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Geschichte der Mathematik Sommersemester 2006 Prof. Dr. Joachim Hilgert Entwicklung der Darstellung und Dokumentation von algebraischen Sachverhalten Vortragsskript Gliederung: 1.Einleitung 2.Betrachtung des Themas anhand ausgewählter mathematischer Werke 3. Überblick über die Entwicklung einiger ausgewählter Symbole 4. Zusammenfassung 5.Quellen Christoph Vogelsang Husener Str. 6 33098 Paderborn Mail: [email protected] Lehramt für Gymnasien/Gesamtschulen Fachsemester: 6 MtrKlNr: 6265347

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Page 1: Entwicklung der Darstellung und Dokumentation von ...math- · Brahmagupta kannte ein Prinzip ähnlich der Äquivalenzumformung von Gleichungen und gab seine Lösungen auf diesem Wege

Geschichte der Mathematik Sommersemester 2006 Prof. Dr. Joachim Hilgert

Entwicklung der Darstellung und Dokumentation von algebraischen Sachverhalten

Vortragsskript Gliederung:

1.Einleitung

2.Betrachtung des Themas anhand ausgewählter mathematischer Werke

3. Überblick über die Entwicklung einiger ausgewählter Symbole

4. Zusammenfassung

5.Quellen

Christoph Vogelsang Husener Str. 6 33098 Paderborn Mail: [email protected] Lehramt für Gymnasien/Gesamtschulen Fachsemester: 6 MtrKlNr: 6265347

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1. Einleitung Die zentrale Fragestellung dieses Vortrages lautet: Wie wurden algebraische Sachverhalte im Laufe der Geschichte der Mathematik dargestellt und dokumentiert? Algebraische Sachverhalte sind im (engen) Sinne dieses Vortrags algebraische Gleichungen (Polynomgleichungen), sowie Verfahren und Erkenntnisse, die zur Lösung selbiger führen. Diese Frage umfasst sowohl die Art und Weise wie algebraische Sachverhalte gedanklich repräsentiert (Vorstellung), verbalisiert und verschriftlicht wurden (Notation, Symbolik), als auch den Sinn und Zweck mit der diese Sachverhalte dargestellt und dokumentiert wurden (Intention). Ebenfalls soll betrachtet werden, wie eine neue Art der Darstellung auf das mathematische Denken rückwirkt beziehungsweise neue Erkenntnisse ermöglicht. 2. Betrachtung des Themas anhand ausgewählter mathematischer Werke Da die Gesamtgeschichte der Darstellung von algebraischen Sachverhalten sehr komplex und umfangreich ist, soll in diesem Vortrag nur ein kurzer Überblick über die Entwicklung vom Altertum bis zum Ende des 16. Jahrhunderts gegeben werden. Dies soll anhand einzelner ausgewählter mathematischer Werke aus verschiedenen Epochen geschehen. Wo es möglich ist, wird versucht ein Bezug zu den Primärquellen herzustellen, ansonsten sind alle hier genannten Daten aus Sekundärquellen zusammengetragen. Zusätzlich wird ein kurzer Abriss der Entwicklung ausgewählter algebraischer Symbole gegeben.

Abb. 0: „Gliederung des Vortrags“

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2.1 Papyrus Rhind (ca. 1700 v. Chr.) Der Papyrus Rhind wurde nach dem schottischen Juristen A.H. Rhind benannt, der ihn 1858 in Luxor erwarb. Der Papyrus selbst wurde im Tempel Ramses II. gefunden. Titel des Papyrus (freie Übersetzung): „Genaue Darlegung des Wissens über alle existierenden Dinge, Mysterien und Geheimnisse. Dieses Buch wurde nun kopiert im Jahr 33 im vierten Monat der Überschwemmung unter der Herrschaft des Königs von Ober- und Unterägypten ‚A-user-Re’ [...] in Anlehnung an alte Schriften, geschrieben zur Zeit des Königs ‚Ne-ma.Re’. Der Schreiber A’h-mose schrieb dies.“ Der Papyrus Rhind ist ein Rechenhandbuch für ägyptische Beamten und behandelt in 87 Textaufgaben konkrete, praktische Fragestellungen (Lohnverteilung, Getreidebedarfsrechnungen, Flächen- und Volumeninhalte). Unter anderem enthält er aber auch Probleme, die das Lösen von linearen Gleichungen mit einer Unbekannten beinhalten. Die Unbekannte entspricht dem ägyptischen Wort Hau (‚h’), was soviel wie Menge oder Haufen bedeutet. Eine solche Rechnung wird daher auch Haurechnung genannt. Beispiel: Problem 26 „Eine Menge und ihr Viertel sind zusammen 15.“ Die Lösung wird in Form einer Art Rezept angegeben. „Rechne mit vier, davon musst du ein Viertel nehmen, nämlich eins; zusammen fünf“ Nun wird 15 durch fünf dividiert, das Ergebnis mit 4 multipliziert. Somit ist die gesuchte Menge 12.“ Diese Lösungstechnik wird von manchen Historikern als Beispiel für die Methode des einfachen falschen Ansatzes gehalten. Die ägyptischen mathematischen Werke enthielten auch geometrische Probleme, die durch das Lösen von quadratischen Gleichungen gelöst werden konnten. Auch hier wurden rezeptartige Lösungsalgorithmen angegeben. Sämtliche Probleme sind an konkreten Zahlenbeispielen orientiert, es gibt keinerlei Angaben für einen verallgemeinerten Lösungsalgorithmus und keinerlei Beweise. Weites gehend wird verbal repräsentiert, Symbole tauchen in Form von Zahlensymbolen auf. Vorstellung: sachorientiert Notation: verbale Beschreibung des Vorgehens zur Lösung, Zahlensymbole im Fließtext Intention: Handbuch für ägyptische Beamte

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Abb. 1: „Problem 24 des Papyrus Rhind“

Abb. 2 „Übersetzung von Problem 24 des Papyrus Rhind“

Die Babylonier verfügten ebenfalls über algebraische Kenntnisse bezüglich linearer und quadratischer Gleichungen. Ihre Darstellung soll hier aber aus Gründen des Umfangs nicht angegeben werden.

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2.2 Euklid – Elemente (ca. 300 v.Chr.) Euklids Elemente war das fundamentale Werk der griechischen Mathematik und diente noch 2 Jahrtausende nach erstmaligem Erscheinen als Lehrbuch. Die älteste erhaltene Handschrift stammt aus dem Jahr 888 n.Chr. Die Elemente wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt, ins Lateinische aus dem Griechischen (500 n.Chr.), ins Arabische (8. Jahrhundert n. Chr.), ins Lateinische aus dem Arabischen (erstmals 1120). Eine erste gedruckte Fassung erschien 1482. Die in den Elementen behandelten Probleme sind alle eher von geometrischer Natur, dem griechischen Zahlendenken folgend, in dem Zahlen durch Längen und Flächen repräsentiert wurden. Dementsprechend findet sich in den Elementen auch keinerlei explizite algebraische Notation oder Verbalisierung algebraischer Probleme, es sind aber durchaus geometrische Konstruktionen angegeben, die dem Lösen von algebraischen Gleichungen entsprechen. Beispiel: Proposition 11 aus dem II. Buch „Eine gegebene Strecke ist so zu teilen, dass das Rechteck aus der ganzen Strecke und dem einen Abschnitt dem Quadrat über dem anderen Abschnitt gleich ist“ Dies entspricht dem Lösen der Gleichung

!

a(a " x) = x2

+ ax = a2 .

Die Konstruktion dieser Lösung ist relativ langwierig (im Vergleich zum heutigen, formalen Vorgehen) und bleibt natürlich rein geometrisch. Das heißt, das jeder Lösungsschritt und jede Lösung rein geometrisch interpretiert wird und somit zum Beispiel nur positive, rationale Zahlen, als Lösungen einer solchen Gleichung angesehen werden. Allerdings kann diese Lösungskonstruktion als allgemeiner Lösungsalgorithmus für obige Gleichung und somit als ein Beweis für das „Funktionieren“ des Lösungsverfahrens angesehen werden. Vorstellung: rein geometrisch Notation: keine, geometrische Kostruktion Intention: wissenschaftliche Zusammenfassung, Lehrbuch Englische Version der Elemente im Internet: D.E.Joyce (Hrsg.): Euclids Elements. http://aleph0.clarku.edu/~djoyce/java/elements/toc.html

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Um den langwierigen Prozess der geometrischen Lösung eines algebraischen Problems deutlich zu machen, folgt hier nun Euklids Lösung für das oben genannte Beispiel.1 Proposition 11 aus dem II. Buch „Eine gegebene Strecke ist so zu teilen, dass das Rechteck aus der ganzen Strecke und dem einen Abschnitt dem Quadrat über dem anderen Abschnitt gleich ist“ Lösung:

Abb. 3: „Skizze zu Buch II, Proposition 11“

Die gegebene Strecke sei

!

AB. Man zeichne über

!

AB das Quadrat

!

AB2

= ABCD, halbiere

!

AC im Punkt

!

E , ziehe

!

BE , verlängere

!

CA nach

!

F und zwar so, dass

!

EF = BE . Zeichne nun über

!

AF das Quadrat

!

FAHG und ziehe

!

GH nach

!

K durch. Ich behaupte, dass man

!

AB in

!

H so geteilt hat, dass gilt

!

AB " BH = AH2

. Da die Strecke

!

AC in

!

E nämlich halbiert und

!

FA ihr angelegt ist, so ist

!

CF " FA + AE2

= EF2

nach Buch II, Proposition 6. Da aber gilt

!

EF = EB , ist

!

CF " FA + AE2

= EB2

. Es ist aber auch

!

EB2

= BA2

+ AE2

, da der Winkel bei A ein rechter ist nach Buch I, Proposition 47. Also ist

!

CF " FA + AE2

= BA2

+ AE2

. Man nehme das gemeinsame

!

AE2

weg, dann ist

!

CF " FA = AB2

. Es ist nun

!

CF " FA = FCKG , denn

!

AF = FG und

!

AB2

= ACDB. Es ist also

!

FCKG = ACDB. Man nehme das Parallelogramm

!

ACKH beiderseits weg, dann gilt

!

HKDB = FAHG .

!

HKDB ist hier

!

AB " BH , denn

!

AB = BD und

!

FAHG = AH2

. Es ist also

!

AB " BH = AH2

. Dies ist die Behauptung.

1 Die Darstellung ist im Wesentlichen entnomenn aus: Kaiser, Hans; Nöbauer, Wilfried: Geschichte der Mathematik für den Schulunterricht. Verlag Höldner-Pichler-Tempsky: Wien; G.F.Freytag: München (1 Aufl.) 1984, S.101f

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In moderner Notation kann die Lösungskonstruktion folgendermaßen dargestellt werden. Zur Lösung der Gleichung

!

x2

+ ax = a2 ergänze zunächst auf beiden Seiten

der Gleichung

!

a2

4, um auf ein vollständiges Quadrat zu kommen. Dies entspricht der

Konstruktion des Punktes

!

E . Das Quadrat über

!

BE ist gleich

!

AB2

+ AE2

= a2

+a2

4

nach Pythagoras. Zieht man auf beiden Seiten die Wurzel, so erhält man

!

x +a

2=

5

4a2 , wobei man natürlich nur die positive Wurzel beachtet. Es ist

!

x +a

2= EF und

!

5

4a2

= BE . Nun zieht man auf beiden Seiten

!

a

2 ab und man erhält

!

x =5

4a2"a

2. Dies entspricht der Strecke

!

AF = BE " AE .

Abb 4. „Eine Seite aus einer lateinischen Übersetzung des Euklid“

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2.3 Diophant – Arithmetica (ca. 300 n. Chr.) Diophant war der erste (Europäer), der eine Symbolnotation zur Darstellung seiner Erkenntnisse benutzte. Auf den ersten Seiten seiner ‚Arithmetica’ gibt Diophant selbst die Bedeutung dieser Symbole an. Die Unbestimmte (

!

x in heutiger Notation) wird von Diophant als „eine unbekannte Anzahl von Einheiten“, als Zahl, definiert. Sie wird symbolisch durch das Zeichen

!

" repräsentiert. Unbekannte Quadrate und Kuben bzw. Potenzen werden auf folgende Weise symbolisch dargestellt:

!

x2 entspricht

!

"# Quadratzahl

!

x3 entspricht

!

"# Kubikzahl

!

x4 entspricht

!

"#" Quadratquadratzahl

!

x5 entspricht

!

"#$ Quadratkubikzahl

!

x6 entspricht

!

"#" Kubikkubikzahl

Beachtenswert ist, dass höhere Potenzen nach einem additiven Prinzip gebildet werden. Zahlen, die nicht als Koeffizienten von Unbestimmten auftreten, heißen „Einheiten“ und werden durch das Hinzufügen des Zeichens

!

M

o

repräsentiert. Reziproke Werte werden durch ein nachgestelltes

!

" gekennzeichnet. Gleichheit wird durch die beiden Buchstaben

!

"̀# (Abkürzung für isos=gleich) repräsentiert, Addition erfolgt durch Juxtaposition der Summanden, Klammern gibt es nicht. Bemerkenswert ist, das Diophant sogar schon negative Größen betrachtete (zumindest in seiner

Notation). Diese werden durch das voransetzen des Symbols gekennzeichnet. Diophant gibt für diese Zeichen eine Vorzeichenregel an: „Das Produkt zweier verneinender Größen ist positiv, das Produkt einer verneinten und einer positiven Größe ist negativ“. Diophant kannte zwar negative Zahlen, sah sie aber anscheinend nicht als Lösungen an und vermied es sie in seinen Beispielen als Lösungen auftreten zu lassen (genauso wie irrationale Zahlen). Zahlen werden durch Buchstaben des griechischen Alphabets versehen mit einem Querstrich angegeben. Beispiel:

!

202x2

+13"10x =13 entspricht

!

"#$%&o

'(

!

"#$#%&o

#' . Sämtliche Probleme werden an konkreten Zahlenbeispielen deutlich gemacht. Diophant gibt allerdings für das Lösen von linearen Gleichungen mit einer Unbekannten eine Art allgemeinen Lösungsalgorithmus an. Er schreibt, man solle auf beiden Seiten addieren, bis die Ausdrücke auf beiden Seiten der Gleichung alle positiv sind. Dann soll man wiederum Gleiches von Gleichem abziehen, bis auf beiden Seiten jeweils nur ein Term übrig ist. Diophant spricht auch von der Angabe eines ebensolchen Algorithmus für quadratische Gleichungen, allerdings ist die entsprechende Textstelle nicht erhalten. Diophant selbst benutzte seine Notation im Fließtext, allerdings nicht konsequent. Teilweise beschreibt er einen Sachverhalt nur verbal, wenn das jeweilige Symbol aussagekräftiger wäre. Diophants Symbolgebrauch kann daher als „synkopiert“ bezeichnet werden. Von den 13 Bänden der Arithmetica sind nur die Bände 1-10 erhalten, teilweise in griechisch (15. Jhdt.), teilweise in arabischer Übersetzung (erst 1982 gefunden).

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Vorstellung: Zahlen als Anzahl von Einheiten Notation: eigene Symbolik (angelehnt an das griechische Alphabet) Intention: mathematisches Handbuch (?)

Abb. 5: „Titelblatt einer arabischen Übersetzung der Arithmetica“

Abb.6: „Ein Ausschnitt aus dem griechischen Text der Artihmetica“

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2.4 Brahmagupta – Brahmasputasiddhanta (628 n. Chr.) Brahmagupta war indischer Mathematiker und Astronom und leitete das astronomische Observatorium Ujjain. „Brahmasputasiddhanta“ ist ein Werk über die traditionelle indische Astronomie, dessen Titel bedeutet „Die richtige bewährte Lehre des Brahman“. In den Kapiteln 12 bis 18 schrieb Brahmagupta allerdings über die zwei Hauptfelder der indischen Mathematik pati-ganita („Mathematik der Prozeduren“) und bija-ganita („Mathematik der Saat“, Gleichungen). Dieses Werk wurde ca. 771 n.Chr. ins Arabische übersetzt und beeinflusste die arabische Mathematik nachhaltig. Brahmagupta selbst sah sein Werk als eine Art Lehr- und Handbuch für Rechenmeister. Brahmagupta –wie überhaupt die indischen Mathematiker- benutzte Abkürzungen und Initialen als Symbole. Negative Größen wurden mit einem Punkt gekennzeichnet (und als Lösungen zugelassen). Division wurde durch das Untereinanderschreiben von Dividend und Divisor repräsentiert. Ebenso wurden die zwei Seiten einer Gleichung nicht nebeneinander, sondern untereinander geschrieben. Die Symbole für Unbekannte sind die Initialen für die Namen von Farben, bis auf die erste Unbekannte. Sie wird durch die Initialen des Wortes yávat-távat repräsentiert, was so viel heißt wie „so viel wie“. Ausgewählte indische mathematische Symbole folgen (alle Symbole sind in lateinischer Schrift angegeben und entsprechen den jeweiligen lauten der Sanskritsymbole). ru für Rupa absolute Zahl ya für yávat-távat die (erste) Unbekannte ca für calaca eine zweite Unbekannte ní für nílaca eine dritte Unbekannte pí für pítaca eine vierte Unbekannte pa für pandu eine fünfte Unbekannte lo für lohita eine sechste Unbekannte c für caranì Quadratwurzel ya v für ya varga

!

x2, Quadrat einer Unbekannten

Beispiel für eine Gleichung:

!

0x2

+10x " 8 = x2

+ 0x +1 entspricht ya v

!

0 ya

!

10 ru

!

8

"

ya v

!

1 ya

!

0 ru

!

1 Brahmagupta kannte ein Prinzip ähnlich der Äquivalenzumformung von Gleichungen und gab seine Lösungen auf diesem Wege an. Viele algebraische Erkenntnisse wurden verbal dargestellt, die Symbole im Fließtext angewandt, wobei sie eher als Schreibverkürzung dienten, als als echter mathematischer Sachverhalt. Brahmagupta kannte Lösungswege zur Lösung von quadratischen Gleichungen. Andere indische Mathematiker erweiterten die Symbolik auf höhere Potenzen, wobei sie anders als Diophant ein multiplikatives Prinzip verfolgten. Vorstellung: Abstrakter Zahlbegriff (?), negative Zahlen gleichberechtigt Notation: Abkürzungen und Initialien von Worten Intention: Mathematisches Lehr- und Handbuch

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Abb. 7: „Sanskritsymbole für unbekannte Größen“

Abb. 8: „ Ausschnitt aus S´ridharas Trisátiká“

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2.5 Al-Khwarizmi – Al-Kitab al-mustarah fi Hisab al-Gabr wa´l muqabalah (830 n.Chr.) Dieses Werk, das den Titel „Ein kurzgefasstes Buch über die Rechenverfahren durch Ergänzen und Ausgleichen“ trägt, beschäftigt sich systematisch mit linearen und quadratischen Gleichungen. Es zerfällt in drei Teile. Im zweiten und dritten Teil geht es um praktische Vermessungs- und Erbteilungsaufgaben. Das Herzstück ist der erste Teil, in dem Al-Khwarizmi sechs kanonische Gleichungstypen anführt, auf die sich alle quadratischen und linearen Gleichungen zurückführen lassen. Alle Gleichungen enthalten nur positive Koeffizienten. Zur Lösung eines jeden Gleichungstyps werden nun jeweils ein oder zwei Lösungsbeispiele angegeben, dieser Lösungsweg dann verallgemeinert und mit geometrischen Mitteln, in Tradition der griechischen Mathematik, bewiesen. Sämtliche Gleichungen werden verbal repräsentiert, ebenso die Zahlen, für die ausgeschriebene Wörter verwendet werden. Es werden geometrische Skizzen zur Veranschaulichung angegeben. Obwohl die Werke Diophants und der Inder bekannt waren, schafften es die arabischen Mathematiker nicht, eine geeignete Symbolsprache zu entwickeln. Beispiel: „Das folgende Beispiel ist ein Beispiel von Quadraten und Wurzeln gleich einer Zahl. Ein Quadrat und zehn Wurzeln ist gleich neununddreißig Einheiten. Die Frage in diesem Typ von Gleichungen ist daher folgende: Welches Quadrat gibt zusammen mit zehn seiner Wurzeln eine Summe von insgesamt neununddreißig? Die Lösungsmethode für diesen Typ von Gleichungen besteht darin, die Hälfte der Anzahl der Wurzeln zu nehmen. Die Anzahl der Wurzeln in unserer Aufgabe ist zehn. Nimm deshalb fünf, das mit sich selbst multipliziert fünfundzwanzig ergibt, einen Betrag, den du zu neununddreißig dazuzählst. Das gibt vierundsechzig. Daraus ziehst du die Wurzel, das ist acht. Von diesem Wert ziehst du die Hälfte der Anzahl der Wurzeln, also fünf, ab und du erhälst drei. Die Zahl drei stellt eine Wurzel des gesuchten Quadrats dar, das selbst neun ist. Neun gibt also das Quadrat an. Auf ähnliche Weise, wie viele Quadrate auch immer gegeben sind, muss immer auf ein Quadrat reduziert werden. Das folgende ist ein Beispiel für diese Reduktion: [...].“ Die gedankliche Repräsentation von Zahlen scheint geometrisch zu sein. Fundamental ist die Idee der Klassifikation verschiedener Gleichungstypen und die Angabe eines allgemeinen Lösungsalgorithmus für diese Typen, was zeigt, dass die Ähnlichkeit von verschiedenen konkreten Problemstellungen verstanden wurde. Im weiteren Verlauf der Geschichte unterscheiden arabische Mathematiker (besonders Omar Khayyam) geometrische und numerische Lösungsverfahren von Gleichungen, wobei sie allerdings immer noch nur positive Zahlen als Lösungen zulassen. Die Notation entwickeln sie nicht weiter. Vorstellung: wahrscheinlich geometrisch Notation: keine Symbolik, Fließtext Intention: Rechenhandbuch mit „wissenschaftlichem“ Teil

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Abb. 9: „Al-Khwarizmis sechs Gleichungstypen“

Abb. 10: „Seite aus Al-Khwarizmis Algebra“

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2.6 Chu-Shih-Chieh – Szu-yuen Yü-chien (1303) Chu-Shih-Chien war chinesischer Mathematiker und sein Werk „Der kostbare Spiegel der vier Elemente“ gilt als ein fundamentales Werk der chinesischen Algebra. Er behandelt in diesem Buch lineare Gleichungen mit bis zu vier Unbekannten, die als die vier Elemente bezeichnet wurden, das Elemente des Himmels, der Erde, der Menschen und der Dinge. Chu-Shih-Chieh benutzt eine bemerkenswerte und einzigartige Notation. Die Darstellung von Termen und Gleichungen erfolgt zweidimensional. Das Himmelselement wurde unter eine bekannte Größe geschrieben, welche auch „das große Extrem“ genannt wurde, das Erdelement links davon, das Element des Menschen rechts und das Element der Dinge über dem großen Extrem. In der folgenden Abbildung steht ( ) für die bekannte Größe und

!

x,y,z,u stehen für Himmel, Erde, Mensch und Ding. Quadrate werden einen Schritt über dem zugehörigen Element notiert. Multiplikation wird auf den Diagonalen der Figur repräsentiert. Koeffizienten werden als (chinesische) Zahl an die jeweilige Stelle geschrieben.

Abb. 11: „Chinesische Version“

Abb. 12: „Moderne Notation“

Es wird kein Zeichen für Gleichheit benutzt und alle Terme stehen auf derselben „Seite“ der Gleichung. Wie man sich leicht vorstellen kann, ist diese Notation recht unpraktisch und beschränkt bei der Darstellung komplexerer Gleichungen und Terme. Vorstellung: ---- Notation: zweidimensional, sehr symmetrisch Intention: mathematisches Lehrbuch

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2.7 Leonardo von Pisa – Liber abaci (1202) Fibonaccis Werk „Buch des Abakus“ soll hier zunächst stellvertretend für die frühen italienischen Algebraiker stehen. Die ältesten erhaltenen vollständigen Schriften sind Kopien aus dem 13. Und 14. Jahrhundert. Die Darstellung algebraischer Gleichungen und ihrer Lösungswege erfolgt anhand konrekter Beispiele und nahezu komplett verbal. Leonardo von Pisa verwendete die hindu-arabischen Zahlen. Symbolische Darstellung findet sich häufig nur kurz am Rand der Seiten und ist meist in einen rechteckigen Kasten eingefasst. Beeinflusst von arabischen Mathematikern benutzte Leonardo geometrische Figuren zur Illustration seiner algebraischen Rechnungen. Im Text werden häufig Abkürzungen zur Repräsentation von mathematischen Vorgängen verwendet. Das Produkt aus zwei Zahlen

!

a und

!

b wird beschrieben als

!

factus

!

ex.a.b. (wobei Leonardo zwei Zahlen auch wirklich als Buchstaben schrieb). Die Unbekannte

!

x wurde als

!

res oder

!

radix bezeichnet. Im folgenden Beispiel steht außerdem

!

census für

!

x2. Besonders das Konzept des Schreibens von Buchstaben für

beliebige Zahlen ermöglicht es einen allgemeinen Sachverhalt, knapp und prägnant darzustellen Beispiel: „Primus enim modus est, quando census et radices equantur numero. [...] Verbi gratia: duo census, et decem radices equantur denariis 30.“ Die erste Zeile lautet soviel wie: „Es ist eine erste Regel, wie Quadrate und Unbekannte gleich einer Zahl [sind]. [...] (in heutiger Notation)

!

2x2

+10x = 30. Höhere Potenzen wurden von Leonardo nach dem additiven Prinzip wie bei Diophant gebildet. Außerdem benutzte Leonardo eine Art Bruchstrich zur Darstellung der Division.

!

x2 entspricht

!

census

!

x3 entspricht

!

cubus

!

x4

entspricht

!

census

!

census

!

x5 entspricht

!

census

!

cubus Fibonacci kannte negative Zahlen und repräsentierte sie gedanklich als Schulden. Sie traten in Einzelfällen in entsprechenden Beispielen auf. Vorstellung: eher geometrisch/sachorientiert Notation: Abkürzungen im Fließtext, sporadische Symbolik Intention: Lehr- und Rechenbuch

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Abb. 13: „Seite aus dem „Liber abaci“

Im Laufe der Renaissance entwickelten verschiedene Mathematiker eine Vielzahl an verschiedenen Symbolen und Schreibweisen, die häufig stark regional begrenzt waren (hierzu später mehr). Durch die Erfindung des Buchdruckes Mitte des 15. Jahrhunderts erleichterte sich die Verbreitung und Dokumentation von algebraischen Sachverhalten. Die erste gedruckte Aritmetik erschien 1478. Sie wurde anonym im italienischen Treviso gedruckt und enthält einige arithmetische Symbolnotationen. Der Großteil der mathematischen Schriften enthielt aber dennoch hauptsächlich eine verbale Notation.

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Abb. 14: „Seite aus der ersten gedruckten Arithmetik“

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2.8 Luca Pacioli – Summa de Arithmetica, Geometria, Proportioni et Proportionalità (1494) Luca Paciolis Buch „Summa de Arithmetica, Geometria, Proportioni et Proportionalità“ spielte eine bedeutende historische Rolle, da es in der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts in Italien als das einführende Lehrbuch in die Mathematik galt. In diesem Werk fasste Pacioli das arithmetische Wissen seiner Zeit zusammen. Bemerkenswert ist, dass es als eine Art Handbuch für Kaufleute gedacht ist und daher konsequenterweise auf Italienisch und nicht Latein verfasst wurde. Die Summa enthält ebenfalls die erste geschlossene Darstellung der Methode der doppelten Buchführung. Die Darstellung der algebraischen Erkenntnisse erfolgt hauptsächlich verbal und bezogen auf sehr konkrete Zahlenbeispiele bzw. Sachbeispiele. Pacioli verwendet im Fließtext verschiedene Symbole. Die italienischen Wörter

!

piú

und

!

meno (plus und minus) werden repräsentiert durch die Abkürzungen

!

p~

und

!

m

~

. Die Unbekannte

!

x wurde „Ding/Sache“ genannt, italienisch Cosa, was symbolisch als

!

co. geschrieben wurde. Angelehnt an dieses Wort, bezeichnete man die Algebra (in Deutschland) zu dieser Zeit auch als „Coss“ und die Algebraiker als „Cossisten“. Quadrate der Unbekannten wurden abgekürzt durch ein

!

ce. für censo., Kuben durch

!

cu. für Cubo. Höhere Potenzen von Unbekannten wurden durch das multiplikative Prinzip der Inder gebildet, Primzahlpotenzen erhielten eigene Namen. Pacioli verwendete ein ähnliches Symbolsystem für die Schreibweise von höheren Wurzeln.

!

x2 entspricht

!

ce.

!

x3 entspricht

!

cu.

!

x4

entspricht

!

ce.

!

ce.

!

x5 entspricht

!

po.r

o (primo relato)

!

x6 entspricht

!

ce.

!

cu.

!

x7 entspricht

!

2o.r

o

!

ce. (secundo relato) Die Summa hatte einen recht großen Einfluss auf die Geschichte der Algebra in Europa und war das Lehr- und Arbeitsbuch für viele italienische Algebraiker wie z.B. Tartaglia. Pacioli selbst war Franziskanermönch und lebtet von 1445 bis 1514. Ab 1477 lehrte er an der Universität von Florenz Mathematik. Vorstellung: eher geometrisch/sachorientiert Notation: Abkürzungen im Fließtext Intention: Rechenhandbuch

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Abb. 15: „Zwei Seiten der „Summa“ von Pacioli“

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2.9 Girolamo Cardano – Ars Magna (1545) In Cardanos Werk „Große Kunst“ wurde erstmals ein numerisches Lösungsverfahren duch Radikale für kubische Gleichungen publiziert. In diesem Werk stellt Cardano die Erkenntnisse der Algebra seiner Zeit systematisch dar und gibt allgemeine Auflösungsformeln für das Umformen von Gleichungen in kanonische Gleichungstypen, allgemeine Formeln zur Reduktion des Grades einer Gleichung und diskutiert die Anzahl der Lösungen von Gleichungen. Das Buch kann also als Ansatz zu einer allgemeinen Gleichungstheorie verstanden werden. Cardano klassifiziert seine Gleichungen in Gleichungstypen mit positiven Koeffzienten, vereinzelt tauchen aber auch negative Koeffizienten auf. Bemerkenswert ist allerdings, dass auch negative Zahlen als Lösungen zugelassen werden. In Kapitel eins der Ars Magna schreibt er (auf Latein): „Weiteres wird man sich erinnern, dass 9 sowohl aus 3 als auch aus -3 ableitbar ist, den Negatives mal Negativem ergibt etwas Positives.[...] Ist daher eine gerade Potenz gleich einer Zahl, so hat ihre Wurzel zwei Werte, einen positiven und einen negativen, die einander gleich sind. Ist also

!

x2

= 9, so ist

!

x gleich

!

3 oder

!

"3 , [...]“ Positive Lösungen nennt Cardano ,

!

vera wahr, negative

!

ficta, fiktiv. Er kannte ebenfalls komplexe Zahlen verwendete sie aber so wie die negativen Zahlen eher katalytisch. Cardano betrachtet im Folgenden die Existenz von wahren Lösungen für kanonische Gleichungstypen, die fiktiven Lösungen stehen nicht gleichberechtigt neben den postiven Lösungen. Für jeden Gleichungstyp gibt Cardano einen allgemeinen Lösungsalgorithmus an und beweist diesen mit geometrischen Methoden. Für quadratische Gleichungen gibt er häufig mehrere Beweise an. Die Repräsentation dieser Algorithmen erfolgt verbal im Fließtext. Cardano benutzt im Fließtext auch eine symbolische Notation für Gleichungen, die auf Abkürzungen basiert. Beispiel:

!

1.quad p~

.2.pos.aeq.48. entspricht in heutiger Notation

!

x2

+ 2x = 48

!

r.pmp~

.6.cub.

!

80 entspricht

!

x5

+ 6x3

= 80 . Man beachte das der leere Zwischenraum im zweiten Beispiel die Funktion eines Gleichheitszeichens erfüllt. Wie an den Beispielen zu sehen ist, wendet Cardano diese Notation selbst nicht konsequent an und repräsentiert viele Sachverhalte zusätzlich und manches ausschließlich verbal. Bemerkenswert ist außerdem, dass die Angabe einer Lösung durch Radikale einen ersten Schritt zur Loslösung der Algebra von ihrem geometrischen Unterbau bedeutet und die Anerkennung von fiktiven Lösungen dies schon anzeigt. Vorstellung: geometrisch, katalytisch Notation: Abkürzungen Intention: systematisches mathematisches Lehrbuch

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Abb. 16: „Eine Seite aus Cardanos „Ars Magna““

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2.10 Michael Stifel – Arithmetica integra (1544) Stifels Werk dreibändiges„Arithmetica Integra“ ist insofern bedeutsam, als dass es die Ideen der italienischen Algebraiker aufgriff und diese Art algebraisch-algorithmisch zu rechnen in Deutschland populär machte. Das erste Buch handelt von arithmetischen Grundlagen, das zweite Buch ist ein Auszug aus Euklids „Elemente“ und das dritte Buch ist schließlich eine Einführung in die Algebra. Stifel behandelte als erster negative Zahlen als wirkliche Zahlen und ließ sie vollständig als Lösungen zu. Er stellt explizit fest, dass die negativen Zahlen kleiner als Null sind. Ebenfalls trug Stifel zur Verbreitung der gebräuchlichen algebraischen Notation bei. Genannt seien hier das Plus- und Minuszeichen, sowie das Wurzelzeichen (in Anlehnung an Christoff Rudolff). Stifel gibt einen allgemeinen algebraisch-numerischen Algorithmus zur Lösung von quadratischen Gleichungen an und führt im dritten Buch den Begriff Exponent ein. Ein Großteil der algebraischen Sachverhalte wurde immer noch verbal repräsentiert. Zusätzlich zu seinem mathematischen Lehrbuch „Arithmetica integra“ auf Latein, schrieb Stifel eine „Deutsche Arithmetica“, die „für den gemeinen Mann bestimmt war“ auf Deutsch. Beispiel:

Abb. 17: „Beispiel für die Notation von Michael Stifel“

Wie man erkennen kann, ist Stifels Notation schon dicht dran an der heute gebräuchlichen. Bemerkenswert ist außerdem, dass Stifel in der von ihm überarbeiteten Neuauflage von Christoff Ruldoffs „Coss“ unter dem Titel „Die Coß Christoffs Rudolffs mit schönen Exempeln der Coß durch Michael Stifel Gebessert und sehr gemehrt“ eine erste Standardform von quadratischen Gleichungen angab und somit die drei von Rudolff genannten Gleichungstypen in einem zusammenfasste. Er gab ebenfalls eine numerische Lösung durch Radikale an. In heutiger Notation sieht dies folgendermaßen aus.

!

x2

= ±ax ± b mit

!

a,b > 0 hat die einheitliche Lösung

!

x =a

2

"

# $ %

& '

2

± b ±a

2

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Diese Lösungsformel kann vollständig losgelöst von geometrischen Interpretationen gedacht werden und somit tatsächlich als algebraische Formel verstanden werden. Durch das Anerkennen von negativen Zahlen als wirkliche Zahlen erweitert sich der Raum zur Lösung von Gleichungen. Zu Stifels interessantem Lebenslauf empfiehlt sich ein Blick in die Quellen. Vorstellung: Zahlen als Zahlen Notation: Symbole im Fließtext, teilweise Symbolnotation Intention: Mathematisches Lehrbuch

Abb. 18: „Eine Seite aus Stifels „Arithmetica Integra““

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2.11 Ausblick Am Ende des 16. Jahrhunderts hat die Algebra sich stark von ihrem geometrischen Hintergrund gelöst und konnte als Regelwerk zum formalen Umgang mit Zahlen und Unbekannten aufgefasst werden. Die Entwicklung der anlytischen Geometrie durch Descartés (1596 - 1650)ermöglichte zudem eine völlig neue geometrische Interpretation von Lösungen für algebraische Gleichungen, ausgehend von der Algebra. Die algebraischen Symbole wurden im weiteren Geschichtsverlauf noch weiterentwickelt und sorgten mit ihrem Formelapparat für eine weitere Abstrahierung von algebraischen Sachverhalten. Der erste, der mathematische Symbolik in auch heute noch gebräuchlicher Form verwendete eben René Descartés. Er verwendete konsequent Plus- und Minuszeichen, Wurzelsymbole, benutzte die letzten Buchstaben des Alphabets für die Darstellung von Unbekannten und stellte als erster Potenzen in der heutigen Schreibweise dar.

Abb. 19: „Eine Seite aus Descartés „La géométrie“ (1637)“

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3. Überblick über die Entwicklung einiger ausgewählter Symbole Kurz beschrieben wird die Entwicklung einiger noch heute gebräuchlichen Symbole, genauer des Plus- und Minuszeichens, des Gleichheitszeichens, des Zeichens für Multiplikation, des Zeichens für Wurzeln und für Exponenten. 3.1 Plus- und Minuszeichen Im 15. Jahrhundert wurden Addition und Substraktion durch das Ausschreiben der Wörter plus und minus repräsentiert. Häufig wurden auch nur die Anfangsbuchstaben p und m benutzt und durch einen Querstrich als Operationszeichen kenntlich gemacht.

Abb. 20: „Abkürzende Symbole für Plus und Minus“

In einer Dresdener Handschriftensammlung von 1481 tauchen zum ersten Mal die Symbole

!

+ und

!

" für die entsprechende Operationen auf (in einer lateinischen Ausgabe einer deutschen Algebra). 1489 veröffentlichte Johannes Widman sein Buch „Behende vnd hubsche Rechnung auf allen kauffmanschafft“, welches das erste gedruckte Zeugnis für die Verwendung dieser beiden Symbole darstellt. Er betont, dass beide Zeichen nicht neu sind, wahrscheinlich waren sie schon länger im kaufmännischen Bereich im Einsatz. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts verdrängten die Symbole für Plus und Minus alle anderen bekannten Schreibweisen.

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Abb. 21: „Entwicklung der Additions- und Substraktionssymbole“

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Abb. 22: „Eine Seite aus Widmanns Algebra-Manuskript“

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3.2 Multiplikationszeichen Das Andreas-Kreuz

!

" als Symbol für die Multiplikation als Operation taucht 1618 erstmals in einem anonym verfassten Anhang zur englischen Übersetzung von John Napiers „Descriptio“ auf. In expliziter Form benutzte es William Ougthred in seinem 1628 veröffentlichten Werk „Clavis Mathematicae“. Vorher konnte das Kreuz als ein Symbol für eine Vielzahl von mathematischen Operationen stehen und war häufig mehr ein arithmetisches Hilfsschema, als ein Operationssymbol. Häufig wurde Multiplikation auch einfach durch eine horizontale Linie angedeutet (wie bei der Multiplikation von Brüchen bei Michael Stifel). Der Punkt (

!

" ) wurde explizit erstmalig von Leibniz 1698 erwähnt und verwendet. Es wird vermutet, dass er allerdings schon früher, nämlich im 1631 veröffentlichten Manuslkript „Analyticae Praxis ad Aequationes Algebraicas Resolvendas“ von Thomas Harriot verwendet wurde. Seine Verwendung als Multiplikationssymbol ist allerdings umstritten. Der Stern (*) wurde erstmalig 1659 von Johann Rahn in „Teutsche Algebra“ verwendet. In einigen Dokumenten des 15. Jahrhunderts wurde die Multiplikation, wie in Michael Stifels „Arithmetica Integra“ allerdings schon durch Juxtapostion repräsentiert.

Abb. 23: „Multiplikationssymbole“

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3.3 Gleichheitszeichen Im mittelalterlichen Europa wurde die Gleichheit von zwei Termen häufig durch das lateinische Wort „aequalis“ repräsentiert. Einige Autoren benutzten die Abkürzung „aeq.“. Im Laufe der Geschichte veränderte sich diese Abkürzung im Zuge der Vervielfältigung von mathematischen Texten zu einem aus den Buchstaben a und e zusammengesetzten Zeichen.

Abb. 24: „Altes Zeichen für Aequalis“

Ebenfalls verwendet wurde das lateinische Wort „faciunt“ (zu deutsch: ergibt). Das moderne Gleichheitszeichen ist eine vollständig neue Erfindung des englischen Mathematikers und Arztes Robert Recorde. In seinem Buch „The Whetstone of Witte“ (1557) schreibt er: "I will sette as I doe often in woorke use, a paire of paralleles, or Gemowe lines of one lengthe, thus: =, bicause noe. 2. thynges, can be moare equalle." Sein Gleichheitszeichen brauchte allerdings einige Zeit um sich durchzusetzen und war in England erst ab 1631 ein allgemein verbindliches Symbol. Auf dem europäischen Festland war im 17. Jahrhundert als Gleicheitssymbol folgendes im Gebrauch. Es wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts von Recordes Gleichheitszeichen verdrängt.

Abb. 25: „Decartés Gleichheitszeichen“

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Abb. 25: „Gleichheitssymbole“

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Abb.26: „Eine Seite aus „The Whetstone of Witte““

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3.4 Wurzelzeichen Im Mittelalter wurde zur Repräsentation von Wurzeln häufig der gestrichene lateinische Großbuchstabe R verwendet. Er stand für das lateinische Wort für Wurzel „radix“. Es konnte sich als Symbol noch bis zum Ende des 16. Jahrhunderts behaupten. Abweichend wurde das Wort in einigen Abhandlungen auch ausgeschrieben.

Abb.27: „Lateinisches Radix“

Eine deutsche Algebra aus der Dresdener Handschriftensammlung (1481) benutzt folgendes Symbol.

Abb.28: „Deutsches Radix“

Eine lateinische Algebra aus derselben Sammlung benutzt eine Punktnotation.

Abb. 29: „Neuner Radix“

Die ersten Autoren, die das moderne Wurzelzeichen benutzten waren Christoff Rudolff und Adam Riese. Bei Rudolff taucht es in gedruckter Form erstmals in seiner „Coss“ auf. Die heutige Form des Wurzelzeichens geht zurück auf Michael Stifel, der es in seiner „Arithmetica Integra“ verwendete.

Abb. 30: „Modernes Wurzelzeichen“

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Abb. 31: „Wurzelsymbole“

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3.5 Exponenten Wie schon im Verlauf des Vortrages gesehen, war die Darstellung von Potenzen im Verlauf der Geschichte eine eher mühsame. Positive ganze Zahlen wurden schon im 14. Jahrhundert zur Repräsentation von Potenzen verwendet, sie wurden allerdings noch nicht hochgestellt geschrieben. 1634 benutzte Pierre Hérigone in „Cursus Mathematicus“ ganze Zahlen zur Darstellung von Potenzen, die er aber hinter die Variablen schrieb und nicht hochgestellt.

!

a2,a3,a4 James Hume war 1636 der erste, der Exponenten in einer der heutigen ähnlichen Schreibweise benutzte. Der Exponent wurde durch römische Zahlen gekennzeichnet und hochgestellt geschrieben.

!

AIII

Die ersten Exponenten in moderner Notation wurden 1637 von Descartés benutzt. Negative, ganze Zahlen zur Darstellung von reziproken Werten wurden schon im 15. Jahrhundert Nicolas Chuquet geschrieben, in moderner Notation tauchen sie erstmals 1676 in einem Brief von Isaac Newton auf. Erstmalig werden Brüche als Exponenten schon im 14. Jahrhundert verwendet, natürlich nicht in moderner Notation. Verschiedene Mathematiker erwähnen sie daraufhin im Laufe der Geschichte, doch keiner von ihnen benutzt sie, bis sie in moderner Notation erstmalig 1676 im besagten Brief von Issac Newton auftauchen.

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4. Zusammenfassung: In Bezug auf die Entwicklung der Darstellung von algebraischen Sachverhalten soll hier eine kurze Zusammenfassung gegeben werden. Die Zahlvorstellung in der ‚westlichen’ Mathematik ist zu Beginn der Ideengeschichte der Algebra stark geometrisch geprägt, was dem griechischen Denken zu dieser Zeit entsprecht. Zahlen werden gedanklich als Strecken, Flächen und Volumina repräsentiert. Dementsprechend ist auch die Darstellung algebraischer Sachverhalte. Gleichungen wurden in Form geometrischer Probleme präsentiert und durch Konstruktionen gelöst. Vorteil war die Beweisbarkeit der angewandten Umformungen auf Euklids axiomatischem Gerüst. Nachteil dieser Art von Repräsentation war die mühsame Lösungsart und der begrenzte Zahlenraum. Nur positive (und rationale) Zahlen konnten „gedacht“ werden. Sämtliche Operationen wurden gedanklich geometrisch interpretiert. Diophant benutzte eine recht ‚moderne’ Symbolsprache, mit deren Hilfe er komplexe Sachverhalte kurz ausdrücken konnte. Für negative Ausdrücke gab er sogar Rechenregeln. Die Lösungen von Gleichungen wurden allerdings als positive Zahl gedacht, negative Zahlen waren noch nicht ‚gleichberechtigt’. Immerhin gab Diophant Unbekannte als Anzahl bestimmter Einheiten an. Die indischen Mathematiker hingegen kannten in diesem Zusammenhang derlei Probleme nicht und rechneten mit negativen Zahlen ohne Hemmungen (was sicherlich auch am indischen Zahlensystem lag). Sie repräsentierten ihre Erkenntnisse verbal, in der Notation unterstützt durch Abkürzungen von entsprechenden ausgeschriebenen Worten. Die arabischen Mathematiker kamen mit beiden Arten Algebra zu betreiben in Kontakt und orientierten sich allerdings stark an der griechischen Mathematik und ihrer Forderung nach Beweisbarkeit. Sie nutzten kaum symbolische Notationen, repräsentierten ihre Erkenntnisse verbal, übernahmen von den Indern allerdings das indische Zahlensystem. Die Chinesen entwickelten hingegen eine recht eigenwillige Notation, die die Weiterentwicklung der chinesischen Algebra stark bremste. Die Algebraiker der italienischen Renaissance erkannten die Notwendigkeit komplexe algebraische Sachverhalte durch eine entsprechende Notation auszudrücken und entwickelten –weitesgehend jeder für sich selbst- entsprechende Symbole, wobei die Gesamtdarstellung eher verbal blieb. Die Entwicklung der Symbole erfolgte daraufhin stark regional gefärbt, sowohl in Italien, als auch in Deutschland oder England. Einige von ihnen setzten sich auf dem ‚internationalen Markt’ durch und wurden hauptsächlich verwendet, während andere wieder verschwanden. Die Vorstellung von der geometrischen Zahl verschwand im Laufe dieser Entwicklung langsam. Neue Symbole ermöglichten ein neues formales Rechnen und deckte die Einschränkungen der geometrischen Vorstellungen auf. Negative Zahlen tauchten zunächst noch als fiktive Zahlen, als eine Art Nebenprodukt der Polynomgleichungen auf, bis sie schließlich als vollständige Zahlen gedacht werden konnten. Lösungsalgorithmen von algebraischen Gleichungen hingegen mussten immer noch geometrisch bewiesen werden. Die geometrische gedankliche Interpretation dieser Lösungsschritte wich aber langsam einer numerischen, abstrakten Vorstellung, in der diese in formaler Symbolnotation angegeben werden konnte. Mit steigender Entwicklung der Notation wurden bestimmte algebraische Umformungsregeln eher erkannt und sich noch weiter von Im Bezug auf die Dokumentation dominierten zu Beginn der Beschäftigung mit algebraischen Gleichungen konkrete Problemstellungen, häufig in einem Sachkontext, die beispielhaft gelöst wurden. Die frühen Publikationen hatten demnach eine Art Rechenhandbuchcharakter. Im Laufe der Entwicklung wurden

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diese Probleme jedoch von ihrem jeweiligen Sachkontext gelöst und mathematischer Form präsentiert, wobei allerdings immer noch konkrete Beispiele behandelt wurden. Diese Beispiele wurden dann verallgemeinert und in bestimmte Problemklassen bzw. Gleichungsklassen eingeteilt (vgl. die arabischen Werke), die mit einem Lösungsalgorithmus gelöst wurden. Dieses Prinzip, vom konkreten Problem, zur Verallgemeinerung, zur Klassifizierung und zur Lösung durch einen allgemeinen Algorithmus zieht sich durch die gesamte Entwicklung der Darstellung von algebraischen Sachverhalten. Mit steigender Symbolisierung wurden diese Algorithmen immer stärker formalisiert, so dass zum Ende dieser Entwicklung Lösungen bestimmter Gleichungstypen als Formeln beschrieben werden konnten. Die Rechenhandbücher wichen mit der Zeit immer mehr mathematischen Lehrbüchern und systematischen, wissenschaftlichen Sammlungen der gegenwärtigen algebraischen Erkenntnisse. Häufig wurden sogar explizite Rechenhandbücher für „Nichtgelehrte“ verfasst.

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5. Quellen 5.1 Literatur Cajori, Florian: A history of mathematical notations. Dover Publications: New York (1. Aufl.) 1928 Fuchs, Walter: Formel und Fantasie. Deutsche Verlagsanstalt: Stuttgart (1 Aufl.) 1976 Kaiser, Hans; Nöbauer, Wilfried: Geschichte der Mathematik für den Schulunterricht. Verlag Höldner-Pichler-Tempsky: Wien; G.F.Freytag: München (1 Aufl.) 1984 Wußing, Hans (Hrsg.): Vom Zählstein bis zum Computer – Mathematik in der Geschichte. Franzbecker: Hildesheim (1 Aufl.) 1997 Heath, Sir Thomas: Diophantus of Alexandria – a study in the history of Greek Algebra. University Press: Cambridge (1 Aufl.) 1910 Murthy, Bhanu: Ancient Indian Mathematics. Wiley Eastern: Neu Dheli;Bangalore;Kalkutta;Guwahati;Hyderabad;Lucknow;Madras; Pune (1 Aufl.) 1992 Scott, J.F.: A history of mathematics. Taylor&Francis: London (2 Aufl.) 1969 Borghi, Piero: Arithmetica (Facsimile-Druck). Graphos: München (1 Aufl.) 1964 Young, Lay Yong; Se, Ang Tian: Fleeting Footsteps – tracing the Conception of Arithmetic and Algebra in Ancient China. World Scientific: Singapur; New Jersey; London; Hong Kong (1 Aufl) 1992 Becker, Oskar; Hoffmann, Jos.: Geschichte der Mathematik. Athenäum-Verlag: Bonn (1 Aufl.) 1951 Wagner, Ulrich (Hrsg.): Das Bamberger Rechenbuch von 1483 (Facsimile-Druck). Akademie-Verlag: Berlin (1 Aufl.) 1998 Adam Ries: Rechenbuch (Facsimile-Druck). Satyr-Verlag: Brensbach/Odw. (1 Aufl.) 1978 5.2 Internetquellen School of mathematics and statistics; University of St. Andrews Scotland: History Topics Index. URL: http://turnbull.mcs.st-and.ac.uk/history/Indexes/HistoryTopics.html Helle, Matthias: Seminar Geschichte der mathematischen Notation – Vortrag vom 21.7.1999, FU Berlin, Institut für Informatik. URL: http://page.mi.fu-berlin.de/~froetsch/manosem/Helle/ Miller, Jeff: Earliest use of various mathematival symbols. URL: http://members.aol.com/jeff570/mathsym.html

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Miller, Jeff: Earliest Known Uses of Some of the Words of Mathematics. URL: http://members.aol.com/jeff570/mathword.html Overbay, Shawn; Schorer, Jimmy; Conger, Heather: Al Khwarizmi. URL: http://www.ms.uky.edu/~carl/ma330/project2/al-khwa21.html AG von zur Gathe, Uni Paderborn: Vorlesung Grundstudium Moderne Mathematik: Euklids Algorithmus. (Bildnachweis). URL: http://www-math.uni-paderborn.de/~aggathen/vorl/2000ss/euklid/ Encyclopeadia Britannica Online: Bramgupta. URL: http://www.britannica.com/eb/article-9016154 ZDF.de: Ein Mönch als Universalgenie. URL: http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/8/0,1872,2112808,00.html St. Michaels Gymnasium, Metten: Hyroniemus Cardano (Linksammlung). URL: http://www.kloster-metten.de/cardano.htm Meyer, Petra: Von Tartaglia, Cardano, kubischen Gleichungen und einem Gedicht – Vortrag anlässlich des Tages der Mathematik 1998. URL: http://www.mathematik.uni-kl.de/~meyer/Cardano/card.html Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft: Leibniz-Edition (sämtliche Originalschriften online). URL: http://www.leibniz-edition.de/ Schaper, Jürgen: Geschichte von Arithmetik und Algebra. URL: http://home.arcor.de/sjschaper/geschi1.htm Zahlenjagd.at: Poträt – Diophant von Alexandrien (Bildnachweis). URL: http://www.zahlenjagd.at/diophant.html Kobe University Library Digital Archive: Rare Books owned by Library for Humanities and Social Sciences. (Bildnachweis) URL: http://www.lib.kobe-u.ac.jp/kichosyo/e-index.html Wikipedia.de: diverse Einträge. (Bildnachweis) URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Hauptseite