einblick 1/2007: high tech - no rights?

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Redaktion: Chantal Peyer und Céline Füri HIGH TECH – NO RIGHTS? KAMPAGNE FÜR FAIR HERGESTELLTE COMPUTER EinBlick Nr. 1/2007

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Chantal Peyer und Céline Füri. Die Broschüre zeigt, warum die Kampagne für fair hergestellte Computer so wichtig ist.

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Redaktion: Chantal Peyer und Céline Füri

HigH TecH – No RigHTs?KampagNe füR faiR HeRgesTellTe compuTeR

einBlick Nr. 1/2007

inhalt

impressum

Herausgeber: Brot für alle/Fastenopfer,Bern/Lausanne/Luzern,Februar2007

Redaktion: ChantalPeyerundCélineFüri

Übersetzung: AusdemFranzösischen:MatthiasDörnenburg,PatrickFrei

Grafik: AdvicoYoung&Rubicam,Zürich-Gockhausen

Bestellungen: Brot für alle,Monbijoustrasse29,Postfach5621,3001Bern

Fastenopfer,Alpenquai4,Postfach2856,6002Luzern

Telefon0412275959,Fax0412275910,[email protected]

Preis: CHF9.–

editorial 3 HighTech–NoRights?

Kapitel i sonderwirtschaftszonen: eine Welt mit zwei gesichtern 4–7Gesucht:Arbeiterin,jung,alleinstehend,anspruchslos

Kapitel ii Der Blick hinter den Bildschirm 8–15 Arbeitszeiten:FlexibilitätumjedenPreisLöhne:AufTauchstation6000TastaturenfüreinenHungerlohnSicherheitamArbeitsplatz:Vorsichtgiftig!Gewerkschaften:ImOffsideVerträge:UnsicherheitalsRegel

Kapitel iii Von peking nach genf: eine globalisierte industrie 16–19Schnellerundbilliger

Kapitel iVWas tun? 20–27Verhaltenskodex:BlossPolitur?Mobilisierung:DerDruckvonuntenNichtregierungsorganisationenundGewerkschaften:EinePartnerschaftmitvielenSynergienVerbesserungennotwendig:Was Brot für alleundFastenopferfordern

Telefon0313806565,Fax0313806564, [email protected]

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HinterderFassadederinnovativenCompu-terindustrieverstecktsicheineArbeitgeber-mentalitätauseinemanderenJahrhundert.DiejungenFrauen,welcheunsereComputerherstellen,arbeitenoft12StundenamTag,siebenTagedieWoche,mehrereWochenhin-tereinander.IhrStundenlohnbeträgtknapp50RappenundihreArbeitsstellensindunsi-cher und gefährlich. Giftige Chemikalienbedrohen ihre Gesundheit. Millionen vonFraueninChinasComputerindustriehabenkeinenArbeitsvertrag.Dasbedeutet,dasssiesichillegalindenProduktionszonenaufhal-tenund sichnicht für ihreRechtewehrenkönnen.DieseTatsachenbestätigteineneueFeldstudiewelchedieWerkeBrot für alleundFastenopfer inAuftraggegebenhaben,umdieSituationinChina,ThailandundaufdenPhilippinenzuuntersuchen.VonderunmenschlichenSituationprofitierendiegrossenComputermarkenwieHewlett-Packard, Dell, Acer, Apple und FujitsuSiemens. In der globalisierten Produktionkaufen sie die nötigen Bestandteile, Lauf-werke,FestplattenundChipsvonverschie-denstenZulieferer-FirmeninChina,Taiwan,ThailandoderaufdenPhilippinen.Dabeiistihnenbekannt,dassdieseFirmenunterMiss-

achtunggeltendernationalerundinternatio-nalerArbeits-undUmweltgesetzeundaufKostenderMenschen,ihrerGesundheitundihrerRechteproduzieren.Brot für alleundFastenopfersetzensichfürdieWahrungderMenschenrechteein.UnterdengegebenenUmständensindjedochsozialeGerechtigkeitundnachhaltigeEntwicklungunmöglich.«Wirglauben.Arbeitmussmen-schenwürdigsein.»DieserSloganformuliertdie Grundhaltung von Brot für alle undFastenopfer.DieWerkeverlangendenRe-spektderMenschenrechte.DieWahrungderMenschenrechte fordert einen mehrfachenEinsatz:VonKonsumentinnenundKonsu-menten,dasssienichtaufgrundderSchnäpp-chenjagddieMenschenrechtevergessenunddasssieethischsauberhergestellteComputerfordern. Von den grossen Markenfirmen,dass sie ihre soziale und umweltpolitischeVerantwortung wahrnehmen. Von betrof-fenen Staaten, dass sie die internationalenRegelwerke von UNO und ILO umsetzenund ausländische Investoren nicht mit ge-setzeswidrigenPraktikenanlocken.WirladenSieeinzueinenBlickhinterdenBildschirmundzumkritischenHandeln.

editorial

MigesBaumannLeiterEntwicklungspolitikBrot für alle

MatthiasDörnenburgLeiterMarketing,Kommunikation,BildungFastenopfer

PS: Alle Namen der Arbeiterinnen und Arbeiter in dieser Broschüre wurden zu deren Schutz geändert.

High Tech – No Rights?

Technologiepark der Stadt Zhongshan in China. © Chantal Peyer

Schlafsaal in einer Unterkunft für Abeiterinnen. © Chantal Peyer

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Die Stadt Zhongshan liegt im Süden derVolksrepublikChina.SieistTeilderIndus-triezone«PearlRiverDelta».InnerhalbderletztenzehnJahrewurdesiezurwichtigstenSonderwirtschaftszonederElektronikindus-trie. Hier rauchen keine Industrie-SchloteundessindauchkeineschweissüberströmtenArbeiterinnen und Arbeiter zu sehen. DieAlleendesTechnoparkssindsaubergeputztunddieBäumesorgfältiggeschnitten.Umdieganze Wirklichkeit dieser eigenen Welt zuverstehen,mussdasAugegenauerhinsehen.Es muss hinter die winzigen Fenster derSchlafsäleschauen,diemittrocknendenKlei-

dernverhängtsind.Esmussbemerken,wiejungdieArbeiterinnenundArbeitersind,dieindenStrassenzurArbeiteilen.EsmussdenMauern,welchedenTechnoparkumgeben,entlang schweifen und die gut bewachtenPortalewahrnehmen.Seit1979gibtes inChina«spezielleWirt-schaftszonen».DerdamaligePräsidentDengXiaopingbefand,dassesnotwendigsei,«La-boratorienfürReformen»zuschaffen,umdasKnow-howneuerTechnologieneinzufüh-renundzuentwickeln.SeitdiesemBeschlusswurden Hunderte von Schlaf-Städten ausdemBodengestampft.Shenzen,diebekann-

sonderwirtschaftszonen: eine Welt mit zwei gesichtern

Die meisten produktionsstätten der elektronikindustrie in entwicklungsländern befinden sich in sonderwirtschaftszonen. Diese Zonen dienen hauptsächlich dazu, ausländischen investoren ein optimales Wirtschaftsumfeld zu bieten. Die arbei­terinnen und arbeiter leiden unter den auswirkungen eines rechtsfreien Raums.

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testeallerSonderwirtschaftszonen,wareinFischerdorf.MitderErrichtungvon70Hä-fenund50Wohnvierteln,dieüber210000Telefonleitungenmit der ganzenWelt ver-bundensind,wurdeShenzenzumSymboldesneuen,industriellenChinas.EinChinaoffenfür Innovation und ausländische Investi-tionen, indemdieBusiness-QuartiereundEinkaufsstrassenimkrassenKontrastzumAlltagderArbeiterinnenundArbeiterstehen.DieselebenunterdauernderÜberwachung,inengenSchlafsälenmit8bis15Betten,miteinerDuschgelegenheitproEtage,ohneeinenpersönlichenSchrankoderAufenthaltsraum.ZentralerAntriebdieserWirtschaftszonenistdieElektronikindustrie.Alleinim«PearlRiverDelta»habensichseit1991über4000Unternehmen niedergelassen, die mit derComputer-Produktionverbundensind.MiteinerWachstumsratevon30bis60%wurdeder Hightech-Sektor zum wichtigsten Ex-portfaktorderRegion.

Rechtsfreie WirtschaftszonenIn China werden Computer in «speziellenWirtschaftszonen»gefertigt.InanderenLän-dernsindes«Maquiladoras»(Mexiko,CostaRica),«Industrieparks»(Thailand)oder«Ex-portproduktionszonen» (Philippinen). DieProduktionszonenheissenüberalletwasan-ders,dieinnereLogikbleibtüberallgleich:Abgegrenzte Hochsicherheitszonen, in dieausländische Unternehmen mit optimalenBedingungen – unbürokratische Bewilli-gungsverfahren,Steuerbefreiung,ausgezeich-neteInfrastruktur(TransportundKommu-nikation)–angeworbenwerden.DenEntwicklungsländernbringendieaus-ländischenInvestitionenArbeitsplätze,Ein-kommen und Technologietransfer. Für die

Kampf um ausländische investoren

EineUntersuchung1zeigtauf,nachwelchen

KriteriendieFirmaDellihreProduktions-Stand-

orteauswählt:

1.WirtschaftlicheundsteuerlicheVorteile

– UmfangundDauerderSteuererleichterungen

– Angebote/GratisnutzungvonBaulandoder

Gebäuden

2.HochwertigeInfrastrukturundUmfeld

– gutesTelekommunikationssystemund

AnbindunganVerkehrswege

– NähezuwichtigenLieferanten

– TechnischeHochschulenundUniversitäten,

diebereitsind,ihreAusbildungdenAnforde-

rungenderElektronikindustrieanzupassen

3.Arbeitskraft

– LohnkostenundSozialleistungen

– HoherAusbildungsstandard

– KeineodernurschwacheGewerkschaften

4.GeostrategischeLage

– günstigeundkurzeExportwege

UmdiesenAuswahlkriterienzuentsprechen,

liefernsichEntwicklungsländereinengnaden-

losenKonkurrenzkampf.HoheInvestitionen

werdenangebotenundvieleKonzessionen,ins-

besonderehinsichtlichArbeitsrechten,werden

eingegangen.Diesführtdazu,dassselbstdie

lokalenBehördenangehaltenwerden,nurmini-

maleInspektionenderArbeitsbedingungen

durchzuführen.

1L. Kenneth und J. Dedrick, «Dell computer: Organisation of a Global Production Network», CA: CRIT, 2002.

Arbeiterinnen und Arbeiter sind die Wirt-schaftszonen Synonym für UnterdrückungundRechtlosigkeit.UmdieInvestorennichtabzuschrecken, drücken die Behörden oftbeideAugenvorArbeitsrechtsverletzungenindenFabrikenzu.IneinzelnenFällenwerdensogarSonderregelungenfürdieWirtschafts-zonenerlassen,welchediegeltendennatio-nalen Rechte aufweichen und verwässern,wodurcheinsystematischesSozialdumpingermöglichtwird.

© Chantal Peyer

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VordenTorenderComputerfabrikenZhong-shans stehenhauptsächlichalleinstehendeFrauenzwischen16und30Jahren.UnddiesmitGrund:DieElektronikindustrieistwäh-lerisch.Paarewerdenargwöhnischangesehen,schwangereFrauengeltenalsungeeignetfürdieFabrikation,Frauenüber30werdenauf-gefordert,eineneueStellezusuchen.

in china Bürgerinnen zweiter KlasseBesondersbesorgniserregendistdieEntwick-lunginChina,wodiemeistenArbeiterinnenMigrantinnensind.Siewerdenvonspeziali-siertenAgentenangeworbenoderbewerbensichdirektbeimUnternehmen.Kaumerwach-senverlassensieihreHeimat,umihreFami-lienmitdemdringendbenötigtenGeld zuunterstützen:«MeinVaterzüchtetSchweineundverdientdamiteinenbescheidenenLohn.MeinjüngererBrudergehtnochzurSchule.UmdenHofzurenovieren,musstendieElterneinDarlehenaufnehmen.Alsichhörte,dassdieFirmaFoxconnArbeiterinnensuchte,binichvonzuHauseausgezogen.»DerBerichtder21-jährigenLenaFenggleichtdemTausen-derandererFrauen.IndenWirtschaftszonenwerdendiesejungenFrauensystematischbe-

nachteiligt.SiebenötigeneineAufenthalts-bewilligung,dürfendieSozialleistungenderStädte, Gesundheitszentren, Schulen usw.nichtinAnspruchnehmenundwerdenoftvonderPolizeibelästigt. Sie leiden immernochunterdemErbederMao-Ära.UmdieinterneMigrationzuunterbinden,wurdendamalsdieRechtederTemporär-Aufenthalterbeschnitten.Dieses«Hukou»genannteSystemträgtdazubei,ausdenArbeiterinnenBürge-rinnenzweiterKlassezumachen.Jung,marginalisiertundalleinsindMigran-tinnenidealeArbeitnehmerinnenfürdieElek-tronikindustrie:«SiesindbeeinflussbarundverteidigenkaummalihreRechte»,erzähltdieMitarbeiterineinerNichtregierungsorga-nisation. Dies bestätigen auch die Fakten:Zwischen70bis95%derAngestellteninderComputerindustrieinChinasindFrauen.

mit 25 Jahren zu altAuchinanderenEntwicklungsländernsiehtdiesähnlichaus:AufdenPhilippinenbeträgtderFrauenanteil70%unddasIdealalterindenStellenangebotenwirdmit18bis24Jahrenangegeben.DiePolitikder«FreiwilligenAb-gänge»sollältereMitarbeitende–d.h.Frauenüber25Jahre–dazubewegen,selberzukün-digen.ImbestenFallerhaltendieseeineTreue-prämie als Entschädigung. Zeigen sie sichuneinsichtig,sowerdenfinanzielleProbleme,verringerteArbeitsleistungoderunentschul-digteAbsenzvomArbeitsplatzvorgeschoben,umeineKündigungzurechtfertigen.DerBlickhinterdieKulissenzeigtFrauen,dieunsereComputerherstellen.Frauendieaufgrund ihrer Herkunft und ihres Ge-schlechtsschlechtergestelltwerdenundtag-täglichmissbräuchlicheArbeitsbedingungenindenSonderwirtschaftszonenerdulden.

gesucht: arbeiterin, jung, alleinstehend, anspruchslos

Vor dem Bildschirm. © Keystone

Hinter dem Bildschirm. © ITUC-CSI

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Um ein objektives Bild der Arbeitsbedin-gungeninderComputerindustriezuerhal-ten,habenBrot für alleundFastenopfereineFeldstudieinChina,aufdenPhilippinenundinThailandinAuftraggegeben.DieStudieuntersuchtdieProduktionskettenderwich-tigsten in der Schweiz verkauften MarkenHewlett-Packard, Dell, Acer, Apple undFujitsuSiemens1.VorOrtwurdenzahlreicheInterviewsmitArbeiterinnenundArbeitern,Produktionsverantwortlichen, Regierungs-vertreter/-innenundGewerkschaftendurch-geführt.DerdirekteAugenscheinindenFa-brikenwurdedenInterviewernmeistversagt,dennwennesumArbeitsrechtegeht,istIn-transparenz in derElektronikindustrie dieRegel.AufgrundderStudielassensichklareLiniender Arbeitsbedingungen skizzieren, die jenachLandleichtunterschiedlichausgeformtsind. So ist zumBeispielderGesundheits-schutzfürdieArbeiterinnenundArbeiterin

ein Blick hinter den Bildschirm

Tausendfach der gleiche Handgriff, arbeit am fliessband, hoher produktionsrhythmus, ungeschütztes arbeiten mit giftigen Hilfsstoffen: Die arbeit in den produktions­ linien der computerherstellung ist unter hohem Druck eintönig. «ich fühle mich wie ein stück Holz», beschreibt Xia gong, eine 19­jährige chinesische arbeiterin, ihre situation. Was die angestellten jedoch weit mehr als die eintönigkeit ihrer arbeit beeinträchtigt, ist die systematische umgehung aller ihrer Rechte. Die wichtigsten probleme kurz skizziert.

den philippinischen Fabriken besser als inThailand.AndererseitssindinThailandeini-geunabhängigeGewerkschaftenakzeptiert,währendsolcheaufdenPhilippinensystema-tischausgeschlossenwerden.UndinChinaistdasSozialdumpingdieRegel,obwohleinsehrfortschrittlichesArbeitsgesetzexistiert.TrotzderregionalenUnterschiedesinddieÄhnlichkeitenderArbeitsrechtsverletzungenfrappant:EndloseÜberzeiten,Lohndrückerei,ungenügenderSchutzvorgiftigenHilfsmit-teln,kaumGewerkschaftsfreiheitoderRechtaufKollektivverhandlungen,ungenügende,rechtswidrigeodernichtexistierendeArbeits-verträge.Kurzzusammengefasstzeigtsich,dassdiegrossenMarkenmitderAuslage-rungderProduktionauchihresozialeVer-antwortungabgetretenhaben.Einalarmie-rendesVexierbildzeichnetsichab:HinterderKulisseeinerzukunftsgerichtetenHightech-BrancheversteckensichmittelalterlicheAr-beitsbedingungen.

1Die Studie wurde vom holländischen Institut SOMO (Stiftung für Studien multinationaler Unter­nehmungen) durchgeführt und hat zusätzlich die Marken Sony, Hitachi und Maxdata miteinbezogen. Mitbeteiligt sind diverse europäische Konsumentenorganisationen.

Fertigungsstrasse auf den Philippinen. © ITUC-CSI

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DerAlltagderArbeiterinnenundArbeiterinderComputerindustriewirddurchdasWortFlexibilitätgeprägt.FlexibilitätbeidenAr-beitszeiten,demProduktionsrhythmus,denarbeitsfreienTagen,sogarbeidenLöhnen.InderProduktionsstättevonFujitsuSiemensinAugsburg(Deutschland)wurdeFlexibilitätmitdemschönfärberischenBegriff«BreathingFactory»,atmendeFabrik,umschrieben.DasKonzeptisteinfach:Umdenstarkschwanken-denAuftragseingangzubewältigen(zwischen1000bis12000Computertäglich),werdendieArbeitszeitenjedenTagneufestgelegt.SowissendieArbeitendennie,wannamAbenddieFabriktore geschlossenwerdenund sienachHausezurückkehrenkönnen.VorMitt-wochistzudemnichtklar,obamWochen-endegearbeitetwerdenmuss,dadieFirmen-leitungerstdannentscheidet,welcheProduk-tionsstrassenmitwievielenMitarbeitendenamSamstagbesetztseinmüssen.DieseFlexibilitätverletzt inEntwicklungs-länderndasnationaleArbeitsgesetzundwider-sprichtinternationalenRichtlinien.DiePra-xisgrenztanZwangsarbeit.AufdenPhilip-pinenwurdeninallenuntersuchtenFirmendreibisvierÜberstundentäglichverlangt.InderHochsaisonsind12-Stunden-TagekeineSeltenheitunddiesmehrereWocheninFolge,ohneeinenRuhetag.DieFolgendieseswil-denProduktionsrhythmussindschwerwie-gend:Erschöpfung,kaumsozialeKontakte,mangelnderFamilienanschluss,Gesundheits-probleme.

obligatorisch: Bis zu 130 überstunden im monatRechtlich stellen sich mehrere Probleme:Zumerstenarbeitendiechinesischen,thai-ländischenundphilippinischenAngestellten

mit72bis130ÜberstundenmonatlichweitmehralsdasgesetzlicheMaximumerlaubt.ZweitenshabendieArbeiterinnenundArbei-terkaumeineWahl,obsiedieseMehrarbeitleistenwollen,wasebenfallsanZwangsarbeitgrenzt.PhilippinischeArbeitendebeiFujitsuberichteten, dass sie ein Dokument unter-schreibenmussten,indemsiesichverpflich-teten, freiwillig eine illegaleAnzahlÜber-stundenzuleisten!InanderenFällenistderDruckwenigerexpli-zitabertrotzdemhoch.«Wirkönnenwählen,obwiramSonntagkommenwollen»,berich-tet ein Arbeiter der philippinischen FirmaMKP,«aberdasgehtnurmitBewilligungdesVorgesetzten.WennvieleBestellungenan-stehen,dannwirddieBewilligungverwei-gert.Wernichtkommt,verstösstgegendieBetriebsregeln.»

arbeitszeiten: flexibilität um jeden preis

Arbeiterinnen in der chinesischen Elektronikindustrie. © Julio Etchart

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ZumeistrespektiertdieComputerindustriedie lokalenVorschriftenfürMindestlöhne.DieFallstudievonBrot für alleundFasten­

opferstelltediesbeimehralsderMehrheitallerProduktionsfirmenfest.WerjedochinChinaoderaufdenPhilippinenvoneinemMindestlohn redet, der redet noch langenichtvoneinemexistenzsichernden(anstän-digen)Lohn.ZiehtmandieKostenfürWoh-nung,Nahrung,TransportundtäglichePfle-ge(Seife,Pflegemittel,Kleidung)ab,sozeigtsich, dass die Arbeiterinnen und ArbeiterkaummitdemLohnauskommen.Umwür-diglebenzukönnen,zählendieArbeitendenaufPrämien.BeiSanTechnology,einemphilippinischenZuliefererfürFujitsuSiemensundHitachi,verdienenneueintretendeArbeitendeeinenBasislohnvonCHF6.40proTag(272PhP–philippinischePesos).NachdreiMonatenArbeit,inklusiveÜberstundenundohneeineStunde Absenz vom Arbeitsplatz, erhaltendieNeulingeeinePrämievon300PhP–etwaeinenTageslohn.WeitereBoni,wieeinePrä-

miefürzweiJahretreueArbeitoderWeih-nachtsgeld,existierenebenfalls.Anundfürsich ist dieses Bonussystem nicht illegal.Problematischisteinzig,dassdieArbeitendenohnediesePrämiennichtgenugzumLebenhaben. Für die multinationalen KonzerneistdiesesSystemjedocheinMittel,umsichdieTreueundFlexibilitätderArbeitendenzusichern.Eineandere,häufigangewandte,jedochille-gale Praxis in den Zulieferbetrieben vonHewlett-Packard, Dell, Acer, Apple undFujitsu Siemens ist die unterbezahlte Ent-löhnung von Überstunden. Die Tarife fürangeordneteÜberstundenwerdenillegaltiefangesetztoderÜberzeitenalsnormaleAr-beitszeit angerechnet, um die gesetzlichenAufschläge(grundsätzlich150bis200%)zuumgehen. Mit dieser Methode senken dieFirmenleitungendieLohnkostenumbiszu20%(siehefolgendeTabelle).FürdieArbei-terinnenundArbeiter,diesichfürihreRechtenichtwehrenkönnen,bedeutetdaswenigerFreizeitundungesundeErnährung.

löhne: auf Tauchstation

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LiMeiZhuangarbeitetinDongGuan(Chi-na), einem Hersteller für Computer-Tasta-turen.SiemontierttäglichinihrerProduk-tionsstrassedieBuchstabenH,G,T,Z,U,V,BundNauf6000Tastaturen.IhrStunden-lohn:47Rappen(3,1Yuans).ImJuni2006wurde der Produktionsrhythmus erhöht.TotalarbeiteteLiMian28Tagen,Samstag

und Sonntag inbegriffen durchschnittlich10½Stundentäglich.ImganzenMonatJunihattesienurzweiFreitage.DerLohnwurdejedochderneuenKadenznichtangepasst:dieÜberstundenwurdennurteilweiseangerech-net.IhrArbeitgeberhatLiMeiumfast20%ihresLohnsbetrogen.Einegängige,illegalePraxis(sieheunten).

6000 Tastaturen für einen Hungerlohn

lohnberechnung für li mei Zhuang nach chinesischem arbeitsrecht

lohnberechnung gemäss li mei Zhuangs arbeitgeber

Normale arbeitszeit 22Werktageà8Stunden

(gemässchinesischemArbeitsrecht)

Lohnanspruch:545.60Yuans

22Werktageà10Stunden

AusbezahlterLohn:682.00Yuans

angeordnete überstunden während Werktagen

Lohnaufschlagvon150%für

ÜberstundenwährendWerktagen

2,5Stunden/Werktag

Lohnanspruch:255.75Yuans

Nur0,5Stunden/Werktagwerden

alsÜberstundenberechnet

AusbezahlterLohn:55.15Yuans

angeordnete überstunden während des Wochenendes

Lohnaufschlagvon200%auf

Wochenendarbeit.ImJuni2006:

vierSamstageundzweiSonntage,

à8Stunden/Tag

Lohnanspruch:297.60Yuans

NurSonntagsarbeitwirdmit

Wochenendzuschlagvergütet.

D.h.2Sonntageà8Stundenzu

erhöhtemTarif,4Samstagezu

Normaltarif.

AusbezahlterLohn194.40Yuans

lohnabrechnung Juni 2006

GemässchinesischemArbeitsrecht:

1098.95Yuans(168CHF)

GemässLohnabrechnungLiMei:

931.55Yuans(142CHF)

Differenz li mei Zhuang erhält 167.40 Yuans, rund 18%, zu wenig lohn

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«AluminiumstaubindenLungen»lautetdieDiagnosefürSupinya,einerThailänderin,dieseitmehrerenJahrenfürMMI,einenLiefe-rantenfürFujitsuSiemensundSeagate,arbei-tet.Angefangenhatteesdamit,dassSupinyawiederholteinenstarkenDruckinderBrustverspürte und Atemschwierigkeiten hatte.Dazukam,dasssieplötzlichihreStimmever-lor,woraufsiesichimSpitaluntersuchenliess.SupinyahattäglichbeiderHerstellungvonFestplattenmitAluminiumzutun.EswirdinihrerAbteilunggeschmolzen,gemahlen,gestanztundinfeineLamellengeschnitten.DieArbeiterinnentragendabeieineAtem-maske–eineungenügendeSchutzmassnahme,dasichdergiftigeStaubüberallniederlässtundaufgrunddermangelndenLüftungnichtabgeführt wird. Aufgrund ihrer DiagnosewurdeSupinyaineineandereAbteilungver-setzt. Die Schutzmassnahmen in der altenAbteilungwurdenjedochnichtangepasst.

Blei und Dioxin in der luftSupinyasFall istkeinEinzelfall.DieCom-puterindustrieisteinedergiftigstenderWelt.Bereits1994bewieseineStudie,dassdieAr-beiterinnenundArbeitermehrverschiedenenSchadstoffenausgesetztsindalsinderChe-mieindustrieallgemeinoderbeiderProduk-tionvonPestiziden.SiekommeninKontaktmit Blei, Quecksilber, Barium, Beryllium,Chlor,PolyvinylundDioxin.Hautkontaktmit den Stoffen oder eingeatmete DämpfekönnenunheilbareKrankheitenverursachenwie Krebs oder Schädigungen der Atem-organe.DerungenügendeSchutzvorSchad-stoffen verursacht auch die erschreckend

hohe Rate von Fehlgeburten bei Arbeite-rinneninderElektronikindustrie(mehrals30%höheralsderDurchschnitt).Husten,Magenbeschwerden,Haut-undAugenprob-lemegehörenmitzudenbranchentypischenKrankheiten.DieGesundheitsrisikenkönntendurchgeeig-neteSchutzmassnahmenverringertwerden:Angepasste Lüftungssysteme, AufklärungundSchulungderArbeiterinnenundArbei-ter, Verteilung geeigneter Hilfsmittel wieSchutzmaskenund-handschuhe.Leiderwer-den diese Massnahmen oft dem Rendite-druckgeopfert.DieStudiederWerkeBrot

für alle und Fastenopfer beweist deutlich,dassinThailandnurviervonelfFirmendieMinimalanforderungenfürArbeitssicherheitund -gesundheit respektieren.1 Die HälfteallerFirmenverzichtetdarauf,diegeforder-ten Atemschutzmasken zu verteilen: EineSparmassnahmederGeschäftsleitung.WeitererweisensichInformationenoftalsungenügend oder irreführend. Die Verant-wortlicheneinerjapanischenFirmainThai-landversichertenihrenMitarbeitenden,dassdie Bleischmelze risikolos sei. Dabei ist eserwiesen,dass solche eingeatmeteDämpfeNervenschädenverursachenoderdieRepro-duktionsfähigkeitbeeinträchtigenkönnten.AlsEntgiftungsmassnahmeerhaltendeshalballebetroffenenMitarbeitendentäglicheineRationMilch.AngesichtsderGiftigkeiteinelächerlicheMassnahme.

Verschmutzung des grundwassersEinanderesProblemstelltdieVerschmutzungdesBodensdar.Bereits1981beunruhigtendie

sicherheit am arbeitsplatz: Vorsicht giftig!

1Irene Schipper und Esther de Haan, «Research Report on labor conditions in the Thai ICT sector», SOMO, Amsterdam, Januar 2007.

© Fotosearch

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vielenFällevonNeugeborenenmitMissbil-dungen und Herzschwäche die amerikani-schenBürgerinnen inderIndustriezonedesSilikonValleys.GrundwardasverschmutzteGrundwasser.ZweiJahrespäterdurchgeführ-teUntersuchungenstellteneine29-facheÜber-schreitungderMaximalwertefürTrichloro-ethanfest.DieUrsachenwarenschnellgefun-

schadstoffe im computer:

WelcheStoffewerdenwoeingesetzt?

– Bildschirm:Barium,Blei

– Kabel,Leitungen:Blei(Lötverbindungen)

– Gehäuse:Chlor,Polyvinyl

– Leiterplatten:Beryllium

WaskönnendieseStoffeverursachen?

– Blei:Nierenschäden,beeinträchtigtdasNervensystemunddieReproduktionsfähigkeit,

bremstdasgeistigeWachstumvonKleinkindern

– Barium:Hirnschäden,Muskelschwächung,kannHerzundLeberangreifen

– Beryllium:krebserzeugend

– Dioxin:krebserzeugend,störtdasImmunsystemunddenHormonhaushalt

SeitJuli2006verbietetdieEU-RichtlinieRoHS(RestrictionofHazardousSubstances)denEinsatzvon

bestimmtenhochgiftigenStoffenfürdieProduktionvonComputern,dieindieEUeingeführtwerden.

EinersterwichtigerSchritt,deraufzeigt,dassklare,strengeVorschriftenaufdiesemGebietmöglichsind.

den: Fahrlässiger Umgang der Elektronik-FirmenmitSondermüll.ImBodenvergraben,oftohneSchutzhülle,gelangtendieSchadstoffeindasGrundwasser.InderFolgewurdenindenUSAdutzendeGebieteals«gefährlich»eingestuft. Jetztwiederholt sichdasselbe inChina,Mexiko,TaiwanunterdemDeckman-telderWirtschaftsförderung.

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OrganisationsfreiheitundKollektivverhand-lungen sind gemässphilippinischemRechtgarantiert.DieStudiederWerkeBrot für alleundFastenopferzeigtjedocheingegenteili-gesBild:DiemeistenuntersuchtenFirmensindexplizitgewerkschaftsfeindlich.Inkei-nerderelfuntersuchtenFirmengibteseineGewerkschaftsvertretung.DieRepressionbe-ginnt bereits vor den Exportproduktions-zonen.UmindiemitStacheldrahtabgeschot-teteIndustriezone(CaviteEconomicZone)zugelangen,musseinPersonal-undeinFir-menausweisvorgelegtwerden.VertretungenvonGewerkschaftenoderNichtregierungs-organisationenwerdensystematischzurück-gewiesen.

einschüchterungen und entlassungen auf den philippinenFirmeninternwerdenverschiedeneVerhinde-rungsstrategienverfolgt:EinschüchterungenoderVersetzungenbishinzuKündigungs-androhungen. Ein Beispiel: Das Unterneh-menTsukuba(Philippinen)produziertFest-plattenfürToshiba.BereitsbeimBewerbungs-gesprächwirdnachgefragt,obdieBewerbe-rinoderderBewerber einerGewerkschaftangehörtundeswirdklargemacht,dassKol-lektivverhandlungennichttoleriertwerden.TrautsichtrotzallemeineGruppe,sichzuorganisieren,werdendieMitarbeitendenso-fortversetzt.DieVorgesetztendereinzelnenProduktionslinien,indenenca.5bis15Per-sonen arbeiten, wechseln turnusgemäss inandereAbteilungen.StreikoderandereFor-menvonWiderstandwerdenmitsofortigerEntlassunggeahndet.

InderphilippinischenFirmaSunEverylight,imTechnologieparkLaguna,gelanges2003fürkurzeZeiteineGewerkschaftzuetablie-ren. Ziel der Gewerkschaft war es, einenTarifvertragauszuhandelnundsichgegendieautoritärenMethodenderGeschäftsleitungzuwehren.BereitseinigeWochenspäterwarenalleMitgliederderGewerkschaftentlassen.

Verbot in chinaInChinaistdieSituationnochkomplexer,dadaschinesischeGesetzwederdieOrganisa-tionsfreiheit noch Kollektivverhandlungenkennt.FürdieBehördenistnurdiestaatlicheGewerkschaft(All-ChinaFederationofTradeUnions),diedirektmitderKommunistischenParteiverbundenist,befugt,dieArbeitendenzuvertreten.DieseistaberinkaumeinerPri-vatfirmavertreten.DiesesKlimabegünstigtautoritäreMethoden.SowirdimFalleeinesStreiksdirektdiePolizeigerufen.DieStrei-kendenwerdenverhaftetundmeistmitmeh-rerenJahrenGefängnisbestraft.AlsGrundwird«Subversion»oder«Störungderöffent-lichenOrdnung»angegeben.DassesindenZulieferbetriebenvonHew-lett-Packard,Dell,Acer,AppleundFujitsuSiemens keine Gewerkschaftsfreiheit gibt,erstauntnicht.Bereits indensiebzigerJah-ren,alsdiegrossenMarkennochihreeige-nenProduktionsstättenbesassen, siedeltensie sich in Silikon Valley, Schottland oderWales an – alles Regionen ohne Gewerk-schaftstradition.

gewerkschaften: im offside

© Christian Zilocchi

GUT, ICH STELLE SIE AN! UNTERSCHREIBEN SIE DIE BEIDEN

VERTRÄGE. DER ERSTE IST FÜR MICH UND DEN ZWEITEN

BEHALTE ICH SELBER.BIL

LIGE

MAUS

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«IchhabenieeinenArbeitsvertragunterschrie-ben.»ZhangeinjungerchinesischerArbeiterist da kein Einzelfall. In der chinesischenElektronikindustrie kommt es häufig vor,dassArbeitendeillegal,dasheisstohnegül-tigen Vertrag, angestellt werden. DadurchsinddieArbeiterinnenundArbeiteraufGe-deihundVerderbendenVorgesetzenausge-liefert:fristloseKündigungensindbeijedemBestellungsrückgangmöglich.Diese Politik ermöglicht den Geschäftslei-tungendiehöchstmöglicheFlexibilitätundDruckaufdieLohnsummeauszuüben.DenndaschinesischeRechtverlangtfünfobliga-torischeVersicherungen:Unfall-,Kranken-,Mutterschafts-, Arbeitslosen- und Renten-versicherung.UminGenussdieserVersiche-rungenzukommen,brauchteseinengültigenVertrag.FürdieArbeiterinnenundArbeiterhatdieVertragslosigkeitoftdramatischeFolgen.ErstbeiderEinlieferungeinerArbeiterininein

SpitalwegeneinerVergiftung,einemBetriebs-unfall oder einer Fehlgeburt, stellt sie fest,dassderArbeitgebernieeineVersicherungaufihrenNamenabgeschlossenhat.Verweigertdie Firmenleitung die Übernahme der Ge-sundheitskosten,wirddieArbeiterinausdemKrankenhausohneBehandlungentlassen.Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sind dieimmerhäufigerangewendetenTemporärein-sätze.EinelegaleMethodeumhöchstmög-licheFlexibilitätbeiderBelegschaftzuerrei-chen.BesondersinThailand,aufdenPhilip-pinen,aberauchinEuropawirdvermehrtaufkurzfristigeVerträgegesetzt.BekanntestesBeispielistdasWerkvonFujitsuSiemensimdeutschenAugsburg,miteinerQuotevon30bis60%Teilzeitangestellten1.FürdieArbeit-geberliegendieVorteileaufderHand:grösst-möglicheFlexibilität,geringeSalärkosten.DieArbeiterinnenundArbeitermüssensichmitbegrenztenZukunftsperspektivenundwenigArbeitsplatzsicherheitzufriedengeben.

Verträge: unsicherheit als Regel

1Joachim Jeiter, «Understanding global outsourcing», Vortrag in New York, 10.12. 2004

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AuchinderheutigenZeitdenktdieMehrheitderKonsumentinnenundKonsumenten,dassihrComputervonderFirmahergestelltwur-de,derenMarkesiebeimKaufgewähltha-ben.DochdieElektronikindustrieisteinüberdieganzeWeltverbreiteterundhandelnderWirtschaftszweig.EinBeispiel:EinComputer,denSieaufderInternetseitevonDellSchweizkaufen,hateinelange Geschichte hinter sich. Die virtuelleBestellungwirddurchdieZentralefürVer-kaufundtechnischeUnterstützunginBrack-nell(Grossbritannien)bearbeitet,bevorsieandaseuropäischeProduktionszentruminLimerick(Irland)weitergeleitetwird.InLime-rickstellendieArbeiterinnenundArbeitereinzigdiegewünschtenElementedesCom-puterszusammen.DieverschiedenenKom-ponenten–über1000fürjedenComputer–wurdenvonausländischenZulieferernher-gestellt.SostammtetwadasGehäusevomtaiwanesischenUnternehmenHonHai,dieLeiterplatten von der Firma Celestica unddieTreibervonSeagate.DerComputerDell,deklariert als «Made in USA», besteht inWahrheitausEinzelteilen,diehauptsächlich

Von peking nach genf: eine globalisierte industrie

Die computerindustrie ist einer der komplexesten Wirtschaftszweige der Welt. Die grossen marken besitzen keine fabriken mehr, sondern kaufen Bestandteile, die Dutzende von Zulieferern in allen ecken der Welt herstellen und zusammen­setzen. Dabei besteht die gefahr, dass auch die soziale Verantwortung der firmen ausgelagert wird. Die fakten zeigen auf, dass Handlungsbedarf besteht und die grossen marken ihre Verantwortung für die gesamte produktionskette wahrnehmen müssen.

inChina,TaiwanunddenPhilippinenher-gestellt und in Europa zusammengebautwurden.1

eine zersplitterte KetteDasPhänomenderZergliederungundGlo-balisierungderProduktionskettebeiCompu-tern ist in den 80er-Jahren aufgekommen.DamalsbegannenzahlreicheMarken(Hew-lett-Packard,IBM,Dellusw.) ihreProduk-tionszentren in bestimmte Entwicklungs-länder zu verlegen, vor allem wegen dertieferen Kosten für Arbeitskräfte und ver-schiedenerSteuervorteile.DieserVerlagerungfolgteeineSpezialisierungundeineZersplit-terungderProduktionskette,diesichinden90er-Jahrennochbeschleunigte.DiegrossenMarken begannen ihre eigenen, zu wenigrentabelgewordenenProduktionsbereichezuverkaufen,umsichaufdieForschungunddasMarketingzukonzentrieren.HeutesehendieGrossen ihrKerngeschäft in folgendenBereichen: Marktanalyse, technologischeInnovation,Verkauf,Promotion,Kunden-dienst, technischeUnterstützung,Verwal-tungderProduktionskette.

1Von den in Irland hergestellten Dell­Computern stammten im Jahr 2001 65% der Einzelteile aus Asien, 25% aus Europa und 10% aus den USA; siehe Kenneth L. Kraemer und Jason Dedrick, «Dell Computer: Organization of a global network», Center for Research on Information Technology and Organizations, University of California, Irvine (CA), 2002.

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Hewlett­packard: 7000 Zulieferer weltweit

Hewlett-PackardbesitztnunmehrpraktischkeineProduktionsanlagenmehr.DasUnternehmenarbeitet

mitmehrals7000Zulieferern,andiesiealleSchrittevonderHerstellungderEinzelteilebiszur

EndmontagederComputerdelegierthat.DiesesNetzist«einederkomplexestenundglobalisiertesten

ProduktionskettenderIndustrieneuerTechnologien».

DarstellungentnommenvonMichielvanDijkundIreneSchipper,«Hewlett-Packard:CSRProfile»,

SOMO(StiftungfürStudienmultinationalerUnternehmungen),Amsterdam,2006.

Die Produktionsbetriebe in den Entwick-lungsländern wurden von Zulieferfirmen,sogenanntencontractmanufacturers,aufge-kauftundausgebaut.WemsinddieNamenvon Flextronics, Hon Hai, Sanmina-SCI,SolectronoderCelesticavertraut?DiesefünfweltweitwichtigstenUnterlieferantenstellen75% unserer Computer her. Ihre Speziali-

tätensindEinzelteilewieGehäuse,«Mother-boards»(dasHerzdesComputers),Kabel,Halbleiterusw.UndihrUmsatzistentspre-chend:Flextronics(weltweitgrösstercontractmanufacturer) erwirtschaftete 2004 rund16,062 Milliarden US$. Diese ZuliefererhabensichdeshalbaufdemComputermarktzuwichtigenAkteurenentwickelt.

amerika: $10 milliarden einkaufsvolumenBrasilien,CostaRica,Kanada,

Mexiko,USA

europa/Naher osten/afrika: $3 milliarden einkaufsvolumenDeutschland,Frankreich,

Grossbritannien,Irland,Israel,

Niederlande,Tschechien,Ungarn

asien pazifik: 40$ milliarden einkaufsvolumen China,Indien,Japan,Korea,

Malaysia,Philippinen,

Singapur,Taiwan,Thailand

© Chantal Peyer

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WelcheBeziehungenpflegendieMarkenzuihrenüberdieganzeWeltverstreutenZulie-ferern?DieBeziehungensindvongegensei-tigerAbhängigkeitundvonWettbewerbge-kennzeichnet.HeuteverlangendieKonsumen-tinnen und Konsumenten ein individuellesProduktvonhoherQualität,zueinemmög-lichsttiefenPreisundkürzestenLieferfristen.UmdieseWünschezuerfüllen,versuchendieMarkendieKostenunddieEffizienzderge-samtenVersorgungskettezuoptimieren.Siestellen an die Lieferanten in den Entwick-lungsländern zusätzlicheBedingungen,dieihrerseitseinenTeildesDrucksandieAnge-stelltenweitergeben.AmanderenEndederProduktionskettebezahlenalsodieArbeite-rinnenundArbeiterfürunsereAktionspreiseundkurzenLieferfristen.

computer «à la carte»SeiteinigenJahrenistderTrendzumperso-nalisierten Computer gestiegen: Mit oderohneDVD-Laufwerk,mitStandardspeicheroder erhöhter Kapazität – die Konsumen-tinnenundKonsumentenkönnendieLeistun-genihresGerätesdetailliertbestimmen.DasZeitalterderStandardprodukte,dieinvorbe-stimmtenMengenimportiertwerden,istvor-bei.HeutemüssendieZulieferergewissermas-sen innertwenigerAugenblicke individuellzusammengesetzte Computer in beliebigerStückzahl herstellen können.1 Die Konse-quenz:DieEndmontagebeginnterst,wenndieBestellungüberInternetoderimLadeneingegangenist.FürdieArbeiterinnenundArbeiterbedeutetdieses«Â-la-carte»-System:Schwankende Arbeitszeit, obligatorischeÜberzeit,kaumErholungspausen.

Der preisdruckDieEntwicklungderKonsumpreiseisteben-fallsbedenklich.InnertzehnJahrensankderPreiseinesLaptopsinderSchweizaufeinenFünftel.UmihreKostenzusenken,setztendieMarkenauftechnischeInnovation,ver-besserte Lagerverwaltung, aber sie habenauch nicht gezögert, auf die LieferantenDruckauszuüben.DieMarkenverfügenfürjedesProduktoderEinzelteilüberdreiodervierverschiedeneZulieferer,diesichgegen-seitigkonkurrenzieren.DieLieferantenver-suchenihrerseitsihreKostenzuoptimieren,indemsiedenDruckaufdieArbeitskräfteübertragen.FürdieArbeiterinnenundArbei-terinChina,ThailandunddenPhilippinenbedeutetdiesLohnkürzungen,schlechtbe-zahlte Überstunden, ungenügende Sicher-heitsvorkehrungenoderdasFehlensozialerVersicherungen.

schneller und billiger!

1In der Wirtschaft wird dieser Prozess bezeichnet als «build­to­order», hergestellt auf Bestellung.

© Mix & Remix1In der Wirtschaft wird dieser Prozess bezeichnet als «build­to­order», hergestellt auf Bestellung.

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MehrereKampagnenhabenbewiesen,dassselbstmächtigsteUnternehmendazugebrachtwerdenkönnen,dieVerantwortungfürihrHandeln zu übernehmen. Doch allein derDruckderKonsumentinnenundKonsumen-tenreichtnichtaus:DiegrossenComputer-marken,dieGewerkschaftenunddieNicht-regierungsorganisationen in den Entwick-lungsländernmüssengemeinsamReformeneinleiten,welcheklareVerbesserungen fürdieArbeiterinnenundArbeiterbewirkenundderenBedürfnisseinsZentrumsetzen.«EingesunderProfitderniemandemscha-det»kannalsDevisefüreinesolchenachhal-tigeEntwicklungdienen.DieGewinnmaxi-mierunghältsichnurüberlängereZeit,wennsieauchRespektgegenüberdenMenschenundderUmweltbeinhaltet.DieUnterneh-menbesitzeneineVerantwortung,dieübersteigende Geschäftszahlen und Aktionärs-gewinnehinausgeht.Brot für alleundFasten­

opferforderndiegrossenPlayerderComputer-industrieauf,ihreVerantwortunggegenüberderGesellschaftundderUmwelternsthaftwahrzunehmen.

Was tun?

angesichts der vielen probleme und der unübersichtlichen Handelskette, fühlen sich die Konsumentinnen und Konsumenten in europa schnell einmal machtlos. Zu unbedeutend, um «das system zu ändern», zu abhängig vom computer, um darauf zu verzichten, beschränken sich viele darauf, der Werbung zu vertrauen, und sich nicht zu viele fragen zu stellen. Dabei kann ein verantwortungsvollerer Konsum durchaus Wirkung erzielen.

es gibt orientierungspunkte: Die fundamentalen arbeitsrechteDieRegierungen,GewerkschaftenundAr-beitgeberorganisationen,welchezusammendieInternationaleArbeitsorganisation(ILO)bilden,habenaufdemUmwegübermehrereKonventionenvierfundamentaleunduniver-selleArbeitsprinzipiendefiniert:Diegewerk-schaftlichenFreiheiten(Versammlungsfrei-heitundkollektiveVerhandlungen),dieNicht-Diskriminierung,dasVerbotderZwangsar-beitunddieAbschaffungderKinderarbeit.1Fünf Rechte wurden hinzugefügt, die vondenGewerkschaftenunddenspezialisiertenNGO’swieauchdurchdieILOalsunerläss-lichanerkanntwerden2:– MassnahmenzumSchutzderGesundheit

undzurSicherheitamArbeitsplatz– Ein definiertes Beschäftigungsverhältnis

(VertragmiteinerMindestlaufzeit,klareundgerechteRegelungfürKündigungundEntlassung)

– GarantierterMindestlohn(dermindestensdemgesetzlichenörtlichenMinimument-sprichtunderlaubt,alleGrundbedürfnissezuerfüllen)

1Übereinkommen Nr. 87 (1948), Nr. 98 (1949), Nr. 100 (1951), Nr. 111 (1958), Nr. 29 (1930), Nr. 105 (1957), Nr.138 (1973) und Nr. 182 (1999). Prinzipien wiederholt in der «Erklärung über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit» (1998).2Übereinkommen Nr. 115 (1960), Nr. 26 (1928), Nr. 31 (1931), Nr. 1 (1919), Dreigliedrige Grundsatz­erklärung über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik (2001).

Vertreterinnen und Vertreter von Gewerkschaften, Arbeitgeberorganisationen und Regierungen versammeln sich jedes Jahr in Genf anlässlich der Internationalen Arbeitskonferenz. © ITUC-CSI

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– Respektierungdernationalenund inter-nationalenArbeitszeitregelung.EineAr-beitswochedarftotalnicht längerals60Stunden dauern (Überzeit inbegriffen).DieÜberstundenmüssenfreiwilliggeleis-tetundzueinemhöherenTarifvergütetwerden.

– Schliesslichisteszwingend,dassdieAr-beiterinnen und Arbeiter keinerlei phy-sischerMisshandlungen,Erpressung,Be-lästigung,EinschüchterungoderDrohungausgesetztwerden.

DieKampagneHighTech–NoRights?ver-langtvonHewlett-Packard,Dell,Acer,Apple,FujitsuSiemenssowiedenanderengrossenMarkenfirmen,dieseRechteinihrergesam-tenProduktionskettevollanzuerkennenunddienötigenMittelzuderenEinhaltungein-zuführen.

Veränderungen – statt schöner WorteDieDurchsetzungderArbeitsrechtegeschiehtinersterLiniedurcheineAnpassungderEin-

kaufspolitikdermultinationalenUnterneh-men im Elektronikbereich. Es kommt derQuadraturdesKreisesgleich,höchsteQua-litätsanforderungeninkürzestenFristenzugünstigstenPreisenzuverlangenundgleich-zeitigmenschenwürdigeArbeitsbedingungenzu garantieren. Daher müssen Lieferbezie-hungen und Verträge kritisch hinterfragtwerden,umgemeinsamLösungenzufinden,dienichtaufAusbeutungberuhen.EineweitereNotwendigkeit sind langfris-tigeLieferbeziehungen.DasAusspielenderKonkurrenzunddieUnsicherheitderAuf-tragssituationwerdenletztendlichaufdemBuckelderArbeitnehmendenausgetragen.DiesekurzfristigerfolgreicheStrategiewider-sprichteinerverantwortungsvollenHaltungundeinemnachhaltigenHandel.DieSuchenachAlternativenbedingteinlangfristigesEngagement. In solchen PartnerschaftenkönnenneueSynergienentstehen,diesichalseffizientererweisenalsdieStop-and-go-Mentalität.

© Christian Zilocchi

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Vieleerinnernsichanden«Nike-Skandal»inden90er-Jahren.VielfältigeInitiativenent-standen, um die Ausbeutung von KindernundandereoffenkundigeArbeitsrechtsver-letzungeninderTextilindustriezubekämp-fen.ImKielwasserderKleidungs-undSchuh-industrieprofiliertensichdieHerstellervonSpielwaren, Teppichen, Fussbällen – undschliesslichdiejenigenelektronischerAppa-rateals«guteSchüler».DieKampagneCleanUpYourComputerderenglischen Organisation CAFOD, im Jahr2004bewirkte,dasssichdieweltweitenLea-derderInformations-undKommunikations-technologieeinemgemeinsamenVerhaltens-kodexverpflichteten,demElectronicIndustryCodeofConductEICC.DieAnnahmediesesKodexesisteinerster,wichtigerSchritt:Erbe-weist,dasseinigeComputermarken,wieHew-lett-Packard,DellundneuerdingsauchApple1,anerkennen,dassdieArbeitsbedingungeninFabrikenindenEntwicklungsländernproble-matischsind.Unddasssie,alsMarktführer,mitverantwortlichfürdieVerbesserungderSituationinderProduktionskettesind.Einedetaillierte Analyse dieses Kodexes bringtaberbedeutendeLückenzumVorschein.

ein unvollständiger KodexDieSuchenacheinemKompromisszwischendenMitglieds-UnternehmenbewirkteeineninhaltlichenAderlassdesKodexes.SowirdzumBeispielimAbschnittüberdieVersamm-lungsfreiheitkeinBezugzudenILO-Normengemacht und den Mitgliedern des EICCzugestanden,dasssie«eineunterschiedlicheUmsetzungdieserNormenzulassen».2DerAbschnittüberdieLohnvorschriftenbegnügtsichdamit,denindenProduktionsländerngesetzlichvorgeschriebenen«Minimallohn»zuerwähnen,ohnesichaufden«existenz-sicherndenLohn» zubeziehen,denNicht-regierungsorganisationen fordern.UnddieFragevonVerträgenoderAnstellungssicher-heitgingimTextganzvergessen.

Wie lange lässt die Transparenz noch auf sich warten?Überden Inhalthinaus istderEICCauchformal schwach.Als«Business-Produkt»wurdederKodexohneBeteiligungderZivil-gesellschaft (Gewerkschaften, auf Arbeits-recht spezialisierte NGO’s) erarbeitet. DieKritikderZivilgesellschaftlösteeinenDialogzwischendenbeteiligtenFirmenundNGO’s

Verhaltenskodex: Bloss politur?

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1Hewlett­Packard und Dell sind Gründungsmitglieder des EICC und gehören zu den engagierten Firmen. Apple hat sich vor kurzem der Initiative angeschlossen. Fujitsu Siemens und Acer ihrerseits haben bislang keine Richtlinien für soziale Verantwortung übernommen.2Protokollauszug der Mitgliederversammlung des EICC (Stakeholder Engagement), New York, 7. November 2006.

aus,derabernochungenügendist.BeteiligtsindsorgfältigausgewählteNGO’sausdemNorden,denenkeinerleiMitbestimmungge-währtwird.Deshalbvermageinunverbind-licherDialognichtzugenügen.EinweiteresProblemliegtinderUmsetzungdesKodexesunddessenEinhaltung.DadenMitgliedern eine blosse Selbst-Evaluationnichtgenügt,habensiedieexterneÜberprü-funginternationalenWirtschafts-undFinanz-prüfernübergeben.Diesesindjedochinso-zialenFragenwenigkompetent.Zudem istderenUnabhängigkeit unsicher, da sie vondenAuftraggeberndirektfinanziertwerden.

DennochhatderEICCPotenzial.UmdenWortenTatenfolgenzulassen,isteswichtig,dassdieMitglieds-Unternehmeneinenstän-digenDialogmitdenLieferantenunddenOrganisationenderZivilgesellschaft indenProduktionsländern führen.DieseOrgani-sationensindmitdemKontextunddenloka-lenGesetzenvertrautundkönnendahereffi-zientfürdieUmsetzungdesKodexessorgen.UnddurchsiewerdenauchdieArbeiterinnenundArbeitermiteinbezogen.DennoftgehtinderganzenDiskussionvergessen,dasssieletztendlichvondenRegelungenprofitierensollen.

Die lücken des eicc

auszug aus dem eicc* Kommentar

organisa­tionsfreiheit

«DieTeilnehmermüssen,imEinver-

ständnismitdenlokalenGesetzen,

dasRechtderArbeitendenrespek-

tieren,sichfreizuorganisieren,

MitgliedodernichteinerGewerk-

schaftzuwerden,sichvertretenzu

lassen,sicheinerArbeiterkommis-

sionanzuschliessen.»

EsfehltdasRechtaufkollektiveVerhandlungen.

ZudemistindiesemSatzderHinweisauf«nationale

Gesetze»gefährlich:BeispielsweiseinChinarecht-

fertigendiesedieUnterdrückungvonGewerkschaf-

ten.DieNGO’sverlangen,dassdieFormulierung

«imEinverständnismitdenlokalenGesetzen»ge-

strichenundersetztwirddurcheinenklarenHinweis

aufdieKonventionen87und98derILO-Normen.

arbeitszeit «EineArbeitswochesolltenicht

mehrals60StundeninderWoche

haben,Überzeitinbegriffen,

ausgenommenindringendenoder

aussergewöhnlichenSituationen.»

InderPraxisöffnetdieFormulierung«dringende

oderaussergewöhnlicheSituationen»allenMiss-

bräuchendieTüreundArbeitswochenvon65bis

85StundenwerdenzurGewohnheit.DieserZusatz

mussersatzlosgestrichenwerden.

lohn «DieLöhnefürdieArbeiterinnen

undArbeitermüssenallebetref-

fendenGesetzeerfüllen,einschliess-

lichderjenigendiesichaufeinen

Minimallohn,Überzeit(…)beziehen.»

DerEICCbeziehtsichaufden«Minimallohn»,

nichtaufeinen«existenzsicherndenLohn»,

derdieGrundbedürfnissederArbeitendensichert.

anstellungs­sicherheit

DerEICCerwähntVerträgeoder

Anstellungssicherheitnicht.

DasRechtaufeinenArbeitsvertragisteinGrund-

recht,dasdenZugangzuanderenArbeitsrechten

festlegt.

*Kompletter Text des Codes: www.eicc.info

Arbeiterdemonstration in Thailand. © Centre for Labour Information Services and Training (CLIST)

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«Empoweringpeople»heisstderSloganderMarkeAcer.BeilängererBetrachtungstelltsich jedoch die Frage, wessen Macht hiergestärkt werden soll? Diejenige der Kon-sumentinnenundKonsumentenderAcer-Produkte oder die der Arbeiterinnen undArbeiter,welchesieherstellen?Ein Verhaltenskodex allein, auch wenn ervollständigist,reichtnichtaus,umdieAr-beitsbedingungen zu verbessern. Die Ziel-gruppenmüssenanderUmsetzungbeteiligtsein.IndenLändern,indenendieComputerhergestelltwerden,kennendiemeistenArbei-terinnenundArbeiterihreRechtenicht.SiesindnieüberdienationalenGesetzesbestim-mungeninformiertworden,nochkennensiedas internationaleArbeitsrecht.Siewissen

nichteinmaletwasüberdenKodexdesUn-ternehmens,dassiebeschäftigt!UnterdiesenUmständen können alle externen Empfeh-lungenundSanktionennureinebegrenzteWirkung haben. Die Bedingungen in denProduktionsbetriebenderElektronikindus-triewerdensiekaumverändern.Brot für alleundFastenopferverlangenvondenfünfinderSchweizammeistenverkauf-tenMarken,dasssieanerkennen,dassesindenFabriken ihrerLieferantenMissständegibt.DieKampagnevonBrot für alleundFastenopferwillerreichen,dassdieArbeite-rinnenundArbeiterWeiterbildungerhaltenunddadurchihreSituationverbessernkön-nen.MitUnterstützungderfünfMarkensolleinPilotprojektineinerFabrikeinesgrossenchinesischen Zulieferers realisiert werden:Die Angestellten sollen mit ihren RechtenunddieKadermitgliedermitihrenPflichtenvertrautgemachtwerden.

Die Kunst der arbeitermobilisierung in einem repressiven umfeld«Empoweringpeople»–StärkungderArbei-tendenistdasZieldieserMassnahme.Re-sultatderWeiterbildungkönntenArbeiter-komitees indenUnternehmen sein,damitdie Arbeiterinnen und Arbeiter selber diealltäglicheRespektierungihrerRechteüber-wachen können. Dieses Weiterbildungs-Projekt,dasvonlokalenPartnernvonBrot

für alleundFastenopferdurchgeführtwer-densoll,geschiehtimWissenumdengewerk-schaftlichen Kontext vor Ort, der oft vielrestriktiveralsinEuropaist.

Die unentbehrliche «mobilisierung von unten»

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ErgänzendzudenNichtregierungsorganisa-tionen(NGO’s),sindunabhängigeGewerk-schaftenwichtigePartner.SieverfügenübereineprofundeKenntnisderArbeitgeber-Ar-beitnehmer-Dynamikundkennenaufgrundihrer privilegierten Position innerhalb derInternationalenArbeitsorganisationILOdieaktuellenEntwicklungen.RobertSteiert,Verantwortlicherfürdieelek-trischeundelektronischeIndustrieimInter-nationalen Metallgewerkschaftsbund IMBmitSitzinGenf,siehtesso:

Wie kann man arbeiterinnen und arbeitern in einem umfeld, das für gewerkschaftliche freiheiten wenig offen ist, eine stimme geben?FüreinenbestimmtenZeitraumgibtessicher-lichdieMöglichkeit,dassinternationaleGe-werkschaftsorganisationenundNichtregie-rungsorganisationenstellvertretenddieBe-langevonAngestellteninderInformations-und Kommunikationsindustrie vertreten.Mittelfristigistesjedochabsolutnotwendig,dassdasRecht,sichinfreienGewerkschaftenzuorganisieren,überallanerkanntundum-gesetztwird.DiesmussdurchDruckaufRe-gierungengeschehen,welchedieILO-Konven-tion87(Vereinigungsfreiheit)nichtanerken-nen bzw. nicht ratifizieren und umsetzen.DiesmussaberauchdurchDruckaufUnter-nehmengeschehen,diebevorzugtinLändernproduzieren bzw. produzieren lassen, indenendieKernarbeitsnormenderILOnichtumgesetzt werden. Darüber hinaus mussauchdarangedachtwerden,Konsumentenzusensibilisieren,nurnochProduktezukaufen,diedorthergestelltwerden,wodieseGrund-rechtederArbeiterinnenundArbeiterreali-

siertsind.LetztlichbedarfesdabeiaberauchderBereitschaftderbetroffenenAngestell-ten,sichzuorganisierenundihreInteressengemeinsam und solidarisch zu vertreten –auchwenndieszuKonfliktenmitUnterneh-menundRegierungenführenkann.

Wie können sich Ngo’s und gewerk­schaften bei dieser mobilisierung ergänzen?NGO’sundGewerkschaftenkönnensichge-genseitigunterstützen,dieInteressenderAr-beitnehmeraufzugreifen.InmanchenLändernhabenNGO’seinbesseresImagealsesdieGewerkschaften,diemanchmaldienotwen-digeUnabhängigkeitgegenüberRegierungen,ParteienoderauchUnternehmenvermissenlassen. In einigenLändernhaftetdendor-tigen Gewerkschaften auch der Ruch derKorruption an. Hier haben es NGO’s oftleichter,KontaktezuArbeitnehmernzuent-wickelnundwerdenehervondiesenakzep-tiert.Zielsetzungsollte jedochimmersein,diese Arbeiterinnen und Arbeiter letztlichauchzuüberzeugen,ihreInteressengemein-samundsolidarischzuvertretensowienot-fallsneueundunabhängigeGewerkschaftenzugründen.NGO’ssolltendabeimitfreienundunabhängigenGewerkschaftenzusam-menarbeiten,siesolltenkeinesfallszuErsatz-gewerkschaftenwerden.Gewerkschaftenwie-derumsolltenanerkennen,dassineinerReihevonFällenNGO’sleichterZugangzuBeleg-schaften bekommen und sollten ihrerseitsVorurteileundHemmungenablegenunddieZusammenarbeitmitNGO’ssuchen.

Nichtregierungsorganisationen und gewerkschaften: eine partnerschaft mit synergiepotenzial

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Brot für alle und Fastenopfer verlangen von Hewlett­packard, Dell, acer, apple und fujitsu siemens:– EngagierenSiesich,indemSieineinedauerhafteZusammenarbeitmit

IhrenZuliefererninvestieren,damitinderweltweitenProduktionskettekeineMissständemehrauftauchen:

•GarantierteMindestlöhne,dieeinExistenzminimumundeinLebeninWürdeermöglichen

•GeeigneteSchutzmassnahmenbeigesundheitsgefährdendenArbeiten •RegelungderArbeits-undRuhezeitensowiederenEinhaltung •Verbindlichkeit:ArbeitgeberundArbeitnehmer/-innendefiniereneinfestes

Beschäftigungsverhältnis •OrganisationsfreiheitundRechtaufkollektiveVerhandlungen •Diskriminierungsverbot(bezogenaufGeschlecht,Ethnie,Religionszugehörigkeit) •KeineZwangsarbeit •VerbotderKinderarbeit– UnterstützenSiedieWeiterbildungderArbeiterinnenundArbeiterinden

EntwicklungsländerninihrenRechten,indemSiemitdenlokalenOrganisationenundderZivilgesellschaftzusammenarbeiten.

Wir laden die Konsumentinnen und Konsumenten in der schweiz ein:– TestenSiediesozialeVerantwortungIhrerComputermarkeaufwww.fair-computer.ch– ÜbenSieDruckaufdieMarkenausundsensibilisierenSiedieVerantwortlichenfür

denComputereinkaufanIhremArbeitsplatz,inIhrerSchuleoderGemeindefürdieungenügendenArbeitsbedingungeninderComputerindustrieindemSiePostkartenderKampagneHighTech–NoRights?verschickenundweitergeben(füllenSiedenfolgendenBestellscheinaus).

ihr engagement kann etwas bewirken!www.fair­computer.ch

Verbesserungen notwendig: Was Brot für alle und Fastenopfer fordern

Feldstudien über die Sozialpolitik und dieRealitätindenProduktionskettenderwich-tigsten Computermarken auf dem europä-ischenMarkt,durchgeführtfürBrot für alleund Fastenopfer durch die Stiftung fürStudien multinationaler Unternehmungen,SOMO, in Zusammenarbeit mit verschie-deneneuropäischenKonsumentenorganisa-tionen:– ProfilderfünfwichtigstenMarken

aufdemSchweizerMarkt: Acer–Apple–Dell–FujitsuSiemens–

Hewlett-Packard– ProfilderdreiLändermitdenUnter-

lieferantendergrossenMarken: China–Philippinen–ThailandKostenloszumHerunterladenaufwww.fair-computer.ch

Wichtige links– InternationaleArbeiterorganisationILO

www.ilo.org– InternationaleFöderationderMetall-

arbeiterorganisationenFIOMwww.imfmetal.org

unsere Quellen

partner im süden– LabourActionChinaLAC

www.lac.org.hk– StudentsandScholarsagainst

CorporateMisbehaviourSACOMwww.sacom.hk

– WorkersAssistanceCentre,Inc.WACwww.wacphilippines.com

– AsiaPacificWorkersSolidarityLinksAPWSL

– CentreforLabourInformationServiceandTrainingCLISTwww.workers-voice.org/adtusite/banner.html

partner in europa und der schweiz– StiftungfürStudienmultinationaler

UnternehmungenSOMOwww.somo.nl

– FédérationRomandedesConsommateursFRCwww.frc.ch

– StiftungfürKonsumentenschutzSKSwww.konsumentenschutz.ch

Bestellschein

BitteschickenSiemirfolgendeInformationen:

Ex.Prospekte«HighTech–NoRights?»

mitPostkartenzumVerschickenan

Computermarken(gratis)

Ex.weitereBroschüren«HighTech–

NoRights?»(28Seiten)CHF9.–

InformationenüberBrot für alle

InformationenüberFastenopfer

BittehaltenSiemichLjjourȟberIhre

entwicklungspolitischenKampagnen

Name

Vorname

Adresse

PLZ/Ort

E-Mail

Geburtsjahr

Datum

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Die jungen Frauen, die unsere Hightech-Computerherstellen,lebenineinemanderenZeitalter.OftarbeitensiezwölfStundenproTag,siebenTagedieWoche,mehrereWochenhintereinander.IhrStundenlohnbeläuftsichaufwenigerals50RappenundihreAnstel-lungistebensounsicherwieriskant.GiftigeStoffegefährden ihreGesundheitund ihreFruchtbarkeit.Millionenvon ihnen,die inchinesischen Elektronikfirmen arbeiten,habennochnieeinenVertraggesehen.Diesbedeutet,dasssiesichillegalindenProduk-

tionszonenaufhaltenundihreRechtenichtverteidigenkönnen.AngesichtsdieserunbekanntenMissständeinderComputerindustriehabenBrot für alleundFastenopferentschiedenzuhandeln.MitderKampagne«HighTech–NoRights?»fordernsiedieKonsumentinnenundKonsu-menten inderSchweizauf, sichmit ihremEinkaufsverhaltenbeidengrossenMarken–Hewlett-Packard,Dell,Acer,Apple,FujitsuSiemens–fürdieRespektierungderfunda-mentalenArbeitsrechteeinzusetzen.

Brot für alleistderEntwicklungsdienstderEvangelischenKirchenderSchweiz.Brot für alle

unterstütztweltweitgegen400Entwicklungsprojekteund-programmein60LändernundführtjährlichwährendsechsWochenvorOsterneineSammlungs-undInformationskampagnedurch.DamitdieBenachteiligtenimSüdenihreLebensbedingungenselberverbessernkönnen,setztsichBrot für allefürgerechtereStrukturenein.

Brot für alle,Monbijoustrasse29,Postfach5621,3001BernTelefon0313806565,Fax0313806564,www.brot-fuer-alle.ch,[email protected]

Fastenopfer istdasHilfswerkderKatholikinnenundKatholikeninderSchweiz.Die350Projektein16LändernweltweitbauenaufdieStärkunglokalerGemeinschaften,indenensichMenschenzusammenschliessenundLösungenfürbessereLebensbedingungensuchen.FastenopferengagiertsichaufnationalerundinternationalerEbenefürbessereentwicklungs-politischeRahmenbedingungenundmehrGerechtigkeit.

Fastenopfer,Alpenquai4,Postfach2856,6002LuzernTelefon0412275959,Fax0412275910,www.fastenopfer.ch,[email protected]

Die Kampagne in Kürze