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Eigengruppenprojektionsmodell:
Empirische Belege und kritische
Beleuchtung
Alexander MüllerMatrikelNr.: 3265725Studiengang: Lehramt Gymnasium Mathematik / EnglischEMail: [email protected]dresden.de
Dipl.Psych. Marlis SchmidtSeminar „Schule als Institution: Interkulturelle Bildung“Wintersemester 2008 / 2009
Eingereicht am 20.03.2009
Inhaltsverzeichnis
Einleitung.................................................................................................................................................3Eigengruppenprojektionsmodell: Empirische Belege und kritische Beleuchtung.........................4
Eigengruppenprojektionsmodell .....................................................................................................4Definition........................................................................................................................................4
Empirische Belege..............................................................................................................................6Hauptaussagen des IPM...............................................................................................................6Duale Identifikation .....................................................................................................................7Rolle der Inklusion........................................................................................................................7
Diskussion..................................................................................................................................9Repräsentation der übergeordneten Kategorie.......................................................................10
Diskussion.........................................................................................................................................12Vergleich CIIM und IPM............................................................................................................13Kritik des IPM..............................................................................................................................14
Intergruppenbegegnung.........................................................................................................16Beispiel Computernutzer: Linux- vs. Windowsnutzer......................................................16Weitere Beispiele....................................................................................................................19
Schluss.....................................................................................................................................................21Literaturverzeichnis..............................................................................................................................22Selbständigkeitserklärung....................................................................................................................23
Eigengruppenprojektionsmodell: Empirische Belege und kritische Beleuchtung. Müller, A., 2009. 2
Einleitung
Wenn man jemanden dazu auffordert, sich zu selbst vorzustellen beziehungsweise zu
beschreiben, wird man höchstwahrscheinlich Antworten bekommen, die Auskunft über Hobbys
(und die entsprechenden Vereine), Mitgliedschaft in Organisationen oder Berufsstand geben.
Diese haben eines gemeinsam: Sie geben Auskunft über die soziale Identität, die Zugehörigkeit
zu sozialen Gruppen. Da diese Gruppen so zentral für die Bestimmung unserer eigenen Identität
sind, ist auch die Bewertung der Gruppen, denen man nicht angehört, für das Zusammenleben in
der Gesellschaft von hoher Bedeutung. Allerdings variieren diese Bewertungen nicht nur von
Individuum zu Individuum, sondern können auch bei der gleichen Person in unterschiedlichen
Kontexten verschieden sein. Ein Versuch, diese Variation zu erklären, ist das
Eigengruppenprojektionsmodell. Es soll im Folgenden ausführlich dargestellt werden, danach
wird auf empirische Belege der Aussagen des Modells eingegangen und im Anschluss wird es
aus einem kritischen Blickwinkel untersucht.
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Eigengruppenprojektionsmodell: Empirische Belege und
kritische Beleuchtung
Eigengruppenprojektionsmodell
Definition
Die Begriffe Eigengruppe und Fremdgruppe wurden 1906 von Sumner eingeführt; im
Intergruppenkontext bezeichnet Eigengruppe die Gruppe, zu der das betrachtete Individuum
gehört und Fremdgruppe steht für die Gruppe, mit der die Eigengruppe verglichen wird.
Das Eigengruppenprojektionsmodell von Mummendey und Wenzel (1999) basiert auf der
Selbstkategorisierungstheorie (self-categorization theory: Festinger 1954, Suls & Miller 1977, Suls
& Wheeler 2000) und der Theorie der Sozialen Identität (social identity theory: Tajfel & Turner
1986, Turner, Hogg, Oakes, Reicher & Wetherell 1987).
Anmerkung: Im folgenden werde ich aus Gründen der Konsistenz in der internationalen Forschung die
englische Abkürzung IPM, welche für ingroup projection model steht, für das Eigengruppenprojektionsmodell
verwenden.
Grundannahme ist, dass Vergleiche zwischen sozialen Gruppen vor einem bestimmten
Hintergrund angestellt werden. Bei der Selbstkategorisierungstheorie wird dieser Hintergrund in
Form der übergeordnete Kategorie bereitgestellt, die sowohl Eigen- als auch Fremdgruppe
enthält. Diese liefert dann die Dimensionen, Normen und Standards für den Vergleich (Waldzus
& Mummendey, 2004, S. 466). Beispielsweise können Protestanten und Katholiken miteinander
verglichen werden, weil sie beide der übergeordneten Kategorie „Christen“ angehören (Waldzus,
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Mummendey & Wenzel, 2005, S. 76).
Das Eigengruppenprojektionsmodell macht nun folgende Vorhersage: Wenn sich eine Person
mit ihrer Eigengruppe und der übergeordneten Kategorie identifiziert, ist es sehr wahrscheinlich,
dass sie spezielle Merkmale ihrer Eigengruppe auf die übergeordnete Gruppe überträgt (Waldzus
et al., 2005, S. 76), sie sozusagen die wahrgenommene Prototypikalität der Eigengruppe
gegenüber der Fremdgruppe im Sinne der übergeordneten Kategorie erhöht. Da die Eigengruppe
nun prototypischer als die Fremdgruppe erscheint, wird eine negative Einstellung zu dieser
abweichenden Fremdgruppe gerechtfertigt―das Ergebnis der Projektion ist eine Abwertung der
Fremdgruppe (Waldzus et al., 2005, S. 77). Es muss einschränkend hinzugefügt werden, dass das
IPM nicht beansprucht, dass diese Projektion immer stattfindet oder dass alle
Intergruppenbeziehungen damit erklärt werden können (Waldzus & Mummendey, 2004, S. 467).
Wenn nun in einer Intergruppenbeziehung beide Gruppen eine solche
Eigengruppenprojektion zeigen, erhöht sich das Konfliktpotential: Beide beanspruchen für sich
eine höhere relative Prototypikalität (Wenzel, Mummendey, Weber & Waldzus, 2003) was zu
Uneinigkeiten über Ansprüche, Statusunterschiede und zu Unterschieden in der Behandlung der
jeweiligen Gruppenmitglieder führen kann (Weber, Mummendey & Waldzus, 2002).
Im Folgenden soll unter anderem nachgewiesen werden, unter welchen Bedingungen eine
positive Einstellung gegenüber der Fremdgruppe auftritt, die zu Toleranz, gegenseitiger
Anziehung, Großzügigkeit und Kooperation führen kann, und welche Umstände zu eher
negativen Bewertungen führen und dementsprechend Konflikte, Diskrimination und Ablehnung
mit sich bringen (Waldzus, Mummendey, Wenzel & Weber, 2003, S. 31).
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Empirische Belege
Hauptaussagen des IPM
Die Studie When ‘‘different’’ means ‘‘worse’’: In-group prototypicality in changing
intergroup contexts (2005) von Waldzus, Mummendey und Wenzel behauptet, zum ersten Mal
Eigengruppenprojektion als adaptives psychologisches Phänomen nachgewiesen zu haben
(Waldzus et al., 2005, S. 82). Die Studie wurde unter dem Vorwand einer „Europastudie“ online
durchgeführt und es wurde nur die Perspektive einer Gruppe (Deutsche) betrachtet (Waldzus et
al., 2005, S. 77).
Es konnte gezeigt werden, dass der Stereotyp der Eigengruppe von der zu vergleichenden
Fremdgruppe abhing: Die Attribute, die Deutsche ihrer Nation zuschrieben, hingen davon ab, ob
sie sich mit Briten oder mit Italienern verglichen (Waldzus et al., 2005, S. 80). Außerdem hingen
sogar die Attribute, die die Probanden auf die übergeordnete Gruppe (Europa) projizierten, von
der zu vergleichenden Fremdgruppe ab. Das heißt, die relative Eigengruppenprototypikalität
wurde über verschiedene Intergruppenkontexte erhalten, indem die Repräsentation der
übergeordneten Gruppe angepasst wurde. Weiterhin wurde festgestellt, dass die relative
Eigengruppenprototypikalität umgekehrt proportional zur Einstellung gegenüber der
Fremdgruppe war (Waldzus et al., 2005, S. 81).
Laut Waldzus, Mummendey und Wenzel kann mit dem IPM also vorhergesagt werden, wann
„anders“ gleichbedeutend ist mit „schlecht“: Das passiert, wenn die Unterschiede der
Fremdgruppe als Abweichung vom Prototyp der relevanten übergeordneten Kategorie angesehen
werden (Waldzus et al., 2005, S. 82).
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Duale Identifikation
In der online-basierten Studie Towards tolerance: Representations of superordinate
categories and perceived ingroup prototypicality (2003) von Waldzus, Mummendey, Wenzel, und
Weber konnte nachgewiesen werden, dass die relative Eigengruppenprototypikalität im Sinne
der übergeordneten Kategorie bei den Teilnehmern am höchsten ist, die sich sowohl stark mit der
Eigengruppe als auch mit der übergeordneten Kategorie identifizieren (Waldzus et al., 2003, S.
37). Diese als duale Identifikation bezeichnete Situation korreliert außerdem negativ mit der
Einstellung gegenüber der der Fremdgruppe (Waldzus et al., 2003, S. 31).
Diese empirischen Befunde stimmen mit der Annahme überein, dass Personen, die sich stark
mit ihrer Eigengruppe identifizieren, auch motiviert sind, eine positive Unterscheidbarkeit
herzustellen und sich den Normen der Eigengruppe verpflichtet fühlen, und dass Personen, die
sich stark mit der übergeordneten Kategorie identifizieren, deren Normen für sich annehmen
(Waldzus et al., 2003, S. 44)
Rolle der Inklusion
In einer weiteren Studie von Waldzus und Mummendey mit dem Titel Inclusion in a
superordinate category, in-group prototypicality, and attitudes towards out-groups (2004) wurde
das Hauptaugenmerk auf die Rolle der Inklusion in die übergeordnete Kategorie gelegt.
Man wollte zeigen, dass eine negative Einstellung zur Fremdgruppe nicht von relativer
Ähnlichkeit zu irgendeiner positiv eingeschätzten sozialen Kategorie abhängt, sondern eben nur
bei Inklusion der Eigen- und Fremdgruppe in eine übergeordnete Kategorie auftritt (Waldzus &
Mummendey, 2004, S. 467). Experiment 1 der „Europastudie“, die ebenfalls über das Internet
durchgeführt wurde, basierte auf der Annahme, dass Deutschland zu Europa und zu Westeuropa,
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Polen zwar auch zu Europa, nicht aber zu Westeuropa gehört (Waldzus & Mummendey, 2004, S.
468). In der Studie fand die mit der Eigengruppenprojektion einhergehende negative Einstellung
zur Fremdgruppe nur in den Fällen statt, bei denen Eigengruppe „Deutsche“ und Fremdgruppe
„Polen“ in der übergeordneten Kategorie „Europa“ enthalten waren. Dagegen konnte bei der
übergeordneten Kategorie Westeuropa, in der die Fremdgruppe „Polen“ nicht enthalten war,
keine Abwertung der Fremdgruppe nachgewiesen werden. (Waldzus & Mummendey, 2004, S.
471)
Außerdem konnte gezeigt werden, dass Inklusion das Verhältnis zwischen relativer
Eigengruppenähnlichkeit und Bewertung der Fremdgruppe nur auf relevanten
Bewertungsdimensionen beeinflusst, nicht auf irrelevanten (Waldzus & Mummendey, 2004, S.
474). Dafür kam in Experiment 2 ein neuer Versuchsaufbau zum Einsatz, in dem die Eigengruppe
„alleinerziehende Frauen“ der Fremdgruppe „alleinerziehende Männer“ gegenüberstand. Der
Hintergrund, vor dem der Vergleich stattfand war einerseits die inklusive übergeordnete
Kategorie „Alleinerziehende“ und die exklusive übergeordnete Kategorie „Mütter“. Für die
relevante Bewertungsdimension „Fähigkeit zur Erziehung“ hatte die Inklusion den oben
beschriebenen Effekt, nicht jedoch für die irrelevante Bewertungsdimension „Attraktivität“
(Waldzus & Mummendey, 2004, S. 472).
Obwohl die zwei Experimente in zwei völlig verschiedene Intergruppenkontexte eingebettet
waren, lieferten sie sehr ähnliche Ergebnisse. Ein interessanter Unterschied war jedoch zu
beobachten: Im Experiment 2 wurde die Bewertung der Fremdgruppe „alleinerziehende Männer“
verbessert, wenn die Eigengruppe der alleinerziehenden Frauen sich nicht als prototypische
Alleinerziehende ansahen. Waldzus und Mummendey schlagen dafür folgende post-hoc
Erklärung vor, die sich auch teilweise aus den Kommentaren der Teilnehmer ergibt:
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Alleinerziehende stellen in unserer Gesellschaft eine Minderheit dar, und aufgrund dieses
„geteilten Schicksals“ ergibt sich eine bessere Bewertung der Fremdgruppe der alleinerziehenden
Männer (Waldzus & Mummendey, 2004, S. 476).
Zusammenfassend kann man sagen, dass die übergeordnete Kategorie nur dann als
Vergleichsgrundlage herangezogen wird, wenn sie sowohl Eigen- als auch Fremdgruppe enthält
(Waldzus & Mummendey, 2004, S. 474).
Diskussion
Man könnte nun annehmen, das der Ausschluss der Fremdgruppe von der übergeordneten
Kategorie zu Toleranz zwischen den Gruppen führt―Waldzus und Mummendey mahnen jedoch
zur Vorsicht (Waldzus & Mummendey, 2004, S. 476): Der Ausschluss kann zwar dazu führen,
dass weniger negative Intergruppenvergleiche angestellt werden und so die
Intergruppenbeziehung entspannen, aber er kann auch dazu führen, dass der Fremdgruppe die
Rechte, Privilegien und Ressourcen abgesprochen werden, die der übergeordneten Kategorie
zugeordnet sind. Als Beispiel sei hier der Fall von moral exclusion (Opotow, 1995) genannt:
Wenn ein Teil der Weltbevölkerung nicht als Teil der Kategorie „Mensch“ angesehen wird,
werden ihm grundlegende Menschenrechte abgesprochen.
Von einem praktischen Standpunkt gesehen scheint es erstrebenswert zu sein, nach Wegen
der toleranten Inklusion zu suchen, etwa indem man die übergeordnete Kategorie komplex
darstellt und so eine Fremdgruppentypikalität ermöglicht―dies soll im folgenden Abschnitt
näher betrachtet werden.
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Repräsentation der übergeordneten Kategorie
Wie wir bereits im vorhergehenden Abschnitt gesehen haben, kommt der Repräsentation der
übergeordneten Kategorie eine zentrale Rolle für die Eigengruppenprojektion zu. Schon in der
bereits betrachteten Studie When ‘‘different’’ means ‘‘worse’’: In-group prototypicality in
changing intergroup contexts (2005) von Waldzus, Mummendey und Wenzel wurde folgendes als
Haupterkenntnis ausgewiesen: „Für Intergruppenbeziehungen muss die übergeordnete Kategorie
nicht nur betrachtet, sondern als flexible und abhängige Variable angesehen werden.“ (Waldzus
et al., 2005, S. 82). Es wurde beobachtet, dass bei einer komplexen Repräsentation der
übergeordneten Kategorie die Eigengruppenprojektion (und damit die Abwertung der
Fremdgruppe) abgeschwächt wurde. Im Experiment hieß das: Deutsche hatten eine weit
positivere Einstellung gegenüber Briten und Italienern, wenn sie unmittelbar vor ihrer
Einschätzung folgendes lasen: „Bitte stellen sie sich vor, dass sie jemandem die Vielfalt der
Europäer erklären müssen“, wohingegen sie eine weniger positive Einstellung an den Tag legten,
wenn bei diesem Satz „Vielfalt“ durch „Einheit“ ersetzt wurde (Waldzus et al., 2005, S. 81).
Eine ähnliche, komplexe Repräsentation der übergeordneten Kategorie wurde im zweiten
Experiment der Studie Towards tolerance: Representations of superordinate categories and
perceived ingroup prototypicality (2003) von Waldzus, Mummendey, Wenzel, und Weber anhand
der Fremdgruppe Polen getestet, nur dass die Teilnehmer sich die Situation, jemandem die
Vielfalt/Einheit Europas erklären zu müssen, nicht nur vorstellen sollten, sondern auch etwas
davon aufzuschreiben hatten. Auch hier war das Ergebnis eine weit geringere
Eigengruppenprojektion und damit positivere Haltung gegenüber der Fremdgruppe für die
komplexe Darstellung der übergeordneten Kategorie.
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Im ersten Experiment derselben Studie wurde der einfachen eine undefinierbare
Repräsentation gegenübergestellt. Der feine Unterschied besteht darin, dass eine komplexe
Repräsentation explizit als vielseitig definiert ist und damit keinen Spielraum für eine einzige
(von der Eigengruppe dominierte) Definition der übergeordneten Kategorie zulässt―eine
undefinierbare Repräsentation hingegen impliziert verschiedene unbestimmte Möglichkeiten der
Repräsentation, so dass auch deren Prototyp potentiell verschiedene Formen annehmen kann
(z.B. den der Eigengruppe) (Waldzus et al., 2003, S. 39).
Durch fingierte Ergebnisse aus anderen Studien, die entweder sehr ähnliche oder sehr weit
gestreute Ansichten Deutscher zu typisch europäischen Eigenschaften darstellten, wurde den
Teilnehmern respektive entweder ein homogenes oder ein heterogenes Bild Europas vermittelt
(Waldzus et al., 2003, S. 35). Dies wirkte sich entsprechend auf die relative
Eigengruppenprototypikalität aus: Sie erhöhte sich für das homogene (definierbarer Prototyp),
und erniedrigte sich für das heterogene Bild Europas (undefinierbarer Prototyp) (Waldzus et al.,
2003, S. 36).
Es muss aber einschränkend angemerkt werden, dass die jeweils homogene bzw. heterogene
Darstellung Europas sich auch auf die geistige Repräsentation der Eigengruppe ausgewirkt haben
könnte, so dass etwa nicht nur das Ziel der Projektion (Prototyp der übergeordneten Kategorie)
sondern auch die Quelle der Projektion (Prototyp der Eigengruppe) als eher homogen bzw.
heterogen angenommen wurde (Waldzus et al., 2003, S. 36).
Sowohl eine undefinierbare übergeordnete Kategorie (Experiment 1) als auch eine komplexe
Repräsentation derselben (Experiment 2) führte zu einer geringeren
Eigengruppenprototypikalität und damit zu relativ besseren Einstellungen gegenüber der
Fremdgruppe (Waldzus et al., 2003, S. 31).
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Allerdings war für die Teilnehmer, die eine starke duale Identifikation mit der Eigengruppe
und der übergeordneten Kategorie zeigten, ein interessanter Effekt zu beobachten: Auch hier
wurde die Eigengruppenprototypikalität durch eine komplexe Repräsentation
abgeschwächt―nicht jedoch durch eine undefinierbare. Scheinbar waren sie durch ihre starke
duale Identifikation motiviert, die vage Repräsentation der übergeordneten Kategorie für sich
genauer zu definieren―mit dem Vorbild ihrer Eigengruppe. Dies kann als motivationsmäßige
Bereitschaft für Eigengruppenprojektion interpretiert werden, welche daraus resultieren könnte,
dass die Eigengruppe so zentral für die Identitätsbildung ist und die übergeordnete Kategorie als
ständige Referenz dient (Bruner, 1957). Waldzus et al. (2003, S. 45) halten daher die komplexe
Repräsentation für angebrachter und nützlicher für die Entwicklung von Intergruppentoleranz
als die undefinierte.
Die Ergebnisse der genannten Studien unterstützen die Annahme von Mummendey und
Wenzel (1999), dass die relative Prototypikalität der Eigengruppe von der Definierbarkeit und der
Unterscheidbarkeit der übergeordneten Kategorie abhängt. Somit muss für das Auftreten von
Eigengruppenprojektion eine klar definierbare, einheitliche übergeordnete Kategorie vorhanden
sein, für die nur eine Gruppe als prototypisch angesehen werden kann (Waldzus et al., 2003, S.
43).
Diskussion
Das Eigengruppenprojektionsmodell ist ein relativ neuer Ansatz, der einen viel-
versprechenden Theorierahmen für die Förderung von Intergruppentoleranz stellt (Waldzus et
al., 2003, S. 45). Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb soll er im Folgenden kritisch beleuchtet
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werden.
Vergleich CIIM und IPM
Ein weiteres Modell für Intergruppenbeziehungen ist das common ingroup identity model, zu
deutsch etwa „Modell der gemeinsamen Eigengruppenidentität“, für das ich im Folgenden aus
bereits genannten Gründen die englische Abkürzung „CIIM“ benutzen möchte.
Das CIIM betrachtet ebenfalls die übergeordnete Gruppe als zentral für
Intergruppenbeziehungen, sagt jedoch voraus, dass man nur die Bedeutung der übergeordneten
Gruppe erhöhen muss, um die Beziehung zwischen den Gruppen zu verbessern (Waldzus et al.,
2005, S. 82). Das IPM hingegen beschreibt nur ein Verhältnis zwischen der Beziehung der Eigen-
und der Fremdgruppe und der Beziehung zur übergeordneten Gruppe. Es widerspricht teilweise
dem CIIM (Waldzus & Mummendey, 2004, S. 457): Das CIIM geht davon aus, dass
Intergruppenbeziehungen immer von einer Inklusion in eine übergeordnete soziale Kategorie
profitieren, allerdings hat diese Inklusion teils positivere, teils negativere Einstellungen
gegenüber der Fremdgruppe zur Folge―genau diese kann das IPM erklären und vorhersagen.
Ein weiterer Nachteil des CIIMs ist, dass es in der Praxis meist sehr schwer ist, die Ebene der
Kategorisation zu ändern oder ihre Bedeutung zu reduzieren. Gruppenmitglieder könnten
versuchen, ihre Eigengruppenunterscheidbarkeit zu erhalten und sich „farbenblinden“ Eingriffen
zu widersetzen (Schofield, 1986). In der bereits betrachteten Studie Towards tolerance:
Representations of superordinate categories and perceived ingroup prototypicality (2003) von
Waldzus et al. (2003, S. 44) konnte kein Nachweis für die Annahmen des CIIM gefunden werden,
wohl aber für die des IPM.
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Zusammenfassend kann man sagen, dass dem CIIM und dem IPM einfach unterschiedliche
Vorstellungen über die funktionale Rolle der Identifikation mit der übergeordneten Kategorie zu
Grunde liegen: Das CIIM betont eher die „unpersönliche Zuneigung“ zu Mitgliedern der gleichen
(höheren) Gruppe und blendet Unterschiede zwischen diesen aus, wohingegen das IPM eher die
hierarchische Struktur sozialer Kategorien hervorhebt, in der Gruppen aufgrund ihrer
Prototypikalität für eine gegebene Kategorie unterschieden werden (Haslam & Turner, 1998).
Kritik des IPM
Als Erstes fällt auf, dass die Begründer der Theorie, Mummendey und Wenzel, selbst bei den
meisten Studien federführend sind―es ist durchaus verständlich, dass sie sich bemühen,
empirische Belege für ihre eigene Theorie zu finden, und ich möchte auch keine Subjektivität
unterstellen, trotzdem wünschte ich mir etwas mehr Resonanz aus der Fachliteratur.
Weiterhin könnte ein Vorteil des IPM―nämlich dass es nicht von der Größe der betrachteten
Gruppe abhängt―sich als Nachteil herausstellen, falls Intergruppenbeziehungen auf
unterschiedlichen Ebenen auch von unterschiedlichen Faktoren und Prozessen beeinflusst
werden, was ich nicht ausschließen möchte.
In den genannten Experimenten werden die Mitglieder der jeweiligen Gruppen natürlich
darauf gedrillt, ihre Ansichten zur Fremdgruppe vor dem Hintergrund der übergeordneten
Gruppe anzustellen, nur würde ich behaupten wollen, dass dies im Alltagskontext nicht immer
der Fall ist. Es gibt zum Beispiel Kontexte, deren Komplexität es verbietet, nur eine
übergeordnete Kategorie zu betrachten, und es ist darüber hinaus nicht eindeutig festgelegt ist,
auf welcher Ebene die übergeordnete Kategorie angesiedelt sein soll, sodass die Wahl derselben
relativ willkürlich erscheint. Bei den Beispielen der Nationalstaaten liegt es noch Nahe, die
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nächsthöhere Ebene der Staatengemeinschaften heranzuziehen. Was aber, wenn man
beispielsweise das Verhältnis von SPD-Wählern zu FDP-Wählern untersuchen würde? Man
bekäme wohl kaum Antworten, die sich auf die übergeordnete Kategorie „Wähler“ beziehen,
sondern viel eher von Ideologie und Weltbild beeinflusste Reaktionen.
Weiterhin bietet das IPM keine Hinweise auf die zugrunde liegenden motivationalen und
kognitiven Prozesse, auch empirisch konnte ein kausaler Zusammenhang bisher nicht
nachgewiesen werden, wie die Metapher „Projektion“ bereits andeutet (Waldzus et al., 2005, S.
82). Obwohl die Konsequenzen für Intergruppenbeziehungen die Gleichen wären (Erhöhung der
relativen Eigengruppenprototypikalität führt zu negativerer Bewertung der Fremdgruppe),
könnte der Prozess auch anders vonstatten gehen: Eventuell geschieht auch eine Übertragung
von der übergeordneten Gruppe zur Eigengruppe, oder die Projektion ist in beide Richtungen
abhängig von einer dritten Variable (Campbell, Miller, Lubetsky & O’Connell, 1964). In diesem
Modell müsste man die Eigenprojektion mehr als eine „Tendenz zum gegenseitigen Überlappen“
der Eigengruppe und der übergeordneten Kategorie sehen. Der Prozess könnte auch auf
sogenannte cognitive anchoring effects („kognitive Verankerungseffekte“) zurückgehen - siehe
dazu Forschungen zu self-anchoring („Selbstverankerung“) (Cadinu & Rothbart, 1996; Otten &
Wentura 2001). Außerdem könnte es auch den Versuch reflektieren, die positive
Eigengruppenbesonderheit zu erhöhen, wie sie von der Theorie der Sozialen Identität (social
identity theory: Tajfel & Turner, 1986) beschrieben wird.
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Intergruppenbegegnung
Intergruppenbeziehungen sind immer eng verwandt mit Formen der Intergruppenbegegnung,
dieser Aspekt wird von dem IPM jedoch völlig ausgeklammert. In diesem Zusammenhang kann
das mutual intergroup differentiation model (Brown, Vivian & Hewstone, 1999; Hewstone &
Brown, 1986) genannt werden, zu deutsch etwa „wechselseitiges
Intergruppenunterscheidungsmodell“. Es schlägt vor, dass während einer
Intergruppenbegegnung beide Gruppen weiterhin als unabhängige Kategorien im Sinne der
Selbstdefinition und Identifikation auftreten, aber gleichzeitig ein Verständnis für die Stärken
und Schwächen der anderen Gruppe entwickeln. Voraussetzung dafür ist, dass beide Gruppen im
Konsens über die Prototypen der Bewertungskategorien für Stärken und Schwächen sind. Laut
dem Modell ist das Ergebnis, dass keine der beiden Gruppen die andere als Bedrohung
wahrnimmt und trotzdem ihre Eigengruppenbesonderheit bewahren konnte, was zu mehr
Toleranz und würdevollem Umgang führt.
Beispiel Computernutzer: Linux vs. Windowsnutzer
Gehen wir in diesem Beispiel von einem prototypischen Linuxnutzer aus: Dieser zeigt
typischerweise eine starke duale Identifizierung als Computernutzer und als Linuxnutzer, meist
weil er sich im Gegensatz zu Windowsnutzern viel intensiver mit seinem Betriebssystem
auseinandersetzt (schon allein die Wahl der Distribution ist ein höchst individueller
Entscheidungsprozess), es individuell konfiguriert und während dieses Prozesses z.B. über
Internetforen, Newsgroups etc. in intensiver Kommunikation mit anderen Linuxnutzern tritt, um
Hilfe zu bekommen, Hilfe zu leisten oder sich über Erfahrungen auszutauschen. Dabei erfährt er
notwendigerweise mehr über den Aufbau und die Funktionsweise von Hard- und Software. Viele
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Linuxnutzer haben darüber hinaus Programmierkenntnisse bzw. verdienen sogar ihren
Lebensunterhalt im Bereich der Informationstechnologie (IT).
Alle diese Faktoren tragen dazu bei, dass sich der Linuxnutzer sowohl mit seiner
Eigengruppe als auch mit der übergeordneten Kategorie identifiziert. Das IPM sagt nun voraus,
dass solche Linuxnutzer den Prototyp ihrer Eigengruppe auf die übergeordnete Kategorie
Computernutzer projizieren und deswegen eine eher negative Einstellung gegenüber
Windowsnutzern haben, doch das ist nicht der Fall.
Erstens, es findet keine Projektion im Sinne des IPM statt. Die Vertreter der Gruppe
Linuxnutzer haben eine „aufgeklärte“ Sicht der Dinge: Sehen den technisch versierten
Linuxnutzer nicht als prototypischen Computernutzer, weil sie die ungleichen Verhältnisse der
Nutzerzahlen kennen bzw. die Hinweise auf die Existenz und Größe der Gruppe der
Windowsnutzer unübersehbar sind und sie eventuell tagtäglich mit Mitgliedern dieser
Fremdgruppe zu tun haben―eine realitätsverzerrende Ansicht der übergeordneten Kategorie
kann sich so gar nicht entwickeln.
Zweitens geschieht auch keine Abwertung der Windowsnutzer gegenüber der
Eigengruppe―die meisten Linuxnutzer hegen lediglich eine Abneigung gegenüber dem
Hersteller der Software (Microsoft©), der aufgrund der protektionistischen Firmenpolitik
kritisiert wird.
Einer der Gründe für diesen Sonderfall ist sicherlich, dass der Computer für Linuxnutzer viel
mehr als nur ein Mittel zum Zweck ist, oft repräsentiert er auch eine gewisse Ideologie und
Lebenseinstellung: Linuxsysteme und die dazugehörigen Anwendungen sind meist freie, offene
Software, dass heißt jeder kann ohne Einschränkung den Quelltext einsehen, ändern und
weitergeben.
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Da diese Software meist in einer Gemeinschaft von Freiwilligen entwickelt wird, sind die
Projekte von Natur aus offen für Neuzugänge, egal aus welchem Hintergrund. Dies verhindert
direkt die Entwicklung einer negativen Attitüde gegenüber einer bestimmten Gruppe von
Computernutzern, da Freiwillige nicht „gezwungen“ werden können―die einzigen
überzeugenden Argumente somit die positive Attitüde und die Wertschätzung der Arbeit. In dem
sehr einflussreichen Aufsatz „The cathedral and the bazaar“ (1999) von Eric S. Raymond wird im
Kapittel „The Social Context of Open-Source Software“ sogar behauptet, dass Linux selbst das
erste Projekt gewesen sei, welches wissentlich und erfolgreich die gesamte Welt als Talentepool
nutzte. Dahinter steht der Grundgedanke von Open Source, dass ein gemeinsames Projekt nur
dann erfolgreich sein kann, wenn auch eine große Anzahl von Nutzern darin nach Fehlern sucht
und so dabei hilft, die Software ständig zu verbessern.
Außerdem wird bei den meisten Projekten hoher Wert auf das Prinzip der Barrierefreiheit
gelegt, welches es regelrecht verbietet, eine Fremdgruppe von der Nutzung auszuschließen, so
dass nach Möglichkeit plattformunabhängige Anwendungen entwickelt werden. Ein brillantes
Beispiel ist der Internetbrowser Mozilla Firefox, ein Open-Source-Projekt, das mittlerweile auch
unter Windowsnutzern sehr beliebt ist. Die erste Version ist zwar 2002 von Dave Hyatt und
Blake Ross entwickelt worden, damals beide bei Netscape Communications angestellt, aber ohne
die Mitarbeit und Unterstützung der Gemeinde der Linuxnutzer wäre das Projekt heute nicht da,
wo es ist.
Einen Hinweis darauf, dass es auch in dieser Domäne Belege für das
Eigengruppenprojektionsmodell gibt, könnte das Auftauchen der Kategorie „Geek“ (engl.:
umgangssprachlich für Computerbesessene/r) sein, mit der sich eine große Zahl der Linuxnutzer
wohl eher identifiziert als mit der Kategorie „Computernutzer“. Diese neue Kategorie definiert
Eigengruppenprojektionsmodell: Empirische Belege und kritische Beleuchtung. Müller, A., 2009. 18
sich vor allem durch Technikliebe und Spaß am herumprobieren, sie kann Benutzer aller
Betriebssysteme beinhalten, aber als prototypisch gilt sicher der Linuxnutzer.
Weitere Beispiele
Ein weiterer Spezialfall sind Intergruppenbeziehungen, bei denen es einen großen
Unterschied in der Mitgliederzahl der zu vergleichenden Gruppen gibt. Gemeint sind Systeme
mit Minderheiten oder Außenseitern, die sicherlich einen Sonderfall darstellen: Man kann hier
der größeren Gruppe gar nicht absprechen, dass sie für die übergeordnete Kategorie prototypisch
ist, und natürlich wird deswegen auch eine Projektion des Eigengruppenprototyps auf die
übergeordnete Kategorie stattfinden―das Interessante ist nur, dass damit nicht
notwendigerweise eine Abwertung der Minderheit einhergeht. Es handelt sich viel mehr um eine
Ignoranz der Existenz und um einen Ausschluss der Minderheit aus der übergeordneten
Kategorie. Mit dieser Form der Diskriminierung geht auch, wie bereits im Abschnitt „Rolle der
Inklusion“ besprochen, ein Ausschluss von Rechten, Privilegien und Ressourcen einher. Als
Beispiel sei hier das Volk der Sorben genannt, die zwar in Deutschland offiziell als Minderheit
anerkannt sind aber trotzdem von einer Vielzahl deutscher nicht ernst genommen werden.
Ich möchte außerdem noch auf die Kategorie „Studenten“ eingehen, da ich durch meine
Fächerkombination Mathematik und Englisch Einblick in zwei grundverschiedene Fachbereiche
habe. Ich denke, dass die übergeordnete Kategorie „Student“ gar nicht so sehr von den studierten
Fächern abhängt, sondern viel mehr mit der Einstellung zum Studium und seinen Implikationen
zusammenhängt.
Einige Gründe für die unterschiedliche Bewertung anderer Studentengruppen lassen sich mit
Eigengruppenprojektion erklären, zum Beispiel: Der unterschiedliche Arbeitsaufwand
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verschiedener Studiengänge wird immer wieder als Grund für eine Abwertung herangezogen,
vor allem in der Variante, in der ein Studium nicht als „vollwertig“ gilt, wenn die Anzahl der
Prüfungen am Ende des Semesters unter der Anzahl der eigenen Prüfungen liegt (Neid spielt
dabei sicherlich auch eine Rolle). Des Weiteren werden oft unterschiedliche Jobchancen und
damit verbundene Bildungsansichten angeführt; Studenten der Geisteswissenschaften werden oft
beschuldigt, „ihre Zeit zu vertrödeln“ und dass ihre Ausbildung Geld koste, welches sie der
Gesellschaft nie „zurückzahlen“. Auf der anderen Seite werden Studenten der
Ingenieurswissenschaften oft beschuldigt, mit „Scheuklappen“ zu studieren und nur auf den
späteren Gewinn aus zu sein, ohne die gesellschaftliche Tragweite einschätzen zu können.
Andererseits kann die Einstellung zu einer Studentengruppe zusätzlich von anderen Faktoren
beeinflusst werden. Eine negative Einstellung gegenüber einer studentischen Fremdgruppe kann
etwa aus einer persönlichen Abneigung gegenüber dem Fachbereich herrühren, die auf deren
Studenten übertragen wird.
Eigengruppenprojektionsmodell: Empirische Belege und kritische Beleuchtung. Müller, A., 2009. 20
Schluss
Obwohl das Eigengruppenprojektionsmodell sehr neu ist und noch relativ wenige Studien
dazu existieren, kann man sagen, dass es theoretisch fundiert und in der Praxis sehr gut
anwendbar ist. Es ist von hoher Bedeutung für Intergruppenbeziehungen, da es Bedingungen
aufzeigt, unter denen Fremdgruppenunterschiede positiv bewertet werden und es ermöglicht so
die gezielte Förderung von Intergruppentoleranz.
Es wäre sicherlich interessant, das Modell noch in einigen weitere Forschungsansätzen zu
betrachten, etwa ob eine Eigengruppenprojektionen auch bei fiktiven übergeordneten Kategorien
oder fiktiven Fremdgruppen auftritt, oder ob die Größe der betrachteten Gruppen einen Einfluss
auf den Prozess hat.
Eigengruppenprojektionsmodell: Empirische Belege und kritische Beleuchtung. Müller, A., 2009. 21
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Selbständigkeitserklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die Seminararbeit selbständig verfasst habe und keine anderen
als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Alle Stellen der Arbeit, die wörtlich
oder sinngemäß aus Veröffentlichungen oder aus anderweitigen fremden Äußerungen
entnommen wurden, sind als solche kenntlich gemacht. Ferner erkläre ich, dass die Arbeit noch
nicht in einem anderen Studiengang als Prüfungsleistung verwendet wurde.
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