entwicklungen in der schweizer...
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Technische Universität München
TUM School of Management
& swissCAR – University of Zurich
Entwicklungen in der Schweizer Automobilindustrie
Internationalisierung in Zeiten der Finanz- und Eurokrise
Developments in the Swiss Automotive Industry
Internationalisation in times of financial and Eurozone crisis
Master’s thesis
Lehrstuhl / Chair:
Prof. Dr. Dr. Holger Patzelt Lehrstuhl für Entrepreneurship Arcisstr. 21 80333 München
Eingereicht von / Submitted by:
Frederic Meyer-Scharenberg
Betreuer / Advisor: Msc. Rebecca Preller
Praxisbetreuer / Advisor of Business Partner:
Prof. Dr. Anja Schulze
Abgabe am / Date of submission:
09.09.2015
II
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Vereinfachtes Modell der Internationalisierungsentscheidung ........................... 5
Abbildung 2 Modell der Internationalisierungsentscheidung ................................................ 24
Abbildung 3 Geographische Verteilung der Produktionsstandorte ........................................ 36
Abbildung 4 Ausbau/Reduktion der Produktionskapazitäten nach Ländern ......................... 37
Abbildung 5 Geographische Verteilung der F&E-Standorte ................................................. 38
Abbildung 6 Ausbau/Reduktion der F&E-Kapazitäten nach Ländern ................................... 39
Abbildung 7 Business Model Canvas mit ausgewählten Beispielen ..................................... 45
Abbildung 8 Geschäftsmodell der Härtung AG ..................................................................... 46
Abbildung 9 Geschäftsmodell der Werkzeug AG .................................................................. 46
Abbildung 10 Geschäftsmodell der Drehteile AG .................................................................. 47
Abbildung 11 Geschäftsmodell der Elektronik AG ................................................................ 48
Abbildung 12 Geschäftsmodell der Dämmung AG ................................................................ 48
Abbildung B-1 Wechselkursentwicklung JPY/USD zwischen 1960 und 2000 ..................... 71
Abbildung B-2 Wechselkursentwicklung CHF/EUR zwischen 2006 und 2015 ..................... 71
Abbildung B-3 Kapitalbestand der Schweizerischen Direktinvestitionen im Ausland .......... 71
Abbildung B-4 Weltweite PKW-Absätze nach Märkten ........................................................ 72
Abbildung B-5 Weltweite PKW-Produktionszahlen nach Märkten ....................................... 72
Abbildung B-6 Vergleich der Leistungsarten von Stichprobe und Vollerhebung .................. 73
Abbildung B-7 Funktionen der Studienteilnehmer der swissCAR Studien 2008 und 2013 im
Unternehmen .......................................................................................................................... 73
Abbildung B-8 Auftragseingänge in der deutschen Automobilindustrie ab 2006 .................. 74
Abbildung B-9 Arbeitskosten im verarbeitenden Gewerbe der EU-Mitgliedsstaaten 2013.......
................................................................................................................................................ 74
Abbildung B-10 Unternehmenssteuern ausgewählter europäischer Länder im Vergleich ..... 74
III
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Kategorisierungsmöglichkeiten von Internationalisierungszielen ....................... 10
Tabelle 2 Internationalisierungsziele in der Produktion und F&E ...................................... 11
Tabelle 3 Kategorisierung von Standortfaktoren der Produktion und F&E ........................ 20
Tabelle 4 Eingrenzungsprozess bei der Auswahl der Stichprobe ....................................... 28
Tabelle 5 Verwendete Fragen der swissCAR Studien 2008 und 2013 ............................... 29
Tabelle 6 Darstellung einer Kreuztabelle ............................................................................ 31
Tabelle 7 Kreuztabelle der Auslandsstandortverschiebungen zwischen 2008 und 2013 .... 33
Tabelle 8 Veränderung der Auslandspräsenz zwischen 2008 und 2013 ............................. 35
Tabelle 9 Entscheidungskriterien bei der Selektion der Interviewpartner .......................... 42
Tabelle 10 Unternehmensziele der untersuchten Unternehmen ............................................ 50
Tabelle 11 Einfluss externer Faktoren auf die untersuchten Unternehmen .......................... 51
Tabelle 12 Unmittelbare Gegenmaßnahmen der untersuchten Unternehmen ...................... 52
Tabelle 13 Standortvorteile/-nachteile der untersuchten Unternehmen ................................ 53
Tabelle 14 Ressourcenausstattung der untersuchten Unternehmen ...................................... 54
Tabelle 15 Internationalisierungsaktivitäten der untersuchten Unternehmen ....................... 56
Tabelle C-1 Übersicht der wichtigsten F&E-Standortfaktoren............................................... 75
IV
Abkürzungsverzeichnis
ADI Auslandsdirektinvestitionen
AG Aktiengesellschaft
AZL Automobilzulieferer
BRA Brasilien
CH Schweiz
CHF Schweizer Franken
CHN China
DE Deutschland
F&E Forschung und Entwicklung
HBP Home-based players
IE International expanders
IT Informationstechnologie
JIS Just-in-sequence
JIT Just-in-time
KMU Kleine und mittlere Unternehmen
NAFTA North American Free Trade Agreement
OEM Original Equipment Manufacturer
USA United States of America
V
Zusammenfassung
Die veränderten makro- und mikroökonomischen Bedingungen seit Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008 stellten und stellen die Schweizer Automobilindustrie vor große und anhaltende Herausforderungen. Der Optimierung der globalen Wertschöpfungskette kommt dabei eine wachsende Bedeutung zu. Die vorliegende Studie untersucht, ob in der Schweizer Automo-bilindustrie eine Internationalisierung der Wertschöpfungstätigkeiten stattgefunden hat und welche Gründe hierfür entscheidend waren. Dazu werden zunächst die maßgeblichen Theorien zur Internationalisierung von Unternehmen diskutiert, deren Modelle erläutert und daraus schließlich ein Modell der Internationalisierungsentscheidung abgeleitet. Dieses berücksichtigt die Unternehmensziele und -ressourcen ebenso wie externe Faktoren und die Bedeutung von Standortvorteilen bzw. -nachteilen. Anhand einer Stichprobe von 33 Schweizer Automobilzulieferern wurde die Zunahme des Anteils der im Ausland wertschöpfenden Unternehmen untersucht. Es konnte eine statistisch signifikante Zunahme der Unternehmen mit Produktions- oder Forschungs- und Entwicklungsstätten im Ausland festgestellt werden, p = .020, 1-ß = .644, 𝜔 = .776. Zur Beantwortung der Frage der Kausalität wurden zudem leitfadengestützte Interviews mit den Entscheidungsträgern von fünf Schweizer Automobilzulieferern geführt. Drei dieser Unternehmen waren nicht internationalisiert, eines hatte sich seit dem Jahr 2007 stark internationalisiert und ein weiteres war bereits global aufgestellt. Die nicht internationalisierten Unternehmen nannten tendenziell niedrigere Lohnkosten als Hauptargument für eine Internationalisierungsstrategie. Die stärksten Einwände gegen die Internationalisierung wurzelten indes einerseits in nicht-ökonomischen Zielen und Einstellungen, beispielsweise in dem Bestreben, die eigene Unabhängigkeit zu wahren, andererseits in der Abhängigkeit vom Know-how der bestehenden Mitarbeiter. Für die bereits internationalisierten Unternehmen waren Absatz- und Lohnkostenvorteile entscheidende Argumente für die Internationalisierung. Zudem wurde beobachtet, dass die internationalisierten Unternehmen klare Gewinn- und Wachstumsziele mit höchster Priorität verfolgten und auf umfangreiche finanzielle und personelle Ressourcen zur Umsetzung dieser Ziele zugreifen konnten. So wird im Ergebnis deutlich, dass die Zielsetzungen der Unternehmen, ob wachstumszentriert oder von nicht-ökonomischen Überlegungen getragen, die Einschätzung der Lohnkostensituation und der Absatzchancen sowie schließlich das Mitarbeiter-Know-how die wichtigsten Einflussgrößen für Internationalisierungsentscheidungen darstellen. Für zukünftige Studien bieten sich die Ausweitung der Fallzahlen, die Erweiterung des theoretischen Modells und die Konzeptionierung eines praxisnahen Internationalisierungsleitfadens an.
VI
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis .............................................................................................................. II
Tabellenverzeichnis .................................................................................................................. III
Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................ IV
1 Einleitung ............................................................................................................................. 1
1.1 Zielsetzung und Abgrenzung .......................................................................................... 1
1.2 Stand der Forschung ........................................................................................................ 2
1.3 Vorgehen ......................................................................................................................... 3
2 Theoretische Grundlagen ..................................................................................................... 5
2.1 Makro- und Mikroökonomische Einflussfaktoren auf die Internationalisierung ............ 6
2.1.1 Wechselkursaufwertungen als Internationalisierungstreiber ................................... 6
2.1.2 Absatzmarkt- und Produktionsverlagerung in der Automobilindustrie ................... 8
2.2 Internationalisierungstheorie ........................................................................................... 9
2.2.1 Definition und Abgrenzung des Internationalisierungsbegriffes ............................. 9
2.2.2 Unternehmensziele und Internationalisierungsziele ................................................ 9
2.2.3 Eklektisches Paradigma ......................................................................................... 12
2.2.4 Stufentheorie .......................................................................................................... 14
2.2.5 Netzwerktheorie ..................................................................................................... 15
2.2.6 Ressourcentheorie .................................................................................................. 17
2.2.7 Standorttheorie ....................................................................................................... 18
2.3 Strategische Alternativen .............................................................................................. 21
2.3.1 Differenzierungsstrategie ....................................................................................... 21
2.3.2 Kostenstrategie ....................................................................................................... 21
2.3.3 Fokusstrategie ........................................................................................................ 22
3 Untersuchungsmodell zur Internationalisierung und Formulierung der Thesen ................ 23
3.1 Modell der Internationalisierungsentscheidung ............................................................ 23
3.2 Formulierung der Thesen für die quantitative Untersuchung ....................................... 25
3.3 Fragestellung der qualitativen Untersuchung ................................................................ 26
4 Quantitative Untersuchung ................................................................................................. 27
4.1 Untersuchungsrahmen ................................................................................................... 27
4.2 Erhebungsmethode und Datenaufbereitung .................................................................. 28
4.3 Auswertungsmethode .................................................................................................... 30
VII
4.4 Ergebnisse ..................................................................................................................... 33
4.4.1 Deskriptiv-induktive Analysen .............................................................................. 33
4.4.2 Deskriptive Analyse der Produktion ...................................................................... 36
4.4.3 Deskriptive Analyse der Forschung und Entwicklung ........................................... 38
4.5 Zusammenfassung ......................................................................................................... 39
5 Qualitative Untersuchung ................................................................................................... 41
5.1 Untersuchungsrahmen ................................................................................................... 41
5.2 Erhebungsmethode ........................................................................................................ 42
5.3 Beschreibung des Interviewleitfadens ........................................................................... 43
5.4 Auswertungsmethode .................................................................................................... 43
5.5 Beschreibung des Samples ............................................................................................ 44
5.6 Ergebnisse ..................................................................................................................... 49
5.6.1 Unternehmensziele ................................................................................................. 49
5.6.2 Einfluss externer Faktoren ..................................................................................... 50
5.6.3 Unmittelbare Gegenmaßnahmen ............................................................................ 51
5.6.4 Standortvorteile/-nachteile ..................................................................................... 52
5.6.5 Ressourcenausstattung der Unternehmen .............................................................. 54
5.6.6 Internationalisierungsaktivitäten ............................................................................ 55
5.6.7 Alternative Strategien ............................................................................................. 56
5.6.8 Zusammenfassung .................................................................................................. 56
6 Schlussfolgerungen und Ausblick ...................................................................................... 58
6.1 Die wichtigsten Beweggründe hinter Internationalisierungsentscheidungen ............... 58
6.2 Bedeutung für Forschung und Praxis ............................................................................ 58
6.3 Reflektion und Verbesserungsmöglichkeiten ............................................................... 59
Literaturverzeichnis .................................................................................................................. 60
Anhangsverzeichnis ................................................................................................................. 68
1
1 Einleitung
Die Zeit seit Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008 war geprägt von massiven
Herausforderungen an die Automobilhersteller und -zulieferer. Dem starken Absatzeinbruch
zu Beginn der Krise folgte eine rasche Erholung und starkes Wachstum im asiatischen und
südamerikanischen Raum. Wenige große Automobilhersteller orchestrieren heute ein globales
Netzwerk von Automobilzulieferern, in dem die Anforderungen an Qualität,
Entwicklungskompetenz, Kosteneffizienz und Internationalisierung stetig zunehmen.
Rund 300 Unternehmen in diesem Netzwerk erbringen Teile ihrer Wertschöpfung in
der Schweiz, einem noch immer stark industrialisierten Land in unmittelbarer Nähe der
wichtigsten Automobilcluster Europas. In Anbetracht der seit Beginn der Eurokrise
fortschreitenden Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber den Währungen der
wichtigsten Handelspartner stehen die Schweizer Unternehmen unter erhöhtem Druck. Die
Automobilindustrie ist hierbei in besonders hohem Maße betroffen, da sich ihre Kunden fast
ausschließlich im Ausland befinden. Der Vorstandsvorsitzende der Raiffeisen Schweiz
Genossenschaft, Dr. Pierin Vincenz, äußerte sich entsprechend drastisch zu der seit der
Aufhebung des Mindestkurses am 15.01.2015 bestehenden wirtschaftlichen Situation in der
Schweiz: ,,Ein starker Franken führt letztlich zu Deindustrialisierung und dem Verlust von
Zehntausenden von Arbeitsplätzen [...] Wenn wir uns für einen starken Franken entscheiden,
wird es den Werkplatz, wie wir ihn heute kennen, nicht mehr geben“ (Meyer, 12. Juli 2015).
Die aktuelle Situation hat somit weitreichende Implikationen sowohl für Unternehmen als
auch für den Industriestandort Schweiz.
1.1 Zielsetzung und Abgrenzung
Die veränderten Umweltbedingungen stellen sowohl Wissenschaftler als auch
Praktiker vor interessante Herausforderungen und eröffnen die Möglichkeit, die bestehende
Forschung im Bereich Internationalisierung zu vertiefen. Die vorliegende Arbeit konzentriert
sich auf einen Teilaspekt des strategischen Handlungsspektrums und hat sich zum Ziel
gesetzt, folgende Fragestellung zu beantworten: Findet in der Schweizer Automobilindustrie
eine Internationalisierung der Wertschöpfungstätigkeiten statt und wenn ja, welche Faktoren
tragen hierzu entscheidend bei? Untersuchungsgegenstand ist hierbei der Ausbau der
Produktions- sowie Forschungs- und Entwicklungskapazitäten im Ausland von 2008 bis Mitte
2015. Die Fragestellung wurde bewusst auf die Leistungserstellung eingegrenzt, da diese
2
Form der Internationalisierung im Gegensatz zu internationalen Beschaffungsstrategien und
Absatzmarktverschiebungen den Kern des Geschäftsmodells betrifft.
1.2 Stand der Forschung
Das Thema Internationalisierung, als eine der strategisch wichtigsten
Unternehmensentscheidungen, ist Gegenstand zahlreicher Forschungsarbeiten. Im Laufe der
Zeit haben sich mehrere Theorien etabliert, auf denen diese Arbeit aufbaut. Diese beziehen
sich in der Regel nur auf einen Teilaspekt der Internationalisierung und beschäftigen sich mit
den Kausalitäten, dem Zeitpunkt, dem Ort und der Vorgehensweise der Internationalisierung.
Eine der bekanntesten Theorien ist hierbei die Internalisierungstheorie. Diese wurde
von Buckley und Casson (1976, 1985) entwickelt und basiert auf der
Transaktionskostentheorie (Coase, 1937; Williamson, 1975, 1981). Laut
Internalisierungstheorie internationalisieren Unternehmen nur dann, wenn die
Transaktionskosten am freien Markt höher sind als die Transaktionskosten im eigenen
Unternehmen. Unter Transaktionskosten werden dabei Informations-, Kommunikations- und
Koordinationskosten verstanden, die durch Arbeitsteilung entstehen.
Die Verhaltenstheorie ist ein weiteres Gebiet, welches Einfluss auf zahlreiche
Internationalisierungstheorien hatte. Das Prozessmodell von Johanson & Vahlne (1977) ist
eines der bekanntesten. Es beschreibt das Vorgehen von Unternehmen bei
Internationalisierungen als stufenweise Erhöhung des Ressourceneinsatzes aufgrund
zunehmender Marktkenntnisse beginnend mit unregelmäßigem Export und endend mit
Tochtergesellschaften im Ausland. Laut dieser Theorie beginnen Unternehmen ihre
Internationalisierung in Märkten, deren psychologische Distanz zum eigenen Markt gering ist.
Zu den bedeutendsten Forschungsrichtungen gehören zudem die Ressourcentheorie
und die Netzwerktheorie. Die Netzwerktheorie (Håkansson, 1987; Johanson & Mattson,
1988) beschäftigt sich mit der Bedeutung von Netzwerken für die Internationalisierung.
Unternehmen, die Zugang zu den wichtigen Netzwerken einer Industrie besitzen, können laut
dieser Theorie einfacher und schneller internationalisieren. Die Ressourcentheorie ergänzt
diese Sichtweise um weitere kritische, wettbewerbsrelevante Unternehmensressourcen
(Barney, 1991) und deren Übertragbarkeit auf Auslandsstandorte (Fayerweather, 1978, S.
256-257; Conner, 1991).
Die Standortansätze beschäftigen sich vor allem mit der Lokalität und den
Standortvorteilen (Weber, 1909, S. 16; Meyer-Lindemann, 1951, S. 29). Behrens (1971, S.
128) gliedert beispielsweise die Produktionsstandortfaktoren nach den
3
Unternehmensfunktionen Beschaffung, Fertigung und Absatz. Unternehmen
internationalisieren demnach, wenn die Standortfaktoren im Ausland geeigneter sind als am
bestehenden Standort.
Das eklektische Paradigma von Dunning (1979) vereint Ansätze der Standorttheorie,
der Internalisierungstheorie und der Ressourcentheorie und stellt damit einen der wenigen
ganzheitlichen Ansätze dar. Dabei stellen die Übertragbarkeit von Ressourcen,
Transaktionskosten und Standortfaktoren die entscheidenden Kriterien dar.
Die bestehende Theorie sieht die Gründe für die Internationalisierung somit in der
Vermeidung von Transaktionskosten sowie der Ausnutzung von Kosten-, Ressourcen-,
Absatz-, und Wettbewerbsvorteilen. Zudem untersucht diese Ressourcen wie Marktwissen
oder Netzwerke, auf die Unternehmen bei der Internationalisierung angewiesen sind. Der
Beitrag, den die vorliegende Studie zu dieser umfassenden Forschungsrichtung leistet, besteht
in der Zusammenführung dieser Konzepte zu einem globalen Modell und in der Anwendung
und Validierung dieses Modells in der Praxis. Dabei stellt die Schweizer Automobilindustrie
aufgrund der nur selten in derart signifikantem Umfang ablaufenden Währungsaufwertungen
ein hochinteressantes Betrachtungsobjekt dar.
1.3 Vorgehen
Das Vorgehen zur Beantwortung der Forschungsfrage bestand darin, zunächst eine
umfangreiche Literaturrecherche durchzuführen und auf diese Weise alle wichtigen
Einflussfaktoren der Internationalisierungsentscheidung zu identifizieren. Da kein
zufriedenstellendes, ganzheitliches Modell in der Literatur gefunden werden konnte, wurde
ein eigenes Modell zur Internationalisierungsentscheidung abgeleitet. Anschließend kamen
sowohl quantitative als auch qualitative Methoden zum Einsatz. Die quantitative
Untersuchung diente zur Klärung der Frage, ob eine Zunahme der internationalen
Wertschöpfung durch Schweizer Automobilzulieferer stattgefunden hat. Die qualitative
Untersuchung basierte auf Experteninterviews mit Entscheidungsträgern von fünf
Automobilzulieferern (AZL). Die Erkenntnisse wurden anschließend in das Modell
eingeordnet. Der Aufbau der Arbeit spiegelt dieses Vorgehen wieder:
In Kapitel 2, ,,Theoretische Grundlagen”, wird auf die bestehende Literatur im Bereich
Internationalisierung eingegangen. Die Zielsetzung besteht darin herauszufinden, ob aus
theoretischer Sicht eine Internationalisierung für die Schweizer Automobilindustrie im
betrachteten Zeitraum zu erwarten ist und welche Einflussfaktoren dabei zu berücksichtigen
sind. Dabei wird anhand einer vereinfachten Form des speziell für diese Arbeit konzipierten
4
Modells der Internationalisierungsentscheidung vorgegangen (siehe Abbildung 1). Dieses
setzt externe Einflussfaktoren, Unternehmensziele, Standortvorteile, Ressourcen und weitere
Strategien in Zusammenhang.
In Kapitel 3, ,,Untersuchungsmodell zur Internationalisierung und Formulierung der
Thesen”, wird das Modell anhand der wichtigsten Aspekte der bestehenden Theorie erweitert.
Anschließend werden die Thesen für die quantitative Untersuchung aufgestellt und die
Fragestellungen für die qualitative Untersuchung formuliert.
In Kapitel 4, ,,Quantitative Untersuchung”, wird anhand von Sekundärdaten aus den
Jahren 2008 und 2013 die Frage beantwortet, ob der Anteil der Schweizer
Automobilzulieferer, die im Ausland Teile ihrer Wertschöpfung erstellen, gestiegen ist. Dabei
wird nach kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und Großunternehmen sowie
Produktion und Forschung und Entwicklung (F&E) unterschieden. Es kommen sowohl
deduktive als auch induktive statistische Verfahren zum Einsatz, um sowohl Aussagen über
die Zufallsstichproben als auch über die Grundgesamtheit treffen zu können.
In Kapitel 5, ,,Qualitative Untersuchung”, wird anhand von fünf leitfadengestützten
Interviews untersucht, welche Gründe für und welche gegen eine
Internationalisierungsstrategie sprechen. Dabei werden sowohl Unternehmen ohne
Auslandsstandorte als auch solche mit Auslandsstandorten einbezogen. Unter den
Unternehmen befanden sich abgesehen von einem ,,Global Player”, ausschließlich
mittelständische Unternehmen mit 30 bis 200 Mitarbeitern weltweit. Die Geschäftsmodelle
der untersuchten Unternehmen werden analysiert und anschließend die gewonnenen
Erkenntnisse in das zuvor entwickelte Internationalisierungsmodell eingeordnet.
In Kapitel 6, ,,Schlussfolgerungen und Ausblick”, werden die wichtigsten
Erkenntnisse der Studie zusammengefasst, weitere Forschungsansätze vorgeschlagen, die
Relevanz für Forschung und Praxis diskutiert und Verbesserungsmöglichkeiten reflektiert.
5
2 Theoretische Grundlagen
Die in Bezug auf die vorliegende Fragestellung relevanten Theorien stammen primär
aus der Makroökonomischen Theorie, der Internationalisierungstheorie und der allgemeinen
Strategielehre. Um die komplexen Zusammenhänge und zahlreichen theoretischen
Partialmodelle einordnen zu können, wurde das in Abbildung 1 dargestellte Modell
konzipiert. Dieses stellt die Gewinnfunktion als Differenz zwischen Umsatz- und
Kostenfunktion (Hauke & Opitz, 2003, S. 22) ins Zentrum und setzt Elemente
unternehmerischer Zielsetzung (Meffert & Bolz, 1998), externe Einflussfaktoren (Porter,
1979) und Faktoren der Internationalisierungsentscheidung (Behrens, 1971; Dunning, 1979;
Barney, 1991; Johanson & Vahlne, 2011) in Relation.
Abbildung 1. Vereinfachtes Modell der Internationalisierungsentscheidung. Quelle: Eigene
Darstellung.
Davon ausgehend, dass Unternehmen finanzielle Gewinnziele verfolgen und Gewinne
sich aus den Umsätzen abzüglich aller entstandenen Kosten zusammensetzen, müssen
strategische Maßnahmen an einem dieser zwei Stellhebel angreifen. Externe Einflussfaktoren
oder interne Zielveränderungen können strategische Anpassungen erforderlich machen. Zur
Erhöhung des Produktes aus Absatzmenge mal Preis, aber auch zur Senkung der Kosten
bieten sich verschiedene Strategien an. Der Ausbau der Wertschöpfung im Ausland ist eine
Ext
erne
E
influ
ssfa
ktor
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Unternehmensziele
Gewinnziel
Preis
Umsatz
Kosten Menge
Internationalisierung
Standortvorteile Ressourcen
Vorgehen
Weitere Ziele
Weitere Strategien
6
dieser strategischen Optionen. Um zu entscheiden, ob eine Internationalisierung das geeignete
Mittel ist, muss überprüft werden, ob Standortvorteile im Ausland gegenüber der Heimat
bestehen, kritische Ressourcen übertragbar sind und ausreichend Ressourcen zur Umsetzung
zur Verfügung stehen. Zudem müssen alternative Strategien in Erwägung gezogen werden. Ist
die Entscheidung zur Internationalisierung gefallen, kann die Vorgehensweise gewählt
werden.
2.1 Makro- und Mikroökonomische Einflussfaktoren auf die Internationalisierung
Zu den internen und externen Einflussfaktoren auf die Gewinne von Unternehmen
gehören sowohl branchenspezifische als auch makroökonomische Faktoren.
Makroökonomisch gesehen sind für die Schweizer Unternehmen im betrachteten Zeitraum
insbesondere die Wechselkursänderungen von Bedeutung, da Unternehmen bevorzugt unter
vorteilhaften Wechselkursbedingungen internationalisieren (Baily & Lawrence, 2004; Delios,
Beamish & Zhao, 2009).
Zu den mikroökonomischen, industriespezifischen Faktoren gehören laut Porter (1979,
1985/2008) die Wettbewerbsintensität, die Verhandlungsmacht der Kunden und Lieferanten,
der Markteintritt zusätzlicher Konkurrenten sowie substituierende Konkurrenzprodukte. Die
Verlagerung der Absatzmärkte und Produktionsstandorte der Automobilhersteller, welche
auch OEM (Original Equipment Manufacuterer) genannt werden, kann auf mehrere dieser
Elemente Einfluss haben. Aus diesem Grund wird die signifikant zunehmende
Internationalisierung der OEM als zweiter externer Faktor näher betrachtet.
2.1.1 Wechselkursaufwertungen als Internationalisierungstreiber.
Makroökonomisch betrachtet führt eine Währungsunterbewertung zu
Produktivitätszuwächsen und Exportsteigerungen und fördert Investitionen in den
Heimatmarkt. Eine Währungsüberbewertung hingegen stimuliert Auslandsdirektinvestitionen
(ADI), das heißt Vermögensanlagen durch Schweizer Investoren, die eine Einflussnahme auf
die Geschäftstätigkeit beinhalten und mindestens 10% des stimmberechtigten Kapitals
betreffen (Bhalla, 2012, S. 134, 216; Kojima, 1973, S. 12). Im vorliegenden Fall sind durch
die Aufwertung die Exportgüter der Schweiz für ausländische Unternehmen teurer geworden.
Aus diesem Grund müssen die Preise trotz gleichbleibender Kosten durch die Schweizer
Unternehmen gesenkt werden. Als Ausweg bietet sich daher die Erstellung der Leistungen im
Ausland an. Hierzu müssen Investitionen im Ausland getätigt werden.
7
Als Betrachtungsobjekt zahlreicher Studien liefern insbesondere die
Währungskursentwicklungen in Japan (Yen/Dollar) und China (Yuan/Dollar) Erkenntnisse zu
diesem Zusammenhang. Ende der 70iger, Mitte der 80iger und Mitte der 90iger Jahre kam es
zu signifikanten Steigerungen der japanischen ADI in China und den USA (United Nations,
1993; Dicken, 1988, S. 645). Die Unternehmen versuchten hierdurch ihre Exporte vor der
Aufwertung des Yen zu schützen (Dunning & Lundan, 1997, S. 207). In den ersten beiden
Fällen war im direkten zeitlichen Zusammenhang der japanische Yen um 41% (1975-1978)
beziehungsweise um weitere 105% (1984-1987) gegenüber dem US Dollar aufgewertet
worden (siehe Abbildung B-1). Im dritten Fall (1993-1994) inzentivierte die Abwertung des
Yuan um ein Drittel gegenüber dem US Dollar und die zeitgleiche Aufwertung anderer
asiatischer Währungen japanische ADI in China.
Während auf die erste Aufwertung des Yen vor allem durch Preiserhöhungen,
Preisnachlässe durch Lieferanten sowie durch Reduzierung der Inhouse-Produktionskosten
reagiert wurde, standen bei der zweiten Aufwertung Internationalisierungsmaßnahmen wie
die Reduzierung der Exporte durch Produktionsverlagerung, die Absatzsteigerung auf dem
Heimatmarkt und die Steigerung der Importquote im Fokus (Ministry of International Trade
and Industry, 1986, S. 66).
Die Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber dem Euro (2008-2015) beträgt fast
50% (siehe Abbildung B-2) und ist somit vergleichbar mit der des Yen zum Dollar in den
70iger Jahren. Die Schweiz befindet sich jedoch in einer anderen Ausgangssituation. Als
Land mit begrenzten Ressourcen folgte die Schweiz bereits seit Beginn des 21. Jahrhunderts
dem durch technologische Fortschritte und eine anziehende Weltkonjunktur begünstigten
Internationalisierungstrend. Im Zeitraum von 2008 bis 2013 nahm der Kapitalbestand
Schweizer Investoren im Ausland um ein Drittel zu und führte damit den in 2005 begonnenen
Trend fort (siehe Abbildung B-3). Es ist anzunehmen, dass die exportorientierte Schweizer
Automobilindustrie von diesen Veränderungen nicht ausgeschlossen war.
Die Aufwertung des Schweizer Franken sollte dennoch als Einflussfaktor nicht
vernachlässigt werden. Die Stärke des Schweizer Frankens im Vergleich zum Euro wurde von
über der Hälfte der Schweizer Unternehmen als wichtiger Grund für
Standortverlagerungsinitiativen genannt (Chatelain & Zehnder, 2013, S. 4), in der Schweizer
Automobilindustrie im Speziellen von einem Viertel der Unternehmen (Schulze et al., 2013,
S. 56).
Aus der makroökonomischen ADI-Theorie lässt sich zusammenfassend der Schluss
ziehen, dass die Aufwertung des Schweizer Franken mit hoher Wahrscheinlichkeit einen
8
positiven Einfluss auf den bereits bestehenden Internationalisierungstrend der Schweizer
Unternehmen hatte und die Automobilindustrie ebenfalls diesem Trend gefolgt ist.
2.1.2 Absatzmarkt- und Produktionsverlagerung in der Automobilindustrie.
Als einen der aktuell wichtigsten Trends in der Automobilindustrie identifizieren Bratzel,
Retterath und Hauke (2015, S. 11) die Verschiebung der Absatzmärkte und die Veränderung
der Wertschöpfungsstrukturen. Die wachstumsstarken Märkte in Asien und Südamerika
stehen inzwischen für fast 40% der Umsätze (siehe Abbildung B-4) und zwei Drittel der
Produktionsleistung (siehe Abbildung B-5). Dabei ist das Wachstum vorwiegend auf die
Erschließung des chinesischen Marktes zurückzuführen. Die Triade-Märkte Europa und Japan
hingegen verzeichnen weder bei den Absätzen noch bei den Produktionszahlen Zuwächse.
Zugleich erhöhen die OEM auch ihre lokale Beschaffung. Aktuell werden im Durchschnitt 40
bis 50% der Wertschöpfung regional erbracht. Diese Quote soll mittelfristig auf bis zu 85%
gesteigert werden (Commerzbank, 2014, S. 15).
Die Fähigkeit, in allen wichtigen Produktionsregionen herstellen zu können, wird
zunehmend zur Voraussetzung, um bei der Auftragsvergabe überhaupt in Betracht gezogen zu
werden (Sturgeon, Van Biesebroeck & Gereffi, 2008, S. 306). Zulieferer, die den OEM und
deren direkten Zulieferern, den Tier-1, nicht folgen, laufen Gefahr, ihre Kunden an die
Konkurrenz zu verlieren und von den im Ausland neu entstandenen Wettbewerbern auch im
Heimatmarkt bedrängt zu werden oder in der kooperativen Entwicklung neuer Technologien
außen vor zu bleiben. Unternehmen, die eine starke Verhandlungsposition gegenüber ihren
Kunden besitzen oder Produkte liefern, die keine lokale Einbindung erfordern, sind allerdings
nicht zwangsläufig von dieser Entwicklung betroffen.
Die Betrachtung der externen Einflussfaktoren zeigt, dass sowohl die Aufwertung des
Schweizer Franken als auch die Internationalisierung der Produktions- und Absatzmärkte von
Seiten der OEM eine Internationalisierung der Wertschöpfungskette begünstigen. Bereits seit
Beginn des 21. Jahrhunderts befinden sich die Schweizer AZL in einem
gesamtwirtschaftlichen Umfeld steigender ADI. Die externen Einflussfaktoren sind allerdings
nur eine Komponente, die im Zusammenspiel mit weiteren Faktoren betrachtet werden muss.
Diese Faktoren sind Gegenstand zahlreicher Forschungsarbeiten im Bereich der
Internationalisierungstheorie. Einige der bekanntesten Theorien werden im Folgenden dazu
verwendet, die vorliegende Fragestellung zu beantworten und das zu Beginn vorgestellte
Internationalisierungsmodell weiter zu entwickeln.
9
2.2 Internationalisierungstheorie
Die Errichtung von Auslandsstandorten gehört zu den gravierendsten und langfristigen
strategischen Entscheidungen von Unternehmen. Das Ziel strategischer Maßnahmen besteht
in der Anpassung an Umweltveränderungen und in der Verwertung sich ergebender Chancen
(Helfat et al., 2009). Als strategisch relevant werden dabei Maßnahmen angesehen, die ,,in
substantieller Weise die Zukunftsaussichten eines Unternehmens betreffen” (Agarwal &
Helfat, 2009, S. 281).
2.2.1 Definition und Abgrenzung des Internationalisierungsbegriffes.
Internationalisierung wird je nach Definition als Zustand oder Veränderungsprozess
verstanden. Sie beinhaltet Importe, Exporte oder ausschließlich Direktinvestitionen und
berücksichtigt in unterschiedlichem Maße die Umkehrbarkeit. Unter Internationalisierung
verstehen Kebschull und Welge (1989) ,,alle regelmäßigen Tätigkeiten auf einem oder
mehreren ausländischen Märkten” (S. 974). In der vorliegenden Arbeit wurden jedoch
Importe und Exporte nicht zur Internationalisierung gezählt, weshalb diese Definition
spezifiziert werden muss. Bode (2011) grenzt den Internationalisierungsbegriff ein als
,,grenzüberschreitende Erstellung und Verwer-tung von Leistungen in Form einer
geographisch verteilten Wertschöpfungskette” (S. 19). Im Fokus dieser Arbeit steht allerdings
insbesondere die Erstellung der Leistungen im Ausland und nicht die Verwertung auf den
Absatzmärkten. Des Weiteren wird der Begriff der Leistungserstellung auf die
Unternehmensfunktionen Produktion und F&E eingegrenzt. Daher muss auch diese Definition
weiter konkretisiert werden. Im Rahmen dieser Arbeit wird Internationalisierung somit als
langfristig ausgelegte Erstellung von Leistungen durch die Produktion oder die Forschung
und Entwicklung in einem oder mehreren ausländischen Märkten verstanden.
2.2.2 Unternehmensziele und Internationalisierungsziele. Um die Gründe für
oder gegen eine Internationalisierung zu verstehen, ist es wichtig, zunächst die Ziele zu
verstehen, die mit dieser Strategie erreicht werden sollen. Davon ausgehend, dass der
langfristige Erfolg des Unternehmens das Hauptziel darstellt, handelt es sich vorwiegend um
ökonomische Ziele, die eine Verbesserung von Beschaffung, Produktion oder Absatz
betreffen (siehe Tabelle 1). Dabei können entweder externe Auslöser wie Wirtschaftskrisen,
interne Auslöser wie die Entwicklung einer neuen Technologie oder persönliche
Beweggründe eine Anpassung der Zielsetzung erforderlich machen. Man spricht hierbei auch
von sogenannten Push- und Pull-Faktoren, die entweder Zwänge (Push) oder Chancen (Pull)
darstellen (Winkelmann, 1997, S. 109; Quinn, 1998, S. 447; Backes-Gellner & Huhn, 2000,
S. 184; Albaum, Strandskov & Duerr, 2001, S. 56-58).
10
Zu den übergeordneten Unternehmenszielen gehören nach Meffert und Bolz (1998, S.
97-98) in der Regel die Maximierung des Gewinns bzw. die Minimierung der
Gewinnrückgänge, der Erhalt der Zahlungs- und Wettbewerbsfähigkeit, die Zufriedenheit der
Kunden und die Sicherung der Unabhängigkeit. Nicht-ökonomische Ziele können in diesem
Zusammenhang eine bedeutende Rolle spielen. Die Internationalisierung kann als Instrument
gesehen werden, mit dem viele dieser Ziele erreicht werden können. Dabei können jedoch
auch Zielkonflikte entstehen. Insbesondere die privaten Zielsetzungen der
Unternehmenseigentümer können bei kleinen Unternehmen das Zielsystem dominieren
(Fernández & Nieto 2002, S. 1). Die Risikoaversion, die Lebensphilosophie und die
Verbundenheit mit dem Standort und den Mitarbeitern stehen für manche Eigentümer im
Konflikt mit einer möglichen Internationalisierung (Bratzel et. al., 2015, S. 150-151).
Tabelle 1
Kategorisierungsmöglichkeiten von Internationalisierungszielen
Merkmal Kategorien
Wirtschaftlichkeit
Ökonomisch
Gewinnerzielung; Schwache
Inlandskonjunktur; Risiko; Wachstum
Nicht-ökonomisch
Image; Macht-/Einflussbestrebungen;
Persönliche Motive (z.B.
Standortverbundenheit, Risikoaversion)
Wettbewerbsdruck
Defensiv
Stabilisierung einer gefährdeten
Inlandsposition; Konkurrenz folgen
Offensiv
Monetarisierung von
Wettbewerbsvorteilen (z.B.
Technologie, Qualität, Know-how)
Betroffene
Unternehmensaktivität
ressourcenorientiert
Sicherung kostengünstiger
Rohstoffversorgung
produktionsorientiert
Faktorkostenvorteile
absatzorientiert
Absatzsteigerung;
Kundennähe/Lieferzeit
(JIT)
Anmerkung. JIT = Just in Time. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Macharzina (1989, S. 936-938).
Zudem kann die Internationalisierung verschiedene Unterziele verfolgen. Meffert &
Bolz (1998, S. 97-98) kategorisieren diese nach ihrer Ausrichtung auf Absatz, Kosten,
Beschaffung oder Wettbewerb (siehe Tabelle 2). Eine Befragung von 106 deutschen
Automobil-KMU Anfang 2014 ergab, dass insbesondere absatz- und kostenorientierte Motive
für viele Unternehmen von Bedeutung sind (Bratzel et al., 2015, S. 90).
11
Insbesondere den absatzorientierten Zielen wird eine hohe Bedeutung für
Internationalisierungsentscheidungen zugeschrieben (Macharzina & Wolf, 2008, S. 936-949).
Auch in der Automobilindustrie stellen Absatzwachstum und Kundennähe die am häufigsten
genannten Internationalisierungsmotive dar. Kostenorientierte Ziele wie die Verringerung von
Lohn-, Rohstoff-, Energie-, Steuer- und Importkosten sind ebenfalls von hoher Bedeutung
(Tabelle 2). Der Zugang zu Ressourcen, Fähigkeiten und Wissen ist der dritte wichtige
Treiber für die Internationalisierung, dessen hohe Bedeutung in zahlreichen Studien bestätigt
wird (Nachum & Zaheer, 2005; Manning, Massini & Lewin, 2008; Lynn & Salzman, 2009;
Lewin, Massini & Peeters, 2009).
Tabelle 2
Internationalisierungsziele in der Produktion und F&E
Zielkategorien Produktion Ziele a F&E Ziele
b Ziele deutscher Automobil-KMU
(Antworthäufigkeit, n = 106) c
Absatz-
orientierte Ziele
· Marktzugang und -sicherung,
Hauptkunden folgen, JIT Lieferung
ermöglichen, Verringerung von
Lagerbeständen
· Wachstumschancen auf dem
Auslandsmarkt (70%) d
· Kundenwunsch/-druck (70%)
Kosten-
orientierte Ziele · Wertschöpfungskosten
· Nutzung von Kosten- und
Effizienzvorteilen (Löhne,
Grundstückspreise)
· Personalkosten (46%)
· niedrige Rohstoff- und
Energiekosten (33%)
· steuerliche Vorteile,
Subventionen, Local-content
Bestimmungen (27%)
Beschaffungs-
orientierte Ziele
· Zugang zu Rohstoffquellen
· Zugang zu Arbeitsmärkten
· Zugang zu Marktwissen und
Technologien
· Zugang zu Marktwissen für
Marktspezifische
Produktanpassungen
· Umsetzung globaler
Beschaffungsstrategien
· Zugang zu lokalem Talentpool,
Trainings- und
Innovationsstandorten
Wettbewerbs-
orientierte Ziele · Stärkung der Wettbewerbsposition
· Anpassung an die Erfordernisse
offener Innovationsmodelle
· Aussichten auf
Technologieführerschaft (33%)
Anmerkung. d Werte in Klammern stehen für Anteil der Studienteilnehmer, die diesem Faktor eine Bedeutung zumessen, Mehrfachantworten waren möglich. Quelle: a Meffert und Bolz (1998, S. 97-99); b Sachwald (2008); c Bratzel et al. (2015, S. 90-91).
12
In der Vergangenheit wurden vor allem Produktionen verlagert, während die F&E
meist an einem zentralen Standort verblieb. Die Bedeutung der F&E als Verlagerungsobjekt
hat allerdings in den letzten Jahren stark zugenommen (Contractor, Kumar, Kundu &
Pedersen, 2010), nachdem von vielen Firmen die Bedeutung der räumlichen Nähe von
Produktion und F&E erkannt wurde (Defever, 2006), Fortschritte in der Informations- und
Kommunikationstechnik erzielt wurden und kollaborative Innovationsmodelle sich etablieren
konnten (Sachwald, 2008). Die wichtigsten Ziele bei der Verlagerung der F&E sind in Tabelle
2 aufgeführt. Für die F&E sind neben niedrigeren Faktorkosten insbesondere der Zugang zu
Marktwissen und qualifiziertem Personal entscheidend.
In Bezug auf die Fragestellung der vorliegenden Arbeit lässt sich aus der bisher
betrachteten Theorie schließen, dass ökonomische und nicht-ökonomische Ziele sowie
weitere interne und externe Faktoren die Internationalisierungsentscheidung beeinflussen. Die
Internationalisierungsziele sind stets als Unterziele zu betrachten, welche die Erreichung
übergeordneter Ziele wie Gewinnmaximierung, Wachstum oder Unabhängigkeit sicherstellen
sollen. Die Internationalisierung verfolgt vorwiegend absatz-, kosten- und
beschaffungsorientierte Ziele. Der Zugang zu kritischen Ressourcen wie Personal und Know-
how hingegen stellt zumindest für deutsche KMU keinen wichtigen Grund dar. Für die F&E
kann zusätzlich zu den geringeren Faktorkosten der Zugang zu qualifizierten Forschern und
Marktwissen ein wichtiges Ziel darstellen. Stehen die Einflussfaktoren, die übergeordneten
Ziele und die Internationalisierungsziele fest, gilt es herauszufinden, ob diese Ziele im
Ausland aufgrund günstigerer Rahmenbedingungen tatsächlich besser erreicht werden können
und ob ausreichend Ressourcen für eine Internationalisierung zur Verfügung stehen. Parallel
muss geprüft werden, ob alternative strategische Maßnahmen die Zielerreichung besser
gewährleisten.
2.2.3 Eklektisches Paradigma. Trotz zahlreicher Ansätze zur Erklärung der
Internationalisierung handelt es sich meist nur um Partialansätze (Kutschker & Schmid,
2008). Das eklektische Paradigma (Dunning, 1979, 1980, 1995) vereint Theorien zu
Standortfaktoren, der Übertragbarkeit von Wettbewerbsvorteilen ins Ausland und dem
Vorgehen bei Internationalisierungen. Die Theorie basiert auf der Internalisierungstheorie von
Buckley und Casson (1976, 1985), welche wiederum auf der Transaktionskostentheorie
basiert (Coase, 1937; Williamson, 1975, 1981). Bei Transaktionskosten handelt es sich um
Informations-, Kommunikations- und Koordinationskosten, die durch die Arbeitsteilung
zweier unabhängiger Unternehmen entstehen (Coase, 1960, S. 15). Die
Internalisierungstheorie besagt, dass Transaktionen in der eigenen Organisation durchgeführt
13
werden, wenn die Transaktionskosten am freien Markt höher wären. Das eklektische
Paradigma erweitert diese Theorie um die Frage nach dem richtigen Standort und der
Übertragbarkeit von Kernkompetenzen bzw. Ressourcen ins Ausland. Dabei werden von
Dunning (1979) die drei im Folgenden näher erläuterten Faktoren herangezogen.
Eigentumsvorteile. Die Frage nach den Eigentumsvorteilen bezieht sich auf die
Übertragbarkeit der kritischen Ressourcen eines Unternehmens ins Ausland. Diese ist
ausschlaggebend für die Attraktivität eines Standortes. Zu den eigentumsspezifischen
Vorteilen zählen beispielsweise Patente und immaterielle Vermögenswerte wie
Produktinnovationen, Produktionsmanagement, Innovationskapazitäten, Humankapital und
Know-how sowie Skaleneffekte wie Verhandlungsmacht, gemeinsame Verwaltungsstrukturen
und Risikostreuung durch Multinationalität. Können Skaleneffekte im Ausland nicht genutzt
werden oder das bestehende Know-how nicht übertragen werden, verringern sich die
Standortvorteile im Ausland. Besitzt ein Unternehmen hingegen eigentumsspezifische
Vorteile, wird es den Wertschöpfungsschritt abhängig von seinen Internalisierungsvorteilen
lizensieren oder selbst erbringen.
Internalisierungsvorteile. Zu den Internalisierungsvorteilen gehört zum einen die
Vermeidung von Transaktionskosten wie Anbahnungskosten, Verhandlungskosten sowie
Kosten durch Rechtsstreitigkeiten, Qualitätsprobleme und die Kontrolle der Lieferkette, die
bei der Abstimmung mit unabhängigen Vertragspartnern entstehen. Zum anderen ergeben sich
Vorteile aus der vereinfachten Vermarktung und Nutzung von Transferpreisen und
Preisstrategien. Nicht selten werden Lizenznehmer im späteren Verlauf zu direkten
Konkurrenten (Dunning & Lundan, 1997, S. 207). Daher sind Lizensierungen bei
Automobilzulieferern nur selten das Mittel der Wahl, eine Internalisierung durch Joint
Ventures oder Tochterunternehmen wird vorgezogen (Kaufmann und Jentzsch, 2006, S. 75).
Standortvorteile. Existieren Standortvorteile im ausländischen Markt, wird das
Unternehmen die Wertschöpfung im Ausland erbringen, anstatt aus dem Heimatland zu
exportieren. Zu den Standortvorteilen gehören beispielsweise:
1. Wirtschaftliche Vorteile (Verfügbarkeit und Kosten von Ressourcen wie
Arbeit, Energie, Materialien und Komponenten, Transportkosten zum
Absatzmarkt)
2. Politische Vorteile (Steuern, Fördermittel, Vorschriften)
3. Soziale Faktoren (kulturelle Vielfalt, Offenheit)
14
Auf mögliche Standortvorteile wird im Abschnitt ,,Standorttheorie” vertieft
eingegangen. Internalisierungsvorteile hingegen zielen vor allem auf die Frage nach dem
Vorgehen ab und werden daher nicht näher betrachtet.1 Das eklektische Paradigma vereint
zwei wichtige Komponenten – die Standortfrage und die Ressourcenfrage – miteinander.
Diese beeinflussen sich wechselseitig, weshalb die Standortfaktoren stets unter
Berücksichtigung der Möglichkeit der Transferierung von Kernkompetenzen auf den
Auslandsmarkt analysiert werden müssen. Worauf Dunning (1979) jedoch nicht eingeht, ist
die Frage, welche Ressourcen notwendig sind, um eine Internationalisierung umzusetzen,
wenn das Unternehmen sich für einen anderen Standort entschieden hat. Die im Folgenden
betrachteten Theorien beschäftigen sich mit dieser Fragestellung.
2.2.4 Stufentheorie. Das Uppsala Internationalisierungs-Modell (Johanson &
Wiedersheim-Paul, 1975; Johanson & Vahlne, 1977, 1990, 2009) als bekanntestes
Stufenmodell geht davon aus, dass das zunehmende Wissen über einen spezifischen Markt
oder ein Land und die gesammelten Erfahrungen zu einer höheren Bereitschaft führen,
weitere Ressourcen in dessen Erschließung zu investieren. Die Erfahrung wird hierbei als
wichtigste Ressource im Internationalisierungsprozess verstanden (Johanson & Wiederheim-
Paul 1975, S. 306; Johanson & Vahlne, 1977, S. 23, 30).
Bei der Internationalisierung werden zunächst Märkte mit sogenannter geringer
psychologischer Distanz erschlossen und anschließend stufenweise in solche mit höherer
psychologischer Distanz expandiert. Das Konzept der psychologischen Distanz bezieht sich
hierbei auf die für eine Internationalisierung relevanten Unterschiede zwischen dem
Heimatland und dem zu erschließenden Land und beinhaltet Variablen wie Sprache, Kultur,
politisches System, Geschäftspraxis, Industrialisierung und Bildungssystem (Johanson &
Vahlne, 1977). Länder mit geringerer psychologischer Distanz sind dem eigenen Land
ähnlicher und ermöglichen somit die bessere Übertragung des vorhandenen
Erfahrungswissens aus dem Heimatmarkt. Der signifikante Einfluss der psychologischen
Distanz auf die Standortentscheidung wurde in zahlreichen Studien nachgewiesen.2 In
Anbetracht der fortschreitenden Globalisierung, Freihandelsabkommen, der Verbreitung des
Englischen als Geschäftssprache und neuer Informations- und Kommunikationstechnologien
ist jedoch von einer abnehmenden Bedeutung dieses Konzeptes auszugehen (Dunning, 1995).
1 Eine umfassende Übersicht über die für die Wahl der Internationalisierungsstrategien und Eigentumsstrukturen
relevanten Entscheidungskriterien liefern Kaufmann und Jentzsch (2006, S. 75). 2 Literaturübersicht zu psychologischer Distanz siehe Brewer (2007).
15
Johanson und Vahlne (2009) selbst relativieren in späteren Veröffentlichungen die Bedeutung
der psychologischen Distanz und sehen stattdessen die Integration bzw. ,,Insidership” in
Netzwerken als wichtigste Ressource. Weitere Kritikpunkte an diesem Modell sind
1. die starke Vereinfachung eines komplexen Prozesses (Welch, 1982; Dichtl,
Köglmayer & Müller, 1984),
2. die Vernachlässigung von Akquisitionen (Forsgren, 1990),
3. das häufige Überspringen von Stufen in der Praxis (Hedlund &
Kverneland, 1985; Oviatt & McDougall, 1994; Crick, 1995, S. 4; Oviatt,
McDougall & Loper, 1995; Sharma & Blomstermo, 2003; Zahra, Matherne
& Carleton, 2003; Cavusgil & Knight, 2015), insbesondere durch KMU
(Hutchinson, Quinn, & Alexander, 2005, S. 159),
4. die Inflexibilität/Determiniertheit (Fina & Rugman, 1996) und
5. die Überbewertung psychologischer Distanz (Melin, 1992) insbesondere im
Verhältnis zu Marktpotentialen (Gripsrud, 1990; Brewer, 2007, S. 87).
Die Erklärungskraft des Uppsala-Modells nimmt zudem mit steigendem
Internationalisierungsgrad des Unternehmens und der Branche ab. Der Grund hierfür besteht
darin, dass Unternehmen ihr Erfahrungswissen aus früheren Verlagerungen anwenden können
und in stark internationalisierten Branchen das vorhandene Netzwerk effizienter genutzt
werden kann (Vahlne & Nordström, 1993). Bezüglich der vorliegenden Fragestellung liefert
das Uppsala-Modell folgende Erkenntnisse:
1. Die psychologische Distanz ausländischer Standorte war in der
Vergangenheit sehr wichtig, verliert aber zunehmend an Bedeutung bei der
Standortauswahl und -selektion.
2. Die Internationalisierungserfahrung/Marktkenntnisse und Netzwerke sind
wichtige Ressourcen bei der Internationalisierung.
3. In Branchen mit hohem Internationalisierungsgrad finden
Internationalisierungsprozesse beschleunigt und oftmals sprunghaft statt.
2.2.5 Netzwerktheorie. Die Netzwerktheorie von Johanson & Mattson (1988)
beschäftigt sich mit der Bedeutung der Position in Wertschöpfungsnetzwerken und dem
Streben nach gewissen Netzwerkpositionen durch Internationalisierung. Erweitert wird diese
Theorie unter anderem von Ellis (2000) mit der Erkenntnis, dass das Wissen über
16
Internationalisierungschancen in Auslandsmärkten vorwiegend durch persönliche Kontakte
und nicht durch formale Marktrecherche akquiriert wird.
Die hohe Bedeutung der Beziehungen zwischen den Teilnehmern von
Wertschöpfungsketten wurde zunächst von Håkansson (1987) postuliert und anschließend
von Johanson und Mattson (1988) auf den Bereich der Internationalisierung erweitert. Im
Gegensatz zur Mikroökonomischen Theorie betrachtet die Netzwerktheorie Unternehmen
nicht als unabhängige Produktionseinheiten, sondern berücksichtigt deren individuelle
Netzwerkstrukturen (Johanson & Vahlne, 2011). Für Außenstehende oder ,,Outsider” sind
diese Netzwerke nicht zugänglich, weshalb ,,Insider” einen klaren strategischen Vorteil
besitzen. Das Wissen über die Netzwerkpartner eröffnet mit hoher Wahrscheinlichkeit
Geschäftsmöglichkeiten, die Außenstehenden verwehrt bleiben (Johanson & Vahlne, 2009).
Netzwerke helfen Unternehmern bereits bei der Identifizierung von
Internationalisierungsmöglichkeiten und führen oftmals zu strategischen Allianzen oder
Kooperationsstrategien (Oviatt & McDougall, 2003, S. 15). Laut Coviello und Munro (1995,
S. 57-59) bringen formelle und informelle Netzwerke insbesondere nachfolgende Vorteile für
die Internationalisierung mit sich:
1. Unterstützung bei der Marktselektion
2. Beschleunigung des Markteintritts
3. Verbesserung der Wettbewerbsposition im Ausland
4. Zugang zu lokalen Marktkenntnissen
5. Steigerung der Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit
6. Zugang zu bestehenden Vertriebskanälen
7. Verringerung der Markteintrittskosten, des Risikos und des Zeitbedarfs
Die Netzwerktheorie ist aktuell eine der wichtigsten Forschungsrichtungen im Bereich
Internationalisierung. Aufgrund der Komplexität moderner Kraftfahrzeuge hat sich ein
hochentwickeltes Netzwerk von Automobilzulieferern gebildet. Branchenverbänden,
Kooperationen und der Positionierung in diesem Verbund kommt damit eine wachsende
Bedeutung zu. Die Implikationen für die Standortentscheidung sind weitreichend, da
Netzwerke eine Internationalisierung stark vereinfachen und beschleunigen können. Ein gutes
Netzwerk allein ist allerdings bei weitem nicht ausreichend, um eine Internationalisierung
durchzuführen. Aus diesem Grund werden im Folgenden weitere kritische Ressourcen
identifiziert.
17
2.2.6 Ressourcentheorie. Begrenzte Ressourcen stellen insbesondere für die KMU
eines der größten Hindernisse bei der Internationalisierung dar (Kaufmann, 1994). Dabei
lassen sich Ressourcen, die wichtig für die Umsetzung der Wertschöpfungsverlagerung sind,
von Ressourcen unterscheiden, die Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz am
angestrebten Zielmarkt verschaffen. Um diese beiden Konzepte auseinanderzuhalten, werden
die zur Umsetzung erforderlichen Ressourcen im weiteren Verlauf als ,,Mittel” bezeichnet.
Ressourcen und Ressourcenübertragbarkeit. International agierende Firmen sind
dazu im Stande, ihre Ressourcen in ausländischen Märkten effizienter einzusetzen als die
lokale Konkurrenz (Fayerweather, 1978, S. 256-257). Sie können dadurch trotz des
Heimvorteiles der Wettbewerber profitable Marktpositionen einnehmen (Conner, 1991).
Hierzu müssen die Ressourcen wertvoll, selten, nicht vollständig imitierbar und nicht
substituierbar sein (Barney, 1991). Abhängig von der Art der Ressourcen, die für die
Wettbewerbsstärke eines Unternehmens von Bedeutung sind, lassen sich zwei Arten von
Unternehmen unterscheiden, für die entweder Flexibilität oder Kosten entscheidend sind.
Für Unternehmen, deren Wettbewerbsstärke auf Differenzierungsmerkmalen wie
Flexibilität, Qualität, Lieferzeiten, Produktvarianten oder Arbeitskomplexität beruht, ist eine
Internationalisierung oftmals nicht zielführend (Bock, 2008). Der Grund hierfür liegt in den
deutlich steigenden Transaktionskosten zur Gewährleistung einer flexiblen Produktion im
Ausland (Buckley & Casson, 1998) und den hohen Kosten für die Sicherstellung der Prozess-
und Produktqualität (Dana, Hamilton & Powels, 2007; Michel & Rycx, 2012).
Unternehmen mit hohem Produktionsvolumen, standardisierten Produkten und hohem
Lohnkostenanteil, deren Wettbewerbsstärke auf Kostenvorteilen beruht, internationalisieren
aus diesem Grund weitaus häufiger (Ritter & Sternfels, 2004; Grossman & Rossi-Hansberg,
2008; Kinkel & Maloca, 2009).
Ressourcen und Mittel zur Umsetzung der Internationalisierung. In Bezug auf
kostengetriebene Internationalisierung sind vorwiegend die Mittel von Bedeutung, die zur
Bewerkstelligung des Verlagerungsprozesses benötigt werden, da Kunden und Konkurrenz
unverändert bleiben. Die KMU sind häufiger von unzureichender Mittelausstattung betroffen,
welches einen der Hauptgründe für die geringere Internationalisierung darstellt (Erramilli &
Souza, 1993, S. 29-30). Laut Bratzel et al. (2015, S. 90-91) werden von zwei Dritteln der
KMU-Manager in der deutschen Automobilindustrie fehlende personelle Mittel, mangelnde
Kenntnis des Marktumfeldes und zu hohe Marktrisiken und von einem Drittel eine unklare
Finanzierung als Hauptargumente gegen eine Verlagerung genannt.
18
Sowohl Mittel als auch Ressourcen spielen eine entscheidende Rolle bei der
Internationalisierung. In Bezug auf die KMU unterscheidet Krotz (1998, S. 45-46) drei Arten
von Mitteln/Ressourcen: (1) Management und Führung, (2) Finanzen und (3) Technologie.
Zudem können der Aufbau der Organisation (Ahlert, Blut & Fröhling, 2007, S. 24-25),
unternehmerische Fähigkeiten, Arbeit/Personal (Fayerweather, 1978, S. 50), Marktkenntnis,
Risikobereitschaft und Netzwerke (Etemad, 2004) ebenfalls als wichtige Ressourcen
angesehen werden. Zusammenfassend lassen sich somit folgende Mittel/Ressourcen
unterscheiden:
1. Management und Führung (unternehmerische Fähigkeiten, Marktkenntnis,
Risikobereitschaft)3
2. Finanzen
3. Technologie
4. Organisation
5. Personal
6. Netzwerk
Besitzt ein Unternehmen ausreichend Mittel für eine Internationalisierung, stellt sich
die Frage, ob der Einsatz der vorhandenen Ressourcen an einem anderen Standort das
angestrebte Ziel erreicht.
2.2.7 Standorttheorie. Die Standortentscheidung ist eine der Hauptfragen in der
Automobilindustrie (Colovic & Mayrhofer, 2011), da es sich bei ihr um ein langfristiges, nur
schwer revidierbares (Goette, 1994, S. 1), sehr komplexes, heterogenes, branchenspezifisches,
sich änderndes Problem handelt (Bienert, 1996). Der Standort eines Unternehmens kann als
der Ort verstanden werden, an dem die Leistungserstellung stattfindet (Specht & Balderjahn,
2005, S. 140). Werden nur Teilleistungen an einem Standort erbracht, kann zwischen
Produktions-, F&E-, Administrations- und Vertriebsstandorten unterschieden werden
(Schmalen & Pechtl, 2013, S. 23). Die Standortstruktur eines Unternehmens verändert sich im
Zeitverlauf aufgrund interner und externer Einflussgrößen (Goette, 1994, S. 2).
Standortfaktoren sind Betrachtungsobjekt der Standortbestimmungslehre (Meyer-
Lindemann, 1951, S. 29). Dabei handelt es sich um ,,einen seiner Art nach scharf
abgegrenzten Vorteil, der für eine wirtschaftliche Tätigkeit dann eintritt, wenn sie sich an
3 Schulz, Borghoff und Kraus (2009) gehen vertieft auf unternehmerisches Verhalten und die Rolle des
Unternehmers bei der Internationalisierung ein.
19
einem bestimmten Ort oder auch generell an Plätzen bestimmter Art vollzieht” (Weber, 1909,
S. 16). In Tabelle 3 werden die im Folgenden näher erläuterten produktions- und
forschungsspezifischen Standortfaktoren miteinander verglichen und eine Kategorisierung
vorgenommen. Für diese Studie nicht relevante Faktoren wurden nicht in den Vergleich
aufgenommen.
Produktionsstandorte. Behrens (1971, S. 128) gliedert die
Produktionsstandortfaktoren nach den Unternehmensfunktionen Beschaffung, Fertigung und
Absatz. Dabei fallen auch alle in die Produktion einfließenden Ressourcen wie Personal und
Energie unter die Kategorie Beschaffung. Mucchielli (1998) unterscheidet vier Determinanten
bei der Produktionsstandortwahl, die sich auf die Produktionsfaktoren, Steuern, Netzwerke
und den Markt beziehen. In Tabelle 3 sind die Faktoren beider Autoren zusammengeführt.
Die höchste Relevanz wird dabei in zahlreichen Studien den Lohnkosten zugeschrieben.
Insbesondere in Hochlohnländern sind die niedrigeren Lohnkosten im Ausland oftmals der
Hauptgrund für eine Internationalisierung (Dana, Hamilton & Pauwels, 2007; Kinkel &
Maloca, 2009; Davis & Naghavi, 2011). Flores und Aguilera (2007) ergänzen zudem, dass
Unternehmen politisch, rechtlich und kulturell ähnliche Länder bevorzugen und Cheng und
Kwan (2000, S. 396) stellen einen positiven Zusammenhang zwischen Direktinvestitionen
und guter Infrastruktur, gemessen an der Straßendichte, fest. Zu den Vorteilen einer lokalen
Produktion gehören auch Logistikvorteile, geringeres Inventar und geringere Währungsrisiken
(Bardhan, 2015, S. 71). Die Währungsrisiken werden dadurch reduziert, dass sowohl Kosten
als auch Umsätze in den gleichen Währungen anfallen. Diese Art der Absicherung gegen
Währungsrisiken wird auch ,,natural hedging” genannt.
Forschungs- und Entwicklungsstandorte. Es ist ebenfalls ein klarer Trend
zunehmend dezentraler F&E in Auslandsmärkten zu beobachten (Doh, Jones, Mudambi &
Teegen, 2005; Sachwald, 2008; Schmitz & Strambach, 2009, S. 1495; Contractor et al.,
2010). Für die F&E sind abgesehen von Lohnkosten und Steuern insbesondere die Qualität
der Forschungscluster, der Zugang zu Talenten und der Schutz des geistigen Eigentums von
Bedeutung (Colovic & Mayrhofer, 2011). Tabelle C-1 liefert eine umfassende Auflistung
möglicher Faktoren bei der F&E-Standortwahl. Die wichtigsten dieser Faktoren sind in
Tabelle 3 eingeordnet.
20
Tabelle 3
Kategorisierung von Standortfaktoren der Produktion und F&E
Kategorisierung Produktion a F&E
b
Faktorkosten und -
verfügbarkeit
Arbeitsmarkt/Lohnkosten,
Grundstücke/Boden, Materialien,
Energiekosten, Verkehrsanbindung, Kapital
Qualität und Verfügbarkeit von Forschern,
Arbeitsmarktdynamik, Kostenfaktoren, Infrastruktur,
Skaleneffekte
Netzwerk
Beschaffungskontakte, beschaffungsfördernde
Einrichtungen, Anzahl lokaler und
ausländischer Firmen vor Ort (Wettbewerb,
Clusterbildung)
Qualität des Forschungsclusters, Firmennetzwerke
Steuern/ Förderung Steuern, Steuerbegünstigungen,
Handelsabkommen/Importzölle, Subventionen
Regionale Förderungspolitik,
Staatliche Unterstützungen,
Steuern
Rechtssicherheit Wirtschaftsordnung, Stabilität,
Rechtssicherheit, Förderungsprogramme Schutz der Rechte an geistigem Eigentum
Natürliche Ressourcen Gütertransformation (Klima, geologische
Bedingungen)
Marktattraktivität
Absatzpotential (Marktgröße, Kaufkraft,
Wettbewerb), Absatzkontakte
(Handelskammern, Vertriebspartner)
Lokales Marktvolumen, Infrastruktur
Anmerkung. Quelle: a Behrens, (1971), a Mucchielli (1998) und b Colovic & Mayrhofer (2011).
Weitere Faktoren. Um die Wirtschaftlichkeit einer Internationalisierung zu ermitteln,
sind die Kosten für die Errichtung und Anlaufphase am neuen Standort zu beachten. Bei dem
Spezialfall einer Verlagerung müssen zusätzlich die entstehenden Zusatzkosten und
Austrittsbarrieren am bisherigen Standort einberechnet werden. Unter Berücksichtigung von
Produktivitäts- und Qualitätseinbußen, Marktpotentialüberschätzungen und
Rechtsunsicherheit können die Einsparungen oftmals sehr viel geringer ausfallen, als durch
die reinen Faktorkostenunterschiede impliziert wird (Krystek & Zur, 2002, S. 336).
Zusammenfassung. Die in Tabelle 3 identifizierten Faktoren und ebenso die
Logistikkosten, die Währungsrisiken und die Verlagerungskosten stellen folglich die
entscheidenden Faktoren für einen Standortvergleich dar. Die Betrachtung der
Standorttheorien hat verdeutlicht, dass es sich um ein komplexes Entscheidungsproblem
handelt, welches die Berücksichtigung und Gewichtung zahlreicher Einflussfaktoren verlangt.
Der Standort Schweiz bietet für viele dieser Faktoren sehr gute Voraussetzungen. Geringe
21
Unternehmens- und Einkommenssteuern, ein effizienter Arbeitsmarkt, gute
Verkehrsanbindungen, hohe Rechtssicherheit und bestehende Netzwerke bieten attraktive
Rahmenbedingungen für Unternehmen. Eine detaillierte Analyse der Standortfaktoren
Arbeitsrecht/-zeiten, Lohnkosten und Steuer in der Schweiz findet sich in Anhang D. Die
Internationalen Standorte hingegen bieten meist niedrigere Lohn- und Energiekosten,
staatliche Subventionen, Absatzpotential und Schutz vor Währungsrisiken.
2.3 Strategische Alternativen
Nachdem die möglichen externen Einflussfaktoren, Ziele, Standortfaktoren und
Ressourcen geklärt sind und eine umfassende Beurteilung der Vor- und Nachteile einer
Verlagerung möglich ist, stellt sich die Frage, ob gegebenenfalls andere Strategien besser
geeignet sein könnten. Nach Porter (1985/2008) zielen Unternehmensstrategien entweder auf
Kostenführerschaft, Differenzierung oder Fokussierung ab. Dabei besagt die Theorie, dass
Unternehmen nur einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil aufrechterhalten können, wenn sie
sich entweder auf Diversifizierung oder Kostenführerschaft konzentrieren. Hill (1988)
hingegen kritisiert diese Theorie und zeigt Rahmenbedingungen auf, unter denen
Unternehmen beide Strategien erfolgreich verfolgen können. Insbesondere in reifen
Industrien, in denen mehrere Kostenführer konkurrieren, kann dabei eine gemischte Strategie
von Vorteil sein.
2.3.1 Differenzierungsstrategie. Eine mögliche Differenzierungsstrategie stellt die
Entwicklung neuer Technologien dar. Das Ziel dabei ist es, produkt- oder prozessorientierte
Alleinstellungsmerkmale zu erzielen und eine bessere Verhandlungsposition gegenüber den
Kunden zu erreichen. Neue Technologien können ebenfalls Türen zu anderen Branchen
öffnen. Durch Entwicklungskooperationen mit Kunden können langfristige und profitable
Beziehungen aufgebaut werden. Sie sind ferner geeignet, dem Preisdruck entgegenzuwirken
(Bratzel et al., 2015, S. 176-178). Als weitere Diversifizierungsmaßnahmen lassen sich die
Erhöhung der Wertschöpfungstiefe, die Erweiterung des Produktportfolios, der Aufbau von
Entwicklungskompetenz und die Steigerung der Produktkomplexität nennen (Bratzel et al.,
2015, S. 173-178).
2.3.2 Kostenstrategie. Eine Kostenstrategie hingegen verfolgt das Ziel, niedrigere
Preise als die Konkurrenz anbieten zu können. Hierbei werden vor allem Skalen- und
Größeneffekte genutzt und auf Prozesseffizienz gesetzt. Die hergestellten Produkte besitzen
dabei keine Differenzierungsmerkmale gegenüber den Produkten der Wettbewerber. Nach
Wicharz (2015, S. 159-162) streben Kostenführer einen hohen relativen Marktanteil in ihrer
22
Technologieklasse oder Produktgruppe an, um die Fixkosten auf höhere Stückzahlen zu
verteilen. Zudem konzentrieren sich diese Unternehmen auf ihre Kernfunktionen, lagern
konsequent ineffiziente Wertschöpfungstätigkeiten aus und arbeiten mit Lieferanten
zusammen, die ebenfalls Kostenführer in ihrem Bereich sind.
2.3.3 Fokusstrategie. Unter Fokusstrategie versteht Porter (1996, S. 36) die
Konzentration auf ausgewählte Segmente einer Branche. Durch räumliche Nähe,
Konzentration auf kleine Marktsegmente, Flexibilität, Prozesswissen, Fehlerlosigkeit und
enge Kundenbeziehungen können diese Unternehmen ihre Position gegenüber Wettbewerbern
verteidigen (Bartl et al., 2011). Nicht immer ist jedoch eine Fokussierung von Vorteil. Eine
Branchendiversifizierung kann beispielsweise branchenspezifische Risiken verringern und
ebenfalls die Verhandlungsposition stärken.
23
3 Untersuchungsmodell zur Internationalisierung und Formulierung der Thesen
Im Folgenden wird der Versuch unternommen, die Vielfalt der Partialmodelle zur
Internationalisierung in das bereits zu Beginn vorgestellte Internationalisierungsmodell
einzuordnen und ein ganzheitliches Modell der Verlagerungsentscheidung zu entwickeln. Im
Anschluss werden die Thesen für die quantitative Untersuchung entwickelt und die
Fragestellungen der qualitativen Untersuchung diskutiert.
3.1 Modell der Internationalisierungsentscheidung
Die umfangreiche Recherche zur Internationalisierungstheorie konnte keine
ganzheitlichen Ansätze identifizieren, welche die Internationalisierungsentscheidung im
Zusammenspiel mit alternativen Strategien, externen Faktoren und den Unternehmenszielen
betrachten. Für die Beantwortung der vorliegenden Fragestellung ist es jedoch essentiell,
diese Faktoren gemeinsam zu betrachten. Das entwickelte Modell (siehe Abbildung 2) leistet
genau diesen Schritt und ist damit in der Lage, die Frage nach der Kausalität von
Internationalisierungen differenziert darzustellen. Die wichtigsten in der Literatur
identifizierten Ziele, Einflüsse, Standortvorteile, Ressourcen und Alternativstrategien wurden
als Beispiele in das Modell aufgenommen. Zudem wurden exemplarisch mögliche Effekte der
Internationalisierung ergänzt, welche die Mengen, Preise oder Kosten beeinflussen können.
Im Zentrum des Modells steht das Gewinnziel. Darunter wird im vorliegenden Fall der
Barwert der Gewinne aus Sicht eines rationalen, langfristigen Investors, ausgedrückt durch
den Unternehmenswert, verstanden. Der Unternehmenswert entspricht ,,dem in Geld
ausgedrückten Wert der Eigenkapitalrechte eines Unternehmens” (Voigt, J., Voigt, J. F. &
Voigt, R., 2015, S. 22). Entsprechend der weiteren Zielsetzungen der Eigentümer kann der
Unternehmensgewinn an Bedeutung verlieren. Der Gewinn kann über die Menge und Preise
der Leistungen und die Kosten der Leistungserstellung beeinflusst werden. Die externen
Einflussfaktoren können jeden dieser drei Faktoren betreffen. Auf diese Veränderungen
können Unternehmen mit verschiedenen Strategien reagieren. Durch eine
Internationalisierung können beispielsweise neue Absatzmärkte erschlossen werden oder
bestehende Kunden erhalten bleiben. Der Zugang zu neuen Ressourcen und Know-how kann
die Produktstärke und Markt-/Verhandlungsposition verbessern, geringere Lohnkosten oder
Steuern im Ausland können die Kosten senken. Um die Auswirkungen auf Mengen, Preise
und Kosten beurteilen zu können, müssen zuvor die Standortvorteile und die
Ressourcenausstattung betrachtet werden.
24
Abbildung 2. Modell der Internationalisierungsentscheidung. Quelle: Eigene Darstellung
Aus der Literatur lassen sich zahlreiche Thesen ableiten, welche im Zusammenhang
mit der Fragestellung von Bedeutung sind. Die starke Währungsaufwertung hat unmittelbare
Auswirkungen auf den Preis. Der Internationalisierungsdruck in der Automobilbranche wirkt
sich insbesondere auf die Absatzmengen aus, da Kunden nach neuen Lieferanten Ausschau
halten, wenn die Lieferanten nicht bereit sind, ins Ausland zu folgen. Die Standortattraktivität
der Schweiz wird vorwiegend durch hohe Löhne belastet. Diese wären bei einem Vorkrisen-
Wechselkurs von 1.6 EUR/CHF zwar durchaus auf deutschem oder französischem Niveau.
Für die weltweiten Kunden zählen jedoch zum einen die Preise in Euro oder Dollar, zum
anderen die Preise der Konkurrenz in Osteuropa, Südamerika und Asien, welche oftmals mit
einem Zehntel der Lohnkosten kalkulieren können. In Verbindung mit dem hohen
Unternehmensziele
Gewinn
Preis
Erhöhung Produktstärke Bessere Marktposition
Lohnkosten
Umsätze
Kosten Menge
Neue Märkte Neue Kunden
Kundenbindung
Steuerbefreiung Steuersatz
Ressourcenzugang
Internationalisierung
Standortvorteile Faktorkosten/+verfügbarkeit2Netzwerk2Steuern/staatl.2Förderung2Rechtssicherheit2Natürliche2Ressourcen2Markta@rakAvität2Verlagerungskosten Währungsabsicherung Eigentumsvorteile
Ressourcen Management Personal Finanzen Netzwerk Organisation Technologie
Vorgehen Joint Venture Lizensierung Tochterunternehmen
Unabhängigkeit Wachstum Fortbestand Persönliche Interessen
Externe Faktoren
Wirtschaftskrisen Wechselkurse Wettbewerber Kunden Lieferanten
Diversifizierung Fokus Kostenführerschaft
Löhne Steuern Vorprodukte
25
Vernetzungsgrad der Branche und dem allgemeinen Anstieg der Schweizer
Direktinvestitionen in das Ausland um ein Drittel bis 2013 (Abbildung B-3) stellen diese
externen Faktoren starke Indikatoren für eine zunehmende Internationalisierung der
Schweizer Automobilzulieferindustrie dar. Bevor auf die expliziten Gründe für
Internationalisierungen eingegangen wird, soll geklärt werden, ob die Internationalisierung
der Schweizer Automobilzulieferindustrie seit 2008 gestiegen ist.
3.2 Formulierung der Thesen für die quantitative Untersuchung
Zur Beantwortung dieser Frage wären im Idealfall Daten zu den Produktions- und
F&E-Kapazitäten aller Schweizer Automobilhersteller nach Ländern vorhanden. Eine derart
umfangreiche Vollerhebung war jedoch nicht aufzufinden. Die zur Verfügung stehenden
Sekundärdaten enthalten Angaben dazu, in welchen Ländern die Schweizer AZL in den
Jahren 2008 und 2013 über Produktions- oder F&E-Standorte verfügten. Der Umfang dieser
Aktivitäten ist hierbei nicht bekannt. Die vorhandenen Daten sind dennoch für die
Beantwortung der vorliegenden Fragestellung geeignet. Die Frage, die es dabei zu klären gilt,
lautet: Ist der Anteil jener Unternehmen gestiegen, die im Ausland Teile ihrer Wertschöpfung
im Bereich Produktion oder F&E erstellen? Aus dieser Frage lassen sich mehrere einseitig
gerichtete Thesen ableiten, welche mit Hilfe von statistischen Verfahren geprüft werden
können.
H1: Der Anteil der Schweizer Automobilzulieferer mit Produktions- oder F&E-
Standorten im Ausland hat zugenommen.
Ebenfalls von Interesse ist die Frage, ob bei den KMU trotz der in der Theorie
genannten Hindernisse durch geringe Ressourcenausstattung und private Ziele der Eigentümer
eine Zunahme der Internationalisierung festzustellen ist. Für die Großunternehmen stellt sich
auf der anderen Seite die Frage, ob die Internationalisierung bereits so weit vorangeschritten
ist, dass nur noch wenige Unternehmen erstmalig ins Ausland gehen.
H2: Der Anteil der großen Schweizer Automobilzulieferer (über 250 Mitarbeiter) mit
Produktions- oder F&E-Standorten im Ausland hat zugenommen.
H3: Der Anteil der kleinen und mittleren Schweizer Automobilzulieferer (bis 250
Mitarbeiter) mit Produktions- oder F&E-Standorten im Ausland hat zugenommen.
26
Des Weiteren wurde in der Literatur ein Trend zu vermehrter F&E identifiziert. Es stellt sich
somit die Frage, ob der Internationalisierungsgrad sowohl in der Produktion als auch in der
F&E gestiegen ist.
H4: Der Anteil der Unternehmen mit Produktionsstandorten im Ausland hat
zugenommen.
H5: Der Anteil der Unternehmen mit F&E-Standorten im Ausland hat zugenommen.
Zusätzlich zu den induktiven statistischen Tests bietet sich auch eine deskriptive Analyse der
Daten an. Hierbei versprechen insbesondere die Angaben zu den in den Jahren 2013 bis 2018
geplanten Veränderungen in der Produktion und F&E nach Ländern einen Erkenntnisgewinn.
Zudem wird betrachtet, in welchen Ländern die Unternehmen ihre Wertschöpfung betreiben,
um nachvollziehen zu können, auf welche Länder die Internationalisierung gerichtet ist.
3.3 Fragestellung der qualitativen Untersuchung
Die zweite, vielleicht noch wichtigere Fragestellung bezieht sich auf die Gründe für
und gegen Internationalisierungsstrategien. Zusätzlich zu den externen Faktoren sollten auch
die anderen identifizierten Faktoren (Abbildung 2) auf ihre Relevanz für die
Internationalisierungsentscheidungen überprüft werden. Aufgrund der Vielschichtigkeit dieser
Fragestellung bietet sich hierzu die Durchführung von Experteninterviews mit den
Entscheidungsträgern der Unternehmen an. Mit den Interviews soll getestet werden, ob das
entwickelte Internationalisierungsmodell sich in der Praxis anwenden lässt und ob sich die
von den Interviewteilnehmern genannten Gründe vollständig in das aufgestellte Modell
einordnen lassen oder Erweiterungen erforderlich sind.
27
4 Quantitative Untersuchung
In diesem Abschnitt werden zunächst der Untersuchungsrahmen und die gewählten
Stichproben vorgestellt. Anschließend wird darauf eingegangen, wie die Daten erhoben
wurden und mit welchen statistischen Verfahren diese ausgewertet wurden. Zuletzt werden
die Ergebnisse dargestellt und diskutiert.
4.1 Untersuchungsrahmen
Die Bedeutung der Schweizer Automobilindustrie wird in der öffentlichen
Wahrnehmung oftmals unterschätzt, da es sich ausschließlich um Zulieferer und sehr kleine
Fahrzeughersteller handelt. Dennoch beläuft sich die geschätzte Mitarbeiterzahl der Branche
auf 34.000 Beschäftigte (Schulze, Schmitt, Neumüller & Holzmann, 2008, S. 17), was einem
Viertel aller Beschäftigten in der französischen Automobilindustrie entspricht (Statista,
2015a). Insgesamt 315 Unternehmen können der Automobilindustrie im Frankenraum
zugeordnet werden. Hierzu zählen Fahrzeug- und Aufbautenhersteller,
Entwicklungsdienstleister und Teilezulieferer (Schulze et al., 2013, S. 39).
Die analysierten Daten wurden in den Jahren 2008 und 2013 durch das swiss Center
for Automotive Research (swissCAR) der Eidgenössisch Technischen Hochschule Zürich
erhoben und ausgewertet. Es handelt sich demnach um eine Sekundäranalyse bestehender
Daten. Die Grundgesamtheit, auf die sich die swissCAR Studien beziehen, ist die gesamte
Schweizer Automobilindustrie, eingeschlossen Liechtenstein mit 315 identifizierten
Unternehmen. Das angestrebte Ziel war eine Vollerhebung, welche mit einer Rücklaufquote
von 71% als erreicht angesehen werden kann (Schulze et al., 2013, S. 9).
In der vorliegenden Studie wurde aufgrund der spezifischen Fragestellung nur eine
Stichprobe mit einer enger definierten Grundgesamtheit betrachtet (siehe Tabelle 4). Etwa die
Hälfte der Studienteilnehmer beantwortete lediglich eine verkürzte Version des Fragebogens,
in der keine Fragen zu Standortverlagerungen enthalten waren, weshalb diese nicht
verwertbar waren. Zudem wurden fünf Importeure, fünf reine Fahrzeughersteller, 11
Spezialisten für Auf- und Umbauten und 10 reine Entwicklungsdienstleister von der
Betrachtung ausgeschlossen, um den Fokus auf klassische, produktionsorientierte
Automobilzulieferer zu schärfen. Weitere fünf Unternehmen wurden aufgrund ihrer geringen
Größe, sieben Unternehmen schließlich wegen nicht korrigierbarer Fehlangaben
ausgeschlossen. Somit verbleiben im Jahr 2013 insgesamt 65 Unternehmen, von denen 33
ebenfalls im Jahr 2008 zu einem Teil der Fragen Stellung genommen hatten.
28
Aufgrund des Fokus auf eine bestimmte Unternehmensart wurde eine neue
Grundgesamtheit errechnet. Hierzu wurde das Verhältnis der Studienteilnehmer zur
identifizierten Grundgesamtheit ermittelt (34%) und dieses Verhältnis auf die kleinere
Grundgesamtheit angewandt. Die reduzierte Grundgesamtheit enthält demnach 210
produktionsorientierte, klassische Automobilzulieferer.
Die Stichprobe enthält 31% der neu definierten Grundgesamtheit, von denen sich etwa
die Hälfte mit den Teilnehmern aus dem Jahr 2008 überschneiden und so eine
Panelbetrachtung ermöglichen. Da die Teilnehmer nicht nach bestimmten Kriterien selektiert
wurden, handelt es sich hierbei um eine Zufallsstichprobe der neu definierten
Grundgesamtheit. Ein Vergleich der Stichprobe (n = 65) mit allen Studienteilnehmern
inklusive der Kurzfragebögen (n = 146) anhand der Leistungsarten zeigt, dass lediglich die
Materialzulieferer leicht überrepräsentiert sind (siehe Abbildung B-6). In Bezug auf die
Leistungsarten ist durch den Wegfall der Kurzversionen daher keine deutliche Veränderung
entstanden.
Tabelle 4
Eingrenzungsprozess bei der Auswahl der Stichprobe
Anzahl Unternehmen
Schweizer Automobilindustrie
Anzahl klassische
Automobilzulieferer
Identifizierte Grundgesamtheit Automobilindustrie 315 (100%) ~ 210 (100%) a
Studienteilnehmer Langversionen 107 (34%) 72 (34%)
Ausgewählte Stichprobe 2013 65 (31%)
Teilnehmer 2008 und 2013 33 (16%)
Anmerkung. a Es handelt sich hierbei um eine prozentuale Hochrechnung zur Schätzung der Grundgesamtheit aller klassischen Automobilzulieferer: 210 = !"#
!"# × 72. Quelle: Eigene Darstellung.
4.2 Erhebungsmethode und Datenaufbereitung
Die Erhebung der Daten wurde in den Jahren 2008 und 2013 mittels des Online-
Umfragetools Unipark durchgeführt. Bei den Teilnehmern handelte es sich vorwiegend um
Geschäftsführer und Abteilungsleiter (siehe Abbildung B-7). Aus dem umfangreichen
Fragebogen mit fast 80 Fragen wurden die für die vorliegende Studie relevanten Fragen
ausgewählt (siehe Tabelle 5).
29
Tabelle 5
Verwendete Fragen der swissCAR Studien 2008 und 2013
Nr. Frage Erhebungszeitpunkte
1 Erbringen Sie Produktions- und Entwicklungsleistung in den folgenden
Ländern?
2008/2013
2 In welchen Ländern planen oder erwarten Sie bis 2018 Veränderungen?
Ausbau der Produktionskapazitäten
2013
3 In welchen Ländern planen oder erwarten Sie bis 2018 Veränderungen?
Reduktion der Produktionskapazitäten
2013
4 In welchen Ländern planen oder erwarten Sie bis 2018 Veränderungen?
Ausbau der Forschungs- und Entwicklungskapazitäten
2013
5 In welchen Ländern planen oder erwarten Sie bis 2018 Veränderungen?
Reduktion der Forschungs- und Entwicklungskapazitäten
2013
6 Wie viele Beschäftigte hat Ihr Unternehmen insgesamt (weltweit)? (freier
Schätzwert)
2008/2013
Anmerkung. Quelle: Eigene Darstellung.
Die ausgewählten Fragen gewährleisten aufgrund der Konstanz der
Untersuchungsbedingungen, der eindeutigen Formulierungen und der Neutralität der
Studienersteller eine hohe Objektivität. Die Reliabilität ist lediglich bei den Schätzfragen
(Fragen 2 bis 5) nicht vollständig gewährleistet, da etwa ein Viertel der Studienteilnehmer
unterhalb der Projektleiterebene angesiedelt war und unter Umständen nicht genau über
geplante Auslandsvorhaben informiert war. Die Herausforderung bei der Auswertung und
Interpretation der vorliegenden Daten lag darin, dass es sich vorwiegend um nominalskalierte,
binäre Daten handelt und somit die Aussagekraft und Validität eingeschränkt ist. Die
Limitierungen der zur Verfügung stehenden Daten werden im Folgenden diskutiert.
Frage 1: Anhand der binären Daten zu den Produktions- und F&E-Standorten nach
Ländern kann lediglich entnommen werden, ob in einem speziellen Land Wertschöpfung
betrieben wird oder nicht. Der Umfang der Kapazitäten in den einzelnen Ländern ist nicht
ersichtlich. Somit kann nur analysiert werden, ob Unternehmen in neue Länder expandieren
nicht aber, wie sich die Kapazitäten an bestehenden Standorten verändern. Hätten sich die
Kapazitäten aller Produktionsstätten in der Schweiz im betrachteten Zeitraum halbiert, dann
hätte dies keine Auswirkung auf die Daten. Es lässt sich jedoch bestimmen, welcher Anteil
der Unternehmen ausschließlich in der Schweiz präsent ist und welcher Anteil in den
unterschiedlichen Ländern produziert oder forscht.
30
Fragen 2-5: Diese beschäftigen sich mit dem geplanten Ausbau oder der Reduktion
der Kapazitäten in den verschiedenen Ländern bis 2018. Auch hier fehlen Angaben zum
Umfang des Kapazitätsausbaus bzw. -abbaus. Bei einer minimalen Erhöhung der
Produktionskapazität in der Schweiz und einer signifikanten Erhöhung in China würde in
beiden Fällen ein Ausbau vorliegen. Die Daten können jedoch als Indikatoren dienen und
aufzeigen, in welchen Ländern eindeutige Ausbau- oder Reduktionstrends zu erwarten sind.
Frage 6: Es stehen keine Angaben zu den weltweit in der Automobilsparte der
verschiedenen Unternehmen tätigen Mitarbeitern zur Verfügung. Die Daten geben keinen
Aufschluss über den Automobilanteil des Gesamtunternehmens. Eine Einordnung der
Unternehmen in KMU und Großunternehmen ist jedoch auf Basis der weltweiten
Mitarbeiterzahlen möglich.
Bei der Datenaufbereitung wurden eindeutige Fehlangaben behoben, bei
Unstimmigkeiten auf öffentlich zugängliche Unternehmensinformationen zugegriffen und in
Einzelfällen Kontakt zu den Unternehmen aufgenommen, um die Angaben zu überprüfen.
Alle Änderungen wurden in den Daten dokumentiert, um eine spätere Nachvollziehbarkeit zu
gewährleisten. Bei sieben Unternehmen konnten die Fehlangaben nicht behoben werden, was
zu deren Ausschluss führte. Im Anschluss wurden die Daten für die statistischen
Auswertungen angepasst.
4.3 Auswertungsmethode
Aufgrund der binären Daten und der geringen Größe der untersuchten Stichprobe ist
es unwahrscheinlich, dass induktive statistische Verfahren zu signifikanten Ergebnissen
führen. Dennoch wird eine Kombination aus deskriptiven und induktiven statistischen
Verfahren verwendet, um möglichst sowohl Aussagen über die Stichprobe als auch über die
Grundgesamtheit treffen zu können. Für die Berechnung der Signifikanzen wurde das
Statistikprogramm SPSS verwendet (IBM SPSS Statistics for Windows 2013, Version 22.0).
Bei den für die Paneluntersuchung verwendeten Daten handelt es sich um binäre,
nicht-normalverteilte, verbundene Stichproben mit einer Fallzahl von 33, 19 oder 14. Ein
parametrischer T-Test verbundener Stichproben ist aufgrund fehlender Normalverteilung und
der Nominalskalierung der Variablen nicht geeignet, um die Signifikanz der Veränderungen
zu überprüfen. Ein Wilcoxon-Test für verbundene Stichproben erfordert zwar keine
Normalverteilung, aber mindestens eine Ordinalskalierung mit wenigstens drei
Ausprägungen.
31
Aus diesem Grund wurde ein McNemar-Test (McNemar, 1947) herangezogen und als
Teststatistik ein Binomialverfahren gewählt. Das Binomialverfahren wurde dabei aufgrund
der geringen Stichprobe einem Chi-quadrat Test mit Edwards-Korrektur (Edwards, 1948)
vorgezogen, welcher lediglich eine asymptotische Annäherung an den exakten Wert
vornimmt. In Tabelle 6 ist eine Kreuztabelle exemplarisch dargestellt, welche die
Funktionsweise des McNemar-Tests verdeutlichen soll. Dabei sind lediglich die Zellen B und
C von Bedeutung. Zelle B steht für die Anzahl an Unternehmen, die zum Zeitpunkt 1 einen
Auslandsstandort hatten und zum Zeitpunkt 2 keinen mehr besaßen. Das Gegenteil gilt für
Zelle C. Der McNemar-Test stellt die Nullhypothese auf, dass die Zellhäufigkeiten B und C in
der Grundgesamtheit gleich sind. In der vorliegenden Studie werden rechtsgerichtete
Hypothesen getestet. Diese testen, ob die Zellhäufigkeit in C höher ist als in B.
Tabelle 6
Darstellung einer Kreuztabelle
Anmerkung. Kreuztabelle zur Darstellung der Veränderungen in der Stichprobe; Die Werte B und C werden mittels Binomialverfahren auf Gleichheit getestet. Quelle: Eigene Darstellung.
Das Signifikanzniveau (α) wurde auf .05 festgelegt, um die Wahrscheinlichkeit eines
Fehlers erster Art, die Zurückweisung einer wahren Nullhypothese, hinreichend gering zu
halten. Ein Test kann statistisch signifikant sein, aber einen sehr geringen Effekt besitzen.
Daher wird die Veröffentlichung der Effektstärke bei signifikanten Ergebnissen empfohlen
(Wilkinson & Task Force on Statistical Inference, 1999, S. 598-601). Die Effektstärke
quantifiziert die Höhe des getesteten Unterschiedes und ist unabhängig von der
Stichprobengröße. Die Effektstärke 𝜔 lässt sich anhand der relativen Wahrscheinlichkeiten
der Felder B und C berechnen. Aus den Zahlen der Kreuztabelle wird 𝜒! berechnet und
daraus die Wurzel gezogen, um Cohens 𝜔 zu ermitteln:
𝜔 = (𝑝!!,! − 𝑝!!,!)!
𝑝!!,!
!!.!!
!,! ! !,!
nein ja
nein A B
ja C D
Zeitpunkt/1
Zeitp
unkt/2
32
Dabei bezeichnen 𝑘! und 𝑘! die Anzahl der Kategorien der Spalten- bzw.
Zeilenvariable, in diesem Fall jeweils 0/1. Die beobachtete Wahrscheinlichkeit 𝑝!!,! in Zelle i,
j wird mit der erwarteten Wahrscheinlichkeit 𝑝!!,! verglichen. In diesem Fall beträgt diese
.50, da eine Zunahme der Standorte (Feld C) und eine Abnahme der Standorte (Feld B) laut
Nullhypothese als gleich wahrscheinlich angesehen werden. Als Richtwerte für die
Beurteilung der Effektstärke empfehlen Cohen (1988) und Bortz (2005), Werte bis 0.1 als
geringe, bis 0.3 als mittlere und ab 0.5 als hohe Effektstärke anzusehen. Die Effektstärke
wurde mit dem Statistikprogramm G*Power (Version 3.1.9.2) berechnet. Dabei wurde ein
Chi-quadrat-goodness-of-fit Test für Kontingenztafeln mit einer Fehlerwahrscheinlichkeit α =
.05 durchgeführt (Bühner & Ziegler, 2009, S. 312-313; Faul, Erdfelder, Buchner & Lang,
2009).
Des Weiteren wurde für nicht-signifikante Ergebnisse die Teststärke ermittelt. Diese
gibt Auskunft über die Wahrscheinlichkeit, einen realen Effekt als statistisch signifikant zu
identifizieren bzw. die Wahrscheinlichkeit, dass die Nullhypothese zu Recht zurückgewiesen
wird. Durch die Berechnung der Teststärke kann somit ermittelt werden, ob deshalb kein
signifikantes Ergebnis erzielt wurde, weil die Hypothese tatsächlich nicht zutrifft oder
aufgrund der geringen statistischen Stärke des Tests, z.B. durch eine geringe
Stichprobengröße. Cohen (1988) empfiehlt dabei ein ß-1 von mindestens .50 für mittlere
Teststärken und mindestens .80 für hohe Teststärken.
Für die Daten zu den geplanten Ausbauten und Reduktionen von Standorten
(Abbildung 4, 6) und für die Daten zu den Auslandsstandorten nach Ländern (Abbildung 3, 5)
wurden 95%-Konfidenzintervalle berechnet. Brown, Cai & DasGupta (2001, S. 110)
empfehlen hierbei die Verwendung des Jeffrey-Intervalls, da dieses auch für kleine,
binomialverteilte Stichprobengrößen (n ≤ 40) geeignet ist.
Aufgrund der niedrigen Fallzahl der durchgeführten Tests sind die Schlussfolgerungen
in Bezug auf die Grundgesamtheit konservativ zu interpretieren. Zudem ist zu betonen, dass
die Ablehnung der Hypothese nicht bedeutet, dass die Werte in 2008 und 2013 gleich
geblieben sind, sondern lediglich, dass statistisch keine Veränderung nachgewiesen werden
kann. Auch wenn die Veränderungen der Stichprobe sich nicht auf die Gesamtpopulation
übertragen lassen, können die Veränderungen der Stichprobe somit einen Erkenntnisgewinn
bringen und von praktischem Nutzen sein.
33
4.4 Ergebnisse
Im Folgenden werden die Ergebnisse der sowohl deskriptiven als auch induktiven
statistischen Auswertung dargestellt. Die für die Auswertung mittels McNemar-Test
relevanten Werte sowie Angaben zu Teststärke und Effektstärke finden sich in Tabelle 8.
Zunächst werden die gemischt deskriptiv-induktiven Analysen betrachtet und im Anschluss
die rein deskriptiven Analysen zu den Produktions- und F&E-Standorten in 2008 und 2013
nach Ländern sowie den im Jahr 2013 bis 2018 geplanten Ausbauten und Reduktionen nach
Ländern.
4.4.1 Deskriptiv-induktive Analysen. Die erste zu testende Hypothese bezieht sich
auf die Gesamtheit der Auslandsstandorte aller Unternehmen der Stichprobe:
H1: Der Anteil der Schweizer Automobilzulieferer mit Produktions- oder F&E-
Standorten im Ausland hat zugenommen.
Aus der Kreuztabelle des McNemar-Tests (Tabelle 7) lässt sich entnehmen, dass im Jahr 2008
insgesamt 15 (45%) Unternehmen der Stichprobe nicht im Ausland vertreten waren. Bis zum
Jahr 2013 war diese Anzahl auf acht (24%) gesunken. Diese Veränderung ist die Konsequenz
daraus, dass insgesamt acht Unternehmen (Feld C) einen Auslandsstandort eröffneten,
während sich nur ein Unternehmen aus dem Ausland zurückzog (Feld B).
Tabelle 7
Kreuztabelle der Auslandsstandortverschiebungen zwischen 2008 und 2013
Anmerkung. Feld A = 7; Feld B = 1; Feld C = 8; Feld D = 17. Lediglich die Felder B und C sind für die statistischen Berechnungen von Bedeutung.
Über drei Viertel aller Zulieferer der Stichprobe erbringen somit im Jahr 2013 Teile ihrer
Wertschöpfung im Ausland. Der Anteil der Unternehmen in der betrachteten Stichprobe, die
einen Produktions- oder einen F&E-Standort außerhalb der Schweiz besitzen, ist dabei um
nein ja Gesamt
nein 7 1 8
ja 8 17 25
Gesamt 15 18 33
Aus
land
ssta
ndor
t vo
rhan
den
2013
Auslandsstandort vorhanden 2008
34
21% gestiegen (siehe Tabelle 8). Es haben somit in jedem Fall Veränderungen der
Internationalisierung stattgefunden. Um zu ermitteln, ob sich diese Beobachtung auf die
Grundgesamtheit der 210 Schweizer Automobilzulieferer übertragen lässt, wurde ein
McNemar-Test durchgeführt. Bei dem zuvor festgelegten Signifikanzniveau (α) von .05
konnte der durchgeführte rechtsseitige Signifikanztest die aufgestellte Hypothese H1 eindeutig
bestätigen, p = .020. Die Nullhypothese konnte somit verworfen werden. Es ist daher eine
statistisch signifikante Zunahme der Internationalisierung in der Gesamtpopulation
nachgewiesen. Dabei wurde eine mittlere Test- und Effektstärke erreicht (1-ß = .644;
𝜔 = .776).
H2: Der Anteil der großen Schweizer Automobilzulieferer (über 250 Mitarbeiter) mit
Produktions- oder F&E-Standorten im Ausland hat zugenommen.
Bei den großen Unternehmen gaben im Jahr 2013 insgesamt 93% der
Studienteilnehmer an, einen Produktions- oder F&E-Standort im Ausland zu besitzen, eine
Zunahme um 14% gegenüber der Stichprobe im Jahr 2008. Drei der 14 Großunternehmen
wagten in diesem Zeitraum den Schritt ins Ausland, während ein Unternehmen die
Wertschöpfung im Ausland beendete. Trotz des bereits zuvor hohen
Internationalisierungsgrades der Großunternehmen fand demnach eine Internationalisierung in
der betrachteten Stichprobe statt. Für die Grundgesamtheit muss die aufgestellte Hypothese
H2 jedoch eindeutig verworfen werden, da keine ausreichende Signifikanz nachgewiesen
werden konnte, p = .313. Die geringe Teststärke relativiert dieses Ergebnis jedoch, 1-ß = .170.
Um bei der ermittelten Effektstärke (𝜔 = .50) eine Teststärke von über .50 zu erreichen wäre
eine viermal so große Stichprobe von über 50 Großunternehmen notwendig.
H3: Der Anteil der kleinen und mittleren Schweizer Automobilzulieferer (bis 250
Mitarbeiter) mit Produktions- oder F&E-Standorten im Ausland hat zugenommen.
In der Stichprobe stieg der Anteil sehr deutlich um 26% auf 63% (siehe Tabelle 8).
Fünf der insgesamt 19 KMU betätigten sich in diesem Zeitraum erstmals im Ausland, keines
der Unternehmen zog sich aus dem Ausland zurück. Der errechnete Signifikanzwert, p = .032,
liegt im festgelegten Toleranzbereich. Somit lässt sich für die gesamte Population eine
Zunahme der im Ausland wertschöpfenden kleinen und mittleren Unternehmen als
wahrscheinlich ansehen. Die Effektstärke der Veränderung ist zudem als ausgesprochen hoch
35
zu bewerten, 𝜔 = 1.00, und zudem wurde eine mittlere Teststärke erreicht, 1-ß = .607. Die
Beobachtung, dass ein derart hoher Anteil der KMU im betrachteten Zeitraum die
Wertschöpfung im Ausland erweitert hat, ist für die vorliegende Studie von hoher Bedeutung,
da eine Internationalisierung für diese Unternehmen mit weitaus höheren Risiken verbunden
ist. Es wird daher als zielführend angesehen, in der qualitativen Betrachtung einen besonderen
Fokus auf die Internationalisierung der KMU zu richten, ohne dabei jedoch Großunternehmen
zu vernachlässigen.
Tabelle 8
Veränderung der Auslandspräsenz zwischen 2008 und 2013
Hypothese Untersuchte Variable n B C M
(2008)
M
(2013) 1-ß p
H1 Anteil der Unternehmen mit Auslandsstandorten 33 1 8 0.55 0.76 .644* .020*
H2 Anteil der Unternehmen mit Auslandsstandorten
(> 250 Mitarbeiter) 14 1 3 0.79 0.93 .170 .313
H3 Anteil der Unternehmen mit Auslandsstandorten
(< 250 Mitarbeiter) 19 0 5 0.37 0.63 .607* .032*
H4 Anteil der Unternehmen mit
Produktionsstandorten im Ausland 33 2 8 0.58 0.76 .475 .055
H5 Anteil der Unternehmen mit F&E-Standorten im
Ausland 33 3 8 0.24 0.39 .326 .114
Anmerkung. n = Stichprobengröße; B = Anzahl der Unternehmen mit Auslandsstandort im Jahr 2008, aber ohne Auslandsstandort im Jahr 2013; C = Anzahl der Unternehmen ohne Auslandsstandort im Jahr 2008, aber mit Auslandsstandort im Jahr 2013; M = Mittelwert der Stichprobe; w = Effektstärke; 1-ß = Teststärke; p = einseitiger Signifikanzwert; 1-ß = Teststärke. Quelle: Eigene Darstellung.
H4: Der Anteil der Unternehmen mit Produktionsstandorten im Ausland hat
zugenommen.
Betrachtet man die Entwicklung der Produktionsstandorte getrennt, ergibt sich für die
Produktion ein Anstieg des Auslandsanteils von 58% auf 76% und somit eine Zunahme um
18%. Acht Unternehmen gaben an, eine Produktion im Ausland aufgebaut zu haben, während
zwei Unternehmen ihre Produktion im Ausland abbauten. H4 wird jedoch abgelehnt (p =
.055), da das Signifikanzniveau knapp überschritten ist. Somit kann eine Zunahme der
36
Produktionsstandorte für die Gesamtpopulation nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit
nachgewiesen werden, die Teststärke war jedoch auch in diesem Fall gering 1-ß = .475.
H5: Der Anteil der Unternehmen mit F&E-Standorten im Ausland hat zugenommen.
Für die F&E ist ein Anstieg von 24% auf 39% zu beobachten. Unternehmen mit F&E, aber
ohne Produktion im Ausland, sind im Jahr 2013 keine und im Jahr 2008 lediglich eines
vertreten. Dies bedeutet, dass fast die Hälfte aller Unternehmen mit Auslandsproduktion
parallel F&E im Ausland betreibt. Acht der 33 Unternehmen erbrachten erstmals F&E-
Leistungen im Ausland, drei Unternehmen zogen sich aus dem Ausland zurück. Die
Hypothese muss jedoch verworfen werden, was vorwiegend auf die geringe Teststärke
zurückzuführen ist, p = .114, 1-ß = .326. Um bei der ermittelten Effektstärke (𝜔 = .45) eine
Teststärke von über .50 zu erreichen, wäre eine in etwa zweimal so große Stichprobe
erforderlich.
4.4.2 Deskriptive Analyse der Produktion. Bereits im Jahr 2008 war die
Wertschöpfung der Schweizer AZL international aufgestellt (siehe Abbildung 3). Ein Drittel
der Unternehmen verfügte über Produktionsstätten in Deutschland, Osteuropa und China, ca.
ein Viertel in Westeuropa (ohne DE) und im NAFTA-Raum (North American Free Trade
Agreement). In Brasilien und Asien (ohne CHN) waren 9% vertreten. Gleichzeitig
produzierten 88% der Unternehmen noch am Standort Schweiz.
Abbildung 3. Geographische Verteilung der Produktionsstandorte. n=33. Die Fehlerbalken
repräsentieren das 95%-Konfidenzintervall. Quelle: Eigene Darstellung.
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Schweiz
Deutsc
hland
Osteuro
pa
China
Westeu
ropa (
ohne
DE)
NAFTA
Asien (
ohne
CHN)
Brasilie
n
Südam
erika
(ohn
e BRA)
Andere
Länd
er Ante
il de
r Unt
erne
hmen
2008
2013
37
Die Auswertung der im Jahr 2013 erhobenen Daten zu den Internationalisierungsplänen der
Unternehmen ergibt, dass die Schweizer AZL einen Ausbau der Produktion insbesondere in
China (42%), der Schweiz (31%), Osteuropa (28%) und im NAFTA-Raum (26%) planen
(siehe Abbildung 4).
Abbildung 4. Ausbau/Reduktion der Produktionskapazitäten nach Ländern. n = 65. Die
Fehlerbalken repräsentieren das 95%-Konfidenzintervall. Quelle: Eigene Darstellung.
Zugleich planen zahlreiche Unternehmen einen Produktionsabbau in Westeuropa. Hierbei
wird jedoch nicht der Umfang der geplanten Produktionskapazitäten im Verhältnis zu den
Gesamtkapazitäten berücksichtigt. Ein geringer Produktionsausbau wird somit einer
signifikanten oder sogar vollständigen Produktionsverlagerung gleichgesetzt. Es ist daher
möglich, dass es sich bei dem Produktionsausbau in der Schweiz um geringere
Zusatzkapazitäten handelt als im Ausland. Die Ergebnisse sollten daher nur als Indikatoren
betrachtet werden.
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
China
Schweiz
Osteuro
pa
NAFTA
Westeu
ropa (
ohne
DE)
Asien (
ohne
CHN)
Deutsc
hland
Brasilie
n
Südam
erika
(ohn
e BRA)
Andere
Länd
er
Ant
eil d
er U
nter
nehm
en
Ausbau Produktion
Reduktion Produktion
38
4.4.3 Deskriptive Analyse der Forschung und Entwicklung. Über 80% der
Unternehmen forschen weiterhin in der Schweiz, mit zunehmender Tendenz (siehe Abbildung
5). Während in Deutschland, Osteuropa, China und Asien eine Zunahme der F&E stattfand,
wurden in Westeuropa (ohne DE) Standorte geschlossen.
Abbildung 5. Geographische Verteilung der F&E-Standorte. n = 33. Die Fehlerbalken
repräsentieren das 95%-Konfidenzintervall. Quelle: Eigene Darstellung.
Ausgesprochen positiv für den Standort Schweiz fallen ebenfalls die Ergebnisse zum
Ausbau der F&E im Ausland aus (Abbildung 6). Die AZL planen insbesondere den Ausbau in
der Schweiz (55%), China (24%) und Deutschland (17%). Die F&E folgt somit als
komplementäre Funktion der Produktion in den Wachstumsmarkt China. Unklar ist
allerdings, ob es sich hierbei um zentrale Innovationsfunktionen oder lediglich um unkritische
Bereiche der F&E handelt. Der Ausbau der F&E in Deutschland kann unter Umständen auf
die wachsende Bedeutung von Entwicklungskooperationen zurückgeführt werden, für die eine
Präsenz in den wichtigen Automobilclustern und die Nähe zu den Entscheidungsträger von
Vorteil sein kann. Eine Reduktion der F&E-Kapazitäten wird allgemein nur durch wenige
Unternehmen geplant, vorwiegend jedoch in Westeuropa.
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Schweiz
Deutsc
hland
Westeu
ropa (
ohne
DE)
NAFTA
China
Osteuro
pa
Brasilie
n
Asien (
ohne
CHN)
Südam
erika
(ohn
e
Andere
Länd
er
Ant
eil d
er U
nter
nehm
en 2008
2013
39
Abbildung 6. Ausbau/Reduktion der F&E-Kapazitäten nach Ländern. n = 65. Die
Fehlerbalken repräsentieren das 95%-Konfidenzintervall. Quelle: Eigene Darstellung.
4.5 Zusammenfassung
Es gilt, im Folgenden die gewonnenen Erkenntnisse in Bezug auf die Fragestellung
einzuordnen: Ist der Anteil jener Unternehmen gestiegen, die im Ausland Teile ihrer
Wertschöpfung im Bereich Produktion oder F&E erstellen?
Sowohl in Bezug auf die untersuchte Stichprobe als auch auf die Gesamtpopulation
aller Schweizer AZL ist diese Frage eindeutig positiv zu beantworten. Es wurde eine
statistisch signifikante Zunahme der Auslandsstandorte ermittelt. Eine getrennte
Untersuchung der KMU und Großunternehmen konnte lediglich für die KMU eine statistisch
signifikante Zunahme der Auslandsstandorte feststellen. Eine Zunahme der
Internationalisierung aller Schweizer Automobilzulieferer mit unter 250 Mitarbeitern hat
demnach mit hoher Wahrscheinlichkeit stattgefunden. Für die Großunternehmen hingegen
konnte ein Anstieg nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden. Im Folgenden wird
in Kürze auf die wichtigsten Erkenntnisse der quantitativen Analyse eingegangen, dabei
zunächst auf die allgemeinen und anschließend auf die für die KMU und Großunternehmen
spezifischen Ergebnisse.
Drei Viertel aller Schweizer AZL produzieren im Ausland und in etwa die Hälfte
dieser Unternehmen forscht oder entwickelt ebenfalls im Ausland. Damit ist die Schweizer
Automobilindustrie sehr international aufgestellt. Seit 2008 ist der Anteil der
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
Schweiz
China
Deutsc
hland
Asien (
ohne
CHN)
NAFTA
Westeu
ropa (
ohne
DE)
Osteuro
pa
Brasilie
n
Andere
Länd
er
Südam
erika
(ohn
e BRA)
Ant
eil d
er U
nter
nehm
en
Ausbau FuE
Reduktion FuE
40
Auslandsstandorte in der betrachteten Stichprobe sowohl für die Produktion als auch für die
F&E stark angestiegen. Diese Beobachtung konnte ebenfalls mit einer ausreichenden
statistischen Signifikanz auf die Gesamtheit der geschätzten 210 klassischen,
produktionsorientierten Schweizer Automobilzulieferer übertragen werden.
Insgesamt zeichnet sich ein klarer Trend zu vermehrter Wertschöpfung in Asien,
Osteuropa und im NAFTA-Raum ab. In Westeuropa konnte sich lediglich Deutschland als
attraktiver Wertschöpfungsstandort behaupten und sowohl Produktion als auch F&E zu sich
ziehen. Die Schweizer Unternehmen folgen damit dem Internationalisierungstrend der
Automobilindustrie zu vermehrter absatznaher, globaler Produktion und F&E.
Für die KMU im Speziellen konnte ebenfalls für die Grundgesamtheit aller Schweizer
Automobilzulieferer eine signifikante Zunahme der Unternehmen mit Auslandsstandorten
ermittelt werden. Dies wirft die Frage auf, ob insbesondere die KMU im betrachteten
Zeitraum einem erhöhten Internationalisierungsdruck ausgesetzt waren und welche Gründe
die KMU trotz ihrer schlechteren Ressourcenausstattung und möglicher Zielkonflikte zur
Internationalisierung bewegt haben.
Für die Großunternehmen hingegen musste die aufgestellte Hypothese verworfen
werden. Dies ist jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die geringe Teststärke
zurückzuführen, da es sich hierbei um den Test mit der geringsten Fallzahl handelte.
Im Hinblick auf die Erkenntnisse der quantitativen Untersuchung erscheint es
sinnvoll, die Gründe für diese Diskrepanz mit Hilfe qualitativer Untersuchungen näher zu
beleuchten.
41
5 Qualitative Untersuchung
Die qualitative Untersuchung verfolgt das Ziel, die Gründe zu identifizieren, aus
denen sich Unternehmen für oder gegen eine Internationalisierung entschließen. Hierzu wird
zunächst erläutert, anhand welcher Kriterien die Interviewpartner ausgewählt wurden sowie
auf Methodik und Fragebogengestaltung eingegangen. Anschließend werden die
Geschäftsmodelle der fünf untersuchten Unternehmen betrachtet und die Ergebnisse anhand
des zuvor aufgestellten theoretischen Modells (Abbildung 2) eingeordnet. Dabei wird die
These aufgestellt, dass Unternehmen internationalisieren, wenn
1. sie von den externen Einflussfaktoren betroffen sind,
2. im Ausland insgesamt bessere Standortfaktoren existieren,
3. ausreichend Mittel zur Verfügung stehen,
4. keine alternativen Strategien die Unternehmensziele besser erreichen und
5. keine nicht-ökonomischen Ziele mit der Internationalisierung in Konflikt
stehen.
5.1 Untersuchungsrahmen
Der Selektionsprozess der Interviewpartner zielte darauf ab, sowohl Argumente für
eine Internationalisierung als auch Argumente dagegen zu beleuchten und sowohl die
Perspektive der KMU als auch die der Großunternehmen zu berücksichtigen. Daher wurden
Kriterien definiert, um bezüglich ihrer Internationalisierungsstrategie möglichst
gegensätzliche Unternehmen zu identifizieren. Auf Basis dieser Kriterien wurden zwei
Gruppen von Unternehmen definiert. Auf der einen Seite stehen die sogenannten ,,Home-
based players” (HBP) in Anlehnung an Bratzel et al. (2015). Dabei handelt es sich um
Unternehmen, die einen Produktionsstandort in der Schweiz besitzen, keine Produktion oder
F&E im Ausland betreiben und dies im Jahr 2013 auch nicht geplant hatten zu verändern. Auf
der anderen Seite stehen die sogenannten ,,International expanders” (IE), deren
Gemeinsamkeit ist, dass sie zum Zeitpunkt der Erhebung keinen Produktions- oder F&E
Ausbau in der Schweiz, aber mindestens einen Ausbau im Ausland planten. Dabei ist es nicht
relevant, über wie viele Standorte diese Unternehmen im In- oder Ausland verfügen, sondern
der klare Internationalisierungsfokus.
Auf Basis dieser Kriterien wurden 13 HBP und 19 IE identifiziert. Diese wurden
anhand ihrer weltweiten Mitarbeiterzahlen weiter untergliedert, um zwischen
Großunternehmen und KMU zu differenzieren. Unter den HBP befanden sich elf, unter den
42
IE acht Unternehmen mit unter 250 Mitarbeitern weltweit. Um zu vermeiden, dass die
Unternehmensgröße und damit verbundene Ressourcennachteile eine zu hohe Gewichtung
erhalten, wurden zunächst die größten KMU der HBP und die kleinsten KMU der IE
kontaktiert. Um die Perspektive der Großunternehmen einzubeziehen, wurde parallel ein
großer IE ausgewählt. Die zwei Großunternehmen in der Gruppe der HBP wurden nicht
berücksichtigt, da es sich um Tochterunternehmen weltweit tätiger Automobilzulieferer
handelt, die nicht mit anderen Ländergesellschaften konkurrieren. Insgesamt konnten fünf
Unternehmen für Experteninterviews gewonnen werden (siehe Tabelle 9). Unter den
Interviewpartnern befanden sich drei Geschäftsführer, ein Strategieleiter und ein
Entwicklungsleiter.
Tabelle 9
Entscheidungskriterien bei der Selektion der Interviewpartner
Gruppe Unternehmen Weltweit
Angestellte
Anzahl
Produktions-
standorte
CH
Ausbau
Produktions- und
F&E-Standorte
CH
Anzahl
Produktions- und
F&E-Standorte
(Ausland)
Ausbau
Produktions- und
F&E-Standorte
(Ausland)
Hom
e-ba
sed
play
ers Härtung AG 35
1 nicht
relevant 0 0 Werkzeug AG 20
Drehteile AG 50
Inte
rnat
iona
l
expa
nder
s Elektronik AG 200 nicht
relevant 0
nicht
relevant ≥1
Dämmung AG > 10.000
Anmerkung. Übersicht über die für die Selektion der Interviewpartner verwendeten Kriterien. Quelle: Eigene Darstellung.
5.2 Erhebungsmethode
Als Erhebungsmethode wurde ein teilstrukturiertes, offenes Interview nach Blumberg,
Cooper & Schindler (2008) gewählt. Diese Methode bietet entscheidende Vorteile gegenüber
einem unstrukturierten, informellen Interview. Durch den Interviewleitfaden wird
sichergestellt, dass bei allen Interviews die gleichen Schwerpunktthemen behandelt werden
und zugleich eine hohe Flexibilität erhalten bleibt, um der Komplexität der Fragestellung
gerecht zu werden (Patton, 1980; Rubin & Babbie, 2010). Die Interviews wurden in vier
Fällen persönlich und in einem Fall telefonisch geführt und dauerten zwischen 30 und 70
43
Minuten. Während des Interviews wurden zum Teil Visualisierungen hinzugezogen. Hierbei
wurden die genannten strategischen Maßnahmen unter einen Zeitstrahl eingeordnet, um den
Interviewteilnehmer bei der Strukturierung der Antworten zu unterstützen.
5.3 Beschreibung des Interviewleitfadens
Es wurden zwei Interviewleitfäden konzipiert, einer in deutscher Sprache für die
KMU (siehe Anhang A-1) und einer in englischer Sprache für das Großunternehmen (siehe
Anhang A-2). Die Leitfäden wurden abgesehen von Intro und Verabschiedung in drei Teile
gegliedert.
Die ,,Agenda” diente dazu, die Interviewpartner erneut über den Zeitumfang und die
Verwendung der Aufzeichnungen aufzuklären und sie für die untersuchte Fragestellung zu
sensibilisieren. Im ,,Hauptteil” wurden zunächst Fragen zur allgemeinen Gesamtsituation des
Unternehmens zwischen 2007 und 2015 und zu den wichtigsten Charakteristika des
Geschäftsmodells gestellt. Das Ziel hierbei war es, die Hauptproblemstellungen des
Unternehmens zu identifizieren und das Geschäftsmodell besser zu verstehen. Im Anschluss
wurden Fragen zu auffälligen Veränderungen bei den Antworten des Unternehmens in den
swissCAR Studien gestellt. Hierzu wurde im Vorfeld zu jedem Unternehmen eine detaillierte
Analyse der Antworten in den beiden Studien durchgeführt. Als nächstes wurde, beginnend
im Jahr 2007, chronologisch bis 2015 abgefragt, welche Internationalisierungsaktivitäten zum
jeweiligen Zeitpunkt durchgeführt oder geplant und aus welchen Beweggründen welche
alternativen Strategien verfolgt wurden. Zuletzt wurde vertieft auf die aktuellen Pläne und
Herausforderungen und auf die Auswirkungen der erneuten Währungsaufwertung seit Januar
2015 eingegangen. Der für Großunternehmen ausgelegte Fragebogen wurde im Hauptteil
entsprechend angepasst, da sich viele Antworten bereits den Geschäftsberichten entnehmen
ließen. Der Bereich ,,Erfahrungen und Hintergrund” dient der Klassifizierung der Befragten
anhand der Funktion im Unternehmen und der Erfahrung in der Automobilbranche.
5.4 Auswertungsmethode
Die Interviews wurden zunächst mit dem Einverständnis der Teilnehmer aufgezeich-
net und im Nachgang transkribiert (siehe Anhang E). Dabei wurden die Interviewpartner und
Unternehmen anonymisiert. Das Forschungsziel bestand in einer inhaltlichen und nicht in
einer sprachwissenschaftlichen Analyse. Daher wurden die Transkripte bezüglich des Um-
gangssprachlichen und der Dialekte geglättet und Versprecher oder grammatikalische Fehler
behoben, ohne dabei die ursprüngliche Bedeutung zu verändern (Oliver, Serovich & Mason,
44
2005, S. 1280). Auf eine wortwörtliche Transkription wurde nur bei direkt zitierten
Textstellen Wert gelegt. Zunächst wurden alle das Geschäftsmodell betreffenden Informatio-
nen über die Unternehmen anhand des Business Model Canvas nach Osterwalder & Pigneur
(2013) eingeordnet. Für das Großunternehmen wurden die Absatzzahlen und die Kosten-
struktur dem Geschäftsbericht entnommen.
Anschließend wurden die Interviews im Hinblick auf die in der Theorie identifizierten
Internationalisierungstreiber zusammengefasst. Dabei wurde ein deduktiv-induktives
Vorgehen bzw. eine qualitative Inhaltsanalyse gewählt (Mayring, 2000). Hierbei wurde im
ersten, deduktiven Schritt eine Einordnung der genannten Faktoren in das bestehende Modell
vorgenommen. In einem zweiten, induktiven Schritt wurden zusätzliche Erkenntnisse in das
Modell eingeordnet und dieses erweitert.
5.5 Beschreibung des Samples
Um das Ziel einer ganzheitlichen Darstellung der Geschäftsmodelle der untersuchten Unter-
nehmen zu erreichen, wurden die in den Interviews untersuchten Unternehmen in das
Geschäftsmodellschema von Osterwalder & Pigneur (2013) eingeordnet. Darin werden neun
Aspekte unterschieden. In Abbildung 7 sind Beispiele zu jeder der Kategorien eingetragen:
1. Unter Kundensegmenten werden die voneinander abgrenzbaren Kundengruppen
verstanden, die erreicht werden sollen.
2. Das Leistungskonzept beschreibt die Kombination der angebotenen Produkte und
Dienstleistungen, welche für den Kunden Probleme löst und Werte schafft.
3. Die Vertriebskanäle beinhalten das Marketing, die Kommunikation, die Distribution,
den Verkauf und das After-Sales-Geschäft.
4. Unter Kundenbeziehungen werden die Art und das Ziel der Beziehungen zu den
verschiedenen Kundensegmenten charakterisiert.
5. Das Ertragskonzept beschreibt die Einnahmequellen und die Preisstrategie des
Unternehmens.
6. Unter Hauptressourcen werden physische, finanzielle, intellektuelle und personelle
Ressourcen verstanden, die für die Wertschöpfung notwendig sind.
7. Unter Hauptaktivitäten fallen die Tätigkeiten, die für den Erfolg des Unternehmens
von höchster Bedeutung sind.
8. Unter Partnerschaften fallen Kooperationen mit Lieferanten, Wettbewerbern oder
unabhängigen Unternehmen.
9. Die Kostenstruktur beschreibt die wesentlichen anfallenden operativen Kosten.
45
Abbildung 7. Business Model Canvas mit ausgewählten Beispielen. Quelle: Eigene
Darstellung in Anlehnung an Osterwalder & Pigneur (2013).
Bei der Härtung AG (Abbildung 8) handelt es sich um ein
Wärmebehandlungsunternehmen mit ca. 30 Mitarbeitern. Das Unternehmen stellt keine
eigenen Produkte her, sondern härtet kleine, leicht transportierbare Stahlteile für verschiedene
Industrien mit steigendem Automobilanteil. Gegenüber den Wettbewerbern zeichnet es sich
durch eine wesentlich höhere Qualität und Lebensdauer der gehärteten Bauteile und eine
starke Kundenbindung aus. Preislich kann es jedoch aufgrund des hohen Lohnkostenanteils
nicht mit den Wettbewerbernin Tschechien konkurrieren, weshalb es sich durch innovative
Härtungsverfahren zu diversifizieren versucht.
Die Werkzeug AG (Abbildung 9) ist Technologieführer im Bereich der
Spritzgusswerkzeuge mit ca. 50 Mitarbeitern. Das Unternehmen ist auf den Automobilbereich
fokussiert und besitzt einen hohen Bekanntheitsgrad. Mit einem Werkzeug können von den
Kunden ca. eine Million Teile produziert werden. Zuverlässigkeit und Qualität der Werkzeuge
sind daher essenziell für die Vermeidung von werkzeugbedingten Produktionsstillständen.
Partnerschaften
Hauptaktivitäten
Hauptressourcen
Leistungskonzept
Vertriebskanäle
Kostenstruktur
Kundenbeziehungen
Kundensegmente
Ertragskonzept
Strategische Allianzen
Joint Ventures
Kooperationen mit
Lieferanten
Motive:
Skaleneffekte
Risikoteilung
Ressourcenzugang
Produktion (Quantität/
Qualität)
Problemlösung/
Wissensmanagement
Maschinen, Gebäude,
Distributionsnetzwerk,
Patente, Kooperationen,
Daten, qualifiziertes
Personal, Kapitalzugang
Neuheit
Verbesserungen
Anpassung/
Individualisierung
Zuverlässigkeit
Design
Marke/Bekanntheit
Preis
Persönliche Assistenz
Persönlicher Kontakt
Kein Kontakt
Kooperationen
Marketing
Vertriebskanäle
Lieferung
After sales
Massenmarkt
Nischenmarkt
Segmentierung (ähnliche
Kunden)
Diversifizierung (stark
unterschiedliche
Kunden)
Produktverkauf Preissetzung (dynamisch/fix)
Leasing
Lizensierung
Kostengetrieben oder qualitätsgetrieben
Fixe/ Variable Kosten
Skaleneffekte/ Größenvorteile
46
Abbildung 8. Geschäftsmodell der Härtung AG. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an
Osterwalder & Pigneur (2013).
Abbildung 9. Geschäftsmodell der Werkzeug AG. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung
an Osterwalder & Pigneur (2013).
Die Drehteile AG (Abbildung 10) stellt mit ca. 50 Mitarbeitern Präzisionsdrehteile für
die Flugzeugindustrie und Medizinbranche und seit 2010 in zunehmendem Maße auch für die
Automobilindustrie her. Das Unternehmen differenziert sich insbesondere über die Präzision
Partnerschaften
Hauptaktivitäten
Hauptressourcen
Leistungskonzept
Vertriebskanäle
Kostenstruktur
Kundenbeziehungen
Kundensegmente
Ertragskonzept
Partnerschaften
Hauptaktivitäten
Hauptressourcen
Leistungskonzept
Vertriebskanäle
Kostenstruktur
Kundenbeziehungen
Kundensegmente
Ertragskonzept
Maschinen
Qualifiziertes Personal
Maschinenbetrieb
Qualitätssicherung
Qualität
Zuverlässigkeit
Geringe Stückzahlen
Innovationen
(Stahlleichtbau)
Deutsche
Unternehmen
bevorzugen Härtung
in Tschechien in
Mindestqualität
Persönliche Kontakte
Hohe Kundentreue
Lohnkosten (zwei Drittel)
Hohe Energiekosten
Hohe Kosten für Brennstoffe
Kontaktaufbau für
Vermarktung über
Swissmem
Einfacher Transport
Fokus Automobil-
industrie (50%)
Schweiz (100%)
N/A
Produktionsdienstleistung
Know-how in
Entwicklungsfragen
Entwicklung
Konstruktion
Kleinserientests
Neueste Technologien
Leichtbau
Qualität
Zuverlässigkeit
Persönlich/Assistenz
Transportierbar
Vertriebspartner Korea
Kontakte zu Entwicklungs-
abteilungen
Fachveranstaltungen
Automobilindustrie
(98%)
Verkauf von Werkzeugen
Lizenzierung USA
Löhne (zwei Drittel)
Rohstoffe (10%)
Lizenzpartner USA
47
und Komplexität der gefertigten Teile, welche durch eine hohe Wertschöpfungstiefe und das
spezifische Know-how der Mitarbeiter gewährleistet werden. Der Lohnkostenanteil liegt bei
etwa zwei Drittel der Gesamtkosten.
Die Elektronik AG (Abbildung 11) stellt elektronische Steuerelemente mit
wachsendem Fokus auf die Automobilindustrie her. Das Unternehmen ist Technologieführer,
produziert in Osteuropa und zukünftig in Mexiko. Die Entwicklungsabteilungen befinden sich
in der Schweiz, Deutschland, USA und Indien. Das Unternehmen ist seit 2007 von einem
kleinen Entwicklungsdienstleister zu einem internationalen Zulieferer aufgestiegen, welcher
sowohl eigene Produkte herstellt als auch reine Produktionsdienstleistungen erbringt. Der
entscheidende Wettbewerbsvorteil ist der Entwicklungsvorsprung des Unternehmens, durch
den Sicherheits- und Qualitätsvorschriften sowie Zeitvorgaben zuverlässiger erfüllt werden
können. In der Schweiz fallen für das Unternehmen fast ausschließlich Lohnkosten für
Entwicklung und Verwaltung an.
Abbildung 10. Geschäftsmodell der Drehteile AG. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung
an Osterwalder & Pigneur (2013).
Die Dämmung AG (Abbildung 12) ist ein öffentlich gehandelter Großkonzern mit
mehreren Tausend Mitarbeitern und ausschließlichem Fokus auf die Automobilindustrie. Das
Unternehmen zeichnet sich durch hohe Innovationskraft bei hoher Kosteneffizienz aus. Die
hergestellten Produkte sind zum Teil nur schwer transportierbar und erfordern somit eine
Partnerschaften
Hauptaktivitäten
Hauptressourcen
Leistungskonzept
Vertriebskanäle
Kostenstruktur
Kundenbeziehungen
Kundensegmente
Ertragskonzept
Know-how der
Mitarbeiter-
Maschinenpark
Entwicklung (Testserien)
Produktion (Großserie)
Präzision
Bauteilkomplexität
Flexibilität
Beantwortungszeiten
Lieferzeiten
N/A
Vertriebspartner im
Ausland (FR, USA,
NL, SE)
Automobilindustrie
(25%)
Flugzeugbau
Medizinalbranche
Verkauf von Präzisionsdrehteilen
Löhne (zwei Drittel)
Strategische
Lieferantenkooperati
on geplant
48
regionale Produktion. Das Unternehmen hält an der zentralen F&E in der Schweiz fest,
verfügt aber in zunehmendem Maße über regionale F&E-Standorte, die vor allem
marktspezifische Anpassungen vornehmen.
Abbildung 11. Geschäftsmodell der Elektronik AG. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung
an Osterwalder & Pigneur (2013).
Abbildung 12. Geschäftsmodell der Dämmung AG. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung
an Osterwalder & Pigneur (2013).
Partnerschaften
Hauptaktivitäten
Hauptressourcen
Leistungskonzept
Vertriebskanäle
Kostenstruktur
Kundenbeziehungen
Kundensegmente
Ertragskonzept
Partnerschaften
Hauptaktivitäten
Hauptressourcen
Leistungskonzept
Vertriebskanäle
Kostenstruktur
Kundenbeziehungen
Kundensegmente
Ertragskonzept
N/A
Entwicklung von
Steuerelementen
Produktion
Entwicklungsvorsprung
Entwicklerteams
Know-how in der Produktion
Zuverlässigkeit
Qualität
Erfüllung von
Sicherheitsnormen
Tier 1 (im direkten
Fokus der OEM)
Produkte leicht
transportierbar
Zentraler Vertrieb aus
der Schweiz
Automobilindustrie
(85-90%)
Verkauf von Steuerelementen
Produktionsdienstleistungen
Produktion Mexiko:
15% Löhne
20% Overhead und Gewinn
65% Material
Joint Ventures
Entwicklungskooperatio
nen mit
Wettbewerbern
Entwicklung
Produktion
Produktions-know-
how
Entwicklung
Globales
Innovative Produkte
Weltweite Präsenz/
Lieferbereitschaft/
Lokalisierung
Niedrige Preise
Hohe Qualität
Direkter Zulieferer
fast aller OEM
Enge Zusammenarbeit
Regionale Produktion
JIT Lieferung
Schwer transportierbar
Automobilindustrie
(100%)
Europa (~40%)a
USA (~45%)a
Asien (~10%)a
Rest (~5%)a
Verkauf von Produkten mit Dämmeigenschaften
50% Materialien a
25% Löhne a
49
5.6 Ergebnisse
Dieser Abschnitt diskutiert die Ergebnisse der fünf Interviews in Bezug auf die
Gründe für und gegen Internationalisierung. Hierbei werden die Ergebnisse in das
theoretische Modell eingeordnet und dabei die Sichtweisen der Home-based players und der
International expanders beleuchtet. Am Ende jedes Abschnitts befindet sich eine Tabelle,
welche die Kernergebnisse der fünf Interviews in die Struktur des theoretischen
Internationalisierungsmodells einordnet. Der Abschnitt endet mit einer Zusammenfassung der
wichtigsten Erkenntnisse der qualitativen Untersuchung.
5.6.1 Unternehmensziele. Die Analyse der Interviewergebnisse zeigt, dass
Wachstumsziele für die untersuchten Home-based players eine geringere Bedeutung besitzen
als für die International expanders. Bei der Härtung AG (Anhang E-1) besitzt das Ziel des
Unternehmensfortbestandes und der Unabhängigkeit höhere Priorität als das Wachstum. Ein
Teilhaber verließ beispielsweise das Unternehmen, weil von den weiteren Eigentümern bei
einer Verlagerung des Standortes in den Zulieferpark eines Tier-1-Zulieferers trotz des
Wachstumspotentials eine Abhängigkeit von dem Großkunden befürchtet wurde. Für die
Härtung AG stellt der Fortbestand am Standort Schweiz und die Möglichkeit, Schweizer
Personal zu beschäftigen, ein wichtiges Ziel dar. Das Unternehmen würde anstelle von
Grenzgängern ,,gerne Leute beschäftigen die auch hier wohnen” (Härtung AG, 09:26). Für die
Werkzeug AG (Anhang E-2) und die Drehteile AG (Anhang E-5) konnte ebenfalls keine
ausgeprägte Wachstumsstrategie identifiziert werden und die Unternehmensgröße nach
Mitarbeitern blieb im betrachteten Zeitraum konstant. Aus Sicht der Elektronik AG (Anhang
E-4) liegen die Gründe für die geringe Internationalisierung der HBP oftmals in persönlichen,
nicht-ökonomischen Zielsetzungen, insbesondere in der Verbundenheit mit dem Standort
Schweiz: ,,die Schweizer wollen dann doch lieber halten solange wie es irgendwie möglich
ist. Und selbst wenn es vielleicht der Firma Net Profit nicht gut tut“ (Elektronik AG, 22:05).
Besonders fällt die Tatsache auf, dass alle HBP eigentümergeführt sind. Aus Sicht der
bestehenden Literatur ist dies oftmals mit einer zunehmenden Relevanz persönlicher Ziele
verbunden (Bratzel et al., 2015; Fernández & Nieto, 2002). Persönliche Gründe, die gegen
eine Internationalisierung sprechen, wurden von den Interviewteilnehmern allerdings nicht
genannt.
Die IE hingegen befinden sich in den Händen von Investoren, deren Hauptziel die
Maximierung des Unternehmenswertes darstellt. Die Elektronik AG wurde von ausländischen
Investoren übernommen und die Dämmung AG (Anhang E-3) befindet sich zum Großteil in
Streubesitz und wird öffentlich gehandelt. Beide Unternehmen verfolgen eine offensive
50
Internationalisierungsstrategie zur Monetarisierung ihrer Wettbewerbsvorteile. Die Elektronik
AG verfolgt dabei zum einen absatzorientierte Ziele durch die Erschließung des NAFTA-
Raums und zum anderen kostenorientierte Ziele durch die Verlagerung von Aktivitäten nach
Osteuropa und Indien. Die Dämmung AG hingegen ist bereits in allen wichtigen Märkten
vertreten und internationalisiert entsprechend den Vorgaben der Kunden. Tabelle 10 zeigt
eine Zusammenfassung der Ergebnisse.
Tabelle 10
Unternehmensziele der untersuchten Unternehmen
Unternehmensziele Härtung AG Werkzeug AG Drehteile AG Elektronik AG Dämmung AG
Unabhängigkeit x
Wachstum x x
Fortbestand x x x
Persönliche Ziele
Anmerkung. Quelle: Eigene Darstellung.
5.6.2 Einfluss externer Faktoren. Die HBP waren vor allem im Jahr 2009
stark von der Finanzkrise betroffen, meist mit einem Auftragsrückgang um ein Drittel, was in
etwa dem Auftragsrückgang in der deutschen Automobilzulieferindustrie entspricht (siehe
Abbildung B-8). Die Härtung AG musste aufgrund der Finanzkrise ihre Expansionspläne in
der französischsprachigen Schweiz verwerfen. Die Wirtschaftskrise lenkte den Fokus der
Unternehmen vor allem auf schnell umsetzbare Kostenoptimierungen und weg von
langfristigen Internationalisierungsvorhaben. Daran änderte auch die kontinuierliche
Aufwertung des Schweizer Franken bis Mitte 2011 nichts. Die schlagartige
Frankenaufwertung Anfang 2015 führte zu einem deutlichen Rückgang an Neuaufträgen. Bei
allen HBP mussten Auftragsangebote mit zuvor bereits geringen Margen abgelehnt werden.
Die Härtung AG war den Wechselkursen nicht direkt ausgesetzt, da die unmittelbaren Kunden
ausschließlich in der Schweiz ansässig sind. Die Auftragsrückgänge der höheren,
exportierenden Tier-Stufen betreffen allerdings alle nachfolgenden Unternehmen in der
Lieferkette.
Auch die IE waren von der Finanzkrise stark betroffen. Die Elektronik AG musste den
Unternehmensverkauf aufschieben, was einer Internationalisierung entgegenwirkte. Die
51
Dämmung AG verlor zum Teil Großkunden, die insolvent gingen, und musste Eigenkapital an
den Finanzmärkten aufnehmen. Die Frankenstärke zwischen 2010 und 2011 wurde von der
Elektronik AG aufgrund der steigenden Lohnkosten als weitaus größeres Problem gesehen.
Für die Dämmung AG spielte die Frankenstärke aufgrund der weltweiten
Wertschöpfungsstruktur nur eine untergeordnete Rolle. Der Internationalisierungstrend der
Branche und die Dominanz der OEM hingegen wurden als wichtige Einflussfaktoren genannt.
Die Währungsaufwertung erzeugte somit für alle KMU einen starken
Internationalisierungsdruck. Lediglich für global aufgestellte Großunternehmen spielen die
Währungseffekte keine wichtige Rolle. Tabelle 11 zeigt eine Zusammenfassung der
Ergebnisse.
Tabelle 11
Einfluss externer Faktoren auf die untersuchten Unternehmen
Einfluss externer Faktoren Härtung AG Werkzeug AG Drehteile AG Elektronik AG Dämmung AG
Finanzkrise x x x x x
Frankenaufwertung bis 2011 x x x x
Frankenaufwertung seit Anfang
2015 x x x
Internationalisierungsdruck der
Branche (Wettbewerb/
Kunden/Lieferanten)
x
Anmerkung. Quelle: Eigene Darstellung.
5.6.3 Unmittelbare Gegenmaßnahmen. Als Maßnahme zur Abschwächung der
Wechselkurseffekte wurde von den HBP der Importanteil so weit wie möglich erhöht. Die
Härtung AG stellte zudem vermehrt Grenzgänger ein. Von den IE wurden keine
währungsbezogenen Maßnahmen genannt. Eine Absicherung gegen Währungsschwankungen
im Vorfeld durch Derivate oder Währungsklauseln in den Verträgen hatten die Unternehmen
nicht vorgenommen bzw. bei der Dämmung AG war diesbezüglich nichts bekannt.
In der ersten Phase der Währungsaufwertung wurden von den HBP als allgemeine
Maßnahmen zur Gewinnsicherung Entlassungen vorgenommen (Werkzeug AG) oder
Kurzarbeit eingeführt (Härtung AG). Im Jahr 2015 wurden indirekte Lohnkürzungen durch
Bezahlung in Euro mit schlechterem Wechselkurs durchgeführt (Härtung AG),
Materialkosten durch konsequentes Nachverhandeln gesenkt (Härtung AG), die
52
Fremdwährungspreise bei Neuaufträgen erhöht (Härtung AG; Drehteile AG) und ineffiziente
Tätigkeiten an Lieferanten ausgelagert (Werkzeug AG). Bei der Drehteile AG wurden ca.
15% der Stellen gestrichen und die Durchlaufzeiten in der Produktion gesenkt.
Die IE hingegen mussten keine Stellen abbauen. Die Elektronik AG hatte bereits so
viele Tätigkeiten verlagert wie möglich und die Dämmung AG setzte auf Kurzarbeit und
Effizienzsteigerungen in der Produktion. Tabelle 12 zeigt eine Zusammenfassung der
Ergebnisse.
Tabelle 12
Unmittelbare Gegenmaßnahmen der untersuchten Unternehmen
Abschwächende
Gegenmaßnahmen Härtung AG Werkzeug AG Drehteile AG Elektronik AG Dämmung AG
Importsteigerung x x x N/A
Grenzgänger x N/A N/A
Direkte Maßnahmen zur
Gewinnsicherung
Lohnkürzungen/Kurzarbeit x x N/A N/A x
Senkung der Materialkosten Nachverhandlungen N/A N/A N/A
Preisanpassung x N/A x N/A N/A
Outsourcing x N/A
Anmerkung. Quelle: Eigene Darstellung.
5.6.4 Standortvorteile/-nachteile. Für die Härtung AG stehen als Argumente die
Lohnkostennachteile und hohe Energiepreise den Netzwerkvorteilen und der
Verschwiegenheit der Mitarbeiter bezüglich Technologien gegenüber. ,,Spätestens wenn ein
Mitarbeiter, der mit dieser Technologie vertraut ist die Firma verlässt” (Härtung AG, 43:07),
muss damit gerechnet werden, dass die nicht patentierbaren Technologien an Dritte gelangen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Härtung AG ist die Erhöhung der bereits gegenüber den
EU-Staaten nachteiligen Energiesteuern in der Schweiz, die durch die Änderung der
Großverbraucherbesteuerung bevorstehen. Für die Werkzeug AG überwiegen die Bedeutung
von Qualifikation und Know-how der Mitarbeiter gegenüber den Lohnkostennachteilen. Der
Erfolg des Unternehmens ,,lebt von der jahrzehntelangen Erfahrung” (Werkzeugbau AG,
38:20) der Mitarbeiter. Die Drehteile AG sieht als wichtigen Faktor die Qualifikation der
53
Mitarbeiter. Im süddeutschen Raum, in Polen und in der Tschechischen Republik wären diese
am wahrscheinlichsten verfügbar. Eine vollständige Verlagerung wird aufgrund der hohen
Verlagerungskosten ausgeschlossen, aber ,,ein Produktionsaufbau, also von null, im Ausland
[...] ist an sich denkbar” (Drehteile AG, 14:06). Absatzvorteile spielen für die HBP aufgrund
der einfachen Transportierbarkeit der Produkte keine entscheidende Rolle.
Für die IE hingegen bieten die Standorte im Ausland klare Vorteile. Für die Elektronik
AG sind insbesondere geringere Lohnkosten von Bedeutung. Zudem wurde die Qualität und
das Know-how der Entwickler am deutschen Standort als sehr hoch bewertet. Der niedrige
Steuersatz in der Schweiz wurde als unwichtiger Faktor gesehen, da in Osteuropa
vergleichbare Steuersätze vorzufinden sind. Der Ausbau der Wertschöpfungsaktivitäten im
NAFTA-Raum sichert dem Unternehmen zusätzliche Absatzmärkte und zugleich attraktive
Faktorkosten durch die Produktion in Mexiko. Für die Dämmung AG spielen vorwiegend die
Absatzvorteile eine wichtige Rolle. Hierbei geben die Kunden die Regeln vor, denen sich das
Unternehmen unterordnet. Die OEM fordern dabei meist eine regionale Produktion. Als
Nebeneffekt wird dabei eine natürliche Absicherung gegen Währungsrisiken erreicht.
Für die HBP sind somit fast ausschließlich die Lohnkosten ein Standortnachteil in der
Schweiz. Im Ausland werden weder bessere Absatzchancen noch geeignetes Personal
erwartet. Das Know-how und die Loyalität der Mitarbeiter stellt bei allen untersuchten HBP
das entscheidende Kriterium gegen eine Internationalisierung dar. Für die IE hingegen stellen
die Lohnkosten und die Nähe zum Kunden die wichtigsten Gründe dar. Tabelle 13 zeigt eine
Zusammenfassung der Ergebnisse.
Tabelle 13
Standortvorteile/-nachteile der untersuchten Unternehmen
Standortvorteile/-nachteile Härtung AG Werkzeug AG Drehteile AG Elektronik AG Dämmung AG
Lohnkostennachteile x x x x N/A
Personalverfügbarkeit im
Ausland (x) x x
Natürliche Ressourcen N/A N/A N/A N/A N/A
Absatzvorteile im Ausland
(Marktattraktivität) x x x
Netzwerkvorteile Schweiz x N/A N/A N/A
Skaleneffekte Schweiz N/A N/A N/A zentrale
Innovation
54
Standortvorteile/-nachteile Härtung AG Werkzeug AG Drehteile AG Elektronik AG Dämmung AG
Investitions-/Anlaufkosten N/A N/A x
Währungsabsicherung N/A N/A N/A N/A x
Steuern x N/A N/A N/A
Rechtssicherheit N/A N/A N/A N/A N/A
Anmerkung. Quelle: Eigene Darstellung.
5.6.5 Ressourcenausstattung der Unternehmen. Zur Umsetzung einer
Internationalisierung fehlen der Härtung AG Managementkapazitäten und Netzwerkkontakte
zu den OEM, um die entwickelte Technologie zu vermarkten. Die Werkzeug AG hingegen
verfügt über ein großes Netzwerk, einen hohen Bekanntheitsgrad und neue
Leichtbautechnologien. Für die Drehteile AG spricht aus Sicht der Ressourcenausstattung
nichts gegen eine Internationalisierung durch den Aufbau einer weiteren Produktion im
Ausland. Eine vollständige Verlagerung würde jedoch aus Sicht der Geschäftsführung die
finanziellen Möglichkeiten übersteigen.
Die IE hingegen verfügen über umfangreiche Ressourcen und befinden sich im
Zentrum des Netzwerkes. Die Elektronik AG kann seit ca. 2012 auf die
Internationalisierungserfahrung und umfangreiche finanzielle Sicherheiten der Eigentümer
zurückgreifen und verfügt über einen klaren Technologievorsprung gegenüber der
Konkurrenz. Die Ressourcenausstattung der Dämmung AG ist insbesondere durch den
Kapitalmarktzugang ausgesprochen gut. Tabelle 14 zeigt eine Zusammenfassung der
Ergebnisse.
Tabelle 14
Ressourcenausstattung der untersuchten Unternehmen
Ressourcen für
Internationalisierung Härtung AG Werkzeug AG Drehteile AG Elektronik AG Dämmung AG
Management N/A N/A x x
Finanzen N/A N/A N/A x x
Netzwerk x N/A x x
Organisation N/A N/A N/A N/A N/A
Technologie x x x x
Anmerkung. Quelle: Eigene Darstellung.
55
5.6.6 Internationalisierungsaktivitäten. Die Härtung AG zog als einziger HBP
eine Verlagerung ins Ausland in Erwägung. Dabei handelte es sich jedoch um einen
Sonderfall, da eine direkte Anbindung an einen Tier-1-Kunden mit entsprechender
Abhängigkeit entstanden wäre. Auf der anderen Seite hätten hierdurch die Lohnkosten
gesenkt, die Diversifizierung durch die Anwendung der neuen Technologie erhöht und der
Absatz durch einen neuen Großkunden gesteigert werden können. Es handelte sich somit
vorwiegend um einen Zielkonflikt.
Für die Drehteile AG ist ein Neuaufbau einer Produktion in Süddeutschland,
Frankreich oder Osteuropa denkbar und zu prüfen, es bestehen jedoch keine konkreten Pläne.
Die Elektronik AG hatte zunächst die Produktion nach Osteuropa outgesourced. Noch
vor der Finanzkrise integrierte sie diesen Wertschöpfungsschritt wieder, ebenfalls in
Osteuropa. Bis 2011 wurden fertigungsnahe Tätigkeiten wie Betriebsmittelplanung oder
Produktionsplanung sukzessive dorthin verlagert, um Kosten zu sparen. Unter den neuen
Investoren wurde dieser Trend verstärkt und es folgten operativer Einkauf, Buchhaltung und
Informationstechnologie (IT). Ab 2014 wurden einfache Entwicklungstätigkeiten nach Indien
verlagert, ein Ingenieursbüro in Deutschland und ein Vertriebs- und technisches Büro in den
USA aufgekauft sowie eine Produktion in Mexiko geplant. Der Hauptgrund für die
Verlagerungen waren die niedrigeren Löhne und in Bezug auf den NAFTA-Raum der Zugang
zu Absatzmärkten. Da die neuen Eigentümer selbst nicht aus der Schweiz stammen, stehen
die Gewinnmaximierung und das Unternehmenswachstum durch eine optimale
Wertschöpfungsstruktur an erster Stelle. Die finanzielle Ressourcenausstattung ermöglicht es,
diese Standortvorteile zu nutzen.
Die Dämmung AG reduzierte nach der Krise die Produktionsstätten in Westeuropa,
insbesondere in Frankreich und Italien. In der Schweiz hingegen wurde auf einen hohen
Automatisierungsgrad der Produktion gesetzt und weiterhin die zentrale F&E durchgeführt. In
Südamerika und Asien wurden zahlreiche neue Produktionsstätten eröffnet. Haupttreiber
hierbei waren die Anforderungen der OEM, die eine regionale Produktion und JIT-
Belieferung forderten. Tabelle 15 zeigt eine Zusammenfassung der Ergebnisse.
56
Tabelle 15
Internationalisierungsaktivitäten der untersuchten Unternehmen
Internationalisierung/
Wertschöpfungsausbau im
Ausland
Härtung AG Werkzeug AG Drehteile AG Elektronik AG Dämmung AG
Internationalisierungsaktivitäten
2008 - 2013 (x) x x
Internationalisierungsvorhaben
ab 2015 (x) x x
Anmerkung. Quelle: Eigene Darstellung.
5.6.7 Alternative Strategien. Ein genauerer Blick auf die von den HBP verfolgten
Strategien zeigt, dass diese sich auf eine Diversifizierung und Fokussierung konzentrieren.
Dabei versuchen sie durch Technologien im Leichtbau (Härtung AG; Werkzeug AG) oder
Steigerung der Produktkomplexität (Drehteile AG) höhere Preise durchzusetzen. Sie legen
entweder bereits einen starken Fokus auf die Automobilindustrie (Werkzeug AG, Härtung
AG) oder sind dabei, diesen auszubauen (Drehteile AG). Die IE verfolgen ebenfalls eine
Fokusstrategie und konzentrieren sich fast ausschließlich auf spezifische Segmente der
Automobilindustrie. Dabei sehen sich beide Unternehmen als Technologieführer.
5.6.8 Zusammenfassung. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die HBP
zwar stark von den externen Einflüssen betroffen sind, diese sich jedoch durch Maßnahmen
zur Effizienzsteigerung und durch Preisverhandlungen abschwächen lassen. Die
unzureichende Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal im Ausland wird als entscheidender
Standortnachteil gesehen. Den HBP fehlen zum Teil Managementkapazitäten für die Planung
der Internationalisierung und vermarktungsfähige Technologien. Die Entwicklung neuer
Technologien und komplexerer Produkte wird daher als bessere Option angesehen.
Die IE hingegen waren bereits vor der Krise international aufgestellt, wodurch sie
nicht so stark von der Wechselkursaufwertung betroffen waren. Sie sind jedoch wesentlich
stärker dem Internationalisierungstrend der OEM ausgesetzt. Die Standortfaktoren im
Ausland bieten aus Sicht der IE klare Vorteile. Insbesondere die niedrigeren Lohnkosten und
der Zugang zu neuen Absatzmöglichkeiten stehen hierbei im Vordergrund. Ressourcen und
Mittel zur Internationalisierung stehen den IE ausreichend zur Verfügung, insbesondere durch
57
die Verfügbarkeit finanzieller Mittel und das Know-how in Bezug auf die
Internationalisierung.
Somit lässt sich die zu Beginn der qualitativen Untersuchung aufgestellte These wie
folgt beantworten: Die untersuchten Schweizer IE internationalisieren, da
1. sich die Wirkung der externen Einflussfaktoren nur bedingt abschwächen
lässt,
2. Lohnkosten- und Absatzvorteile im Ausland genutzt werden können,
3. personelle und finanzielle Mittel zur Verfügung stehen und technologische
Wettbewerbsvorteile bestehen,
4. alternative Strategien allein die Wachstumsziele nicht erreichen können
und
5. nicht-ökonomische Zielsetzungen im Vergleich zu Gewinn- und
Wachstumszielen keine Rolle spielen.
Die untersuchten Schweizer HBP hingegen internationalisieren nicht, da
1. sich die Wirkung der externen Einflussfaktoren durch Importe,
Preiserhöhungen und Kostensenkungen abschwächen lässt,
2. die Standortfaktoren im Ausland abgesehen vom Lohnniveau nachteilig
sind,
3. die Managementkapazitäten und die technologischen Wettbewerbsvorteile
fehlen,
4. mit Diversifizierungsstrategien wie Technologieführerschaft und
Komplexitätssteigerung die Ziele besser erreicht werden können und
5. nicht-ökonomische Zielsetzungen wie Unabhängigkeit und
Standortverbundenheit den Gewinn- und Wachstumsfokus abschwächen.
58
6 Schlussfolgerungen und Ausblick
Findet in der Schweizer Automobilindustrie eine Internationalisierung der
Wertschöpfungstätigkeiten statt und wenn ja, welche Faktoren sind hierbei entscheidend? Die
umfassende Untersuchung dieser Fragestellung kommt zu dem Ergebnis, dass eine Zunahme
der Internationalisierung in der Schweizer AZL zwischen den Jahren 2008 und 2013 mit
hoher Wahrscheinlichkeit stattgefunden hat und hierbei insbesondere die KMU
internationalisierten. Der Trend geht deutlich in Richtung China, Osteuropa, aber auch
Deutschland und NAFTA-Raum, während Westeuropa an Bedeutung verliert. Nur noch ein
Viertel der Unternehmen erbringt die Wertschöpfung ausschließlich am Standort Schweiz.
6.1 Die wichtigsten Beweggründe hinter Internationalisierungsentscheidungen
Die Schweizer Automobilzulieferer internationalisieren, wenn die Gewinn- und
Wachstumsziele eine dominante Stellung besitzen, deutliche Standortvorteile im Ausland
bestehen, die kritischen Ressourcen des Unternehmens ins Ausland übertragbar sind und
finanzielle sowie personelle Mittel zur Verfügung stehen. Der Hauptgrund für
Internationalisierer sind die Lohnkosten- und Absatzvorteile im Ausland. Die wichtigsten
Gründe gegen die Internationalisierung hingegen sind die Abhängigkeit vom Know-how der
Mitarbeiter und das Fehlen einer klaren Wachstumsstrategie. Die meist geschäftsführenden
Eigentümer sind zu sehr mit der Bewältigung des Tagesgeschäftes und den unmittelbaren
Auswirkungen der Währungsaufwertung beschäftigt, um eine strukturierte Planung möglicher
Internationalisierungsstrategien vorzunehmen. Priorität für die Unternehmen haben die
weitere Diversifizierung durch neue Technologien und Know-how und die Sicherung des
Unternehmensfortbestandes am Standort Schweiz.
6.2 Bedeutung für Forschung und Praxis
Für die Forschung im Bereich Internationalisierung konnte zum einen durch die
Konzeptionierung und Anwendung des entwickelten, ganzheitlichen Modells der
Internationalisierungsentscheidung ein wichtiger Schritt in Richtung einer globalen
Betrachtung der Internationalisierung geleistet werden. Zum anderen wurde die bestehende
Internationalisierungstheorie erstmals auf die Schweizer Automobilindustrie angewandt und
dabei ein Zeitraum betrachtet, in dem aus wissenschaftlicher Perspektive hochinteressante
makro- und mikroökonomische Veränderungen stattgefunden haben. Das erarbeitete Modell
kann als Grundlage für zukünftige Untersuchungen von Internationalisierungsentscheidungen
59
dienen und bei der Konzeptionierung von quantitativen und qualitativen Untersuchungen
einen wichtigen Beitrag leisten.
Für die Praxis kann das entwickelte Modell Entscheidungsträger dabei unterstützen,
das Thema Internationalisierung strukturiert und sachlich anzugehen und im größeren Kontext
zu betrachten. Für Praktiker ist insbesondere der Einblick in die Geschäftsmodelle und
strategischen Überlegungen der fünf befragten Unternehmen von hohem Wert. Die Studie soll
den Entscheidungsträgern als Anstoß dienen, die eigenen Beweggründe und strategischen
Entscheidungen sachlich zu reflektieren.
Die vorliegende Studie eröffnet zahlreiche Forschungsmöglichkeiten und
Anknüpfungspunkte. Von hohem Interesse wäre eine explizite Untersuchung von
Wertschöpfungsverlagerungen als Spezialfall der Internationalisierung. Die zunehmende
Internationalisierung wirft die Frage nach dem Umfang und der Art der verlagerten
Aktivitäten auf. Hierzu wäre eine Erhebung von Daten zu den Kapazitätsanteilen in den
verschiedenen Ländern sinnvoll. Einen weiteren Anknüpfungspunkt bietet die Erweiterung
des Internationalisierungsmodelles um das konkrete Vorgehen bei der Umsetzung der
Internationalisierung. Hier wäre insbesondere ein Leitfaden speziell für KMU interessant, um
diese bei der Internationalisierung zu unterstützen.
6.3 Reflektion und Verbesserungsmöglichkeiten
In der Retroperspektive ergeben sich einige Verbesserungsmöglichkeiten für
zukünftige Untersuchungen. In erster Linie wäre eine höhere Anzahl an Interviews von
Vorteil für die Generalisierbarkeit der Ergebnisse gewesen. Aufgrund der schwierigen
wirtschaftlichen Situation war die Verfügbarkeit der Interviewpartner jedoch stark
eingeschränkt. Es war somit nicht möglich, die Sichtweise von Unternehmen zu untersuchen,
die während des betrachteten Zeitraums erstmals im Ausland aktiv wurden.
Für die statistische Auswertung wären eine höhere Stichprobengröße und Angaben
über die Kapazitätsumfänge vorteilhaft gewesen, um signifikantere Ergebnisse zu erhalten
und spezifischere Thesen testen zu können. Da in der Schweizer Automobilindustrie jedoch
erst seit wenigen Jahren wissenschaftliche Automobilmarktstudien durchgeführt werden,
standen derart detaillierte Informationen noch nicht zur Verfügung.
60
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68
Anhangsverzeichnis
Anhang A: Interviewleitfäden .................................................................................................. 69
A-1: Interviewleitfaden für KMU in deutscher Sprache ........................................................ 69
A-2: Interviewleitfaden Großunternehmen in englischer Sprache ......................................... 70
Anhang C: Abbildungen ........................................................................................................... 71
Abbildung B-1 Wechselkursentwicklung JPY/USD zwischen 1960 und 2000 ..................... 71
Abbildung B-3 Kapitalbestand der Schweizerischen Direktinvestitionen im Ausland ......... 71
Abbildung B-4 Weltweite PKW-Absätze nach Märkten ....................................................... 72
Abbildung B-5 Weltweite PKW-Produktionszahlen nach Märkten ...................................... 72
Abbildung B-6 Vergleich der Leistungsarten von Stichprobe und Vollerhebung ................. 73
Abbildung B-7 Funktionen der Studienteilnehmer der swissCAR Studien 2008 und 2013 im
Unternehmen ........................................................................................................................ 73
Abbildung B-8 Auftragseingänge in der deutschen Automobilindustrie ab 2006 ................. 74
Abbildung B-9 Arbeitskosten im verarbeitenden Gewerbe der EU-Mitgliedsstaaten 2013 .. 74
Abbildung B-10 Unternehmenssteuern ausgewählter europäischer Länder im Vergleich .... 74
Anhang C: Tabellen ................................................................................................................. 75
Tabelle C-1 Übersicht der wichtigsten F&E-Standortfaktoren .......................................... 75
Anhang D: Ausgewählte Standortfaktoren Schweiz ................................................................ 76
Anhang E: Interviewtranskripte ........................................ Fehler! Textmarke nicht definiert.
Anhang E-1: Interview Härtung AG ............................... Fehler! Textmarke nicht definiert.
Anhang E-2: Interview Werkzeug AG ............................ Fehler! Textmarke nicht definiert.
Anhang E-3: Interview Dämmung AG ........................... Fehler! Textmarke nicht definiert.
Anhang E-4: Interview Elektronik AG ........................... Fehler! Textmarke nicht definiert.
Anhang E-5: Interview Drehteile AG ............................. Fehler! Textmarke nicht definiert.
69
Anhang A: Interviewleitfäden
A-1: Interviewleitfaden für KMU in deutscher Sprache
Intro Vorstellung und Einleitung: Hallo und vielen Dank für Ihre Bereitschaft zur Mitwirkung an meiner wissenschaftlichen Arbeit.
Das Interview wird ca. 40 Minuten dauern. Ich möchte Ihnen kurz vorstellen, was ich heute mit Ihnen besprechen will. Ich werde das Interview per Tonband aufzeichnen. Dies dient rein dem Zweck einer wissenschaftlichen Auswertung.Selbstverständlich werden alle Ihre Aussagen anonym ausgewertet, d.h. weder Sie noch Ihr Unternehmen sind im Nachgang identifizierbar.Vorstellung der verwendeten Modelle und des ZeitstrahlvorgehensHaben Sie noch Fragen, bevor wir mit dem Interview starten?
Nr. Sub.-Nr. Fragen
1 Allgemeine Fragen zur Gesamtsituation des Unternehmens und zum Geschäftsmodell (falls nicht im Detail bekannt)
a
Welche Produkte/Services verkaufen Sie in der Automobilindustrie? Wie ist Ihr Produkt in die Lieferkette einzuordnen? (Personalintensität, Reifegrad, Technologische Komplexität der Herstellung, Standardisierung, Transportierbarkeit, erforderliche Kundennähe, Serviceanteil)
b Was waren im allgemeinen die größten Herausforderungen für Ihr Unternehmen zwischen 2007 und 2015?
2 Fragen zu auffälligen Veränderungen zwischen den Antworten der Swiss CAR Studie 2008 und 2013
a Standorte Produktion, FuEb Import/Exportc Absatzmärkted Einstellung zur Notwendigkeit der Globalisierung
3 Abfrage der Fragen entlang des Zeitstrahls zu jedem Jahr begonnen mit dem Jahr 2007
aWelche Internationalen Aktivitäten sind zum jeweiligen Zeitpunkt bereits geschehen? (Wertschöpfungsverlagerung (Fertigung, Montage, Beschaffung, Service, Konstruktion, FuE, Administration), Import, Export)
b Welche Internationalen Aktivitäten waren zum jeweiligen Zeitpunkt geplant? Haben sie daran gedacht den Standort/Wertschöpfungsteile zu verlegen?
c Was sind die Gründe für die internationalen Aktivitäten? (Kunden, Wettbewerb, Wachstumschancen, Umweltbedingungen (Finanzkrise, Wechselkurse), Ressourcen)
d Was sind die Gründe für eine Begrenzung der internationalen Aktivitäten (Produkt, Know-How, Ressourcen, Management)
eWelche alternativen/zusätzlichen Strategien wurden gewählt? (Branchendiversifizierung/Technologie/Wertschöpfungstiefe & Produktportfolio, Kostenführerschaft oder Diversifizierung)
fWas sind die wichtigsten Erkenntnisse bezüglich dem Thema Internationalisierung? Was sind die wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Internationalisierung? (Netzwerk, Management, Produkt, Kooperationen)
4 Vertiefte Fragen zur aktuellen Situation und zukünftigen Internationalisierungsstrategie
a
Wie sieht die Wettbewerbssituation aktuell aus? (Wettbewerbsvorteil vs Wettbewerbsvorteile der Konkurrenz / Was macht Sie unersetzbar für den Kunden? (z.B. Produkttechnologien, Prozesstechnologien, Kundenkontakte, Standortvorteile, Finanzierungsvorteile, Service, Verhandlungsposition durch Branchendiversifizierung, Wertschöpfungstiefe/Kostentransparenz, Entwicklungspartnerschaft))
b Welche Internationalen Aktivitäten sind geplant?Welche Trends stellen für Ihr Unternehmen die größte Herausforderung dar (Leichtbau/neue Technologien, BRIC, Preisdruck, Mengendruck, Standortvor-/nachteile)
c Welchen Einfluss hat die Aufhebung des Mindestkurses?
d Unter welchen Umständen wäre eine verstärkte Internationalisierung in der Zukunft notwendig?
Nr. Sub.-Nr. FragenJetzt möchte ich Sie bitten mir noch ein paar Hintergrundfragen zu beantworten. Natürlich ebenfalls streng vertraulich. Diese dienen nur der wissenschaftlichen Klassifizierung
1 Position?2 Wie lange sind sie in der Automobilindustrie bereits tätig?
Verabschiedung Ich bedanke mich persönlich und im Namen von Frau Prof. Schulze für das sehr aufschlussreiche Gespräch.
Agenda
Hauptteil
Erfahrung und Hintergrund
70
A-2: Interviewleitfaden Großunternehmen in englischer Sprache
Intro Presentation and Introduction: Hello and thank you for your willingness to participate in my scientific work.
The interview will take about 40 minutes. I would like to shortly summarize what I will discuss with you today.I am going to record the interview by tape. This is purely for the purpose of scientific analysis.Of course, all your statements are evaluated anonymously. Neither you nor your company will be identifiable.Presentation of the models used and the timeline approachDo you have any questions before we start the interview ?
Nr. Sub.-Nr. Questions
1 Strategic timeline from pre-crisis to June 2015
a1 What was the status and progress of the international activities? (locations, transfer and degree of localisation of value creation, Internationalisation of R&D, change of target markets)
a2 Which value creation activities were moved from Switzerland to other countries?b Which were the main reasons/driving forces behind the international activities?c How did the crises influence strategy? (Financial, Euro, Ukraine, Swiss Franc)d Which were the major barriers in the internationalisation process?
e Which additional business strategies were pursued? (vertical/horizontal integration, pricing, cooperations, technology leadership)
2 General Questionsa What are the most important lessons learned regarding internationalisation? b Which part of the value creation takes place in Switzerland?c Which part of the value creation will stay in Switzerland?d What influence does politics have? (immigration policy, educational system, subsidies)
Nr. Sub.-Nr. QuestionsNow I would like to ask you to answer a few background questions. Of course, also strictly confidential.These are only serving the scientific classification
1 Position?2 How long have you been working in the automotive industry?
Closing Statement I thank you personally and on behalf of Prof. Schulze for the very insightful conversation.
Main part
Agenda
Experience and Background
71
Anhang B: Abbildungen
Abbildung B-1. Wechselkursentwicklung JPY/USD zwischen 1960 und 2000. Quelle:
fxtop.com (2015).
Abbildung B-2. Wechselkursentwicklung CHF/EUR zwischen 2006 und 2015. Quelle:
Tradingeconomics.com (2015).
Abbildung B-3. Kapitalbestand der Schweizerischen Direktinvestitionen im Ausland. Quelle:
Schweizer Nationalbank (2014).
1969
1972 1975
1978
1984
1987
1995
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0.002
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0.006
0.008
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1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000
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2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
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Wec
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CH
F/EU
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72
Abbildung B-4. Weltweite PKW-Absätze nach Märkten. Quelle: Organisation Internationale
des Constructeurs d’Automobiles [OICA] (2015a).
Abbildung B-5. Weltweite PKW-Produktionszahlen nach Märkten. Quelle: OICA (2015b).
0
5
10
15
20
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2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
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Asien/Ozeanien/Mittlerer Osten
EU 28 Staaten & EFTA
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Zentral- und Südamerika
Restliche Märkte
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25
30
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2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Anz
ahl w
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KW
(in
Mio
)
Asien-Ozeanien
EU 27 Staaten
NAFTA
Restliche Märkte
73
Abbildung B-6. Vergleich der Leistungsarten von Stichprobe und Vollerhebung. Die Daten
wurden im Rahmen der swissCAR Studie 2013 erhoben. Quelle: Eigene Darstellung.
Abbildung B-7. Funktionen der Studienteilnehmer der swissCAR Studien 2008 und 2013 im
Unternehmen. Insgesamt 65 Teilnehmer. Quelle: Eigene Darstellung.
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10%
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30%
40%
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60%
70%
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Vollerhebung (n=149)
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(n =
65)
nur 2013 (n = 65)
2008 und 2013 (n =33)
74
Abbildung B-8. Auftragseingänge in der deutschen Automobilindustrie ab 2006. Insgesamter
Auftragseingang in der Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen in jeweiligen
Preisen. Kalender- und saisonbereinigt. Quelle: Deutsche Bundesbank (2015).
Abbildung B-9. Arbeitskosten im verarbeitenden Gewerbe der EU-Mitgliedsstaaten 2013.
Quelle: Statista (2015b).
Abbildung B-10. Unternehmenssteuern ausgewählter europäischer Länder im Vergleich.
Quelle: KPMG (2015b).
60%
70%
80%
90%
100%
110%
120%
130%
140%
2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
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75
Anhang C: Tabellen
Tabelle C-1
Übersicht der wichtigsten F&E-Standortfaktoren
Kategorie Faktoren Kategorie Faktoren
Pers
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Qualität der Forschungsarbeit
Verfügbarkeit von Forschern
Internationalität der Wissenschaftler
Infr
astru
ktur
Internationale Zugänglichkeit
Infrastruktur
Wis
sens
chaf
tlich
-
tech
nolo
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h
Existenz von Kompetenzzentren
Reputation der Forschungszentren
Technologische Spezialisierung des Landes
Internationale Reputation
Allg
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nes F
&E
Um
feld
Innovatives Umfeld
Leichtigkeit der Gründung von Spin-offs und neuen
Unternehmen
Lebensqualität
Lebensbedingungen
Dynamik des Arbeitsmarktes
Offenheit für FDI
Unternehmergeist
Schutz der Rechte an geistigem Eigentum
Reg
iona
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Firmennetzwerke
Geographische Nähe zu Akteuren
Image der Region
Kooperation zwischen Firmen und Universitäten
Präsenz von Wissenschaftsteams in der Nähe
Regionale Förderungspolitik
Qualität der regionalen Institutionen
Fina
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ll
Rolle der Regierung bei der Forschungsfinanzierung
Finanzierung von Forschungszentren
Finanzsystem
Steuern
Öffentliche Gelder für F&E
Mar
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ivitä
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Attraktivität des Marktes
Wachstumspotential des Marktes
Anpassungsbedarf an lokalen Markt
K
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F&E Kosten
Anmerkung. Quelle: Colovic und Mayrhofer (2011).
76
Anhang D: Ausgewählte Standortfaktoren Schweiz
Abgesehen von der Wechselkursproblematik ist die Wettbewerbsfähigkeit der
Schweiz außerordentlich hoch. Bereits zum sechsten Mal in Folge führt die Schweiz die
Rangliste des Global Competitiveness Report (Schwab & Sala-i-Martín, 2014, S. 12) an.
Zudem hat die geringe Größe des heimischen Absatzmarktes viele Unternehmen bereits
frühzeitig zur Internationalisierung bewegt. Im Jahr 2013 waren 77% der Mitarbeiter
international tätiger Schweizer Unternehmen im Ausland angestellt (SNB, 2013).
Lohnkosten. Der offenkundigste Standortnachteil der Schweiz ist das Lohnniveau.
Die Löhne im verarbeitenden Gewerbe lagen 2012 bei 50 Euro pro Stunde (Bundesamt für
Statistik, 2012). Im Vergleich mit europäischen Löhnen im Jahr 2013 lag die Schweiz damit
40% über dem deutschen Niveau, um das sechsfache über dem ungarischen Niveau und fast
das 17-fache über dem bulgarischen Niveau (siehe Abbildung B-9). Im Maschinen- und
Fahrzeugbau stiegen die Löhne zwischen 2010 und 2014 um durchschnittlich 1% pro Jahr
(Bundesamt für Statistik, 2015a) bei nur leichten Deflationstendenzen (Bundesamt für
Statistik, 2015b). Es kam somit trotz der hohen Aufwertung des Schweizer Franken nicht zu
einer Anpassung des Lohnniveaus.
Arbeitsrecht/-zeiten. Das Schweizer Arbeitsrecht zeichnet sich durch hohe
Rechtssicherheit und den ebenfalls hohen Stellenwert der Vertrags- und Kündigungsfreiheit
aus. Die Kündigungsfreiheit ermöglicht auch Massenentlassungen und berücksichtigt die
Dauer der Betriebszugehörigkeit lediglich durch geringfügig verlängerte Kündigungsfristen
(Geiser & Müller, 2007). Aufgrund der hohen Arbeitsmarktflexibilität und der effektiven
Nutzung von Talenten verfügt die Schweiz über einen der weltweit effizientesten
Arbeitsmärkte (Schwab, 2014, S. 14).
Steuer. Die Unternehmens- und Einkommenssteuerbelastung in der Schweiz
unterscheidet sich je nach Kanton. Die Unternehmenssteuer liegt somit zwischen 11.5% und
24.4%, die Einkommenssteuer zwischen 22.9% und 44.8% (Uebelhart, 2015). Die kantonalen
Unterschiede führen dazu, dass der Unternehmenssteuersatz in vielen Berechnungen
überschätzt wird. Die Berechnungen der OECD (2015) ergeben beispielsweise einen
Steuersatz von 21.15%, die der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG (2015a) jedoch einen
von 17.9%. Bei Ländervergleichen ist jedoch stets zu beachten, dass zahlreiche
Ausnahmeregelungen existieren und der minimale Steuersatz oftmals weit unter dem
Durchschnitt liegt. In Deutschland kann beispielsweise der Steuersatz aufgrund lokaler
Unterschiede zwischen 22.8% und 33% schwanken (KPMG 2015b). Im Vergleich mit den
77
europäischen Nachbarstaaten zeigt sich, dass die Schweiz unter den Ländern mit den
geringsten Unternehmenssteuern vertreten ist (siehe Abbildung B-10). Die Osteuropäischen
Staaten können jedoch mit zum Teil geringeren Steuersätzen aufwarten und zusätzlich
Subventionen und Steuererleichterungen anbieten.