einer Vielzahl von Werkzeugen und Technologien. Fotos: NCSU

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SCHWERPUNKT MAKERSPACE

Bibliotheken der North Carolina State University (NCSU) zu Pionieren unter den Wissenschaftlichen Bibliotheken. Das Ma-kerspace-Programm umfasst aktuell zwei Werkbereiche, Mög-lichkeiten zur Ausleihe von technischem Equipment über den Technology-Lending-Service und ergänzend ein vielseitiges An-gebot an Workshops, Seminaren und anderen Lehrveranstaltun-gen. Auf einer Fläche von nur 18 Quadratmetern bietet der Hunt Library Makerspace einen mitarbeiterbedienten 3D-Druck-Ser-vice; der Makerspace der D.H. Hill Library, der im Juni 2015 eröffnet wurde, verfügt mit gut 80 Quadratmetern über mehr Raum und bietet den Studierenden praktischen Zugang zu einer Vielzahl von Werkzeugen und Technologien.

Wir verstehen den Makerspace als Ort des kollaborativen Lernens und Arbeitens und als eine Plattform, die auf dem Prin-zip »Learning by Doing« basiert und eine Vielzahl unterschiedli-cher Werkzeuge und Verfahrensweisen zur Verwendung bereit-stellt. Das fundierteste Know-how bieten wir auf den Gebieten 3D-Druck, 3D-Scannen, digitale Schneidesysteme (Laserschnei-desysteme, CNC-Fräsen), Elektronik-Prototypenbau (ein-schließlich »Internet der Dinge«) und »Wearable Technology« (tragbare, miniaturisierte Computersysteme) an.

Die womöglich wichtigste Frage im Zusammenhang mit der Einrichtung eines Maker-Programms lautet: Wie soll der Zu-griff auf die Arbeitsmittel bereitgestellt werden? Eine der ein-fachsten Möglichkeiten für die Anfangsphase besteht darin, Materialien für Do-it-yourself-Aktivitäten und Prototypenferti-gung auszuleihen. Die Ausleihe von Kreativ-Bausätzen ist kaum aufwendiger als die von Laptops, Kameras oder Büchern. Der einzige Unterschied besteht darin, dass mehr Ausleihegegen-stände nachverfolgt und ergänzt werden müssen. Am belieb-testen ist in den NCSU Libraries die Ausleihe von Arduino- und Raspberry Pi-Boards, jedoch bieten wir auch 3D-Scanner, Roboter, Synthesizer und andere Geräte an.3 Diese Artikelka-tegorie wurde zwischen Juli 2015 und Juni 2016 insgesamt 1 279-mal ausgelie-hen. Bisherige Analysen haben gezeigt, dass diese Objekte von Lehrkräften und Studierenden im Aufbaustudium ausge-liehen werden, die Mehrheit der Nutzer sind jedoch Studierende im Grundstu-dium. Auch scheint der größere Teil der Nutzer diese Bausätze eher für den per-sönlichen beziehungsweise Hobbybedarf als zu Forschungszwecken auszuleihen.4

Schwieriger ist die Problematik hin-sichtlich der meistgefragten Maker-Ar-beitsgeräte, darunter zum Beispiel 3D-Drucker. Erwirbt eine Bibliothek ei-nen 3D-Drucker, so geht sie damit im-merhin die Verpflichtung ein, einer größeren Gemeinschaft einen Zugang hierzu einzuräumen. In den NCSU Lib-raries wurden zwei verschiedene Ser-vicemodelle für das 3D-Drucken im-plementiert: Im Makerspace der Hunt

Library werden die 3D-Drucker ausschließlich von den Mitar-beitern bedient, die die von den Studierenden und Lehrkräf-ten gelieferten digitalen Dateien gegen Entrichtung einer Ser-vicegebühr drucken. Auf diese Weise haben alle Nutzer Zugriff auf diesen Service, jedoch ist er sehr personalintensiv und für die Nutzer kostspielig. Der Service bietet die Annehmlichkeit, dass die Bibliothek die Verantwortung für Fehldrucke sowie für die Wartung und Instandhaltung der Drucker übernimmt, aber letztendlich besteht zwischen Bibliothek und Nutzer eine Ge-schäftsbeziehung. Unser 3D-Druck-Service hat in den vier Jah-ren seit seiner Einführung mehr als 6 000 Druckerzeugnisse für über 1 000 Einzelnutzer produziert.

Im Makerspace der D.H. Hill Library haben die Studieren-den selbst direkten Zugriff auf neun 3D-Drucker sowie auf

andere Geräte und Werkzeuge. Die Be-dienung und eventuelle Erzeugung von Fehldrucken erfolgt in Eigenverantwor-tung, und die Nutzer erlernen den ge-samten Prozess von der digitalen Datei bis hin zum physischen Produkt. Den Bi-bliotheksmitarbeitern kommt dabei eher die Rolle des Beraters und Anleiters zu, was die aktiven Lernerfahrungen bei den Studierenden – getreu dem Prinzip des »Learning by Doing« – intensiviert. Dank der Tatsache, dass die Nutzer nicht für einen Komplettservice, sondern nur für das Gebrauchsmaterial zahlen, sind auch die Kosten geringer.

In einer geschäftigen und mitunter auch turbulenten Umgebung besteht die Herausforderung darin sicherzustellen, dass auch Anfänger die Geräte sicher be-nutzen können. Zu diesem Zweck ist für sämtliche Nutzer vor der Verwendung des Makerspace und dem Einsatz der Geräte die Teilnahme an einer Sicherheitseinwei-sung verpflichtend, die in der Regel ein- oder zweimal pro Woche angeboten wird

Mit gerade mal 18 Quadratmetern Fläche ist der Makerspace der Hunt Library eher klein – er bietet aber viele technische Möglichkei-ten, zum Beispiel einen 3D-Druck-Service.

SchwerpunktThemenschwerpunkte in BuB

Heft 11/2016Mobile Bibliotheksangebote

Heft 12/2016NS-Raubgut

Heft 01/2017Makerspaces

Heft 02-03/2017Young Professionals

Heft 04/2017Europa der Bibliotheken

Heft 05/2017Bibliothekartag Frankfurt/Main

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SCHWERPUNKT MAKERSPACE

und 45 Minuten dauert. Hierdurch kommt es unter Umständen zu Engpässen, wenn weitere Nutzer zeitgleich im Makerspace aktiv sein möchten, sodass wir diesen für die Dauer der Sicher-heitseinweisung schließen müssen. Im ersten Jahr nach Inbe-triebnahme des Makerspace in der D.H. Hill Library nahmen mehr als 1 000 Nutzer an unserer Sicherheitseinweisung teil, die Teilnehmerzahl pro Woche lag bei 80 bis 100 Nutzern.

Makerspaces und der Lehrauftrag der Bibliotheken

Nach der Eröffnung der Makerspaces in unseren beiden Hauptbi-bliotheken bestand die nächste Aufgabe in der Entwicklung eines Konzepts für die Integration der Makerspaces in den Forschungs- und Lehrauftrag der NCSU Libraries. Wir konzentrierten uns auf die Ausarbeitung eines fundierten Schulungsprogramms, in des-sen Rahmen wir unsere Fachkenntnis herausstellen und den Stu-dierenden Werkzeuge und Hilfsmittel an die Hand geben konn-ten. Unser Schulungsprogramm umfasst zwei komplementäre As-pekte: a) In Workshops erlernen die Studierenden den Umgang mit spezifischen Werkzeugen, um so einen erleichterten Einstieg in Maker-Projekte zu finden. b) In Kooperation mit Hochschul-mitarbeitern entwickeln wir Aufgabenstellungen, mittels derer in Makerspaces eingesetzte Werkzeuge und Arbeitsmethoden in den Lehrplan integriert werden können.

Unsere Workshops richten sich an Anfänger und umfassen stets praxisorientierte Lernmöglichkeiten und Forschungsakti-vitäten. Die Zielsetzung bei diesem Aspekt unseres Programms besteht darin, Bedingungen zu schaffen, unter denen die Nutzer mit neuen Werkzeugen experimentieren und gleichzeitig Ver-trauen aufbauen und neue Fertigkeiten entwickeln können. Un-sere Workshops sind so ausgelegt, dass die Nutzer die Befähigung zum Umgang mit digitalen und physischen IT-Tools erlangen und die benötigte Unterstützung bei der Herstellung einfacher Pro-totypen oder bei der Realisierung komplizierterer Projekte er-halten. Spezielle Aktivitäten wie unsere öffentliche Diskussions- und Workshop-Reihe unter dem Motto »Making Space« ermög-licht es uns, Zielgruppen zu erreichen, die normalerweise in der Maker-Community unterrepräsentiert sind. Im ersten Jahr seit Einrichtung dieses Programms wurden 183 Workshops zu 35 verschiedenen Themengebieten angeboten, in denen mehr als 1 700 Bibliotheksnutzer erreicht wurden. Mit der Einführung neuer Arbeitsgeräte und der Entwicklung neuer Veranstaltungs-programme erweitert sich unser Workshop-Angebot ständig.

Im anderen Teil unseres Schulungsprogramms konzentrieren wir uns darauf, Kursleiter für das Thema Makerspaces zu sensi-bilisieren und einen Austausch mit ihnen aufzubauen. Wir be-trachten dabei aktiv, welche Möglichkeiten sich für die Einbezie-hung von Makerspace-Initiativen in den Lehrplan bieten. Unab-hängig von Fachrichtung, Kompetenzniveau der Studierenden und technischem oder kreativem Schwerpunkt des Kurses bieten

wir unser Know-how und unsere Erfahrungen an, damit lehrende Universitätsangehörige praxisnahes Lernen in ihre Unterrichts-veranstaltungen integrieren können. Dabei stellen wir nicht nur Beratung zu den Themen Lehrplangestaltung, Seminarprojekte und Aufgabenstellungen zur Verfügung, sondern wir unterstüt-zen auch praktische Projektentwicklungsveranstaltungen. Indi-viduelle Projektunterstützung in Form von Sprechstunden und Beratungszeiten gehört ebenso zu unserem Angebot wie die Be-treuung von Abschlusspräsentationen, um so die in den Krea-tivwerkstätten generierten Forschungsergebnisse der breiteren Hochschul-Community zugänglich zu machen.

Aufgrund der Tatsache, dass wir uns bei unserer Initiative auf Kurs- und Seminarteilnehmer fokussieren, erhalten wir Zugang zu einem bereits bestehenden, fachgebietsübergreifenden Ziel-publikum, das motiviert ist, die Ressourcen des Makerspace kre-ativ und auf hohem Niveau für theoretische und konzeptionelle Aufgaben einzusetzen. Darüber hinaus bietet die Zusammenar-beit mit Hochschulkursen die Gelegenheit, Studierende anzu-sprechen, die sich normalerweise nicht in unseren Makerspaces engagieren. Dies trägt zur Diversifizierung unserer Nutzerschaft und zur Schaffung einer inklusiveren Anwendergemeinschaft bei. Im ersten Jahr kam es zu Kooperationen mit 17 Lehrveran-staltungen in den unterschiedlichsten Fachbereichen, darunter Maschinenbau, Anglistik, Kommunikationstechnik, Textilwaren und Design. Hierdurch konnten wir annähernd 500 Studierenden entscheidende Hilfestellung bei der Ausarbeitung von Projekten, beim Umgang mit neuen Werkzeugen und beim Experimentieren mit innovativen Forschungsmethoden geben.

Fallstudien aus den digitalen Geisteswissenschaften

Unter den Hochschulmitarbeitern sind es unter anderem die Geis-teswissenschaftler, die ein besonders starkes Interesse am Maker-space haben, speziell solche, deren Lehre und Forschung auch die digitalen Geisteswissenschaften umfasst. Das kreative Arbeiten und Experimentieren mit physischen Objekten im Allgemeinen gewinnt immer mehr an Dynamik und tritt unter einigen Geistes-wissenschaftlern, die Geräte wie 3D-Drucker oder Elektronik-Bau-sätze in ihren Lehrveranstaltungen benutzen, immer mehr in den Mittelpunkt. In mindestens einem Fall wurde ein Makerspace ge-gründet, der die Geisteswissenschaftler in den Fokus rückt: das Maker Lab of Humanities (MLab) der University of Victoria in Ka-nada.5 An unserem Fachbereich für Geisteswissenschaften sind es

1 M. Altman et al., Rapid Fabrication/Makerspace Services (ARL SPEC Kit 348). Washington, DC: Association of Research Libra-ries, 2015

2 http://ideas.demco.com/blog/top-4-reasons-makerspaces-mat-ter-academic-libraries-get-started/

3 https://www.lib.ncsu.edu/techlending/makerspace

4 https://www.asee.org/public/conferences/56/papers/13776/view

5 http://maker.uvic.ca/

6 »Department of English Fall 2016 Courses«: https://english.chass.ncsu.edu/courses/course_info.php

Welche Bibliotheken weltweit bereits über einen 3D-Drucker verfügen, zeigt eine aktuelle Karte in der BuB-App.

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SCHWERPUNKT MAKERSPACE

vor allem Geschichtsforscher und Anglisten, die unsere Kreativ-werkstätten und ihre Services nutzen.

Beispielsweise ging der Eröffnung des zweiten, größeren Makerspace eine Zusammenarbeit mit Susanna Lee voran, Ge-schichtsprofessorin an der NC State University, und dem North Carolina Museum for History. Lees Lehrveranstaltung »Theory and Practice of Digital History« (Theorie und Praxis der digi-talen Geschichtswissenschaften), die sie im Jahr 2014 abhielt, umfasste eine Veranstaltung im Museum, bei der die Studieren-den mithilfe des bibliothekseigenen 3D-Scanners diverse aus-gewählte historische Artefakte scannten. Einige Objekte wur-den später auf unseren 3D-Druckern gedruckt. Dieses Projekt stellte für alle Beteiligten eine Win-win-Situation dar: Die Stu-dierenden profitierten davon, Lernerfahrungen mit innovati-ven Technologien zu machen, die für ihr gewähltes Fachgebiet relevant sind, das Museum erhielt ein Experimentierfeld für neue Zugangsmöglichkeiten zu seinen Sammlungen und wir konnten wertvolle Erkenntnisse zu der Frage gewinnen, wie wir unsere Services in Lehrveranstaltungen integrieren und eine Beziehung zwischen den Studierenden und universitätsexter-nen Fachleuten herstellen können.

In einer geschichtswissenschaftlichen Lehrveranstaltung über die Wikinger, geleitet von Julie Mell im Jahr 2016, war das 3D-Drucken nicht das Seminarthema, jedoch wurden die Unterrichtsmaterialien mittels 3D-Druck erstellt. Um den Stu-dierenden ein anschaulicheres Bild vom Alltagsleben der Wi-kinger zu vermitteln, erwarb Shaun Bennett, ein Mitarbeiter unserer Bibliothek, mehrere 3D-PDFs von Wikinger-Artefak-ten vom Museum of Cultural History der Universität Oslo und druckte sie auf einem 3D-Drucker im D. H. Hill Makerspace. Die PDF-Dateien wurden später im D. H. Hill Visualisierungs-studio projiziert, während die 3D-Drucke den Studierenden die realen Größenverhältnisse der Objekte demonstrierten. Sie konnten die Objekte berühren und sich mit ihnen beschäftigen, was mit den Originalen niemals möglich gewesen wäre.

Schließlich kam es im Herbst 2016 zu einer Kooperation zwischen den Mitarbeitern des Makerspace und Paul Fyfe,

Professor für Anglistik, im Rahmen seiner Lehrveranstaltung über »Interpretive Machines«. Gemeint sind hiermit laut offizi-eller Kursbeschreibung »Technologien, mittels derer die Men-schen unser kulturelles Erbe und innovative Ideen weiterge-ben«. Beim abschließenden Gruppenprojekt hatten die Studie-renden die Aufgabe, ihre eigenen Prototypen ›interpretativer Maschinen‹ zu entwerfen und zu bauen und dabei »die ent-scheidenden Erkenntnisse der Geisteswissenschaften mit den ›Design-&-Build‹-Impulsen des Konstruktionswesens zu kombi-nieren und den NCSU-Slogan ›Think and Do‹ in die Forschungs-erfahrungen von Studierenden im Grundstudium einfließen zu lassen«.6 Die Bibliotheken stellten den Studierenden die für die Projekte benötigten Materialien zur Verfügung und unterstütz-ten sie in Form von Workshops und Einzelberatungen.

Schlussfolgerung

Zwar erforderte das Engagement und die Unterstützung durch die NCSU Libraries für die Maker-Community der Universität, über die Bereitstellung einer Gerätegrundausstattung hinaus, erhebliche Investitionen in den Bereichen Personal, Ausstattung und Hardware. Dennoch hat sich die Initiative für alle Beteilig-ten klar ausgezahlt: Es ist uns gelungen, mit einer wachsenden Zahl von Lehrpersonen und Studierenden in Kontakt zu treten, Maker-Kompetenzen und Experimentierfreude in die Kurse zu bringen und den Mitgliedern unserer Community einen Zugang zu und Fachkenntnisse im Umgang mit Technologien zu ermög-lichen, die sie andernfalls nicht hätten verwenden können.

Übersetzt aus dem Englischen von Susanne Gagneur

Lauren Di Monte, Adam Rogers und Markus Wust sind Mit-arbeiter der North Carolina State University (NCSU).

Autor Adam Rogers (rechts) erklärt Stu-dierenden den Umgang mit einem 3D-Drucker.

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Maiken Hagemeister

Die Bibliothek als Ort für eine kleine, smarte Werkstatt Jens Krzywinski schafft neue Forschungsräume / Ein Projekt an der SLUB Dresden

Die Bibliothek der Zukunft: Jens Krzywinski ist Junior-professor für technisches Design an der TU Dresden und gehört zu einer Gruppe von Wissenschaftlern, die den Makerspace in der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) ins Leben geru-fen haben. Der Makerspace ist ein Raum, in dem jeder Inte-ressierte unterschiedliche Maschinen nutzen kann, an die man sonst nicht so ohne Weiteres herankommt – beispiels-weise 3D-Drucker oder Laser-Cutter.

Für die Realisierung haben verschiedene Fachbereiche der TU ihre Geräte an die SLUB verliehen und somit der Öffentlich-keit zur Verfügung gestellt. Dadurch wurde ein Co-Working-Space geschaffen, der es Menschen ermöglicht, ihre Ideen mit anderen zu teilen, neue Techniken im Bereich der Digitalisie-rung auszuprobieren oder von den Fähigkeiten anderer zu profitieren.

Bibliothek als idealer Ort, um sich auszutauschen

Für Jens Krzywinski ist die Bibliothek der perfekte Ort für den Makerspace: In seinen Augen dient sie als öffentlicher For-schungsort, zu dem alle unabhän-gig voneinander kommen können, um dort gemeinsam zu arbeiten und zu lernen; so wird die Forschung für viele gemeinsam greifbar. Durch den öffentlichen Zugang zur Biblio-thek kommen Menschen mit Gerä-ten in Kontakt, zu denen üblicher-weise nur eine kleine Gruppe von Universitätsangehörigen Zugang hatte. Nun können Laien oder Wis-senschaftler der unterschiedlichs-ten Fachbereiche sich zusammen-tun und den Makerspace für Pro-jekte nutzen, die sie zuvor niemals so hätten umsetzen können.

Über die Ausstattung hinaus bie-tet die Bibliothek die Möglichkeit zum interdisziplinären Aus-tausch, der ganz neue Impulse schafft. Eine Werkstatt als For-schungsort, so die Auffassung von Jens Krzywinski, braucht viele kreative Mitmacher – und genau dafür bietet die Biblio-thek die optimalen Gegebenheiten.

Zukunft der Bibliothek: Bildung durch mehr Miteinander

»Wissen kommt von Machen« lautet der Slogan des Makerspace in der SLUB. Jens Krzywinski hat bereits einiges dafür getan, um die Bibliothek noch stärker zu einem Ort werden zu lassen, der Menschen vernetzt und sie aktiv in die Forschung einbin-det. Er glaubt, dass das Projekt ein erster Schritt ist, um die Bi-

bliothek mit all ihren digitalen Pro-jekten und Kompetenzen erfahrbar zu machen. Sie soll nicht nur ein Ort sein, an dem ein Mensch für sich allein über einem Buch sitzt, sondern eine spannende Institu-tion, in der Bildung anfassbar und Forschung zusammen mit anderen zum Erlebnis wird.

Im Makerspace ist jeder will-kommen, es gibt Einführungskurse und »Nutzerführerscheine«, nach deren erfolgreichem Abschluss mit dem Experimentieren begonnen werden kann. Mittlerweile verfügt die »Kreativwerkstatt« über mehr als zehn unterschiedliche Geräte,

und die Zahl an experimentierfreudigen Nutzern, die Neues lernen oder anderen etwas beibringen wollen, steigt ständig. Die positive Entwicklung des Makerspace zeigt, dass der »Bi-bliotheksheld« Jens Krzywinski und seine Mitstreiter mit ihrer Idee den Nerv der Zeit getroffen haben.

SCHWERPUNKT MAKERSPACE

Heldengeschichten aus der Bibliothek

Von wegen stilles Kämmerlein: Im Zeitalter der Digitali-sierung sind Bibliotheken der perfekte Ort für Austausch, Innovation, Kreation und Integration. Sie werden zu einem Treffpunkt für engagierte Menschen, die die Räumlichkei-ten für ihre Ideen nutzen und diese mit anderen teilen. Mit ihren Projekten verweisen sie auf die Möglichkeiten der Bibliothek von heute, transferieren wichtige gesellschaft-liche Themen von der Theorie in die Praxis und werden so zu echten »Bibliothekshelden« – wie Jens Krzywinski. Weitere Bibliothekshelden wurden bereits in der Oktober-ausgabe 2016 von BuB ab Seite 594 vorgestellt.

»Wissen kommt von Machen«: die Bibliothek als Werkstatt. Foto: dbv/Thomas Mayer/Ostkreuz

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SCHWERPUNKT MAKERSPACE

Jens Krzywinski ist Juniorprofessor für technisches Design an der TU Dresden und gehört zu einer Gruppe von Wissenschaftlern, die den Makerspace in der SLUB Dresden ins Leben gerufen hat. Foto: dbv/Thomas Mayer/Ostkreuz

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Peter Just, Florian Wieland

Von der Discokugel bis zum Heimplanetarium Die »Bibliothek der Dinge« an der ZLB in Berlin geht in den Regelbetrieb

Seit Mitte April 2016 können an der Zentral- und Landes-bibliothek Berlin (ZLB) neben dem klassischen Medienan-gebot nützliche Gegenstände wie Nähmaschine, Lötsta-tion und Akkuschrauber, diverse Sportgeräte wie Slack-line und Tischtennisschläger, Gadgets wie Actionkameras oder Bluetooth-Lautsprecher, aber auch Spannendes wie beispielsweise ein Heimplanetarium oder eine Discokugel ausgeliehen werden.

Die »Bibliothek der Dinge« entstand im Rahmen des Themen-raums1 »Shareconomy – Tauschen und Teilen«, der die Nutze-rinnen und Nutzer dazu einlud, alte und neue Entwicklungen in den Bereichen gemeinschaftlicher Konsum, gemeinsame materielle Produktion und gemeinsame Wissensproduktion zu entdecken. In Kooperation mit dem Goethe-Institut Bratis-lava präsentierte der Themenraum Trends wie Car-Sharing, Co-Working-Spaces oder Creative Commons bibliografisch und multimedial, bei einem »Hackday« wurde gemeinsam mit der Open-Knowledge-Foundation gecodet, in einer Abend-veranstaltung eröffnete Patricia Wedler aus Hamburg einen künstlerisch-kulturwissenschaftlichen Blick auf das Thema »Gemeinsame Wissensproduktion«. Und es gab eine »Biblio-thek der Dinge«.

Shareconomy ganz praktisch

Teilen und Tauschen ist einer Bibliothek nicht fremd. Wir woll-ten die Gelegenheit nutzen, um Grenzen auszuloten: Was ist in einer Bibliothek ausleih- und teilbar? Neben den Kriterien der Anschaffungskosten und der erhofften Nachfrage wurde bei der Auswahl von Gegenständen vor allem auf deren Beschaf-fenheit geachtet. Hier spielten Entleihbarkeit (Größe, Gewicht, Robustheit, Hygiene) und Einbindung in die Geschäftsgänge (Aufstellbarkeit, Sicherung, wenig Wartungs- und Betreuungs-aufwand) eine wichtige Rolle. Außerdem wollten wir verschie-dene Interessengruppen ansprechen – also nicht ausschließlich Werkzeuge oder ausschließlich Gymnastikgeräte bereitstellen. Insgesamt wurden zu Beginn 27 Gegenstände in 44 Exempla-ren angeschafft.

Alle Gegenstände wurden katalogisiert und sind im OPAC als Reihe »Bibliothek der Dinge« verzeichnet. Ausgeliehen

SCHWERPUNKT MAKERSPACE

1 Vgl.: Binz, Vera / Dudek, Sarah: Programm-Tipp 1: Der ZLB-The-menraum »Die Bibliothek als Kuratorin« / Ein interdisziplinäres Angebot zu aktuellen Themen aus den Beständen der Zentral- und Landesbibliothek Berlin. In BuB 66(2014)5, S. 360–361

2 Wer Interesse an einer Liste der Gegenstände und deren Ausleih-zahlen hat, kann sich gerne bei den Autoren melden.

Themenraum »Share-conomy – Tauschen und Teilen« in der Amerika Gedenkbiblio-thek in Berlin im April 2016. Foto: ZLB

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werden können die Gegenstände maximal 14 Tage am Stück. Sie sind weder verlänger- noch vorbestellbar. Herausfordernd waren und sind Verpackung sowie Sicherung. Für manche Dinge musste vor ihrer Bereitstellung eine entsprechende Transportverpackung angeschafft werden. Bei anderen, in ih-ren Originalverpackungen zur Verfügung gestellten Gegenstän-den löste sich diese nach einer Weile im Regelbetrieb auf und musste ersetzt werden. Die elektronische Sicherung und Ver-buchung erfolgt mittels RFID-Tags auf den Gegenständen oder deren Verpackung – analog zum regulären ZLB-Bestand.

Die Nutzung der Gegenstände ist stark unterschiedlich. Die Ausleihrenner sind permanent entliehen, einige Dinge sind da-gegen gar nicht nachgefragt.2 Die mittlere Absenz beträgt über die ersten sechs Monate 45 Prozent. Zwei Gegenstände aus dem mittleren Preissegment sind abhandengekommen. Prob-leme mit Beschädigung oder Verunreinigungen gibt es nicht.

Begeisterung allenthalben

Die Resonanz seitens Publikum und Belegschaft ist sehr positiv. Es wurden bereits nach wenigen Tagen spannende Vorschläge zum Ausbau der »Bibliothek der Dinge« gemacht, die lokalen Medien (Zeitung, Radio und Fernsehen) griffen das Thema neugierig auf.

Aufgrund der guten Erfahrungen und des breiten Wunsches nach einem Ausbau des Angebots wird das Themenraumexpe-riment »Bibliothek der Dinge« an der ZLB in den Regelbetrieb überführt und aufgestockt. Verpackung und Präsentation – auch entliehener, nicht verfügbarer Gegenstände – entwickeln wir derzeit weiter. Für Verbesserung und Weiterentwicklung sind wir sehr an einem fachlichen Austausch interessiert.

SCHWERPUNKT MAKERSPACE

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Florian Wieland ist seit Herbst 2015 Referendar an der ZLB. Der Elektroingeni-eur (M. Sc.) hatte zuvor be-rufliche Stationen in der Batterieforschung und bei der Energiewirtschaft. Er ist in der freien Musik-, Kunst- und Radioszene involviert. – Kontakt: [email protected]

Peter Just, M. A. Bibliothekswissen-schaft, Politikwissenschaft und Sozio-logie, arbeitet seit Oktober 2014 in der ZLB. Er ist dort unter anderem für die digitalen Medien und Datenbankange-bote zuständig.

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SCHWERPUNKT MAKERSPACE

Reparieren statt kaufen Das Repair-Café in der Stadt- und Landesbibliothek im Bildungsforum Potsdam

Die Stadt- und Landesbibliothek (SLB) im Bildungsforum Potsdam lädt seit rund drei Jahren unterschiedliche Alters-gruppen zu multimedialen »Do-it-yourself«-Angeboten wie 3D-Drucken, die Medienmacher-AG, Digitale Welt Biblio-thek und das Repair-Café ein.

Unbestritten, Bibliotheken sind Orte des Wissens. Für die Zu-kunft heißt es jedoch, neue Nutzergruppen zu erschließen und zu binden, Medienkompetenz für digitale Angebote zu ver-mitteln und auch das bibliothekarische Selbstverständnis zu-kunftsorientiert weiterzuentwickeln.

Immer mehr Menschen wollen sich nicht mit der überall angebotenen Massenware zufrieden geben. Stattdessen wer-den sie kreativ und stellen Dinge selbst her oder reparieren sie im Rahmen von Initiativen wie Repair-Cafés. Dabei sind Be-gründungen wie Nachhaltigkeit und optimale Anpassung an die Besitzer genauso wichtig wie das Ausleben der eigenen

Schaffenskraft. Hier sind Bibliotheken ein geeigneter Raum, ein gemeinsamer Treffpunkt, ein Ort der Begegnung und des Selbermachens.

In deutschen Großstädten nimmt die Maker-Bewegung wei-ter zu. Waren es früher die Heimwerker, die ihr Hobby einzeln im heimischen Hobbykeller pflegten, haben sich heute dank ei-ner Online-Community die Hobbytüftler über die sozialen Me-dien miteinander vernetzt, zusammengetan und kommunizie-ren über die verschiedenen Themen. Treffpunkte sind dann un-ter anderem die Repair-Cafés.

Die Idee für Repair-Cafés stammt aus den Niederlanden und ist eine Antwort auf die sich zunehmend entwickelnde Wegwerfgesellschaft und Ressourcenverschwendung. Sie sind die Gegenbewegung zur Wegwerfgesellschaft, mit wach-sender Akzeptanz in der Bevölkerung und steigenden Re-pair-Café-Stützpunkten in Deutschland und Europa. Das zu-grunde liegende Konzept für das Repair-Café ist die Hilfe zur

Handarbeit im Repair-Café. Bis zu 20 Teilnehmer kommen inzwischen zu den monatlichen Veranstaltungen. Und immerhin zwei von drei Geräten können auch repariert werden. Foto: Mario Parade,

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SCHWERPUNKT MAKERSPACE

Selbsthilfe sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beratung und Reparatur kleiner elektronischer Haushaltsgeräte. Wer die technischen und handwerklichen Fähigkeiten und Fertig-keiten hat, kann sie weitergeben. Wer sie nicht hat, kann sie hier erlernen. In einer Zeit, wo Produkte eher neu gekauft als repariert werden, trägt dieses Konzept zu Eigeninitiative und Selbstbestimmung bei.

Offenes Veranstaltungsangebot

Mit diesem offenen Veranstaltungsangebot möchte die Stadt- und Landesbibliothek in Potsdam ein Zeichen gegen die indus-triell geplante geringe Produkthaltbarkeit und Bevormundung der Konsumenten setzen. Durch Reparaturen kann zudem ein wichtiger Beitrag für Nachhaltigkeit und einen geringe-ren Ressourcenverbrauch geleistet werden. Denn eine längere Haltbarkeit technischer Geräte und anderer Haushaltsgegen-stände bedeutet gleichzeitig auch einen geringeren Konsum – mit allen damit verbundenen ökologischen und ökonomischen Konsequenzen.

In deutschen Großstädten nimmt die Ma-ker-Bewegung weiter zu. Waren es früher die Heimwerker, die ihr Hobby einzeln im heimi-schen Hobbykeller pflegten, haben sich heute dank einer Online-Community die Hobbytüftler über die sozialen Medien miteinander vernetzt.

Partner für unsere Veranstaltungsinitiative ist der Verein Pots-damer Wissenschaftsladen, der auf diesem Gebiet viel Er-fahrung und technisches Know-how hat und 2014 mit dem Klimapreis der Stadt Potsdam ausgezeichnet wurde. Den Betreibern lag sehr daran, neue Zielgruppen über ihr ange-stammtes Publikum hinaus zu erreichen. Die SLB als zentra-ler öffentlicher Ort im Zentrum der Stadt bietet dafür ideale Bedingungen.

Das erste Repair-Café fand an einem Samstag ab 10 Uhr im August 2014 statt. Eingeladen haben wir über regionale Pres-sekanäle sowie soziale Netzwerke in den Veranstaltungssaal, an den sich das Lesecafé der Bibliothek anschließt.

Ein weiterer Aspekt ist der soziale Treffpunkt in der Bibliothek. Verschiedene Generationen – jung wie alt – begegnen sich im Repair-Café, um technisches Wissen auszutauschen.

Kamen zu den ersten Repair-Cafés nur einige Neugierige, die das Konzept interessant fanden, sind es inzwischen bis zu zwanzig Besucher, die mit ihren lieb gewonnenen Geräten in die Bibliothek kommen. Ob es der Toaster ist, der nicht mehr röstet, die Stehlampe, ein Erbstück, die einen Kabelbruch hat, oder eine Stereoanlage, an der ein Schalter gebrochen ist – es

werden immer mehr Geräte zum Repair-Café gebracht. Und die reparierten Ergebnisse lassen sich sehen: Immerhin wer-den rund 60 bis 70 Prozent aller defekten Geräte gemeinsam im Repair-Café wieder in Gang gesetzt, oft ist dabei auch der bibliothekseigene 3D-Drucker im Einsatz, um Ersatzteile zu produzieren.

Ein weiterer Aspekt ist der soziale Treffpunkt in der Biblio-thek. Verschiedene Generationen – jung wie alt – begegnen sich im Repair-Café um gemeinsam bei Kaffee, Tee und Kuchen zu plaudern und technisches Wissen auszutauschen.

Das Repair-Café-Angebot der SLB, einmal im Monat sams-tags von 11 bis 14 Uhr unter Anleitung von Experten und Fach-leuten neue Techniken auszuprobieren, mit ihnen zu experi-mentieren und zu lernen, eigenes Wissen mit anderen Interes-sierten zu teilen und in die Gemeinschaft einzubringen, wird zunehmend stärker angenommen und genutzt. Wir sehen uns damit als Öffentliche Bibliothek auf dem Weg in die Zukunft weiter bestätigt, die Arbeit mit Medien und dem »Machen« sinnvoll zu verbinden, unsere Kunden dabei aktiv einzubinden, gemeinsam und spielerisch zu lernen und von den fachlichen Erfahrungen anderer zu profitieren.

Ronald Gohr,Stadt- und Landesbibliothek Potsdam

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Sebastian Abresch

Coding, Gaming, Making: Bibliotheken zeigen Europa ihre digitalen Kompetenzen #GenerationCode bei der EU Code Week 2016

In ganz Europa mangelt es an digitaler Medienkompetenz. Die Europäische Union entwickelte jüngst Programme, um Bürgerinnen und Bürger mit entsprechenden Fähigkeiten auszustatten. Diese Vermittlungsleistung ist vor allem Sa-che der Bibliotheken, findet die Reading and Writing Foun-dation und lud europäische Bibliotheken im Oktober 2016 zur Europe Code Week ins EU-Parlament nach Brüssel ein.

Regelmäßig wird entweder voller Frust oder voller Häme da-rauf hingewiesen, dass Deutschland ein Silicon Valley fehle, also ein Ort, der digitale Entwicklungen vorantreibt, neue Technik-Trends entwickelt oder anderweitig für Innovatio-nen sorgt. Mangelnde Wirtschaftsförderung, wenig Gründer-freundlichkeit und verknöcherte Strukturen sind Erklärungs-modelle dafür. Glaubt man der niederländischen Reading and Writing Foundation, geht das Problem noch tiefer.

Demnach verfügt die Hälfte aller Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union nur über mangelhafte digitale Medi-enkompetenz – und einem Viertel fehlt es völlig an Fähigkeiten

im Umgang mit digitalen Medien. Die EU hat diesen beklagens-werten Zustand des Kontinents zum Anlass genommen und im Namen der Zukunftsfähigkeit die sogenannte »New Skills Agenda«1 ins Leben gerufen.

New Skills Agenda: für kompetentere EU-Bürger

Die Europäische Kommission für Beschäftigung, Soziales und In-tegration stellte im Juni 2016 die entsprechende Agenda vor. Sie soll die Lebensqualität in Europa anheben, indem Bürgerinnen und Bürger mit Fähigkeiten ausgestattet werden, die für Jobsu-che, Wirtschaftswachstum und Investitionen dienlich sind. Das Credo ist simpel: mehr Kompetenzen für alle, bessere Sichtbarkeit dieser Kompetenzen und ein höheres Bewusstsein für Trends auf dem Arbeitsmarkt, die spezielle Kompetenzen erfordern.

In der Folge wird die New Skills Agenda konkreter: Beson-ders gehe es um Skills im Kontext von Vermittlungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt, der Digitalisierung, der Migration und der Innovation – just all jene Bereiche, die Bibliotheken seit jeher bearbeitet haben und in Zukunft verstärkt bearbeiten werden. Die Kampagne »Public Libraries 2020« hat hier in enger Abstim-mung mit der Kommission gearbeitet, um Bibliotheken europa-weit als erste Adressen für die New Skills Agenda zu erschließen.

Links: Meike Rietz von der Stadtbibliothek Köln führt die Welten der virtuellen Realität vor. Rechts oben: Mit MaKey MaKey leitete Rietz einen Coding-Workshop. Rechts unten: Die Europa-Abgeordnete Catherine Stihler (links) im Gespräch mit Ilona Kish (PL2020). Fotos: Stadtbibliothek Köln

Ein paar Impressionen von #Generation Code hat die Stadtbibliothek Köln in ein Video gepackt. Mehr dazu in der BuB-App.

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SCHWERPUNKT MAKERSPACE

Um die größtmögliche Anzahl von Menschen, insbesondere auch diejenigen mit Migrationshintergrund oder in wirtschaft-lich angespannten Verhältnissen Lebenden, mit neuen Kompe-tenzen auszustatten, ist der Einbezug non-formaler Bildungs-institutionen essentiell.

#GenerationCode: born at the library

In der Folge war ein entsprechendes Event nur konsequent. Die als interaktive Ausstellung angesetzte Veranstaltung fand unter dem Titel #GenerationCode2 am 18. und 19. Oktober 2016 im EU-Parlament in Brüssel statt und sollte in einem exemplari-schen Mikrokosmos die hervorragende Arbeit europäischer Bi-bliotheken praktisch erfahrbar machen. Bibliotheken aus zehn EU-Staaten3 waren angehalten, interessierten und eingelade-nen EU-Abgeordneten drei Schlüsselbotschaften zu vermitteln:

1. Die alltägliche Arbeit in Bibliotheken besteht zu ei-nem wachsenden Anteil darin, (nicht nur) neue Technologien zugänglich zu machen. Das fängt bei einem Internetzugang an und gipfelt derzeit in Lizenzen für 3D-Drucker (wie beispiels-weise in der Stadtbibliothek Köln) oder Roboter-Workshops für Kinder (wie in der Öffentlichen Bibliothek von Gorlice, Polen). Besonderer Schwerpunkt hierbei: Coding, also Digitalkompe-tenz im Umgang mit Programmiersprachen. Die Reading and Writing Foundation hält Coding für eine Schlüsselkompetenz der Zukunft, gleichauf mit der Grundalphabetisierung einer jeden Gesellschaft. Und da es in Bibliotheken zunehmend um »sharing and making« gehe, seien sie prädestiniert dafür, ent-sprechende Coding-Fähigkeiten zu vermitteln.

2. Bibliotheken bieten sich als wertvolle, bisweilen un-erschlossene und oftmals unterfinanzierte Infrastrukturen an, um die Europäische Union in ihren Programmen zu unterstüt-zen. Ein Wegfall dieser Strukturen würde automatisch viele Menschen aus den EU-Programmen ausschließen. Denn gerade die Fähigkeit der Bibliotheken, digital abgehängte Gruppen an-zusprechen – seien es nun Flüchtlinge, Arbeitslose, Arme oder Alte – trifft den Bereich, in dem es am meisten zu tun gibt, was Digitalkompetenz betrifft. Denn: Im Jahr 2020 brauchen 90 Prozent aller Berufe digitale Fähigkeiten, konstatiert die Rea-ding and Writing Foundation.

3. Gerade in lokalen Gemeinschaften wächst die Verant-wortung von Bibliotheken als Vermittler von Digitalkompetenz. Sie sind die Speerspitze non-formaler Bildung, insbesondere abseits der Ballungszentren. Viele entdecken in einer Biblio-thek zum ersten Mal das Internet, andere finden dort ihren ein-zigen kostenfreien Zugang.

Aus der Stadtbibliothek Köln reisten Meike Rietz (FaMI-Auszu-bildende), Bettina Scheurer (Projektmanagerin) und der Autor dieser Zeilen an. Im Gepäck ein 3D-Drucker, ein Gaming-Rech-ner mit der Virtual-Reality-Brille Oculus Rift sowie ein Set von sogenannten »MaKey-MaKey-Controllern«. Die interaktive Aus-stellung wurde ergänzt von einem Workshop-Programm, das von den vertretenen Institutionen angeboten wurde.

Die Bibliothek aus Tallinn, Estland, zeigte beispielsweise ihr Angebot zu »Tipps und Tricks für Smartphones und Tablets«, Lyon und Köln konnten das Coding mittels der »MaKey-MaKey-Cont-roller« in Kinder- und Erwachsenenhände geben. Die litauische Nationalbibliothek lud zu einer Zeitreise per Virtual Reality ein, während das niederländische Frysk Lab seinen fahrbaren Maker-space ausrollte.4 Höhepunkt der »interactive digital making ex-perience« war der Besuch von Laurentien Brinkhorst, Prinzes-sin der Niederlande und Schirmherrin der Reading and Writing Foundation, zusammen mit Tibor Navracsics, EU-Kommissar für Bildung, Kultur, Jugend und Sport. Die beiden Repräsen-tanten flankierten die Visiten zahlreicher EU-Abgeordneter – rund 100 ließen sich von den versammelten Bibliotheken über-zeugen. Die Abgeordneten Julia Reda, Jan Philipp Albrecht und Jutta Steinruck machten für Deutschland die Runde und spra-chen mit Bettina Scheurer sowie Barbara Lison, Vorsitzende des dbv, während Catherine Stihler (Schottland) nebenan etwas lötete und Sylvie Guillaume, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments (Frankreich) die Kölner VR-Brille testete.

Entsprechend positiv fallen auch die Resümees der Politiker aus. Prinzessin Laurentien wünscht sich mehr Bewusstsein für Bibliotheken in breiter Fläche: »Die Gesellschaft sollte sich wie-der auf unsere Bibliotheken besinnen, denn sie sind Quellen für Inspiration, Wissen und Orte der Vernetzung.« Catherine Stihler gab die Gründung einer »MEP Library Group«5 bekannt und bi-lanzierte: »Heute spielen Bibliotheken eine tragende Rolle, um lokale Communities durch die digitale Revolution zu navigieren.«

Das zweitägige Event in Brüssel hat einen guten Teil dazu bei-getragen, dass den Bibliotheken diese tragende Rolle seitens eu-ropäischer Politik zugetraut wird. Aber auch außerhalb des poli-tischen Systems hatte #GenerationCode Strahlkraft: Bei Twitter lief es mitunter als sogenanntes »Trending Topic«, ein Storify ver-mittelt die wichtigsten Eindrücke.6 Innen- wie Außenwirkung sind der Reading and Writing Foundation zu verdanken, insbesondere dem Team der Public Libraries 2020 Kampagne um Ilona Kish. Es entstand tatsächlich der erwünschte Mikrokosmos, in dem sich die versammelten Bibliotheken im Namen ihrer Kolleginnen und Kollegen in ganz Europa als attraktive, moderne und für eine in-tegrative Zukunft gerüstete Häuser zeigten.

Sebastian Abresch arbeitet als Medienkulturwissenschaftler in der Stadtbibliothek Köln.

1 http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1223

2 http://www.publiclibraries2020.eu/content/generation-code

3 Großbritannien, Spanien, Litauen, Deutschland, Belgien, Rumä-nien, Polen, Niederlande, Estland und Frankreich waren teilweise mit Öffentlichen Bibliotheken und teilweise mit entsprechenden Bibliotheksverbänden vertreten.

4 Die Berichterstattung der Stadtbibliothek Köln vermittelt einen Eindruck der technologischen Vielfalt vor Ort: https://stadtbib liothekkoeln.wordpress.com/2016/10/21/eure-stadtbiblio thek-im-eu-parlament/

5 http://www.eblida.org/mep-library-group.html

6 https://storify.com/PublicLibraries/generation- code-born-at-the-library

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Daniela Verhoeven

Ein Tag voller Herausforderungen Vom »Gaming-Projekt im ländlichen Raum« zum »#GamingWahnsinn – das Finale«

Wie integrieren kleine Büchereien Konsolen und Konsolen-spiele in ihr Bestandsangebot und Elemente aus der Spiele-kultur in die Bibliotheksarbeit? Dieser Herausforderung haben sich fünf katholische öffentliche Büchereien aus dem ländlichen Raum gestellt. In mehreren Workshops wurde eine Technikauswahl getroffen, eine Marketing-Strategie entwickelt und die Umsetzung geplant. Darüber hinaus wurde ein Konzept für eine Bücherei übergreifende Veran-staltung entwickelt. Diese fand als Höhepunkt und vorläu-figer Abschluss mit rund 70 Teilnehmern statt, bei der in 8 Stunden beziehungsweise 10 Runden beziehungsweise 23 Spielen die »Gaming-Bücherei 2016« ermittelt wurde.

Die Büchereien aus Borken, Geldern, Lüdinghausen, Ochtrup und Raesfeld sind alle in katholischer Trägerschaft und über-nehmen vertraglich gere-gelt zusätzlich die Funk-tion der Stadtbücherei. Die Personalstellen be-wegen sich zwischen 1 (Raesfeld) und 3,5 Voll-zeit-Äquivalenten (Bor-ken)1. Allerdings werden die hauptamtlichen durch ehrenamtliche Mitarbeiter unterstützt. Deren Aufga-ben liegen vor allem in der Ausleihe und der Unter-stützung der »klassischen« Veranstaltungsarbeit – bei-spielsweise basteln, spie-len und lesen mit Kindern.

Bisher war der Fokus im Bereich »Gaming« dar-auf gelegt, dass sie sowohl herkömmliche »analoge« Gesellschaftsspiele als auch Compu-ter- und Konsolenspiele in ihrem Bestand hatten. Veranstaltun-gen mit Spielen fanden nicht statt.

Das Besondere am Projekt war also, dass sich fünf kleine Einrichtungen mit wenig Personal und teilweise wenig Flä-che2 zusammengeschlossen haben, um sich zusätzlich zu ih-ren vielfältigen Aufgaben dem Thema Gaming zu widmen – am Ende erfolgreich. Sowohl Medienetat als auch Gesamtetat sind nicht üppig, die Technikausstattung war im Vorfeld nicht auf Gaming ausgelegt und musste in die Planungen mit einbezo-gen werden.

Die Bibliothek als Ort der Begegnung

Die Büchereien aus Borken und Raesfeld waren im Zuge des »Lernort-Projektes« des Landes NRW3 von Coach Christoph Deeg4 darauf hingewiesen worden, dass auch Gaming ein für Bibliotheken relevantes Thema sei und hohes Potenzial berge – gerade im Hinblick auf die Erschließung neuer Nutzergruppen und der Steigerung der Besucherfrequenz.

Da das Projekt für einzelne Einrichtungen dieser Größe nicht zu stemmen war, schlossen sich die Büchereien aus Bor-ken, Raesfeld, Geldern, Lüdinghausen und Ochtrup zusam-men. Aufgrund der finanziellen und personellen Ausstattung reichten auch in einem Gemeinschaftsprojekt die Ressourcen nicht aus. Somit beantragten wir beim Land NRW eine Förde-rung. Mit der professionellen Begleitung und finanziellen Un-

terstützung vom Minis-terium für Familie, Kin-der, Jugend, Kultur und Sport NRW konnte das Ga-ming-Projekt erfolgreich durchgeführt werden.

Als Zielgruppen wur-den ganz bewusst nicht nur Kinder und Jugendli-che definiert. Das Angebot sollte potenziell alle Bib-liotheksnutzer, möglichst auch »bibliotheksfremde« Menschen erreichen; Ju-gendliche, die bisher nicht zu uns kommen, oder Vä-ter, die eher im Auto sit-zen bleiben, während ihre Frauen und Kinder in die Bücherei gehen.

Mit dem Projekt sollten die Büchereien zeitgemäß als Ort der Begegnung sowie als Lernort im ländlichen Raum ausge-baut und etabliert werden.

Spielen, Ausprobieren, Kennenlernen

Die Gaming-Strategie entwickelten wir mit der Unterstützung von Christoph Deeg. Der zweitägige Auftakt-Workshop diente der Orientierung und dazu, Sicherheit im Umgang mit der Technik zu erlangen. Die Teilnehmer bekamen einen Überblick

SCHWERPUNKT MAKERSPACE

Die Bücherei-Leiter kreierten zur Identifikation Namen und Logos mit Stadtbe-zug für ihre Teams. Fotos: Öffentliche Bücherei Geldern

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darüber, welche Konsolen und Spiel-Kategorien es gibt und wie das Ganze eigentlich funktioniert. Dabei stand das Ausprobie-ren an erster Stelle: Es wurden an Gameboy, XBox, Playstation, Wii und am Computer diverse Spiele getestet und gespielt.

Es folgten Workshops, in denen die Strategie über das »Was« und »Wie« entwickelt wurde. Alle Büchereien wollten den ausleihbaren Bestand an Konsolenspielen erweitern. Zu-sätzlich sollten Konsolen angeschafft werden, die Nutzern die Möglichkeit zum Spielen in den Bibliotheksräumen eröffnen.

Das Positive am Gemeinschaftsprojekt: Wir verteilten die verschiedenen Aufgaben. Erstellen der Handzettel, Plakate und Roll-Ups, Preisvergleich und Bestellen von Technik, Me-dien und Möbel und Pressearbeit wurden je von einer Bücherei für alle übernommen.

Um der Öffentlichkeit den Projektstart sichtbar zu machen, planten wir jeweils eine Auftaktveranstaltung. Unter dem Motto »spielen, ausprobieren, kennenlernen« feierte jede Bü-cherei im Spätsommer 2015 den Auftakt. Der Spaß am Spiel, das Zusammensein mit anderen Spiel-Interessierten und die Information über unser Projekt standen im Mittelpunkt. Da-mit alle die Möglichkeit hatten, sich mit möglichst vielen Spie-len vertraut zu machen, reiste aus jeder Bücherei wenigstens ein Mitarbeiter mit technischem Equipment an. Neben mindes-tens fünf Konsolen wurden auch verschiedene analoge Gesell-schaftsspiele angeboten.

#GamingWahnsinn – das Finale

Schon während der Workshops begannen die Überlegungen, was wir darüber hinaus machen könnten. Die anfängliche Skepsis gegenüber Christoph Deegs Vorschlag, ein gemeinsa-mes Turnier zu machen, wich der Erkenntnis, dass wir bei ei-ner gemeinschaftlichen Veranstaltung wieder von gemeinsa-men Ideen, von zentralen Planungen und der Aufgabenvertei-lung profitieren würden.

Also ein Bücherei-Battle: Jede Bücherei stellt ein Team auf, welches Spiele trainiert, und am Ende treten alle im Finale ge-geneinander an.

Vorbereitung mit Training-Events

Zur Umsetzung wurden folgende Details ausgearbeitet: Die Bü-cherei-Leiter kreierten zur Identifikation Namen und Logos mit Stadtbezug für ihre Teams. Wir erstellten eine Internetseite5, um über die Aktion zu informieren. Frühzeitig erfolgte die Fest-legung auf folgende Spiele: Dirt3, Kinect Rivals, Fifa, Minecraft und PianoTiles an unterschiedlichen Konsolen; Mensch-ärge-re-dich-nicht, Canasta, Kniffel und Speed Cups als analoge Ge-sellschaftsspiele und die Carrera-Bahn. Dies war vonnöten, damit alle Interessierten wussten, was sie erwartet. Es sollten verschiedene Menschen angesprochen werden: beispielsweise Jugendliche mit den angesagten Konsolenspielen; Erwach-sene (gegebenenfalls Senioren) mit dem klassischen Karten-spiel Canasta.

Alle Büchereien hatten am Anfang Schwierigkeiten, Spieler zu rekrutieren. Hier musste zusätzlich zu Aushängen und Hand-zetteln viel »Klinkenputzen« betrieben werden: Aufrufe in der Zeitung, persönliches Ansprechen von Bibliotheksnutzern, die Spiele ausleihen, Schüler bei Klassenführungen darauf hinwei-sen und Werbung machen im Senioren-Spieletreff.

Die durchgeführten Trainings-Events variierten in Umfang und Umsetzung. So führte Geldern vor und nach den Sommer-ferien sechs dieser Veranstaltungen während der normalen

1 Kennzahlen aus der DBS 2015

2 Die Fläche bewegt sich zwischen 350 und 900 Quadratmetern.

3 vgl. http://www.brd.nrw.de/schule/privatschulen_sonstiges/oef fentl__Biblio__Container/004_Modellprojekte.html

4 Berater und Speaker für die Bereiche Social-Media-Management, Gamification und Digitale Strategien

5 vgl. https://gamingbibliothek.wordpress.com

6 Das sind kleine Roboter, die sich mithilfe von Tasten program-mieren lassen und das analytische und vorausschauende Denken sowie die Problemlösekompetenz auf spielerische Weise fördern (vgl. https://www.bee-bot.us).

Mit Begeisterung, Teamgeist und Spielfreude: Rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer traten zum #GamingWahnsinn an.

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Bücherei-Öffnungszeiten durch. An festgelegten Terminen (freitags zwischen 14 und 18 Uhr, alle zwei Wochen) wurden verschiedene Stationen aufgebaut, an denen die oben genann-ten Spiele gespielt werden konnten. Aufgrund der räumlichen Gegebenheiten bedeutete das eine Beeinträchtigung anderer Nutzer. Trotzdem bekamen wir durchweg positive Resonanz; vielleicht auch, weil wir jeden zum Spielen einluden und kom-munizierten, dass es eine Sonderveranstaltung und kein Dau-erzustand ist.

Exakter Ablaufplan

Beim Finale sollten alle Teilnehmer möglichst viele verschie-dene Spiele spielen; auch vorher nicht trainierte, unbekannte Spiele, knifflige Denkaufgaben und geänderte Regeln sollten die Intensität erhöhen. In machen Runden traten ein-zelne Team-Mitglieder gegeneinander an, bei ande-ren musste im Mannschaftsmodus Punkte gesammelt werden.

Das größte Problem bei der Planung des Ablaufs bestand darin, dass lange nicht klar war, wie groß die Mannschaften sind. Um einen abwechslungsreichen Verlauf zu gewährleisten, einigten wir uns auf min-destens fünf Spieler pro Team. Gleichzeitig musste die Option bestehen, dass auch mehrere spielen konnten, falls eine Mannschaft aus mehr als der Mindestanzahl bestand. Denn selbstverständlich sollte niemand, der sich beim Training engagiert hatte, beim Finale nur zuschauen.

Kernstück des Konzeptes waren ein kleinteilig er-arbeiteter Ablaufplan und ein Punktesystem, in dem Abläufe, Regeln und Wertungen bestimmt wurden. Es wurde festgelegt, welche Spiele (insgesamt 23) mit wie vielen Spielern, zu welchen Regeln in welcher

Zeit, parallel beziehungsweise nacheinan-der gespielt werden sollten. Damit nicht die Gefahr bestand, dass nach wenigen Runden schon ein Sieger feststeht, wurde das Punktevergabe-System gewissenhaft ausgearbeitet.

Während der Trainings beobachteten wir die Spiele und prüften Zeiten und Ab-läufe, um herauszufinden, ob Zeitplan und Konzept realistisch sind.

Wichtig war es selbstverständlich auch, Puffer einzubauen. Der Verlauf von Partien lässt sich nicht vorhersagen. Daher wurde nach jeder Runde zumindest eine kurze Pause geplant, um die Möglichkeit zu ha-ben, gegebenenfalls Zeit aufzuholen.

Die Regeländerungen für bekannte Spiele sollten Spaß machen und heraus-fordern: Wer bei Mensch-ärgere-dich-nicht eine 1 würfelt, muss den Platz sei-ner Spielfigur mit dem einer anderen tau-

schen; beim Autorennspiel Dirt bekommt der Spieler die Augen verbunden, ein Teammitglied gibt Anweisungen, wie gefahren werden muss. Um die Bandbreite an spielerischen Elementen zu erweitern, wurden ein Biparcours und eine Aufgabe mit Bee Bots6 als Mannschaftsspiel vorbereitet.

Hier profitierten wir wieder von der Kooperation: Die Bü-chereien konnten je einzelne Spiele auf ihre Durchführbarkeit hin erproben, vorbereiten und am Finaltag die Standbetreuung übernehmen.

Spannung bis zur letzten Runde

Das große Finale, bei dem die fünf Teams gegeneinander an-traten, fand Ende September in Borken statt. An diesem Tag kämpften rund 70 Teilnehmer 8 Stunden beziehungsweise 10

SCHWERPUNKT MAKERSPACE

Spannung war immer geboten, egal ob beim digitalen Spiel am Tablet ...

... oder beim traditionellen »Mensch ärgere Dich nicht« auf dem Spielbrett.

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Runden beziehungsweise 23 Spiele lang um Ruhm und Ehre und den Titel »Gaming-Bücherei 2016«.

Das Erfreuliche: Die Mannschaften waren zwischen acht und elf Spieler stark, und bestanden bei Weitem nicht nur aus Kindern und Jugendlichen. Hinzu kamen mindestens zwei Coachs aus jeder Bücherei, plus Eltern beziehungsweise Groß-eltern zur Unterstützung.

Um die am weitesten gestreute Rekrutierung zu belohnen, hatten wir beschlossen, das Punkte-Startkapital danach zu ver-geben, wie altersmäßig gemischt die Mannschaften sind: Die Spanne zwischen ältestem und jüngstem Spieler entschied. Gelderns jüngster Spieler war 10, die älteste Spielerin 75, so-dass Geldern mit 500 Punkten startete.

Das Konzept ist aufgegangen: Es brachte allen Teilnehmern einen Tag voller Herausforderungen, viel Spaß und ununter-brochener Spielerei. Alle waren stetig gefordert, und die Spiele boten immer wieder Überraschungen. Das Endergebnis war bis zur letzten Runde offen. Und um kurz nach 18 Uhr stand »Friendly Domination Ochtrup« als Gewinner-Team fest.

Finale gut, alles gut?

Trotz des gelungenen Abschlusses sollen auch einige Widrigkei-ten nicht unerwähnt bleiben: Das Punktevergabe-System war zwar logisch durchdacht, aber insgesamt zu komplex, daher schlecht zu kommunizieren und blieb für die Teilnehmer in-transparent. Eine gewisse Technik-Affinität muss zumindest bei

Teilen der Mitarbeiter Voraussetzung sein. Darüber hinaus ist ein hohes Engagement aller Mitarbeiter unerlässlich. Bei den eingangs genannten Personalstellen entstehen viele Überstun-den, wenn man ein solches Projekt durchführt.

Die ursprünglich geplante Bespielung der Social-Media-Ka-näle scheiterte an personellen Ressourcen, so war ein Youtube- Kanal nicht umsetzbar. Da alle Teilnehmer mehrfach eine Wie-derholung forderten, werden die Büchereien prüfen, inwiefern wir den #GamingWahnsinn fortführen können.

SCHWERPUNKT MAKERSPACE

Daniela Verhoeven (Jahrgang 1979) ist Diplom-Bibliothekarin. Sie ar-beitete von 2004 bis 2015 in un-terschiedlichen Medien-Archi-ven. Seit 2013 absolviert sie den berufsbegleitende Master-Studi-engang MALIS (Master in Library and Information Science) an der TH Köln. Seit Sommer 2015 ist sie Leiterin der Öffentlichen Bücherei Geldern – mit al-len Arbeitsfeldern, die in einer kleinen Bücherei an-fallen: Personalverantwortung, Budgetverantwortung, Zusammenarbeit mit lokalen Bildungs- und Kultur-einrichtungen, Veranstaltungs- und Öffentlichkeitsar-beit, Bestandsarbeit, Beratungs- und Auskunftsdienst. – Kontakt: [email protected]

Westerstrasse 114-116 | D-28199 Bremen | fon: (0421) 50 43 48 | fax : (0421) 50 43 16

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LESESAAL AUSLAND

Gernot Gabel

Barack Obama plant seine Präsidentenbibliothek

Chicago unter vier möglichen Standorten ausgewählt / Kapitalstock von einer halbe Milliarde Dollar notwendig

Am 20. Januar 2017 wird Präsident Barack Obama seinem Nachfolger die Amtsgeschäfte übergeben und sich ins Pri-vatleben zurückziehen. Gemäß der Tradition bleibt ihm je-doch die Aufgabe, seine Präsidentenbibliothek zu realisie-ren, denn die amtlichen Dokumente seiner Regierungszeit darf ein Expräsident nach den Bestimmungen des seit 1955 geltenden »Presidential Libraries Act« in einer solchen Bi-bliothek verwahren.

Das Gebäude dieser Bibliothek muss er mit Privatmitteln oder Spenden errichten, die Verwaltungskosten der Institution über-nimmt dann auf Dauer die staatliche National Archive and Re-cords Administration (NARA). Zudem hat der ehemalige Staat-schef für ein solches Projekt ein Stiftungsvermögen in einem Umfang aufzubringen, das in Relation zu Größe und Kosten der von ihm er-bauten Einrichtung steht, um aus die-sem Kapitalstock einen Teil der jähr-lichen Unterhaltskosten zu bestreiten. Während seiner Amtszeit im Weißen Haus darf sich ein Präsident allerdings nicht direkt um Finanzierungsfra-gen für sein Prestigeobjekt kümmern oder Spenden für das Projekt einwer-ben, aber das Konzept einer solchen Einrichtung kann er schon vorher festlegen.

Steter Touristentrom

Die Planungen für seine Presidential Library nahm Obama schon wenige Monate nach Beginn seiner zweiten vierjährigen Amtszeit auf, die offiziell am 20. Januar 2013 ein-setzte. Indem er verlauten ließ, dass er nach dem Auszug aus dem Weißen Haus seinen Wohnsitz nach New York, Chicago oder Hawaii verlegen könnte, wo er vor seiner politischen Kar-riere jeweils einige Zeit verbracht hatte, stieß er einen Wett-bewerb unter den genannten »locations« an, denn generell er-wartet man von der Ansiedlung eines präsidialen Komplexes nicht nur einen Prestigegewinn, sondern auch eine wirtschaft-liche Belebung des unmittelbaren Umfelds durch einen steten Touristenstrom.

Um Interessenkonflikte zu umgehen – ein Präsident sollte während der Amtszeit keiner wirtschaftlichen Tätigkeit nach-gehen – gründete er im Januar 2014 die gemeinnützige »Barack Obama Foundation« und berief in deren Vorstand Persönlich-keiten aus seinem Bekanntenkreis. Zum Vorsitzenden ernannte er Martin Nesbitt, Chef einer Private-Equity-Gesellschaft und guten Freund aus gemeinsamen Tagen in Chicago; zu den wei-teren Mitgliedern zählen prominente Finanziers, enge Wegge-fährten aus Politik, Wirtschaft und Kultur sowie seine Schwes-ter Maya. Seiner Stiftung übertrug er die Aufgabe, Gelder einzuwerben und die Grundkonzeption seines geplanten Pre-sidential Center zu entwerfen.

An den möglichen Standorten sprachen die Planer in den folgenden Monaten diverse Organisationen an, darunter vier

Universitäten, mit welchen Maßnah-men sie das Projekt einer Präsiden-tenbibliothek unterstützen würden. Für jeden Standort wurde ein Dos-sier erarbeitet, das man mit dem Prä-sidentenpaar – die First Lady Michelle Obama war aktiv daran beteiligt – ein-gehend analysierte.

Im Mai 2015 ging dann die Stif-tung mit der Entscheidung an die Presse, dass Obama sich für Chicago entschieden hätte mit der Begrün-dung, dort habe er beruflich seine ers-ten Schritte getan, an der Universi-tät gelehrt, seine politische Karriere begonnen und seine Frau kennenge-lernt. Chicagos Bürgermeister Rahm Emanuel – er diente Obama während seiner ersten Amtszeit als Stabschef – sagte dem Präsidenten seine Unter-

stützung zu, im Süden der Millionenstadt ein geeignetes Ge-lände zu finden, und auch der Stadtrat votierte für das Projekt, wenngleich eine Bürgerinitiative sich gegen eine Platzierung des Ensembles in einem der städtischen Parks aussprach.

Internationaler Architektenwettbewerb

Als nächsten Schritt ging man die Frage nach der baulichen Ge-staltung des künftigen Center an und lud Architektenbüros ein,

Am 20. Januar 2017 wird Präsident Barack Obama seinem Nachfolger Donald Trump die Amtsgeschäfte übergeben. Foto: artinspiring / Fotolia

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LESESAAL AUSLAND

sich mit Dossiers um das Projekt zu bewerben. Un-ter den mehr als 140 Ein-sendungen aus 25 Ländern wählte die Stiftung dann sieben Architekturbüros aus, darunter so weltbe-kannte Firmen wie Renzo Piano und Adjaye Associa-tes. Diese erhielten im De-zember 2015 das offizielle Angebot (request for pro-posal), sich mit Gestal-tungsvorschlägen um den Auftrag zu bemühen. Ein solches Verfahren führt noch nicht zur Festlegung auf einen Architekturent-wurf, er lotet nur das Po-tenzial an konzeptionellen wie gestalterischen Mög-lichkeiten aus.

Auf mehreren Sitzungen, darunter einer im Weißen Haus, konnten die Finalisten ihre Konzepte im Detail erläutern. Im Juni 2016 verkündete die Stiftung dann den Gewinner: das Ar-chitektenehepaar Tod Williams und Billie Tsien, Chefs eines 1986 gegründeten Architektenbüros in New York mit etwa 30 Mitarbeitern, das in jüngerer Zeit Bauaufträge für Stiftungen, Kunstmuseen, Wissenschaftszentren und Botschaftsgebäu-den in den USA wie im Ausland realisiert hat. Ihm zur Seite stellte man das Studio Interactive Design Architects, eine von Frauen und ethnischen Minderheiten geführte Firma (gegrün-det 1992), die breite Erfahrung mit der Einbindung von Bürger-rechtsgruppen bei Projektentwicklungen in urbanen Problem-gebieten vorweisen kann. Diesen beiden Teams wird es oblie-gen, mit einer Vielzahl von Beteiligten das Presidential Center konzeptionell wie architektonisch zu entwerfen.

Wenige Wochen später erfolgte die Festlegung auf einen Bauplatz. Damit keine Wohngebäude abgerissen werden müss-ten und der Zugang zum Center aus mehreren Richtungen ge-währleistet wäre, erließ der Stadtrat eine Verordnung, mit der die Errichtung des Gebäudes in einer Parklandschaft, trotz des Votums der Bürgerinitiative, genehmigt wurde. Im Juli 2016 verkündete die Foundation vor der Presse, dass die Wahl auf den Jackson Park gefallen war, der im Westen vom Campus der Uni-versity of Chicago und im Osten vom Lake Michigan begrenzt wird. Dieses historisch bedeutsame Gelände – der Park wurde vom Gartenarchitekten Frederick Olmsted für die Weltausstel-lung des Jahres 1893 geschaffen – liegt in unmittelbarer Nähe zum Museum of Science and Industry und einem Japanischen Garten, allerdings auch zu einem Wohnviertel, das durch hohe Arbeitslosigkeit und Bandenkriminalität gekennzeichnet ist.

Der Bau, der hohen Umweltschutzbestimmungen genügen muss, wird neben der Präsidentenbibliothek ein Museum, die Obama-Stiftung sowie ein Zentrum für progressives Bürgeren-gagement aufnehmen. Der kompakte Baukörper soll auf relativ

kleinem Grundriss errichtet werden und voraussichtlich im Jahre 2020 bezugsfertig sein. Aber zuvor müssen die nötigen Gelder – man spricht tatsächlich von Kosten in Höhe von etwa einer halben Milliarde Dollar, wenn nicht mehr – eingeworben werden, denn die Stiftung will vermeiden, dass sie durch ei-nen zu geringen Kapitalstock dauerhaft um Spenden werben muss. Aber diesen Aspekt wird der erfahrene Spendensammler Obama nach dem Abschied aus dem Oval Office sicherlich mit der für ihn typischen Dynamik angehen.

Heftiger Schlagabtausch vor der Wahl

Um das Amt des 45. US-Präsidenten bewarben sich im Herbst 2016 Hillary Clinton und Donald Trump. In einem langen und von heftigem Schlagabtausch geprägten Wahlkampf überzo-gen sich die beiden Kontrahenten mit Unterstellungen und Ver-leumdungen und bezichtigten sich gegenseitig sogar der Lüge. Am 9. November stand der Immobilienmogul und Milliardär als Sieger fest. Dieser hatte in seinen Wahlkampfreden auch den amtierenden Präsidenten scharf angegriffen und seinen Wäh-lern versprochen, die Mehrzahl der von Obama verabschiede-ten Gesetze und Verordnungen rückgängig zu machen.

In den letzten Wochen seiner Amtszeit kann ein scheiden-der US-Präsident keine Gesetzesvorhaben mehr durch den Kon-gress bringen, denn im politischen Geschäft gilt er als soge-nannte »lame duck«. Falls Donald Trump seine im Wahlkampf gemachten Versprechen tatsächlich umsetzen will und kann und ihm der Kongress dabei zur Seite steht – in beiden Kam-mern stellen die Republikaner die Mehrheit –, bleibt abzuwar-ten, welche Maßnahmen seiner Amtszeit Obama seinen Lands-leuten als von bleibender Bedeutsamkeit präsentieren wird, wenn sie als Besucher dereinst in seine geplante Präsidenten-bibliothek kommen.

Obamas Präsidentenbibliothek soll im Jackson Park in Chicago gebaut werden. Dagegen wehrt sich eine Bürgerinitiative. Foto: nicholashan / Fotolia

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Monika Altena, Hans-Dietrich Kluge-Jindra

Ein neuer Magnet für den Stadtteil Die Stadtbibliothek Sterkrade wird zum attraktiven Treffpunkt für alle Bürger / Generationenübergreifende Angebote

Gut ein halbes Jahr nach Schließung der in die Jahre ge-kommenen Stadtteilbibliothek konnte in direkter Nachbar-schaft auf der gegenüberliegenden Straßenseite die neue Stadtteilbibliothek Sterkrade, die jetzt als Stadtbibliothek Sterkrade firmiert, eröffnet werden. Sie ist untergebracht im ehemaligen Leerstand einer Filiale der Stadtsparkasse Oberhausen. Neben der Bibliothek befindet sich in dem Gebäude noch eine Reihe von Eigentumswohnungen. Die Sterkrader Bibliothek ist damit nun schon zum zweiten Mal

Folgenutzer der Stadtsparkasse, da auch das vorherige Do-mizil ursprünglich eine Filiale beherbergte. Ermöglicht wurde die aktuelle Folgenutzung, da für das Altgebäude ein Investor gefunden werden konnte, der beabsichtigt, dort in innenstadtnaher Lage neue altengerechte Wohnungen an-zubieten. Die stadteigene Tochter Oberhausener Gebäude-management GmbH konnte dadurch die alte Sparkassenflä-che erwerben, für die neue Verwendung umbauen und nun langfristig an die Stadt Oberhausen vermieten.

Neuer Publikumsmagnet: Die Stadtbibliothek Sterkrade bietet auf 1400 Quadratmetern Informationen. Fotos: ukw-innenarchitekten Krefeld

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LESESAAL BAU

Für die jetzige Bibliothek, die komplett neu eingerichtet wer-den konnte, spricht im Besonderen, dass sie ebenerdig ist und damit auf circa 1 400 Quadratmetern Fläche viel Raum für Ge-staltung bietet. Nachdem die Zentralbibliothek nach ihrem Um-bau mit guter Resonanz bereits die räumliche Trennung von Kinder- und Jugendbereich realisiert hatte, wurde dieses Kon-zept nun auch in Sterkrade umgesetzt. Die Jugendbibliothek er-hielt einen markanten, gut sichtbaren, mit vielen digitalen Nut-zungsmöglichkeiten ausgestatteten Bereich. Eine feste Bühne, die im Bereich der variabel möblierten Kinderbibliothek ein-gebaut wurde, bietet die Möglichkeit, Lesungen, Diskussionen et cetera anbieten zu können. In diesem Veranstaltungsbereich find bis zu 100 BesucherInnen Platz.

Hohe Aufenthaltsqualität

Zahlreiche weitere Sitz- und Arbeitsmöglichkeiten kennzeich-nen die Bibliothek, die sich damit als besonders attraktiver Auf-enthalts- und Arbeitsraum anbietet. Dazu gehören zwei sepa-rate Lernräume, die kostenlos reserviert werden können. Ein komplett eingerichteter Seminarraum, ausgestattet mit einem Screenboard, rundet das vielfältig nutzbare räumliche Angebot zum Lernen ab. Seit dem Herbstsemester finden dort auch erst-mals Kurse der Volkshochschule statt, was die gemeinsame Ko-operation unterstreicht. Ein attraktives Selbstbedienungs-Café fördert die Aufenthaltsqualität ebenso wie eine Außenterrasse, die voraussichtlich bis zum nächsten Sommer die Bibliothek um einen Lesegarten ergänzen wird. Im Eingangsbereich be-findet sich ein Raum, der variabel für Ausstellungen genutzt werden kann und außerdem eine E-Bike-Ladestation für bis zu drei Räder aufweist.

Die Einrichtung der neuen Bibliothek erfolgte in enger – bereits beim Umbau der Zentralbibliothek äußerst bewähr-ter – Kooperation der Firma UKW-Innenarchitekten (Krefeld) als Planer und Bauaufsicht mit den Beteiligten vor Ort (OGM GmbH als Bauherr, Stadtbibliothek als künftiger Nutzer und den beteiligten Gewerken). Die vorherige Nutzung der Fläche durch die Stadtsparkasse beinhaltete, dass die bauliche Subs-tanz des Gebäudes und dessen Ausstattung besonders wertig und für den neuen Zweck gut nutzbar war. So bestand der Bo-den zum Beispiel bereits aus einem Sandwichboden, der die Verlegung von Leitungen für die neue Nutzung sehr verein-fachte. Der darauf verlegte – farblich auf das Gesamtensem-ble abgestimmte – Bodenbelag wurde ebenso neu aufgebracht, wie die gesamte Inneneinrichtung, für deren Planung ebenfalls die Firma UKW-Innenarchitekten verantwortlich war. Die De-ckenbeleuchtung wurde ebenso überarbeitet und nach ökolo-gischen Kriterien erneuert.

Eine bereits vorhandene Belüftungs- und Klimaanlage konnte wieder in Betrieb genommen werden und verstärkt den wertigen Eindruck der Bibliothek ebenso wie eine Warm-luftdusche im Eingangsbereich, die verhindert, dass in der kälteren Jahreszeit Zugluft in die Bibliothek zieht. Die kom-plette Neuausstattung mit Medienregalen der Firma Schulz Speyer sowie die diversen Sondermöbel von der Tischlerei

Fingerhut-Innenausbau führen zu einem stimmigen, angeneh-men Ambiente, das für die Kunden gut übersichtlich gegliedert ist und trotz der Größe ein angenehmes Raumgefühl vermittelt.

Für Ausstellungen, die in der alten Bibliothek kaum durch-geführt werden konnten, stehen nun im Eingangsbereich und im Bibliotheksraum viele gut sichtbare Flächen zur Verfügung und werden bereits nach kurzer Zeit von Künstlern, aber auch für eine stadt(teil)geschichtliche Präsentation genutzt. Ein 24-Stunden-Rückgabeautomat der Firma easycheck bietet jetzt auch den Sterkrader Kunden die Chance, Medien außerhalb der Öffnungszeiten abzugeben.

Bibliothek der Generationen

Der öffentliche Betrieb in der Bibliothek wurde im März 2016 mit einem großen Fest und vielen BesucherInnen gestartet – mit einer komplett neuen konzeptionellen Ausrichtung. Unter der Überschrift »Perspektive 2020« hatten die Mitarbeiterin-nen der Bibliothek gemeinsam mit der Bibliotheksleitung ein Konzept für eine »Bibliothek der Generationen« erarbeitet, das möglichst zielgenau auf die besonderen Bedürfnisse des flächenmäßig größten und von seiner sozialen Struktur her stärksten Stadtteils von Oberhausen zugeschnitten ist: Zentra-les Ziel ist es, die Bibliothek als neuen kulturellen Treffpunkt für alle Generationen des Stadtteils aufzustellen, weitgehende, zum Teil auch neue Bildungsangebote zu etablieren und die stadtteilweite Vernetzung mit einer Vielzahl von örtlichen Part-nern auf Dauer festzuschreiben.

Gleichzeitig ist die Bibliothek der Generationen ein beson-ders nutzerfreundliches Angebot für alle Menschen im Stadt-teil, zu dem nicht zuletzt auch die Berücksichtigung besonde-rer Bedürfnissen von Menschen mit den unterschiedlichsten Handicaps gehört. Gemeinsam mit dem kommunalen »Beirat für Menschen mit Behinderung« und den planenden und aus-führenden Innenarchitekten wurden bereits während der Pla-nungsphase die speziellen Bedürfnisse von Menschen mit Be-hinderung bei der Benutzung öffentlicher Einrichtungen um-fassend erörtert, beschrieben und in die laufenden Planungen mit einbezogen, sodass diese Einrichtung aktuell die öffentli-che Einrichtung in Oberhausen ist, die am umfassendsten die Bedürfnisse von Menschen mit Handicap berücksichtigt und dieses als wesentlichen Teil ihres Konzeptes ausweist.

Dies machte sich neben den konkreten Hilfen wie behin-dertengerechter Wegweisung für sehgeschwächte Menschen und dem Einbau von Verstärkern für Menschen mit Hörbehin-derung auch an der Gestaltung von Möbeln fest, die die beson-deren Bedürfnisse von Rollstuhlfahrern, wie zum Beispiel die Unterfahrbarkeit, berücksichtigen. Bei der Farbgestaltung des Innenraums und der Möbel standen dementsprechend dann nicht nur praktische und ästhetische Überlegungen im Vorder-grund, sondern auch eine besonders kontrastreich Ausführung, mit deren Hilfe die Orientierung für sehbehinderte Menschen erleichtert wird.

Interessierte Gruppen von Senioreneinrichtungen kom-men nun regelmäßig in die Bibliothek, um die Medien vor Ort

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LESESAAL BAU

zu nutzten, aber auch um Medien auszuleihen. Aktuelle An-forderungen an eine neue Bibliothek, zum Beispiel die ein-fache Orientierung im Bestand, die Übersichtlichkeit bei der Präsentation der Medien und die Reduzierung auf die unter dem Gesichtspunkt der festgelegten Kundengruppen gängigen Sachgruppen, wurden ebenfalls im Laufe der Planungen kon-kretisiert und in enger Abstimmung mit den Innenarchitekten umgesetzt.

Die Umsetzung des Konzeptes der Bibliothek der Generati-onen macht sich insbesondere daran fest, dass neben den üb-lichen Kundengruppen wie Kinder und Jugendliche auch spe-zielle Angebote für andere Zielgruppen, die im Stadtteil be-sonders stark vertreten sind, gemacht werden. Dabei bilden insbesondere generationenübergreifende und -verbindende Angebote einen Schwerpunkt.

Repair-Café öffnet regelmäßig

Die bislang schon gut ausgebauten Angebote an Kinderta-geseinrichtungen, für Elterngruppen, Grund- und weiterfüh-rende Schulen wurden ergänzt um besondere Angebote für ältere Menschen. Daneben wird regelmäßig gemeinsam mit der Lebenshilfe Oberhausen ein Repair-Café im Selbstbedie-nungs-Café »LeseWerk« in der Bibliothek angeboten, in dem insbesondere ältere Menschen durch ehrenamtliche Hilfe bei der fachkundigen Reparatur von Elektrokleingeräten und bei kleineren Näharbeiten erhalten.

Der in der Bibliothek neu angesiedelte Gaming-Bereich unter dem Namen »Spielfeld« ist deshalb auch nicht nur den Jüngeren vorbehalten, sondern entwickelt nun gerade auch für die Generation 55+ analoge und digitale Spieleangebote. Ein erstes gemeinsam mit der Lokalzeitung »Neue Ruhr Zei-tung« organisiertes Fußballturnier um den NRZ-Stadtpokal mit dem Spiel FIFA16 hat bereits Jung und Alt zusammenge-führt und ist Grundlage für weitere entsprechende Angebote einer eigens für diesen Aufgabenbereich auf Honorarbasis en-gagierten medienpädagogischen Fachkraft. Seit August wer-den regelmäßige Angebote wie Gaming für Familien, »Just for Girls« und Spieletestertage durchgeführt, um hier nur einige zu nennen.

Zahlreiche Aktionen und Aktivitäten kennzeichneten die Eröffnungsphase der neuen Stadtbibliothek Sterkrade, und unterschiedlichste Veranstaltungsformate für alle Altersgrup-pen wurden ausprobiert, beginnend zum Beispiel bei Bilder-buchkinos für die Kleinsten, einer Lesung mit der bekannten Kabarettistin Gerburg Jahnke über eine Lesung zu Whisky und anschließender Verkostung bis hin zu einer Aufzeichnung der WDR5-Radiosendung »Die telefonische Mord(s)beratung« – zum Thema »Der Krimi-Code … Gute Krimis, schlechte Kri-mis«. Während der diesjährigen Sommerferien wurde gemein-sam mit dem Citymanagement des Stadtteils sowie Sterkrader Kaufleuten und vielen Organisationen erstmals erfolgreich der zwei Wochen dauernde »Sterkrader Lesesommer« durchge-führt mit vielfältigen Veranstaltungen rund ums Lesen, bei de-nen die Bibliothek einer der Spielorte war.

Stadtbibliothek Sterkrade

Einwohner im Stadtteil Sterkrade82 300

TrägerStadt Oberhausen

BauträgerOGM GmbH (Oberhausener Gebäudemanagement)

Planung und Bauüberwachungukw-Innenarchitekten, Krefeld

MöbelFirma Schultz-Speyer (Regale), Firma Fingerhut-Innen-ausbau (Sondermöbel)

Grafische GestaltungLaurenz Bick Design & Daniel Lieser (Oquid.de)

Fläche1 400 Quadratmeter, ebenerdig, aufgeteilt in Eingangs-bereich mit Ausstellungsfläche und E-Bike-Ladestation, Kinderbibliothek als multifunktionelle Fläche für Veran-staltungen bis zu 100 Personen mit fester Bühne, Ga-ming-Zone als »Spielfeld« mit zwei Monitoren, Jugend-bibliothek mit angeschlossenem Schülercenter, Lesegar-ten, Selbstbedienungs-Café, zwei separaten Lernräumen, einem separaten Seminarraum mit Smartboard, weiterer Ausstellungsfläche, zahlreichen Sitz- und Arbeitsmög-lichkeiten, öffentlichem W-LAN, diversen Lademöglich-keiten für elektronische Geräte, Touchscreen, Verstärker-anlagen für Menschen mit Hörbehinderung im Veranstal-tungsbereich und im Seminarraum. Die Räumlichkeiten sind in besonderem Maße für die barrierefreie Nutzung eingerichtet und ausgestattet. Für die Mitarbeiter stehen drei Büroräume zur Verfügung.

Bestand35 000 Medieneinheiten

Mitarbeiter1 Diplom-Bibliothekar, 4 Bibliotheksassistenten/FAMIs (zum Teil in Teilzeit), 1 Medienpädagoge

ÖffnungszeitenDI - FR: 10 - 13.30 und 15 - 18 Uhr (seit Oktober: 10 - 18 Uhr), SA: 10 - 13 Uhr

Die Einrichtung der Bibliothek wurde gefördert mit Mitteln des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW, der Sparkassen-Bürgerstiftung Oberhausen und der Stadtsparkasse Oberhausen.

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LESESAAL BAU

Ein attraktives Selbstbedienungs-Café fördert die Aufenthaltsqualität.

Der Eingangsbereich mit moderner Info-Theke und Zeitschriftenauslage im Hintergrund.

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Fazit ist, dass die neue Bibliothek bereits nach kurzer Zeit sehr gut im Stadtteil angenommen wird. Die Neueröff-nung führte zu erheblichen Zuwächsen, sowohl bei den Neu-anmeldungen wie auch bei der Bibliotheksnutzung. Vielfäl-tige Arbeitsgruppen nutzen inzwischen die Räume und di-versen Arbeitsplätze. Zahlreiche Institutionen sehen in der neuen Bibliothek eine neue Möglichkeit, Veranstaltungen an einem attraktiven Ort durchzuführen. Die bereits bestehen-den Kooperationspartner erleben die Bibliothek wesentlich attraktiver. Neue Kooperationspartner sind gefunden wor-den und der Ausbau der Kontakte im Stadtteil und daraus

resultierende gemeinsamen Veranstaltungen werden kontinu-ierlich ausgebaut, damit die Bibliothek Sterkrade das ist, was sie sein möchte, nämlich ein attraktiver zentraler Treffpunkt für alle BürgerInnen des Stadtteils mit aktuellen Kultur- und Bildungsangeboten.

Monika Altena hat nach der Ausbildung zur Buchhändle-rin bei der Versandbuchhandlung Dreier gearbeitet. Das Studium als Diplom-Bibliothekarin absolvierte sie an der Fachhochschule für öffentliches Bibliothekswesen in Bonn. Nach dem Studium verschlug es sie beruflich für ein halbes Jahr in die Nähe von München. Von 2002 bis 2006 war sie stellvertretende Leiterin, ab 2007 Leiterin der Wülfrather Medien Welt. Seit Dezember 2012 ist sie Leite-rin der Stadtbibliothek Sterkrade.

Hans-Dietrich Kluge-Jindra; Jahrgang 1952, verheira-tet, zwei Kinder, lebt in Oberhausen. Nach Abschluss des Studiums an der Universität Essen im Jahr 1979 ist er zu-nächst tätig in der Jugendbildungsarbeit. Nach verschie-denen Stationen und vielfältigen Kultur- und Medienpro-jekten in der Kinder- und Jugendkulturarbeit erfolgte 1991 der Wechsel ins Kultur- und Medienbüro der Stadt. 1994 erfolgte ein weiterer Wechsel, zunächst als stellvertreten-der Leiter, seit 2010 als Leiter in den Bereich Medien der Stadt Oberhausen und der Stadtbibliothek Oberhausen. Seit Januar 2015 ist er Leiter des neugebildeten Bereiches Bert-Brecht-Bildungszentrum, in dem unter anderem die Stadtbibliothek Oberhausen und die Volkshochschule Oberhausen gemeinsam neu aufgestellt sind. – Kontakt: [email protected]

Bei der Farbgestaltung standen nicht nur praktische und ästhetische Überlegungen im Vordergrund, sondern auch eine besonders kont-rastreich Ausführung, mit deren Hilfe die Orientierung für sehbehinderte Menschen erleichtert wird.

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LESESAAL LESEFÖRDERUNG

Rita Höft, Gudrun Marci-Boehncke

Experten für das Lesen Leseförderung in Öffentlichen Bibliotheken weiterentwickeln / Ein Blick zurück und nach vorn

Was 2010 als Pilotprojekt des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport (MFKJKS) und der Me-dienberatung NRW zur Weiterbildung von Bibliotheksbe-schäftigten begonnen wurde, hat sich zu einem jährlichen Angebot entwickelt, das nun auf dem Sprung steht, auch für Master-Studierende attraktiv zu werden: die »Experten für das Lesen«. Ausgehend von den Veränderungen, die die Digitalisierung auch für die Leseförderung an Öffentlichen Bibliotheken bedeutete, wurden bisher knapp 100 Mitar-beiterinnen und – immerhin zwei – Mitarbeiter an ÖBs be-ziehungsweise Medienzentren erreicht, die meisten in NRW, aber auch aus Baden-Württemberg, Hessen, Nieder-sachsen und Sachsen. Und eine Teilnehmerin kam sogar aus dem Wallis in der Schweiz. Die Verantwortlichen geben einen Rückblick auf die letzten sechs Jahre und stellen Überlegun-gen vor, warum das Format weiterentwickelt wird und wo es 2017 hingeht. »Experten für das Lesen« wird als Zertifikatskurs vom ZBIW der TH Köln angeboten.

Die »Experten für das Lesen« entstanden im Kon-text der Bildungspartnerschaften, die als Koope-rationsverträge, begleitet von der Medienbera-tung NRW, zwischen Schulen und Bildungs- und Kultureinrichtungen, und hier prominent den Bi-bliotheken, seit Mitte der 2000er-Jahre etabliert wurden. Öffentliche Bibliotheken sollten für die Herausforderungen von schulischer Leseförde-rung im Nachgang zu den weltweit aufrütteln-den Ergebnissen der Leseleistungsstudien PISA und IGLU sensibilisiert und weitergebildet werden, damit die hohe Fachkompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die aktuellen Bedarfe in einer digitalen Medienwelt ausgerich-tet werden konnte.

Im Mittelpunkt: Keine Angst vor Entwicklung!

Die berufsbegleitende Fortbildung wurde als Blended-Lear-ning-Angebot konzipiert, um hier in zweifacher Hinsicht effi-zient zu arbeiten: Zum einen sollte der logistische Aufwand möglichst gering bleiben. Reisen zu häufigen Präsenzterminen sollten vermieden werden, weil dadurch doppelte Kosten ent-stehen – durch die Teilnahme für die Reisenden und ihr Fern-bleiben vom Arbeitsplatz für die entsendenden Bibliotheken.

Zum anderen – und zu Beginn mindestens genauso wichtig: Da eine zentrale Herausforderung der 2000er-Jahre in der Arbeit mit digitalen Medien in der Leseförderung bestand, sollte diese Arbeitsform gleich in der Fortbildung selbst geübt werden, um bei den Teilnehmenden die Selbstwirksamkeit in dieser wich-tigen Kompetenz zu erhöhen.

Für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Öffentlicher Bibliotheken stellten digitale Medien tatsächlich noch einen Angstgegner da. Denn man sah sich immer noch als Vertre-ter/in einer Kultureinrichtung, die gerade eine Alternative zur schnellen Welt der Digitalität darstellen wollte. Und die dro-henden Automatisierungsprozesse, die auch für Öffentliche

Bibliotheken damals schon absehbar waren und Gestalt an-nahmen, sorgten für Existenzängste. Wenn Maschinen Bücher rückbuchten, wenn Bestellvorgänge und Neuaufnahmen viel zeitsparender und zum Teil zentralisiert abzuwickeln waren – wohin ging dann der Weg der Beschäftigten in Öffentlichen Bibliotheken? Sparmaßnahmen blockierten Aufstiegschancen, die Stellensituation schien sich bedrohlich zuzuspitzen.

Der PISA-Schock hatte andererseits Leseförderung wie-der in den Fokus gerückt. Klar wurde, dass die Zusammenar-beit vieler Kräfte der Gesellschaft gefordert war, um diese – fast weltweit – dramatische Situation zu stoppen. Dabei haben die Vergleichsstudien eigentlich nur ein nationales Selbstbild zerstört: Das Volk der Dichter und Denker hat mehr Nichtleser als ihm offensichtlich bewusst war. Die Situation war in vie-len europäischen Ländern sehr ähnlich und nur in wenigen

Gemeinsames Lernen im Kurs: Rund 100 »Experten für das Lesen« sind bereits ausgebildet worden. Foto: ZBIW, TH Köln

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demokratisch strukturierten Ländern besser. Nahezu überall auf der Welt lasen die Jungen im Durchschnitt deutlich schlech-ter als die Mädchen und Lesekompetenz zeigte sich in Deutsch-land besonders abhängig von der sozialen Herkunft.

Diese Ergebnisse konnte die Bildungspolitik nicht einfach hinnehmen. Die Ursachenforschung zeigte, dass Lesen vor al-lem »weiblich konnotiert« schien: vorlesende Mütter, Erziehe-rinnen in den Kitas, Lehrerinnen in der Grundschule und mehr und mehr auch in der Sekundarstufe. Doch es blieb nicht ge-bunden an das biologische Geschlecht, sondern umgekehrt zeigte etwa die »Er-fur ter Lesestu-die« (Richter/Plath 2005/2007/2012 ), dass es die ausge-wählten Texte wa-ren, die vielleicht den Vorlieben der Lehrerinnen und Lehrer gefielen, aber die Kinder nicht mehr wirk-lich ansprachen. Es fehlte an Span-nung, Abenteuer, Krimi und der Ver-bindung zur Welt der Medien. Mit Hochliteratur allein konnte Leseförde-rung in der Schule nicht mehr erfolg-reich sein.

Wer die Kinder – und später Jugendlichen – erreichen, ja, sie erst mal motivieren wollte, ein Buch statt andere Medien zur Hand zu nehmen, der musste zu allererst ihre inhaltlichen Interessen – viel stärker als dies bisher der Fall gewesen war – berücksichtigen. Medienverbundliteratur und Merchandising wurde wichtig – und auch etablierte Autorinnen und Autoren nutzten den Markt ohne Angst vor der Kulturindustrie. Was bei J.K. Rowling anfangs noch Naserümpfen bereitet haben mag, etablierte sich in Deutschland spätestens mit Cornelia Funke. Schulen, Lehrkräfte und Bibliotheken mussten nolens volens reagieren. Mit neuen Angeboten und neuen Arbeitsformen, in denen genau diese neue Medienwelt berücksichtigt wurde – und dies in Inhalt und Form.

Leseförderung – so forderte 2012 auch die EU High Level Group of Experts on Literacy – musste gesamtgesellschaftli-che Aufgabe werden, die Bildungskräfte bündeln und die di-gitale Lebenswelt der Kinder- und Jugendlichen miteinbezie-hen. Internet und digitale Medien allgemein würden keine vo-rübergehende Erscheinung bleiben. Das WEB 2.0 hatte bei den zukunftsorientierten jungen Konsumenten Handlungspraxen verändert. Das wirkte sich auch massiv auf den Umgang mit Li-teratur aus. Wikipedia als Recherchequelle ließ Bibliotheksbe-suche nicht nur von Schülerinnen und Schülern zurückgehen.

Das Fortbildungsangebot der »Experten für das Lesen« ver-suchte, an dieser Entwicklung anzuknüpfen und zu überlegen, wie Leseförderung heute aussehen muss, um Kinder und Ju-gendliche zu erreichen: inhaltlich und methodisch. Der Ge-danke, der schon damals leitend war, ist der der Anerkennung (vgl. Honneth 2010). Man kann nur dann erwarten, dass Kin-der sich auf Angebote zur Bildung einlassen, wenn man ihre Bedürfnisse auch ernst nimmt und anerkennt, und in diesem Fall ist das auch doppelt begründet, da Kinder und Jugendliche sich in der Medienwelt orientieren müssen, die sie in ihrer Zeit

umgibt. Und diese ist heute eine andere als die, in der die heutigen Bildungs-vermittler aufge-wachsen und sozia-lisiert wurden.

Spätestens mit der Generation iPhone (dieses Ge-rät von Apple ist seit 2007 auf dem Markt und begründet die heutige flexible mo-bile Online-Praxis, obwohl es bereits vorher Smartphones gab) ist man ortsun-gebunden im Inter-net unterwegs und kann in Bild, Film, Ton und Schrift nicht nur private,

sondern auch öffentliche Kommunikation weltweit in Echtzeit betreiben und verfolgen und auf zahlreiche digitale Ressour-cen zugreifen. Soziale Netzwerke, Messenger Programme ver-lagern Kommunikation von Telefon oder face-to-face in die Di-gitalität, in der zumindest Jugendliche – mit der Etablierung von Flatrates – nahezu rund um die Uhr online sind.

Absicht war und ist es, Bibliothekarinnen und Bibliothekare auf die Erfordernisse aktueller Leseförderung vorzubereiten und dabei ständig in der Entwicklung zu bleiben, denn die Digitalität hat die Medienentwicklung stark beschleunigt.

Natürlich wird dort gelesen und geschrieben, aber die Informa-tionsbeschaffung verlagert sich auch vom Buch ins Netz. Man fragt andere Nutzer, schaut bei Filmportalen nach, wenn man Erklärungen oder Handlungsbeschreibungen sucht. »Participa-tory Culture«, eine Kultur des Teilens, Teilhabens und kollek-tiven Wissens nennt dies der Amerikaner Henry Jenkins (Je-nkins/Purushotma/Weigel et al. 2009). Aber natürlich sehen

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Angehende Experten für das Lesen: Kursstart im Ausbildungsjahr 2014/15. Foto: ZBIW, TH Köln

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Kritiker hier auch die Gefahr einer Kultur des kollektiven Un-wissens. Die Frage, was eine seriöse Quelle ausmacht, bleibt bis heute eine Herausforderung – gerade für Bibliotheken.

Was hat sich entwickelt? Ein Rückblick auf die Projektaus-richtung an Bibliotheken der »Experten für das Lesen« der vergangenen sechs Jahre

Was hat dies nun alles mit den »Experten für das Lesen« zu tun? Absicht war und ist es, Bibliothekarinnen und Bibliothekare auf die Erfordernisse aktueller Leseförderung vorzubereiten und da-bei ständig in der Entwicklung zu bleiben, denn die Digitalität hat die Medienentwicklung stark beschleunigt. Stellt sie zunächst per se eine »disruptive Technologie« (vgl. Christensen 2011) dar, die kommunikatives Handeln mit Texten aller Art verändert hat, modifiziert sich dieses immer weiter aus. Die technische Entwick-lung vom User generated Content im Netz bis zur künstlichen In-telligenz scheint in rasender Geschwindigkeit voranzuschreiten. Welche Art der Leseförderung soll da stattfinden? Worauf kommt es an – außer darauf, die Interessen der Kinder und Jugendlichen zu berücksichtigen? Und: Wie sehen die konkret aus?

Als Grundhaltung ist uns die Veränderungsbereitschaft bei Bibliotheksbeschäftigten zentral: Es geht nicht nur um einen bestimmten Schritt, sondern um die Bereitschaft schneller An-passung an immer neue Bedingungen, Geräte, Textformen und Medienkulturen. Grundlegende Fähigkeiten der De- und Re-kodierung von Buchstaben und Sätzen, der lokalen und globa-len Kohärenzbildung in Sätzen, Texten und Kontexten gehören nach wie vor zum gelingenden Lesen. Dazu gehört aber auch ein Wissen um die Mediengewohnheiten und medialen Mög-lichkeiten von Kindern und Jugendlichen, die Kenntnis von Ge-staltungsmöglichkeiten mit digitalen Geräten in Bild, Text und

Ton – weil dort neue Texte warten oder erstellt werden können als Anschlusshandlung zu gelesenen Büchern.

Der »erweiterte Textbegriff« (vgl. Kallmeyer et al. 1974) umfasst alle medialen Produkte in einer kommunikativen Ab-sicht, egal ob sprachlicher oder nicht-sprachlicher Art. Damit umzugehen und dies als »Leseförderung« zu verstehen, bedeu-tete zunächst einen Paradigmenwechsel. »Experten für das Le-sen« hat ihn mit vorangetrieben, auch auf anfänglich »schwe-rem Boden«. Die ersten beiden Kohorten waren noch sehr am-bivalent eingestellt gegenüber der digitalen Arbeitsweise mit wöchentlichen Lerneinheiten auf einer E-Learning-Plattform. Tabellen anlegen und ausfüllen, Verlinkungen im Text nachzu-gehen und auch Videos anzuschauen – das war nicht nur, aber auch technisch ein Problem, denn 2010 hatten keinesfalls alle Öffentlichen Bibliotheken einen frei nutzbaren Internetzugang für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Da hat sich inzwischen sehr viel geändert – man hat manch-mal den Eindruck, dass Bibliotheken hier sogar weiter und par-tizipativer orientiert sind als Schulen (vgl. Bos et al. 2014) – was eine große Chance darstellt und sie als Lernort zusätzlich attraktiv macht. Auch für die Gründung eines Fördervereins braucht man keine Tipps mehr zu geben – anfangs war das drin-gend erwünscht, weil nur mit einem Förderverein Spenden an-geworben werden konnten, um die Ausstattung und Projektfi-nanzierung aufzustocken. Neu hinzugekommen sind hingegen Lerneinheiten zu Inklusion und dem Umgang mit Flüchtlin-gen. Und natürlich werden auch Vorschläge zu attraktiven Me-dientätigkeiten für die verschiedenen Zielgruppen immer wie-der an die aktuellen Entwicklungen angepasst.

Ein wichtiges Ergebnis der Evaluationen, die von Anfang an qualitativ und empirisch durchgeführt wurden, ist, dass der Theoriebedarf der Bibliotheksbeschäftigten gestiegen ist. Ka-men anfangs solche Einheiten noch eher schlecht weg, in denen

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Teilehmerinnen bei der Projektpräsen-tation. Foto: ZBIW, TH Köln

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eher Hintergrundwissen geliefert wurde – etwa zu Medienbe-grifflichkeiten, zur Forschung über Genderunterschiede beim Lesen, zu verschiedenen Arten »interkultureller Literatur« oder zur Aufgabe von Bibliotheken in Geschichte und Gegenwart (angesichts der Digitalisierung) – wird jetzt explizit zurückge-meldet, dass gerade solche Inhalte interessant sind und dazu beitragen, sicherer aufzutreten im Kontakt mit anderen Kolle-ginnen und Kollegen und Kooperationspartnern.

Ganz deutlich wird, dass aktuelle Diskurse stärker wahr-genommen werden und sich die Aufmerksamkeit verschoben hat (Hellenschmidt 2016, S. 231f.). Theorie wird zunehmend mehr gewünscht, man möchte Kriterien erhalten, warum man seine Maßnahmen so oder anders konzipieren sollte. Und ge-nau das hat bisher in der Ausbildung offensichtlich gefehlt.

Theorie und Praxis brauchen die angehenden »Exper-ten für das Lesen« auch für die Planung ihres Abschlusspro-jektes: Dabei müssen sie ein fertiges Konzept für eine kon-krete Fördermaßnahme vorlegen, die auf der Basis einer Stär-ken-Schwächen-Analyse ihrer Bibliothek gewählt wurde, von der didaktischen Begründung und Skizze bis hin zum Flyer, der Presseinformation und der passenden Evaluation, um dem an-gefragten Förderpartner qualitativ aussagekräftige Rückmel-dung geben zu können.War anfangs hier eher die Zusammenarbeit mit Grundschulen und Kitas im Fokus, gehören heute auch häufig andere Bildungs-träger, auch Senioreneinrichtungen und Flüchtlingsinitiativen,

zu den Kooperationspartnern, mit denen die »Experten für das Lesen« ihre Abschlussprojekte planen. 55 Prozent der Projekte haben andere als schulische Zielgruppen angesteuert. Und in-nerhalb der Schulen blieben nur ein Viertel aller Projekte an

den Bildungspartnern orientiert, die bisher auch schon inten-siver im Fokus waren: Kita, Grundschule und Gymnasium. Dort aber dann häufig mit anderem Schwerpunkt: gezielt Schüler mit Migrationshintergrund oder anderem besonderen Förder-bedarf oder aber eben in besonderen Kooperationen mit Se-nioren oder mit besonderen Formaten wie Science-Slam oder Biparcours-Rallye.

Besonders in den Blick genommen wurde in den Ab- schlussprojekten die Gruppe der Jugendlichen: 41 Prozent der Projekte bezogen diese Zielgruppe mit ein, denn gerade die kann als »Risikogruppe« bezeichnet werden. »Nach dem Som-merleseclub bröckeln sie ab«, hat es eine Teilnehmerin beschrie-ben. Das Image von Bibliotheken vor allem bei Jugendlichen ist ausbaufähig (vgl. auch Keller-Loibl 2012).

2015 haben 18 Prozent auch die Senioren aktiv einbezogen. Insgesamt also ein guter Querschnitt »entlang der Bildungskette«

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Weiterführende Literatur• Bos, Wilfried / Eickelmann, Birgit / Gerick, Julia / Goldham-mer, Frank / Schaumburg, Heike / Schwippert, Knut / Senk-beil, Martin / Schulz-Zander, Renate / Wendt, Heike (2014): ICILS 2013. Computer- und informationsbezogene Kompe-tenzen von Schülerinnen und Schülern in der 8. Jahrgangs-stufe im internationalen Vergleich. Münster: Waxmann. Online: http://ifs-dortmund.de/assets/files/icils2013/ICILS_2013_Berichtsband.pdf • Bourdieu, Pierre (1982): Die feinen Unterschiede. Kri-tik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt am Main: Suhrkamp.• Christensen, Clayton (2011): The Innovator‘s Dilemma: Wa-rum etablierte Unternehmen den Wettbewerb um bahnbre-chende Innovationen verlieren. München: Vahlen.• Eickelmann, Birgit/ Aufenanger, Stefan/ Herzig, Bardo (2014): Medienbildung entlang der Bildungskette. Ein Rah-menkonzept für eine subjektorientierte Förderung von Me-dienkompetenz im Bildungsverlauf von Kindern und Jugend-lichen. Bonn: Deutsche Telekom Stiftung.• EU High Level Group of Experts on Literacy Report (2012):

Online: http://ec.europa.eu/education/literacy/sources/in-dex.htm [Zugriff: 08.09.2016]• Honneth, Axel (2010): Der Kampf um Anerkennung. Zur mo-ralischen Grammatik sozialer Konflikte. 6. Auflage. Berlin: Suhrkamp.• Hellenschmidt, Anja (2016): Innovationsbedarf und Selbst-wirksamkeit im Berufsfeld der BibliothekarInnen. Akzeptanz und Nachhaltigkeit eines Blended-Learning-Angebots. Dis-sertation. Dortmund: TU Dortmund.• Jenkins, Henry / Purushotma, Ravi / Weigel, Marga-ret / Clinton, Katie / Robinson, Alice J. (2009): Confronting the Challenges of Participatory Culture. Media Education for the 21st Century. Cambridge, London. Online: https://mitpress.mit.edu/sites/default/files/titles/free_down-load/9780262513623_Confronting_the_Challenges.pdf• Kallmeyer, Werner / Klein, Wolfgang / Meyer-Hermann, Reinhard (1974): Lektürekolleg zur Textlinguistik, Band 1: Einführung. Königstein/Ts.: Athenäum.• Keller-Loibl, Kerstin (2012): Das Image von Bibliotheken bei Jugendlichen. Bad-Honnef: Bock + Herchen.• Marci-Boehncke, Gudrun (2016): Leseförderung 3.0. – eine Bilanz zum veränderten Bewusstsein der »Experten für das Lesen« . In: ProLibris 2/2016, S. 79-81.• Richter, Karin / Plath, Monika (2005, 2007, 2012): Lesemoti-vation in der Grundschule. Empirische Befunde und Modelle für den Unterricht. Weinheim, München: Juventa.

Eine Übersicht über die breite Palette von Praxis- ideen der »Experten für das Lesen« ist in der BuB-App zu finden.

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(Eickelmann/Aufenanger/Herzig 2014). Noch ausbaufähig ist die Weiterbildungsperspektive durch Bibliotheken – nur dreimal werden Multiplikatorinnen und Multiplikatoren angesprochen: Eltern, Lehrkräfte und Mentorinnen und Mentoren, die etwas über Leseförderung erfahren sollen. Aber das kann sich noch entwickeln. Es ist in erster Linie eine Frage des »pädagogischen Selbstbewusstseins« – und das wächst spürbar!

Das äußert sich übrigens auch im Mut, Fördermittel zu kal-kulieren und konkret Gelder zu beantragen. Waren es anfangs nur die eigenen Fördervereine, auf die man zurückgriff, betei-ligen sich jetzt die »Experten für das Lesen« an Ausschreibun-gen wie »Kultur«– oder »Lesen macht stark«, die genaue Finanz-planung und pädagogisch-didaktische Begründungen und Kon-zepte einfordern. Außerdem suchen sie offensiv nach lokalen Förderpartnern aus der Wirtschaft. In der letzten Runde lag der Durchschnittswert bei circa 3 000 Euro pro teilnehmender Bib-liothek, die beantragt wurden.

Anerkennung und Fachkompetenz: Zur Weiterentwicklung der »Experten für das Lesen«

Um die Vorgesetzten in der jeweiligen Bibliothek oder Kom-mune am Ende der Weiterbildung auch direkt anzusprechen und zu überzeugen, werden diese zur Abschlusspräsentation der Projekte eingeladen – ganz offiziell, mit Briefkopf des MF-KJKS und des ZBIW der TH Köln, die auch personell bei der Verabschiedung regelmäßig vertreten sind. »Soziales Kapi-tal«, (Bourdieu 1982) Anerkennung (Honneth 2010) auch auf menschlicher Ebene ist wichtig.

Aber einige Teilnehmende haben angemerkt, dass sie gern den Aufwand auch in der Währung ECTS gratifiziert bekom-men möchten. Deshalb wird nun nach sieben Durchgängen der Zertifikatskurs als Master-Modul konzipiert. Man kann weiter-hin auch ohne vorherigen BA-Abschluss ein Zertifikat »Exper-ten für das Lesen« mit der Teilnahme an dem Blended-Lear-ning-Kurs und den entsprechenden Präsenzterminen erwer-ben. Eine Differenzierung erfolgt über die Aufgaben und zu erbringende Prüfungsleistungen. Damit soll, von verschiede-nen Seiten die Bildungskooperationen zur Leseförderung ge-stärkt und die Protagonisten qualifiziert werden.

»Experten für das Lesen« macht 2017 eine kreative Pause. Die Inhalte werden aktualisiert und überarbeitet, um dann im Frühjahr 2018 mit frischem Konzept neu zu starten.

Ein gut betreutes Setting im Format des Blended Learning, mit ausreichenden Präsenzterminen zur persönlichen Vernetzung und Kommunikation, die dann später – oft noch Jahre über den Kurs hinaus im Online-Forum digital weitergeführt wird – ist ein gangbarer Weg. Wer sich selbst digital in diesem Format zu-rechtfindet, ist auch offen für die dort vermittelten Inhalte zur – auch digital orientierten – Lese- und Medienförderung. Die Fortbildung wollte in der Arbeitsform die Inhalte unterstützen.

Und da spielt diesem Angebot die Zeit zu, denn die allgemeine mediale Affinität der Bevölkerung steigt. Sie hat im Berufsbild von Beschäftigten Öffentlicher Bibliotheken heute ebenso ei-nen Platz wie das Selbstverständnis, Literaturpädagogik zu leisten.

Wie geht es konkret weiter? »Experten für das Lesen« macht 2017 eine kreative Pause. Die Inhalte werden aktualisiert und überarbeitet, um dann im Frühjahr 2018 mit frischem Konzept neu zu starten: Organisiert vom ZBIW der TH Köln, unter wis-senschaftlicher Leitung von Prof. Tom Becker (TH Köln) und bewährt fachlich betreut und weiterentwickelt vom Team unter Prof. Gudrun Marci-Boehncke (TU Dortmund).

Auch wenn 2017 kein neuer Kurs angeboten wird, das Netz-werk soll sich weiterentwickeln. Ob im Rahmen einer Open Space-Veranstaltung für alle Expertinnen und Experten und/oder als großes virtuelles Netzwerk über die sozialen Medien – »Experten für das Lesen war ein Projekt, ist eine herausfor-dernde Weiterbildung und möchte als agiles Netzwerk enga-gierten Bibliotheksmenschen aktuelle und kreative Leseförde-rung ermöglichen.

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Rita Höft, Diplom-Bib-liothkarin (Foto: Costa Belibasakis, TH Köln), seit 2012 im Team des ZBIW zuständig für Fort- und Weiterbildungsan-gebote an die Öffent-lichen Bibliotheken in NRW, betreut den Zertifikatskurs »Experten für das Lesen« und weitere umfangreiche Qua-lifizierungsangebote wie den Lehrgang zum Geprüften Fachwirt/zur Geprüften Fachwirtin für Medien- und Infor-mationsdienste. Vor ihrer Tätigkeit im ZBIW war sie unter anderem Leiterin der Stadtbibliothek Bergheim und stell-vertretende Leiterin der Stadtbücherei Velbert.

Prof. Dr. Gudrun Marci-Boehncke (Foto: privat), Studium der Germa-nistik und Geschichte, lehrt seit 2010 Neuere Deutsche Literatur/Elementare Vermittlungs- und An-eignungsaspekte an der TU Dort-mund und hat im selben Jahr die berufsbegleitende Weiterbildung »Experten für das Lesen« sowohl

für Bibliotheken über das ZBIW der TH Köln mit etabliert als auch seit 2014 als Angebot für Lehrkräfte im Rahmen der Initiative BiSS-Bildung in Sprache und Schrift gemein-sam mit der Medienberatung NRW. An der TU Dortmund bereitet sie Lehramtsstudierende auf die Kooperation mit Bibliotheken im Zertifikat Literaturpädagogik – analog zum Zertifikat des Bundesverbands Leseförderung – vor.

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Nancy Everhart

Ausbildung zum Schulbibliothekar dringend erforderlich Beurteilung der Akzeptanz schulbibliothekarischer Qualifizierungsprogramme in Deutschland / Eine aktuelle Studie

Als Reaktion auf die Länder-Rankings, die sich aus der PI-SA-Studie (Programme for International Student Assess-ment) ergaben, wurden in den vergangenen 15 Jahren in Deutschland unterschiedliche Bildungsreformen angeregt und durchgeführt.1 Eine entscheidende Frage muss dabei jedoch noch einer systematischen Untersuchung unterzo-gen werden: In welchem Maß können effiziente Schulbib-liotheksprogramme dabei helfen, die Resultate von Schul-leistungsstudien in Deutschland zu verbessern, so wie dies in anderen Ländern gelungen ist?2

Da die PISA-Studie die breitere Wissensbasis und die Kompe-tenzen bewertet, die für die Teilnahme am sozialen, ökonomi-schen und politischen Leben in der modernen Gesellschaft er-forderlich sind, reagierten die Bibliothekare in Deutschland rasch auf die ersten PISA-Ergebnisse, indem sie darauf hinwie-sen, dass PISA der sichtbare Beweis für die bedeutende Rolle der Schulbibliotheken ist, ein Ort, an dem Problemlösung und selbstgesteuertes Lernen stattfinden.3 Deutsche Bibliotheksor-ganisationen verwiesen darauf, dass das gute Abschneiden Finnlands bei der PISA-Studie4 in der Tatsache begründet ist, dass finnische Schüler Bibliotheken häufiger nutzen als die Schüler der anderen OECD-Staaten.5

Zwar besitzen Schulbibliotheken das Potenzial, positiven Einfluss auf die PISA-Ergebnisse zu nehmen. Doch haben schät-zungsweise weniger als 10 Prozent der Schüler in Deutschland Zugang zu einer Bibliothek, in der professionelle Schulbib-liothekare angestellt sind.6 73 Prozent der deutschen Schüler nutzen niemals eine Schulbibliothek; das ist der höchste Pro-zentsatz bei den Ländern, die im Zuge einer OECD-Studie un-tersucht wurden.7 8 Die Gründe hierfür liegen unter anderem darin, dass vorrangig Öffentliche Bibliotheken genutzt wer-den9, die Schüler sich vornehmlich auf ihre Schulbücher verlas-sen10 und gesetzliche Normen und Richtlinien fehlen.11 Ich be-haupte, dass der Mangel an Schulbibliotheken die Folge davon sein könnte, dass es in Deutschland keine fundierte und umfas-sende schulbibliothekswissenschaftliche Ausbildung gibt.12 Um die Einführung eines derartigen Qualifizierungsprogramms voranzutreiben, wurde eine Forschungsstudie durchgeführt, in der die persönlichen Erfahrungen, Empfindungen, Vorstel-lungen und Überlegungen (in diesem Artikel »Concerns« ge-nannt) hinsichtlich der Akzeptanz schulbibliothekarischer Aus-bildungsmöglichkeiten ermittelt werden sollten.

Zwar werden Entscheidungen zu Bildungsinnovationen wie zum Beispiel neuen Studiengängen häufig auf höheren Zustän-digkeitsebenen getroffen und weniger vom Individuum. Die tat-sächliche Implementierung der Innovation erfolgt jedoch auf der persönlichen Ebene.13 14 Will man mehr über die Akzeptanz einer Neuregelung erfahren, ist es daher notwendig, bestimmte Fragen zu stellen: Besteht in Deutschland der Wunsch nach ei-nem Ausbildungsgang zum Schulbibliothekar? Wie denkt der Einzelne darüber? Welche Rolle spielen soziale Rahmenbedin-gungen bei dieser Entscheidung?

Basierend auf der bedeutenden Rolle des Individuums und seiner Akzeptanzmuster stellt das forschungsbasierte CBAM (Concerns Based Adoption Model) sowohl einen theoretischen Bezugsrahmen als auch eine Bewertungsmethodik dar, um bei den Betroffenen den Grad der sogenannten Stages of Concern (SoC = Gefühle, Einwände, Gedanken und Erwägungen eines Individuums bezüglich eines bestimmten Themas oder einer Aufgabe) und Levels of Usage (Grade der Verhaltensänderung der Beteiligten) bei der Einführung von Bildungsinnovationen zu ermitteln.15 16

Untersuchungsmethodik

Forschungsfrage Nr. 1: Welches sind die beiden am höchsten be-werteten Stages of Concern für Bibliothekare, bibliothekswis-senschaftliche Lehrkräfte und Studierende der Bibliothekswis-senschaft in Bezug auf die Akzeptanz einer schulbibliothekari-schen Ausbildung in Deutschland?

Forschungsfrage Nr. 2: Welche Empfindungen und Kennt-nisse haben Bibliothekare, bibliothekswissenschaftliche Lehr-kräfte und Studierende der Bibliothekswissenschaft in Bezug auf die Akzeptanz einer schulbibliothekarischen Ausbildung in Deutschland?

Studienteilnehmer

Die Auswahl der Studienteilnehmer erfolgte durch drei Fa-kultätsmitglieder an drei deutschen Universitäten. Per E-Mail wurde den Studierenden und Lehrkräften der Link zur CBAM-Studie übermittelt, und sie wurden zur Teilnahme er-muntert. Die Studierenden wurden in persönlichen Gesprächen

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an zwei Hochschulen ausgewählt. Über das Online-Listserv-Pro-gramm des Forums Öffentliche Bibliotheken erhielt ich Zugang zu allen Bibliotheksfachleuten landesweit. Die Studie lief vom 21. März bis zum 10. Mai 2016. Die Gesamtzahl der verwertba-ren Rückmeldungen lag bei 183; mehrere unvollständig ausge-füllte Umfrageformulare wurden aussortiert.

Die 183 Teilnehmer der Stu-die hatten alle unterschiedliche Beschäftigungshintergründe und Bildungsstände und gehörten ver-schiedenen Altersstufen an. Die Zusammensetzung der Teilneh-mer war wie folgt: Schulbibliothe-kare (36 Prozent), Bibliothekare aus Öffentlichen Bibliotheken (25 Prozent), Bibliothekare aus Wis-senschaftlichen (16 Prozent) oder anderen Bibliotheken (14 Prozent), Studierende der Biblio-thekswissenschaft (7 Prozent) und bibliothekswissenschaftli-che Lehrkräfte (2 Prozent). Das Durchschnittsalter der Studi-enteilnehmer lag bei 44 Jahren. Kein Teilnehmer war älter als 65 Jahre.

Bibliothekare in Deutschland müssen einen Fachhoch-schulabschluss nachweisen; so gaben 42 Prozent und somit die größte Gruppe der Teilnehmer dies als Qualifikationsgrad an. An einer einzigen Universität in Deutschland, der Berliner Humboldt-Universität, können Bibliothekare einen Master-Ab-schluss ablegen. 33 Prozent aller Befragten verfügen über die-sen Abschluss. Dieser Prozentsatz war höher als erwartet, ist aber möglicherweise auf die Tatsache zurückzuführen, dass ich selbst an dieser Universität tätig war. Unter den restlichen Befragten hatten 12 Prozent Abitur, 8 Prozent einen sonstigen Hochschulabschluss, 3 Prozent einen schulischen Abschluss unterhalb des Abiturs und 2 Prozent einen anderen Abschluss.

Die Teilnehmer kamen aus fast allen Bundesländern Deutschlands mit Ausnahme von Bremen und dem Saarland. Am stärksten vertreten waren erwartungsgemäß stark verstäd-terte Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen (18 Prozent), Berlin (14 Prozent) und Hessen (10 Prozent).

Am höchsten bewertete Stages of Concern hinsichtlich der Akzeptanz einer schulbibliothekarischen Ausbildung

Die höchste Stage of Concern beim CBAM, die peak stage (Höchststufe), repräsentiert unter den sieben Stages of Con-cern die Stufe mit der höchsten Intensität. Die peak stage ist ein Maß für die intensivsten Concerns, die der Teilnehmer zum ge-genwärtigen Zeitpunkt in Bezug auf die schulbibliothekarische Ausbildung hegt. Im Kontext des CBAM sind die Werte nicht

absolut, sondern relativ zu den Bewertungen anderer Stages of Concern zu sehen.17 Zusätzlichen Aufschluss über die Dy-namik der Concerns erlangt man, indem man zusätzlich zum peak score (Spitzenwert) die Werte in der zweithöchsten Stufe analysiert. Erfahrungsgemäß liegen die zweithöchste Stage of Concern und die höchste Stufe eng beieinander.18

Abbildung 1 zeigt das Profil der Stages of Concern für jede der repräsentativen Gruppen. Jede der sechs Gruppen folgt ei-nem nahezu identischen Muster mit dem Spitzenwert in Stufe 0 (Bewusstsein) und dem zweithöchsten Wert in Stufe 1 (In-formation). Hierbei handelt es sich um das am konsistentesten definierte Profil – der typische Nicht-Anwender. Die Werte in Stufe 0 zeigen den Grad der Priorität, den die Person der Inno-vation zumisst, sowie das Ausmaß des Interesses und des En-gagements für die Innovation im Vergleich zu anderen Aufga-ben an. Je höher der Wert in Stufe 0, desto deutlicher bringt der Befragte zum Ausdruck, dass er durch bestimmte andere Auf-gaben und Aktivitäten beansprucht wird. Anders ausgedrückt: Die Innovation ist nicht das einzige Anliegen, mit dem der Be-fragte befasst ist.19 Dies wäre höchstwahrscheinlich der Fall bei der schulbibliothekarischen Ausbildung, ein Thema, mit dem viele der Studienteilnehmer womöglich zum ersten Mal kon-frontiert wurden.

Die Concerns von Nicht-Anwendern sind naturgemäß in den Stufen 0, 1 und 2 am deutlichsten und in den Stufen 4, 5 und 6 am geringsten ausgeprägt. Die Profile der Bibliotheks-fachleute zeigen hohe Werte in den Stufen 1 und 2, woraus geschlussfolgert werden kann, dass die Betroffenen an weiter-führenden Informationen bezüglich der Innovation interessiert sind. Sie haben keine wesentlichen Concerns hinsichtlich des Aufgabenmanagements (Stufe 3), und auch die Auswirkun-gen der schulbibliothekarischen Ausbildung auf die organisa-torischen, logistischen und operativen Anforderungen (Stufe

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Abbildung 1: Vergleich der SoC-Profile von Bibliothekaren in Öffentlichen Bibliotheken, Wissen-schaftlichen Bibliotheken, von bibliothekswissenschaftlichen Lehrkräften, Studierenden der Bibliothekswissenschaft, Schulbibliothekaren und anderen.

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4) stellen für sie keine gravierenden Concerns dar. Einen Aus-schlag der Kurve zeigen die Profile bei Stufe 5 (Kooperation), was ein Indiz dafür ist, dass die Befragten sich für einen Ge-dankenaustausch über die schulbibliothekarische Ausbildung mit Anderen aussprechen. Bestätigt wurden dementsprechend Aussagen wie »Wenn diese Innovation umgesetzt wird, möchte ich anderen Abteilungen oder Personen die Entwicklung dieses Veränderungsprozesses gerne näher bringen« und »Ich würde gerne meine Bemühungen mit anderen Personen koordinieren, um die schulbibliothekarische Ausbildung zu optimieren«. Die Werte in der Stufe Optimierung (Stufe 6), in der die Befrag-ten angeben, ob sie die Innovation durch weitere, bereichernde Ideen verbessern können, liegen im Mittelfeld.

Empfindungen und Kenntnisse im Hinblick auf die Akzeptanz einer schulbibliothekarischen Ausbildung

Der Zweck dieser Forschungs-frage besteht darin zu ermitteln, ob Vorkenntnisse über Schulbi-bliotheken und über künftige Handlungsschritte hinsichtlich der Etablierung einer schulbiblio-thekarischen Ausbildung existie-ren. Wie Abbildung 2 zeigt, haben 83 Prozent Kenntnisse über Schul-bibliotheken oder haben solche genutzt. Wiederum 50 Prozent hiervon sind der Ansicht, dass Schulbibliotheken in Deutschland eingerichtet werden sollten. Nur 3 Prozent der Befragten haben nie eine Schulbibliothek genutzt

beziehungsweise haben keinerlei Erfahrungen mit Schulbibliothe-ken. Weitere 10 Prozent haben als Schüler die Schulbibliothek nicht genutzt, und 2 Prozent haben nur über Schulbibliotheken gelesen. Das legt den Schluss nahe, dass es ein umfassendes Wissen über Schulbibliotheken und eine posi-tive Auffassung hinsichtlich ihrer Einrichtung gibt.

Vor dem Hintergrund der PI-SA-Ergebnisse äußerten sich die Teilnehmer der Online-Befragung überwältigend positiv zu der Aus-sage »Schulen mit einer Schulbi-bliothek, in der ein Schulbiblio-thekar tätig ist, könnten…«. 78 Prozent sind der Meinung, dass Schulbibliotheken beziehungs-

weise -bibliothekare das Potenzial bieten, die PISA-Ergebnisse zu verbessern. Weitere 10 Prozent glauben dies ebenso, halten jedoch die Auswirkungen für so gering, dass sich Aufwand und Kosten nicht lohnen würden. Nur 12 Prozent vertraten die An-sicht, dass Schulbibliotheken die PISA-Ergebnisse nicht beein-flussen. Kein Befragter sprach sich dafür aus, dass Schulbib-liotheken die PISA-Ergebnisse negativ beeinflussen. Die Quote derer, die PISA nicht kannten, lag bei 0 Prozent, was die be-deutende Rolle dieser internationalen Leistungsbewertung in Deutschland verdeutlicht. Das Bild, das sich durch diese Zah-len ergibt, könnte einen Einstieg in Diskussionen über die Im-plementierung von Schulbibliotheken und schulbibliothekari-schen Ausbildungsgängen darstellen.

Abbildung 3 zeigt, in welcher Form sich die Teilnehmer eine schulbibliothekarische Ausbildung vorstellen könnten (in den

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Abbildung 2: Erfahrungen der Befragten mit Schulbibliotheken.

Abbildung 3: Beschreibungen möglicher schulbibliothekarischer Ausbildungsformen.

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USA ist der Master-Abschluss die Eingangsqualifikation für den Beruf). Es gibt auch ein Votum für die Integration schulbiblio-thekarischer Lehrveranstaltungen in die Lehrerausbildung – 9 Prozent favorisieren eine Lehrveranstaltung, 7 Prozent spre-chen sich für zwei bis drei Lehrveranstaltungen aus. 10 Prozent der Befragten sind für eine Qualifikation mit Hochschulreife als Voraussetzung. Nur 3 Prozent halten eine schulbibliothekari-sche Ausbildung für überflüssig.

Die Befragten signalisieren eine große Bereitschaft zur Be-teiligung an einer schulbibliothekarischen Ausbildung, sollte eine solche eingerichtet werden. 37 Prozent würden den Stu-diengang potenziellen Studierenden empfehlen, 24 Prozent möchten sich selbst immatrikulieren, und 25 Prozent würden als Lehrkraft fungieren. Lediglich 13 Prozent würden sich gar nicht beteiligen; Zahlen, die auf eine ehrgeizige Einstellung der Befragten zur Etablierung eines schulbibliothekarischen Quali-fizierungsprogramms schließen lassen.

Schlussfolgerungen

Die Auswertung des Fragebogens zu den Stages of Concern (SoC) unter Einbeziehung der Antworten von Bibliothekaren, Studierenden und Lehrkräften vermittelt wertvolle Erkennt-nisse über die Akzeptanz eines schulbibliothekarischen Bil-dungsgangs in Deutschland. Viele der Befragten wurden in die-ser Untersuchung zum ersten Mal mit dieser Bildungsinnova-tion konfrontiert. Unter den aus der Befragung resultierenden Profilen ist zunächst das Profil des Nicht-Anwenders: Dieser Typus hat zum Zeitpunkt der Umfrage andere Prioritäten. Die Profile der deutschen Bibliotheksgemeinschaft zeigen ebenfalls hohe Werte in den Stufen 1 und 2, was den Schluss zulässt, dass die Teilnehmer ein Interesse daran haben, mehr über die schulbibliothekarische Ausbildung zu erfahren. Die Profile in der Stufe Kooperation (Stufe 5) spiegeln einen Personenkreis wider, der bereit ist, sich mit anderen über die schulbibliothe-karische Ausbildung auszutauschen.

Die Antworten offenbarten profunde Kenntnisse über Schulbibliotheken und deren Potenzial, Veränderungen in deutschen Schulen zu initiieren. Zwar wurde als wichtigster Faktor die traditionelle Rolle des Schulbibliothekars als Ak-teur bei der Wissensvermittlung und Leseförderung genannt. Jedoch war auch ein hoher Prozentsatz der Meinung, dass die PISA-Ergebnisse durch den Einsatz von Schulbibliothekaren und Schulbibliotheken verbessert werden können.

Die Studienteilnehmer halten die Ausbildung zum Schulbi-bliothekar für dringend erforderlich und sind der Ansicht, dass diese in Form von zwei bis drei fachspezifischen Lehrveranstal-tungen in bestehende Bibliotheksausbildungsprogramme ein-gegliedert werden kann. Deutsche Bibliotheksfachleute haben sehr positive Erwartungen an die Möglichkeiten, die diese Aus-bildung den Studierenden eröffnen könnte, und sie planen, sich in dieser Maßnahme persönlich einzubringen oder sie anderen einschlägig Interessierten zu empfehlen.

Übersetzt aus dem Englischen von Susanne Gagneur

LESESAAL SCHULBIBLIOTHEK

Nancy Everhart ist Professo-rin für Schulbibliothekswe-sen am College of Commu-nication & Information der Florida State University, wo sie zum Thema schulbiblio-thekarische Qualifizierungs-programme und Führungskonzepte forscht. Sie erhielt im Frühjahr 2016 vom Deutschen Akademischen Austausch-dienst (DAAD) ein Forschungsstipendium an der Hum-boldt-Universität, in dessen Rahmen sie die im vorliegen-den Artikel beschriebene Befragung durchführte. Sie war Präsidentin der American Association of School Librarians und fungiert als internationale Beraterin zum Themenbe-reich Schulbibliotheken. – Kontakt: [email protected].

1 Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD). Germany: Once

weak international standing prompts strong nationwide reforms for rapid impro-

vement. In: Strong performers and successful reformers in education: Lessons from

PISA for the United States (Seite 201-220). Paris, France: OECD Publishing. 2010

2 Ross Todd & Carol Gordon: School libraries, now more than ever: A position paper

of the Center for International Scholarship in School Libraries. New Brunswick,

NJ, Rutgers University. http://cissl.rutgers.edu/. 2009

3 Susanne Krüger: The PISA-shock and its consequences: The future of libraries for

children in Germany. http://webdoc.sub.gwdg.de/ebook/aw/2003/ifla/.../079e_

trans-Krueger.pdf. 2003

4 Lisa Krolak: The role of libraries in the creation of literate environments. Paper

commissioned for the EFA Global Monitoring Report 2006, Literacy for Life. http://

unesdoc.unesco.org/images/0014/001460/146057e.pdf. 2005

5 Välijärvi (Anm. 4) S. 8

6 Dagmar Giersberg: School libraries in Germany: An interview with Julia Rittel.

http://www.goethe.de/ins/in/en/lp/kul/mag/lut/bib/9606205.html. 2012. Arti-

kel auf Deutsch: http://www.goethe.de/ins/mx/de/lp/kul/bib/sbi/9606205.html

7 Hans Döbert & Paul Sroka: Features of successful school systems: A comparison of

schooling in six countries. Münster, Deutschland: Waxxmann. 2004

8 OECD (Anm. 1) S. 201

9 Birgit Dankert: The leaning tower of PISA: School libraries in Germany and Austria.

In: BuB, 55 (2005) 5, S. 314-319

10 Horst Weishaupt, Rosa Scherer, Mareike Tarazona, Marisa Richter, Rabea Krätsch-

mer-Hahn & Karin Zimmer: Zur Situation kultureller Bildung an Schulen. Frankfurt

am Main: Gesellschaft zur Förderung Pädagogischer Forschung, Deutsches Institut

für Internationale Pädagogische Forschung. 2013

11 Krüger (Anm. 5) S. 3

12 Nancy Everhart: Studying school libraries in Germany. International Federation

of Library Associations and Institutions. http://www.ifla.org/en/publications/

newsletters-13. 2009

13 Shirley Hord, William Rutherford, Leslie Huling-Austin & Gene Hall: Taking charge of

change (2. Auflage). Austin, TX: Southwest Educational Development Laboratory. 2006

14 Evan Straub: Understanding technology adoption: Theory and future directions for

informal learning. In Review of Educational Research, 79 (2009) 2, S. 625-649

15 Hord (Anm. 15). S. 119

16 Shirley Hord & John Thurber, Using the stages of concern model to assess change

over time. http://www.tandfonline.com/loi/rjie18. 1991

17 Archie George, Gene Hall & Suzanne Stiegelbauer: (2013). Measuring implementa-

tion in schools: The stages of concern questionnaire (3. Auflage). Austin, TX: SEDL

18 George (Anm. 19) S. 1

19 George (Anm. 19) S. 1

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LESESAAL INKLUSION

Marwa Al Sadoon, Victoria Behnke, Simone Schütte

Herausforderung und Bereicherung Duale Ausbildung von schwerhörigen und tauben Menschen / Die UB der Freien Universität Berlin geht mit gutem Beispiel voran

Die duale Ausbildung schwerhöriger und tauber Men-schen stellt für viele Ausbildungsbetriebe auf den ersten Blick eine hohe Herausforderung dar. Liegt das Handicap des Menschen im Fokus der Betrachtung, führt die Her-ausforderung schnell zur Verunsicherung. Verschiebt sich der Blickwinkel des Betrachtenden auf das Potenzial des Menschen, kann die Herausforderung als Chance gesehen werden, sich Unbekanntem und Neuem zu nähern. Im Fol-genden wird das Beispiel der hör- und gehbeeinträchtigten Auszubildenden Marwa Al Sadoon an der Universiätsbib-liothek der Freien Universität Berlin aus drei Perspektiven geschildert.

Marwa Al Sadoon, Auszubildende:

Ich mache gerade eine Ausbildung zur Fachangestellten für Me-dien- und Informati-onsdienste (Fachrichtung Bibliothek) an der Freien Universität Berlin und bin hör- sowie gehbeeinträch-tigt. Ich kam im Jahr 2003 aus dem Irak nach Deutschland und stand vor einer großen Herausforderung: fremdes Land, unbe-kannte Menschen, andere Kulturen und neue Sprachen. Nach meinem arabischen Abitur wollte ich Deutsch lernen, aber in Berlin gab es keinen Kurs für schwerhörige Migranten. Ich habe selbst versucht, verschiedene Deutschkurse für Normalhörende zu besuchen, konnte aber im Unterricht nicht folgen, weil es große Klassen mit 15 bis 30 Personen waren. Unterrichtstempo und -inhalt waren für mich zu anstrengend. In einem Kurs war meine Mutter auch dabei, um mir zu helfen, aber die Anforde-rung war leider trotzdem zu hoch für mich.

Nach insgesamt vier Jahren Suche habe ich mithilfe einer schwerhörigen Lehrerin endlich einen Kurs gefunden. Nach sechs bis sieben Monaten habe ich die B1-Prüfung absolviert und gleichzeitig auch die Deutsche Gebärdensprache (DGS) gelernt. Es war sehr, sehr schwer, und ich habe mich in dieser Zeit nur auf die Sprache konzentriert.

Ich war sehr motiviert, etwas zu lernen und habe Kontakt zu Sinneswandel gGmbH / SprungBRETT aufgenommen, um eine Beratung zu bekommen. Dort habe ich ein Berufsvorbe-reitungsjahr gemacht, um mein Deutsch zu verbessern und auch ver-schiedene Berufe kennenzulernen. Ich habe eine

Ausbildung zur Zahntechnikerin angefangen, musste die Aus-bildung aber wegen plötzlich auftretender körperlicher Be-lastungen durch die Tätigkeit abbrechen. Nach dem Abbruch hat meine Bildungsbegleiterin von SprungBRETT mir andere Berufe vorgestellt, und der Beruf der Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste / Fachrichtung Bibliothek schien mir am passendsten.

Um mich über den Beruf zu informieren, habe ich mir viel Zeit genommen und mich persönlich in einer Bibliothek darü-ber erkundigt. Anfangs hatte ich Angst wegen der Kommunika-tion mit den Benutzern und Kollegen, aber ich habe mich trotz-dem be-worben und wurde zum Vorstellungsgespräch in die Freie Universität Berlin eingeladen. Ich bin sehr glücklich, dass ich dort einen Ausbildungsplatz bekommen habe und hätte nie gedacht, dass meine Ausbildung so gut läuft. Durch verschie-dene Unterstützungen, meine Arbeitsassistenz und mein Kolle-gium fühle ich mich zusätzlich sehr wohl.

In der Berufsschule habe ich teilweise Schwierigkeiten, dem Unterricht zu folgen und die Inhalte zu verstehen. Wäh-rend der kompletten Schulzeit werde ich durch eine Kommuni-kationsassistenz von SprungBRETT begleitet. Sie gebärdet die Inhalte des Unterrichts und schreibt auch mit. Manchmal ma-chen wir zusammen zusätzlichen Förderunterricht und wieder-holen zum Beispiel Themen oder bereiten Klassenarbeiten vor.

Insgesamt bin ich trotz der Mehrbelastung sehr zufrieden mit meiner Ausbildung und fühle, dass dieser Beruf der rich-tige für mich ist.

Simone Schütte, Ausbildungsbeauftragte:

Mit einer Hörbeeinträchtigung eine Ausbildung in einem Beruf zu machen, in dem Kommunikation eine wichtige Rolle spielt – geht das? Diese Frage stellte sich für das Auswahlgremium

Marwa Al Sadoon, geboren 1985, ist im zweiten Jahr Aus-zubildende zur Fachangestellten für Medien- und Infor-mationsdienste in der Fachrichtung Bibliothek an der Uni-versitätsbibliothek der Freien Universität Berlin.

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LESESAAL INKLUSION

für die neuen Ausbildungsplätze als Fachangestellte für Me-dien- und Informationsdienste. Werden wir die Auszubildende in allen durch die Ausbildungsordnung vorgeschriebenen Tä-tigkeiten, besonders in allen Benutzungsbereichen, ausbilden können? Wie wird die Kommunikation zwischen den Praxis-anleitenden und der Auszubildenden funktionieren, ohne dass wir die Gebärdensprache können? Nach einem Jahr mit der Auszubildenden haben wir viel gelernt und können eine posi-tive Rückschau halten.

Als wir hörten, dass eine Kommunikationsassistentin die Bewerberin Marwa Al Sa-doon beim Test begleiten sollte, stellte sich für uns die Frage, ob dies denn erforder-lich sei und wie wir sicherstellen können, dass die Assistentin nicht Antworten vor-sagt beziehungsweise gebärdet. Dabei lernten wir, dass Schrift-liches nicht etwa wie vermutet für Hörgeschädigte immer eine Erleichterung darstellt, sondern dass der Wortschatz oft einge-schränkter ist und so auch bei schriftlichen Texten teilweise Un-terstützung erforderlich ist. In das Vorstellungsgespräch gingen auch wir mit Aufregung und Unsicherheit, weil uns die Erfah-rung fehlte und wir nicht einschätzen konnten, ob und in wel-chem Umfang wir selbst mit der Bewerberin würden kommu-nizieren können oder ob sie sich als Gesprächspartnerin ernst genommen fühlt, wenn wir die Unterstützung durch die Kom-munikationsassistenz brauchen.

Nachdem die Bewerberin das Auswahlgremium mensch-lich und fachlich schnell von ihrer Eignung überzeugt hatte, stellte sich die Frage, ob auch wir diese Ausbildung gut durch-führen können. Werden wir es schaffen, sie in allen kommuni-kationsintensiven Benutzungsbereichen einzusetzen? Haben wir die Personalkapazität für eventuell höheren Betreuungs-bedarf? Es stellte sich die Herausforderung, allen Anleitenden

zu vermitteln, dass im künftigen Ausbildungsjahr nicht nur die üblichen Kenntnisse zu vermitteln sein werden. Hilfreich war dabei der Integrationsfachdienst, über den wir Schulungen zum Thema Hörschädigungen erhalten konnten. Wer von uns wusste schon vorher, dass zum Beispiel Frequenzbereiche aus-fallen und dass daher größere Lautstärke keine Lösung in der Verständigung darstellt? Anhand von Hörbeispielen konnten wir eindrücklich diese Verzerrungen erleben. Die Erfahrungen durch verschiedene Übungen und den Austausch darüber be-wirkten bei allen Teilnehmenden ein viel größeres Verständnis als rein theoretische Informationen und führten zu einer Hoch-achtung dafür, was Hörgeschädigte leisten.

Bei der Organisation der praktischen Ausbildung gab es dennoch einiges zu bedenken. Wie gestalten wir Schulungen so, dass Inhalte auch für die Auszubildende gut aufzunehmen sind? Wo müssen wir mehr Zeit einplanen? Wie machen wir für BibliotheksbenutzerInnen sichtbar, dass sie es mit einer hörge-schädigten Kollegin zu tun haben? Wir waren außerdem ge-zwungen, langfristiger zu planen, sodass für alle Unterrichts-situationen, Teambesprechungen und Personalgespräche eine Unterstützung in Form einer Arbeitsassistenz gewährleistet werden konnte.

Nach anfänglicher Verwirrung über verschiedene An-sprechpartnerInnen wurde deutlich, dass es ein gutes Unter-stützungsnetzwerk für die Auszubildende und die Ausbilder-Innen gibt. Die Bildungsbegleiterin von SprungBRETT leistet hier eine gute Koordination.

Ein Problem für das wir noch keine eindeutige Lösung gefunden haben, stellt die Beurteilung dar. Die gesetzliche Vorgabe lautet: »Die Leistungsbeurteilung ist unter Beach-tung dieses Grundsatzes mit der Gesamteinschätzung […]

Grundkenntnisse in der Deutschen Gebärdensprache erleichtern das Miteinander: Simone Schütte, Victoria Behnke und Auszubil-dende Marwa Al Sadoon (von links). Foto: Freie Universität Berlin

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LESESAAL INKLUSION

abzuschließen, die ausgesprochen würde, wenn die Einsatz- und Verwendungsfähigkeit nicht durch die Behinderung ge-mindert wäre.«1 Wie können wir als Laien beurteilen, zu wel-chem Prozentsatz eine Leistung durch die Schwerbehinderung oder durch sonstige reduzierte Auffassungsgabe oder Motiva-tion gemindert ist? Hier helfen nur Gespräche mit den schwer-behinderten Auszubildenden, um sich ein möglichst umfassen-des Bild machen zu können sowie sich über das Krankheitsbild über verschiedene Quellen zu informieren.

Die jedoch insgesamt überwiegend positiven Erlebnisse bei der Ausbildung von Schwerbehinderten relativieren den erhöh-ten Organisationsaufwand durch Abstimmungsbedarf, längere Vorausplanungen und Beratungen. Im konkreten Fall half uns die unkomplizierte und lebensbejahende Art der Auszubilden-den, die ohne Vorwurf ihre Bedürfnisse äußern kann, über Be-rührungsängste und Unsicherheiten hinweg. Das Einfühlen in die Schwerbehinderung erzeugt Respekt und führt zum Hin-terfragen der Berechtigung eigener Klagen. Das Arbeiten mit Schwerbehinderten erinnert uns, die manchmal selbstverständ-lich genommene eigene Gesundheit und uneingeschränkten

Möglichkeiten wieder mehr zu schätzen. Wir machen die Erfah-rung, dass es eine persönliche Bereicherung sein kann, die ei-gene Weltsicht als einzig richtige zu hinterfragen, Gedankenlo-sigkeiten wahrzunehmen und neben der üblichen Kenntnisver-mittlung mehr auf der menschlichen Ebene gefordert zu sein. Und manchmal haben wir auch einfach nur viel Spaß mitein-ander, wenn wir gebärden.

Victoria Behnke, Bildungsbegleiterin:

Die Erfahrung zeigt, dass bei der Ausbildung eines Menschen, der auf die Deutsche Gebärdensprache (DGS) angewiesen ist, unweigerlich vordergründig an die Kommunikation gedacht wird. Folglich verunsichert die sprachliche Barriere. Jedoch kann sich genauso gut dem Ausbildungsbetrieb die Chance auf das Kennenlernen einer ausdrucksstarken Sprache und Kultur sowie einer neuen Persönlichkeit eröffnen – mit allen indivi-duellen Facetten, die ein Mensch mit in die Ausbildung brin-gen kann.

Die Ausbildung stellt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur für den Ausbildungsbetrieb eine Herausforderung dar. Die Konfrontation mit der »hörenden Arbeitswelt« ist häufig auch für Auszubildende neu. Eine Berufsvorbereitung oder eine auf die Ausbildung als schwerbehinderter Mensch bezogene

1 Verwaltungsvorschriften über die gleichberechtigte Teilhabe der behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen in der Berliner Verwaltung (VV Integration beh. Menschen) vom 31. August 2006

Motiviert und leistungsbereit: Marwa Al Sadoon an ihrem Arbeitsplatz in der UB der Freien Universität Berlin. Foto: Freie Universität Berlin

Simone Schütte arbeitet als Diplom-Bibliothekarin an der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin. Seit 2005 ist sie als Ausbildungsbeauftragte für die Aus-bildung der Fachangestellten für Medien- und Informati-onsdienste sowie für Bibliotheksreferendare und Prakti-kanten zuständig, außerdem ist sie im Informationszent-rum tätig.

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LESESAAL INKLUSION

Beratung ist deshalb empfehlenswert. Mögliche Schwierigkei-ten können so präventiv thematisiert werden. Zudem ist eine Aufklärung über Unterstützungsleistungen und Hilfen wäh-rend der Ausbildung möglich. Vielen schwerhörigen und tau-ben SchulabgängerInnen ist im Vorfeld einer Ausbildung nicht ausreichend bekannt, welchen Anspruch auf Unterstützung sie aufgrund ihrer Hörbeeinträchtigung haben (siehe hierzu den Info-Kasten).

Für die Begleitung schwerbehinderter Menschen sieht der Gesetzgeber eine Vielzahl an möglichen Leistungen vor. Ein Beispiel ist die Maßnahme der begleiteten betrieblichen Aus-bildung (bbA). Eine bbA umfasst unter anderem eine wohn-ortnahe sozialpädagogische Unterstützung und regelmäßigen Förderunterricht. Der Betrieb wird durch das pädagogische Personal kompetent beraten. Für hörgeschädigte Auszubil-dende ist es besonders wichtig, dass das pädagogische Per-sonal einer begleitenden Maßnahme die DGS oder eine dem Bedarf der Auszubildenden entsprechende Kommunikations-form beherrscht, was leider nicht immer selbstverständlich ist.

Inklusion passiert nicht einfach so. Es ist eine zu hohe Erwartung an eine Gesellschaft, ein schnelles Umdenken zu erzwingen und Men-schen, ob mit oder ohne Behinderungen, mit ihren Ängsten und Unsicherheiten alleine im Inklusionsprozess zu lassen.

Die bbA ersetzt keineswegs die direkte kommunikative Unter-stützung am Ausbildungsplatz und in der Berufsschule. Hörge-schädigte Auszubildende haben in der Regel einen Anspruch auf Arbeitsassistenz im betrieblichen Kontext und auf eine bar-rierefreie Kommunikation in der Berufsschule. Der Einsatz von GebärdensprachdolmetscherInnen ist vor allem für Hörgeschä-digte zentral, deren Muttersprache die DGS ist. Die DGS ist je-doch nicht immer die Muttersprache von Hörgeschädigten. Alternative Assistenzformen, wie Kommunikationsassistenz oder Schreibassistenz können so unter Umständen die Wahl für Arbeitsassistenz oder die Begleitung in der Berufsschule sein. Während der Ausbildung, in der Berufsschule, in der Pra-xis und in Prüfungen haben hörgeschädigte Auszubildende ei-nen Anspruch auf einen Nachteilsausgleich (vgl. Paragraf 65 Berufsbildungsgesetz/BBiG).

Auch die technische Ausstattung des Ausbildungsplatzes ist ein wichtiger Baustein für den Abbau von Kommunikationsbar-rieren. Der technische Fortschritt ermöglicht es Hörgeschädig-ten beispielsweise, mithilfe eines Dolmetscherdienstes zu tele-fonieren. Die Ausstattung von Arbeitsräumen mit Warn- und Signalanlagen oder mobilen Warnsystemen schließt für Arbeit-geberInnen und Auszubildende Sicherheitslücken.

Vorurteile, Unsicherheiten und Barrieren sind gesamtge-sellschaftlich betrachtet vor allem in vielen Köpfen verankert. Dies zeigen meine Erfahrungen in der Arbeit. Im-mer mehr Menschen sind jedoch bereit, diese Barrieren im Kopf gegen

offene Türen einzutauschen – sofern man sich auf allen Sei-ten mit Respekt begegnet. Viele Auszubildende müssen um ihre einzelnen Leistungsansprüche kämpfen. Arbeiten jedoch immer mehr Betriebe, Unterstützungsnetzwerke und Auszu-bildende auf Augenhöhe zusammen, werden auch diese Her-ausforderungen sinken. Bibliotheken als Ort des Wissens, der Bildung und Treffpunkt verschiedenster Kulturen und Per-sönlichkeiten sind hierfür ein hervorragender Multiplikator. Positive Beispiele wie die Ausbildung von Marwa Al Sadoon sollten eine große Plattform finden und den Menschen Mut machen, aufeinander zuzugehen, Fragen zu stellen und mit-einander zu kommunizieren.

Inklusion passiert nicht einfach so. Es ist eine zu hohe Er-wartung an eine Gesellschaft, ein schnelles Umdenken zu er-zwingen und Menschen, ob mit oder ohne Behinderungen, mit ihren Ängsten und Unsicherheiten alleine im Inklusionsprozess zu lassen.

Auswahl von Leistungen während der Ausbil-dung von schwerhörigen und tauben Menschen:

• Arbeitsassistenz (vgl. § 33 Abs. 8 Nr.3 Sozialgesetzbuch/SGB IX)• Berufsschulbegleitung (vgl. § 33 Abs. 3 Nr.4 SGB IX)• Maßnahme zur begleiteten betrieblichen Ausbildung für Menschen mit besonderem Förderbedarf (vgl. § 117 Abs.1 Nr.1b SGB III) bbA• Technische Arbeitshilfen (vgl. § 33 Abs. 8 Nr.5 SGB IX)• Arbeitshilfen im Betrieb und behinderungsgerechte Ein-richtung des Ausbildungsplatzes (vgl. § 46 Abs. 2 SGB III)• Schulungen für den Betrieb (vgl. § 102 Abs. 2 SGB IX in Verbindung mit § 29 Schwerbehinderten -Ausgleichsabgabeverordnung/SchwbAV)• Zuschuss zur Ausbildungsvergütung für die Dauer der Ausbildung (vgl. § 73 Abs.1 und 2 SGB III)• Das Persönliche Budget als besondere Form der Leis-tungsausführung (§ 17 Abs. 2 SGB IX)Eine umfassende Übersicht bietet: ZB info: Sonderdruck der ZB – Zeitschrift: Behinderte Menschen im Beruf, Ap-ril 2012.

Victoria Behnke ist Diplom-Pädagogin und pädagogische Bereichsleiterin im Arbeitsbereich SprungBRETT der Sin-neswandel gGmbH. Der Arbeitsbereich unterstützt und begleitet schwerhörige und taube Menschen in Ausbil-dung und Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit dem Ziel einer gleichberechtigten Teilhabe am Arbeitsle-ben. Seit dem Jahr 2009 konnte sie als Bildungsbegleiterin umfangreiche Erfahrungen in diesem Kontext sammeln. Kontakt: [email protected].

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MAGAZIN FACHLITERATUR

Lankes, R. David, The new librarian-ship field guide. Cambridge, Massa-chusetts; London, England: The MIT Press, 2016. viii, 226 Seiten. ISBN: 978-0-262-52908-2 – Paperback, USD 22,–. Auch als E-Book erhältlich.

R. David Lankes1 ist derzeit Direktor des »College of Information and Communi-cations« der Universität von South Ca-rolina. Als 2011 sein »Atlas of New Lib-rarianship« erschien, waren die Reaktio-nen des Fachpublikums teils euphorisch, teils ratlos: »Our profession's Finnegans Wake«. Der voluminöse Band entwirft tatsächlich eine neue »Geographie« des Bibliothekswesens, allerdings erschwe-ren der streng axiomatische Aufbau und die wenig attraktive Blasenoptik der Grafiken die Rezeption. Es lag also nahe, dem »Atlas« eine Art »Reiseführer«, ei-nen »Field Guide« folgen zu lassen. Das so entstandene Buch ist eine Kombina-tion aus Grundlagenvorlesung, in der die Argumentation systematisch ent-faltet wird und einem Arbeitsbuch, das zum gemeinsamen Nachvollziehen des Gelesenen einlädt.

Neuorientierung des Berufs

Im Zentrum der »New Librarianship« stehen die Bibliothekarinnen und Bi-bliothekare selbst: »They named the

building after us.« (S. 13) Entsprechend ist der erste und umfangreichste Teil des Buches einer Neuorientierung unseres Berufes gewidmet. Unsere zentrale Mis-sion wie Lankes sie versteht: »The mis-sion of librarians is to improve society through facilitating knowledge creation in their communities.« (S. 17) Weder Ort und noch Bestand, gleich ob analog oder digital, stehen im Mittelpunkt der Arbeit.

All das ist immer »two-way«, auch wir müssen motiviert sein, zu lernen und uns zu ändern.

Von daher ist eine Bibliothek ohne ge-druckte Bücher denkbar, aber nicht ohne Bibliothekar/innen. Entscheidend ist die Achse »staff« – »Community«. Das Gegenüber sind dementsprechend keine Kunden oder gar Nutzer, sondern Mitglieder. Auch Wissen/knowledge wird handlungsorientiert und als sozia-ler Prozess definiert. Es entsteht durch Gespräch/conversation, auch wenn ich beim stillen Lesen nur mit mir selbst »spreche«. Das bedeutet weiterhin, dass nur Menschen etwas wissen können. Wissen lässt sich somit nicht speichern, weder in Büchern noch auf anderen Da-tenträgern. Den Begriff »Information« hält Lankes übrigens für unbrauchbar,

New Librarianship Warum Bibliotheken zum »conversation business« gehören

Anschrift des Rezensenten: Jochen Dudeck, Stadtbücherei Norden-ham, An der Gate 11, 26954 Nordenham; [email protected]

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065BuB 69 01/2017

MAGAZIN FACHLITERATUR

da unscharf und mehrdeutig. Bibliotheken wären demnach »Ge-

sprächsangebote« und unser Beruf ist folgerichtig nicht im »information bu-siness« sondern im »conversation bu-siness«. Dies hat weitreichende Kon-sequenzen. Als Bibliothekare bringen wir unsere Bestände, aber auch unsere Grundorientierungen ein: den Service-gedanken, Lernbereitschaft, Offenheit, intellektuelle Freiheit und Integrität. Wir erleichtern und ermöglichen den Zu-gang zu Gesprächen (in der Gemeinde, Schule, Universität, usw.) und Ressour-cen, fördern den Wissenserwerb, schaf-fen eine sichere und anregende Lernum-gebung, aber auch Lernanreize zur För-derung der Lernmotivation.

Aber all das ist immer »two-way«. Auch wir müssen motiviert sein, zu ler-nen und uns zu ändern, auch wir ha-ben eine Stimme in diesem wechselsei-tigen Prozess, in dem es im Grunde um die Verbesserung von Gesellschaft geht. Ein Weg dazu ist Ermächtigung, das Em-powerment durch Wissen. Wir »dienen« nicht nur der Gemeinde (service), wir »kümmern« uns auch aktiv um deren Anliegen (stewardship).

Bibliotheken sind und bleiben Bildungseinrichtungen

Als Beispiel erzählt Lankes vom Umgang der Free Library in Philadelphia mit den Obdachlosen, die jeden Morgen massen-haft die sanitären Anlagen in Beschlag nahmen. Die Kolleg/innen entschieden sich gegen eine Vertreibung durch Se-curity und Baumaßnahmen. Sie stellten obdachlose Männer und Frauen zur Sau-berhaltung der Toiletten ein und eröffne-ten ein Café auf Spendenbasis, das von einem Sozialprogramm für Nichtsess-hafte betrieben wird. Sie schufen damit bezahlte Jobs. Hier lauert allerdings ein Missverständnis, das Lankes sehr wohl sieht und im zweiten Teil des Buches, in dem es um das Verständnis von Bib-liothek geht, sehr klar deutlich macht. Auch wenn Bibliotheken gerade in der Fläche immer mehr die einzigen öffent-lichen, niederschwelligen Einrichtungen sind, so sollten sie doch der Versuchung widerstehen, immer mehr Aufgaben

an sich zu ziehen. Sie sind und bleiben Bildungseinrichtungen, wobei das sehr umfassend definiert wird. »They need to know to unlock the knowledge of the community« (S. 150).

Zuerst von den Beschäftigten aus zu denken könnte sich als fruchtbarer Ansatz im Hin-blick auf die gegenwärtige, eher sterile Selbstverständ-nisdiskussion der Bibliothe-ken erweisen.

Auf der internationalen Konferenz »Li-braries and Museums in an Era of Par-ticipatory Culture«2 2011 in Salzburg wurde unter Federführung von Lankes dann eine Art Curriculum der New Li-brarianship entworfen, das die zu er-werbenden Kompetenzen pointiert be-nennt. Schon mit dem ersten Punkt bricht er mit der herrschenden Vorstel-lung, dass unser Beruf zur »Neutralität« bzw »Objektivität« verpflichtet wäre, denn »Transformative Social Engage-ment« bedeutet immer auch eine dezi-dierte Stellungnahme. Gefordert wird ein verantwortliches, aktives Eintreten für als wichtig erkannte Themen. Das entspricht ziemlich genau dem, was die Bibliotheksmitarbeiter hierzulande fast flächendeckend bei der Bewältigung der »Flüchtlingskrise« gemacht haben. Als notwendig sieht er dazu auch Kompe-tenzen in Moderation von Prozessen und Konfliktmanagement. Andere Forderun-gen dürften weniger auf Widerspruch stoßen: Offenheit für technologischen Wandel, Abstimmung des Bestandsauf-baus auf die jeweilige community (Ge-meinde, Universität), Interkulturalität, hohe kommunikative Kompetenz und aktive Gestaltung von Partizipation.

Definition und Service

Im kürzeren zweiten Teil des Buches geht es um die Definition von Biblio-thek als von Bibliothekar/innen ver-antworteter und gestalteter Raum, der dem Erwerb von Wissen dient, sowie den daraus folgenden Konsequenzen

für Wissenschaftliche sowie Öffentliche Bibliotheken und Schulbibliotheken. Im abschließenden Anhang des Buches be-finden sich ein Kapitel zur Erarbeitung und Verbreitung der New Librarianship, Berichte aus der Praxis, FAQs, in denen nebenbei wichtige Fragen geklärt wer-den, etwa weshalb auch unterhaltende Medien zur definierten Mission passen, sowie Diskussionsfragen als Anregung zum Austausch im Team. Man merkt, dass dieses Buch auch die Frucht vieler Gespräche ist.

Ist eine »New Librarianship« in Deutschland denkbar? Das dominie-rende Thema unserer Debatte, den di-gitalen Wandel berührt Lankes nur am Rande. Das »Digitale« ist für ihn einfach zu »normal«. Zuerst von den Beschäf-tigten aus zu denken könnte sich aller-dings als fruchtbarer Ansatz im Hin-blick auf die gegenwärtige, eher sterile Selbstverständnisdiskussion der Bib-liotheken (»Dritter Ort«) erweisen. Das Empowerment der Mitarbeitenden, jen-seits der üblichen Personalentwicklung, wäre hierzu der Schlüssel. Wer sich als »Ort der Demokratie« oder »lebendiger Treffpunkt« sieht, sollte das im eigenen Haus auch leben. Die Bibliothek wird bei Lankes nicht nur als professioneller Dienstleister verstanden, sondern auch als eine Agentur des Gemeinwohls, die gesellschaftliche Lernprozesse nicht nur unterstützt, sondern sogar initiiert. The-men zum Anpacken gäbe es reichlich, man denke an die wachsende soziale Spaltung oder an die »digital literacy«. Doch dazu gilt es nach draußen zu gehen und die Fixierung auf die eigene Institu-tion zu überwinden. Bibliotheken könn-ten dabei Leuchttürme einer »Kultur der Zusammenarbeit« sein. David Lankes hat es an anderer Stelle in eine griffige For-mel gebracht: »Bad libraries build col-lections. Good libraries build services. Great libraries build communities.«

Jochen Dudeck

1 http://davidlankes.org/

2 http://salzburg.hyperlib.sjsu.edu/; https://www.imls.gov/publications/lib raries-and-museums-era-participato ry-culture

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MAGAZIN FACHLITERATUR

Tagungsband zum Österreichischen Bibliothekartag Ausformulierte Kernaussagen von Vorträgen

Offen(siv)e Bibliotheken. Neue Zu-gänge, neue Strukturen, neue Chan-cen: 32. Österreichischer Bibliothe-kartag Wien, 15.-18. September 2015 / herausgegeben von Bruno Bauer, Andreas Ferus und Josef Pauser. Graz; Feldkirch: Wolfgang Neubauer Verlag GesmbH, 2016, 339 Seiten: Illustra-tionen. (Schriften der Vereinigung Ös-terreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VÖB); 14) ISBN 978-3-85376-294-3 – Broschur, 64,– Euro

Das erfolgreiche Bemühen der Verei-nigung Österreichischer Bibliothekar-innen und Bibliothekare (VÖB), den durch die Streichung von Bundeszu-schüssen in finanzielle Bedrängnis ge-ratenen Österreichischen Bibliothekar-tag fortzuführen, hat sich gelohnt. Da-von konnten sich im September 2015 die über 1 100 Besucher des bislang größ-ten bibliothekarischen Fachkongresses in Österreich überzeugen; das beweist aber auch die schriftlich festgehaltene Bilanz dieser Veranstaltung. Anders als in Deutschland, wo die Vorträge der Bib-liothekartage seit 2014 ausschließlich in elektronischer Form veröffentlicht wer-den, nämlich in dem vom VDB herausge-gebenen E-Journal o-bib1, setzt man in Österreich noch auf Gedrucktes.2

Das Motto des Kongresses wurde zum Titel des Tagungsbandes. Ob die darin veröffentlichten 29 Beiträge tat-sächlich die Themenvielfalt des Kon-gresses mit seinen rund 160 Vorträgen widerspiegeln, sei dahingestellt. Für den vorliegenden Sammelband wurde seitens der Herausgeber keine bewusste Auswahl getroffen, vielmehr waren wie-der alle Vortragenden eingeladen, einen

Beitrag einzureichen. Welche Themen fehlen, ergibt der Vergleich mit dem dankenswerterweise komplett abge-druckten Veranstaltungsprogramm. Der Anhang des Buches enthält außerdem das Teilnehmerverzeichnis.

Die Zwischenüberschriften des Ta-gungsbandes sind identisch mit den sechs parallelen Themenkreisen des Kongresses: Openess, Zukunft gestalten, Offensive Bibliothekarinnen, Bewahren und Präsentieren, Erwerben und sicht-bar machen, Masse und Individualität. Graue Zwischenblätter trennen die ein-zelnen Blöcke optisch voneinander ab. Alle Aufsätze weisen eine einheitliche Gliederung mit folgenden Elementen auf: Autor, Titel, Inhalt, Zusammenfas-sung, Schlagwörter; Titel, Abstract und Keywords in englischer Sprache; am Ende Adresse und Kurzbiographie des Autors. Die Texte selber sind in der Regel recht kurz gehalten, konzentrieren sich auf die Kernaussagen. Die geschilderte Struktur erleichtert dem Leser, fast wie bei einem Referateorgan, den schnellen Überblick.

Der Block »Openess« greift die zweite Lesart des Kongressmottos und Buchtitels (offene Bibliotheken) auf. Hier wird unter anderem das Projekt »e-Infrastructures Austria« zum koordi-nierten Aufbau von Repositorien vorge-stellt. Dass das Prinzip Offenheit auch eine politische Dimension hat, macht ein weiterer Aufsatz klar. Unter dieser Rubrik subsumiert wurden aber auch die beiden Beiträge zu BAM Austria und zum UNESCO-Programm zur Sicherung des Dokumentenerbes »Memory of the World«.

Sehr umfangreich ist die Rubrik »Be-wahren und Präsentieren« ausgefallen, in der es unter anderem um buch- und bibliotheksgeschichtliche Fragestellun-gen, um Digitalisierung und – unter ei-ner weiteren Zwischenüberschrift – um

NS-Provenienzforschung geht. Den Bei-trag über die Bibliothekarinnen an Wis-senschaftlichen Bibliotheken in Öster-reich hätte der Rezensent allerdings nicht hier, sondern unter der Rubrik »Offensive Bibliothekarinnen« verortet.

Die Dominanz der Themen, die sich im weitesten Sinne mit dem kulturel-len Erbe beschäftigen, ist evident. Der fünfte und sechste Block hingegen ist wieder mehr dem aktuellen bibliothe-karischen Handwerkszeug gewidmet, etwa dem Open Source Discovery System VuFind, einem Webtool zur kooperativen Sichtung der Deutschen Nationalbiblio-thek mit Namen »Literarischer Speiszettl« [sic], der Visualisierung von Titelzusam-menhängen im neuen ZDB-Katalog oder einem Crowdsourcing-Modul für die Di-gitalen Sammlungen. Der letzte Aufsatz des insgesamt sehr interessanten und le-senswerten Tagungsbandes beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit sich die in der Wirtschaft verbreiteten Webinare auch in Bibliotheken namentlich bei der Vermittlung von Informationskompetenz einsetzen lassen.

Ludger Syré

1 https://www.o-bib.de/index.php/bib/

2 Die Folien von Vorträgen beider Biblio-thekartage sind auf BIB-OPUS zu finden: https://opus4.kobv.de/opus4-bib-info/

Anschrift des Rezensenten: Dr. Ludger Syré, Badische Landesbi-bliothek, Erbprinzenstraße 15, 76133 Karlsruhe; [email protected]

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067BuB 69 01/2017

AUS DEM BERUFSVERBAND

Liebe BIB-Mitglieder,

für die gute Zusammenarbeit und das uns entgegengebrachte Ver-trauen im Jahr 2016 möchte ich mich im Namen des BIB-Bundes-vorstandes ganz herzlich bei Ihnen bedanken.

Unser Verband war auch in diesem Jahr von starkem ehrenamtlichem Engagement geprägt. In vielen Landesgruppen fanden Wahlen zu den Vorständen statt. Unser Dank gilt den langjährigen Aktiven in diesen Gremien, aber auch den neuen, die diese wichtige Aufgabe für die Be-rufskolleginnen und -kollegen wahrnehmen. Auch 2017 finden noch in einigen Bundesländern Wahlen statt, unterstützen Sie diese bitte mit einer Bereitschaft zur Kandidatur und einer hohen Wahlbeteiligung.

Unsere Fach- und Verbandszeitschrift ist 2016 mit der BuB-APP ei-nen weiteren Schritt in die digitale Welt gegangen und spiegelt damit nicht zuletzt auch die stetigen Veränderungen in unser aller Arbeits-welt wider. Im BIB sind diese Themen angekommen: »Agiles Arbei-ten« war Gegenstand des Buchmesse-Symposiums, es wird uns mit der großen Herausforderung »Arbeit 4.0« als Jahresthema mindes-tens bis 2018 weiter begleiten.

Aber das ist natürlich nicht alles: Im Januar tagt die Programm-kommission für den 106. Bibliothekartag in Frankfurt, die Ihnen aus 500 eingereichten Abstracts ein spannendes Angebot zusaemmenstel-len wird. Dieses wird - ebenso wie die zahlreichen regionalen Fort-bildungen - ein Markenzeichen unserer Arbeit sein, und wir freuen uns über Ihr Feedback!

In diesen Tagen der Rückschau und des Ausblicks wünschen wir Ihnen Gesundheit, Glück und Zufriedenheit sowie Erfolg

Herzliche Grüße,

Vesna Steyer, BIB-Bundesvorsitzende

Der Vereinsausschuss bei der Arbeit

Berlin, November 2016: Der Vereinsaus-schuss (VA) berät und beschließt über alle wichtigen berufspolitischen Fragen sowie über den Haushalt des Verbandes. Er setzt sich aus dem Bundesvorstand, Vertretern aus den Kommissionen, den Landesgrup-penvorständen und einem Vertreter von Bibliothek & Information International zusammen. Dabei ist auch die Redaktion von BuB, BIB-Info und der Geschäftsfüh-rer, allerdings ohne Stimmrecht. Der VA tagt in der Regel zweimal im Jahr. Foto: Dirk Wissen

Impressum »Aus dem Berufsverband«

Herausgeber: BIB – Berufsver-band Information Bibliothek e. V., Postfach 13 24, 72703 Reutlingen www.bib-info.de

Bearbeitung:

Katrin Lück Europa-Institut / Bibliothek Universi-tät des Saarlandes Postfach 15115066041 SaarbrückenTelefon: 0681 / 302-2543

Karin Holste-Flinspach c/o StauffenbergschuleArnsburger Straße 4460385 Frankfurt/MainTelefon: 069 / 21246841

E-Mail: [email protected]

Redaktionsschluss für VerbandsmitteilungenBuB Heft 4/2017: 24. Februar 2017

Foto: tibanna79 / Fotolia

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068

AUS DEM BERUFSVERBAND

Mit Berschmanngutsjer in Paris Landesgruppe Saarland des BIB veranstaltet viertägige Studienreise

Sonnenschein, angenehme Tempe-raturen, eine perfekte Organisation, BIB-Tassen voll mit Berschmanngutsjer (saarländische Anisbonbons, in Form und Farbe einem Kohlebrikett gleich, verziert mit den Symbolen des Berg-manns: Schlägel und Eisen), die den einzelnen Bibliotheken als Geschenk überreicht wurden, und eine illustre Reisegruppe haben die Bildungsreise der BIB-Landesgruppe Saarland zu ei-nem vollen Erfolg werden lassen.

Im September 2016 machte sich die 18 Kollegen aus dem Saarland und benach-barten Bundesländern per Bahn von

Saarbrücken aus auf nach Paris. Vier wundervolle und lehrreiche Tage stan-den auf dem Programm, das von den Organisatoren Jürgen Stemler, Gerold Hoffmann und Sarah Kees perfekt vor-bereitet worden war.

Besichtigt wurden die Bibliothèque Marzarine, Bibliothèque Nationale de France (BNF), die Bibliothèque des Grands Moulins, die Bibliothèque Publique d‘In-formationa Centre Pompidou, die Cité des Sciences et de l‘Industrie, und die Médi-athèque Marguerite Duras.

Einen besonderen Eindruck hinter-ließ die Site François Mitterand der Bi-bliothèque Nationale de France. Der

Charakter der Bibliothek, ein Neubau des Architekten Dominique Perrault aus dem Jahre 1996, ist mit den vier aufge-schlagenen Büchertürmen an der äuße-ren Gestalt gut erkennbar. Aber nicht nur von außen ist die Bibliothek sehr beein-druckend. Bei der interessanten Führung wird der Reisegruppe auch die größte je in Europa installierte Buchtransportan-lage vorgestellt. Und noch etwas beson-ders gibt es zu sehen, in der Mitte des 60 000 Quadratmeter großen Areals liegt ein 12 000 Quadratmeter großer Wald aus mehrjährigen Kiefern.

Neben den Besuchen der unterschiedlichsten Biblio-theken kam das Sightseeing auch nicht zu kurz.

Die Bibliothèque Publique d’Information Centre Pompidou begeisterte die Kollegin-nen und Kollegen mit ihrer fantastischen Aussicht und zwei wunderbaren Führun-gen in deutscher und französischer Spra-che. Die Citè des Sciences et de l’Industrie dominiert den nördlichen Teil des Parc de la Villette im 19. Arrondissement von Pa-ris. Nach einer Führung durch die Biblio-thek besichtigten die Teilnehmer noch die Ausstellungsflächen des Technikmuseums im ersten und zweiten Stock.

Neben den Besuchen der unter-schiedlichsten Bibliotheken kam das Sightseeing auch nicht zu kurz. Der Parc de la Villette, das Kaufhaus Lafay-ette, Champ de Mars, Trocadéro, Canal Saint Martin und noch vieles mehr stand ebenfalls auf dem Programm.

Katrin Lück , Werner Tussing;beide Landesgruppe Saarland

Gruppenbild der BIB-Reisegruppe aus dem Saarland vor der Bibliothèque Mazarine in Paris. Foto: Werner Tussing

Eine Fotogalerie zur Studi-enreise können Sie sich in der BuB-App anschauen.

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069BuB 69 01/2017

AUS DEM BERUFSVERBAND LANDESGRUPPEN

Landesgruppe Saarland Interkulturelle Kompetenz: Einfach nur Lächeln reicht nicht aus

Die Studierenden an deutschen Uni-versitäten und somit auch die Biblio-theksbenutzer an Wissenschaftlichen Bibliotheken sind internationaler ge-worden. Sie kommen aus den unter-schiedlichsten Ländern mit den un-terschiedlichsten Anliegen. Oft sind sie der deutschen Sprache noch nicht mächtig und unsere Handlungsweise sind ihnen fremd, eine Herausforde-rung für Bibliotheksnutzer und -per-sonal. Da ist interkulturelle Kompe-tenz gefragt.

Aus diesem Grund hat der BIB-Landes-verband Saarland Ende August 2017 zu einer Fortbildung für wissenschaftliche Bibliothekare geladen. Die zehn Teil-nehmerInnen kamen aus Baden-Würt-temberg, Rheinland Pfalz und dem Saarland. Die Ziele des von Alexander Scheitza geleiteten Workshops waren, das Verhalten internationaler Studie-render besser verstehen zu lernen, ein gesteigertes Bewusstsein für eigene und andere kulturelle Perspektiven und neue Ideen für den eigenen Tätigkeitsbereich zu bekommen.

Der Diplom-Psychologe und Trainer für Interkulturelle Kompetenz stützte sich dabei auf folgende Methoden: er-fahrungsgestütztes Lernen, Informa-tion und Austausch. Nachdem die Teil-nehmenden über ihre eigenen positi-ven oder auch negativen Erfahrungen

mit anderen Kulturen berichtet hatten, wurden sie mit einem sehr kurzen »The-aterstück« über ein Ehepaar auf den Al-batros-Inseln aufs kulturelle Glatteis geführt. Augen auf bei der Deutung ei-ner Wahrnehmung, ein zentraler Punkt innerhalb des Workshops. Die unter-schiedlichen Sichtweisen, Assoziatio-nen geprägt vom Kulturzentrismus gilt es immer klar im Auge zu haben. »Der eigenen Kultur wird man sich häufig erst bewusst, wenn man sie verlässt«

Wir müssen unsere Organisationsstruk-tur für ausländische Gäste transpa-renter machen, aktiv informieren und zentrale Anlaufpunkte schaffen.

Während des ganzen Workshops üb-ten sich die Teilnehmenden im Wahr-nehmen, Denken, Werten und Han-deln, und es war immer wieder über-raschend, wie falsch man liegen kann, und wie wichtig es ist, genau hinzu-schauen, zuzuhören und abzuwä-gen und nicht anhand stereotyper Kli-schees andere einzuschätzen. Sehr inte-ressante Ergebnisse gab es auch bei den Selbsteinschätzungsübungen.

In einem Film, den Alexander Scheitza zusammen mit ausländischen Studierenden an der TH Köln gedreht hatte, wurde klar, wie undurchsich-tig und verwirrend unsere Organisati-onsstruktur für Gäste ist. Welche un-terschiedlichen Einschätzungen es von Hol- und Bringschuld von Serviceleis-tungen und Wissensvermittlung gibt. Welche unterschiedlichen kulturellen

Orientierung (z.B. Machtakzeptanz oder Wir-Orientierung) und kulturelle Typen existieren.

Aber was bedeutet das jetzt für uns als Bibliothekspersonal: Einfach nur lä-cheln reicht nicht aus, wir müssen un-sere Organisationsstruktur (Kultur) für Fremde transparenter machen, genau hinhören und nicht mit stereotypen Kli-schees und Einschätzungen auf Perso-nen aus anderen Ländern zugehen. In-terkulturelle Kompetenz bedeutet neben vielen anderen Aspekten, nicht nur eine reflektierte Wahrnehmung der eigenen Person und Kultur, sondern auch die Kenntnis von bzw. das Verständnis für andere Kulturen und Akzeptanz und To-leranz derselben.

Katrin Lück,Landesvorstand Saarland

© Overdue Media LLC

Die wichtigsten Lernergebnisse des Workshops. Foto: Alexander Scheitza

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070

SUMMARY

Places for Creativity and Transfer of Knowledge / Libraries as Makerspaces (Han-nelore Vogt, Bettina Scheurer, Hans-Bodo Pohla)(pp. 020 – 025)

It‘s been quite some time since the maker-space movement began to spread throughout Europe, after originating in the U.S. The City Library of Cologne was the first public library in Germany to join this trend, when it set up a makerspace in 2013. There it is an open room with new technology, tools, and media availa-ble for freely chosen, creative projects. Top on the list is the opportunity to learn new things, ranging from do-it-yourself to do-it-together. The facilities include a vinyl cutting plotter, a vinyl bar for digitalizing records, and a film bar, where people can digitalize their own VHS cassettes. All this was integrated with already available recording equipment and new musical instruments. One of the first new technologies to be introduced was the 3-D printer. More recent acquisitions include a high-quality overlock sewing machine for cre-ative handicraft projects, as well as the very latest virtual reality headset, the HTC Vive, with which one can explore any virtual space. All these things are freely available to anyone and are used by people of all ages.

The makerspace at the main library has been expanding in space and range of tech-nology, and will continue to be developed on a regular basis. The technologies chosen for in-clusion are selected on the basis of their rele-vance in society. They are not purchased using the library‘s budget, but rather with third-party funding and sponsorships. As a result of makerspaces, the perception and image of the library has changed dramatically. In par-ticular, cooperation with schools as proved profitable for both parties. A makerspace is not in contradiction with the educational and cultural mission of libraries -- quite the oppo-site is true! The library is seen as a place to go and be part of innovations and new trends.

Barack Obama Plans His Presidential Library / Chicago Chosen from Four Possible Sites -- An Investment of a Half-Billion Dollars Re-quired (Gernot Gabel)(pp. 044 – 045)

On 20 January 2017 President Barack Obama will turn over the U.S. presidency to his suc-cessor and become a private person again. In keeping with a long tradition, he will still have the task of setting up his presidential library. According to the 1955 Presidential Libraries Act, all official documents from his terms of office may be stored by an ex-president in such a library.

A former president must use private fun-ding or donations to build his library, but the administrative costs are covered thereafter by the government-run National Archive and Records Administration (NARA). Furthermore, the former head of state must find funding and set up a foundation which is commen-surate to the size and expense of the building he creates, in order to provide a portion of its annual operating costs. Nonetheless, during his term of office in the White House, the pre-sident is not allowed to deal with financial questions or donations for this prestige pro-ject, even though he may begin to make ge-neral plans for it.

In May 2015 the Obama Foundation an-nounced that the head of state had chosen Chicago as the site of the library because it was there that he took the first steps in his career, taught at university, began his politi-cal career, and met his wife. Chicago‘s mayor promised the president his support in finding a suitable building site in the south of the megapolis, and the city council also appro-ved the project.

Challenge and Enrichment / Education of the Deaf and the Hearing Impaired -- The Uni-versity Library of the Free University of Ber-lin Sets a Good Example (Marwa Al Sadoon, Victoria Behnke, Simone Schütte)(pp. 060 – 063)

The further education of hearing-impaired and deaf individuals appears at first glance to be a serious challenge for any training in-stitution. If the main focus is on the person‘s handicap, this may soon lead to insecurity. But once attention is shifted to the indivi-dual‘s potential capabilities, it is possible to see the new and challenging situation as a chance to explore the new and unknown. In this article the experiences of Marwa Al Sa-doon, an apprentice at the University Library of the Free University of Berlin who has im-pairments in both hearing and mobility, are described from various points of view.For the trainer the new situation meant that there would be more than just the usual ma-terial to be covered within the coming school year. Help was received from the Special In-tegration Services Agency, which offered trai-ning about hearing impairment. Who would have known otherwise that, for example, the absence of certain frequencies does not mean that speaking louder will help com-munication. Various exercises and discussi-ons of them helped all those involved to gain more understanding than through a purely theoretical presentation; and it led to a grea-ter appreciation for what the hearing-impai-red can do.In terms of the organization of the apprenti-ce‘s practical work, however, there are certain aspects to consider. How can training sessi-ons best be developed to convey the material to apprentices with handicaps? Where should more time be allotted? How can library users be informed that they are dealing with a hea-ring-impaired staff member?

Translated by Martha Baker

Summary

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071BuB 69 01/2017

RÉSUMÉ

Des espaces pour la créativité et le partage des connaissances / Les bibliothèques, des pépinières de fabrication. (Hannelore Vogt, Bettina Scheurer, Hans-Bodo Pohla)(pp. 020 – 025)

Le développement des espaces de créativité s’est diffusé depuis longtemps des Etats-Unis vers l’Europe. C’est la bibliothèque mu-nicipale de Cologne qui a engagé la première en Allemagne cette tendance des lieux par-ticipatifs en 2013 et a installé des pépiniè-res de fabrication. Ce lieu de création est un espace ouvert où sont mis à disposition les technologies les plus récentes, des mé-dias et des outils pour un usage libre et créa-tif. Dans l’équipement, nous relevons notam-ment un atelier d’enregistrement sur vinyle, un »bar à vinyles« où les disques peuvent être numérisés ainsi qu’un »bar à films« à partir duquel les supports VHS peuvent eux aussi être numérisés. Du côté des musiques, de nouveaux instruments et des technolo-gies du son ont été installées. Parmi les tou-tes premières offres techniques proposées par la Bibliothèque municipale de Cologne, l’impression 3D s’est nettement distinguée. Il faut signaler également, parmi les outils les plus innovants, une machine à coudre à point »overlock« pour les projets de travaux annuels, une lunette de réalité virtuelle HTC Vive grâce à laquelle explorer l’espace virtuel. Tous ces outils sont bien sûr mis à la dispo-sition de tout à chacun et ce quelle que soit la génération.

La pépinière de création établie au sein de la bibliothèque centrale s’étend d’un point de vue tant spatial que technique et continue d’être constamment améliorée. Une évalua-tion est effectuée sur la base de l’impact so-ciétal. Les moyens financiers consacrés à ce poste de dépense ne proviennent pas du bud-get général mais de financements participa-tifs et du mécénat. La considération et l’aura des bibliothèques se transforment radicale-ment par le biais de ces pépinières de créa-tion. Les partenariats engagées avec les éta-blissements scolaires sont ainsi, pour l’une et l’autre parties, déjà couronnées de suc-cès. Une pépinière de création représente une offre qui ne s’oppose pas à la mission d’éducation et de diffusion culturelle des bi-bliothèques, bien au contraire. La bibliothè-que s’inscrit ainsi dans une logique de contri-bution à l’innovation et à la modernité.

Barack Obama crée sa bibliothèque présiden-tielle / La ville de Chicago a été retenue parmi les nombreux lieux possibles – Un capital de départ d’un demi milliard de dollars sera nécessaire (Gernot Gabel)

(pp. 044 – 045)

Le 20 janvier 2017, le président Barack Obama transmettra sa charge à son successeur et se retirera dans la sphère privée. Selon la tra-dition, il lui appartient désormais de consti-tuer sa bibliothèque présidentielle, car, selon les termes du »Presidential Libraries Act« de 1955, le président sortant est tenu de trans-mettre les documents de son administration à une bibliothèque de ce type.

Le bâtiment de cette bibliothèque doit être construit grâce aux dons ou des moy-ens financiers privés. Sous l’angle des coûts de fonctionnement de l’institution, la charge est prise sur le long terme par l’Administra-tion nationale des archives et de la conser-vation (National Archive and Records Admi-nistration, NARA). Pour monter un projet de cette envergure, le chef d’Etat sortant se doit de constituer un fonds en capitaux en rela-tion avec la taille et les coûts prévisionnels de l’établissement imaginé et afin de constituer un capital qui assurera la couverture finan-cière partielle des dépenses au fil du temps.

Pendant son mandat à la Maison Blan-che, un président n’est pas autorisé à s’oc-cuper directement des questions de finance-ment pour un objet de prestige ou d’intervenir pour l’obtention de dons. Il peut cependant définir le concept d’un pareil établissement.

En mai 2015n la Fondation Obama a dif-fusé auprès de la presse la décision du Chef de l’Etat en faveur de la ville de Chicago en expliquant que c’est là qu’il avait fait ses pre-miers pas professionnels, qu’il avait enseigné à l’Université, que sa carrière politique avait commencé et qu’il y avait connu son épouse. Le maire de Chicago a fait part de son soutien au Président pour ce projet, afin de trouver au sud de cette ville forte de plusieurs millions d’habitants un terrain approprié et que le conseil municipal vote en faveur de ce projet.

Défi et enrichissement mutuel. Formation de personnes souffrant d’un handicap audi-tif / Le modèle développé par la Bibliothèque universitaire de la Freie Universität de Berlin. (Marwa Al Sadoon, Victoria Behnke, Simone Schütte)

(pp. 060 – 063)

Pour bon nombre d’organismes de formation, la formation des personnes souffrant de han-dicaps auditifs représente un défi singulière-ment complexe. Si le handicap de la personne formée se trouve à l’articulation de la forma-tion, le défi se transforme rapidement en sentiment d’insécurité. Si l’on décale la per-spective vers les capacités des individus, le défi peut se transformer en véritable chance. Dans une contribution au journal BuB, Marwa Al Sadoon, apprentie à la Freie Universität de Berlin souffrant d’un handicap auditif et mo-teur constitue un exemple éloquent selon di-verses perspectives.

Pour les personnes accompagnatrices, le défi ne se décline pas seulement dans la transmission de connaissances qu’il resterait à partager en fin d’année. Un enseignement spécifique sur l’intégration s’avère particu-lièrement utile pour expliciter les connais-sances autour du handicap auditif. Qui savait auparavant que la fréquence est au cœur de la problématique bien plus que le volume de la voix pour la bonne perception ? L’appren-tissage par différents exercices et l’échange a permis une meilleure compréhension que l’information purement théorique et a éga-lement contribué à une plus forte attention portée aux difficultés de personnes en situa-tion de handicap auditif.

Dans l’organisation de la formation pra-tique, certains aspects restent à améliorer. Comment en effet mettre en place des ens-eignements dont le contenu puisse être éga-lement accessible aux personnes formées souffrant d’un handicap ? A quels étapes de la formation, un temps plus long doit-il être prévu ? Comment rend-t-on visible pour les usagers des bibliothèques que l’interlocuteur professionnel face à soi peut être une per-sonne souffrant d’un handicap auditif?

Traduit par David-Georges Picard

Résumé

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072

STELLENANGEBOTE / KLEINANZEIGEN

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Herausgeber (fachlich)Olaf Eigenbrodt, HamburgDr. Carola Schelle-Wolff, HannoverDr. Dirk Wissen, Berlin

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RedaktionPostfach 13 24 · 72703 ReutlingenTelefon (07121) 34 91-0 / E-Mail: [email protected]: Bernd Schleh (verantwortlich, slh) und Steffen Heizereder (hei)Rezensionen: Dr. Jürgen PlieningerAus dem Berufsverband: Karin Holste-Flinspach, Katrin Lück

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