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Humboldt-Universität zu Berlin Fachgebiet Agrar- und Ernährungspolitik Prof. Dr. Peter H. Feindt Loccumer Landwirtschaftstagung 08. Februar 2019 Ergebnisorientierung, Ziele und Indikatoren Eine Einschätzung des Kommissionsvorschlags zur GAP nach 2020 Prof. Dr. Peter H. Feindt mit Pascal Grohmann und Dr. Astrid Häger Loccumer Landwirtschaftstagung 2019 „Zielorientierung in der Gemeinsamen Agrarpolitik: Aber welche Ziele – und welche Mittel?“ Evangelische Akademie Loccum, 08. Februar 2019

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Humboldt-Universität zu Berlin Fachgebiet Agrar- und Ernährungspolitik

Prof. Dr. Peter H. Feindt

Loccumer Landwirtschaftstagung

08. Februar 2019

Ergebnisorientierung,

Ziele und IndikatorenEine Einschätzung des Kommissionsvorschlags zur GAP

nach 2020

Prof. Dr. Peter H. Feindt

mit Pascal Grohmann und Dr. Astrid Häger

Loccumer Landwirtschaftstagung 2019

„Zielorientierung in der Gemeinsamen Agrarpolitik:

Aber welche Ziele – und welche Mittel?“

Evangelische Akademie Loccum, 08. Februar 2019

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08. Februar 2019

Überblick

• Ausgangspunkt: Die ergebnisorientierte GAP als Policy Design-

Aufgabe

• Die „neue Policy-Design-Perspektive“

• Der Design-Raum der GAP

• Diskussion des Zielsystems

• Diskussion des Indikatorensystems

• Fazit

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Hintergrund

• EU-Projekt SURE-Farm –

Towards Sustainable and

Resilient Farming Systems in

Europe

• Wissenschaftlicher Beirat

Biodiversität und Genetische

Ressourcen beim BMEL

• ZANEXUS-Projekt:

Zukunftsfähige Agrarpolitik –

Natur erhalten, Umwelt

schützen (BfN)

• WuP-GAP-Projekt:

Verbesserung der Wirksamkeit

und Praktikabilität der GAP

(UBA)

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Überblick

• Die ergebnisorientierte GAP als Policy Design-Aufgabe

• Die „neue Policy-Design-Perspektive“

• Der Design-Raum der GAP

• Diskussion des Zielsystems

• Diskussion des Indikatorensystems

• Fazit

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Das „neue Umsetzungsmodell“

• Die Legislativvorschläge der Kommission zur Reform der GAP

umfassen

• eine Verordnung über die GAP-Strategiepläne,

• eine horizontale Verordnung über die Finanzierung, Verwaltung

und Überwachung

• eine Änderungsverordnung über die einheitliche gemeinsame

Marktorganisation (GMO).

• Mit dem neuen Umsetzungsmodell soll die künftige GAP

• eine klarere Rechtsarchitektur erhalten,

• eine stärkere Ergebnisorientierung aufweisen sowie

• mehr Verantwortung an die Mitgliedstaaten übertragen.

Das erfordert ein gutes Policy-Design.

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Die ,Neue’ Policy-Design-Perspektive

• Policy-Design ist Thema in den Policy Sciences seit den 1950er Jahren

(Dahl & Lindblom, 1953; Tinbergen, 1952)

• Schwerpunkt: Bewertung und Typologien von Politik-Instrumenten

• 1990er Jahre: „Globalisierungs- and Governance-Forschung” –

Betonung von Markt und Zivilgesellschaft als Governance-Formen

• „Neue Design-Orientierung” (Howlett, 2014) seit Mitte der 2000er Jahre:

• Erneute Betonung der Rolle des Staates im Politikprozess

• Komplexere Policy-Settings im 21. Jahrhundert

• Bewertung von integrativen Policy-Mixes: „multiple instruments,

multiple governments, multiple objectives”, arrangiert in komplexen

Portfolios von Politik-Zielen und Politik-Instruments

einschlägig für die GAP

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Design-Fragen: Mehr-Instrumenten-Designs

• Komplexe „multi-tool policy designs” (Howlett, 2018; Howlett et al.,

2015)

• Wechselwirkungen zwischen Politik-Instrumenten oft schwer

vorherzusagen

• Komplementarität und Konflikt

• Redundanz oder eingebaute Resilienz

• Anpassungsfähigkeit (Adaptabilität) von Instrumenten-Sets

• Anzahl der Instrumente

• Angemessenheit der Antworten auf neue Themen (Maor, Tosun,

& Jordan, 2017)

• Über- und Unter-Design von Policy-Mixes (Peters, Jordan, &

Tosun, 2017).

• GAP: Die meisten Analysen betreffen einzelne Instrumente oder

Programme; systematischere Analysen zur Wechselwirkung von

Instrumenten v.a. aus juristisch-regulatorischer Perspektive

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Überblick

• Die ergebnisorientierte GAP als Policy Design-Aufgabe

• Die „neue Policy-Design-Perspektive“

• Der Design-Raum der GAP

• Diskussion des Zielsystems

• Diskussion des Indikatorensystems

• Fazit

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Der Policy Design-Zeit-Raum

• Politische Programme werden oft über einen größeren Zeitraum

eingeführt.

• Überfüllter Policy-Raum: Politik-Erbschaften und -Altlasten:

• Policy-Designs unterschieden sich in der Fähigkeit, damit

umzugehen.

• Politik-Sequenzen: Wirkungen von Entscheidungen auf die spätere

Politik-Kapazität und den Politik-Design-Raum

• Indirekte Effekte, Pfadabhängigkeiten, Policy-Feedback, Layering,

Policy-Lock-In

• Siehe u.a. Daugbjerg (2009), Howlett (2009), Feindt & Flynn (2009)

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Policy Design-Raum und Design-Kapazität

Quelle: nach Howlett (2015), siehe auch Howlett (2011)

GAP: Inkrementeller Design-Raum, Patching ist zu erwarten

Fähigkeit der Regierung, den Status quo zu ändern

Design-

Intention der

Regierung

Hoch Niedrig

Hoch

Optimaler Design-

Raum

Design durch

Packaging

Inkrementeller Design-Raum

Design durch Patching

Niedrig

Durchwurstelnder

Nicht-Design-Raum

Politikformulierung

durch inkrementelle

Anpassung

Statischer

Nicht-Design-Raum

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Überblick

• Die ergebnisorientierte GAP als Policy Design-Aufgabe

• Die „neue Policy-Design-Perspektive“

• Der Design-Raum der GAP

• Diskussion des Zielsystems

• Diskussion des Indikatorensystems

• Fazit

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Allgemeine Ziele

• Die Unterstützung aus dem EGFL und dem ELER soll zur

Verwirklichung der allgemeinen Ziele der GAP beitragen (VO GAP-

Strategiepläne, Art. 5):

• Förderung eines intelligenten, krisenfesten und diversifizierten

Agrarsektors, der Ernährungssicherheit gewährleistet;

• Stärkung von Umweltpflege und Klimaschutz und Beitrag zu den

umwelt- und klimabezogenen Zielen der Union;

• Stärkung des sozioökonomischen Gefüges in ländlichen

Gebieten.

Anlehnung an das Dreisäulen-Modell der Nachhaltigkeit

Aber das Bild ist komplizierter ...

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Ergebnisorientierung:

Vier agrarpolitische Diskurse

• Produktivistischer Diskurs / Agrar-Exzeptionalismus

• Landwirtschaft erzeugt ein öffentliches Gut

(Nahrungsmittelsicherheit), ist aber strukturell benachteiligt

• Verpflichtung der Landwirte zur Maximierung der Produktion

• Verpflichtung der Politik, für angemessene Einkommen in der

Landwirtschaft zu sorgen

• Marktliberalismus

• Wettbewerbsfähige Landwirtschaft

• New Public Management

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Vier agrarpolitische Diskurse (2)

• Multifunktionalismus

• Marktfähige und öffentliche Güter

• Öffentliches Geld für öffentliche Güter

• Globale Landwirtschaft

• Landwirtschaft als Teil globaler Wertschöpfungsketten

• Harmonisierung und Marktzugang

• Marktmacht und fairer Wettbewerb

• EU-COM: „hybrider Diskurs” (Erjavec/Erjavec, 2015)

• Siehe u.a. Feindt (2017), Zwaan & Alons (2015), Feindt (2008),

Josling (2002)

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Spezifische Ziele

• Zur Verwirklichung der allgemeinen Ziele werden die spezifischen

Ziele der GAP verfolgt (VO GAP-Strategiepläne, Art. 6):

Quelle: Europäische Kommission (2018): Ernährung und Landwirtschaft der Zukunft.

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Ziele und Diskurse: Hybrides ZielsystemProd Lib MuF Glob

Förderung tragfähiger landwirtschaftlicher Einkommen sowie der Krisen-

festigkeit in der ganzen Union zur Verbesserung der ErnährungssicherheitX

Verstärkung der Ausrichtung auf den Markt und Steigerung der Wettbewerbs-

fähigkeit auch durch einen stärkeren Schwerpunkt auf Forschung, Technologie

und Digitalisierung

X

Verbesserung der Position der Landwirte in der Wertschöpfungskette X

Beitrag zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel sowie zu

nachhaltiger EnergieX

Förderung der nachhaltigen Entwicklung und der effizienten Bewirtschaftung

natürlicher Ressourcen wie Wasser, Böden und LuftX

Beitrag zum Schutz der Biodiversität, Verbesserung von

Ökosystemdienstleistungen und Erhalt von Lebensräumen und LandschaftenX

Steigerung der Attraktivität für Junglandwirte und Erleichterung der

Unternehmensentwicklung in ländlichen GebietenX

Förderung von Beschäftigung, Wachstum, sozialer Inklusion sowie der lokalen

Entwicklung in ländlichen Gebieten, einschließlich Biowirtschaft und

nachhaltige Forstwirtschaft

X X

Verbesserung der Art und Weise, wie die Landwirtschaft in der EU

gesellschaftliche Erwartungen in den Bereichen Ernährung und Gesundheit,

einschließlich in Bezug auf sichere, nahrhafte und nachhaltige Lebensmittel,

Lebensmittelabfälle sowie Tierschutz gerecht wird

X

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Überblick

• Die ergebnisorientierte GAP als Policy Design-Aufgabe

• Die „neue Policy-Design-Perspektive“

• Der Design-Raum der GAP

• Diskussion des Zielsystems

• Diskussion des Indikatorensystems

• Fazit

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NPM-Modell: Steuerung durch Indikatoren

• New Public Management-Modell (vgl. z.B. Capano, 2011)

• Empfang öffentlicher Mittel wird an die Erbringung erwünschter,

messbarer Leistungen geknüpft

• Definition nationaler Politikziele

hoch politisch: beinhaltet Theorie sozialer Ordnung und der

betroffenen öffentlichen Güter

• Definition von Leistungszielen der Organisationen

mit Monitoring- und Budget-Mechanismus

• Organisationen definieren Leistungsziele ihrer Mitglieder,

verbunden mit starken Anreizen (z.B. individuellen Ziel- und

Leistungsvereinbarungen)

• Implikation: interne Organisation muss konsequent auf das

ergebnisorientierte Public Management-System umgestellt werden

Ist das in der neuen GAP zu erwarten?

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GAP-Strategiepläne (1)

• Zur Verfolgung der Ziele konzipieren die Mitgliedstaaten in ihren

GAP-Strategieplänen Interventionen auf Grundlage der

Interventionskategorien (VO GAP-Strategiepläne, Art. 8)

• Die Mitgliedstaaten erstellen GAP-Strategiepläne, um die aus dem

EGFL und ELER finanzierte Unterstützung für die Verwirklichung

der spezifischen Ziele umzusetzen (VO GAP-Strategiepläne, Art.

91).

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GAP-Strategiepläne (2)

• Jeder GAP-Strategieplan enthält folgende Abschnitte (VO GAP-

Strategieplan, Art. 95):

• Bewertung der Bedürfnisse (Art. 96);

• Interventionsstrategie (Art. 97);

• Beschreibung der Elemente, die mehreren Interventionen

gemein sind (Art. 98);

• Beschreibung der in der Strategie festgelegten Interventionen

und Interventionskategorien (Art. 99);

• Plan mit Zielwerten und Finanzplan (Art. 100);

• Beschreibung des Verwaltungs- und Koordinationssystems (Art.

101) sowie eine

• Beschreibung der Elemente, die die Modernisierung der GAP

gewährleisten (Art. 102).

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GAP-Strategiepläne (3)

• Drei unterschiedliche Interventionskategorien (VO GAP-

Strategieplan, Art. 14):

• Interventionen in Form von Direktzahlungen

• Sektorale Interventionskategorien

• Interventionen zur Entwicklung des ländlichen Raums

• Nationale Wahlmöglichkeiten in jeder Interventionskategorie

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Leistungsrahmen

• Die Mitgliedstaaten legen einen Leistungsrahmen fest, der die

Überwachung und Evaluierung der Leistung des GAP-

Strategieplans während der Durchführung sowie die entsprechende

Berichterstattung ermöglicht (VO GAP-Strategieplan, Art. 115)

• Der Leistungsrahmen umfasst folgende Elemente:

• Satz gemeinsamer Indikatoren;

• Zielwerte und jährliche Etappenziele;

• Datenerhebung, -speicherung und -übertragung;

• Regelmäßige Berichterstattung über die Leistung

• Leistungsboni

• Ex-ante-, Zwischen- und Ex-post-Evaluierungen

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Indikatoren (1)

• Die Verwirklichung der allgemeinen und spezifischen Ziele wird

anhand gemeinsamer Indikatoren für Output, Ergebnisse und

Wirkung bewertet (VO GAP-Strategieplan, Art. 7).

• Der Satz gemeinsamer Indikatoren umfasst

• Outputindikatoren, die sich auf den erzielten Output der

unterstützten Interventionen beziehen;

• Ergebnisindikatoren, die sich auf die betreffenden spezifischen

Ziele beziehen sowie

• Wirkungsindikatoren, die sich auf allgemeine und spezifische

Ziele beziehen.

• Die Indikatoren sind in Anhang I der VO GAP-Strategiepläne gelistet

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Indikatoren (2)

• Die Output- und Ergebnisindikatoren sind in den GAP-

Strategieplänen jahresbezogen mit quantifizierten Zielwerten zu

hinterlegen (Plan mit Zielwerten) und bilden ein Element des

Leistungsrahmens (VO GAP-Strategiepläne, Art. 97, 100, 155).

• Erreichte Werte und Abweichungen in Bezug auf die Output- und

Ergebnisindikatoren müssen in den jährlichen Leistungsberichten

ausgewiesen und begründet werden (VO GAP-Strategiepläne, Art.

121, Abs. 4)

• Kontextindikatoren bilden die Grundlage für die SWOT-Analyse (als

Teil der Bewertung der Bedürfnisse in den GAP-Strategieplänen)

(VO GAP-Strategiepläne, Art. 103, Abs. 2)

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Indikatoren: Beispiel

Spezifische Ziele Indikator Ergebnisindikatoren Interventions-

kategorie

Outputindikatoren

Förderung tragfähiger

landwirtschaftlicher

Einkommen sowie der

Krisenfestigkeit in der

gesamten Union zur

Verbesserung der

Ernährungssicherheit

I.2 Verringerung von

Einkommensunter-

schieden: Entwicklung

der landwirtschaft-

lichen Einkommen im

Vergleich zur Gesamt-

wirtschaft

I.3 Begrenzung von

Schwankungen der

landwirtschaftlichen

Einkommen: Ent-

wicklung der land-

wirtschaftlichen Ein-

kommen

I.4 Förderung trag-

fähiger landwirt-

schaftlicher Ein-

kommen: Entwicklung

der landwirtschaft-

lichen Einkommen

nach Sektoren

(verglichen mit dem

Durchschnitt in der

Landwirtschaft)

R.4 Knüpfung von Ein-

kommensstützung an

Standards und gute fachliche

Praxis: Anteil der landwirtschaft-

lich genutzten Fläche, für die Ein-

kommensstützung gezahlt wird

und die der Konditionalität

unterliegt

R.5 Risikomanagement: Anteil

der landwirtschaftlichen Betriebe

mit GAP-Risikomanagement-

instrumenten

R.6 Umverteilung auf kleinere

Betriebe: Anteil der zusätzlichen

Unterstützung je Hektar für

förderfähige landwirtschaftliche

Betriebe unterhalb der

durchschnittlichen Betriebsgröße

(verglichen mit dem

Durchschnitt)

GAP-

Unterstützung

Entkoppelte

Direktzahlungen

O.3 Anzahl der

Begünstigten der GAP-

Unterstützung

O.4 Anzahl der Hektar

für entkoppelte Direkt-

zahlungen

O.5 Anzahl der

Begünstigten für

entkoppelte Direkt-

zahlungen

O.6 Anzahl der Hektar,

für die erweiterte

Einkommensstützung

für Junglandwirte

WIRKUNG (I=Impact) ERGEBNIS (R=Result) OUTPUT (O=Output)

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Diskussion des Beispiels

• Impact-Indikatoren:

• Positive Wirkung der Direktzahlungen auf I.2, I.3 und I.4 per

Definition gegeben

• Ergebnis-Indikatoren:

• R.4 und R.5 messen Verhalten der Begünstigten, aber nicht

Additionalität durch die Intervention

• R.6 beschreibt nicht Verhalten, sondern Situation der

Zahlungsempfänger

• Output-Indikatoren:

• O.3 bis O.6 messen Umfang der Begünstigung (in Personen und

Fläche), nicht Zielerreichung oder Verhaltensänderungen

In diesem Beispiel entspricht das Modell nicht dem NPM-Ansatz

einer indikatorenbasierten Verhaltenssteuerung

Erklärung: Ziel ist Einkommenstransfer via landwirtschaftliche

Fläche gemäß Produktivismus-Diskurs

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Fazit

• Die ergebnisorientierte GAP ist eine hoch komplexe Policy Design-

Aufgabe (viele Ziele, Instrumente, Ebenen).

• Der inkrementelle Design-Raum der GAP lässt eher eine

inkrementelle Weiterentwicklung des Status Quo als einen großen

kohärenten Wurf erwarten.

• Das Zielsystem des VO-Entwurfs schreibt den hybriden GAP-

Diskurs fort.

• Das Indikatorensystem entspricht nicht einem konsequenten NPM-

Ansatz.

Fazit: Der Ansatz der Kommission ist ein Schritt in die richtige

Richtung. Die jetzt vorgeschlagene Operationalisierung wird aber

noch keine konsequente Ergebnisorientierung im Sinne des

Einsatzes öffentlicher Mittel für öffentliche Güter ermöglichen.

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Zitierte Literatur

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Zitierte Literatur (2)

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