erreichbarkeitsindikatoren in der nahverkehrsplanung · arbeitspapier 184 björn schwarze...

52
Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für Raumplanung Fakultät Raumplanung, Universität Dortmund D-44221 Dortmund Tel. 0231-7552291, Fax 0231-7554788 IRPUD Universität Dortmund - Fakultät Raumplanung Institut für Raumplanung

Upload: others

Post on 08-Sep-2019

6 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

Arbeitspapier

184Björn SchwarzeErreichbarkeitsindikatorenin der Nahverkehrsplanung

Dortmund, November 2005

Institut für RaumplanungFakultät Raumplanung, Universität DortmundD-44221 DortmundTel. 0231-7552291, Fax 0231-7554788

IRPUD

Universität Dortmund - Fakultät Raumplanung

Institut für Raumplanung

Page 2: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

2

Inhalt 1. Einleitung .......................................................................................................................... 4 2. Verkehrliche Grundlagen ............................................................................................... 6

2.1 Bedeutung des ÖPNV für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung............................ 6

2.2 Planung des ÖPNV .................................................................................................... 7 3. Erreichbarkeit als planerische Kenngröße.................................................................... 9

3.1 Definition von Erreichbarkeit .................................................................................... 9

3.2 Konzepte zum Messen von Erreichbarkeit ................................................................ 9 3.2.1 Einfache Erreichbarkeit.................................................................................... 10 3.2.2 Integrierte Erreichbarkeit ................................................................................. 10

3.3 Kategorien von Erreichbarkeitsindikatoren ............................................................... 11 3.3.1 Ausstattungsindikatoren................................................................................... 12 3.3.2 Graphentheoretische Indikatoren ..................................................................... 13 3.3.3 Konnektivitätsindikatoren................................................................................ 13 3.3.4 Reiseaufwandsindikatoren ............................................................................... 13 3.3.5 Reisebudgetindikatoren.................................................................................... 15 3.3.6 Potenzialindikatoren......................................................................................... 16 4. Erreichbarkeitsindikatoren in der ÖPNV-Planung...................................................... 17

4.1 Evaluation von Nahverkehrsplänen ........................................................................... 17

4.2 Verwendete Erreichbarkeitsindikatoren .................................................................... 17 4.2.1 Allgemeine Auswertung .................................................................................. 17 4.2.2 Diskussion der Stärken und Schwächen .......................................................... 21 4.2.3 Zusammenfassung............................................................................................ 24

4.3 Plädoyer für die Verwendung des Reisezeitbudgetindikators ................................... 25 5. Berechnung der Erreichbarkeit mit dem Reisezeitbudgetindikator........................... 28

5.1 Programmierung einer GIS-Fachschale..................................................................... 28

5.2 Datenaufbereitung...................................................................................................... 28 5.2.1 Flächennutzungsdaten...................................................................................... 29 5.2.2 Verkehrliche Daten .......................................................................................... 31

5.3 Ablaufschema ............................................................................................................ 32 6. Anwendungsbeispiel Krefeld .......................................................................................... 34

6.1 Einführung ................................................................................................................. 34

6.2 Bestandsanalyse ......................................................................................................... 38

Page 3: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

3

6.3 Wirkungsanalyse........................................................................................................ 42 6.3.1 Planfall Fischeln............................................................................................... 42 6.3.2 Planfall Hüls..................................................................................................... 44 6.3.3 Zusammenfassende Beurteilung ...................................................................... 44 7. Fazit und Ausblick ........................................................................................................... 47 8. Quellenverzeichnis ........................................................................................................... 49

Page 4: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

4

1. Einleitung Im Verkehrsaufkommen und im anhaltenden Wachstum des MIV (motorisierten Individual-verkehrs) sind die wesentlichen Konflikte in den Kommunen im Bereich Verkehr begründet. Zunehmende Überlastungen im Straßennetz sowie Lärm, Luftverschmutzung und Energie- und Flächenverbrauch des MIV senken die Lebensqualität und stellen eine ständig größer werdende Belastung für die Bevölkerung dar. In einem besonderen Maße sind Kinder, Frau-en, alte Menschen und Personen mit niedrigem Einkommen betroffen, welche durch eine vom Automobil mitgetragene Entwertung der Nähe in ihrer sozial-räumlichen Mobilität einge-schränkt sind (Holzapfel et al., 1992). Als einen Ansatz zur Lösung dieser Probleme wird die Stärkung des ÖPNV (öffentlichen Per-sonennahverkehrs) angesehen. Die ÖPNV-Planung ist daher gefordert, das ÖPNV-Angebot in den Kommunen im Rahmen ihrer finanziellen Handlungsspielräume zu optimieren und mög-lichst attraktiv zu gestalten. Aus Bevölkerungssicht bemisst sich die Attraktivität des ÖPNV-Angebots hauptsächlich an der Erschließungs- und Verbindungsqualität des ÖPNV-Systems (vgl. Schürmann, 1999). Der Zweck eines Transportsystems ist nicht die Mobilität per se, sondern der Zugang zu Aktivitäten. Verkehr ist zielgerichtet und zweckgebunden. Raum-überwindung von Personen dient überwiegend der Ausübung bestimmter Aktivitäten an den Zielstandorten (Retzko, 1987). Ein grundsätzliches Ziel der Verkehrs- und Siedlungsentwick-lung muss demnach die nachhaltige Sicherung der Erreichbarkeit von Aktivitätszielen wie zum Beispiel Nahversorgungseinrichtungen, Arbeitsplätzen, Ausbildungsplätzen oder Frei-zeiteinrichtungen bei möglichst geringem Aufwand sein. Dieses Ziel kann gleichermaßen durch die Ansiedlung solcher Aktivitätsgelegenheiten im Nahbereich der Wohnstandorte als auch durch eine Optimierung des Verkehrsangebots erreicht werden. Eine am Konzept der Erreichbarkeit orientierte ÖPNV-Planung zielt darauf ab, Reisezeiten zu verkürzen und inner-halb bestimmter Reisezeiten möglichst viele Aktivitätsgelegenheiten mit dem ÖPNV erreich-bar zu machen. Entscheidend für diese bewusste Gestaltung von Erreichbarkeit ist eine Integ-ration von Verkehrs- und Flächennutzungsplanung. Nur durch sie lassen sich Verkehrsmit-telwahl und Verkehrsgeschehen nachhaltig beeinflussen. Um die Wirkungen planerischer Maßnahmen auf die Erreichbarkeit von Aktivitäten analysie-ren zu können, benötigt die ÖPNV-Planung sachliche Bewertungs- und Vergleichsmethoden. Verkehrssimulationsmodelle, die das voraussichtliche Verkehrsverhalten nach Durchführung von Maßnahmen prognostizieren, sind häufig kostspielig und aufwendig in ihrer Bedienung. Ergänzend benötigt werden daher anwendbare integrierte Erreichbarkeitsindikatoren, welche den raumzeitlichen Bezug bzw. den Raumüberwindungsaufwand zwischen Raumeinheiten und den in diesen Raumeinheiten gelegenen Aktivitätszielen abbilden können (Michael, 1993). Bisher wurden in der ÖPNV-Planung jedoch vorwiegend isolierte und einfache Indika-toren verwendet, welche entweder Aussagen zur Erschließungs- oder zur Verbindungsqualität des ÖPNV-Systems treffen, die räumliche Lage und Verteilung der Aktivitätsgelegenheiten jedoch außer Acht lassen. Durch sie werden die bestehenden Interdependenzen zwischen ÖPNV-Angebot und Flächennutzung nicht berücksichtigt. Das originäre Ziel der ÖPNV-Planung, nämlich die Wahrung der Erreichbarkeit von Aktivitäten, wird nicht abgebildet. Es besteht somit die Gefahr, dass planerische Entscheidungen getroffen werden, ohne dass ihre Auswirkungen auf die Erreichbarkeit bekannt sind. Dies führte in der Vergangenheit oftmals dazu, dass systemwirksame kostengünstigere Maßnahmen unterschätzt und im Gegenzug teu-re infrastrukturelle Maßnahmen bevorzugt wurden (vgl. Löw, 2000).

Page 5: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

5

In dieser Arbeit wird dieses Defizit in der heutigen Nahverkehrsplanung aufgegriffen. In den folgenden Kapiteln wird eine neue, vereinfachte Methode zur Bewertung von Maßnahmen in der ÖPNV-Planung theoretisch hergeleitet und ihre praktische Anwendung anhand zwei ex-emplarisch in der Stadt Krefeld untersuchter Planfälle demonstriert. Für die Prognose von Verbesserungen oder Verschlechterungen der Verkehrsversorgung im ÖPNV wird vom Ver-fasser vorgeschlagen, einen Erreichbarkeitsindikator zu verwenden, der den Ansprüchen an eine integrierte Verkehrs- und Flächennutzungsplanung gerecht wird. Ein integrierter, aktivi-tätsspezifischer Reisezeitbudgetindikator („Wie viele Aktivitätsgelegenheiten vom Typ x kann ich mit dem ÖPNV in y Minuten erreichen?“) kann hierbei das originäre Ziel der ÖPNV-Planung, nämlich die Sicherung und Verbesserung der Erreichbarkeit von Aktivitäten, ver-ständlich und gut kommunizierbar für Verkehrsplaner und Laien abbilden. Der Reisezeitbud-getindikator lässt sich - im Vergleich zur Prognose mit Verkehrssimulationsmodellen - mit einem GIS auf sehr einfache Art und Weise ermitteln. Zu diesem Zweck wurde eine spezielle Fachschale für das GIS ArcInfo entwickelt, mit welcher der integrierte Reisezeitbudgetindika-tor fahrplangenau und auf der Basis von Rasterzellen auch von Anwendern mit geringen GIS-Kenntnissen berechnet werden kann. Diese Arbeit ist eine redigierte Zusammenfassung der an der Fakultät Raumplanung der Uni-versität Dortmund vorgelegten Diplomarbeit des Verfassers. Sie ist keinem konkreten Pla-nungsprojekt zuzuordnen, sondern soll als theoretische Abhandlung für praxisbezogenes Ar-beiten verstanden werden. Nach der Einleitung im Kapitel 1 werden in den Kapiteln 2 und 3 die planerischen und theoretischen Grundlagen des vorgeschlagenen Erreichbarkeitsindikators erörtert. Im Kapitel 2 wird die Bedeutung des ÖPNV für eine nachhaltige Stadtentwicklung herausgestellt und es werden die planungstheoretischen Grundlagen kommunaler Nahver-kehrsplanung umrissen. Im Kapitel 3 wird in das Konzept von Erreichbarkeit als planerische Kenngröße eingeführt. Nach dem Definieren von Erreichbarkeit werden die unterschiedlichen Kategorien von Erreichbarkeitsindikatoren dargelegt. Im Kapitel 4 werden die Stärken und Schwächen der in der Planungspraxis zurzeit verwendeten Erreichbarkeitsindikatoren analy-siert. Die Grundlage bildet eine Evaluation von 31 Nahverkehrsplänen aus Nordrhein-Westfalen. Aus dieser Diskussion der Stärken und Schwächen der verwendeten Bewertungs-indikatoren wird der vorgeschlagene Reisezeitbudgetindikator abgeleitet und seine Wahl aus-führlich begründet. Im Kapitel 5 wird die für die Berechnung des Reisezeitbudgetindikators entwickelte GIS-Fachschale beschrieben. Die für eine Erreichbarkeitsanalyse erforderlichen Inputdaten und ihre Aufbereitung stehen hierbei im Vordergrund. Im Kapitel 6 wird die Pra-xistauglichkeit der entwickelten Bewertungsmethode demonstriert. Für zwei Planfälle in der Stadt Krefeld wird eine exemplarische Erreichbarkeitsanalyse mit dem Reisezeitbudgetindika-tor durchgeführt. Die Auswirkungen der geplanten Maßnahmen auf die Erreichbarkeitsver-hältnisse werden untersucht und untereinander verglichen. Die Ergebnisdarstellung dieser Erreichbarkeitsanalyse erfolgt in tabellarischer, graphischer und kartographischer Form. Im abschließenden Kapitel 7 wird ein Fazit gezogen. Es werden die Vorzüge der neuen Bewer-tungsmethode für die Planungspraxis herausgestellt sowie mögliche Weiterentwicklungen diskutiert.

Page 6: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

6

2. Verkehrliche Grundlagen In diesem Kapitel wird auf die Notwendigkeit zur Stärkung des ÖPNV für eine nachhaltige Stadtentwicklung eingegangen und das Erfordernis einer Definition entsprechender Planungs-ziele hervorgehoben. 2.1 Bedeutung des ÖPNV für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung Das Verständnis der Verkehrsplanung und einhergehend damit die Aufgaben haben sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Die traditionelle, sektorale Anpassungsplanung der 60er und 70er Jahre wurde seit Mitte der 80er Jahre mehr und mehr von einer gestalterisch eingreifenden Verkehrsentwicklungsplanung abgelöst. So stehen seitdem nicht mehr die Kon-struktion und Dimensionierung von Straßen einer als gegeben genommenen Verkehrsnach-frage, sondern die zielorientierte Beeinflussung und Lenkung der Verkehrsnachfrage auf der Basis gesamtgesellschaftlicher Ziele im Vordergrund (Holz-Rau, 1996). Grundsätzliches Ziel der Verkehrsplanung ist die Realisierung eines ökonomisch, ökologisch und sozial funktionsfähigen Verkehrs. Verkehrspolitik und -planung haben sich daran zu mes-sen, ob ihre Handlungskonzepte den Bürgern die Teilnahmechancen an gesellschaftlichen Vermittlungs- und wirtschaftlichen Austauschprozessen sichern, die Effizienz der Verkehrs-systeme erhöhen und die Umweltbelastungen minimieren (Holz-Rau, 1997b; Beckmann, 1999). Um diese Ziele zu erreichen bzw. um ein weiteres Abweichen von diesen Zielen zu verhin-dern, verfolgt die Verkehrsplanung die Strategien der Verkehrsvermeidung, Verkehrsverlage-rung und verträglicheren Abwicklung des Verkehrs. Während Maßnahmen der Verkehrsver-meidung der Reduktion des Verkehrsaufwandes dienen, bezwecken Maßnahmen der Ver-kehrsverlagerung die modale Verlagerung vom MIV auf den Umweltverbund (Fußverkehr, Fahrradverkehr und ÖPNV) und Maßnahmen zur verträglicheren Abwicklung des Verkehrs die Reduktion der Umweltbelastungen (vgl. Tabelle 1). Tabelle 1 Strategien einer nachhaltigen Verkehrsplanung.

Strategien Beispielhafte Maßnahmen

Vermeidung von Verkehr - Mischung von Aktivitäten - Förderung des Wohnumfeldes - Verteuerung der Transportkosten

Verlagerung von Verkehr - Förderung des Umweltverbundes - Rückbau von Straßen - Einrichtung von Mobilitätszentralen

Verträglichere Abwicklung von Verkehr - Verkehrsberuhigung - Reduktion der Fahrzeugemissionen - Verkehrsleitsysteme

Für eine effektive Einflussnahme ist jedoch umfangreiches Wissen über die komplexen Wechselwirkungen verkehrlicher, baulicher, sozialer und wirtschaftlicher Belange notwendig.

Page 7: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

7

Maßnahmen der einzelnen Strategieebenen müssen aufeinander aufbauen und sich gegenseitig ergänzen. Siedlungsstrukturelle, technische, finanzielle, organisatorische und informationelle Handlungs- und Maßnahmenansätze sind zugleich anzuwenden (Reutter und Unger-Azadi, 2001; Ponel, 1999). Seit rund zwei Jahrzehnten wird daher für die Förderung einer nachhaltigen Verkehrsentwick-lung die integrierte Verkehrsplanung angestrebt (vgl. Beckmann, 1999). Die Vorzüge eines integrierten Vorgehens zeigen sich insbesondere in der Verkehrsvermeidung. Hier müssen Verkehrs- und Flächennutzungsplanung schon in einem frühen Stadium eng miteinander ko-operieren, damit nicht bereits durch die Bauleitplanung „vermeidbarer Verkehr erzeugt und Verkehrsmittel- und Verkehrswegewahl präjudiziert [werden]“ (Retzko, 1987: 1). Gefordert wird eine Stadtstruktur kurzer Wege, in der eine ausgewogene Nutzungsmischung bei verträg-licher Gestaltung der Dichte zur Reduktion des Verkehrsaufwands beiträgt (Holz-Rau, 1997a). Für die Umsetzung des Leitbildes einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung ist die gezielte Förderung der Verkehrsmittel des Umweltverbunds eine wesentliche Bedingung. Als einzig motorisiertes Verkehrsmittel des Umweltverbundes erhält hierbei insbesondere der ÖPNV eine entscheidende Bedeutung (Schwarze, 2002). Vor allen Dingen aus sozialen und gesamt-ökonomischen Gründen ist es erforderlich, dass für alle Bevölkerungsgruppen eine angemes-sene Zugänglichkeit zu Aktivitäten mit dem ÖPNV gewährleistet wird. Weiterhin kommt dem ÖPNV eine klare umweltliche Entlastungsfunktion zu. Durch ein attraktives ÖPNV-Angebot können MIV-Fahrten (zumindest in Teilen) durch den ÖPNV substituiert und modale Verla-gerungseffekte herbeigeführt werden. Da sich die Attraktivität des ÖPNV-Angebots aus Kun-densicht vorrangig durch die Zugänglichkeit zu Aktivitäten misst, muss eine nachhaltige ÖPNV-Planung die Sicherung bzw. Verbesserung der Erreichbarkeit von Aktivitätszielen mit dem ÖPNV anstreben. 2.2 Planung des ÖPNV Verkehrsthemen stehen besonders häufig im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit (Schlüter, 1998). An die Verkehrsplanung werden daher besondere Anforderungen an ihre Nachvollziehbarkeit und Transparenz gestellt. „Die transparente Darstellung der Arbeitsweise dient auch dem interessierten Bürger zum Verständnis der Planungsaufgaben und des dazuge-hörigen Instrumentariums, wenn er durch politische Entscheidungen und im Rahmen der Bürgerbeteiligung mit der kommunalen Verkehrsentwicklung konfrontiert wird“ (FGSV, 2001b: 5). Die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) hat einen Leitfaden für Verkehrsplanungen entwickelt (FGSV, 2001a), der den oben geforderten Prinzipien gerecht wird (vgl. Abbildung 1). Der Formulierung von planerischen Zielen kommt eine entscheiden-de Bedeutung zu, da die festgelegten Ziele den politischen und sachlichen Rahmen bilden, der im weiteren Planungsprozess als Richtschnur für die Zustandsbewertung, Maßnahmenbewer-tung und Wirkungskontrolle dient (Scheiner, 2003). Für planerische Bewertungen ist das Zielsystem durch Zielindikatoren zu spezifizieren, die den tatsächlichen und angestrebten Zu-stand adäquat, zum Beispiel in der Form von Mindeststandards, wiedergeben können. Sie bil-den im weiteren Planungsverlauf eine einheitliche Grundlage für die Zustandsbewertung, Konzeption von Handlungskonzepten, Maßnahmenbewertung und Erfolgskontrolle.

Page 8: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

8

Abbildung 1 Idealtypischer Prozess der Verkehrsplanung (Quelle: nach FGSV, 2001a: 15).

In der Planungspraxis geschieht dies zweifelsohne auf der Grundlage von mehr oder weniger deutlichen Vorstellungen der Politik zu den Planungsinhalten (Schlüter, 1998). Gerade des-halb bringt ein Verwenden von Zielindikatoren eine Konkretisierung der Zielvorstellungen mit sich und macht die politischen und planerischen Entscheidungen diskutierbar und nach-vollziehbar (Thoss, 1995). Mit der Regionalisierung des ÖPNV hat sich der ordnungspolitische Rahmen für die Gestal-tung des ÖPNV in Deutschland gewandelt. Die Aufgaben- und Finanzverantwortung für den ÖPNV wurde (zumeist kommunalen) Aufgabenträgern übertragen (vgl. Löw, 2000). Die Aufgabenträger sind verpflichtet, als gesetzlich verankerte Aufgabe der Daseinsvorsorge in ihrem Zuständigkeitsbereich ein ausreichendes ÖPNV-Angebot bereitzustellen (vgl. RegG §1). Als Grundlage für diese ÖPNV-Angebotsgestaltung wurde das Rechtsinstrument des Nahverkehrsplans eingeführt (Derichs, 2002; vgl. PBefG §8). Der Nahverkehrsplan hat als mittelfristiger Rahmenplan vor allem koordinierende Funktion und dient als ÖPNV-Fachplan zur Festlegung von Mindeststandards (Barth, 2000). ÖPNV-Planer können ihn als ein ziel-weisendes Instrument zur Sicherung und Verbesserung der Erreichbarkeit von Aktivitäten mit dem ÖPNV einsetzen.

Beschluss oder Kenntnisnahme durch die politisch zuständigen Gremien

Wechselwirkungen

Rückkopplungen

Umsetzung und Wirkungskontrolle

Realisierung des Handlungskonzeptes

1. Realisierungsstufe

2. Realisierungsstufe

. . .

Wirkungskontrolle

Abwägung und Entscheidung

Maßnahmenuntersuchung

Entwicklung von Handlungskonzepten Wirkungsabschätzung

Maßnahmenbewertung

Problemanalyse

Definieren von Zielen und Mindeststandards Bestandsaufnahme

Zustandsbewertung

Vororientierung

Auslöser: Mängelhinweis, Konzeptvorschlag oder gesetzlicher Auftrag

Legende:

Page 9: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

9

3. Erreichbarkeit als planerische Kenngröße Bereits mehrfach wurde der Begriff Erreichbarkeit verwendet, ohne ihn näher zu erklären. In diesem Kapitel wird der Terminus Erreichbarkeit definiert. Anschließend werden Erreichbar-keitsindikatoren als planerische Kenngröße diskutiert. 3.1 Definition von Erreichbarkeit „Accessibility is [...] a slippery notion [...] one of those common terms that everyone uses un-til faced with the problem of defining and measuring it” (Gould, 1969: 64). In der Theorie und Praxis existieren zahlreiche verschiedene Definitionen von Erreichbarkeit, so dass es zum besseren Verständnis unumgänglich erscheint, die dieser Arbeit zugrunde liegende Definition von Erreichbarkeit näher zu erörtern. Das Fehlen einer einheitlichen und exakten Definition von Erreichbarkeit ist darin begründet, dass Erreichbarkeitsanalysen in verschiedenen Disziplinen und bei verschiedenartigen Prob-lemstellungen angewendet werden. Erreichbarkeit kann sowohl als ein räumliches als auch als ein soziales, ökonomisches, psychologisches oder gesetzliches Phänomen betrachtet werden (vgl. Hägerstrand, 1974; vgl. Ruppert, 1975; vgl. Moseley, 1979). Selbst in der Verkehrswis-senschaft, in der Erreichbarkeit hauptsächlich als räumliches Phänomen betrachtet wird, ist eine Unschärfe des Begriffs festzustellen (vgl. Bruinsma und Rietveld, 1998). Erreichbarkeit ist hier als Lagegunst einer Raumeinheit bzw. eines Standortes definiert. Die Analyse der Lagegunst von Standorten erfolgt in der Nahverkehrsplanung vor allem zur Be-wertung der Güte von Verkehrssystemen. Beim Personenverkehr wird die Güte von Ver-kehrssystemen in erster Linie unter Reisezeitgesichtspunkten beurteilt (Schürmann, 1999). Zwar ist die individuelle Bewertung verschiedener Raumüberwindungsmöglichkeiten von einer Vielzahl an Faktoren, wie Zeitaufwand, Reisekosten, Bequemlichkeit etc. abhängig, doch besitzt der Zeitaufwand, welcher im Gegensatz zu den anderen Faktoren nicht substitu-ierbar ist, in einer weitgehend motorisierten Gesellschaft mit hohem Lebensstandard einen besonderen Stellenwert (Michael, 1993). Für die Erreichbarkeit hat somit die Erschließungs- und Verbindungsqualität von Verkehrssystemen die entscheidende Bedeutung. Folgerichtig wird Erreichbarkeit von SCHÜRMANN et al. (1997) daher als das Hauptprodukt eines Trans-portsystems bezeichnet. 3.2 Konzepte zum Messen von Erreichbarkeit Zwei verschiedene Konzepte zum Messen von Erreichbarkeit haben sich in der Verkehrs- und Flächennutzungsplanung behauptet (vgl. Tabelle 2). Während die Lagegunst eines Standortes im ersten Konzept ausschließlich über Parameter des ihn erschließenden Verkehrssystems abgebildet wird, wird die Lagegunst im zweiten Konzept durch die Gelegenheiten an Aktivi-täten, die über das Verkehrssystem erreicht werden können, ausgedrückt. Das erste Konzept wird hier als einfache Erreichbarkeit und das zweite Konzept als integrierte Erreichbarkeit bezeichnet.

Page 10: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

10

Tabelle 2 Konzepte zum Messen von Erreichbarkeit.

Einfache Erreichbarkeit Integrierte Erreichbarkeit

Untersuchungsobjekt Verkehrssystem Verkehrssystem und Siedlungsstruktur

Untersuchungsergebnis Güte des Verkehrssystems Güte des Verkehrssystems und Aktivitätsgelegenheiten

Beispielhafte Aussage „Im Ortsteil A verkehren sechs ÖPNV-Linien pro Stunde.“

„Vom Ortsteil A sind mit dem ÖPNV innerhalb von 20 Minu-ten Reisezeit 30.000 Arbeits-

plätze zu erreichen.“ 3.2.1 Einfache Erreichbarkeit Erreichbarkeit als Lagegunst eines Standortes impliziert immer einen relativen Nutzen für Haushalte oder Unternehmen an diesem Standort (Bökemann, 1999; vgl. Schürmann et al., 2000). Der Nutzen im Konzept der einfachen Erreichbarkeit wird über die Möglichkeit und den Aufwand zur räumlichen Interaktion abgebildet. Je geringer der Aufwand ist, desto grö-ßer ist der Nutzen für Haushalte oder Unternehmen, der durch den Standort und seine Lage im verkehrlichen Netz vermittelt wird. Für Erreichbarkeitsanalysen nach dem Konzept der einfa-chen Erreichbarkeit ist folgerichtig die Erschließungs- und Verbindungsqualität von Ver-kehrssystemen ausschlaggebend. Für die Ermittlung der einfachen Erreichbarkeit muss die Güte des Verkehrssystems abgebil-det werden. Hierzu eignen sich beispielsweise einfache Erreichbarkeitsindikatoren, welche entweder einzelne Ausstattungsmerkmale des Verkehrssystems am untersuchungsrelevanten Standort oder den erforderlichen Aufwand, der benötigt ist, um von einem Quell- zu einem Zielstandort zu gelangen, bemessen. 3.2.2 Integrierte Erreichbarkeit Während mit einfachen Erreichbarkeitsindikatoren entweder die Erschließungs- oder die Ver-bindungsqualität des ÖPNV abgebildet werden kann, stellt das Konzept von integrierter Er-reichbarkeit die räumliche Verteilung der Zielaktivitätsstandorte, die von einem Standort aus über das Verkehrssystem erreicht werden können, in den Vordergrund. „Accessibility is de-termined by the spatial distribution of potential destinations, the ease of reaching each destination, and the magnitude, quality and character of the activities found there“ (Handy und Niemeier, 1997: 1175). Der Nutzen eines Standortes für Haushalte oder Unternehmen resultiert demzufolge aus den Aktivitätsgelegenheiten, die theoretisch von einem Standort aus mit einem für die Verkehrsteilnehmer akzeptablen Aufwand über das Verkehrssystem erreicht und realisiert werden können. Je mehr Gelegenheiten sich bieten, desto größer ist der Nutzen, den der Standort und das Verkehrssystem vermitteln. Mathematisch formuliert ist die integrierte Erreichbarkeit damit ein aus zwei Funktionen be-stehendes Konstrukt, in dem die erste Funktion die von diesem Standort erreichbaren und rea-lisierbaren Aktivitätsgelegenheiten repräsentiert und die zweite Funktion den Aufwand, der

Page 11: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

11

erforderlich ist, um die Aktivitätsgelegenheiten über das Verkehrssystem zu erreichen, be-schreibt:

Dabei ist Ai die Erreichbarkeit des Quellstandortes i, Wj die potenziellen Aktivitäten des Zielstandortes j und cij der Raumüberwindungswiderstand zwischen dem Quellstandort i und dem Zielstandort j. Die Funktion g(Wj) wird als Aktivitätsfunktion und die Funktion f(cij) als Widerstandsfunktion bezeichnet (Wegener et al., 2000). Durch die multiplikative Verknüp-fung der Aktivitäts- und Widerstandsfunktion wird berücksichtigt, dass für die integrierte Er-reichbarkeit sowohl die räumliche Lage der Aktivitätsgelegenheiten als auch die Güte des Verkehrssystems relevant sind. Integrierte Erreichbarkeitsindikatoren eignen sich zur Bewertung von Maßnahmen im Sinne einer integrierten Flächennutzungs- und Verkehrsplanung nach dem Leitbild einer Stadt der kurzen Wege. Hier kann die Analyse der Erreichbarkeit räumliche Disparitäten in der Nahver-sorgung aufdecken und Nutzengewinne oder -verluste durch verkehrsplanerische oder sied-lungsstrukturelle Maßnahmen aufzeigen (Lutter et al., 1993). Eine an dem Konzept von integ-rierter Erreichbarkeit „orientierte Siedlungs- und Verkehrsplanung wird die für die Raum-überwindung notwendigen, letztlich aber begrenzten ökonomischen und ökologischen Res-sourcen vernünftiger verteilen“ (Michael, 1993: 29). Die vermutete Gefahr, dass sich Nahver-kehrspläne lediglich zu einem sektoralen Instrument der ÖPNV-Planung entwickeln könnten (Holz-Rau, 1997b), kann mit dem Einsatz integrierter Erreichbarkeitsindikatoren entschärft werden. Entscheidend wird sein, ob die Untersuchungsergebnisse in den Planungsprozess bei der Zielformulierung, der Bewertung von Alternativen und Maßnahmen und bei der Wir-kungsanalyse einfließen. Hierzu müssen nachvollziehbare integrierte Erreichbarkeitsindikato-ren Einzug in die verkehrsplanerische Praxis halten. 3.3 Kategorien von Erreichbarkeitsindikatoren Erreichbarkeitsindikatoren haben eine zentrale Bedeutung für die Nahverkehrsplanung, da auf ihrer Grundlage vergleichende Analysen und Bewertungen bezüglich der Güte von Verkehrs-systemen durchgeführt werden. Als Bewertungs- und Entscheidungskriterien liefern sie In-formationen über Diskrepanzen zwischen Ist-Werten und den von der Planung und Politik angestrebten Soll-Werten. Aus den direkt aus ihnen gewonnenen Erkenntnissen lassen sich planerische Handlungskonzepte und Maßnahmen ableiteten und deren Wirkungen prognosti-zieren. In integrierten Stadtentwicklungs- und Verkehrssimulationsmodellen sind sie ent-scheidende Einflussgrößen (vgl. Wegener und Fürst, 1999). Damit Planer und entscheidungslegitimierte Politiker die verfügbaren Informationen zur Er-reichbarkeit selbstbestimmt und interaktiv-rückkoppelnd verarbeiten können, sind gewisse Anforderungen an Erreichbarkeitsindikatoren zu stellen. An erster Stelle müssen Erreichbar-keitsindikatoren wie alle planungsrelevanten Indikatoren verständlich, nachvollziehbar und überprüfbar sein (FGSV, 2001a). Bewährt haben sich solche Indikatoren, welche leicht zu erheben und zu verwalten sind. Während für vergleichende Bewertungen bereits ordinal aus-geprägte Indikatoren genügen, sind für interpretierbare Analysen metrisch skalierte Indikato-ren erforderlich. Gerade unter Zuhilfenahme EDV-gestützter Informationsverarbeitungssys-

(Gleichung 1)

Page 12: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

12

teme können mit diesen Indikatoren formalisierte interräumliche und intertemporale Bewer-tungsverfahren relativ einfach durchgeführt werden (vgl. Strassert, 1978). Um die Erreichbarkeit als ein Zielkriterium für die ÖPNV-Planung heranziehen zu können, müssen zweckmäßige Erreichbarkeitsindikatoren ausgewählt werden. In der planerischen Praxis werden zur Bestimmung von Erreichbarkeit zahlreiche verschiedene Erreichbarkeitsin-dikatoren eingesetzt (vgl. Halden et al., 2000; vgl. Overkämping, 2001). Diese werden je nach Fragestellung und Fallbeispiel kombiniert betrachtet und gegebenenfalls zu einem Gesamtin-dikator zusammengefasst. Im Folgenden wird der Versuch unternommen, anhand einer Literaturauswertung verschiede-ne Kategorien von Erreichbarkeitsindikatoren zu identifizieren und zu beschreiben. Ergänzt wird diese Systematisierung der Erreichbarkeitsindikatoren durch eine Auflistung von Bei-spielen und einer kurzen Diskussion ihrer Vor- und Nachteile. 3.3.1 Ausstattungsindikatoren Ausstattungsindikatoren beschreiben die Lagegunst eines Standortes durch die dort befindli-che Anzahl an Verkehrsinfrastruktur und -angebote. Charakteristische Beispiele für Ausstat-tungsindikatoren in der ÖPNV-Planung wären:

- Anzahl der Haltestellen, - Fahrtenanzahl je Richtung und Tag an einer Haltestelle oder - Platzangebot einer ÖPNV-Linie. Bei dem Gebrauch von Ausstattungsindikatoren wird unterstellt, dass an lagegünstigen Stand-orten die Verkehrsinfrastrukturausstattung reichlicher und das Verkehrsangebot größer ist als an lageungünstigeren Standorten. Ausstattungsindikatoren sind dem Konzept der einfachen Erreichbarkeit zuzuordnen, da mit ihnen Erreichbarkeit ausschließlich über die Güte des Verkehrssystems abgebildet werden. Zum Messen der Ausstattungsindikatoren ist zuvor ein Untersuchungsraum festzulegen. Die-ses wird in der Literatur zum Teil als ein Schwachpunkt angesehen, da gerade durch die Ab-grenzung des Untersuchungsraumes das Messergebnis stark beeinflusst werden kann (Rup-pert, 1975). Eine vergleichende Bewertung von Standorten kann zum Beispiel dadurch ver-fälscht werden, dass den Standorten unterschiedlich große Untersuchungsräumen zugeordnet sind. Eine Verbesserung kann durch die Standardisierung nach Fläche oder Bevölkerung er-reicht werden. Ein Beispiel aus der ÖPNV-Planung wäre hierfür der Erreichbarkeitsindikator Haltestellen je 1 000 Einwohner. Ein Manko von Ausstattungsindikatoren ist, dass es nicht möglich ist, verschiedene Verkehrs-systeme miteinander zu vergleichen. Die Anzahl der Haltestellen des ÖPNV-Netzes kann unmöglich der Anzahl an Stadtautobahnanschlüssen im Straßennetz gegenübergestellt werden (Ruppert, 1975). Die Vorteile von Ausstattungsindikatoren liegen dagegen in ihrer verhält-nismäßig einfachen Erhebbarkeit und in ihrer Nachvollziehbarkeit.

Page 13: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

13

3.3.2 Graphentheoretische Indikatoren Bei graphentheoretischen Erreichbarkeitsindikatoren wird das Verkehrsnetz hinsichtlich sei-ner Topologie abstrahiert, welches dem Konzept der einfachen Erreichbarkeit entspricht. Es wird angenommen, dass die Erreichbarkeit eines Standortes umso größer ist, je komplexer das ihn umgebene Verkehrsnetz ist. Zur Bestimmung graphentheoretischer Indikatoren muss da-her zuvor ein räumlicher Einzugsbereich des Standortes festgelegt werden. Die mathemati-sche Beschreibung der Komplexität einer Verkehrsnetzstruktur erfolgt anhand der in diesem Einzugsbereich liegenden graphentheoretischen Grundelemente Knoten, Kanten, Kantenlän-gen und/oder Teilnetze. Beispiele für graphentheoretische Erreichbarkeitsindikatoren in der ÖPNV-Planung wären:

- der den Abstand zwischen Haltestellen wiedergebende Indikator η oder - der das Entwicklungsniveau eines Eisenbahnnetzes wiedergebende Indikator π,

wobei der Indikator η aus der Division der Gesamtweglänge im Netz durch die Anzahl der Netzknoten und der Indikator π aus der Division der Gesamtwegelänge im Netz durch die Länge des Netzdurchmessers gebildet werden kann (Bökemann, 1999). Graphentheoretische Erreichbarkeitsindikatoren werden vor allem in der Geographie verwen-det und dienen überwiegend dem Vergleich von Verkehrsnetzen im großmaßstäblichen Be-reich. Nachteilig sind fehlende Aussagen über die Kapazitäten und Raumüberwindungswider-stände dieser Netzelemente. 3.3.3 Konnektivitätsindikatoren Konnektivitätsindikatoren sind ein Maß für den graphentheoretischen Verbindungszusam-menhang in Verkehrsnetzen. Sie sind dem Konzept der einfachen Erreichbarkeit zuzuschrei-ben. Die Erreichbarkeit eines Standortes wird durch die Anzahl benutzter oder benutzbarer Elemente im Verkehrsnetz abgebildet, um von einem Quellstandort zu einem Zielstandort zu gelangen. Beispiele für Konnektivitätsindikatoren in der ÖPNV-Planung wären:

- Anzahl der zu durchfahrenden Haltestellen auf dem Weg vom Quell- zum Zielstandort, - Anzahl der notwendigen Umsteigevorgänge auf dem Weg vom Quell- zum Zielstandort

oder - Anzahl der ÖPNV-Linien, welche vom Quell- zum Zielstandort führten. Der Vorteil von Konnektivitätsindikatoren liegt im Einbeziehen der verkehrlichen Verflech-tungen. Doch obwohl zu ihrer Bestimmung Routensuchalgorithmen angewendet werden, bleiben Raumüberwindungswiderstände unberücksichtigt. Konnektivitätsindikatoren haben daher in erster Linie beschreibende Funktion und dienen als Hilfe für die verbale Argumenta-tion über qualitative Unterschiede in der Erschließungs- und Verbindungsqualität von Ver-kehrsnetzen (Ruppert, 1975). 3.3.4 Reiseaufwandsindikatoren Mit Reiseaufwandsindikatoren lässt sich die Lagegunst eines Standortes über Raumüberwin-dungswiderstände wiedergeben. Die Ermittlung der Raumüberwindungswiderstände kann auf zwei verschiedene Arten erfolgen. Zum einen kann die Berechnung über die geographische

Page 14: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

14

bzw. euklidische Distanz, zum Beispiel als Luftlinienentfernung, durchgeführt werden. Auf diese Art berechnete Reiseaufwandsindikatoren werden in der Literatur auch als Distanzindi-katoren bezeichnet (vgl. Makri und Folkesson, 1999). Zum anderen können Raumüberwin-dungswiderstände graphentheoretisch über die Kantenwiderstände in einem Verkehrsnetz, zum Beispiel als Reisezeit, Reisekosten oder generalisierte Kosten, ermittelt werden (vgl. Wegener et al., 2000). Mit dem Einzug der elektronischen Datenverarbeitung in die Pla-nungspraxis werden heutzutage vorwiegend Routensuchprogramme eingesetzt. Reiseauf-wandsindikatoren können sowohl dem Konzept der einfachen Erreichbarkeit als auch dem der integrierten Erreichbarkeit zugeordnet werden. Einfache Reiseaufwandsindikatoren beschreiben die Erreichbarkeit eines Standortes über die Raumüberwindungswiderstände zwischen Knoten in einem Verkehrsnetz. RUPPERT (1975) nennt diese einfachen Reiseaufwandsindikatoren daher Zugänglichkeitsindizes. Die Lage-gunst eines Standortes wird entweder durch den Raumüberwindungswiderstand zwischen die-sem und einem anderen Knoten oder durch die Summe oder das arithmetische Mittel aller Raumüberwindungswiderstände zwischen diesem und sämtlichen in dem Verkehrsnetz gele-genen anderen Knoten ermittelt (Ingram, 1971). Die Erreichbarkeit eines Standortes ist umso höher, je geringer der einzelne oder summierte Raumüberwindungswiderstand ist. Beispiele für einfache Reiseaufwandsindikatoren in der ÖPNV-Planung wären:

- Reisezeit vom Bahnhof zur Haltestelle Stadtpark, - Reisezeitverhältnis zwischen MIV und ÖPNV vom Bahnhof zum Stadtpark oder - mittlere Reisezeit vom Bahnhof zu allen anderen Haltestellen,

In der Nahverkehrsplanung sind einfache Reiseaufwandsindikatoren beliebt, weil sie die Güte eines Verkehrssystems anschaulich wiedergeben können und leicht zu interpretieren sind. Sie entsprechen am ehesten der Anwendung des Begriffs Erreichbarkeit im allgemeinen Sprach-gebrauch. Eine gängige Form der Visualisierung solcher einfacher Erreichbarkeitsindikatoren sind Iso-chronen-Karten (vgl. Karte 2), mit denen zum Beispiel Reisezeitvergleiche zwischen ver-schiedenen Ausbaustufen vorgenommen werden können. Oftmals dienen einfache Reiseauf-wandsindikatoren hierbei als Argumentationshilfe für verkehrliche Infrastrukturausbaumaß-nahmen. Ihr wesentlicher Nachteil besteht allerdings darin, dass sie die Ursachen für Verkehr außer Acht lassen. Der Übergang der Reiseaufwandsindikatoren von dem Konzept der einfachen Erreichbarkeit zu dem Konzept der integrierten Erreichbarkeit ist fließend. De facto spielt bei der Berech-nung einfacher Reiseaufwandsindikatoren die Flächennutzung zwar keine Rolle, dennoch können auch hinter Knoten im Verkehrsnetz bestimmte Nutzungen vermutet werden. Beson-ders deutlich wird dies bei dem Reiseaufwandsindikator Reisezeit in die Innenstadt. Die In-nenstadt wird zwar als Knoten in einem Verkehrsnetz behandelt, dennoch wird mit dem Ziel der Innenstadt unterstellt, dass sich dort aufgrund ihrer zentralörtlichen Bedeutung vielfältige Aktivitätsgelegenheiten akkumulierten. Reiseaufwandsindikatoren nach dem Konzept der integrierten Erreichbarkeit berücksichtigen generell sowohl die Güte des Verkehrssystem als auch die räumliche Lage der Aktivitäts-standorte. Da sie auf der Hypothese beruhen, dass je nach Zielgruppe und Reisezweck nicht sämtliche Aktivitäten, sondern nur eine bestimmte Auswahl von Aktivitäten von Interesse seien (Wegener et al., 2000), müssen im Vorfeld ihrer Berechnung die relevanten Zielaktivitä-

Page 15: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

15

ten bestimmt werden. In Analogie zu den einfachen Reiseaufwandsindikatoren wird die La-gegunst eines Standortes durch den gesamten oder mittleren Reiseaufwand ausgedrückt, der benötigt wird, um von einem Quellstandort zu den zuvor festgelegten Zielaktivitätsstandorten zu gelangen. Beispiele für integrierte Reiseaufwandsindikatoren in der ÖPNV-Planung wären:

- mittlere Reisezeit zu bestimmten Schuleinrichtungen im Schülerverkehr oder - Summe der Reisezeiten zu bestimmten Verwaltungsstellen. Integrierte Reiseaufwandsindikatoren eignen sich insbesondere für vergleichende Bewertun-gen mehrerer Standorte oder verschiedener Zeiträume. Zwar sind sie ebenfalls sehr anschau-lich und leicht zu interpretieren, jedoch sind ihre Ergebnisse stark von der festgelegten Aus-wahl an Aktivitätszielen abhängig. Dieser Umstand wird in der Literatur als problematisch angesehen, da es nach wie vor an wissenschaftlich begründeten Normierungen mangelt (Rup-pert, 1975; vgl. Schürmann et al., 1997). 3.3.5 Reisebudgetindikatoren Mit Reisebudgetindikatoren wird die Anzahl an Aktivitätsgelegenheiten gemessen, welche innerhalb eines begrenzten Reisebudgets erreicht werden können. Sie basieren auf der Akti-onsraumtheorie und der Hypothese von der Konstanz des Reisebudgets (Zahavi, 1974; Zahavi et al., 1981). Demnach sind Individuen in ihrem Verkehrsverhalten nicht dadurch bestimmt, ihren Verkehrsaufwand zu minimieren, sondern vielmehr bemüht, im Rahmen ihrer für die Raumüberwindung zur Verfügung stehenden Zeit- und Geldbudgets den individuellen Akti-onsraum auszuweiten (Wegener, 1999; vgl. Schmitz, 2001). Vor allem in der englischspra-chigen Literatur werden Reisebudgetindikatoren daher auch als cumulative-opportunity indi-ces bezeichnet (Halden et al., 2000). Sie zählen zu dem Konzept der integrierten Erreichbar-keitsindikatoren und können sowohl angebots- als auch nachfrageorientiert sein. In der angebotsorientierten Form wird die Erreichbarkeit durch die Anzahl an Aktivitätsgele-genheiten bemessen, die von einem Standort innerhalb eines definierten Reisebudgets erreicht werden können. Dieses Konzept des angebotsorientierten Reisezeitbudgetindikators wurde erstmals von TÖRNQVIST (1970) in der Regionalwissenschaft angewandt. Um geschäftliche Interaktionsmöglichkeiten abzubilden, wurden die innerhalb von fünf Stunden Reisezeit von einem Standort aus erreichbaren Personen summiert. Da sich dieser Reisezeitbudgetindikator am Geschäftsreisenden orientiert, „der innerhalb eines Tages zu einem anderen Ort reist, seine Geschäfte dort erledigt und abends zurückkehrt“, bezeichnet man ihn auch als Tägliche Er-reichbarkeit (Wegener et al., 2000: 38). In der ÖPNV-Planung wären Beispiele für angebots-orientierte Reisezeitbudgetindikatoren:

- Anzahl der vom Bahnhof innerhalb von 30 Minuten Reisezeit erreichbaren Arbeitsplätze oder

- Anzahl der von einem Standort innerhalb von einer Stunde erreichbaren Freizeiteinrich-tungen.

In der nachfrageorientierten Form wird die Erreichbarkeit eines Standortes anhand des inner-halb der maximalen Reisezeit existierenden Nachfragepotenzials bestimmt. Mit diesem auch Allokationsindikator genannten Reisebudgetindikator lassen sich zum Beispiel Einzugsberei-che von infrastrukturellen Einrichtungen oder Absatzmärkte von Vertriebseinrichtungen ab-schätzen (Schürmann et al., 2000). In der ÖPNV-Planung wird dieser Erreichbarkeitsindika-tor häufig dann eingesetzt, wenn das ÖPNV-Nachfragepotenzial im Einzugsbereich einer Hal-

Page 16: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

16

testelle untersucht werden soll. Hieraus lässt sich für das Untersuchungsgebiet anschließend der gesamte Erschließungsgrad des ÖPNV herleiten, in dem die Bevölkerungszahl innerhalb der Einzugsbereiche von Haltestellen der Gesamtbevölkerungszahl gegenübergestellt wird. Weitere Beispiele für nachfrageorientierte Reisezeitbudgetindikatoren in der ÖPNV-Planung wären:

- Anzahl der das Schwimmbad in maximal 30 Minuten Reisezeit erreichenden Bevölkerung, - Anzahl der Einwohner, welche zu Fuß in maximal acht Minuten die nächstgelegene Halte-

stelle erreichen oder - Anzahl der in einem maximalen Radius von 300 Metern von einer Haltestelle entfernt

wohnenden Personen. Der Vorteil von Reisebudgetindikatoren liegt im verständlichen und einfach zu interpretieren-den Resultat, insbesondere dann, wenn die Anzahl der innerhalb einer gegeben Reisezeit er-reichbaren Personen aufsummiert wird. Jedoch sind die Ergebnisse von Reisebudgetindikato-ren stark von der Begrenzung des Reisebudgets abhängig. Vereinzelt wird in der Literatur daher bemängelt, dass mit Ausnahme der Reisezeit fundierte und universelle Theorien oder Methoden zur Bestimmung von Reisebudgetgrenzen bisher fehlten (Ruppert, 1975; Makri und Folkesson, 1999). 3.3.6 Potenzialindikatoren Potenzialindikatoren basieren auf der Annahme, „dass die Attraktivität von Gelegenheiten mit deren Größe steigt, aber mit wachsendem Reiseaufwand sinkt“ (Wegener et al., 2000: 38; vgl. Bökemann, 1999). Potenzialindikatoren gehören dem Konzept der integrierten Erreichbarkeit an. Im Vergleich zu den Reiseaufwands- oder den Reisebudgetindikatoren können Potenzial-indikatoren das Verkehrsverhalten besser wiedergeben. Die Erreichbarkeit eines Standortes wird nicht durch festgelegte Grenzen in der Aktivitäts- oder Widerstandsfunktion bestimmt, sondern durch eine entfernungsabhängige Akzeptanzwahrscheinlichkeit ausgedrückt. „Acces-sibility refers to the ease with which people are able to obtain (i.e. gain access) goods and ser-vices that they desire“ (Robinson, 1990: 351). Die Erreichbarkeit wird aus der Summe aller über den Raumüberwindungswiderstand gewichteten Gelegenheiten berechnet (Schürmann et al., 2000). Potenzialindikatoren eignen sich zum Aufzeigen gesamträumlicher Disparitäten, werden bis-her jedoch vorwiegend auf regionaler, nationaler oder europäischer Ebene eingesetzt. Der Grund, weswegen Potenzialindikatoren hauptsächlich in der Forschung und seltener in der Planungspraxis genutzt werden, ist darin begründet, dass ihre Parameter nach stochastischen Prinzipien relativ aufwendig kalibriert werden müssen, um realistische Ergebnisse liefern zu können. Ein Nachteil ist, dass ihre Ergebnisse nicht so einfach wie zum Beispiel integrierte Reiseaufwands- oder Reisebudgetindikatoren mit geläufigen physikalischen Messergebnissen zu interpretieren sind. Die Erreichbarkeit eines Standortes wird mit einem Potenzialindikator nicht durch die Anzahl der Gelegenheiten oder durch eine Reisezeit ausgedrückt, sondern zu-meist relativ, zum Beispiel als Prozentsatz der durchschnittlichen Erreichbarkeit aller Stand-orte in einer Untersuchungsregion wiedergegeben (Schürmann et al., 1997).

Page 17: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

17

4. Erreichbarkeitsindikatoren in der ÖPNV-Planung Nachdem Erreichbarkeit als planerische Kenngröße und verschiedenen Möglichkeiten zum Messen erörtert wurden, richtet sich der Blick in diesem Kapitel auf die in der Planungspraxis tatsächlich angewandten Erreichbarkeitsindikatoren. 4.1 Evaluation von Nahverkehrsplänen Um einen umfassenden Einblick in die Anwendung von Erreichbarkeitsindikatoren in der Planungspraxis zu erhalten, wurden 31 nordrhein-westfälische Nahverkehrspläne ausgewertet (vgl. Tabelle 3). Alle Nahverkehrspläne gehören der so genannten ‚ersten Generation’ an. 80 Prozent wurden entweder federführend von Planungsbüros oder unter Zuhilfenahme externer Beratung erstellt. Tabelle 6 gibt einen genauen Überblick über die evaluierten Nahverkehrs-pläne. Tabelle 3 Ausgewertete nordrhein-westfälische Nahverkehrspläne erster Generation.

Gesamtzahl Ausgewertet Anteil

Zweckverbände 9 2 22 %

Kreisfreie Städte 22 14 64 %

Kreise 28 15 54 %

NRW, gesamt 59 31 53 % 4.2 Verwendete Erreichbarkeitsindikatoren Bevor die Diskussion der Stärken und Schwächen der in den Nahverkehrsplänen angewand-ten Erreichbarkeitsindikatoren stattfindet, werden zunächst allgemeine Ergebnisse der Aus-wertung dargelegt. Anschließend folgt eine zusammenfassende Bewertung. 4.2.1 Allgemeine Auswertung Als ein erstes überraschendes Ergebnis der Untersuchung lässt sich festhalten, dass vielerorts für die Bestandsaufnahme zwar Erreichbarkeitsindikatoren erhoben wurden, auf diese im wei-teren Planungsprozess jedoch nicht weiter zurückgegriffen wurde. Bereits erhobene Erreich-barkeitsindikatoren flossen so in die Bestands- und/oder Maßnahmenbewertung nicht mit ein. Ein Grund hierfür liegt darin, dass größtenteils nur vage, qualitative Formulierungen zu einem angemessenen ÖPNV-Angebot gemacht wurden (Derichs, 2002). Auch der zur Unterstützung der Aufgabenträger vom Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (MWMEV) im Jahr 1997 herausgegebene Leitfaden für die Aufstellung von Nahverkehrsplänen enthält hierzu keine konkreteren Ausgestaltungsvor-schläge. Tabelle 4 zeigt den für eine normative Festlegung eines angemessenen ÖPNV-Angebots enthaltenen Zielkatalog, an dem sich Aufgabenträger orientieren konnten. Es wur-

Page 18: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

18

den zwar Zielindikatoren zur Ermittlung der Erreichbarkeit aufgelistet, allerdings wurden bes-tenfalls allgemeine Hinweise für deren weiteren Gebrauch im Planungsprozess gegeben. So wurde aufgeführt, dass für die empfohlenen Zielindikatoren zur Ausfüllung der Definition eines angemessenen ÖPNV-Angebots Mindeststandards gesetzt werden müssten. Hierzu wird vorgeschlagen, diese Mindeststandards möglichst als quantitative Sollwerte zu formulieren, sofern es Detaillierungsgrad und Qualität der Datenbasis erlaubten (MWMEV, 1997). Tabelle 4 Zielkatalog für die Aufstellung von Nahverkehrsplänen (angelehnt an MWMEV, 1997).

Ziele

- Erreichbarkeit von Aktivitäten mit dem ÖPNV - Modale Verlagerung vom MIV auf den ÖPNV

Strategien Zielindikatoren

Verbesserung der Erschließungs- und Verbindungsqualität

des ÖPNV

- Erreichbarkeit von Haltestellen und Bahnhöfen - Erreichbarkeit von Stadt- und Gemeindezentren - Erreichbarkeit übergeordneter zentraler Orte - Umsteigehäufigkeit von Verbindungen - Direktheit von Verbindungen - Bedienungshäufigkeit - Vertaktung - Anschlusssituation - Beförderungsgeschwindigkeit

Verbesserung der ÖPNV-Beförderungsqualität

- Fahrzeugausstattung - Platzangebot - Produktpalette - Fahrgastinformation - Tarifsystem - Vertriebssystem - Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit - Sauberkeit

Einschränkung der MIV-Angebotsqualität

- Parkplatzverfügbarkeit - Parkraumbewirtschaftung - Zulässige Höchstgeschwindigkeit - Straßenkapazität - PKW-Verfügbarkeit

ÖPNV-Finanzierung - Umfang der ÖPNV-Finanzierung - Einsatz von Eigenmitteln - Einsatz von Fremdmitteln

Bei der Benutzung von Erreichbarkeitsindikatoren fehlten der Planung somit die für eine Zu-standsbewertung benötigten quantitativen Mindeststandards, anhand derer sich Handlungs-konzepte zur Sicherung und Verbesserung der Erreichbarkeit von Aktivitäten mit dem ÖPNV ableiten ließen. In einem Drittel der Nahverkehrspläne wird von den Erstellern eine Konkreti-sierung daher explizit eingefordert.

Page 19: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

19

In der Regel wurde daher auf verkehrsplanerische Erfahrungswerte zurückgegriffen. Vielfach wurden allgemein anerkannten Qualitätsstandards herangezogen, wie zum Beispiel die vom Verband Öffentlicher Verkehr (VÖV) im Jahr 1981 herausgegebenen Empfehlungen für einen Bedienungsstandard im ÖPNV (VÖV, 1981). In dieser Rahmenrichtlinie werden im Wesent-lichen ein gleichwertiges ÖPNV-Angebot nach dem zentralörtlichen Achsenkonzept propa-giert und gangbare Mindeststandards für die Erschließungs- und Verbindungsqualität des ÖPNV genannt. Tabelle 5 Angemessene Bedienungsstandards im ÖPNV (VÖV, 1981).

Einzugsbereiche von Haltestellen

Busse/Straßenbahnen U-Bahnen/S-Bahnen

Kernzone 300 m 400 m Kernrandzone 600 m 500 m

Außenzonen 1000 m 800 m Oberzentrum

Ortsteile 1000 m 1200 m Kernzone 400 m 600 m

Außenzone 600 m - Mittelzentrum

Ortsteile 1000 m -

Zentraler Bereich 600 m 800 m Ortsteile 1000 m - Unter-/Kleinzentrum

Gemeinde/Ort 1000 m 1200 m

Fahrzeugfolgezeiten

NVZ SVZ

Hauptachse 15 (20) Min. 30 (40) Min. Nebenachse 20 (40) Min. 40 (60) Min.

Für eine Maßnahmenbewertung wurde in 65 Prozent der untersuchten Fälle der Erreichbar-keitsindikator Reisezeit zu zentralen Orten/in die Innenstadt am häufigsten angewandt. Zur Veranschaulichung wurden Isochronenkarten gezeigt. In etwa einem Viertel der Nahver-kehrspläne wurden (zusätzliche) Berechnungen mit Verkehrssimulationsmodellen durchge-führt. Eine insgesamt gestiegene Nachfrage weist auf eine Verbesserung des ÖPNV-Angebots hin. Es wurden jedoch die Auswirkungen geplanter Maßnahmen nur selten miteinander ver-glichen. Insgesamt muss daher konstatiert werden, dass so die meisten Planungen wenig transparent und nachvollziehbar gegenüber entscheidungslegitimierten Politikern und interes-sierten Bürgern blieben. Einen vollständigen Überblick über die in den evaluierten Nahverkehrsplänen verwendeten Erreichbarkeitsindikatoren gibt Tabelle 6.

Page 20: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

20

Tabelle 6 Erreichbarkeitsindikatoren in nordrhein-westfälischen Nahverkehrsplänen.

Aufgabenträger Verwendete Erreichbarkeitsindikatoren Einfache Indikatoren Integrierte Indikatoren

Anz

ahl d

er H

alte

stel

len

bzw

. ÖPN

V-L

inie

n

Läng

e de

s ÖPN

V-N

etze

s

Anz

ahl d

er e

inge

setz

ten

ÖPN

V-F

ahrz

euge

Fahr

zeug

-km

-Lei

stun

g

Einz

ugsb

erei

che

von

Hal

test

elle

n EW

-Nac

hfra

gepo

tenz

ial

an H

alte

stel

len

Ersc

hlie

ßung

sgra

d de

s ÖPN

V

Fahr

zeug

folg

ezei

ten

Bed

ienu

ngsz

eitra

um

Fahr

tzei

ten

zu

Hal

test

elle

n de

s SPN

V

Rei

seze

itver

hältn

is

MIV

/ÖPN

V

Um

stei

geno

twen

digk

eite

n

Um

stei

gew

arte

zeite

n

Auf

listu

ng a

nzub

inde

nder

A

ktiv

itäts

stan

dorte

R

eise

zeit

zu z

entra

len

O

rten/

in d

ie In

nens

tadt

R

eise

gesc

hwin

digk

eit z

u ze

n-ra

len

Orte

n/in

die

Inne

nsta

dt

Gew

icht

ete

mitt

lere

Rei

seze

it zu

zen

trale

n O

rten

ZV Münsterland X X X X X X X ZV Paderb.-Höxter X X X X X X X X X X X X KR Coesfeld X X X X X X KR Düren X X X X X X X X KR Ennepetal-Ruhr X X X X X X X X X KR Oberbergischer X X X X X X X KR Gütersloh X X X X X X X X X X X X KR Lippe X X X X X X X X X X KR Mettmann X X X X X X X KR Minden-Herf. X X X X X X X X KR Märkischer X X X X X X X X KR Neuss X X X X X X X KR Soest X X X X X X X X X KR Rhein-Sieg X X X X X X X X KR Viersen X X X X X X X X X KR Warendorf X X X X X X X KR Wesel X X X X X X X X X X X X X X ST Aachen1 X X X X X X X X X X X X ST Bielefeld X X X X X X X X X X ST Bottrop X X X X X X X X X X X X ST Duisburg X X X X X X X X X X ST Gelsenkir- X X X X X X X X X ST Hagen X X X X X X X X X X X ST Hamm1 X X X X X X ST Herne X X X X X X X X ST Köln X X X X X X X X X X X X X ST Krefeld X X X X X X X X X ST M’gladbach X X X X X X X X X X ST Mülheim X X X X X X X ST Oberhausen X X X X X X X X X ST Solingen X X X X X X X X X

Legende: ST Kreisfreie Stadt 1 Es lag nur eine Kurzfassung vor. KR Landkreis

ZV Zweckverband

Page 21: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

21

4.2.2 Diskussion der Stärken und Schwächen In diesem Abschnitt werden die in den nordrhein-westfälischen Nahverkehrsplänen verwen-deten Erreichbarkeitsindikatoren jeweils separat auf ihre Stärken und Schwächen untersucht. Dabei fokussiert sich die Diskussion auf eine kurze Beschreibung, die Handhabbarkeit und die Funktionalität des jeweiligen Erreichbarkeitsindikators. Hierzu wird unterschieden, ob der Erreichbarkeitsindikator

- die Erschließungsqualität des ÖPNV-Angebots, - die Verbindungsqualität des ÖPNV-Angebots oder - die Erreichbarkeit von Aktivitäten mit dem ÖPNV

abbildet. Die separate Erörterung jedes einzelnen Erreichbarkeitsindikators entspricht nur bedingt der Verwendungsweise in der verkehrsplanerischen Praxis. Erreichbarkeitsindikatoren werden zwar oft separat erhoben und ausgewertet, es erfolgt in der Regel jedoch abschließend eine verbal-argumentative Gesamtbeurteilung. Durch die Diskussion der Stärken und Schwächen der einzelnen Erreichbarkeitsindikatoren wird daher an dieser Stelle vielmehr der Versuch unternommen, grundlegende Erkenntnisse für die Gesamtbeurteilung und weitergehende Rückschlüsse für den Gebrauch von Erreichbarkeitsindikatoren in der ÖPNV-Planung herzu-leiten. Das Bemessen der Anzahl der Haltestellen in einem Untersuchungsraum dient der Abschät-zung der Erschließungsqualität. Es wird angenommen, dass mit einer steigenden Haltestellen-dichte der Zugang zum ÖPNV-Angebot erleichtert wird und die Attraktivität des ÖPNV für den Benutzer steigt. Allerdings können keine Aussagen zur Verbindungsqualität und damit zur Erreichbarkeit von Aktivitäten getroffen werden. Durch eine steigende Haltestellendichte können unter Umständen sogar die Reisegeschwindigkeit und die Erreichbarkeit von Aktivitä-ten sinken. Der Ausstattungsindikator Anzahl der Haltestellen sollte daher eher deskriptiv verwendet werden. Der Vorteil des Indikators liegt darin, dass er sehr einfach zu erheben ist. Durch die Anzahl der Linien wird versucht, sowohl die Erschließungsqualität als auch die Verbindungsqualität des ÖPNV-Angebots wiederzugeben. So wird unterstellt, dass bei stei-gender Linienanzahl die Umsteigehäufigkeiten von Verbindungen sinken, die Fahrzeugfolge-zeiten sich verkürzen und die Erschließungsbereiche sich erhöhen. Allerdings sind diese An-nahmen derart ungewiss, dass sich auch dieser ebenfalls einfach zu erhebende Ausstattungs-indikator lediglich zu deskriptiven Zwecken eignet. Mit der Angabe der Anzahl der eingesetzten Fahrzeuge wird versucht, die Verbindungsquali-tät des ÖPNV-Angebots abzubilden. Durch einen Fahrzeugmehreinsatz sinken wegen kürze-rer Fahrzeugfolgezeiten die Wartezeiten und dadurch die Reisezeiten. Die Attraktivität des ÖPNV-Angebots steigt. Eine Lokalisierung von Veränderungen in der Verbindungsqualität kann durch diesen Ausstattungsindikator allerdings nicht erfolgen. Wie allgemein bei Ausstat-tungsindikatoren üblich, ist die Erhebung der eingesetzten Fahrzeuge relativ einfach zu be-werkstelligen. Die Fahrzeugleistung in Kilometern gibt vor allem die Angebotsqualität des ÖPNV wieder. Eine Verbesserung des ÖPNV-Angebots durch eine erhöhte Fahrzeugleistung resultiert ent-weder aus einer gestiegenen Bedienungshäufigkeit, zum Beispiel durch die Ausweitung des

Page 22: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

22

Bedienungszeitraums, oder aus einer veränderten Linienführung. Da dieses jedoch unmittel-bar und direkt durch die dementsprechenden Erreichbarkeitsindikatoren auszudrücken ist, sollte dieser Ausstattungsindikator nur deskriptiv und als Ergänzung genutzt werden. Der Erreichbarkeitsindikator Einzugsbereiche von Haltestellen bildet die Erschließungsquali-tät des ÖPNV in einem Untersuchungsgebiet ab. Die Einzugsbereiche werden im Allgemei-nen durch die Luftlinienentfernung bestimmt, indem Kreise mit dem als zumutbar geltenden Entfernungsmaß als Radius um die Haltestellen gelegt werden. Erschließungslücken sind durch diese einfache Darstellungsart leicht vermittelbar. Zu beachten ist, dass mit diesem Er-reichbarkeitsindikator allein keine Aussagen über die Verbindungsqualität des ÖPNV-Angebots an den Haltestellen und damit über die Erreichbarkeit von Aktivitäten zu treffen sind. Im Gegenteil kann eine Verbesserung der Erschließungsqualität unter Umständen eine Verschlechterung der Verbindungsqualität zur Folge haben. Mit dem Einwohnernachfragepotenzial an Haltestellen wird die Erschließungsqualität von ÖPNV-Netzen untersucht. Anhand dieses komplexen Erreichbarkeitsindikators kann so von der ÖPNV-Planung die Lage von Haltestellen optimiert und zugleich die Wirtschaftlichkeit von ÖPNV-Linien analysiert werden. Die Verknüpfung der räumlichen Einzugsbereiche von Haltestellen mit den Einwohnerzahlen befürwortet zwecks einfacherer Erhebbarkeit den Ein-satz von GIS. OVERKÄMPING (2001) demonstrierte dies beispielhaft mit einer fußwegesensiti-ven Analyse des Einwohnernachfragepotenzials von Haltestellen in Münster. Durch die allei-nige Betrachtung des Nachfragepotenzials an den Haltestellen können mit diesem integrierten Erreichbarkeitsindikator jedoch keine Aussagen zur Verbindungsqualität und zur Erreichbar-keit von Aktivitäten getroffen werden. Der Erreichbarkeitsindikator Erschließungsgrad bildet die Erschließungsqualität des ÖPNV in einem Untersuchungsraum ab. Mit dem Erschließungsgrad wird der Anteil der Bevölke-rung, welcher innerhalb der festgelegten Einzugsbereiche von Haltestellen lebt, zur Gesamt-bevölkerung bemessen. Ebenso wie beim Nachfragepotenzial an Haltestellen vereinfacht und präzisiert der Einsatz eines GIS den Gebrauch dieses Erreichbarkeitsindikators erheblich. Wegen seiner Verständlichkeit eignet sich der Indikator Erschließungsgrad bestens als Ziel-kriterium für ein politisches Anforderungsprofil zur Erschließungsqualität des ÖPNV. Aufga-benträger können eine Einwohnerzahl anstreben, die als Minimum vom ÖPNV erschlossen werden soll. Aussagen zur Verbindungsqualität und zur Erreichbarkeit von Aktivitäten lassen sich allerdings nicht treffen. Die Fahrzeugfolgezeiten geben Anhaltspunkte über die Verbindungsqualität des ÖPNV-Angebots wieder. Kurze Fahrzeugfolgezeiten können die Wartezeiten sowohl beim Erstein-stieg als auch beim Umsteigen senken. Da dadurch die Attraktivität des ÖPNV-Angebots ver-bessert wird, führen diesbezügliche Maßnahmen zu Nachfragesteigerungen. Diese elementare Bedeutung für die Angebotsgestaltung erklärt, weswegen dieser Erreichbarkeitsindikator in allen evaluierten nordrhein-westfälischen Nahverkehrsplänen als ein Hauptkriterium für die Festlegung eines angemessenen ÖPNV-Angebots angewandt wurde (vgl. Tabelle 6). Seitens der Politik sollten relationsbezogene Mindestakte festgelegt werden. Mit diesem Erreichbar-keitsindikator kann jedoch nicht beschrieben werden, welche Bereiche vom ÖPNV erschlos-sen sind und welche Aktivitäten erreicht werden können. Der Indikator Bedienungszeitraum spiegelt die zeitliche Verbindungsqualität des ÖPNV-Angebots wider. Durch diesen Indikator wird wiedergegeben, wann die Erreichbarkeit von

Page 23: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

23

Aktivitäten mit dem ÖPNV gewährleistet ist. Für die Formulierung eines ausreichenden Ver-kehrsangebots seitens der Politik wird gefordert, dass unbedingt Aussagen zur Bedienung in der Schwachverkehrszeit getroffen werden (Derichs, 2002). Über die räumliche Erschlie-ßungsqualität des ÖPNV kann dieser einfache Erreichbarkeitsindikator keinen Aufschluss geben. Der Reiseaufwandsindikator Fahrtzeit zu Haltestellen des SPNV ist ein Maß für die Verbin-dungsqualität des interkommunalen ÖPNV-Angebots. Vor allem für Pendlerverkehre ist dies von Belang. Bei diesem einfachen Erreichbarkeitsindikator wird angenommen, dass kürzere Fahrtzeiten die gesamte Reisezeit senken und dadurch die Attraktivität und die Nachfrage nach ÖPNV-Angeboten steigen. Die gleichzeitige Betrachtung des straßengebundenen ÖPNV und des SPNV untermauert die Forderung zur Abstimmung des straßengebundenen ÖPNV mit dem SPNV in den Nahverkehrsplänen. Die Erreichbarkeit von Aktivitäten kann allerdings durch diesen Erreichbarkeitsindikator nicht abgebildet werden. Das Reisezeitverhältnis zwischen MIV und ÖV liefert einen Vergleich für die Konkurrenzfä-higkeit des ÖPNV zum MIV auf bestimmten Verbindungen. Hinweise auf den Modal-Split können gegeben werden. Als Erreichbarkeitsindikator eignet er sich besonders zur Abschät-zung von Verkehrsverlagerungspotenzialen. Politisch festgesetzte Mindeststandards, zum Beispiel den ÖPNV mit ein anzustrebendes Reisezeitverhältnis von 1:1 oder besser als Vor-rangsystem zu etablieren, können das Ziel der Verkehrsverlagerung vom MIV auf den ÖPNV stützen. Sowohl Restriktionen für den MIV als auch Verbesserungen beim ÖPNV werden mit diesem Erreichbarkeitsindikator erfasst. Für die Berechnung der Reisezeiten mit dem MIV und dem ÖPNV können EDV-Programme zur Routenberechnung eingesetzt werden. Mit der Bemessung der Umsteigenotwendigkeiten wird die Verbindungsqualität des ÖPNV abgebildet. Muss auf bestimmten Verbindungen einmal oder mehrmals umgestiegen werden, so kann dies die Attraktivität des ÖPNV-Angebots spürbar senken. Der Erreichbarkeitsindika-tor kann anhand des Fahrplans leicht erhoben werden und ist bei der ÖPNV-Liniennetzplanung zu berücksichtigen. Mit ihm können jedoch keine Angaben über die Fahrt-zeit und Direktheit von Verbindungen wiedergegeben werden. Mit den Umsteigewartezeiten wird die Verbindungsqualität des ÖPNV auf bestimmten Rela-tionen abgebildet. Ein Zweck der Nahverkehrspläne besteht in der Koordination des ÖPNV-Angebots. Kurze Umsteigewartezeiten reduzieren den Reiseaufwand und erhöhen damit die Attraktivität des ÖPNV. Die Wirkung von Umsteigewartezeiten auf die Erreichbarkeit von Aktivitäten kann mit diesem Erreichbarkeitsindikator allerdings nicht wiedergegeben werden. Die verbal-argumentative Auflistung anzubindender Ziele kann für die Bestimmung der Er-reichbarkeit von Aktivitäten mit dem ÖPNV herangezogen werden. Für den integrierten Rei-seaufwandsindikator, bei dem in der Regel die Reisezeit zu einer definierten Auswahl an Ak-tivitätszielen ermittelt wird, ist die Auflistung der anzubindenden Ziele unerlässlich. Gegebe-nenfalls können die Aktivitätsziele durch eine Prioritätenliste ausdifferenziert werden. Von der Politik sollten zumindest alle ÖPNV-relevanten öffentlichen Einrichtungen, welche vom ÖPNV erschlossen sein sollen, durch diesen Indikator für die Erschließungsqualität erfasst werden. Der Indikator kann zwar nicht die Verbindungsqualität oder die Erreichbarkeit von Aktivitäten mit dem ÖPNV wiedergeben, dennoch gibt die Auflistung wertvolle Anhalts-punkte für die Planung des ÖPNV.

Page 24: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

24

Der Reiseaufwandsindikator Reisezeit zu zentralen Orten oder Reisezeit in die Innenstadt dient als ein integrierter Erreichbarkeitsindikator der Abbildung der Erreichbarkeit von Akti-vitäten. Er eignet sich für die Beurteilung von Handlungskonzepten. Für die Berechnung der Reisezeit wird meistens eine zentrale Haltestelle als Zielstandort gewählt. Verringert sich die Reisezeit, so erhöht sich die Attraktivität des ÖPNV-Angebots und damit der Nutzen für die Benutzer. Visualisiert durch Isochronen ist dieser Indikator sehr gut kommunizierbar. So können seitens der Politik ohne große Verständnisprobleme Mindestanforderungen festgelegt werden. Ein Manko besteht allerdings darin, dass der Erreichbarkeitsindikator Reisezeit zu zentralen Orten oder Reisezeit in die Innenstadt auf der Annahme beruht, dass sich alle rele-vanten Aktivitätsgelegenheiten räumlich akkumuliert in den zentralen Orten oder in der In-nenstadt vorfinden ließen. Die heutigen realen Raumstrukturen und Verkehrsverflechtungen widersprechen dem jedoch zusehends. Die Anzahl der mit dem ÖPNV erreichbaren Aktivi-tätsgelegenheiten kann nicht aufgezeigt werden. Mit dem Indikator Reisegeschwindigkeit zu zentralen Orten oder Reisegeschwindigkeit in die Innenstadt wird versucht, zusätzlich zur Reisezeit die Entfernungen vom Quellstandort zu den Aktivitätszielen zu berücksichtigen. Da die Reisezeit stark von der Distanz zwischen Quell- und Zielstandort bestimmt ist, wird die Erreichbarkeit durch das Verhältnis zwischen Weg und Zeit als Geschwindigkeit ausgedrückt. In der Regel wird die Luftliniendistanz betrachtet, weil durch sie Hinweise auf die Direktheit der Relationen zu erhalten sind. Wegen der schwierigeren Kommunizierbarkeit erscheint die Festsetzung normativer Mindestreisege-schwindigkeiten zu zentralen Orten allerdings problematisch. Wie beim Indikator Reisezeit zu zentralen Orten bzw. Reisezeit in die Innenstadt bleibt die tatsächliche räumlich Lage und Verteilung der Aktivitätsgelegenheiten unberücksichtigt. Die Anzahl der erreichbaren Aktivi-tätsgelegenheiten kann nicht aufgezeigt werden.

Durch den Indikator Gewichtete mittlere Reisezeit zu zentralen Orten wird der Reiseaufwand zu mehreren zentralen Orten bemessen und mit der Nachfrage gewichtet. Dieser Indikator ist somit ein komplexer integrierter Erreichbarkeitsindikator, welcher sich vor allem zur Darstel-lung der relativen räumlichen Auswirkungen von Handlungskonzepten und Maßnahmen eig-net. Der Indikator ist jedoch nicht einfach zu berechnen, da die ÖPNV-Nachfrage ermittelt werden muss. Dieses ließe sich entweder durch Fahrgasterhebungen oder durch Verkehrssi-mulationsmodelle verwirklichen. Wegen der Komplexität ist eine normative Festsetzung von Mindeststandards kaum vorstellbar. 4.2.3 Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich mit der Evaluation der Nahverkehrspläne festhalten, dass in der verkehrsplanerischen Praxis eine Reihe verschiedener einfacher und integrierter Erreichbar-keitsindikatoren zugleich verwendet werden. Bis auf wenige Ausnahmen handelte es sich um die im Leitfaden für die Aufstellung von Nahverkehrsplänen (MWMEV, 1997) empfohlenen Zielindikatoren. Generell kann zwischen Erreichbarkeitsindikatoren unterschieden werden, welche entweder

- die Erschließungsqualität des ÖPNV-Angebots, - die Verbindungsqualität des ÖPNV-Angebots oder - die Erreichbarkeit von Aktivitäten mit dem ÖPNV

Page 25: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

25

abbilden. Die beiden erstgenannten gehören der Kategorie der einfachen, die letztgenannten der Kategorie der integrierten Erreichbarkeitsindikatoren an. In der ÖPNV-Planung erfüllen sowohl einfache als auch integrierte Erreichbarkeitsindikatoren ihren Zweck. Es ist daher rat-sam, beide Kategorien von Erreichbarkeitsindikatoren in den Planungsprozess einzubeziehen. Mit einfachen Erreichbarkeitsindikatoren lassen sich vorzugsweise Schwachstellen im ÖPNV-System identifizieren. So können mit ihnen bestimmte Aspekte der Erschließungs- oder der Verbindungsqualität des ÖPNV-Angebots anschaulich dargestellt und wichtige Hin-weise für die Ausarbeitung von Maßnahmen und Handlungskonzepten gegeben werden. Ein-fache Erreichbarkeitsindikatoren eignen sich jedoch keinesfalls für ganzheitliche Zustands- und Maßnahmenbewertungen. Der Nachweis von Verbesserungen in der Erschließungs- bzw. Verbindungsqualität lässt keinen eindeutigen Rückschluss auf eine Attraktivierung des ge-samträumlichen ÖPNV-Angebots zu, da Verbesserungen in der Erschließungsqualität Ver-schlechterungen in der Verbindungsqualität nach sich ziehen können und umgekehrt. Einfa-che Erreichbarkeitsindikatoren können entgegenwirkend und widersprüchlich sein. So ist zum Beispiel aus der Sicht der fußläufigen Erschließung von Haltestellen eine möglichst hohe Hal-testellendichte erstrebenswert, aus der Sicht der Beförderungsgeschwindigkeit allerdings eine möglichst niedrige. Diese Widersprüchlichkeit gilt es bei der Verwendung einfacher Erreich-barkeitsindikatoren zu berücksichtigen. Das originäre Ziel der ÖPNV-Planung, nämlich die Erreichbarkeit von Aktivitäten, lässt sich nur mit integrierten Erreichbarkeitsindikatoren abbilden. Nur mit ihnen können Gesamtzu-sammenhänge adäquat erfasst und Disparitäten im ÖPNV-Angebot aufgedeckt werden. Für gesamträumliche Zustandsanalysen und (vergleichende) Maßnahmenbewertungen sollten da-her ausschließlich integrierte Erreichbarkeitsindikatoren verwendet werden. 4.3 Plädoyer für die Verwendung des Reisezeitbudgetindikators Nach dem heutigen Stand der ÖPNV-Planung werden bei integrierten Erreichbarkeitsanaly-sen am häufigsten Reiseaufwandsindikatoren verwendet. So wurde bei der Aufstellung der Nahverkehrspläne in 65 Prozent aller untersuchten Fälle der Reiseaufwandsindikator Reisezeit zu zentralen Orten bzw. Reisezeit in die Innenstadt berechnet, gefolgt vom Indikator Reisege-schwindigkeit zu zentralen Orten bzw. Reisezeitgeschwindigkeit in die Innenstadt. Für ihre Berechnung wird üblicherweise eine zentrale Haltestelle als Zielstandort ausgesucht. Die tatsächliche räumliche Lage und Verteilung von Aktivitätsgelegenheiten bleibt unberück-sichtigt und wird verallgemeinert. Die so angewandten Indikatoren beruhen auf der Annahme, dass sich sämtliche relevanten Aktivitätsgelegenheiten an einem Standort akkumulierten. Dies entspricht jedoch keineswegs mehr den realen heutigen Raumstrukturen von Stadtregionen. Durch die stetige Ansiedlung monofunktionaler, spezialisierter Standorte im suburbanen Raum hat sich eine kleinräumige polyzentrische Siedlungsstruktur herausgebildet, welche die traditionell starke Stellung der Siedlungskernbereiche in Frage stellt (Brake et al., 2001). Ab-bildung 2 veranschaulicht diesen Prozess schematisch. SIEVERTS (1998) prägte für diese neu-en Ausprägungen der Siedlungsentwicklung den Begriff der Zwischenstadt. Zwar ist quantita-tiv der überwiegende Teil der verkehrlichen Interaktionen nach wie vor auf den Siedlungs-kernbereich ausgerichtet, „gleichzeitig sind aber deutliche Tendenzen einer langfristigen Ent-wicklung hin zu dispersen und tangential orientierten Verflechtungsmustern erkennbar“ (Ka-

Page 26: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

26

germeier, 1997: 28). Radial auf die Siedlungskernbereiche ausgerichtete Reiseaufwandsindi-katoren bilden die Wechselwirkungen zwischen heutiger Siedlungsstruktur und ÖPNV-System somit nur noch unzureichend ab.

Kompakte Stadt Suburbia Zwischenstadt

Siedlungsstruktur

Verflechtungsmuster

Abbildung 2 Siedlungsstruktur und Verflechtungsmuster (nach Schulten, 2002; Hesse und

Schmitz, 1998). Zudem konnten ZAHAVI et al. (1981) nachweisen, dass „Individuen bei ihren täglichen Mobi-litätsentscheidungen keineswegs, wie es die herkömmliche Theorie des Verkehrsverhaltens unterstellt, den Raumüberwindungsaufwand minimieren, sondern vielmehr im Rahmen ihrer für die Raumüberwindung zur Verfügung stehenden Zeit- und Geldbudgets die Zahl der er-reichten Gelegenheiten maximieren“ (Wegener, 1999: 21). Schnellere Transportmöglichkeiten führten in der Vergangenheit nicht zu den erwarteten Zeitersparnissen, sondern wurden in weitere Entfernungen transformiert. Während das durchschnittliche Verkehrsaufkommen und die durchschnittliche Wegedauer in den letzten Jahrzehnten entsprechend der Theorie von der Konstanz des Reisebudgets (vgl. Kap. 3.3.5) nahezu konstant blieben, stieg der Verkehrsauf-wand stetig an und weiteten sich die individuellen Aktionsräume ständig aus (vgl. Schmitz, 2001). Die Nahverkehrsplanung sollte reagieren und zukünftig vorwiegend solche Indikatoren ver-wenden, welche die Erreichbarkeit von Aktivitätsstandorten möglichst kleinräumig und akti-vitätsspezifisch wiedergeben. Hier bieten sich sowohl Reisebudget- als auch Potenzialindika-toren an. Beide Indikatoren erfüllen die Anforderungen einer integrierten Verkehrs- und Flä-chennutzungsplanung nach dem Leitbild einer Stadtregion kurzer Wege. Eine Verbesserung der Erreichbarkeit kann einerseits durch eine wachsende Anzahl an Aktivitätsgelegenheiten als auch andererseits durch eine Optimierung des ÖPNV-Systems abgebildet werden. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn dieses Wachstum in der Nähe des Standortes stattfindet, und die ÖPNV-Angebotsverbesserungen auf wichtigen, für den Standort relevanten Beziehungen durchgeführt werden (Ruppert, 1975). Abbildung 3 zeigt eine Gegenüberstellung des Reisebudgetindikators mit dem Potenzialindi-kator. Im Gegensatz zum Potenzialindikator liefert der Reisebudgetindikator ein physikalisch messbares Ergebnis, so dass der Reisebudgetindikator verständlich und somit auch gegenüber

Wohnen

Arbeiten

Versorgung

Page 27: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

27

Abbildung 4 Mittlere Wegedauer mit dem straßengebundenen ÖPNV nach Reise-zweck (Datengrundlage: EMNID, 1989).

0

10

20

30

40

50 BerufAusbildungEinkaufGeschäftDienstleistungFreizeit

Laien gut kommunizierbar wäre. Zudem wäre er einfacher anzuwenden, da keine Kalibrie-rungen vorgenommen werden müssten.

Reisebudgetindikator Potenzialindikator

Mathematischer Ausdruck

>

≤=

⋅= ∑

max

max

01

)(

)(

ccfallsccfalls

cfmit

cfWA

ij

ijij

ijii

∑ ⋅−⋅=j

ijji cWA )exp( βα

Schematische Darstellung der Aktivitätsfunktion g(Wj)

Schematische Darstellung der Widerstandsfunktion f(cij)

Ergebnis Akkumulierte Aktivitäten

innerhalb eines gegebenen Reisebudgets

Akkumulierte Aktivitäten gewichtet mit einer

Raumwiderstandsfunktion

Abbildung 3 Determinanten von Reisebudget- und Potenzialindikatoren (nach Schürmann et al., 1997).

Vom Verfasser wird daher für zukünftige integrierte Erreichbarkeitsanalysen in der ÖPNV-Planung vorgeschlagen, einen aktivitätsspezifischen Reisezeitbudgetindikator zu verwenden. Der Reisezeitbudgetindikator beantwortet folgende Frage:

„Wie viele Aktivitätsgelegenheiten vom Typ x kann man mit dem ÖPNV in y Minuten errei-chen?“ Für die praktische Anwendung des Reisezeitbudgetindikators ist es erforderlich, dass ein Rei-sezeitbudget definiert wird. Zum einen könnten vom Aufgabenträger hierzu eigene Erhebun-gen durchgeführt werden. Zum anderen kann auf vorhandene, allgemeine Studien zum Ver-kehrsverhalten zurückgegriffen werden. Demnach beträgt die mittlere Wegedauer mit dem ÖPNV ungefähr 30 bis 40 Minuten (vgl. infas und DIW, 2004; vgl. LDS 2000). Der Reisezeitbudgetindikator ermöglicht es, in-tegrierte Erreichbarkeitsberechnungen nach Rei-sezwecken getrennt durchzuführen. Hierdurch kann bei einer Erreichbarkeitsanalyse die Rele-vanz der Reisezwecke am Gesamtverkehrsauf-kommen berücksichtigt werden. Je bedeutender ein Reisezweck ist, desto wichtiger ist es, ihn bei der Analyse zu berücksichtigen. Bei der Bewer-tung und Gesamtabwägung sollten die Anteile der Reisezwecke am Gesamtverkehrsaufkom-men entsprechend beachtet werden.

f (cij)

cij

g (Wj)

Wi

f (cij)

cij

g (Wj)

Wi

Page 28: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

28

5. Berechnung der Erreichbarkeit mit dem Reisezeitbudgetindikator In den vorherigen Kapiteln wurde gezeigt, dass das originäre Ziel einer nachhaltigen ÖPNV-Planung ist die Sicherung und Verbesserung der Erreichbarkeit von Aktivitäten ist. Als geeig-netes Bewertungskriterium wurde daher ein Reisezeitbudgetindikator hergeleitet, mit dem die Zahl der Aktivitätsgelegenheiten bemessen wird, die innerhalb einer bestimmten Reisezeit mit dem ÖPNV erreicht werden können. Dieses Kapitel widmet sich der Implementierung der Methode in das GIS ArcInfo. 5.1 Programmierung einer GIS-Fachschale GIS eignen sich für derart komplexe Erreichbarkeitsanalysen, da sie als leistungsfähige EDV-Werkzeuge über zahlreiche Funktionalitäten zur Erfassung, Analyse und Visualisierung raumbezogener Daten verfügen. Sektorale Daten aus der Verkehrs- und Flächennutzungspla-nung können in einer einheitlichen GIS-Datenbank verwaltet werden. GIS sind sehr flexibel handhabbar. Ihre Benutzeroberflächen und Funktionalitäten können mit Makros oder Fachschalen für einen bestimmten Aufgabenbereich benutzerspezifisch ange-passt werden. Zur Durchführung der Erreichbarkeitsanalyse mit dem integrierten Reisezeit-budgetindikator wurde daher eine menügesteuerte Fachschale entwickelt, welche auch von Anwendern ohne tiefer gehende GIS-Kenntnisse einfach zu bedienen ist.

Abbildung 5 Menüleiste der GIS-Fachschale. 5.2 Datenaufbereitung Für die Berechnung der Erreichbarkeit mit dem Reisezeitbudgetindikator sind sowohl Daten zur Flächennutzung als auch Daten zum Verkehrssystem erforderlich. Tabelle 7 gibt einen Überblick über die erforderlichen Inputdaten. Tabelle 7 Erforderliche Inputdaten.

Flächennutzungsdaten Verkehrliche Daten

Obligatorisch - Statistische Strukturdaten (z.B. Arbeitsplätze, Einwohner, Schulplätze usw.)

- Linienfahrpläne - Georeferenzierte Haltestellen

Fakultativ

- Bebaute Flächen - Flächennutzungsplan - Realnutzung - Flurkarten

- Verkehrsnetze des Individualver- kehrs, z.B. Fußwegeverbindungen

Page 29: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

29

5.2.1 Flächennutzungsdaten Die Erreichbarkeitsanalyse muss möglichst kleinräumig durchgeführt werden, um den Anfor-derungen der heutigen ÖPNV-Planung gerecht zu werden. Informationen über die räumliche Lage und Verteilung der Aktivitätsgelegenheiten liegen allerdings nur im Idealfall adressge-nau vor. Da sozio-ökonomische Strukturdaten in der Regel auf der Basis statistischer Zonen erhoben werden, ist eine solche Detailtreue normalerweise nicht gegeben. Dies könnte aber gerade bei statistischen Zonen mit großer Fläche ungenaue und unrealistische Ergebnisse zur Folge haben. Einen Lösungsweg bietet die Verwendung von Rasterkoordinatensystemen. Bei der Generie-rung eines Rasterkoordinatensystems wird ein regelmäßiges Liniengitter mit einem bestimm-ten Linienabstand über das Untersuchungsgebiet gelegt, wobei die Rasterzellen als Mikro-standorte fungieren. Ihnen können nach unterschiedlichen Disaggregationsmethoden Aktivi-tätsgelegenheiten (Einwohner, Arbeitsplätze, Schulplätze etc.) zugewiesen werden. Die GIS-Fachschale bietet als Vorbereitung für die eigentliche Erreichbarkeitsanalyse zwei einfach zu bedienende Funktionalitäten zur Aufrasterung von Strukturdaten an. Zonal vorlie-gende Daten werden nach stochastischen Disaggregationsmethoden Rasterzellen zugeordnet. Die Größe der Kantenlängen der Rasterzellen kann vom Anwender selbst bestimmt werden. Abbildung 6 veranschaulicht dieses Verfahren der Aufrasterung beispielhaft anhand einer einfachen Disaggregierung der Strukturdaten von fünf statistischen Zonen.

8 78 88 88 89 99 98 76 66 6

5 1

3 2

336

8 78 68 26321

999

2 8 9 9 8 8 82 8 9 9 9 8 8 8

9 9 9 9 8 89 8 9 9 9 97 7 9 9 9

7 7 7 998 95 7 7 8 9 9 9

7

5 7 7 7 8 71

1 2 2 3 5 6

1 672816

2 4 5 6 6 6

1 3

210

185145

110

90

Abbildung 6 Aufrasterung und einfache Disaggregierung zonal vorliegender Strukturdaten.

Zusätzliche Informationen über die Flächennutzung im Untersuchungsraum geben weitere Anhaltspunkte für eine bessere Zuordnung der Strukturdaten auf die Rasterzellen und präzi-sieren somit die Disaggregierung. Abbildung 7 zeigt dies beispielhaft für ein in die GIS-Fachschale integriertes einfaches Disaggregationsverfahren unter Zuhilfenahme von Informa-tionen über bebaute Flächen im Untersuchungsraum. Durch eine räumliche Verschneidung im GIS werden die statistischen Zonen um die Freiflächen reduziert, so dass die Verteilung der Strukturdaten in der bebauten Fläche verbleibt, so dass eine kleinräumig präzisere Zuweisung auf die Rasterzellen möglich ist.

Page 30: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

30

Abbildung 7 Verschneidung statistischer Baublöcke mit bebauter Fläche. Komplexe Disaggregationsverfahren, die ebenfalls in die GIS-Fachschale implementiert wer-den können, schließen die reale Flächennutzung in den statistischen Zonen mit ein. In einem von SPIEKERMANN UND WEGENER (1999; 2000) entwickelten Allokationsverfahren werden in einem ersten Schritt die Flächennutzungen zu Rasterzellen transformiert. Im zweiten Schritt

Abbildung 8 Zweistufiges Disaggregationsverfahren nach SPIEKERMANN UND WEGENER unter Einbezug der Flächennutzung (Spiekermann und Wegener, 2000).

Bebaute Flächen

Baublöcke mit Strukturdaten

+

=

Page 31: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

31

erfolgt die Zuweisung der zonalen Strukturdaten zu den Rasterzellen mit Hilfe stochastischer Funktionen, die die Gewichtungsfaktoren für einen Flächennutzungstyp in der Rasterzelle einbeziehen. In Abbildung 8 wird dieses komplexe, zweistufige Disaggregationsverfahren schematisch veranschaulicht. 5.2.2 Verkehrliche Daten Neben einer möglichst kleinräumigen Abbildung der Lage und Verteilung der Aktivitäten im Raum müssen die Verkehrsangebote im GIS ebenfalls möglichst genau abgebildet werden. Die Reiszeiten zwischen Aktivitätsstandorten müssen über einen Graphen präzise berechnet werden, um bei der Erreichbarkeitsanalyse möglichst realistische Ergebnisse zu erhalten. Da sich die Reisezeit mit dem ÖPNV aber nicht nur aus der Beförderungszeit, sondern in der Summe zudem aus der Zu-, Abgangs- und Wartezeit zusammensetzt (vgl. Abbildung 9), wer-den der Zugang vom Quellstandort zur Einstiegshaltestelle und der Abgang von der Aus-stiegshaltestelle zum Aktivitätsstandort als Fußwege miteinbezogen. Über ein Dialogfenster kann der Anwender für die Berechnungen dieser Zu- und Abgangszeiten eine Fußgängergeh-geschwindigkeit und einen Umwegefaktor definieren (vgl. Abbildung 11). Die anschließende Verknüpfung der Quell- und Zielstandorte mit sämtlichen geocodierten Haltestellen erfolgt über die GIS-Fachschale automatisch und für den Benutzer unsichtbar.

Abbildung 9 Zusammensetzung der Reisezeit mit dem ÖPNV (VÖV, 1981).

Die Wartezeit an der Einstiegshaltestelle wird als statistische Funktion der Fahrzeugfolgezei-ten bestimmt (vgl. Abbildung 10). Hier gilt, je niedriger die Fahrzeugfolgezeit an einer Halte-stelle ist, desto kürzer sind die dort angenommenen Wartezeiten. Der Verlauf der Kurve ist bei steigenden Fahrzeugfolgezeiten abflachend, da unterstellt wird, dass sich ÖPNV-Nutzer

0

2

4

6

8

10

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60

Fahrzeugfolgezeit in Minuten

War

teze

it in

Min

uten

Abbildung 10 Wartezeit beim Ersteinstieg als Funktion der Fahrzeugfolgezeit (Walther, 1991).

Page 32: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

32

bei einer niedrigeren Bedienungsfrequenz über das ÖPNV-Angebot informieren, und somit lediglich eine häusliche Dispositionszeit aufzuschlagen ist.

Abbildung 11 Dialogfenster für die Berechnung des Reisezeitbudgetindikators.

Fahrzeiten und Umsteigewartezeiten werden anhand der Linienfahrpläne berechnet. Diese können zuvor mit einem Konvertierungswerkzeug über die GIS-Fachschale in die GIS-Datenbank importiert werden (vgl. Abbildung 5). In ihnen sind für jede Haltestelle die Ab-fahrts- und Ankunftszeiten der dort verkehrenden ÖPNV-Linien enthalten, so dass sämtliche Fahrzeiten und Umsteigewartezeiten fahrplangemäß abgebildet werden. 5.3 Ablaufschema Während der Generierung des Verkehrsgraphen werden die in den Rasterzellen vororteten Standorte mit den Haltestellenknoten verknüpft. Die Berechnung der Reisezeit von den Quell- zu den Zielstandorten erfolgt per Netzwerkanalyse nach dem Bester-Weg-Prinzip. Innerhalb eines vom Anwender definierbaren Zeitintervalls wird für jede Relation die kürzeste Reisezeit ermittelt und in einer Reisezeitenmatrix gespeichert. Die Beschränkung auf ein bestimmtes Zeitintervall ist für den Anwender insbesondere dann zweckmäßig, wenn zum Beispiel die Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen nur zur morgendlichen Hauptverkehrzeit oder die Erreich-

Page 33: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

33

barkeit von Freizeitaktivitäten ausschließlich zur abendlichen Schwachverkehrszeit untersucht werden soll. Nach der Berechnung der Reisezeitenmatrix folgt für jeden Standort die Aufsummierung der erreichbaren Aktivitätsgelegenheiten innerhalb des vom Anwender definierten Reisezeitbud-gets. Die Ergebnisse der Erreichbarkeitsanalyse mit dem Reisezeitbudgetindikator können mit GIS tabellarisch, graphisch und kartographisch eindrucksvoll aufbereitet und dargestellt wer-den. Das vollständige Ablaufschema zur Berechnung des Reisezeitbudgetindikators zeigt Ab-bildung 12.

Abbildung 12 Ablaufschema zur Berechnung des Reisezeitbudgetindikators im GIS.

Statistische Zonen mit Strukturdaten

Gerasterte Aktivi-tätsgelegenheiten

Bebaute Flächen

Flächennutzung

Haltestellenkataster

Verkehrsgraph

Linienfahrpläne

Verkehrsnetze des IV

Kürzeste-Reisezeit-Berechnung

Reisezeitbudget-indikator

Flächennutzung Verkehrsangebote

Page 34: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

34

6. Anwendungsfall Krefeld Die in den vorherigen Kapiteln beschriebene neuartige Methode zur Ermittlung der Erreich-barkeit von Aktivitäten mit dem Reisezeitbudgetindikator ist auf ihre Praktikabilität für die Nahverkehrsplanung untersucht worden. Als Testfall wurde die Stadt Krefeld ausgewählt. Im Folgenden werden die wesentlichen Ergebnisse der Erreichbarkeitsanalysen für die Stadt Kre-feld diskutiert. 6.1 Einführung Die Stadt Krefeld liegt umgeben von den sieben Gemeinden Moers, Duisburg, Meerbusch, Willich, Tönisvorst, Kempen und Neukirchen-Vluyn im Niederrheinischen Tiefland, im Os-ten angrenzend an das industriell geprägte Ruhrgebiet und im Südosten an die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt Düsseldorf. Mit 240.000 Einwohnern hat sich Krefeld zu ei-nem regionalen Verwaltungszentrum mit übergeordneten Funktionen entwickelt. Zwar domi-niert eine auf die Innenstadt ausgerichtete monozentrische Siedlungsstruktur, eigenständige Vorortzentren und Gewerbe- und Industriegebiete wandeln diese jedoch zu einer ansatzweise polyzentrischen Raumstruktur ab (Stadt Krefeld, 1998).

KerkenRheurdt

Willich Düsseldorf

Kempen

Viersen

Kaarst

Moers

Issum

Neuss

Meerbusch

Duisburg

Tönisvorst

Wachten-donk

Neukirchen-Vluyn

Grefrath

Mül-heim a. d. Ruhr

KorschenbroichMönchengladbach

Ratingen

Kamp-Lintfort Ober-hausen

Geldern

Krefeld

Krefelder Stadtgrenze

Gemeindegrenze

Legende:

Rhein

Abbildung 13 Räumliche Lage der Stadt Krefeld.

Page 35: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

35

Bus-/Strassenbahn-/Stadtbahnhaltestelle#

Eisenbahnhaltestelle%

Wohnbaufläche

Legende:

#

##

#

#

##

###%

### #

##

# ##

#

#

##

####

#

#

#

##

#

##

#

#

#

#

#

#

#

#

##

#

###

#

##

#

#

#

##

#### #

# #

#

#

%###

##

## #

##

##

##

#

##

##

# #

## #

#

#

#

#

#

##

####

##

##

##

####

##

##

#

#

#

#

##

####

#

#

#

#

#####

#

#

###

# ####

##

#

## #

#

##

#

#

##

## #

##

#

#

##

##

#

#

#

#

#

###

#

##

#

#

# # #

#

#

##

#

#

#

###

#

#

## #

#

##

##

#

##

##

####

###

##

#%

#

# #

#

###

##

###

##

#

#

#

#

# ##

##

#

#

#

#

##

#

#

#

##

#

#

#

#

#

#

#

# #

%###

#

#

#

#

#

#

#

#

##

#

####

#

#

%##

#

##

##

###

##

###

#

##

##

#

#

###

##

# ##

## #

#

#

##%

##

# #

##

#

#

#

###

#

##

##

#

#

#

#

#

#

#

#

##

#

##

# #

# #

#

## # #

##

#

#

#

#

#

#

#

#

#

#

#

N

M.1:100000

ÖPNV-Streckennetz der Stadt Krefeld (Binnenverkehr)

Bedienung durch Straßenbahn- oder Stadtbahnlinien

Bedienung durch Buslinien

Karte 1 Streckennetz des ÖPNV in Krefeld.

Page 36: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

36

Karte 1 zeigt das Streckennetz des ÖPNV in Krefeld nach dem Importieren der Linienfahr-pläne in das GIS. Das bestehende ÖPNV-Angebot ist an die Siedlungsstrukturen angepasst. Mit der Ausnahme weniger Buslinien handelt es sich um ein radiales Netz mit Durchmesser-linien. Vier leistungsfähige Straßenbahnlinien stellen dabei die Basis des innerörtlichen Stre-ckennetzes dar, während zwei Stadtbahnlinien die Städte Krefeld und Düsseldorf verbinden. Die Stadtbahn- und Straßenbahnlinien verkehren im zehn- oder fünfzehnminütigen Takt, die Taktfrequenz der Buslinien variiert in Abhängigkeit von der Nachfrage zwischen 15 und 60 Minuten. Der Zugang zum überörtlichen Schienenverkehr kann an sechs Haltepunkten erfol-gen, wobei der Hauptbahnhof als zentraler ÖPNV-Verknüpfungspunkt naturgemäß die domi-nante Funktion ausübt. Insgesamt kann man die Stadt Krefeld als mit dem ÖPNV gut er-schlossen bezeichnen. Die für die Erreichbarkeitsanalyse erforderlichen statistischen Strukturdaten lagen im Umland auf der Ebene von Verkehrszellen und im Stadtgebiet Krefelds auf der Ebene von Baublöcken vor. Abbildung 14 zeigt das Zonensystem des Untersuchungsraumes.

Krefelder Stadtgrenze

Legende:

Rhein

Statistische Zone

Untersuchungsraum(Die Reisezeit mit dem ÖPNV beträgt von Krefeld <= 30 Minuten )

Abbildung 14 Zonensystem des Untersuchungsraumes.

Page 37: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

37

Die Verteilung der Reisezweckanteile am Verkehrsaufkommen mit dem ÖPNV in Krefeld war bestimmend für die Konzentration der Erreichbarkeitsanalyse auf die vier hauptsächli-chen Reisezwecke Beruf und Ausbildung, Versorgung, Schule und Besuch. Der Anteil der Berufs- und Ausbildungsverkehre am Gesamtverkehrsaufkommen betrug 39 Prozent, gefolgt von Versorgungsverkehre mit 20 Prozent, Schülerverkehre mit 18 Prozent und Besuchsver-kehre mit 12 Prozent. Die Abbildung der potenziell mit dem ÖPNV zu erreichenden Aktivi-tätsgelegenheiten erfolgte für den Reisezweck Beruf und Ausbildung über die Anzahl von Arbeitsplätzen, für den Reisezweck Versorgung über die Verkaufsfläche im Einzelhandel, für den Reisezweck Schule über die Anzahl von Schulplätzen und für den Reisezweck Besuch über die Anzahl von Einwohnern. Einen Überblick über die Lage und Verteilung der Aktivi-tätsgelegenheiten in Krefeld gibt Abbildung 15.

Abbildung 15 Räumliche Lage und Verteilung von Aktivitätsgelegenheiten in Krefeld. Das Reisezeitbudget wurde für alle vier Reisezwecke auf 30 Minuten festgelegt. Die Untersu-chungszeiträume variierten jeweils werktags für den Reisezweck Beruf und Ausbildung zwi-schen 6 und 9 Uhr, für den Reisezweck Versorgung zwischen 9 und 12 Uhr, für den Reise-zweck Schule zwischen 7 und 9 Uhr und für den Reisezweck Besuch zwischen 15 und 18

Verkaufsfläche Arbeitsplätze

1500 - 5000350 - 1500200 - 350100 - 20050 - 10030 - 5020 - 3010 - 205 - 101 - 5

Arbeitsplätze

#

# ##

# # # ####

##

## ## # # ###

# ### ##

# ## ## ## # # ## # # ## ### # ## ## ##### ### ## ## # ## ##### #

## #

### # ### #

#### ## ##

###

#

Schulplätze

# #100 3000

Verkaufsfläche [m²]1 - 10001000 - 25002500 - 50005000 - 1000010000 - 1500015000 - 2500025000 - 5000050000 - 7500075000 - 100000100000 - 150000

Einwohner1 - 2525 - 5050 - 7575 - 100100 - 150150 - 200200 - 300300 - 500500 - 750750 - 1045

Schulplätze Einwohner

Page 38: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

38

Uhr. Tabelle 8 gibt einen genauen Überblick über die in der Erreichbarkeitsanalyse verwende-ten Parameter. Tabelle 8 Parameter der Erreichbarkeitsanalyse in Krefeld.

Beruf und Ausbildung Versorgung Schule Besuch

Anteil am Verkehrsaufkommen 39 % 20 % 18 % 12 %

Abbildung der Aktivitätsgelegenheiten

Anzahl Arbeitsplätze

Verkaufsfläche im Einzelhandel

Anzahl Schulplätze

Anzahl Einwohner

Verwendetes Reisezeitbudget 30 Min. 30 Min. 30 Min. 30 Min.

Untersuchungszeitraum Mo.-Fr. 6 – 9 Uhr

Mo.-Fr. 9 – 12 Uhr

Mo.-Fr. 7 – 9 Uhr

Mo.-Fr. 15 – 18 Uhr

6.2 Bestandsanalyse Die Bestandsanalyse, also die Beschreibung und Bewertung des Ist-Zustandes des ÖPNV-Systems, ist ein grundlegender Arbeitsschritt bei der Nahverkehrsplanung. Da das planerische Ziel die Sicherung und Verbesserung der Erreichbarkeit von Aktivitäten ist, sollten in der Be-standsanalyse vorrangig räumliche Disparitäten bei den Erreichbarkeitsverhältnissen aufge-deckt werden, um entsprechend entgegenwirken zu können und formulierte Mindeststandards zu wahren. Im Folgenden wird aufgezeigt, welche Aussagen mit dem integrierten Reisezeit-budgetindikator getroffen werden können. Bei dem in der ÖPNV-Planung gebräuchlichsten Erreichbarkeitsindikator Reisezeit in die In-nenstadt werden Ergebnisse oft in der Form von Isochronenkarten visualisiert. Karte 2 veran-schaulicht die Reisezeit mit dem ÖPNV in die Innenstadt von Krefeld. Es ist erkennbar, dass insbesondere die Bereiche um die Straßen- und Stadtbahnachsen eine gute Erreichbarkeit aufweisen. Der Reisezeitbudgetindikator ist ein integrierter Erreichbarkeitsindikator, der sowohl die Erschließungs- und Verbindungsqualität des ÖPNV als auch die Lage und Verteilung der Ak-tivitätsgelegenheiten berücksichtigt. Mit ihm können so die Interdependenzen zwischen dem Verkehrssystem und der Siedlungsstruktur abgebildet werden. Bei seiner Berechnung wird die Anzahl der Aktivitätsgelegenheiten aufsummiert, die innerhalb einer definierten Reisezeit mit dem ÖPNV erreichbar sind. Karte 3 zeigt die Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen in Kre-feld, die innerhalb von 30 Minuten mit dem ÖPNV erreicht werden können. Die dargestellte Klassenbildung erfolgte über gleiche Intervalle. Ähnlich wie beim Reisezeitindikator zuvor treten auch hier die Unterschiede in der Erreichbarkeit gut hervor und lassen sich einfach in-terpretieren. Die höchste Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen liegt demnach in dem Bereich zwischen dem Hauptbahnhof und dem nördlichen Teil der Innenstadt sowie im Stadtteil Op-pum vor. Mit dem ÖPNV sind hier im Durchschnitt etwa 110.000 Arbeitsplätze innerhalb von 30 Minuten zu erreichen. Der für Außenstehende vielleicht eher unerwartet gut bewertete Stadtteil Oppum profitiert in erster Linie von den direkten Eisenbahnverbindungen nach Düs-seldorf und Duisburg. Eine schlechte Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen weisen dagegen die

Page 39: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

39

Karte 2 Reisezeit mit dem ÖPNV in die Innenstadt Krefelds.

10 20 30

Reisezeitisochronen in Minuten

Bus-/Strassenbahn-/Stadtbahnhaltestelle#

Eisenbahnhaltestelle%

Wohnbaufläche

Legende:

#

##

#

#

##

###%

#

## #

##

# ##

#

#

##

####

#

#

#

##

#

##

#

#

#

#

#

#

#

#

#

#

#

###

#

##

#

#

#

##

#### #

# #

#

#

%###

##

## #

##

##

##

#

##

#

#

# #

## #

#

#

#

#

#

##

####

##

##

##

###

##

#

##

#

#

#

#

##

####

#

#

#

#

#####

#

#

###

# ####

##

#

## #

#

##

#

#

##

## #

##

#

#

##

##

#

#

#

#

#

###

#

##

#

#

# # #

#

#

##

#

#

#

##

#

#

#

## #

#

##

##

#

##

##

####

###

##

#%

#

# #

#

###

##

###

##

#

#

#

#

# #

##

#

#

#

#

#

##

#

#

#

##

#

#

#

#

#

#

#

# #

%###

#

#

#

#

#

#

#

#

##

#

####

#

#

%##

#

##

##

##

##

#

###

#

##

#

#

#

#

###

##

# ##

## #

#

#

##%

##

# #

##

#

#

#

###

#

##

##

#

#

#

#

#

#

#

N

M.1:100000

Page 40: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

40

Karte 3 Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen mit dem ÖPNV in Krefeld.

S

SS

S

S

SS

SSSU

S

SS S

SS

S SS

S

S

SS

SSSS

S

S

S

SS

S

SS

S

S

S

S

S

S

S

S

S

S

S

SSS

S

SS

S

S

S

SS

SSS

S SS S

S

S

USSS

SS

SS S

SS

SS

SS

S

SS

S

S

S S

SS S

S

S

S

S

S

S

S

SSSS

SS

SS

SS

SSS

SS

S

SS

S

S

S

S

SS

SSSS

S

S

S

S

SSSS

S

S

S

SSS

S SS

SS

SS

S

SS S

S

S

S

S

S

S

S

SS S

SS

S

S

SS

SS

S

S

S

S

S

SSS

S

SS

S

S

S S S

S

S

S

S

S

S

S

SS

S

S

S

S

S S

S

SS

SS

S

SS

SS

SSSS

SSS

SS

SU

S

S S

S

S SS

SS

SS

SSS

S

S

S

S

S S

SS

S

S

S

S

S

SS

S

S

S

SS

S

S

S

S

S

S

S

SS

USSS

S

S

S

S

S

S

S

S

SS

S

SSSS

S

S

USS

S

SS

SS

SS

S

SS

SS

SS

SS

S

S

S

SSS

SS

SS S

SS

S S

S

S

SSU

SS

S S

S

S

S

S

S

SSS

S

SS

SS

S

S

S

S

S

S

S

U Eisenbahnhaltestelle

S Bus-/Strassenbahn-/Stadtbahnhaltestelle

Legende:

N

M. 1:100000

103500 - 11500092000 - 10350080500 - 9200069000 - 8050057500 - 6900046000 - 5750034500 - 4600023000 - 3450011500 - 23000

0 - 11500

Anzahl der Arbeitsplätze,welche innerhalb von 30 Minuten erreichbar sind

Rastergröße: 100 MeterReisezeitbudget: 30 MinutenBedienungszeitraum: Mo. - Fr., 6 - 9 UhrGehgeschwindigkeit: 4,2 km/hUmwegefaktor: 1,3

Modellvariablen:

Page 41: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

41

eher peripher gelegenen Ortsteile Hüls und Gellep-Stratum auf, von denen aus nur ca. 55.000 Arbeitsplätze innerhalb von 30 Minuten Reisezeit mit dem ÖPNV erreicht werden können. Die Verwendung des Reisezeitbudgetindikators ermöglicht es, integrierte Erreichbarkeitsana-lysen für verschiedene Reisezwecke durchzuführen. In dem Anwendungsfall Krefeld wurde dies für die vier hauptsächlichen Reisezwecke Beruf und Ausbildung, Versorgung, Schule und Besuch getan. In Abbildung 16 sind die Erreichbarkeitskarten zur besseren Veranschauli-chung gegenübergestellt worden. Vergleicht man die Erreichbarkeitsverhältnisse zwischen den untersuchten Reisezwecken, so fällt auf, wie differenziert sich die Erreichbarkeit von ver-schiedenen Aktivitätsgelegenheiten mit dem ÖPNV in Krefeld darstellt. Eine gute Erreich-barkeit von Arbeitsplätzen ist keineswegs gleichbedeutend mit einer guten Erreichbarkeit von Einzelhandelsstandorten, was letztendlich als weiterer Beleg für die Relevanz integrierter und kleinräumiger Erreichbarkeitsanalysen in der Nahverkehrsplanung angesehen werden kann.

Abbildung 16 Reisezweckspezifische Unterschiede in der Erreichbarkeit von Aktivitätszielen.

Arbeitsplätze Einkaufsfläche

Schulplätze Einwohner

Page 42: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

42

6.3 Wirkungsanalyse In Abstimmung mit der Abteilung Stadtverkehr des Stadtplanungsamts Krefeld und der Stadtwerke Krefeld AG wurden zwei exemplarische Planfälle entwickelt, anhand derer eine Wirkungsanalyse mit dem Reisezeitbudgetindikator durchgeführt wurde. Abbildung 17 zeigt die räumliche Lage der beiden Planfälle Fischeln und Hüls. Im Folgenden werden die Maß-nahmen jeweils einzeln erläutert und ihre Auswirkungen auf die Erreichbarkeitsverhältnisse in Krefeld diskutiert.

Planfall Hüls

Planfall Fischeln

Abbildung 17 Räumliche Lage der Planfälle in Krefeld. 6.3.1 Planfall Fischeln Im Ortsteil Fischeln sollen im Zuge von Arrondierungsmaßnahmen neue Wohnbauflächen erschlossen und bebaut werden. Zugleich wird aufgrund der geplanten Neubebauung und der steigenden Nachfragepotenziale an eine Veränderung der Linienführung der dort verkehren-den Buslinien 60 und 61 gedacht. Einhergehend mit den vorgesehenen Linienänderungen ist eine zukünftige Verknüpfung mit der Stadtbahn geplant. Mit dem Reisezeitbudgetindikator wurde untersucht, welche Auswirkungen die Besiedlung der Wohnbauflächen und die Umstrukturierung des ÖPNV-Netzes auf die Erreichbarkeit von Aktivitäten mit dem ÖPNV haben werden. Die Darstellung der Auswirkungen erfolgt hier beispielhaft für den Reisezweck Arbeiten. Karte 4 zeigt die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen mit dem ÖPNV in Krefeld als Differenz-

Page 43: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

43

Karte 4 Auswirkungen des Planfalls Fischeln auf die Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen.

N

M. 1:100000

Bus-/Strassenbahn-/Stadtbahnhaltestelle#S

Eisenbahnhaltestelle%U

#

##

#

#

##

###%

#

## #

##

# ##

#

#

##

####

#

#

#

##

#

##

#

#

#

#

#

#

#

#

#

#

#

###

#

##

#

#

#

##

##

## #

# #

#

#

%###

##

## #

##

##

##

#

##

#

#

# #

## #

#

#

#

#

#

#

#

####

##

##

##

###

##

#

##

#

#

#

#

##

####

#

#

#

#

####

#

#

#

###

# ####

##

#

## #

#

#

#

#

#

#

#

## #

##

#

#

##

##

#

#

#

#

#

###

#

##

#

#

# # #

#

#

#

#

#

#

#

##

#

#

#

#

# #

#

##

##

#

##

##

####

###

##

#%

#

# #

#

# ##

##

##

###

#

#

#

#

# #

##

#

#

#

#

#

##

#

#

#

##

#

#

#

#

#

#

#

##

%###

#

#

#

#

#

#

#

#

##

#

####

#

#

%##

#

##

##

##

#

##

##

##

##

#

#

#

###

##

## #

##

# #

#

#

##%

##

# #

#

#

#

#

#

###

#

##

##

#

#

#

#

#

#

#

#

#

#

Wohnbaufläche

-4000 - -2000-2000 - -1000-1000 - -1

1 - 10001000 - 20002000 - 40004000 - 80008000 - 16000

> 16000

Verschlechterung

Verbesserung

< -4000

Veränderung der Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen

Legende:

Page 44: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

44

karte im Vergleich zur Ist-Zustand. Grüne Farben kennzeichnen Bereiche, die von den ge-planten Maßnahmen profitieren, rote Farben kennzeichnen Bereiche, die nach Ausführung der Maßnahmen eine schlechtere Erreichbarkeit als zuvor aufweisen. Dieser Vergleich zwischen dem Ist-Zustand und dem Planfall Fischeln lässt unmittelbar er-kennen, dass die Auswirkungen des Planfalls Fischeln über Fischeln hinausragen und weite Teile Krefelds betreffen. So sind im beinah gesamten Stadtgebiet Krefelds Verbesserungen in der Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen mit dem ÖPNV auszumachen. Die Veränderungen ü-berschreiten dabei zum Teil deutlich die Werte der neu entstandenen Arbeitsplätze in Fi-scheln, was ausschließlich auf die Umstrukturierung des ÖPNV-Angebots in Fischeln zurück-zuführen ist. Durch die Linienführungsänderungen der Buslinien 60 und 61 werden die östli-chen Bereiche Krefelds direkt mit dem südlichen Ortsteil Fischeln verbunden. Diese tangenti-alen Verbindungen erhöhen die Erreichbarkeit von Aktivitäten mit dem ÖPNV auch in den übrigen Ortsteilen Krefelds. Verschlechterungen treten dagegen an den übrigen Haltestellen der Stadtbahnlinien 70 und 76 auf. Hier erhöhen sich die Reisezeiten in Richtung der Innen-städte Krefeld und Düsseldorf aufgrund eines zusätzlichen Halts am geplanten Verknüp-fungspunkt. Insgesamt führt der Planfall Fischeln aber zu einer Verbesserung in der Erreich-barkeit und kann daher im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung befürwortet werden. Zusätzlich wurde untersucht, welche Auswirkungen eine reine Flächenneubebaung ohne Ver-änderungen im ÖPNV-Netz hätten. Hier zeigte sich, dass sich eine alleinige Siedlungserwei-terung in Fischeln negativ auf die durchschnittliche Erreichbarkeit mit dem ÖPNV in Krefeld auswirkt. Wird dies im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung und mit dem Planungsziel der Wahrung der Erreichbarkeit von Aktivitäten als unvereinbar angesehen, so müssen ent-weder die Baumaßnahmen an anderen, integrierten Standorten erfolgen oder das ÖPNV-Angebot entsprechend angepasst werden. 6.3.2 Planfall Hüls Der zweite Planfall sieht eine Veränderung des ÖPNV-Angebotes im nördlichen Ortsteil Hüls vor. Obwohl das Nachfragepotenzial in Hüls sehr hoch ist, erweist sich das ÖPNV-Angebot als wenig leistungsfähig und attraktiv. Die im fünfzehnminütigen Takt verkehrende Straßen-bahnlinie 44 endet ca. einen halben Kilometer vor der eigentlichen Ortsmitte und ermöglicht keine direkte Verbindung mit der Krefelder Innenstadt. Der Ortsteil Hüls selbst wird lediglich durch eine Ringbuslinie im 30-Minuten-Takt erschlossen. Der Planfall Hüls sieht daher vor, die innere Erschließung Hüls durch den Einsatz eines zusätzlichen Busses zu verbessern, der dem jetzigen entgegengesetzt fährt, um einen sicheren Anschluss an die Straßenbahn zu ge-währleisten. Mit dem Reisezeitbudgetindikator wurden die Auswirkungen dieses zusätzlichen Buseinsat-zes im Ortsteil Hüls auf die Erreichbarkeit von Aktivitäten untersucht. Karte 5 zeigt exempla-risch die Auswirkungen auf die Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen mit dem ÖPNV in Krefeld in der gewohnten kartographischen Darstellungsform. Da das ÖPNV-Angebot durch den Ein-satz eines zusätzlichen Busses ausgeweitet wird, sind ausschließlich positive Effekte auszu-machen. Der Reisezeitbudgetindikator verdeutlicht, dass sich die Erreichbarkeit von Arbeits-plätzen nicht nur im Ortsteil Hüls, sondern auch in anderen Bereichen Krefelds erheblich ver-bessert. In Hüls kann insbesondere der östliche Teil von dem zusätzlichen Buseinsatz profitie-ren.

Page 45: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

45

Karte 5 Auswirkungen des Planfalls Hüls auf die Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen.

N

M.1:100000

Bus-/Strassenbahn-/Stadtbahnhaltestelle#S

Eisenbahnhaltestelle%U

#

##

#

#

##

###%#

## #

##

# ##

#

#

##

####

#

#

#

##

#

##

#

#

#

#

#

#

#

#

##

#

###

#

##

#

#

#

##

#### #

# #

#

#

%###

###

# #

##

##

##

#

##

#

#

# #

## #

#

#

#

#

#

##

####

##

##

##

####

##

##

#

#

#

#

##

####

#

#

#

#

#####

#

#

###

# ####

##

#

## #

#

##

#

#

##

## #

##

#

#

##

##

#

#

#

#

#

###

#

##

#

#

# # #

#

#

##

#

#

#

###

#

#

## #

#

##

##

#

##

##

####

###

##

#%

#

# #

#

###

##

###

##

#

#

#

#

# ##

#

#

#

#

#

#

##

#

#

#

##

#

#

#

#

#

#

#

# #

%###

#

#

#

#

#

#

#

#

##

#

####

#

#

%##

#

##

##

##

##

#

###

#

##

#

#

#

###

##

## #

##

# #

#

#

##%

##

# #

##

#

#

#

###

#

##

##

#

#

#

#

#

#

#

Wohnbaufläche

-4000 - -2000-2000 - -1000-1000 - -1

1 - 10001000 - 20002000 - 40004000 - 80008000 - 16000

> 16000

Verschlechterung

Verbesserung

< -4000

Veränderung der Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen

Legende:

Page 46: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

46

6.3.3 Zusammenfassende Beurteilung Eine Zusammenfassung der Auswirkungen auf die Erreichbarkeit durch die verschiedenen Maßnahmen gibt Tabelle 9. Dargestellt sind die prozentualen und absoluten Veränderungen der durchschnittlichen Erreichbarkeit von Aktivitätsgelegenheiten, die mit dem ÖPNV inner-halb von 30 Minuten Reisezeit erreichbar sind. Tabelle 9 Veränderung der durchschnittlichen Erreichbarkeit von Aktivitätsgelegenheiten je

Einwohner in Krefeld.

Arbeitsplätze Verkaufsfläche Schulplätze Einwohner

Ist-Zustand 74.101 296.744 19.618 175.580

Planfall Fischeln + 4,2 % (+ 3.142)

+ 1,6 % (+ 4.747)

+ 1,5 % (+ 287)

+ 1,6 % (+ 2.783)

Planfall Hüls + 1,7 % (+ 1.253)

+ 0,9 % (+ 2.596)

+ 0,3 % (+ 50)

+ 1,9 % (+ 3.423)

Im Vergleich der Reisezwecke zeigt sich, dass bei dem Planfall Hüls die größten prozentualen Verbesserungen in der Erreichbarkeit für die Reisezwecke Besuch und Arbeit und Ausbildung und bei dem Planfall Fischeln für den Reisezweck Arbeit und Ausbildung prognostiziert wer-den. In der Summe verspricht der Planfall Fischeln höhere positive Effekte als der Planfall Hüls. Die Wirkungsanalyse mit dem Reisezeitbudgetindikator konnte aufzeigen, dass bei beiden Planfällen insgesamt positive Auswirkungen auf die Erreichbarkeit von Aktivitätsgelegenhei-ten zu erwarten sind. Beide Planfälle gehen konform mit dem originären Planungsziel, der Verbesserung der Erreichbarkeit von Aktivitäten, und können die Attraktivität des ÖPNV-Angebots erhöhen.

Page 47: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

47

7. Fazit und Ausblick Das Ziel dieser Arbeit war die Weiterentwicklung von Erreichbarkeitsindikatoren, die bei der Nahverkehrsplanung eingesetzt werden können. In traditionellen Nahverkehrsplänen werden hauptsächlich Erreichbarkeitsindikatoren verwendet, die die Erschließungs- oder Verbin-dungsqualität des Verkehrssystems beschreiben, nicht aber die Interdependenzen zwischen dem Verkehrssystem und der Siedlungsstruktur abbilden können. Vor diesem Hintergrund wurde eine GIS-gestützte Bewertungsmethode entwickelt, mit der die aktuellen Erreichbarkeitsverhältnisse als auch die Auswirkungen von Maßnahmen auf die Erreichbarkeit über einen Reisezeitbudgetindikator dargestellt werden können. Mit dem Rei-sezeitbudgetindikator wird das originäre Ziel der Nahverkehrsplanung abgebildet, nämlich das Gewährleisten einer möglichst guten Erreichbarkeit von Aktivitätszielen mit dem ÖPNV. Den spezifischen Anforderungen der Planung an Objektivität und Transparenz wird Rech-nung getragen. Die entwickelte GIS-Fachschale kann dazu beitragen, dass Verbesserungen und Verschlechte-rungen in der Erreichbarkeit von Aktivitäten für unterschiedliche Maßnahmen und Szenarien differenziert dargestellt und anschaulich miteinander verglichen werden können. Die Anwen-dung ist einfach zu handhaben und bedarf eines geringen Datenaufwands. Durch die klein-räumige, fahrplangenaue Bewertung mit dem Reisezeitbudgetindikator können sowohl kos-tengünstige Maßnahmen wie Fahrplanänderungen als auch große infrastrukturelle Maßnah-men auf ihre Systemwirksamkeit untersucht werden. Dies bietet gerade im ländlichen Raum angesichts hoher Fahrzeugfolgezeiten neue Möglichkeiten zur Systemoptimierung. Durch eine ansprechende kartographische Aufbereitung sind die Untersuchungsergebnisse einfach zu interpretieren und gut kommunizierbar. Der Gebrauch des integrierten Reisezeitbudgetindikators stellt eine Verbesserung der derzei-tigen Planungsmethodik dar und kann zu einer Weiterentwicklung des ÖPNV-Angebots bei-tragen. Der wesentliche Vorteil der vorgestellten Methode resultiert aus der Fähigkeit, das Gesamtsystem Verkehr und Siedlungsstruktur anschaulich abbilden zu können. Es konnte demonstriert werden, dass schon kleine, lokale Veränderungen globale Auswirkungen haben. Da der Reisezeitbudgetindikator einfach zu vermitteln ist, müsste es in Zukunft verstärkt möglich sein, das Konzept der integrierten Erreichbarkeit in die öffentliche Planungsdiskussi-on einzubringen. Dabei ist anzunehmen, dass die hier gezeigte objektive, gesamträumliche Beurteilung von Maßnahmen auch die planerische Argumentationskraft stärken wird. Als po-tenzielle Anwendungsgebiete können sowohl die Flächennutzungsplanung, zum Beispiel bei der Erstellung von Stadtentwicklungskonzepten oder Flächennutzungsplänen, als auch die Verkehrsplanung, zum Beispiel bei der Erstellung von Verkehrsentwicklungs- oder Nahver-kehrsplänen, ausgemacht werden. Gleichwohl muss kritisch festgehalten werden, dass es derzeit keine systematischen Erkennt-nisse darüber gibt, ob potenziell erreichbare Aktivitätsgelegenheiten in der Realität auch wahrgenommen werden. Dies gilt ebenso für die Definition einer angemessenen ÖPNV-Angebots, für die es keine brauchbaren Anhaltspunkte für die Festlegung von Mindeststan-dards gibt. Für die Formulierung eines Zielerfüllungswertes mit dem Reisezeitbudgetindikator böte es sich daher an, die Erreichbarkeitsbedingungen mit dem ÖPNV denen des MIV gegen-überzustellen, wobei die Division der Ergebnisse das Erreichbarkeitsverhältnis bildet. Da dieser Quotient keine physikalische Größe enthält, ist eine Aggregation der verschiedenen

Page 48: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

48

Reisezwecke über den Anteil des jeweiligen Reisezweckes am Verkehrsaufkommen zu einem Gesamtwert möglich:

⋅=

pp

MIVp

ÖPNVp mAA

AR

wobei AR das Erreichbarkeitsverhältnis, p der Reisezweck, AÖPNV die Erreichbarkeit mit dem ÖPNV, AMIV die Erreichbarkeit mit dem MIV und m der Anteil des Reisezweckes am Ge-samtverkehrsaufkommen ist. Mit solch multimodalen Erreichbarkeitsanalysen, bei denen auch die individuellen Verkehrsmodi einbezogen werden, ließen sich zum Beispiel für Teilräume eines Untersuchungsraums bestimmte Sollwerte für eine angemessene Verkehrsbedienung mit dem ÖPNV im Vergleich zum MIV definieren. Tabelle 10 veranschaulicht dies für den be-schriebenen multimodalen Erreichbarkeitsindikator Erreichbarkeitsverhältnis exemplarisch.

Tabelle 10 Möglichkeiten zur Definition eines angemessenen ÖPNV-Angebots.

Verkehrspolitisches Ziel Erreichbarkeitsverhältnis AR

„ÖPNV als Vorrangsystem“ AR > 1,0

„ÖPNV als Konkurrenzsystem“ AR = [0,8..1,0]

„ÖPNV als Daseinsvorsorge“ AR = [0,5..0,8]

Als Fazit lässt sich festhalten, dass planerische und politische Akteure mit dem in dieser Ar-beit hergeleiteten Reisezeitbudgetindikator sowie mit der für seine Berechnung entwickelten GIS-Fachschale von nun an über ein Instrument verfügen können, mit dem verkehrsplaneri-sche und siedlungsstrukturelle Handlungskonzepte nach dem Konzept der Erreichbarkeit im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung bewertet werden können. Da die Anwendung rela-tiv einfach und flexibel zu handhaben ist, lassen sich schon in einem frühen Stadium des Pla-nungsprozesses unterschiedliche Szenarien erzeugen, von denen sich der Planer ein anschau-liches und objektives Gesamtbild machen kann. Anhand ihrer Bewertungen kann man sich so im weiteren Verlauf vollständig auf die aussichtsreichsten Lösungen konzentrieren.

(Gleichung 2)

Page 49: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

49

8. Quellenverzeichnis Barth, S. (2000): Nahverkehr in kommunaler Verantwortung: Der öffentliche Personennah-

verkehr nach der Regionalisierung. Erich Schmidt, Bielefeld.

Beckmann, K. J. (1999): Nachhaltiger Verkehr – Modebegriff oder mehr? In: Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr (Hrsg.): Schriftenreihe Stadt, Region, Land. Heft 67. Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr, Aachen, S. 69-77.

Bökemann, D. (1999): Theorie der Raumplanung. Oldenbourg, 2. Auflage, München und Wien.

Brake, K.; Dangschat, J. S.; Herfert, G. (Hrsg.) (2001): Suburbanisierung in Deutschland. Aktuelle Tendenzen. Leske und Budrich, Opladen.

Bruinsma, F. und Rietveld, P. (1998): The accessibility of European cities: theoretical frame-work and comparison of approaches. In: Environment and Planning A, Band 30. Pion Limited, London, S. 499-521.

Derichs, A. (2002): Nahverkehrspläne im Zeichen der Liberalisierung. Dortmunder Beiträge zur Raumplanung, Verkehr 1. Institut für Raumplanung an der Universität Dortmund, Dortmund.

EMNID (1989): KONTIV (Kontinuierliche Erhebung zum Verkehrsverhalten), Tabellenteil. EMNID, Bielefeld.

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) (Hrsg.) (2001a): Leitfaden für Verkehrsplanungen. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln.

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) (Hrsg.) (2001b): Hinweise auf Verfahren bei Verkehrsplanungen im Personenverkehr. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln.

Gould, P. (1969): Spatial diffusion. Association of American Geographers, Commission on College Geography, Washington, D.C..

Hägerstrand, T. (1974): Transport in the 1980-1990 decade – The impact of transport on the quality of life. In: Fifth International Symposium on the Theory and Practice of Trans-port Economics, Athen.

Halden, D.; McGuigan, D.; Nisbet, A.; McKinnon, A. (2000): Accessibility: Review of meas-uring techniques and their application. Scottish Executive Central Research Unit, Edin-burgh.

Handy, S.L. und Niemeier, D.A. (1997): Measuring accessibility: An exploration of issues and alternatives. In: Environment and Planning A, Band 29. Pion Limited, London, S. 1175-1194.

Hesse, M. und Schmitz, S. (1998): Stadtentwicklung im Zeichen von „Auflösung“ und Nach-haltigkeit. In: Informationen zur Raumentwicklung, Heft 7/8. S. 435-453.

Holzapfel, H.; Traube, K.; Ullrich, O. (1992): Autoverkehr 2000: Wege zu einem ökologisch und sozial verträglichen Straßenverkehr. Müller, 3. Auflage, Karlsruhe.

Holz-Rau, C. (1996): Integrierte Verkehrsplanung – die herausgeforderte Fachplanung. In: Informationen zur Raumentwicklung, Heft 7/8.

Page 50: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

50

Holz-Rau, C. (1997a): Siedlungsstrukturen und Verkehr. Materialien zur Raumentwicklung, Heft 84. Selbstverlag der Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung, Bonn.

Holz-Rau, C. (1997b): Siedlungsstruktur und öffentlicher Personennahverkehr. Zur Integrati-on des Nahverkehrsplans. In: Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung (SRL) (Hrsg.): Der Nahverkehrsplan – Neue Chance für Stadtentwicklung und Ver-kehrsplanung?. Berlin, S. 16-25.

Ingram, D.R. (1971): The concept of accessibility: A search for an operational form. In: Re-gional Studies, Band 5, S. 101-107.

Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH (infas) und Deutsches Institut für Wirt-schaftsforschung (DIW) (2004): Mobilität in Deutschland. Ergebnisbericht der KON-TIV 2002. Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH und Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Bonn und Berlin.

Kagermeier, A. (1997): Siedlungsstruktur und Verkehrsmobilität: eine empirische Untersu-chung am Beispiel von Südbayern. Dortmunder Vertrieb für Bau- und Planungsliteratur, Dortmund.

Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS) (2000): Gemein-dedaten Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf.

Löw, M. (2000): Regionalisierung des ÖPNV - Neuer Schwung für Bus und Bahn?. Dortmun-der Vertrieb für Bau- und Planungsliteratur, Dortmund.

Lutter, H.; Pütz, T.; Schliebe, K. (1993): Erreichbarkeit und Raumordnung – Ein Ansatz zur raumplanerischen Beurteilung von Verkehrsmaßnahmen. In: Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung (Hrsg.): Erreichbarkeit und Raumordnung. Materi-alien zur Raumentwicklung, Heft 42. Selbstverlag der Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung, Bonn.

Makri, M.-C. und Folkesson, C. (1999): Accessibility measures for analyses of land use and travelling with Geographical Information Systems. In: Urban Transport Systems. Pro-ceedings from the 2nd KFB-Research Conference 1999. Lund Institute of Technology, Department of Technology and Society, Lund.

Michael, R. (1993): Erreichbarkeitsanalysen für den öffentlichen und privaten Verkehr in Stadt und Region. In: Apel, D.; Holzapfel, H. et al. (Hrsg.): Handbuch der kommunalen Verkehrsplanung. Bonn.

Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (MWMEV) (1997): Leitfaden für die Aufstellung von Nahverkehrsplänen in NRW. Düsseldorf.

Moseley, M.J. (1979): Accessibility: the rural change. Methuen & Co Ltd, London.

Overkämping, B. (2001): Modellierung von Erreichbarkeit mit GIS. Optimierung der Halte-stellenplanung im ÖPNV. Diplomarbeit am Fachbereich Geowissenschaften der Westfä-lischen Wilhelms-Universität zu Münster, Münster.

PBefG (Personenbeförderungsgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.3.1961 (BGBl. I 1961 S. 241), Neugefasst durch Bekanntmachung vom 8.8.1990 (BGBl. I 1690), geändert durch Art. 14 GG vom 15.12.2001 (BGBl. I 3762).

Page 51: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

51

Ponel, T. (1999): Verkehrsvermeidung: Handlungskonzepte für eine integrierte Stadt- und Verkehrsentwicklungsplanung. Materialien des Deutschen Instituts für Urbanistik, Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin.

RegG (Regionalisierungsgesetz: Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Personennah-verkehrs) in Art.4 ENeuOG in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.12.1993 (BGBl. I S.2378, 2395).

Retzko, H.-G. (1987): Städtische Verkehrsplanung im Wandel. In: Internationales Verkehrs-wesen 4/1987, 39.Jg., S. 6-13.

Reutter, U. und Unger-Azadi, E. (2001): Landesplanerische Instrumente für verkehrssparsame Raumstrukturen. In: Apel, D.; Holzapfel, H. et al. (Hrsg.): Handbuch der kommunalen Verkehrsplanung. Bonn.

Robinson, G.M. (1990): Conflict and Change in the Countryside - Rural Society, Economy and Planning in the Developed World. Belhaven Press, London.

Ruppert, W.-R. (1975): Erschließungsqualität von Verkehrssystemen. Lagegunstindizes und ihre Anwendung. Batelle-Institut, Frankfurt a.M..

Scheiner, J. (2003): Bewertungsverfahren in der Verkehrsplanung. Arbeitspapiere des Fach-gebietes Verkehrswesen und Verkehrsplanung, Raum und Mobilität Nr. 9, Fakultät Raumplanung, Uni Dortmund, Dortmund.

Schlüter, T. (1998): Von Zielen zu Maßnahmen – Empfehlungen zur Arbeitsweise in der Kommunalverwaltung. In: Apel, D.; Holzapfel, H. et al. (Hrsg.): Handbuch der kom-munalen Verkehrsplanung. Bonn.

Schmitz, S. (2001): Revolution der Erreichbarkeit: Gesellschaft, Raum und Verkehr im Wan-del. Leske und Budrich, Opladen.

Schulten, M.-L. (2002): Planung lokaler ÖPNV-Angebote für Kleinstädte. Probleme, Poten-ziale, Handlungsansätze. Diplomarbeit an der Fakultät Raumplanung der Universität Dortmund, Dortmund.

Schürmann, C. (1999): Eisenbahn- und Straßenisochronen von Berlin. http://irpud.raumpla-nung.uni-dortmund.de/irpud/pro/berlin/berlin.htm. Zugriff am 10.07.00.

Schürmann, C.; Spiekermann, K.; Wegener, M. (1997): Accessibility indicators. Berichte aus dem Institut für Raumplanung 39. Institut für Raumplanung, Dortmund.

Schürmann, C.; Spiekermann, K.; Wegener, M. (2000): Erreichbarkeit und Raumentwicklung. In: Deiters, J.; Gräf, P.; Löffler, G. (Hrsg.): Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland, Band 9, Verkehr und Kommunikation. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, S. 124-127.

Schwarze, B. (2002): Erreichbarkeit mit dem ÖPNV – Eine GIS-gestützte Analyse der Erschließungs- und Verbindungsqualität des ÖPNV. Diplomarbeit an der Fakultät Raumplanung der Universität Dortmund, Dortmund.

Sieverts, T. (1998): Zwischenstadt: zwischen Ort und Welt, Raum und Zeit, Stadt und Land. Birkhäuser, Basel.

Spiekermann, K. und Wegener, M. (1999): Disaggregate environmental modules for model-ling sustainable urban development. In: Rizzi, P. (Hrsg.): Computers in Urban Planning and Urban Management on the Edge of the Millennium. F. Angeli, Mailand.

Page 52: Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung · Arbeitspapier 184 Björn Schwarze Erreichbarkeitsindikatoren in der Nahverkehrsplanung Dortmund, November 2005 Institut für

52

Spiekermann, K. und Wegener, M. (2000): Freedom from the tyranny of zones: towards new GIS-based models. In: Fotheringham, A.S. und Wegener, M. (Hrsg.): Spatial Models and GIS: New Potential and New Models. GISDATA 7, Taylor & Francis, London, S. 45-61.

Stadt Krefeld (1998): Nahverkehrsplan. Krefeld.

Strassert, G. (1978): Überlegungen zur Zusammenfassung von Indikatoren. In: Informationen zur Raumentwicklung, Heft 8/9, S. 713-717.

Thoss, R. (1995): Indikatoren. In: Akadamie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.): Handwörterbuch der Raumordnung. Akadamie für Raumforschung und Landesplanung, Hannover, S. 472-475.

Törnqvist, G. (1970): Contact Systems and Regional Development. Lund Studies in Geogra-phy, Series B: Human Geography, Band 35. Department of Geography, Royal Univer-sity of Lund, Lund.

Verband Öffentlicher Verkehr (VÖV) (Hrsg.) (1981): Empfehlungen für einen Bedienungs-standard im öffentlichen Personennahverkehr. VÖV-Schriften 1.41.1. Verband Öffent-licher Verkehr, Köln.

Walther, K. (1991): Maßnahmenreagibler Modal-Split im städtischen Personenverkehr. The-oretische Grundlagen und praktische Anwendung. Verkehrswissenschaftliches Institut der RWTH Aachen, Heft 45. RWTH Aachen, Aachen.

Wegener, M. (1999): Die Stadt der kurzen Wege – müssen wir unsere Städte umbauen?. Be-richte aus dem Institut für Raumplanung, Nr. 43. Institut für Raumplanung, Dortmund.

Wegener, M.und Fürst, F. (1999): Land-Use Transport Interaction: State of the Art. Berichte aus dem Institut für Raumplanung, Nr. 46. Institut für Raumplanung, Dortmund.

Wegener, M.; Eskelinen, H.; Fürst, F.; Schürmann, C.; Spiekermann, K. (2000): Geographi-cal Position. Study Programme on European Spatial Planning, Working Group 1.1, Fi-nal Report, Part 1. Institut für Raumplanung, Dortmund.

Zahavi, Y. (1974): Traveltime Budgets and Mobility in Urban Areas. Report FHW PL-8183, US Department of Transportation, Washington, D.C..

Zahavi, Y., Beckmann, K.J. and Golob, T.F. (1981): The ‘UMOT’/Urban Interactions. US Department of Transportation, Washington, D.C..