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Einfach begeistern Betriebsrat und Öffentlichkeit Beispiele aus der Praxis Hrsg. Michael Rasch und Martin Rzeppa

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Page 1: Einfach begeistern - ciando

Einfach begeisternBetriebsrat und ÖffentlichkeitBeispiele aus der Praxis

Hrsg. Michael Rasch und Martin Rzeppa

Eigentlich ist dies ein Reisebuch. Von Nordnach Süd, von Ost nach West. Auf den Reisentreffen wir Menschen, die unterschiedlichernicht sein können.

Manche meinen, Erfolge in der Betriebs- undTarifpolitik sei die beste Werbung. Anderefinden, dass wir viele attraktive Angebote für

Arbeit, Leben und Freizeit anbieten sollten,damit wir gegenüber Serviceanbietern kon-kurrenzfähig sind. Dritte wollen die Gewerk-schaft genauso professionell vermarkten wieTurnschuhe. Dann ist da noch die Gruppe, diemobilisierungsfähige Kampagnen, Bündnisseund Bewegungen von unten haben möchten.Dabei sind die verschiedenen Charaktere nichtin die Kompasszonen aufgeteilt, sondern pur-zeln quer durch’s Land.

Von allen handelt dieses Buch, alle finden sichwieder. Das ist das Schöne an dieser Reise. Vertrautes steht neben Neuem. Bremer Stadt-musikanten neben Wolkenkratzern. Gesam-melt von Michael Rasch und Martin Rzeppa.

ISBN 978-3-939928-51-5

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Hrsg. Michael Rasch und Martin Rzeppa

Einfach begeisternBetriebsrat und ÖffentlichkeitBeispiele aus der Praxis

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Danke an Barbara Einhoff, die redigierte und korrigierte,an Maren Rache, die layoutete und reinzeichnete, an Uta Ratz für die Illustrationen, an Andrea Lotsch für dieEndkorrekturen, viele Hinweise und Ablaufpläne und dieRuhe vor und nach dem Sturm. Und an Manuel Dotzauer,der Fehler gefunden hat, von denen wir nicht glaubten,dass es sie gibt.

An die Autoren Martin, Uta, Thomas, Michael, Udo, Michael,Manuela, Ira, Winfried, Bernhard, Barbara, Karin, Holger,Susanne, Micha, Hervé, Frederic, Ralf, Brigitte, Verena,Carmen, Bastian, Markus, Detlef, Achim, Kai, Maren undAxel. An die vielen ungenannten Unterstützer. An Martinaus der Praxis für die Hilfe und an Andrea für die Geduld.Sie ist übrigens das Modell auf den Seiten 81 und 82.Danke an Ute für alles. Danke dem Verleger, meinem Kollegen Klaus.

ImpressumHerausgegeben von Michael Rasch und Martin RzeppaPraxis für ÖffentlichkeitAltenwall 1228195 Bremenwww.gopraxisgo.de

Klaus Kellner VerlagSt. Pauli Deich 328199 Bremenwww.kellner-verlag.deISBN 978-3-939928-51-5

Das Copyright für die einzelnen Artikel und Bilder liegt bei den Autoren.Bremen 2011

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In diesem Buch schreiben wir unsere Ge-schichten und Methoden auf und erzählen,wie Öffentlichkeitsarbeit geht. Oder wie siegehen könnte, denn jeder Betrieb hat seineBedingungen. Einige Methoden sind ver-gleichbar und kopierfähig. Die Umsetzungkann allerdings nur vor Ort geschehen. JederBetrieb hat seine spezifischen Eigenheiten.Groß oder klein, Leiharbeiter, qualifizierteFacharbeiter oder Ingenieure, börsennotiertoder inhabergeführt, viel oder wenig Ge-werkschaft und und und.

Öffentlichkeitsarbeit hat auch immeretwas mit Ausprobieren zu tun. Wie heißt esdoch? Versuch macht klug. Nur wer seineLeistungen und seine Erfolge vermittelt,kann hoffen, dass die Belegschaft ihm folgt.

Ein Buch ist, auch wenn es so scheint, keinfertiges Produkt. Sondern nur ein Schritt, umdas Ziel zu verfolgen. Deshalb ist ein Vorwortauch nur ein Vorwort, in dem der Herausge-ber sagt, wie sehr er sich freut, dass die Kam-pagnen erfolgreich waren und dass sich diezarte Pflanze der Öffentlichkeitsarbeit, wennsie denn gegossen wird, zu einem mächtigenBaum entwickeln kann, der sich im Sturm hinund her wiegt, flexibel ist und trotzdem ste-hen bleibt.

Was tatsächlich neu ist, sind die Medien imBereich „Soziale Netzwerke“. Egal ob Twitter,Facebook, YouTube oder Blogs. Klar ist, dieArbeiten an der und um die Öffentlichkeitsar-beit werden nicht weniger. Klar ist, die jewei-ligen Zielgruppen wollen differenzierteAnsprachen. Klar ist auch, dass dieses Buch(vielleicht) das letzte unserer Art sein wird.Das nächste gibt’s als Fortsetzungsromanund digital.

„Tue Gutes, arbeite weiter und rede ab undzu mal drüber“, wäre das größte Geschenkfür uns.

Bis dann,Michael Rasch

Ein PS:Wir haben dem Buch und uns eine Strukturgegeben. Die Farbe grün bedeutet: Ein Methoden-Artikel, die Farbe Orange erzählteine Geschichte. Beides vereint eins: Es ge-hört zusammen und es ist spannend.

VORWORT

„Tue Gutes und arbeite weiter.“

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Seite 06 Das machen wir doch nebenbei?Martin Rzeppa, Praxis für Öffentlichkeit

Aufbruchstimmung seit April 2010Uta Wegmann, Betriebsrätin und Thomas Hänle, Betriebsratsvorsitzender SycoTec

Wir streiten für unsere ZukunftMichael Eilers, Betriebsratsvorsitzender und Udo Nobel, Stellvertretender Betriebsratsvorsitzender

Premium Aerotec Nordenham

Für einen starken AuftrittMichael Rasch, Praxis für Öffentlichkeit

I love ALU – ganz oder gar nichtManuela Schulz, Betriebsrätin Alcan Singen

Informationspolitik im WandelIra Riedl, Winfried Sicklinger und Bernhard Atzesberger, Betriebsräte ZF Passau

Schreiben ohne SchraubenBarbara Einhoff, TEXT:Barbara Einhoff

Wer gezielt schreibt, gewinntKarin Lührs, Betriebsratsvorsitzende, Holger Bischoff, Stellvertretender Betriebsratsvorsitzender,

Fr. Lürssen Werft Bremen und Martin Rzeppa, Praxis für Öffentlichkeit

Neue Kleider für einen guten BetriebsratSusanne Zürz, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, Sparda-Bank Hannover

Wie aus Mauerblümchen eine Schönheit werden kann…Micha Presser, Betriebsrat, MTU Friedrichshafen

Fotografieren: Ins rechte Licht gerücktHervé Maillet, Maillet Fotodesign Bremen

Jung. Engagiert. Sichtbar.Frederic Striegler, IG Metall Ulm

Wer gut kommuniziert, gewinnt!Ralf Behrens, Referent beim Betriebsrat VW Emden, Freier Supervisor und Organisationsberater

Die „Typen“, um die es gehtMichael Rasch, Praxis für Öffentlichkeit

Inhalt

Seite 14

Seite 20

Seite 30

Seite 42

Seite 50

Seite 58

Seite 64

Seite 68

Seite 72

Seite 80

Seite 84

Seite 100

Seite 76

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INHALT

Ratgeber aus RatlosigkeitBrigitte Heinicke, Betriebsrätin, Airbus Bremen

Wissen, worauf es ankommtVerena Rattey, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Betriebsrates, Volkswagen Financial Services

Wie aus Sympathisanten Fans werdenCarmen Bahlo, Betriebsratsvorsitzende ZF Brandenburg und Martin Rzeppa, Praxis für Öffentlichkeit

Erfolgreich kommunizierenMartin Rzeppa, Praxis für Öffentlichkeit

Am Tag, als der Betriebsratsvorsitzende zum Gemüsehändler wurdeMartin Rzeppa, Praxis für Öffentlichkeit

Betriebsratswahlen im GemüseladenMartin Rzeppa, Praxis für Öffentlichkeit

Shitstorm und ErfolgswelleBastian Bilker, Medien- und Kommunikationswissenschaftler

Energie für einen BetriebsratMarkus Büchting, IG Metall Chemnitz-Leipzig-Zwickau

Was Betriebsräte von Bayern München lernen könnenRalf Behrens, Referent beim Betriebsrat VW Emden, Freier Supervisor und Organisationsberater

Mach es richtig oder lass es sein!Achim Dietrich-Stephan, Stellvertretender Betriebsratsvorsitzender, ZF Friedrichshafen

Gewerkschaft soll Spaß machenDetlef Decho, Betriebsrat, Airbus Bremen

Was macht das Leben lebenswert?Kai Petersen, IG Metall Rendsburg

SchönschriftMaren Rache, Grafik Designerin, Atelier Krake Bremen

Vom Betriebsratsvorsitzenden, der nicht nur zwischen zwei Stühlen sitztAxel Janzen, Praxis für Öffentlichkeit

Quellen

Seite 106

Seite 112

Seite 124

Seite 132

Seite 138

Seite 146

Seite 152

Seite 162

Seite 168

Seite 176

Seite 184

Seite 190

Seite 204

Seite 208

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Seite 214

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Das machen wir doch nebenbei?Strategische Öffentlichkeitsarbeit als Projekt

Autor:Martin RzeppaPraxis für Öffentlichkeit

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Inzwischen wird es sich herumgesprochenhaben: Öffentlichkeitsarbeit ist kein Klacks. Denn allein mit der Einrichtung eines Be-triebsratsausschusses für Öffentlichkeitsar-beit ist es nicht getan. Auch reicht es nichtaus, auf das Intranet zu setzen. „Hofbericht-erstattung“ will schon lange niemand mehrhören. Und die Zeit der „Geheim“-räte sollteauch vorbei sein.

Viele Betriebsräte betreiben Öffentlich-keitsarbeit inzwischen als Schwerpunkt-aufgabe – und haben damit Erfolg. Ob im Öffentlichkeitsausschuss oder in einemKampagnenteam: Eine gelungene Kommu-nikation ist ganz nah dran an den Themenund wird Bestandteil des Projektes. Das hilftden Öffentlichkeitsarbeitern und auch denVerhandlungsführern unter den Betriebsräten.

So kann es gehen: Eine Bank steht vor gro-ßen Umstrukturierungen. Anhand diesesBeispiels wollen wir zeigen, wie aus einemProblem des Betriebsrats eine Kampagne fürdie Beschäftigten wird.

Ziele: Was wollen wir erreichen? Nach dem schnellen Abbau von Arbeitsplät-zen folgt nun die Umstrukturierung: Umor-ganisation, Austausch, Zusammenlegung,Zentralisierung.

Die Zukunft der Bank sichern und mehrChancen für beide Standorte – das sind Zieledes Betriebsrats. Diese Ziele wollen wir denEigentümern, den Kunden und den Beschäf-tigten vermitteln.

Zeitraum: Für welche Zeit wollen wir unsere Kampagne planen? Die Projektzeit für die Kampagne sollte einJahr zunächst nicht überschreiten.

Zielgruppen: Mit wem wollen wir kommuni-zieren? Bei wem sollen unsere Botschaftenankommen? Wir haben verschiedene Zielgruppen außer-halb des Betriebes: Eigentümer, Politiker,Journalisten, Kunden und Kommunen. Aberauch innerhalb der Bank sind die Zielgrup-pen unterschiedlich: „Lasst uns endlich wie-der in Ruhe arbeiten“, sagen die einen. „Jetztpassiert endlich etwas“ – „Veränderungenbringen auch Chancen“, meinen die ande-ren. Und viele befürchten Nachteile für sichund ihre Familie: „Gerade wir im Standort Awerden besonders verlieren.“

Meilensteine: Wie planen wir die Öffent-lichkeitsarbeit?Ein Meilenstein kann alles sein, was im Zeit-raum des Projekts passiert: Weihnachtenund Ostern, Ferien und Feiern. Aber auch Er-eignisse, die wir selbst schaffen: Betriebsver-sammlung, Protestveranstaltung, Streik.Meilensteine helfen, den Projektzeitraumsinnvoll zu untergliedern. Das macht denProzess übersichtlicher. So können Zwischen-ziele festgelegt und ihr Erfolg überprüft wer-den. Außerdem ist ein Meilenstein ein guterAnlass für die Kommunikation mit meinenZielgruppen und den Einsatz von Medien.

Eine Zeitleiste mit möglichen Meilenstei-nen entsteht: erste Information über Unter-nehmensziele, Geschäftsbericht, Verhand -lungen, über Interessensausgleich, Betriebs-versammlung, externes Gutachten liegt vor,Landtagsdebatte, Aufsichtsratssitzung etc.

METHODE | Das machen wir doch nebenbei?

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Projektgruppe: Wer ist dabei? Öffentlichkeitsarbeiter, Verantwortlicher fürdie elektronischen Medien, Redakteur derBetriebszeitung, freigestellter Betriebsrat,Experte aus dem Gesamtbetriebsrat oder derVerhandlungskommission.

Bei großen und wichtigen Projekten wiedem „unserer“ Bank wird eine Kampagnemeistens zur Chefsache gemacht. Die Öf-fentlichkeitsarbeiter und die Vorsitzendensowie deren Stellvertreter arbeiten also engverzahnt zusammen – am besten in einer Pro-jektgruppe, dann hat man den geringstenZeitverlust und ist ganz nah dran.

Inhalte: Welche Themen sind wichtig? Welche Botschaften sind richtig? Die Themen ergeben sich aus der Situationdes Betriebes und den Zielen des Betriebs-rats. Je nach Zielgruppe können sie sich un-

terscheiden. Sind die Themen noch unklar,hilft es, bei den Zielgruppen nachzufragen,welche Themen für sie wichtig sind.

Bei der Auswahl zählt das Motto „wenigerist mehr“. Als Maßstab gilt: nicht mehr alsdrei Themen pro Kampagne und Zielgruppe.Da müssen wir uns wohl oder übel entschei-den: Beschäftigungssicherung, Zukunft derProdukte, Qualifizierung, Eigenständigkeitder Bank, Zukunft der Standorte, Chancendurch Veränderung ...

Werte: Was ist uns und unseren Zielgruppen wirklich wichtig? Manchmal hat es den Anschein, als wären„Werte“ die neuzeitlichen „zehn Gebote“,die jedem Bürger als Verhaltensorientierungeinsichtig sein sollten. Für Mitarbeiter in Un-ternehmen sind das vor allem Verantwor-tungsbereitschaft, Toleranz und Teamfähig-keit. Dabei muss man allerdings zwischenäußeren und inneren Werten unterscheiden.Ein äußerer Wert orientiert sich eher an ge-sellschaftlichen Normen und drückt aus,welche funktionale Wichtigkeit und welchenNutzen eine Sache, Dienstleistung, Informa-tion oder Beziehung für einen Einzelnen odereine Gruppe hat. Ein innerer Wert hingegenbasiert auf subjektiven Erfahrungen mit Wer-ten, die sich im Gefühl verankert haben undsich als subjektives Werturteil oder persönli-che Wertschätzung ausbilden.

Für unsere Zielgruppen nutzen wir die Wertegruppen:- Familie und Zukunft - Leistung und Anerkennung- Chancen und Aufstieg- Gerechtigkeit- Sicherheit

Das Projektteam der IG Metall-Betriebsräte.

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In diesen Werten finden sich auch unsereThemen wieder. Zum Beispiel: Beschäfti-gungssicherung ist die Basis für Familie undZukunft. Die Raten für das Eigenheim blei-ben gesichert. Und wir können dort arbeiten,wo wir leben.

Nutzen und Mehrwert: Wie nutzt der Betriebsrat den Beschäftigten? Die Ziele und Leistungen des Betriebsratsübersetzen wir in Nutzen für unsere Beschäf-tigten. Auch für die anderen Zielgruppenbrauchen wir eine Übersetzung.

Also: Was bringen Sozialplan und Interes-sensausgleich? Welchen Mehrwert hat unserBetriebsrat in den Verhandlungen erreicht?Und welcher Nutzen steckt in den Umstruk-turierungszielen des Betriebsrats?

Das halten wir fest und arbeiten damit wei-ter im „Gemüseladen“. 30 bis 40 Nutzen soll-ten uns schon einfallen. Dann ist sicher auchetwas für alle Zielgruppen dabei.

Einwände: Wie reden die Beschäftigtenüber ihren Betriebsrat und dessen Ziele? „Ich finde eine konstruktive Zusammenarbeitmit dem Vorstand besser.“; „In der Vergan-genheit fühlte ich mich durch den Betriebsratkaum vertreten und schlecht informiert.“;„Sicherung der Arbeitsplätze bis 2011. Aberwas kommt danach?“ ...

Wir sammeln die Einwände aus den ver-schiedenen Zielgruppen und schreiben sieauf. Einwände sind Einladungen zum Dialog!Sie dienen uns als „Aufhänger“ für die Zei-tung, für Beiträge auf der Betriebsversamm-lung, für Flyer und Plakate. Wie in der Ge-schichte „Wer gezielt schreibt, der gewinnt“auf Seite 64 beschrieben.

Image: Wie werden wir von unseren Leutenwahrgenommen? Ein „Image“ ist ein aus sachlichen und emo-tionalen Bestandteilen zusammengesetztesdynamisches Gesamtbild von Menschen oderOrganisationen wie dem Betriebrat oder derGewerkschaft. Es kommt sowohl durch ei-gene als auch durch übermittelte, fremde In-formationen und Wahrnehmungen zustande.Soweit die Definition.

Ein gutes Image kann dem Betriebsrat helfen. Informationen über Ziele und Erfolgewerden eher positiv aufgenommen. Das gibtmehr Selbstvertrauen für die Kampagnenund auch Anerkennung und Unterstützungfür Betriebsräte.

Ein schlechtes Image ist hinderlich. Be-triebsräte ohne wahrnehmbares Profil tunsich schwer, Ziele und Werte zu vermitteln.Leicht bleibt es bei der Vermutung, dass dieda oben sowieso nur Kaffee trinken.

Image können wir messen. Zum Beispielmit den Imageprofilen der Praxis für Öffent-lichkeit. Dazu fragen wir nach: „Den Be-triebsrat der Bank empfinde ich als0 ...“Nicht nur vor Wahlen, sondern bei jederKampagne wissen wir, wie wir rüberkommen.„Etwas von gestern“ ist keine gute Imagevor-lage für einen Betriebsrat, der über die Zu-kunft der Bank verhandeln will. Die Image-werte „sehr zuverlässig“ und „gerecht“schon eher.

Das Imageprofil zeigt auf, wo wir schongut sind, aber auch, wo noch Luft nach obenist. Gute Öffentlichkeitsarbeit bietet vieleMöglichkeiten, ein Image zu verbessern.

METHODE | Das machen wir doch nebenbei?

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Projektsteuerung mit Zeitleiste Beispiel Lürssen

Ist das Projekt oder die Kampagnebeschlossen, gibt es viel zu tun. Daist es gut, immer den Überblick zubehalten. Eine Steuerung des Pro-jekts mit einer Zeitleiste hilft nichtnur bei Betriebsratswahlen. Aus denEreignissen werden Meilensteine.Damit dann auch etwas passiert, arbeitet das Team kontinuierlich, wie hier bei Lürssen. Medien gestal-ten und texten. Aktionen planen, besprechen und nachbesprechen.Und alles zur richtigen Zeit.

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Textbilder: Wie werden wir verstanden? Rahmenvereinbarung zur Überleitung umstruktu-rierungsbedingter Umsetzungen (RzÜuU) – wersoll das verstehen? Und sich auch noch dafürbegeistern?

Wir texten und gestalten so, dass es unse-rer Zielgruppe gefällt. Dazu orientieren wiruns an dem, was sie aktuell im Herzen be-schäftigt. Das können Notwendigkeiten sein.Oder Wünsche, Hoffnungen, Träume, ge-heime Sehnsüchte, aber auch Ängste, Kum-mer und Probleme. „Insights“ nennen dasdie Werber. Aufgabe des Texters ist es, dierichtigen „Insights“ zu definieren. Und zwarvor dem Schreiben. Dabei geht es darum,den Punkt zu finden, bei dem der Leser sagt:„Ja, die vom Betriebsrat, die verstehen mich.Die kennen meine Bedürfnisse.“

Ein guter Text geht direkt auf die „Insights“der Zielgruppen ein und kleidet diese in all-gemein verständliche Bilder. Gute Texte ge-ben Antworten und verpacken sie in Freudeund Nutzen. Aber jede Zielgruppe brauchtihr eigenes Textbild.

Fotos: Womit erzielen wir mehr Aufmerk-samkeit bei unseren Zielgruppen?Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Estransportiert Emotionen und Werte und istimagebildend. Und wenn wir uns erinnern,denken wir in Bildern.

Betriebsräte nutzen Fotos meist nur, umdie Kandidaten für die nächste Betriebsrats-wahl vorzustellen. Und gut kommen die Fo-tografierten selten rüber. Dabei ist es soeinfach: der Betriebsratsvorsitzende beimFußball; die Mitarbeiterin bei der Arbeit, zuHause und beim Hobby; der Vertrauens-mann mit seinem Enkel. Das sind die Bilder

von und für unsere Zielgruppen. Damittransportieren wir Sympathie und die Werte,die uns wichtig sind: Sicherheit, Zukunft, Familie und Chancen.

Medien: Was geht, was passt, was wirkt am besten? Das Intranet eignet sich für schnelle undkurze Infos oder zum Nachlesen von Doku-menten; die Betriebszeitung liefert Hinter-grund, Meinungen, spannende Geschichten,Details und Leserbriefe; Flyer, Plakate undPostkarten mobilisieren und werben für Be-teiligung; Versammlungen bieten eine guteBühne; Befragungen laden zum Dialog einund eine Broschüre fasst die wirklich wichti-gen Ergebnisse als Bilanz oder Handreichungzum Nachlesen hochwertig zusammen.

Aber alles zu seiner Zeit. Damit es auchwirkt. Denn wir wissen: Eine Botschaft mussbis zu acht Mal ausgesendet werden, damit90 Prozent unserer „Kunden“ sie verstehenund im Gedächtnis verankern.

Beteiligung: Wie holen wir die Beschäftig-ten ins Boot?Nicht spekulieren, sondern besser: fragen.Eine Belegschaftsbefragung zu den heißes-ten Themen, persönlichen Werten und zumImage des Betriebsrats kann ein guter Kam-pagnenbeginn sein. Die Beschäftigten fühlensich ernst genommen. Ein Dialog beginnt.Aber auch während der Kampagne kann eineBefragung sinnvoll sein, um die Stimmungauszuloten und darzustellen.

METHODE | Das machen wir doch nebenbei?

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Egal, wann eine Befragung durchgeführtwird – immer gilt: Wer fragt, muss auch ant-worten. Die Auswertung soll schnell, ehrlichund transparent erfolgen. Die Bewertungwird immer schriftlich festgehalten, zumNachlesen und Nachprüfen. Hierfür sind dasInternet und das Intranet gut geeignet. Pla-kate, „Spuckies“ oder Postkarten zeigen an,dass die Befragung ausgewertet ist und woman sie findet.

Aktionen: Wie können alle etwas gemein-sam auf die Beine stellen? Wie der Einsatz von Medien sind auch Mei-lensteine eine gute Gelegenheit, bei der alleBeschäftigten mit anpacken können: Betriebs-versammlungen, Abteilungsversammlungen,Sit-ins, Go-ins, „Familientag“, gemeinsameSprechstunde, Infostände in der Kantine undund und. Die besten Aktionen ergeben sichaus unseren Bildern und produzieren wiederneue sympathische Bilder für unsere Anlie-gen. Nicht vergessen: gute Fotos und Videosaufnehmen.

Etat: Was soll das kosten – und wer wirddas bezahlen?Zuerst sollte man prüfen, welche eigenenRessourcen zur Verfügung stehen. Dann kri-tisch hinterfragen: Brauchen wir externe Un-terstützung für die Grafik, den Druck, dieFotos? Wie sieht es mit einem Coach aus, derden Beginn des Projekts und die Strategieder Kampagne moderiert? Und was ist mitder Freistellung für die Macher der Kampagne?

Controlling: Was haben wir erreicht? Was ist noch zu tun?An allen Meilensteinen ziehen wir Zwischen-bilanz: Was war geplant und was wurde erle-digt? Welche Teilziele haben wir erreicht?Wie nah sind wir unserem Kampagnenzielschon gekommen? Müssen wir etwas ändernoder hinzufügen?

Sind die Kampagne zu Ende und das Pro-jekt abgeschlossen, bewertet das Team dieErgebnisse und stellt sie im Betriebsratsgre-mium und/oder auf einer Betriebsversamm-lung vor. Nicht vergessen: Erfolge sollengefeiert werden.

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METHODE | Das machen wir doch nebenbei?

Die Betriebsräte eines Betriebes in Süddeutschland sind besorgt. Es geht um ihren Standort und um die Sicherung der Arbeits-plätze in der Entwicklung. Auf dem Workshop entwerfen sie die Bausteine einer Kampagne. Das Projekt präsentieren sie inihrem Betriebsrat.

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Page 15: Einfach begeistern - ciando

Autoren:Uta Wegmann, BetriebsrätinThomas Hänle, BetriebsratsvorsitzenderSycoTec

Aufbruchstimmung seit April 2010Bei SycoTec steht das „Wir“ im Vordergrund

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Wir sind der neu gewählte Betriebsrat bei SycoTec. Das „Wir“ ist uns wichtig. Denn dieWahl im April 2010 glich einem Erdbeben:Von den neun zu wählenden Betriebsrats-Mitgliedern sind fünf absolut neu. AuchThomas, eines der langjährigen Mitglieder,wurde neu gewählt. Diesmal allerdings alsBetriebsratsvorsitzender. Natürlich sind wiralle motiviert, sogar hochmotiviert.

Aber wie kam es zu diesem Ergebnis? Nachder Analyse des Wahlergebnisses war schnellklar, dass auch der defensive Auftritt des vor-herigen Betriebsrates dazu geführt hatte.

Nach den turbulenten Jahren, in denentolle Ergebnisse erzielt worden waren, warendie Mitglieder ausgebrannt.

Zuerst das Ziel definieren: Aus dieser Er-kenntnis heraus definierten wir unser Ziel:Wir wollen die Betriebsratsarbeit transparentund informativ darstellen und unsere Kolle-ginnen und Kollegen mit auf die Reise neh-men. Sie beteiligen, sie fragen, ihnen ant-worten und, wenn möglich, zusammen mitihnen unsere Zukunft planen. Aber wie soll-ten wir diese große Aufgabe lösen? Wir sindTechniker (gehen aber trotzdem gern zur Ar-beit! Außerdem sind wir mehr „verdruckte“Allgäuer als oberschwäbische Häuslebauer).Und jetzt sollen wir uns Gedanken darübermachen, was wir wollen, was uns wichtig istund wie wir die Zukunft der Arbeit bei Syco-Tec gestalten? Das haben wir nicht gelernt.

Unterstützung musste her: Über unserenlokalen Bildungsträger, die BIKO, wurden wirauf das Seminar „Öffentlichkeitsarbeit“ auf-merksam. Wir entschlossen uns, da mal rein-zuschnuppern. Auch der Personalchef kom-mentierte unseren Antrag: „Zu zweit ein drei-

tägiges Seminar über Öffentlichkeitsarbeitzu besuchen, ist vollkommen überdimensio-niert!“ Wir fuhren trotzdem hin.

Denn wir wollten ein Betriebsratslogo füruns erarbeiten. Aber brauchten wir das über-haupt? Und wie sollte das aussehen? Neh-men wir die Farben des Unternehmens, dieSchrift, die Anordnung? Klar war, wir wolltenzeigen: Hier sind wir, wir sind neu. Außer-dem hat doch heute jeder so ein Logo. Syco-Tec hat eins, NIVEA auch. Sogar der Land-kreis hat sich ein neues Erscheinungsbildverordnet. Da wollten wir nicht zurückste-hen. Wir brauchten es auch für die Briefbo-gen, die Aushänge, Betriebsversammlungenund Plakate – eben für alles, was wir veröf-fentlichen. Denn die Beschäftigten solltensehen: Hier kommt der Betriebsrat!

Konstruktiv im Workshop: Wir wollten einLogo erarbeiten, die anderen Teilnehmerhatten andere Ziele: zum Beispiel Intranet-seiten kreieren, Briefe an die Beschäftigtenentwerfen, Azubi-Kampagnen entwickeln,die Betriebsversammlung neu gestalten –eine perfekte Aufgabenmischung.

Schnell machten wir uns an die Arbeit –was nicht so leicht ist, wie es sich anhört.Denn erst einmal mussten wir klären: Waswollen wir genau und was wollen unsere Be-schäftigten? Bei allem, was wir während desWorkshops taten, ging es um diese Frage –ob wir am Logo arbeiteten, Amtssprache inBeschäftigtensprache zu übersetzen, lernten,oder an der Präsentation unserer Arbeitser-gebnisse werkelten. Für die beste Präsenta-tion sollte es den BIKO-Award geben, eineArt „Oscar“ für Oberschwaben (ein bisschenkleiner als das Original, dafür liebenswerter).Unser Ziel war klar: Wir wollten den Pokal.

GESCHICHTEN | Aufbruchstimmung seit April 2010

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Ein neues Logo, ein Briefkopf, unsere Vorstellung, Antworten aufdie Fragen: „Was wollen wir?“,„Was ist uns wichtig?“ und jedeMenge Motivation.

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Page 18: Einfach begeistern - ciando

Und wir bekamen ihn. Wir waren sehr zufrie-den mit unserem Ergebnis. Und auch die an-deren Seminarteilnehmer konnten wir fürunsere Ideen begeistern, wie sie uns für ihre.Durch die Präsentationen haben wir auch ge-lernt, wie Betriebsratsarbeit in anderen Be-trieben zukünftig gemacht wird. Stolz fuhrenwir zurück.

Von der Theorie in die Praxis: Bei der nächs-ten Betriebsversammlung wollten wir nundas Erlernte in die Tat umsetzen. Nach demMotto „Weg mit dem Staub“ wollten wir denAblauf ändern. Seit Jahren glichen sich dieVersammlungen: Der Vorsitzende begrüßtund erzählt etwas zum Personenstand, derzweite Redner informiert über die Betriebs-ratstätigkeit, der Arbeitgeber über Umsatz-entwicklung und eventuelle Visionen. Dannkommt die IG Metall – die ersten Mitarbeiterverlassen den Saal – und zum Schluss gibt esFragen aus der Belegschaft, die dürftig aus-fallen, weil die meisten bereits die Versamm-lung verlassen haben.

Das wollten wir ändern. Aber wie? Indem wir1. interessant und verständlich informieren,2. die Mitarbeiter einbinden und 3. das Interesse wecken. Daraus folgte dasnächste „Wie“. Unsere Ideen dazu: 1. mehr Redner, die kürzer sprechen, 2. kurzer Break in Form einer Umfrage, 3. IG Metall vorziehen und 4. Fragen aus der Belegschaft.

Frische Ideen: Es herrschte Klarheit: Wirwollten uns geschlossen präsentieren. Ähn-lich wie beim Slogan der Aktion Mensch:„Das Wir gewinnt.“ sollte auch bei uns das„Wir“ im Vordergrund stehen. Als Versamm-lungsort bot sich unsere Festhalle an: für

1.000 Euro Miete bekamen wir 360 Sitz-plätze, eine Bühne mit Rednerpult und eine4 x 4 Meter große Leinwand.

Um zu symbolisieren, dass die Betriebsver-sammlung eine Veranstaltung des Betriebs-rates und der Kolleginnen und Kollegen istund wir ein Team sind, änderten wir die Sitz-ordnung: der Betriebsrat und die Vertreterinder Gewerkschaft sollten zwischen der Bühneund den Zuhörern sitzen; der Betriebsrat ge-schlossen an einem langen Tisch mit demGesicht zu den Mitarbeitern; die Geschäfts-führung platzierten wir in die erste Reihe mitdem Rücken zu den Mitarbeitern – auch, umdie Hemmschwelle in der Fragerunde herab-zusetzen. Natürlich waren die Geschäftsfüh-rer irritiert und sparten nicht mit scharfenBemerkungen. Zur Beruhigung der erhitztenGemüter stellte der Betriebsratsvorsitzendeihnen eine Flasche Wasser zur Verfügung.

Gut vorbereitet: Zwei Stunden vor Beginntrafen wir uns, übten die Reden, besprachendie Abfolge und diskutierten mögliche Ein-wände. Zum Soundcheck gab der Vorsit-zende Songs aus seiner Vergangenheit zum

GESCHICHTEN | Aufbruchstimmung seit April 2010

Die Umsetzung auf der Betriebsversammlung.

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Besten und endete letztlich mit Sprechge-sang eines katholischen Pfarrers. Soviel zumThema „Stress abbauen, ein Gefühl bekom-men und sich entspannen“. Nervös warenwir alle. Lampenfieber hatten viele. Der Vor-sitzende, für den dies die erste Betriebsver-sammlung sein sollte, besuchte noch öfterals sonst die Toilette.

Und die Vertreter der Jugend- und Auszu-bildenden stärkten sich nach der Probe ihres„Dialoges zu dritt“ sicherheitshalber im be-nachbarten Vereinsheim mit paniertemSchnitzel und Colaweizen für ihren nahen-den Auftritt. Ein guter Auftakt: Vier Betriebsräte begrüß-ten an den Eingängen die Kollegen sowie die Führungskräfte und überreichten jedemeinen Kugelschreiber – als Begrüßungsge-schenk und für die Umfrage. Das war schonmal was!

13.30 Uhr. Der Betriebsratsvorsitzende at-mete noch einmal tief durch, trat ans Red-nerpult. Stille. Dann: „Ich begrüße Euch …“Die Betriebsversammlung begann. Wir lasen– untermalt mit einer Powerpoint-Präsenta-tion – kurz vor, was die Leute erwartenwürde. Dann die Vortragenden: Der eine

punktete mit dem Thema „Arbeitszeitmo-dell“; die zweite sprach zum Thema „Leis-tungsentgelt“; und der Betriebsratsvorsit -zende erläuterte „Aktuelles und Zukünfti-ges“. Genauso, wie wir es uns vorstellten.Verschiedene Redner, nie langweilig.

Dann gehörte die Bühne den Jugend- undAuszubildendenvertretern. Sie hatten sichetwas Tolles ausgedacht: drei Jungs, 18, 19und 20 Jahre alt, führten wie zufällig ein Ge-spräch über ihre Themen: den zweiten Aus-bilder, den kaputten Tischkicker, den mög -lichen Azubi-Ausflug zu unserer Partnerfirmanach Frankreich und die Hoffnung auf fran-zösische Mädels. Der Hammer! So platzier-ten wir die Themen der Jugendlichen undmachten diese Veranstaltung zu ihrer Veran-staltung. Ihr Kommentar im Anschluss: „Deswar alles scho aufregend!“

Danach baten wir nicht etwa wie gewohntdie Geschäftsleitung, etwas zu sagen, son-dern unsere Gewerkschafterin. Damit woll-ten wir verhindern, dass die Leute vorzeitiggehen.

Nach der Pause starteten wir unsere Um-frage zum Thema „Das Image des Betriebs-rats“ – ein „Mitbringsel“ aus dem Workshopund ein mutiges Vorhaben. Denn wir warenerst sieben Monate in Amt und Würden. Aberwir wollten wissen, wo wir stehen und wie wirunsere Arbeit verbessern könnten. Währenddie Leute schrieben, zeigten wir zur Unter-haltung Bilder vom letzten Sommerfest aufder Leinwand und spielten den Song „DieGedanken sind frei“.

So sieht (angeblich) eine halbe scharfe Seele aus. Keinerkann’s überprüfen, jeder muss es glauben.

Die Jugend bei ihrem Auftritt. Viel half viel.

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Wir sammelten die DIN-A4-Blätter ein undbedankten uns. Leider konnten wir nichtgleich an die Auswertung gehen, denn dieGeschäftsleitung wollte noch sprechen, undauch die obligatorische Abschlussfrage standnoch aus: Irgendwelche Fragen? Wie meistgab es keine. Aber im Gegensatz zu früherwaren wir uns sicher, dass wir diesmal alleFragen schon vorher ausführlich beantwortethatten.

Katzenjammer – Jubelstürme? Bei scharfenSeelen (für Nicht-Oberschwaben: belegteBrötchen mit Rauchfleisch, Bergkäse, Zwie-bel, Tabasco, die im Ofen überbacken wer-den) und kühlen Getränken zogen wir einerstes Fazit – und wir freuten uns: Von denKollegen sowie den Vorgesetzten bekamenwir ein sehr positives bis begeistertes Feed-back, was sich auch mit den Umfrageergeb-nissen deckte. So was gab’s noch nie!

Und auch die Nachbesprechung am nächs-ten Tag ergab: Prima war’s! Das macht süch-tig und schreit nach mehr. Wir beschlossen,die Sitzordnung beizubehalten und den Ge-schäftsführer nächstes Mal an einem Tisch zuplatzieren (seine Notizen, die er auf denKnien geschrieben hatte, waren schlecht zulesen). Außerdem werden wir zukünftig dasRednerpult mit unserem Betriebsratslogoversehen und die Halle schmücken. Und wirwollen vorab über das Intranet oder in einempersönlichen Gespräch bei den BeschäftigtenFragen einholen und sie ermutigen, ihre Fra-gen auf der Versammlung zu stellen oder voneinem Betriebsratsmitglied stellen zu lassen(vor 300 Menschen zu reden, ist nicht jeder-manns Sache). Vielleicht werden wir auch

Diskussionen direkt nach den Rednern zu-lassen – dann ist der Bezug noch da und dasThema kann direkt beantwortet werden. Waswir behalten werden: die persönliche Begrü-ßung an den Eingängen und, wenn’s geht,auch das kleine Geschenk. Was wir wiedermachen wollen: die Umfrage im nächstenJahr. Das ist unser Messinstrument. Da kön-nen wir sehen, wie die Belegschaft uns siehtund ob wir besser geworden sind.

Auf jeden Fall sind wir mutiger geworden,trauen uns etwas zu und haben jede MengeSelbstbewusstsein getankt. Nicht schlechtfür so ein dreitägiges Seminar!

GESCHICHTEN | Aufbruchstimmung seit April 2010

Darauf sind wir stolz. Darauf bauen wir auf. Das Ergebnis ist freundlichabwartend.

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Autoren:Michael Eilers, BetriebsratsvorsitzenderUdo Nobel, Stellvertretender BetriebsratsvorsitzenderPremium Aerotec Nordenham

Wir streiten für unsere ZukunftBei der PAG Nordenham steht Beteiligung hoch im Kurs

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Beteiligungsorientiert, was heißt das eigent-lich? Wahrscheinlich eine ganze Menge –aber letztlich geht es immer darum, die Men-schen auf dem Weg einer Veränderung, einerEntwicklung durchgängig mitzunehmen,ihnen Möglichkeiten zu bieten, sich einzu-bringen und zu beteiligen. Bei Airbus warenwir 2006 gezwungen, ausgesprochen beteili-gungsorientiert eine Auseinandersetzung umdie Zukunft des Unternehmens und seinerStandorte zu führen.

Es war eine der längsten und härtestenAuseinandersetzungen zwischen „Kapitalund Arbeit“ in der Geschichte von Airbus.Entscheidend war auch in diesem Kampf,immer wieder die betriebliche und öffentli-che Meinungsführerschaft zu erringen.

In diesem Beitrag beschränken wir unsganz bewusst auf die Sicht- und Vorgehens-weise zur Öffentlichkeitsarbeit und Aktions-fähigkeit in Nordenham.

Das Werk Nordenham war zu dem Zeit-punkt einer von sieben Standorten der AirbusDeutschland und das Schwerpunktwerk fürdie Fertigung von Rumpfschalen aller Airbus-Flugzeuge innerhalb des deutschen Werks-verbundes. Mit rund 2.300 Beschäftigten istAirbus der größte Arbeitgeber in der Regionzwischen Weser und Jade.

Der Anlass: Bei der industriellen Produktiondes doppelstöckigen Airbus A380 warenMitte 2006 aufgrund von Managementfeh-lern diverse Nachbesserungen notwendig,die die Auslieferungen an die Kunden massivverzögerten und Airbus, neben dem immen-sen Imageschaden, eine finanzielle Krise be-scherte. Gleichzeitig musste der neue Lang-streckenjet A350 auf den Weg gebracht wer-den. Neben den drohenden Verlusten durchden A380 kamen zusätzliche Milliarden an

Entwicklungskosten für den A350 hinzu. Umdies finanziell zu meistern, beschloss dasManagement das Sanierungsprogramm„Power8“. Was allerdings an konkreten Vor-schlägen auf den Tisch kam, hatte nichtsmehr mit den Ursachen der Krise geschweigedenn mit deren Lösungen zu tun. Es warenim Wesentlichen die Klassiker des Kosten-senkens: massiver Personalabbau, „Konzen-tration auf das Kerngeschäft“ und in Folgedavon der Verkauf von Standorten!

Zeitnah informieren und beteiligen: AnfangOktober gab die Unternehmensführung die groben Überschriften des Power8-Pro-gramms bekannt und kündigte einen massi-ven Personalabbau an, aber noch keineWerksverkäufe. Die Bild-Zeitung wusste esallerdings mal wieder genauer und vermel-dete am 11. Oktober 2006 bevorstehendeWerksverkäufe, auch für Nordenham. DieBeschäftigten waren schockiert, wütend undverunsichert. Noch vor Arbeitsbeginn kon-frontierten Kollegen uns, den Betriebsrat,mit dieser Meldung und es stellte sich dieFrage, wie wir damit umgehen und daraufreagieren sollten.

GESCHICHTEN | Wir streiten für unsere Zukunft

Gemeinsam mit dem Gesamtbetriebsrat entwickelten wir eine Kampagne, die „Wir streiten für unsere Zukunft“ hieß und alle Standorte umfasste.Nicht nur Nordenham, sondern auch Laupheim und Varel. Der Claim hieß:„Wenn einer angegriffen wird, werden wir alle angegriffen.“ Das Motto hieltbis zum Schluss und ist Ausdruck des Zusammenstehens.

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