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Muss man das Lernen aus Fehlern lernen? Ein Überblick zum Umgang mit Fehlern im Mathematikunterricht Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik Aiso Heinze, IPN Kiel Landesfachtagung Mathematik Plön, 26. November 2010

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Muss man das Lernen aus Fehlern lernen?

Ein Überblick zum Umgang mit Fehlern im Mathematikunterricht

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Aiso Heinze, IPN Kiel

Landesfachtagung MathematikPlön, 26. November 2010

Fehler im Alltag

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

schwerwiegender

Fehler

tödlicher Fehler

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Aus Fehlern

lernt man!

Aspekte der Fehlerkultur im Alltag

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Durch Fehler

wird man klug!

Its not a crime to make a

mistake, but it is a crime if

you don’t learn from it.

Aspekte der Fehlerkultur im Alltag

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Mistakes are the

best teachers!

Drei Wege, Wissen zu erwerben:

1. durch Nachdenken, das ist der

edelste,

2. durch Nachahmen, das ist der

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

2. durch Nachahmen, das ist der

leichteste,

3. durch Erfahrung, das ist der

bitterste.

Konfuzius (551-478 v. Chr.)

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Übersicht

• Was ist ein Fehler?

• Kann man aus Fehlern lernen?

• Empirische Ergebnisse zum Umgang mit Fehlern im Mathematikunterricht

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Fehlern im Mathematikunterricht

• Ein Prozessmodell zum individuellen Lernen aus Fehlern

• Ausblick

In den vergangenen Jahrzehnten wurden in der

Mathematikdidaktik Schülerfehler meistens aus einer

diagnostischen Perspektive betrachtet:

• Identifizierung von Mustern und Regelmäßigkeiten bei

Schülerfehlern (z.B. “Komma trennt”-Fehlerstrategie)

Ein Satz vorweg… die Frage der Perspektive

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Schülerfehlern (z.B. “Komma trennt”-Fehlerstrategie)

• Diagnose der Ursachen

• Entwicklung von adäquaten didaktischen

Interventionsmöglichkeiten zur Förderung.

(z.B. Radatz, 1979; Booth, Johnson, Brown, & Hast, 1984)

„Ein ‚Fehler‘ ist ein von der Norm abweichender

Sachverhalt oder Prozeß, der es überhaupt erst

ermöglicht, den diesem Sachverhalt oder Prozeß

entgegengesetzten richtigen normbezogenen

Sachverhalt in seinen Abgrenzungen zu erkennen.“

Was ist ein Fehler?

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Sachverhalt in seinen Abgrenzungen zu erkennen.“

Oser & Hascher (1996)

Probleme der Fehleridentifikation:

Wie sieht die mathematische Norm im Mathematikunterricht aus?

Gibt es überhaupt die mathematische Norm in

Was ist ein Fehler?

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Gibt es überhaupt die mathematische Norm in dem Mathematikunterricht?

Beispiele (?):

1. Martin sagt: 3 + 4 = 8.

2. Martina sagt: Ein Winkel ist durch zwei Linien mit gemeinsamen Anfangspunkt definiert.

∉2

Was ist ein Fehler?

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

gemeinsamen Anfangspunkt definiert.

3. Karl beweist ℚ :

4. Karla sagt: Zwei Dreiecke, die in ihren Winkelgrößenübereinstimmen, sind kongruent.

∉2 ?2

22

⇒=⇒=x

xx

Ausweg:

Betrachtung von Fehlersituationen statt Fehlern.

Eine Fehlersituation liegt vor, wenn …

Was ist ein Fehler?

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Eine Fehlersituation liegt vor, wenn …

… ein auftretender Fehler (vor der beteiligten Bezugsgruppe) als Fehler identifiziert wird.

Fehler(situationen) sind kontextabhängig!

z.B. Oser et al. (1997)

Häähh!?Wieso sollte ich lernen, wenn ich etwas FALSCH mache?

Lernen aus Fehlern

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

FALSCH mache?

Theorie des negativen Wissens:

Negatives Wissen ist das Wissen darüber, welche Fehler vermieden werden müssen,

Lernen aus Fehlern

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

welche Fehler vermieden werden müssen,damit ein Handlungsablauf gelingt.

Oser et al. (1999)Minsky (1994)

Negatives Wissen hilft, die Grenze zwischen dem Korrekten und dem Nichtkorrekten genauer zu „lokalisieren“.

Wer nur positives Wissen hat, weiß nicht, wo das

Lernen aus Fehlern

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Wer nur positives Wissen hat, weiß nicht, wo das Korrekte aufhört und das Nichtkorrekte anfängt.

Wissen = positives Wissen Wissen = positives Wissen Wissen = positives Wissen Wissen = positives Wissen ∪∪∪∪ negatives Wissennegatives Wissennegatives Wissennegatives Wissen

Der Aufbau von negativem Wissen erfolgt u.a. über

einen konstruktiven Umgang mit Fehlern.

Fehler sind damit integrativer Bestandteil des Lernprozesses.

Lernen aus Fehlern

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Durch Fehler

wird man klug!

Konstruktiver Umgang mit Fehlern

• den Fehler und seine Konsequenzen erkennen (Fehlersensibilität),

• den Fehler verstehen und erklären können (Fehleranalyse),

Lernen aus Fehlern

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

(Fehleranalyse),

• den Fehler korrigieren (Fehlerkorrektur),

• die Entwicklung von Fehlervermeidungs-strategien (Fehlerprävention).

vgl. Oser et al. (1999), Guldimann & Zutavern (1999)

Ist jeder Fehler ein guter Fehler??

• sinnvolle und unsinnige Fehler

(Oser et al.,1999; Weinert, 1999; Hammerer, 2001)

• automatisierte Fehler (z.B. Weinert, 1999)

Lernen aus Fehlern

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

• Fehler in Lernsituationen vs. Fehler in Leistungssituationen (Weinert, 1999; Oser & Spychiger, 2005)

Lernen aus fremden Fehlern?

• Muss man selber Fehler machen oder reicht es, Fehler anderer zu beobachten?

Lernen aus Fehlern

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Ein gebranntes Kind scheut das Feuer.

Gilt das auch für den Freund/die Freundin des gebrannten Kindes?

Süddeutsche Zeitung, 15.10.2010

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Lernen aus fremden Fehlern

Trainingsstudie mit Feuerwehrleuten:

• Nachgewiesene positive Effekte durch videobasierte Fortbildungen, in denen fehlerhafte

Lernen aus Fehlern

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Einsätze analysiert wurden (im Vergleich zu einer Kontrollgruppe). (Joung, Hesketh, & Neal, 2006)

Lernen aus Fehlern im Mathematikunterricht

• Was passiert im Mathematikunterricht?

• Was nehmen Schülerinnen und Schüler wahr?

Empirische Ergebnisse zum Lernen aus Fehlern

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Ergebnisse des Schweizer Projektes zur Fehlerkultur aus Schülersicht (N = 645):

• Lehrerverhalten in Fehlersituationen ist ausschlaggebend für Lernfortschritt

• positive Wahrnehmung der Fehlerkultur in der

Empirische Ergebnisse zum Lernen aus Fehlern

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

“Lernen Menschen aus Fehlern? Zur Entwicklung einer Fehlerkultur in der Schule”, 1996 – 1999.

• positive Wahrnehmung der Fehlerkultur in der Schule, insbesondere des Lehrerverhaltens

• Zurückhaltung bei Auseinandersetzung mit eigenen Fehlern

• Lehrkräfte stehen Fehlersituationen nicht negativ gegenüber, haben aber kaum konkrete Vorstellungen über die Funktion der Fehler im Lernprozess.

• Videoanalysen (10 Mathematikstunden) ergaben, dass in Fehlersituationen überwiegend ein positives Klima

Empirische Ergebnisse zum Lernen aus Fehlern

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Fehlersituationen überwiegend ein positives Klima herrscht, aber nur knapp die Hälfte der Fehlersituationen als lernorientiert eingeschätzt wurde.

“Lernen Menschen aus Fehlern? Zur Entwicklung einer Fehlerkultur in der Schule”, 1996 – 1999.

Durchschnittliche Anzahl von Schülerfehlern in einer Mathematikstunde (Jahrgangsstufe 8)

Empirische Ergebnisse zum Lernen aus Fehlern

Fehler pro StundePlenumsphasen

(Zeitanteil)öffentlichnicht

öffentlich

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

(Zeitanteil)öffentlichöffentlich

Schweiz (N=10) 3.5 1.6 54%

USA (N=30) 4.6 3.2 61%

Italien (N=30) 10.7 0.3 82%

Deutschland (N=22) 4.7 k. D. 73%

(Oser et al., 1999; Heinze, 2004; Santagata, 2005)

KategorieKategorieKategorieKategorie UnterkategorienUnterkategorienUnterkategorienUnterkategorien ProzentProzentProzentProzent

Fehler-erkennung

Lehrer/in 84,8%

Mitschüler/in 15,2%

Empirische Ergebnisse zum Lernen aus Fehlern

Studie Deutschland (Heinze, 2004)

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

erkennungdurch…

Mitschüler/in 15,2%

Schüler/in selbst -

Reaktion bestimmt durch…

Lehrer/in 87,6%

Mitschüler/in 9,5%

Schüler/in selbst 2,9%

KategorieKategorieKategorieKategorie UnterkategorienUnterkategorienUnterkategorienUnterkategorien ProzentProzentProzentProzent

Art der Reaktion

Übergehen 9,5%

Berichtigung 24,8%

Empirische Ergebnisse zum Lernen aus Fehlern

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

ReaktionBerichtigung 24,8%

Klärung 18,1%

Herausforderung 47,6%

KategorieKategorieKategorieKategorie UnterkategorienUnterkategorienUnterkategorienUnterkategorien ProzentProzentProzentProzent

Funktion der

Ergebnisorientierung 50,5%

Empirische Ergebnisse zum Lernen aus Fehlern

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

der Reaktion

Lernfortschritt 48,6%

Disziplinierung 0,9%

Stichprobe

• ca. 1100 Schüler/innen Ende Klasse 7

Empirische Ergebnisse zum Lernen aus Fehlern

Wie schätzen Schülerinnen und Schüler den Umgang mit Fehlern im Mathematikunterricht ein?

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

• ca. 1100 Schüler/innen Ende Klasse 7

• aus 43 Schulklassen verschiedener Gymnasien

(Heinze & Reiss, 2007)

• Individuelles Lernen aus Fehlern

- Fehler, die ich im Mathematikunterricht gemacht habe, schaue ich mir noch einmal genau an.

• Angst vorm Fehlermachen

Empirische Ergebnisse zum Lernen aus Fehlern

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

• Angst vorm Fehlermachen

- Vor der Mathestunde habe ich manchmal Angst, dass ich während des Unterrichts Fehler machen könnte.

- Ich schäme mich im Mathematikunterricht, wenn ich vor der Klasse Fehler mache.

Likert-Skala:

stimmt gar nicht - stimmt kaum - stimmt weitgehend - stimmt genau

• Lehrerverhalten affektiv

- Bei uns hat man im Mathematikunterricht das Gefühl, man dürfe keinen Fehler machen, weil unser Lehrer es nicht gerne sieht.

Empirische Ergebnisse zum Lernen aus Fehlern

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

• Lehrerverhalten kognitiv

- Wenn ich im Mathematikunterricht etwas falsch mache, geht mein Lehrer auf eine Art und Weise damit um, dass ich etwas dazu lernen kann.

Likert-Skala:

stimmt gar nicht - stimmt kaum - stimmt weitgehend - stimmt genau

Mittelwerteind. Lernen aus Fehlern

pos. LehrerverhaltenAngst vor

Fehlernaffektiv kognitiv

Hauptstudie(N=1100)

2,44 3,03 2,74 1,82

Empirische Ergebnisse zum Lernen aus Fehlern

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Mittelwert der Skala: 2,5

(N=1100)

Schweiz (N=295)

2,78 3,42 1,78

1=stimmt gar nicht, 2=stimmt kaum, 3=stimmt weitgehend, 4=stimmt genau

180

160

140

120

100

80

Empirische Ergebnisse zum Lernen aus Fehlern180

160

140

120

100

80

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

4,00

3,75

3,50

3,25

3,00

2,75

2,50

2,25

2,00

1,75

1,50

1,25

1,00

60

40

20

0

Angst vorm Fehlermachen

1=stimmt gar nicht, 2=stimmt kaum, 3=stimmt weitgehend, 4=stimmt genau

4,00

3,75

3,50

3,25

3,00

2,75

2,50

2,25

2,00

1,75

1,50

1,25

1,00

60

40

20

0

Ind. Lernen aus Fehlern

140

120

100

80

60

Empirische Ergebnisse zum Lernen aus Fehlern

140

120

100

80

60

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

pos. Lehrerverhalten kognitiv

4,00

3,75

3,50

3,25

3,00

2,75

2,50

2,25

2,00

1,75

1,50

1,25

1,00

60

40

20

0

1=stimmt gar nicht, 2=stimmt kaum, 3=stimmt weitgehend, 4=stimmt genau

4,00

3,75

3,50

3,25

3,00

2,75

2,50

2,25

2,00

1,75

1,50

1,25

1,00

60

40

20

0

pos. Lehrerverhalten affektiv

Klassenunterschiede

4,0

3,5

3,0

2,5

2,0

4,0

3,5

3,0

2,5

2,0

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

individuelles Lernenaus Fehlern

Angst vorm Fehlermachen

Klassen

2,0

1,5

1,0

Klassen

2,0

1,5

1,0

1=stimmt gar nicht, 2=stimmt kaum, 3=stimmt weitgehend, 4=stimmt genau

4,0

3,5

3,0

2,5

4,0

3,5

3,0

2,5

Klassenunterschiede

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Lehrerverhalten affektiv Lehrerverhalten kognitiv

Klassen

2,0

1,5

1,0

Klassen

2,0

1,5

1,0

1=stimmt gar nicht, 2=stimmt kaum, 3=stimmt weitgehend, 4=stimmt genau

Wann ist das Fehlermachen im MU verboten/erlaubt?

Typische Situationen im Mathematikunterricht (außer

Klassenarbeiten, Tests), in denen keine Fehler gemacht

werden dürfen, sind:

_____________________________________________

Empirische Ergebnisse zum Lernen aus Fehlern

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Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Typische Situationen im Mathematikunterricht, in denen

man auch mal was Falsches sagen darf, sind:

_____________________________________________

benannte Situationen (N = 1006 Schüler/innen):

verboten: 527 erlaubt: 969

FehlerFehlerFehlerFehler sindsindsindsind verbotenverbotenverbotenverboten

KategorieKategorieKategorieKategorie AnzahlAnzahlAnzahlAnzahl

“alte” Inhalte, Wiederholungen, Basiswissen 270

kaum eine Situation 144

an der Tafel 107

Empirische Ergebnisse zum Lernen aus Fehlern

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Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

an der Tafel 107

Haus- & Übungsaufgabe, Unterrichtsbeiträge 71

soziale, affektive Aspekte 67

Fehler sind immer verboten 23

leichte Aufgaben 22

Anzahl der antwortenden Schüler/innen 527

FehlerFehlerFehlerFehler sindsindsindsind erlaubterlaubterlaubterlaubt

KategorieKategorieKategorieKategorie AnzahlAnzahlAnzahlAnzahl

neue Inhalte 850

Hausaufgaben 360

fast immer 257

Empirische Ergebnisse zum Lernen aus Fehlern

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fast immer 257

Übungsaufgaben, bei Fragen 180

Aufrufen, Melden 105

schwere Aufgaben, Herausforderungen 64

Fehler sind nie erlaubt 46

Anzahl der antwortenden Schüler/innen 969

Im Mathematikunterricht…

• … kommen öffentliche Fehler eher selten vor

• … ist der Umgang mit Fehlern klar durch die Lehrkraft dominiert

• … sind die Schülerinnen und Schüler oft in der Lage,

Ergebnisse - Zusammenfassung

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Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

• … sind die Schülerinnen und Schüler oft in der Lage, die Fehler selbst zu beheben

Die Lernenden sehen die Fehlerkultur differenziert:

• kaum Angst vorm Fehlermachen; Lehrerverhalten diesbezüglich weitgehend positiv

• individueller Umgang mit Fehlern ist verbesserungsfähig; Lehrerverhalten diesbezüglich

Ergebnisse - Zusammenfassung

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verbesserungsfähig; Lehrerverhalten diesbezüglich scheint ausbaufähig zu sein (starke Klasseneffekte)

• Fehler beim Erlernen neuer Inhalte sind erlaubt; Fehler bei bereits behandelten Inhalten werden als verboten angesehen

Beste Voraussetzungen bei Lernenden:

• keine Angst vor dem Fehlermachen

• positive Sicht auf das Verhalten der Lehrkräfte

• differenzierte Wahrnehmung von Lern- und

Ausgangslage zum Lernen aus Fehlern im MU

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• differenzierte Wahrnehmung von Lern- und Leistungssituationen

aber:

• individuelle Nutzung von Fehlern eher gering

• Unterstützung durch Lehrkräfte dabei ausbaufähig

• Positive Fehlerkultur, d.h. einfaches Thematisieren von Fehlern (Identifikation und Klärung/Korrektur) nicht ausreichend?

Muss man das Lernen aus Fehlern vielleicht lernen?

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nicht ausreichend?

• Weitere instruktionale Maßnahmen zum Erwerb der Kompetenz „Lernen aus Fehlern“ notwendig?

Fehleridentifikation

Prozessmodell zum Lernen aus Fehlern

Fehleranalyse

Fehlerkorrektur Fehler(ursache) erklären

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Produktorientierung/

Performanzorientierung

Fehlerkorrektur Fehler(ursache) erklären

Fehler in Zukunft vermeiden

Prozessorientierung/

Kompetenzorientierung

Interventionen im regulären Mathematikunterricht

Intervention 1:

Unterrichtselemente, die das Analysieren und Erklären

von (fremden) Fehlern thematisieren und üben, sowie

das zukünftige Vermeiden dieser Fehler behandeln.

Intervention 2:

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Intervention 2:

Fehler werden im Unterricht (in Lernsituationen!) positiv

besetzt, indem sie als Lerngelegenheiten dargestellt und

behandelt werden. Keine speziellen Übungsphasen zum

Umgang mit Fehlern.

Kontrollgruppe: normaler Unterricht

Mögliches Aufgabenbeispiel für Intervention 1:

Frank erklärt seinem Freund:

„Für jede Zahl x gilt, dass -x negativ ist, also -x < 0.“

1. Was meinst du zu Franks Aussage?

Interventionen im regulären Mathematikunterricht

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

- - - - - - - - -

2. Kannst du erklären, wie er darauf kommt?

- - - - - - - - -

3. Welchen Tipp kann man Frank geben, damit er den Fehler nicht noch einmal macht?

Fehleridentifikation

Fehleranalyse

Fehlerkorrektur Fehler(ursache) erklären

Franks Aussage stimmt nicht, da -x auch positiv sein

kann , z.B. bei x = -1

Interventionen im regulären Mathematikunterricht

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel

Aiso Heinze, Abteilung Didaktik der Mathematik

Fehlerkorrektur Fehler(ursache) erklären

Fehler in Zukunft vermeiden

Für eine Zahl x ist -x• negativ, falls x > 0• positiv, falls x < 0• weder positiv noch

negativ, falls x = 0

Frank denkt wohl, dass negative Vorzeichen immer auf negative Zahlen hinweisen.

z.B. Frank sollte prüfen, ob die Zahl mit dem negativen Vorzeichen positiv oder negativ ist.

Wichtig:

• Es geht primär nicht darum, dass die Lernenden

konkrete Rezepte oder Strategien lernen, um konkrete

Fehler zu vermeiden (Frank sollte prüfen, ob die Zahl…).

Interventionen im regulären Mathematikunterricht

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• Ziel der Intervention ist, das Verhalten der Lernenden

gegenüber eigenen Fehlern zu verändern, damit sie

über Fehlerursachen und Vermeidungsstrategien

überhaupt nachdenken.

Design, Stichprobe und Instrumente

Stichprobe:

29 Experimentalklassen der Jahrgangsstufen 6-9,

darunter Klassen mit „Vorerfahrungen“ in der

Fehlerkultur; zusätzlich Kontrollklassen

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Anzahl Klassen Lernen aus Fehlern Fehlerkultur

mit Vorerfahrung 5 2

ohne Vorerfahrung 9 13

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