ein versuch, martin heideggers «schwarze hefte» zu lesen_ das schwarz der seele - literatur und...
DESCRIPTION
Druckversion - S.P.O.NTRANSCRIPT
![Page 1: Ein Versuch, Martin Heideggers «Schwarze Hefte» Zu Lesen_ Das Schwarz Der Seele - Literatur Und Kunst Nachrichten - NZZ](https://reader035.vdocuments.net/reader035/viewer/2022080222/55cf8f5d550346703b9b9a7e/html5/thumbnails/1.jpg)
29/03/15 Ein Versuch, Martin Heideggers «Schwarze Hefte» zu lesen: Das Schwarz der Seele - Literatur und Kunst Nachrichten - NZZ.ch
www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/literatur-und-kunst/das-schwarz-der-seele-1.18282498 1/5
LITERATUR UND KUNST
Ein Versuch, Martin Heideggers «Schwarze Hefte» zu lesen
Uwe Justus Wenzel 12.4.2014, 05:30 Uhr
Das Schwarz der Seele
Hans Jonas, einer von Martin Heideggers jüdischen Schülern, sprach einst, auf den
Lehrer gemünzt, von dem Rätsel, «dass man ein Denker sein kann und dabei ein
niedriger Mensch». Mit der Publikation der «Schwarzen Hefte», die einige abstossende
antisemitische Passagen enthalten, wird das Rätsel kaum weniger rätselhaft.
Ist es eine Sage, ein Mythos, ist es gar eine Heilsgeschichte, die da erzählt wird?
– Es ist die Rede von dem «Ende der Geschichte des grossen Anfangs des
abendländischen Menschen». An jenem Anfang sei dieser Mensch «zur
Wächterschaft des Seyns berufen» worden. Wer einst rief, wird nicht gesagt;
auch nicht, was ein Wächter des «Seyns» bei der Ausübung seines Amtes
näherhin zu tun habe. In dem Ypsilon, das das normalsterbliche «i» ersetzt,
schimmert womöglich das Geheimnis der Berufung. Gelüftet hat es der
Berufene, wie es scheint, nicht. Er hat den Ruf zwar gehört, so darf man
vermuten, ihn aber nicht ganz verstanden. Jedenfalls hat er, so geht die Sage
weiter, die Berufung in einen «Anspruch» umgedeutet, in eine Eigenmacht, aus
der ein «machenschaftliches Unwesen» hervorgegangen ist – so etwas wie ein
alles verschlingendes Ungeheuer oder ein Dämon, der die ganze Welt in seinen
Bann schlägt und alles in ein Gemächsel verwandelt, in einen Bestand, mit dem
er nach Gutdünken schalten und walten zu können glaubt.
Phantasie – und Phantasma
Und ebendies – die angemasste Herrschaft des «jetzigen Menschen», der gar
nicht bemerkt, dass er von dem «Unwesen», das er in seiner Hybris
hervorgebracht hat, selbst beherrscht wird – ist das unrühmliche, aber
notwendige Ende der Geschichte, die mit der Berufung des abendländischen
Menschen ins Wächteramt so «gross» begonnen hatte. Doch damit ist die Sage
noch nicht zu Ende. Die Abend- wird nämlich zur Morgendämmerung: Das Ende
ist «kein Aufhören, sondern ein eigenes Beginnen» – eines indes, das «sich
12.4.2014, 05:30 Uhr
Heidegger im Jahr 1938, vom Nationalsozialismus abgerückt, aber von Phantasmen heimgesucht. (Bild: DLA Marbach)
Zur Beta-Version der NZZ-Website wechseln
NZZ.CH
![Page 2: Ein Versuch, Martin Heideggers «Schwarze Hefte» Zu Lesen_ Das Schwarz Der Seele - Literatur Und Kunst Nachrichten - NZZ](https://reader035.vdocuments.net/reader035/viewer/2022080222/55cf8f5d550346703b9b9a7e/html5/thumbnails/2.jpg)
29/03/15 Ein Versuch, Martin Heideggers «Schwarze Hefte» zu lesen: Das Schwarz der Seele - Literatur und Kunst Nachrichten - NZZ.ch
www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/literatur-und-kunst/das-schwarz-der-seele-1.18282498 2/5
selbst in seiner Wahrheit entzogen bleibt». Es liegt, heisst es, in dem Ende des
«grossen Anfangs» ein «anderer Anfang» beschlossen; unter einem
endzeitlichen «grauen Abschaum» ist eine Geschichte des Seins «verborgen» –
die eigentliche Geschichte, die von der oberflächlich registrierten «Historie»
verschieden, aber nicht getrennt ist. Jener vom «Seyn» abgefallene Mensch, so
verheisst diese eigentliche Geschichte, vermag «gerettet» zu werden. Er würde
dann, so lässt sich erahnen, in sein Wächteramt wieder eingesetzt. Ohne einen
«Kampf» jedoch, auch das wird uns bedeutet, kann der «Übergang in den
anderen Anfang», die Rückverwandlung der «Machenschaft» in die
«Wächterschaft», nicht vonstattengehen.
So – so ungefähr – steht es in einem der schwarzgewandeten Notizhefte Martin
Heideggers, deren Inhalt nun ediert worden ist, in den «Überlegungen VIII», die
der Philosoph 1938/39 zu Papier gebracht hat. Es ist eine von zahllosen kleinen
Skizzen zu einer grossen Erzählung von Aufgang und Untergang und erneutem
Aufgang des «Seyns» und des «Menschentums», die zugleich sichtbar zu
machen prätendiert, «was jetzt geschieht». Hatte Philosophie, so mag man sich
angesichts einer von abstrakten Fabelwesen oder fabelhaften Abstrakta
bevölkerten Szenerie fragen, den Mythos nicht längst abgestreift? In einem
späteren Heft findet sich ein Hinweis darauf, dass Sage und Denken nicht durch
Welten voneinander getrennt sein müssen: «Will man schon das Denken
‹abstrakt› nennen, im Unterschied zur Anschauung, der es alles sinnlich
Erblickbare abgezogen, dann muss man auch wissen, dass es eine Phantasie der
Begriffe gibt, die noch die dichterische Einbildungskraft der Dichter übersteigt.»
Wo Phantasie waltet, kann freilich auch ein Phantasma Gestalt annehmen. In
der geschichtsphilosophischen Einbildungskraft der «Überlegungen VIII»
irrlichtert ein solches Phantasma: «das Judentum». Es ist dies, soweit
ersichtlich, die erste Stelle in den «Schwarzen Heften», an der Heidegger auf
antisemitische Stereotype zurückgreift und «das Judentum» beim Namen
nennt. Zunächst spricht er – dunkel – davon, dass denen, «die ausersehen
sind», jenes Ende der Geschichte «in seinen endlichsten Formen (d. h. des
Riesigen) zu beginnen», versagt sei, zu wissen, was da geschehe. Wenige Zeilen
später erläutert er: «Eine der verstecktesten Gestalten des Riesigen und
vielleicht die älteste ist die zähe Geschicklichkeit des Rechnens und Schiebens
und Durcheinandermischens, wodurch die Weltlosigkeit des Judentums
gegründet wird.» Kurz zuvor ist die Rede von der «Bodenlosigkeit», die, «an
nichts gebunden, alles sich dienstbar macht (das Judentum)».
«Das Judentum» verkörpert mithin für Heidegger jenes «machenschaftliche
Unwesen», das nach dem Abfall des «abendländischen Menschen» von seinem
Ursprung – vom «Seyn» – die Erde erobert, in besonderer Weise. Dieses
Phantasma findet den Weg ins geschriebene, ausdrückliche Wort nicht in den zu
Lebzeiten veröffentlichten Schriften des Philosophen und, wie es aussieht, auch
in den erst postum publizierten (unvollendeten) Werken sowie in den
Manuskripten zu den Vorlesungen nicht. Nur in den «Schwarzen Heften», deren
Schwarz sich nun mit einer schwarzen Seele ihres Autors assoziiert, hat
Heidegger ihm Sprache geliehen. (Abgesehen von vereinzelten Herabsetzungen
des Judentums oder der Juden in Briefen und in Gutachten aus der Zeit des
Rektorats 1933/34, die allerdings nicht im Kontext eines philosophischen
Gedankengangs auftauchen.)
![Page 3: Ein Versuch, Martin Heideggers «Schwarze Hefte» Zu Lesen_ Das Schwarz Der Seele - Literatur Und Kunst Nachrichten - NZZ](https://reader035.vdocuments.net/reader035/viewer/2022080222/55cf8f5d550346703b9b9a7e/html5/thumbnails/3.jpg)
29/03/15 Ein Versuch, Martin Heideggers «Schwarze Hefte» zu lesen: Das Schwarz der Seele - Literatur und Kunst Nachrichten - NZZ.ch
www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/literatur-und-kunst/das-schwarz-der-seele-1.18282498 3/5
Repräsentation der «Machenschaft»
In diesen Heften, die er von 1931 bis in die frühen 1970er Jahre hinein führte
und die er selbst – aus nicht aktenkundigen Gründen – zur Veröffentlichung im
Rahmen der Gesamtausgabe seiner Schriften bestimmte, ist das antisemitische
Ressentiment augenscheinlich nicht vor 1938 durchgeschlagen. Erst zu einer
Zeit also, als Heideggers anfängliche Begeisterung für den «Aufbruch» von 1933
längst verflogen und der Nationalsozialismus samt dem biologisch grundierten
Rassismus Anlass zu einer auch in Vorlesungen vorgetragenen Kritik bot (einer
vorsichtigen und nicht unzweideutigen, die sich gelegentlich maskierte) – erst in
dieser Phase scheinen «die Juden» und «das Judentum» in Heideggers
epochendiagnostischem Denken eine sichtbare Rolle zu spielen. Sie treten, das
darf man, um der Korrektheit die Ehre zu geben, sagen, eher selten in
Erscheinung. Etwa ein gutes Dutzend Mal auf rund siebenhundertzwanzig
Druckseiten, die die Edition der «Schwarzen Hefte» der Jahre 1938 bis 1941
zählt.
Antisemitische Klischees werden seinsgeschichtlich geadelt, wenn Heidegger
den Grund für die «zeitweilige Machtsteigerung des Judentums» darin erkennen
zu können glaubt, dass «die Metaphysik des Abendlandes, zumal in ihrer
neuzeitlichen Entfaltung, die Ansatzstelle bot für das Sichbreitmachen einer
sonst leeren Rationalität und Rechenfähigkeit, die sich auf solchem Wege eine
Unterkunft im ‹Geiste› verschaffte . . .» – Perfide wird insinuiert, die Juden
seien an ihrer Verfolgung selbst schuld: «Die Juden ‹leben› bei ihrer betont
rechnerischen Begabung am längsten schon nach dem Rasseprinzip, weshalb sie
sich auch am heftigsten gegen die uneingeschränkte Anwendung zur Wehr
setzen.»
Solche Niedertracht ist das dunkle Reversbild der geschichtsphilosophischen
These, im Zeitalter der «Machenschaft» (das mit demjenigen der «Metaphysik
des Abendlandes» mehr oder weniger deckungsgleich ist) sei es nur folgerichtig,
die biologische «Rasse» und deren «Züchtbarkeit» zum «Prinzip» zu erheben, da
die «Macht der Machenschaft» das Seiende «nach allen seinen Bereichen in die
planhafte Berechnung niederzwingen» müsse. In diesem diagnostischen
Zwielicht rücken die Juden und ihre nationalsozialistischen Verfolger beinahe
ununterscheidbar nahe zusammen. Sie sind beide für Heidegger
seinsgeschichtlich desselben Wesens oder vielmehr desselben Unwesens.
Und nicht nur sie. In einem Passus der «Überlegungen XIII», die ab 1939
entstanden sind, stuft Heidegger den Bolschewismus als Ausprägung der «in
ihrem Beginn westlich bestimmten Neuzeit» ein – ebenso wie den «autoritären
‹Sozialismus› (in den Abwandlungen des Faschismus und
Nationalsozialismus)». Ernst Nolte hätte es gewiss gerne zitiert:
Nationalsozialismus und Bolschewismus «sind metaphysisch dasselbe». Sie sind
beide, auf verschiedene Weise zwar, so liest man etwas später, «errechneter
Verbrauch von Volkstümern». Nach dem 22. Juni 1941 (das Datum vermerkt
Heidegger), dem Tag des nazideutschen Angriffs auf die Sowjetunion, werden
dann Bolschewismus und «Weltjudentum» in «metaphysische» Verbindung
gebracht – sowie «Amerikanismus» und England, welch Letzteres in Heideggers
Urteil ebenfalls «ohne abendländische Haltung ist».
![Page 4: Ein Versuch, Martin Heideggers «Schwarze Hefte» Zu Lesen_ Das Schwarz Der Seele - Literatur Und Kunst Nachrichten - NZZ](https://reader035.vdocuments.net/reader035/viewer/2022080222/55cf8f5d550346703b9b9a7e/html5/thumbnails/4.jpg)
29/03/15 Ein Versuch, Martin Heideggers «Schwarze Hefte» zu lesen: Das Schwarz der Seele - Literatur und Kunst Nachrichten - NZZ.ch
www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/literatur-und-kunst/das-schwarz-der-seele-1.18282498 4/5
Das mutet aberwitzig an, hat aber in Heideggers Weltbild seine eigene «Logik».
Um sie in Umrissen zu erkennen, gilt es, sich vor Augen zu halten, dass der
Geschichtsdeuter Heidegger nicht nur zwischen Nationalsozialismus und
«Deutschtum», sondern – zumindest probeweise – auch zwischen
Bolschewismus und «Russentum» unterscheidet. Auf beide «Volkstümer»,
obgleich sie von zwei Ausprägungen desselben «machenschaftlichen Unwesens»
vernutzt werden, wartet offenbar die geschichtliche Aufgabe, in einem
verborgenen Zusammenspiel (von Hölderlin und Dostojewski?) die
Rückverwandlung des «abendländischen Menschen» von einem «Subjekt» in
einen «Wächter» vorzubereiten. 1931 hielt Heidegger in einem der nicht wenigen
autosuggestiven Notate noch dies für wahr: «Der Deutsche allein kann das Sein
ursprünglich neu dichten und sagen . . .»
Der allerletzte, ins Mirakulöse verschwebende Satz der «Überlegungen», zehn
Jahre später niedergeschrieben, lautet: «Im Russentum findet die vollendete
Metaphysik die gemässe Stätte ihrer Rückgeburt. Von da kommt sie dereinst als
Gegenwurf dem Anfang entgegen.» Die Griechen, denen die Geburt des
«abendländischen Menschen» in Heideggers Kosmogonie zu verdanken ist,
spielen bei dessen «Rückgeburt» anscheinend keine Rolle mehr.
Die Frage nach der Rolle, die der Weltkulturkampf-Regisseur dem
«Weltjudentum» bei der «nächsten geschichtlichen Entscheidung» zudenkt, ist
nach seiner eigenen Auskunft «keine rassische, sondern die metaphysische
Frage nach der Art von Menschentümlichkeit, die schlechthin ungebunden die
Entwurzelung alles Seienden aus dem Sein als weltgeschichtliche ‹Aufgabe›
übernehmen kann». Peter Trawny, der Herausgeber der «Schwarzen Hefte»,
charakterisiert in einer klugen und lesenswerten Studie mit dem Titel
«Heidegger und der Mythos der jüdischen Weltverschwörung», den sich
manifestierenden Antisemitismus Heideggers als einen «seinsgeschichtlichen».
Verschworene Seinsmächte
Ob Heidegger sich bei der Lektüre der «Protokolle der Weisen von Zion» – der
antisemitischen Fiktion einer jüdischen Weltverschwörung – gewissermassen
infiziert hat, mag auf sich beruhen. Für die philosophische Beurteilung des
Heideggerschen Denkens, wie es sich in den «Schwarzen Heften» der Jahre 1931
bis 1941, aber auch in den parallel entstandenen Vorlesungs- und
Buchmanuskripten präsentiert, wäre eine Frage womöglich von grösserem
Interesse: Lädt das seinsgeschichtliche Denken, sozusagen an sich selbst –
seiner Anlage nach –, zu Mythenbildungen und Verschwörungstheorien ein?
Mächte – Seins- und Wesensmächte – aller Art werden in Heideggers
geschichtsphilosophischen Epochendiagnosen nicht selten evoziert;
grossformatige, kollektive Akteure und Meta-Subjekte betreten die dunkel
leuchtende Geschichtslandschaft, bisweilen phantastisch abstrakte, oft aber jene
phantasmatischen «Volkstümer», die sich in ihrer – ihnen angedichteten –
Schicksalhaftigkeit nur wenig von den biologisch gedachten «Rassen»
unterscheiden, von denen Heidegger sie aber abgrenzen zu können glaubt.
Der entscheidende Regiegedanke bei der Inszenierung und Führung dieser
Figuren ist stets der «Kampf» oder der «Streit», der «pólemos» des Heraklit.
![Page 5: Ein Versuch, Martin Heideggers «Schwarze Hefte» Zu Lesen_ Das Schwarz Der Seele - Literatur Und Kunst Nachrichten - NZZ](https://reader035.vdocuments.net/reader035/viewer/2022080222/55cf8f5d550346703b9b9a7e/html5/thumbnails/5.jpg)
29/03/15 Ein Versuch, Martin Heideggers «Schwarze Hefte» zu lesen: Das Schwarz der Seele - Literatur und Kunst Nachrichten - NZZ.ch
www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/literatur-und-kunst/das-schwarz-der-seele-1.18282498 5/5
COPYRIGHT © NEUE ZÜRCHER ZEITUNG AG - ALLE RECHTE VORBEHALTEN. EINE WEITERVERARBEITUNG, WIEDERVERÖFFENTLICHUNG ODERDAUERHAFTE SPEICHERUNG ZU GEWERBLICHEN ODER ANDEREN ZWECKEN OHNE VORHERIGE AUSDRÜCKLICHE ERLAUBNIS VON NEUEZÜRCHER ZEITUNG IST NICHT GESTATTET.
Martin Heideggers «Schwarzen Hefte»
Wie soll man Heidegger nochlesen? 11.4.2014, 17:57 Uhr
Wie soll man Heidegger noch lesen?
Das Verhängnis des Philosophen 12.4.2014, 05:30 Uhr
Wie soll man Heidegger noch lesen?
Nicht alles hat mit allem zu tun 12.4.2014, 05:30 Uhr
Heideggers Briefwechsel mit den Eltern
Ein familiär gestimmter Philosoph 15.7.2014, 08:20 Uhr
Heidegger will den «Vater aller Dinge» allerdings nicht mit «Krieg» übersetzt
wissen. Das «Wesen des Kampfes» nämlich – so redet sich der Philosoph zwei
Jahre nach «Ausbruch» des Zweiten Weltkrieges ein – sei, «dass er als
Auseinandersetzung nicht vernichtet, sondern den Gegner in die höhere
Möglichkeit seines Wesens rettet». Was auch immer der Mythologe Heidegger
darunter des Näheren verstanden haben mag: Dem Judentum als phantasiertem
– phantasmatischem – Gegner der abendländischen «Besinnung» hat er nicht
einmal diese Möglichkeit zugestanden.
Martin Heidegger: Gesamtausgabe Band 94: Überlegungen II–VI (Schwarze Hefte 1931–1938). Vittorio Klostermann,
Frankfurt am Main 2014. 536 S., Fr. 88.90. Ders.: Gesamtausgabe Band 95: Überlegungen VII–XI (Schwarze Hefte
1938/39). Ebd. 2014. 455 S., Fr. 63.90. Ders.: Gesamtausgabe Band 96: Überlegungen XII–XV (Schwarze Hefte 1939–
1941). Ebd. 2014. 285 S., Fr. 51.–. Peter Trawny: Heidegger und der Mythos der jüdischen Weltverschwörung. Ebd.
2014. 106 S., Fr. 19.90.