erziehung zur nachhaltigkeit in der volksschule als gesellschaftliche aufgabe. eine analyse mit...

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DIPLOMARBEIT zur Erlangung des akademischen Grades einer “Magistra der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften” im Diplomstudium Sozialwirtschaft. Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe Eine Analyse mit besonderer Ber¨ ucksichtigung des Schulbuchs Betreuer: a.Univ.-Prof. Dr. Reinhold Priewasser eingereicht von Elisabeth P¨ uhringer Stefan-Fechter-Weg 10; 4020 Linz 0657281 / 130 Linz, im September 2012

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Im Rahmen dieser Diplomarbeit wird die Rolle der Volksschulen bei der Integration des Nachhaltigkeitsansatzes in das Bewusstsein und Handeln der Menschen, und damit der Hervorbringung einer Gesellschaft mit nachhaltiger Lebensführung, näher betrachtet. Gravierende Verhaltensänderungen scheinen für einen Wandel Richtung Nachhaltigkeit unumgänglich. Eine wichtige Institution, in der ein Grundstein unserer Sozialisation gesetzt wird, wo also unter anderem verhaltensbeeinflussende Bewusstseins- und Wertebildung stattfinden, ist die Volksschule, in welcher der Staat ein großes Einflusspotenzial für die Mitgestaltung der Gesellschaft hat. In der Diplomarbeit wird untersucht, inwieweit dieses Potential zur Erziehung zur Nachhaltigkeit bereits ausgeschöpft wird und wie die Schülerinnen und Schüler diesbezüglich geprägt werden. Hierzu wurden die im Lehrplan festgelegten und von öffentlicher Hand mittels Schulbuch bereitgestellten Lehrinhalte zum Thema Nachhaltigkeit analysiert. Weiters wird aufgezeigt, was für die erfolgreiche Umsetzung nachhaltiger Lebensführung notwendig ist, was die Schulbücher in der Volksschule hierfür bereits leisten und was sie in Zukunft leisten könnten.

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Page 1: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

DIPLOMARBEITzur Erlangung des akademischen Grades einer

“Magistra der Sozial- und

Wirtschaftswissenschaften” im Diplomstudium

Sozialwirtschaft.

Erziehung zur Nachhaltigkeit in der

Volksschule als gesellschaftliche

AufgabeEine Analyse mit besonderer Berucksichtigung des Schulbuchs

Betreuer: a.Univ.-Prof. Dr. Reinhold Priewasser

eingereicht von

Elisabeth Puhringer

Stefan-Fechter-Weg 10; 4020 Linz

0657281 / 130

Linz, im September 2012

Page 2: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

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Page 3: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

Eidesstattliche Erklarung

Ich erklare an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbststandig und

ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel

nicht benutzt bzw. die wortlich oder sinngemaß entnommenen Stellen als solche

kenntlich gemacht habe.

Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch ubermittelten Textdoku-

ment identisch.

I

Page 4: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

Vorwort

Die Wahl fur dieses Thema hat vor allem sehr personliche Grunde: Ich kenne einige

Lehrerinnen und Lehrer, die an Themen einer nachhaltigen Entwicklung interessiert

sind und Wert darauf legen, ihren Schulerinnen und Schulern gewisse Grundsatze

eines nachhaltigen Lebens auf den Weg mitzugeben, und die mit entsprechenden

Lehrmethoden und Materialien arbeiten. Als im Herbst 2011 mein Sohn in die Schule

kam, stellte sich fur mich die Frage, was er wohl zum großen Thema Nachhaltigkeit

lernen wird. Vor allem, wenn seine Lehrerin ihren/ sein Lehrer seinen Unterricht

am Lehrplan und den Inhalten der Schulbucher orientiert, und sich nicht mit

außerschulisch angebotenem Lehrmaterial eindeckt. Im Rahmen dieser Diplomarbeit

mochte ich die Rolle der Volksschulen, insbesondere die Rolle der Schulbucher,

bei der Hervorbringung einer neuen, nachhaltigkeitsfahigen Gesellschaft, einer

Gesellschaft mit nachhaltiger Lebensfuhrung, naher betrachten.

Am Gelingen dieser Arbeit waren viele Menschen beteiligt, von denen ich einige

hier namentlich erwahnen mochte.

Mein erster Dank gilt meinem Betreuer a.Univ.-Prof. Dr. Reinhold Priewasser,

der mich von Anfang an in meinem Vorhaben unterstutzte, der mir bei Fragen und

Unsicherheiten stets mit kompetenten Ratschlagen zur Seite stand und mir vor

allem großes Vertrauen fur die Umsetzung dieser Arbeit entgegenbrachte.

Weiters mochte ich meinen Vater Josef Puhringer erwahnen, der großes Interesse

an meinem Thema zeigte, mir die Schulbucher fur die Analyse zur Verfugung stellte,

mir in vielen Gesprachen Mut zusprach, und dessen wertvolle Anregungen mir vor

allem in padagogischen Fragen eine große Hilfe waren.

Besonderer Dank gebuhrt all jenen, die sich wahrend meiner gesamten Studienzeit

sehr liebevoll um meinen Sohn Niklas gekummert haben, allen voran meiner Mutter

Erika Puhringer, sowie meiner Familie und meinen FreundInnen fur ihre emotionale

Unterstutzung.

II

Page 5: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 1

I. THEORETISCHER TEIL 3

2. Nachhaltigkeit als gesellschaftliche Herausforderung 4

2.1. Das Konzept Nachhaltige Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . 5

2.2. Umsetzungsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2.2.1. E!zienzstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2.2.2. Konsistenzstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2.2.3. Su!zienzstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2.2.4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

3. Verhaltenstheoretische Ansatze und die Rolle der Umweltbildung 15

3.1. Zusammenhang Umweltbewusstsein und Umweltverhalten . . . . . 15

3.2. Theoretische Erklarungsansatze zur Verhaltensdeskription . . . . . 17

3.2.1. Rational-Choice-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

3.2.2. Dilemma-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

3.2.3. Wohlbefindensforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

3.2.4. Lebensstilforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

3.3. Handlungsmodell nach Matthies als integrativer Ansatz mit Blick

auf Verhaltensintervention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

3.3.1. Normaktivations-Phase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

3.3.2. Motivations-Phase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

3.3.3. Evaluations- und Aktions-Phase . . . . . . . . . . . . . . . . 27

3.3.4. Gewohnheiten und Routinen . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

4. Die Rolle von Bildung und Sozialisation 29

4.1. Wissen, Kenntnisse und Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . 29

4.2. Werte, Normen und Einstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

4.3. Verhaltensgewohnheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

III

Page 6: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

Inhaltsverzeichnis

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit 33

5.1. Historischer Blick auf Umwelterziehung in der Schule . . . . . . . . 35

5.1.1. Umwelterziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

5.1.2. Okopadagogik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

5.1.3. Weitere Ansatze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

5.1.4. Bildung fur nachhaltige Entwicklung . . . . . . . . . . . . . 37

5.2. Politische Programme zur Forderung von Umwelterziehung . . . . . 38

5.2.1. Agenda 21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

5.2.2. OECD-Projekt “Environment and School Initiatives” . . . . 40

5.2.3. Die UN-Dekade Bildung fur Nachhaltige Entwicklung . . . . 40

5.2.4. Osterreichische Strategie zur Nachhaltigen Entwicklung . . . 41

5.2.5. FORUM Umweltbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

5.2.6. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

5.3. Rechtsgrundlagen fur den Umwelterziehungsauftrag . . . . . . . . . 45

5.3.1. Umwelterziehung im Lehrplan der Volksschule . . . . . . . . 46

5.3.1.1. Erster Teil: Allgemeines Bildungsziel . . . . . . . . 46

5.3.1.2. Zweiter Teil: Allgemeine Bestimmungen und Un-

terrichtsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

5.3.1.3. Siebter Teil: Bildungsaufgaben der Pflichtgegenstande 48

5.3.2. Grundsatzerlasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

5.4. Wandel in der Unterrichtsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

5.4.1. Ansatz der Gestaltungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . 51

5.4.2. Rolle der Lehrpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

5.4.3. Didaktische Methoden: Frontalunterricht vs. handlungsori-

entierter, facherubergreifender, ganzheitlicher Unterricht . . 55

5.4.4. Die Rolle des Schulbuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

II. EMPIRISCHER TEIL 60

6. Forschungsfragen und Hypothesen 61

7. Methodischer Zugang 62

7.1. Erhebungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

7.1.1. Desk Research . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

7.1.2. Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring . . . . . . . . . . . 62

7.1.2.1. Festlegung des Materials . . . . . . . . . . . . . . . 65

7.1.2.2. Analyse der Entstehungssituation . . . . . . . . . . 65

7.1.2.3. Formale Charakteristika des Materials . . . . . . . 66

7.1.2.4. Richtung der Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . 66

7.1.2.5. Theoretische Di"erenzierung der Fragestellung . . . 66

IV

Page 7: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

Inhaltsverzeichnis

7.1.2.6. Bestimmung der Analysetechnik . . . . . . . . . . 68

7.1.2.7. Festlegung und Definition des deduktiven, theorie-

geleiteten Kategoriensystems . . . . . . . . . . . . 69

7.2. Analyse- und Interpretationsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

7.2.1. Analyse der vorhandenen Sekundarliteratur . . . . . . . . . 71

7.2.2. Analyse und Interpretation der mittels Inhaltsanalyse erho-

benen Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

7.3. Dokumentationsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse 73

8.1. Umweltschutz allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

8.1.1. Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

8.1.2. Sachunterricht und Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . 74

8.2. Demokratielernen, Verantwortlichkeit und Handlungskompetenz . . 74

8.2.1. Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

8.2.2. Sachunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

8.2.3. Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

8.3. Biodiversitat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

8.3.1. Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

8.3.2. Sachunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

8.3.3. Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

8.4. Emissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

8.4.1. Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

8.4.2. Sachunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

8.4.3. Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

8.5. Klimaschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

8.5.1. Deutsch und Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

8.5.2. Sachunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

8.6. Konsum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

8.6.1. Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

8.6.2. Sachunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

8.6.3. Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

8.7. Mobilitat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

8.7.1. Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

8.7.2. Sachunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

8.7.3. Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

8.8. Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

8.8.1. Abfall und Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

8.8.1.1. Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

8.8.1.2. Sachunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

8.8.1.3. Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

V

Page 8: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

Inhaltsverzeichnis

8.8.2. Energieverbrauch und Energiegewinnung . . . . . . . . . . . 94

8.8.2.1. Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

8.8.2.2. Sachunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

8.8.2.3. Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

8.8.3. Gewasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

8.8.3.1. Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

8.8.3.2. Sachunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

8.8.3.3. Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

8.8.4. Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

8.8.4.1. Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

8.8.4.2. Sachunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

8.8.4.3. Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

8.8.5. Rohsto"verbrauch, Knappheit und Verfugbarkeit . . . . . . 103

8.8.5.1. Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

8.8.5.2. Sachunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

8.8.5.3. Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

8.9. Soziale Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

8.9.1. Gender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

8.9.1.1. Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

8.9.1.2. Sachunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

8.9.1.3. Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

8.9.2. Generationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

8.9.2.1. Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

8.9.2.2. Sachunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

8.9.2.3. Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

8.9.3. Nord-Sud-Beziehungen und Fair Trade . . . . . . . . . . . . 109

8.9.3.1. Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

8.9.3.2. Sachunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

8.9.3.3. Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

8.10. Umweltrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

8.10.1. Sachunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

9. Zusammengefasste Erkenntnisse 113

10.Fazit und Anregungen 123

Literaturverzeichnis 127

VI

Page 9: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

Abbildungsverzeichnis

3.1. Integratives Einflussschema umweltgerechten Alltagshandelns . . . . 25

7.1. Allgemeines inhaltsanalytisches Ablaufmodell . . . . . . . . . . . . 64

8.1. Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Umweltschutz allgemein” . 73

8.2. Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Demokratielernen, Verant-

wortlichkeit und Handlungskompetenz” . . . . . . . . . . . . . . . . 74

8.3. Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Biodiversitat” . . . . . . . 76

8.4. Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Emissionen” . . . . . . . . 77

8.5. Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Klimaschutz” . . . . . . . 79

8.6. Eines der wenigen Beispiele zum Thema Erderwarmung . . . . . . . 80

8.7. Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Konsum” . . . . . . . . . . 81

8.8. Kritischer Konsum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

8.9. Lebensmittel aus der Region . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

8.10. Vorzuge biologischer Lebensmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

8.11. Notwendigkeit von Import . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

8.12. Verteilung der Zuteilungen zur Kategorie Mobilitat auf einzelne

Themenbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

8.13. Verteilung auf Verkehrsteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

8.14. Ausbau der Verkehrswege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

8.15. Umweltfolgen von Mobilitat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

8.16. Vergleich von Verkehrsmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

8.17. Umweltfreundliches Auto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

8.18. Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Abfall und Recycling” . . 93

8.19. Mulltrennung fur eine Woche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

8.20. Recycling-Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

8.21. Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Energieverbrauch und Ener-

giegewinnung” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

8.22. Wirtschaftliche Bedeutung von Kohle . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

8.23. Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Ressourcen - Gewasser” . 102

8.24. Bucher mit Zuteilungen zur Kategorie “Ressourcen - Wasser” . . . . 103

8.25. Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Ressourcen - Rohsto"ver-

brauch, Knappheit und Verfugbarkeit” . . . . . . . . . . . . . . . . 104

8.26. Endlichkeit fossiler Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

VII

Page 10: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

Abbildungsverzeichnis

8.27. Vergleich Flugzeug - Heizung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

8.28. Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Soziale Nachhaltigkeit -

Gender” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

8.29. Klischees diskutieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

8.30. Geschlechtsneutrale Aufgabenstellungen . . . . . . . . . . . . . . . 108

8.31. Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Soziale Nachhaltigkeit -

Generationen” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

8.32. Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Soziale Nachhaltigkeit -

Nord-Sud-Beziehungen und Fair Trade” . . . . . . . . . . . . . . . . 110

8.33. Fair Trade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

8.34. Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Umweltrisiken” . . . . . . 111

8.35. Gefahrliche Sto"e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

8.36. Keine Atomkraft in Osterreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

9.1. Verteilung samtlicher Zuordnungen auf Themengebiete/Kategorien . 114

VIII

Page 11: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

Abkurzungsverzeichnis

Abs. Absatz

BiNEUniversitatslehrgang “Bildung fur nachhaltige Entwicklung -

Innovation in der Lehrer/innenbildung”

BNE Bildung fur nachhaltige Entwicklung

ENSI Environment and School Initiatives

IPN Leibniz-Institut fur die Padagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

NGO Non-governmental organization

OECD Organisation for Economic Co-operation and Development

OKOLOG Okologisierung von Schulen

SchUG Schulunterrichtsgesetz

UN United Nations

UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization

UMILE Umwelt - Innovation - LehrerInnenbildung

WCED World Commission on Environment and Development

IX

Page 12: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

1. Einleitung

Faktum ist, dass sowohl naturliche Ressourcen als auch die Aufnahmefahigkeit der

Umwelt begrenzt sind, und eine Wirtschafts- und Lebensweise - wie sie derzeit

vor allem in der westlichen Welt praktiziert wird - nicht dauerhaft unbeschadet

weitergefuhrt werden kann. Fakt ist auch, dass es fur einen Wandel Richtung

Nachhaltigkeit einen gravierendenWandel unseres Verhaltens, unserer Einstellungen,

Werte und Normen bedarf. Eine wichtige Institution, in der ein Grundstein unserer

Sozialisation gesetzt wird, wo also unter anderem Bewusstseins- und Wertebildung

stattfinden, ist die Volksschule, durch die der Staat ein großes Einflusspotential fur

die Mitgestaltung einer umweltgerechten”new generation“ hat.

Herauszufinden ist, inwieweit dieses Potential zur Erziehung zu Nachhaltigkeit be-

reits ausgeschopft wird, oder ob die Kritik, wonach Umwelterziehung vor allem von

umweltengagierten Lehrkraften abhangig ist, gerechtfertigt ist, oder zuruckgewiesen

werden kann. Hierfur werden in dieser Arbeit die im Lehrplan festgelegten und von

o"entlicher Hand mittels Schulbuch bereitgestellten Lehrinhalte zum Thema Nach-

haltigkeit naher betrachtet. Naturlich stellen Schulbucher, welche hier untersucht

werden, nur einen Teil des in den Volksschulen verwendeten Unterrichtsmaterials

dar. Eine umfassende Lehrmaterial-Untersuchung wurde jedoch den Rahmen dieser

Diplomarbeit sprengen. Daruber hinaus interessiert hier weniger, was SchulerInnen

von an Nachhaltigkeit interessierten Lehrpersonen (welche auch auf entsprechendes

außerschulisches Lehrmaterial zuruckgreifen) vermittelt bekommen, sondern viel-

mehr, wie all die Kinder, deren Lehrer und Lehrerinnen kein besonderes Interesse

an so genannter”Bildung fur nachhaltige Entwicklung“ haben, durch die vom Staat

bereitgestellten Schulbucher gepragt werden.

Das Ziel dieser Diplomarbeit besteht darin, aufzuzeigen, was fur die erfolgreiche

Umsetzung nachhaltiger Lebensfuhrung notwendig ist, was die Schulbucher in der

Volksschule hierfur bereits leisten, und was sie in Zukunft leisten konnten.

Es existiert bereits eine Vielzahl von Arbeiten zum Thema Umwelterziehung,

Okopadagogik oder Bildung fur nachhaltige Entwicklung (BNE), in denen die große

Bedeutung der Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen fur eine nachhaltige

Entwicklung argumentiert werden, und in denen unterschiedliche methodische Her-

angehensweisen aufgezeigt werden. Auch die Rolle der Schule und des Schulbuches

wird bereits von mehreren AutorInnen behandelt, jedoch wurden bisher der Bereich

der Volksschulen beziehungsweise Kinder bis zehn Jahren beinahe kategorisch aus-

1

Page 13: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

1. Einleitung

geschlossen. Da ich davon uberzeugt bin, dass auch Sechs- bis Zehnjahrige bereits

Grundlagen von nachhaltigem Verhalten lernen konnen und in diesem Alter bereits

Grundsteine des routinierten Alltagsverhaltens gelegt werden, mochte ich versuchen,

mit meiner Diplomarbeit einen kleinen Teil dieser Lucke zu schließen.

Nach dieser Einleitung soll Kapitel 2 thematisch in die Arbeit einfuhren und

einen groben Rahmen fur das Thema “Bildung fur nachhaltige Entwicklung” geben.

Zuerst wird der Begri" der Nachhaltigkeit in seinen Grundgedanken, seinen Dimen-

sionen sowie seine historische Entwicklung kurz umrissen. Anschließend werden

drei Umsetzungsstrategien und ihre Rolle fur eine zukunftsfahige Entwicklung

beschrieben.

Kapitel 3 befasst sich mit verhaltenstheoretischen Ansatzen und soll aufzeigen,

wovon umweltkonformes oder nicht-umweltkonformes Verhalten abhangig ist und

wie Verhalten gelenkt, beeinflusst oder verandert werden kann. Hierfur werden

einige theoretische Modelle und entsprechende Ansatzpunkte fur Bildung fur nach-

haltige Entwicklung vorgestellt, wobei auf das Handlungsmodell von Matthies naher

eingegangen wird.

In Kapitel 4 wird der Versuch unternommen, mithilfe von Sozialisations- und

Bildungstheorien zu erklaren, wo und wie die in Kapitel 3 identifizierten subjektiven,

verhaltensrelevanten Faktoren gebildet oder gelernt werden.

Kapitel 5 befasst sich schließlich mit der Schule als wichtigem Akteur bei der

Erziehung zu Nachhaltigkeit. Nach einem historischen Blick auf das Thema Um-

welterziehung wird die Bedeutung (internationaler) politischer Programme und

gesetzlicher Rahmenbedingungen fur Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Schule

diskutiert. Danach wird untersucht, inwiefern Erziehung zur Nachhaltigkeit im

Lehrplan der Volksschule verankert ist und welche Rolle didaktische Methoden,

Lehrpersonen und insbesondere Lehrmaterialien und Schulbucher spielen.

Der empirische Teil der Arbeit beginnt mit den Kapiteln 6 und 7, in denen die

Forschungsfragen und das methodische Vorgehen der Untersuchung dargestellt und

beschrieben werden.

In Kapitel 8 werden schließlich die Ergebnisse der durchgefuhrten Schulbuch-

analyse dokumentiert und ausfuhrlich dargestellt und in Kapitel 9 erfolgt eine

zusammengefasste Darstellung der Erkenntnisse.

Ein Fazit und einige Anregungen runden die Arbeit in Kapitel 10 schließlich ab.

2

Page 14: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

Teil I.

THEORETISCHER TEIL

3

Page 15: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

2. Nachhaltigkeit als

gesellschaftliche Herausforderung

Dass die naturlichen Ressourcen knapp sind und die Umwelt nur begrenzt Stof-

feintrage aufnehmen und in naturlichen Regelkreisen verarbeiten kann, wird seit

den ersten Studien zu den Grenzen des Wachstums als unbestrittene Tatsache

anerkannt. Bereits im 1972 vom Club of Rome vero"entlichten Bericht “Die Grenzen

des Wachstums” wird eine Gefahrdung der Lebensraume, der Welternahrung und

der nutzbaren Ressourcen vorausgesagt, sollte sich die Weltbevolkerung und die

Wirtschaft unverandert weiterentwickeln. Daraus ergibt sich eine weitere hinlanglich

anerkannte Tatsache: ein Lebens-, Konsum- und Wirtschaftsmodell - und die damit

einhergehende gesellschaftliche Anspruchsentwicklung an die Natur - wie sie in

den westlichen, hochindustralisierten Gesellschaften betrieben wird, ist als globales

Modell fur die naturliche Umwelt auf Dauer nicht tragbar. Bei einer Entwicklung

wie bisher zeichnet sich fur die Zukunft eine dramatische Verscharfung ab. Wenn

die Reproduktions-, Regenerations- und Pu"erleistungen von Boden, Luft, Was-

ser und Biosphare weiter in diesem Ausmaß uberstrapaziert werden, kann diese

Uberforderung des Naturhaushalts im Extremfall zu einem Zusammenbruch des

Oko-Systems - mit schwerwiegenden okologischen, wirtschaftlichen und sozialen

Folgen - fuhren. Um das zu verhindern und das Ungleichgewicht zwischen Na-

turverbrauch auf der einen Seite und begrenzter Leistungsfahigkeit der Umwelt

auf der anderen Seite auszugleichen oder zumindest zu stabilisieren, wurden viele

Umweltschutz-Strategien entwickelt. Die Umweltschutz-Konzepte wurden stetig wei-

terentwickelt und sind vom nachsorgenden Umweltschutz uber die Umweltvorsorge

mittlerweile beim Ansatz der Nachhaltigkeit angekommen.1 Das Nachhaltigkeitskon-

zept wird als aktuelle Antwort auf die globalen okologischen und sozialen Probleme

gesehen und gilt als Leitbild fur eine zukunftsfahige Entwicklung auf allen Ebenen.2

In diesem Kapitel soll das umfangreiche Thema Nachhaltigkeit nicht ausfuhrlich

diskutiert werden, sondern lediglich die Grundbegri"e, -gedanken und -dimensionen

nachhaltiger Entwicklung geklart werden, um einen Rahmen fur Bildung fur nach-

haltige Entwicklung zu geben.

1Vgl. Priewasser 2010b, S. 1, Ders. 2007, S. 1, Kleinhuckelkotten 2005, S. 25 und De Haan undKuckartz 1996, S. 272.

2Vgl. Kleinhuckelkotten 2005, S. 13.

4

Page 16: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

2. Nachhaltigkeit als gesellschaftliche Herausforderung

2.1. Das Konzept Nachhaltige Entwicklung

Von der WCED (World Commission on Environment and Development) wurde im

Jahre 1987 der Zukunftsbericht”Our Common Future“, auch bekannt unter dem

Namen”Brundtland-Report“, vero"entlicht. Die Definition fur nachhaltige Entwick-

lung lautet in diesem Bericht:”Sustainable development is development that meets

the needs of the present without compromising the ability of future generations to

meet their own needs.“3 Nachhaltige Entwicklung wird also als gesellschaftlicher

Gestaltungsprozess zur Sicherung der heutigen und zukunftigen Lebensqualitat

verstanden.4 Spatestens seit der Konferenz der Vereinten Nationen fur Umwelt und

Entwicklung im Jahre 1992 in Rio de Janeiro ist das Konzept der nachhaltigen

Entwicklung fixer Bestandteil der politischen und wissenschaftlichen Diskussion um

Wachstum, Entwicklung, Fortschritt und Umwelt.5 Hier bekannten sich 178 Staaten

zur gemeinsamen Verantwortung und beschlossen das Aktionsprogramm”Agenda

21“, in dem mit Nachhaltigkeitszielen, Handlungsempfehlungen und Maßnahmen

auf internationaler, nationaler, regionaler und lokaler Ebene ein weltweiter Rahmen

fur einen Ubergang ins 21. Jahrhundert gesetzt wurde. Da ein zentrales Ziel der

Agenda 21 der gerechte Ausgleich zwischen dem globalen Norden und dem globalen

Suden ist, wird sie sowohl als umwelt- als auch als entwicklungspolitisches Doku-

ment verstanden.6 Das Leitbild “Nachhaltige Entwicklung” mochte drei Ziele in

Einklang bringen: erstens die Gewahrleistung einer dauerhaften Reproduktion von

Naturressourcen und Okosystemen, zweitens eine voranschreitende Wohlstandsent-

wicklung und drittens mehr Verteilungsgerechtigkeit sowohl zwischen heutigen als

auch zwischen heutigen und zukunftigen Generationen. Demnach beschrankt sich

nachhaltige Entwicklung nicht auf Ressourcenschonung und Umweltschutz, sondern

umfasst auch die soziale und wirtschaftliche Entwicklung und deren Beziehungen

zueinander. Alle drei Faktoren stehen in engem Zusammenhang und beeinflussen

sich gegenseitig, weshalb eine isolierte Betrachtung eines einzelnen Faktors meist

nicht aussagekraftig und zielfuhrend ist, sondern eine dauerhafte Stabilisierung

des Gesamtsystems Natur - Gesellschaft - Wirtschaft angestrebt wird.7 Diese drei

Saulen, auf denen das Konzept aufbaut, lassen sich durch folgende Zielsetzungen

konkretisieren:8

• Okologische Saule

3WCED 1987.4Vgl. Heinrich et al. 2007, S. 7.5Vgl. Kleinhuckelkotten 2005, S. 13.6Vgl. Hauenschild und Bolscho 2005, S. 32, Ebner 2011, S. 3 und Schober 2002, S. 80 f.7Vgl. Huber 2001, S. 172 f, Kleinhuckelkotten 2005, S. 13, Schober 2002, S. 80 f und Ebner 2011,S. 4.

8Vgl. Priewasser 2010b, S. 5, Krondorfer 2007, S. 4 !, Kleinhuckelkotten 2005, S. 48 f, De Haanund Kuckartz 1996, S. 272, Hauenschild und Bolscho 2005, S. 35 ! und Aachener StiftungKathy Beys o. J..

5

Page 17: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

2. Nachhaltigkeit als gesellschaftliche Herausforderung

– Substitution nicht-erneuerbarer Rohsto"e und Energietrager durch erneu-

erbare unter Beachtung der Regenerationsrate erneuerbarer Ressourcen

– Minimierung der Nutzung von nicht erneuerbaren Ressourcen und Ein-

satz moglichst nur in dem Umfang, in dem (zukunftig) Substituti-

onsmoglichkeiten gescha"en werden konnen

– Minimierung samtlicher Emissionen in die naturliche Umwelt und An-

passung von Sto"eintragen in die Umwelt an die Aufnahme- und As-

similationsvermogen und die Zeitdimensionen von Okosystemen und

naturlichen Regelkreisen

– Vermeidung von Risiken aus okonomisch-technischen Prozessen fur den

Menschen und die Umwelt

• Okonomische Saule

– Wirtschaftliche Aktivitaten dienen der Befriedigung menschlicher Grund-

bedurfnisse

– Wirtschaftswachstum unter naturschonenden und verteilungsgerechten

Rahmenbedingungen

– Forderung umweltfreundlicher Innovationen und Produktionsprozesse

– Forderung einer verantwortungsbewussten Unternehmerschaft

– Forderung nachhaltiger Konsumgewohnheiten

• Soziale Saule

– Armutsbekampfung und Befriedigung der Grundbedurfnisse, um allen

Mitgliedern verschiedener Gesellschaften ein Leben in physischer und

psychischer Gesundheit zu ermoglichen

– Gerechtigkeit bei Erwerbs- und Bildungschancen

– Friedenssicherung und Sicherung der sozialen Stabilitat sowie Moglichkeit

zur Teilnahme und Mitbestimmung an wichtigen gesellschaftlichen Ent-

scheidungsprozessen

– Sicherung der individuellen Freiheit und Wahrung der Menschenrechte

– Gesundheitsforderung

– Chancengleichheit, Gleichberechtigung und gerechter Zugang zu so-

wohl naturlichen als auch gesellschaftlichen Ressourcen wie politischen

Amtern, Kultur und Mobilitat

! innerhalb der Industrielander (unter anderem zwischen den Ge-

schlechtern)

6

Page 18: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

2. Nachhaltigkeit als gesellschaftliche Herausforderung

! zwischen Landern des globalen Nordens und des globalen Sudens

! zwischen den heutigen und zukunftigen Generationen (= intergene-

rative Gerechtigkeit)

Um dies zu erreichen, ist laut Brundtland-Bericht “ein Prozess der Veranderung

[erforderlich], in dem die Nutzung der Ressourcen, die Struktur der Investitionen,

die Orientierung des technischen Fortschritts und die institutionellen Strukturen

konsistent gemacht werden mit den zukunftigen und gegenwartigen Bedurfnissen.”9

Durch die Starkung von Rechts- und Gerechtigkeitssinn, Toleranz, Solidaritat und

Kompetenz zur gewaltfreien Konfliktlosung soll der soziale Zusammenhalt - die

Grundlage fur das Solidaritatsprinzip und den Generationenvertrag - gestarkt

werden.10 Denn “fur eine nachhaltig zukunftsvertragliche Entwicklung ist die Schaf-

fung einer solidarischen Gesellschaft, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Freiheit,

soziale Gerechtigkeit, Wohlstand und okologische Verantwortung gewahrleistet,

unerlaßliche Voraussetzung.”,11 so die Enquete-Kommission “Schutz des Menschen

und der Umwelt - Ziele und Rahmenbedingungen einer nachhaltig zukunftsver-

traglichen Entwicklung” des deutschen Bundestages in ihrem Abschlussbericht.

2.2. Umsetzungsstrategien

Ein Wandel in Richtung nachhaltiger Produktions- und Konsumvorgange erfordert

neben entsprechenden Technologien vor allem auch veranderte, umweltschonende

Entscheidungs- und Verhaltensmuster, sowohl von den ProduzentInnen als auch

den KonsumentInnen. In der Nachhaltigkeitsdebatte werden zur Umsetzung der

Nachhaltigkeits-Ideen vor allem drei strategische Ansatze diskutiert,12 die Priewas-

ser13 mit folgenden Beispielen konkretisiert und veranschaulicht, und auf die im

Anschluss naher eingegangen werden soll:

• E!zienzstrategie: materielle Anspruche werden, durch Erhohung der Ressour-

cenproduktivitat, mit geringerem Umweltverbrauch erzielt. Beispiele waren

verbrauchsarme Autos oder Wirkungsgradverbesserungen bei Heizsystemen.

• Konsistenzstrategie: unveranderte Anspruche werden durch umweltvertragliche

(nicht giftige, abbaubare, erneuerbare) Sto"e beziehungsweise Produkte, wie

zum Beispiel Produkte aus umweltvertraglicher Produktion, Solaranlagen

zur Warmwasserbereitung, energie- und wassersparende Waschmaschinen

oder okosystemschonende Haushaltschemikalien, gedeckt. Die erforderlichen

9zit. n. Ebner 2011, S. 3.10Vgl. Kleinhuckelkotten 2005, S. 49.11Deutscher Bundestag 1998.12Vgl. Hauenschild und Bolscho 2005, S. 40 und Kleinhuckelkotten 2005, S. 53.13Vgl. Priewasser 2010a, S. 4.

7

Page 19: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

2. Nachhaltigkeit als gesellschaftliche Herausforderung

Sto"- und Energiestrome werden also qualitativ und quantitativ an die

Regenerations- und Assimilationsfahigkeit der Umwelt angepasst.

• Su!zienzstrategie: erfordert eine Anspruchsveranderung, Genugsamkeit und

Anderung des Lebensstils. Bevorzugung von saisonalen Gutern der Region,

Nutzen statt Besitzen, Qualitat statt Quantitat oder Einkauf im Ort konnen

als beispielhafte Schlagworter genannt werden.

Sowohl die wissenschaftliche als auch die politische Diskussion konzentrieren sich

bisher hauptsachlich auf die E!zienz- und etwas seltener auf die Konsistenzstrategie,

da beide (okologische) Verbesserungen versprechen, ohne dass dafur grundlegende

gesellschaftliche Veranderungen notwendig waren.14

2.2.1. E!zienzstrategie

Die großten Erwartungen werden in die E!zienzstrategie gesetzt. Neben dem

Bereich des personlichen Konsums und der Haushaltsfuhrung, wie beispielsweise

der Wassernutzung, bezieht sich E!zienz vor allem auf den Bereich der Produktion.

Durch die Herstellung und Nutzung von Produkten und Dienstleistungen mit einem

immer geringer werdenden Ressourcenverbrauch (Rohsto"en, Energie, Wasser),

sowie der Minimierung jeglicher Emissionen an die Umwelt, soll die Ubernutzung

der naturlichen Umwelt minimiert werden. E!zienzsteigerung bedeutet, das Input-

Output-Verhaltnis, die Ressourcenproduktivitat, den Sto"- und Energieeinsatz pro

Produkt- oder Dienstleistungseinheit zu verbessern, das heißt, unter gegebenen

Umstanden und Mitteln den hochsten Ertrag zu erzielen oder einen gegebenen

Ertrag mit dem geringsten Mitteleinsatz zu erreichen, um eine moglichst sparsame

Ressourcennutzung zu gewahrleisten.15

Die E!zienzstrategie wird hauptsachlich als technische (durch Innovationen

konne die Ressourcenproduktivitat vervierfacht werden)16 und wirtschaftliche Stra-

tegie betrachtet, und findet insbesondere in der Wirtschaft großen Anklang, da sie

scheinbar verspricht, ohne Ruckgang des Guterkonsums bzw. ohne Einschrankung

des Wirtschaftswachstums einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung leisten zu

konnen.17

Sowohl der Material- als auch der Energieeinsatz pro Produktionseinheit wurde in

den letzten Jahrzehnten stetig verringert. Um den gleichzeitig durch Bevolkerungs-

und Wirtschaftswachstum enormen Bedarfsanstieg zu decken, reichten diese E!-

zienzsteigerungen jedoch nicht aus. Um die angestrebte Halbierung des Umwelt-

verbrauchs bis 2025 zu erreichen, musste die E!zienz jahrlich um sechs Prozent

14Vgl. Kleinhuckelkotten 2005, S. 13.15Vgl. Prammer 2009, S. 61, Priewasser 2010b, S. 7 f, Ebner 2011, S. 8 f, Hauenschild und

Bolscho 2005, S. 40 f und Kleinhuckelkotten 2005, S. 54 f.16Vgl. Hauenschild und Bolscho 2005, S. 40 f.17Vgl. Kleinhuckelkotten 2005, S. 13 und 54 f.

8

Page 20: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

2. Nachhaltigkeit als gesellschaftliche Herausforderung

steigen. Das Faktor-4-Konzept geht von einer erforderlichen Halbierung des Natur-

verbrauchs bei gleichzeitiger Wohlstands-Verdoppelung aus, was eine Verringerung

des spezifischen Umweltverbrauchs pro Produktionseinheit um 75 Prozent bedeu-

ten musste. Noch weiter geht das Faktor-10-Konzept, das daruber hinaus auch

die Anspruche auf Mehrbedarf aufgrund eines Nachholprozesses von sogenannten

Entwicklungs- und Schwellenlandern berucksichtigt, und deshalb fur westliche In-

dustriestaaten eine Verringerung des spezifischen Material- und Energieverbrauchs

pro Wirtschaftseinheit um 90 Prozent vorsieht.18

Neben Wohlstands- und Bevolkerungswachstum stellt der Rebound-E"ekt ein

weiteres Problem dar. Selbst wenn der spezifische Ressourcenbedarf entsprechend

verringert werden kann, fuhrt die verbesserte E!zienz alleine nicht zwangslaufig zur

Erreichung der umweltpolitischen Zielsetzungen, sondern kann unter Umstanden so-

gar kontraproduktiv wirken. Denn eine gesteigerte E!zienz fuhrt nicht automatisch

zu einer Verminderung, sondern oftmals zu einer Ausweitung des Konsums, wodurch

der Einsparungs-E"ekt durch die E!zienzsteigerung teilweise wieder aufgehoben

wird.19 Rebound-E"ekte entstehen als direkte Folge von E!zienzgewinnen und

beschreiben das veranderte (Nachfrage-)Verhalten aufgrund von E!zienzeinsparun-

gen. So fuhrt e!zienterer Transport und die Moglichkeit, schnell und relativ billig

zu reisen dazu, dass mehr Menschen haufiger und weitere Reisen unternehmen,

dass mit dem sparsamen Auto mehr gefahren wird oder dass aufgrund der neuen

Warmedammung weniger auf richtiges Heiz- und Luftungsverhalten geachtet wird.

Indirekte Rebound-E"ekte ergeben sich dadurch, dass durch E!zienzsteigerungen

eingespartes Kapital zusatzlichen Konsum in anderen Bereichen ermoglicht, und

so der Gesamtverbrauch erhoht wird. Diese auf Verhaltensanderungen beruhen-

den E"ekte durfen in der vorherrschenden E!zienzeuphorie nicht ausgeblendet

werden.20

Der schweizer Journalist Marcel Hanggi bringt die Problematik folgendermaßen

auf den Punkt: “Technik wird e!zienter seit es sie gibt; noch nie ging deshalb

jedoch der globale Energieverbrauch zuruck. Wie e!zient (fossile) Energie genutzt

wird, ist fur das Klima vollkommen irrelevant: Es kommt allein darauf an, wie viel

davon verbraucht wird.”21

2.2.2. Konsistenzstrategie

Wie die E!zienzstrategie wird auch die Konsistenzstrategie meist als rein techni-

sche beziehungsweise wirtschaftliche Strategie gesehen, wobei beide als einander

erganzende Konzepte verstanden werden. Wahrend die E!zienzstrategie ein quan-

18Vgl. Priewasser 2010b, S. 7 f.19Vgl. Lechner 2011b.20Vgl. Kleinhuckelkotten 2005, S. 54 f und Lechner 2011b.21Hanggi 2009, S. 29.

9

Page 21: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

2. Nachhaltigkeit als gesellschaftliche Herausforderung

titatives Ziel verfolgt - namlich die Mengen des Ressourcenbedarfs beziehungsweise

der Emissionen zu reduzieren - soll durch die Konsistenzstrategie die Vereinbarkeit

von Okonomie und Okologie durch qualitative Veranderungen verbessert werden.

Durch Basisinnovationen in der Technik und der Produktentwicklung sollen die

Qualitat der von der Umwelt entnommenen und an sie abgegebenen Sto"e verandert

und die Sto"- und Energiestrome qualitativ und quantitativ an die Regenerati-

onsfahigkeit der naturlichen Umwelt angepasst werden. Das meint einerseits den

vorrangigen Einsatz erneuerbarer Rohsto"e und Energietrager und andererseits die

Umweltvertraglichkeit der abgegebenen Sto"e.22 Ein wichtiger Ansatz dieser Strate-

gie ist jener der”Zero Emissions“. Dabei sollen “alle in einem Prozess zum Einsatz

kommenden Sto"e vollstandig in ein Endprodukt einfließen oder zu Inputs fur

andere wertscha"ende Prozesse werden und es somit keine unerwunschten Neben-

oder Kuppelprodukte”23 geben. Eine solche, im Idealfall abfall- und emissions-

freie, Produktion wird beispielsweise durch geschlossene, betriebsinterne Kreislaufe

oder in Form von Oko-Parks, in denen Reststo"e wieder- und weitergenutzt und

Abfalle und Abwasser moglicherweise noch in Kompostier- und Biogasanlagen

weiterverarbeitet werden, moglich.24

Bei einer kritischen Betrachtung mussen jedoch auch folgende Aspekte bedacht

werden:25

• Der aufgrund von Bevolkerungs- und Wirtschaftswachstum stetig steigende

Material- und vor allem Energiebedarf kann nur teilweise durch die Umsetzung

der aktuell verfugbaren, technologischen Innovationen im Sinne einer E!zienz-

und Konsistenzstrategie kompensiert werden, beziehungsweise liegt die dafur

notwendige “neue industrielle Revolution” noch in ferner Zukunft.26

• Neben der Industrie sind vor allem auch KonsumentInnen gefordert, im Sinne

eines bewussten Konsums umweltfreundliche (langlebige, ungiftige, energie-

sparende, erneuerbare, recyclierbare, biologisch erzeugte, fair gehandelte, etc.)

Produkte zu bevorzugen und nachzufragen.

• E!ziente und konsistente Technik fuhren oft nur zusammen mit entspre-

chendem Verhalten zum erwunschten Ergebnis. So kann beispielsweise das

technische Potential eines mit erneuerbaren Energien betriebenen Heizys-

tems nur in Zusammenhang mit e!zienzsteigender Warmedammung und

entsprechendem Heiz- und Luftungsverhalten voll ausgeschopft werden.

22Vgl. Priewasser 2010b, S. 8 !, Ders. 2007, S. 10 f, Kleinhuckelkotten 2005, S. 13 und 55 undHauenschild und Bolscho 2005, S. 41.

23Priewasser 2010b, S. 8.24Vgl. ebd., S. 8 !.25Vgl. Rogall 2008, S. 181, Kleinhuckelkotten 2005, S. 55 und Lechner 2011b.26Kleinhuckelkotten 2005, S. 13.

10

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2. Nachhaltigkeit als gesellschaftliche Herausforderung

Obwohl Linz und Scherhorn27 E!zienz- und Konsistenztechnologien fur einen

Systemwechsel in der Energieversorgung fur unumganglich halten, kritisieren sie

den vorherrschenden Technologie-Optimismus. In allen 15 von ihnen untersuchten

Energie-Szenarien wird eine technologische Energiewende allein durch E!zienzstei-

gerung und Durchsetzung erneuerbarer Energien angestrebt und erreicht. Der feste

Glaube an das Gelingen eines solchen technischen Wandels macht einen Wandel der

vorherrschenden Lebens- und Wirtschaftsweisen, eine Veranderung des individuellen

Verhaltens aller, scheinbar uberflussig.

2.2.3. Su!zienzstrategie

Mit der zentralen Frage, wie viel Wohlstand sich insbesondere die westliche Welt aus

okologischen und sozialen Uberlegungen leisten kann, zielt die Su!zienzstrategie auf

Nachfrageverzicht, ein freiwilliges Maßhalten, Selbstbegrenzung und Genugsamkeit

bei Kauf und Nutzung von Gutern und Dienstleistungen ab, um so eine unmit-

telbare, absolute Verringerung des Umweltverbrauchs zu erreichen.28 Wahrend

bei der E!zienzstrategie die gleiche Leistung mit weniger Material- und Ener-

gieeinsatz erzeugt wird und bei der Konsistenzstrategie die gleiche Leistung mit

qualitativ verandertem Einsatz bereitgestellt wird, geht es bei der Su!zienzstrate-

gie um individuellen Verzicht auf die Leistung, beziehungsweise um strukturelle

Anderungen, durch die sich die Leistung erubrigt.29 Wie bereits festgestellt wur-

de, beschaftigt sich der politische und wissenschaftliche Nachhaltigkeitsdiskurs

bisher hauptsachlich mit der E!zienz- und der Konsistenzstrategie, obwohl die

Berucksichtigung von individuellen und sozialen Veranderungsprozessen, genauer

von veranderten Verhaltens- und Einstellungsmustern, zusatzlich als unumganglich

angesehen werden muss. Die Su!zienzstrategie setzt vor allem bei den Konsumen-

tInnen und ihren moglichst nachhaltigen Lebens- und Konsumstilen an. Von ihnen

werden Anderungen bei Einstellungen und Werten, sowie Verhaltensanderungen bei

Konsum, Energienutzung und Mobilitat erwartet.30 Laut Stengel31 muss weniger

Konsum weder fur die Individuen noch fur die Gesellschaft schlechtere Lebensqua-

litat bedeuten. In seinem schwacher gefassten Su!zienzbegri" wird nicht gefordert,

auf das Notwendige, sondern auf das Uberflussige zu verzichten. Zur Kritik, dass

Konsum und Wirtschaftswachstum fur eine funktionierende Marktwirtschaft un-

erlasslich seien, schreibt er, dass sich nach der schwacheren Su!zienz-Definition

hauptsachlich die Nachfrage nach umweltschadigenden Produkten (Individualver-

kehr, fossile Energien) andern musse und dafur Branchen wachsen, die den Energie-

27Vgl. Linz und Scherhorn 2011, S. 3 !.28Vgl. Kleinhuckelkotten 2005, S. 54, Priewasser 2010b, S. 6 f, Ders. 2007, S. 7 ! und Hauenschild

und Bolscho 2005, S. 41.29Vgl. Rogall 2004, S. 126.30Vgl. Kleinhuckelkotten 2005, S. 54 und Lechner 2011b.31Vgl. Stengel 2011a und Ders. 2011b, S. 140 !.

11

Page 23: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

2. Nachhaltigkeit als gesellschaftliche Herausforderung

und Rohsto"verbrauch senken. Dies fuhre auf gesamtgesellschaftlicher Ebene nicht

zu Verzicht, sondern lediglich zu einer Veranderung des Wirtschaftswachstums.

Auf der Ebene der Individuen beruft er sich auf Befunde der Happiness-Forschung,

wonach ein hoheres Konsum- und Einkommensniveau nicht automatisch zu einem

Zuwachs an Lebensqualitat fuhren. “Weniger ist mehr”, “Gut leben statt viel

haben”, “Zeitwohlstand statt Guterwohlstand” lauten die entsprechenden Leitsatze

dazu. Beispielhaft macht er folgende konkrete Su!zienzvorschlage: regionale Ur-

laubsziele, eingeschrankter Mode- und Elektronikkonsum, langlebige Produkte,

gemeinsame Nutzung, bewusste Wohnraumbeheizung, Energiebewusstsein bei Kauf

und Nutzung von Elektrogeraten oder Vermeidung /Verringerung von Flug- und

Autoverkehr.

Rogall32 nennt neben den individuellen Verhaltensanderungen auch eine Reihe

von Ansatzpunkten auf gesellschaftlich-struktureller Ebene:

• Regionalisierung der Okonomie,

• ortliche Reintegration der Lebensbereiche Wohnen, Arbeiten und Freizeit,

• Moglichkeit der kooperativen Nutzung von Maschinen und Fahrzeugen,

• gunstige Siedlungspolitik die ein Leben ohne Auto ermoglicht, etc.

Eine rigider gefasste Definition von Su!zienz begreift sie hingegen als eine neue

Qualitat von Wohlstand, als einen gesamtgesellschaftlichen kulturellen Wandel hin

zu einer Kultur der Nachhaltigkeit. Sie geht uber den Verzicht auf einzelne Produkte

hinaus und fordert eine Anderung des aktuellen Wohlstandsmodells der Indus-

triestaaten. Diese Kultur der Nachhaltigkeit wird nicht als “Kultur des Verzichts”

sondern als “Kultur des Genießens” verstanden, in der durch ein Besinnen auf das

Wesentliche eine hohere Lebensqualitat versprochen wird. Durch eine reflektierte,

bewusste Lebensfuhrung - in der personliche Weiterentwicklung, intellektuelles

Wachstum, Selbstverwirklichung, zwischenmenschliche Beziehungen, Solidaritat

und Gerechtigkeit wichtiger sind als materieller Besitz - soll eine Entmaterialisierung

von Bedurfnissen erzielt werden. Dies erfordert eine enorme Weiterentwicklung

oder Trendumkehr der traditionellen Okonomie, die bisher einzig auf ein Maxi-

mum an Konsum abzielt. Leitbilder wie “Gut leben statt viel haben”, “Klasse

statt Masse” oder “Nutzen statt besitzen” weisen auf die geforderte Ablosung des

aktuellen Wohlstandsmodells hin.33 Hierbei stellt sich die Frage, wie viel Besitz

fur Zufriedenheit und Gluck notwendig ist. Denn die Lebensqualitat nimmt in den

hoch entwickelten Landern mit hohem materiellen Wohlstand trotz stetig steigen-

dem Guterkonsum nicht weiter zu sondern teilweise sogar ab, wenn aufgrund der

Fokussierung auf Konsum und materielle Bedurfnisbefriedigung andere Elemente

32Vgl. Rogall 2004, S. 126 f.33Vgl. Kleinhuckelkotten 2005, S. 60 ! und Rogall 2008, S. 181 !.

12

Page 24: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

2. Nachhaltigkeit als gesellschaftliche Herausforderung

des Wohlbefindens, wie Selbstverwirklichung, soziale Beziehungen, Zuwendung und

Verstandnis, vernachlassigt werden.34

Da Su!zienz meist als Verzicht, Genugsamkeit oder Einschrankung begri"en wird

meinen Kritiker, dass dies den vorherrschenden Vorstellungen von “gutem Leben” -

das haufig mit materieller Nutzenmaximierung gleichgesetzt wird - widerspreche,

und deshalb unrealistisch und nicht durchsetzbar sei.35 Kleinhuckelkotten36 halt

diese Kritik fur durchaus zutre"end, sofern die Su!zienzstrategie darauf beschrankt

wird, allgemeine, “positiv verpackte” Appelle an die Konsumgewohnheiten des

Einzelnen zu richten. Solange sie auf die private Ebene beschrankt bleibt und nicht

das Denkgebaude in Politik und Wirtschaft - in dem der Gedanke, von etwas genug

zu haben, bisweilen nicht vorhanden ist - geandert wird, sei die Su!zienzstrategie

wirkungslos. Laut Kleinhuckelkotten herrscht in der heutigen Konsumgesellschaft

die Meinung vor, dass Wohlstand von Wirtschaftswachstum abhangig sei, und

dass menschliche Bedurfnisse nie gestillt werden konnen. Ein “Genug” ist im so

genannten Knappheitstheorem nicht vorgesehen.

In diesem weiter gefassten Verstandnis erfordert die Su!zienzstrategie ein we-

sentlich großeres Umdenken und wurde bisher hauptsachlich von Umweltverbanden

und entwicklungspolitischen Einrichtungen gefordert. In der 2008 vom Wuppertal

Institut vero"entlichten Studie “Zukunftsfahiges Deutschland” nahm sie erstmals

einen wichtigen Stellenwert ein.37

Ein weiterer Kritikpunkt an Strategien, die auf individueller Ebene angesie-

delt sind, ist, dass die damit einhergehenden Ziele der Einstellungs- und Verhal-

tensanderungen als Manipulation angesehen werden und damit unter Ideologiever-

dacht stehen.38

2.2.4. Fazit

An dieser Stelle stellt sich die Frage, wie diese Strategien, die angesichts der Kom-

plexitat nachhaltiger Entwicklung nur in Kombination wirklich zielfuhrend sind,

vollstandig entfaltet und durchgesetzt werden konnen. Entscheidend ist, dass eine

nachhaltige Entwicklung auch mehrheitsfahig und vor allem gewollt wird. Nur wenn

sich alle zentralen Akteursgruppen entsprechend verhalten, hat das umfassende

Konzept nachhaltige Entwicklung reale Chancen auf Umsetzung. Auch in der

Agenda 21 wird die Bedeutung der Integration aller gesellschaftlichen Gruppen

betont: “Ein wesentlicher Faktor fur die wirksame Umsetzung der Ziele, Maßnah-

men und Mechanismen, die von den Regierungen in allen Programmbereichen

der Agenda 21 gemeinsam beschlossen worden sind, ist das Engagement und die

34Vgl. Kleinhuckelkotten 2005, S. 64 und Priewasser 2007, S. 7 !.35Vgl. Kleinhuckelkotten 2005, S. 13 f und 56, Priewasser 2010b, S. 6 f und Ders. 2007, S. 7 !.36Vgl. Kleinhuckelkotten 2005, S. 13 f und 58 !.37Vgl. Lechner 2011b und Kleinhuckelkotten 2005, S. 54 und 64.38Vgl. Hunecke 2008, S. 95.

13

Page 25: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

2. Nachhaltigkeit als gesellschaftliche Herausforderung

echte Beteiligung aller gesellschaftlichen Gruppen.”39 Ohne veranderte mentale

Strukturen, ohne der Voraussetzung einer positiven Grundhaltung und intrinsischer

Motivation der handelnden Personen wird es nicht moglich sein, diese zuvor skiz-

zierten Strategien umzusetzen. Die große Bedeutung der Bereitschaft der Menschen,

der individuellen Umwelteinstellungen und des Umwelthadelns erfordert deshalb

Prozesse der Bewusstseinsbildung, die zielgerichteter, fordernder Kommunikations-

und Bildungsprozesse bedurfen.40

39Konferenz der Vereinten Nationen fur Umwelt und Entwicklung 1992, S. 240.40Vgl. De Haan und Kuckartz 1996, S. 272 und Priewasser 2009, S. 63 f.

14

Page 26: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

3. Verhaltenstheoretische Ansatze

und die Rolle der Umweltbildung

Da fur eine tatsachlich nachhaltige Zukunft die Steigerung der Konsistenz, der E!-

zienz und der Su!zienz in einen Gesamtprozess eingebunden werden mussen, sind

neben technischen auch soziale Innovationen im Sinne von verandertem Verhalten

und veranderten Alltagspraktiken notwendig (vgl. Kapitel 2: Nachhaltigkeit als

gesellschaftliche Herausforderung).

Will man das VerbraucherInnenverhalten in Hinblick auf Nachhaltigkeit uberprufen,

muss man das strategische Konstrukt der Nachhaltigkeit auf konkrete Hand-

lungen und Handlungsalternativen im Alltagshandeln - die direkt oder indirekt Um-

weltwirkungen nach sich ziehen - herunter brechen, da letztlich nur das tatsachliche

Verhalten einen e"ektiven Beitrag zum Umweltschutz leistet.41 Empirische Befunde

zeigen eine relativ hohe und weiter steigende Sensibilitat fur Umweltprobleme.

In umweltfreundliches Verhalten wird diese - auch vom kulturellen und sozialen

Kontext abhangige und in vielen Bereichen bereits zur sozialen Norm gewordene42

- Sensibilitat jedoch nur selektiv umgesetzt.43

Auf dieser Ebene stellt sich dann auch die wesentliche Frage nach den Ent-

scheidungsgrundlagen fur umweltfreundliches (oder eben nicht umweltfreundliches)

Verhalten, nach dem Zusammenhang von Umweltbewusstsein und Umweltverhalten

und nach Ansatzpunkten, das Verhalten positiv zu beeinflussen.

3.1. Zusammenhang Umweltbewusstsein und

Umweltverhalten

Umweltbewusstsein ist kein wissenschaftlich festgelegter und klar definierter Begri".

Fietkau und Kessel44 beantworten die Frage, was Umweltbewusstsein meint, auf

zwei Ebenen: auf gesellschaftlicher Ebene meint Umweltbewusstsein eine aufge-

klarte Gesellschaft, die politischen Druck und politische Unterstutzung fur eine

an nachhaltigen Zielen orientierte Politik moglich machen soll. Die individuelle

41Vgl. Huber 2001, S. 392, Sehrer 2004, S. 188 und Wimmer 2001, S. 90.42Vgl. De Haan und Kuckartz 1996, S. 97.43Vgl. Sehrer 2004, S. 188 und Brand 2003, S. 199.44Vgl. Fietkau und Kessel 1984, S. 34.

15

Page 27: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

3. Verhaltenstheoretische Ansatze und die Rolle der Umweltbildung

Ebene meint den Aufbau von Wertvorstellungen und Verhaltensweisen der Ein-

zelnen, die sich okologisch vernunftig verhalten sollen. Auf dieser individuellen

Ebene setzte auch bereits die 1978 formulierte Definition des Sachverstandigenrates

fur Umweltfragen an, die einerseits die kognitive Komponente “Einsichten in die

Gefahrdung der naturlichen Lebensgrundlagen des Menschen durch diesen selbst”

und andererseits mit “Bereitschaft zur Abhilfe” den Handlungswillen als eigene

Komponente nennt.45

Der oft aufgestellten und auf der Aufklarungsidee (Sieg der Vernunft) basie-

renden These”Je umweltbewusster jemand ist, desto umweltgerechter verhalt

er/sie sich auch“, wonach Umweltbewusstsein einen maßgeblichen Ein-

fluss auf das Umweltverhalten hat - bei der also eine Wirkungskette Wissen -

Einstellung - Verhalten unterstellt wird - kann nicht zugestimmt werden.46 Ver-

schiedene Studien stellen seit den 1980er Jahren fest, dass auf Umweltwissen nicht

zwangslaufig Umweltverhalten folgt, aber auch, dass umweltfreundliches Verhalten

auch ohne Umweltbewusstsein stattfinden kann.47 Kuckartz zeigt in seiner Studie

auf, dass sich mit einem solchen Modell nicht mehr als 15 bis 20 Prozent der Varianz

des Umweltverhaltens erklaren lassen.48 Umweltkenntnisse und umweltbewusste

Denkmuster sind scheinbar keine hinreichenden Bedingungen fur durchgangig nach-

haltiges Verhalten.49 Dass zwischen Umweltbewusstsein und -verhalten statistisch

kein immenser Zusammenhang festzustellen ist bedeutet jedoch nicht, dass es fur

die Bereitschaft zu entsprechendem Handeln nicht wichtig ware, sondern lediglich,

dass vor allem in high-cost-Situationen fur die tatsachliche Ausfuhrung das bloße

Wissen oder Bewusstsein einen zu schwachen Einflussfaktor darstellen. Obwohl

Umwelthandeln vielfach nicht auf ein bestimmtes - geschweige denn ein ganzlich

bewusstes und verbal außerbares - (Umwelt-)Wissen oder Umwelt- und Normbe-

wusstsein zuruckgefuhrt werden kann, bildet es laut Huber50 dennoch ein gewisses

Realisierungspotential. Außerdem verweist er auf das in der bisherigen Umwelt-

bewusstseinforschung kaum beachtete Phanomen der sozialen Erwunschtheit, was

die in Befragungen angegebene Umwelteinstellung und Handlungsbereitschaft noch

einmal in ein anderes Licht ruckt.

Im Umweltbereich scheint die aus der Einstellungsforschung bekannte Kluft

zwischen Bewusstsein und Verhalten besonders groß zu sein.51 Ein Grund fur

das Auseinanderkla"en ist, dass umweltrelevantes Handeln meist nicht isoliert

45Zit. n. De Haan und Kuckartz 1996, S. 36 und Huber 2001, S. 214.46Vgl. Erb 2007, S. 25, De Haan und Kuckartz 1996, S. 103 f, Kuckartz 1998, S. 2 und Paeßens 2008,

S. 6.47Vgl. Spahn-Skrotzki 2008, S. 49, De Haan und Kuckartz 1996, S. 104 ! und Paeßens 2008, S. 6.48Vgl. Kuckartz 1998, S. 2 und De Haan und Kuckartz 1996, S. 127 f.49Vgl. Waldmann 1992, S. 71.50Vgl. Huber 2001, S. 213 !.51Vgl. Hunecke 2008, S. 99.

16

Page 28: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

3. Verhaltenstheoretische Ansatze und die Rolle der Umweltbildung

stattfindet,52 was darauf verweist, neben dem Umweltbewusstsein auch andere

Einflusse auf das Individuum zu berucksichtigen.

Fur die Erklarung dieser Kluft und ihrer Große lassen sich mehrere individu-

elle, gruppen- und kontextspezifische Faktoren anfuhren. Einerseits spielen psy-

chische Faktoren (individuelles Gefuhl der Verpflichtung, Kontrolluberzeugung,

wahrgenommene Eigenverantwortlichkeit, wahrgenommene Wirksamkeit des ei-

genen Verhaltens) eine wichtige Rolle, andererseits sind auch objektiv gegebene

Rahmenbedingungen und Handlungsalternativen entscheidend.53 In alteren um-

weltpsychologischen Untersuchungen wurde noch angenommen, dass die objektiven

Bedingungen (Zeit-, Geld-, Weg- und Informationsaufwand) entscheidend seien,

weshalb besonderes Augenmerk auf die Beseitigung dieser Hemmnisse gelegt wur-

de, wahrend jungere Studien eher die Kombination von Beseitigung objektiver

Barrieren mit bewusstseinsbildender Werte- und Einstellungsformung als Erfolg

versprechend ansehen.54

Neben der Frage nach der Wirkung von Umweltbewusstsein auf individueller

Ebene, wo sie eine intrinsisch motivierte Verhaltensanderung anstrebt, mussen auch

Fragen nach der Wirksamkeit auf der gesellschaftlichen Ebene gestellt werden.55 So

soll nachhaltiges Verhalten durch politische Verhaltenssteuerung erreicht werden,

wobei man davon ausgeht, dass sich gesellschaftliches Umweltbewusstsein erheblich

auf die Akzeptanz politischer Maßnahmen und Rahmenbedingungen auswirkt, die

eine entscheidende Voraussetzung fur ein nachhaltiges Leben darstellen.56

3.2. Theoretische Erklarungsansatze zur

Verhaltensdeskription

Die sozialwissenschaftliche und umweltpsychologische Forschung sucht aus verschie-

densten Perspektiven nach Erklarungsmustern fur umweltorientiertes Handeln und

Grunden fur die Diskrepanz zwischen Umweltbewusstsein und Umweltverhalten

und anderen Einflussfaktoren auf umweltrelevantes Verhalten. Aus unterschied-

lichsten Wissenschaftsdisziplinen wurden verschiedene Ansatze ausgearbeitet. Nach

Kuckartz und de Haan gibt es folgende vier Erklarungsansatze, wobei sie betonen,

dass keiner dieser Ansatze”den Konigsweg zur Erklarung“ darstellt, aber je-

der fur bestimmte Bereiche gute Erklarungen liefern kann:57

• Kosten-Nutzen-Erwagungen und finanzielle Motive,

52Vgl. Erb 2007, S. 32.53Vgl. Brand 2003, S. 199 und Wimmer 2001, S. 91.54Vgl. Priewasser 2010b, S. 12.55Vgl. Fietkau und Kessel 1984, S. 34.56Vgl. Bogun 2006, S. 28 f.57Vgl. Kuckartz 1998, S. 78 und De Haan und Kuckartz 1996, S. 260 f.

17

Page 29: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

3. Verhaltenstheoretische Ansatze und die Rolle der Umweltbildung

• okologisch-soziale Dilemmata und die Kollektivgutproblematik,

• personliches Wohlbefinden und

• Lebensstilmotive.

Nach einer kurzen Darstellung dieser vier Ansatze soll noch auf ein relativ jun-

ges, integratives Handlungsmodell der Umweltpsychologin Ellen Matthies naher

eingegangen werden.

3.2.1. Rational-Choice-Ansatz

Viele Erklarungen des Umweltverhaltens beziehen sich auf eine okonomische, uti-

litaristische Verhaltenstheorie, die jedes Verhalten als Resultat einer rationalen

Kosten-Nutzen-Abwagung sieht, und deren Menschenbild das des Nutzen maxi-

mierenden, auf egoistische Eigeninteressen hin orientierten Individuums ist. Die-

sem Homo Oeconomicus wird unterstellt, dass er uber konsistente und stabile

Praferenzen verfugt und sich nach einer Abwagung dieser Praferenzen im vorhan-

denen Handlungsspielraum zielgerichtet, Nutzen maximierend verhalt. Demnach

konnen Verhaltensanderungen lediglich durch eine Veranderung des Handlungsspiel-

raums, der Restriktionen, Anreize und der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen

erreicht werden.58

Laut Kuckartz59 ist dieser Ansatz umso erklarungskraftiger, je starker - wie

beispielsweise im Bereich Konsum - tatsachlich finanzielle Aspekte eine Rolle

spielen. Laut Diekmann und Preisedorfer wirkt sich das Umweltbewusstsein vor

allem in Low-Cost-Situationen positiv auf das Verhalten aus. Sie ist eine sozialpsy-

chologische Variante der okonomischen Rational-Choice-Theorie und geht davon

aus, dass okologisches Wissen und Handlungswissen umso mehr Wirkung zeigen

und umweltfreundliches Verhalten eher ubernommen wird, je geringer die dafur

erforderlichen Kosten sind, beziehungsweise je weniger es vom Normalverhalten

abweicht. Kosten und Nutzen werden in diesem Falle weiter gefasst und bein-

halten auf Seiten der Kosten neben finanziellem Mehraufwand auch Mehrarbeit,

Zeitaufwand, Unbequemlichkeiten, Such- und Informationsaufwand, sowie Verhal-

tensanderungen und die Scheu vor unkonventionellem Verhalten. Auf Seiten des

Nutzens stehen neben der reinen Bedurfnisbefriedigung auch soziale Anerkennung

und Normen, sowie intrinsische Motivationen wie Einstellungen, Angste, Werte

oder Umweltbewusstsein.60

58Vgl. Huber 2001, S. 340, Diekmann 1996, S. 90 f, Hauenschild und Bolscho 2005, S. 92, De Haanund Kuckartz 1996, S. 219 !.

59Vgl. Kuckartz 1998, S. 78.60Vgl. Huber 2001, S. 395 f, Hauenschild und Bolscho 2005, S. 92, Diekmann 1996, S. 90 f,

De Haan und Kuckartz 1996, S. 219 f, Kromer und Oberhollenzer 2004, S. 5, Erb 2007, S. 33und Brand 2003, S. 201.

18

Page 30: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

3. Verhaltenstheoretische Ansatze und die Rolle der Umweltbildung

Grasel61 verweist darauf, dass Kosten und Nutzen nicht nur vorhanden, sondern

vor allem auch in den entscheidenden Situationen in individuellen Interpretations-

und Bewertungsprozessen wahrgenommen und Handlungsalternativen entsprechend

bewertet werden mussen.

Grundsatzlich werden die fur die Einschatzung des Nutzens relevanten individu-

ellen Praferenzen in dieser Theorie als Fixum angesehen und die Frage nach der

Herkunft dieser Praferenzen wird nicht beantwortet.62 Erziehungswissenschaftliche

Varianten der Rational-Choice-Theorie gehen davon aus, dass die angenommenen

Praferenzen im Rahmen der Sozialisation entstehen und uber Erziehungs- und Bil-

dungsmaßnahmen beeinflusst werden konnen. Jedoch konne auch durch Erziehung

niemand zu nicht rationalen Entscheidungen gebracht werden.63 Solche Maßnahmen

konnten einerseits intrinsische Anreize wie umweltfreundliche Einstellungen und

Werte starken, aber auch durch die Vermittlung von Zusammenhangswissen die

Wahrnehmung und Interpretation von Kosten und Nutzen beeinflussen.

3.2.2. Dilemma-Ansatz

Ahnlich wie die Rational-Choice-Ansatze geht auch der Dilemma-Ansatz vom

rational handelnden, Nutzen maximierenden Individuum aus. Wahrend bei pri-

vaten Gutern das Ausschlussprinzip gilt, kann von der Nutzung des o"entlichen

Gutes Umweltqualitat niemand ausgeschlossen werden. Die Kluft zwischen Um-

weltbewusstsein und Umwelthandeln wird mit dem Zusammenspiel von Kosten, die

umweltfreundliches Verhalten fur jeden einzelnen mit sich bringen, und dem Nutzen

aus dem “Kollektivgut Umwelt” erklart. Jemand, der sich nicht am Umweltschutz

beteiligt, kommt in der so genannten okologisch-sozialen Dilemmasituation trotz-

dem in den Genuss der - durch das Verhalten anderer geschutzten - Umwelt.64 In

umweltpsychologischen Arbeiten wird so die Bedeutung der Faktoren Werthaltung,

wahrgenommene Verhaltenskonsequenz, Zuschreibung der Verantwortung und Ver-

trauen untersucht und eine Dilemmasituation zwischen Egoismus und Gemeinschaft

gesehen.65 Kleinere Gruppen mit hoherer gegenseitiger Kontrollchance, Gruppen-

mitglieder die uber Zusammenhangswissen und Systemkompetenz verfugen, sowie

Kommunikation sind forderlich fur freiwillige Kooperation, wahrend in großen,

unuberschaubaren Gruppen der Egoismus des Einzelnen nicht au"allt und der

“Trittbrettfahrer” keine negativen sozialen Folgen fur sein Verhalten erwarten muss.66

Kromer und Oberhollenzer schließen aus dem Dilemma-Ansatz, “dass Menschen

61Vgl. Grasel 1998, S. 83 f.62Vgl. De Haan und Kuckartz 1996, S. 229.63Vgl. ebd., S. 222 f.64Vgl. Spahn-Skrotzki 2008, S. 50, De Haan und Kuckartz 1996, S. 224,Diekmann 1996, S. 90 und

Kromer und Oberhollenzer 2004, S. 5 f.65Vgl. Kuckartz 1998, S. 2 und Brand 2003, S. 200.66Vgl. Huber 2001, S. 343 f, De Haan und Kuckartz 1996, S. 228 f und Spahn-Skrotzki 2008, S. 50.

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Page 31: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

3. Verhaltenstheoretische Ansatze und die Rolle der Umweltbildung

keineswegs nur nach egoistischen Prinzipien handeln, sondern auch zu Koopera-

tionen bereit sind. Das soziale Verhalten anderer wird dabei standig beobachtet,

wobei nicht das Verhaltensmuster des Trittbrettfahrers strukturell gefordert und

belohnt wird, sondern sich weitaus haufiger eine kollektive Moral des Typs ’Wenn,

dann mussen alle mitmachen’ herausbildet.”67

Vor allem Zusammenhangswissen, System- und Kommunikationskompetenzen,

sowie das Lernen von Denk- und Handlungsansatzen die sich an Kooperation statt

Konkurrenz orientieren, sind Punkte, an denen Bildung fur Nachhaltigkeit ansetzen

konnte.

3.2.3. Wohlbefindensforschung

Die Wohlbefindensforschung versucht, das Umweltverhalten mit der Frage nach

den Praferenzen der Individuen zu erklaren. Sie stellt die handelnden Personen in

den Mittelpunkt und fragt nach Grunden fur bestimmte Praferenzen, von denen

das Verhalten abhangig ist, und erklart diese mit einem Katalog von subjektiven

Wahrnehmungen, Erwartungen, Ho"nungen und Wunschen, die sich auf die in-

dividuell wahrgenommene Lebensqualitat, das Wohlbefinden, die Zufriedenheit

und das Gluck beziehen.68 Ungeachtet der außerst schwierigen Definition dieser

umfassenden, subjektiven Kategorien wird der Begri" Wohlbefinden in psychisches

und physisches, sowie in aktuelles und habituelles Wohlbefinden unterteilt.

Aktuelles Wohlbefinden kann mit Freude, intensiven Glucksgefuhlen, Begeiste-

rung, Erregung oder Lust beschrieben werden. Ob man den Gemutszustand wahrend

umweltgerechtem Verhalten wie richtiger Mullentsorgung oder der Benutzung

o"entlicher Verkehrsmittel mit intensiven Glucksgefuhlen oder Begeisterung be-

schreiben kann erscheint fraglich. Aktuelles Wohlbefinden wird daher als kein

starker Einflussfaktor auf umweltfreundliches Verhalten betrachtet. Die Vorstellung,

dass Menschen “innere Zufriedenheit verspuren, wenn sie umweltfreundlich gehan-

delt haben”69 erscheint jedoch nicht abwegig. So wird habituelles Wohlbefinden

sehr wohl als relevanter Faktor bei der Erklarung umweltfreundlichen Verhaltens

verstanden. Es ist Ausdruck aggregierter emotionaler Erfahrungen, die relativ stabil

sind und sich auch durch situatives Unwohlsein nur schwer verandern lassen und

wird beschrieben durch Stimmungen, Zufriedenheit und Freiheit von Belastungen.70

Bezuglich der Rolle von Bildung fur Nachhaltigkeit lasst sich sagen, dass Personen

mit einer positiven okologischen Einstellung, einer subjektiven Wertvorstellung

und entsprechenden moralischen Norm, sowie einer wahrgenommenen individuellen

67Kromer und Oberhollenzer 2004, S. 9.68Vgl. De Haan und Kuckartz 1996, S. 247 !, Paeßens 2008, S. 13 f, Kromer und Oberhollenzer 2004,

S. 8 f und Kuckartz 1998, S. 70 !.69Paeßens 2008, S. 13.70Vgl. De Haan und Kuckartz 1996, S. 249 !.

20

Page 32: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

3. Verhaltenstheoretische Ansatze und die Rolle der Umweltbildung

Verantwortlichkeit eher ein ’gutes Gefuhl etwas fur die Umwelt getan zu haben’

verspuren werden.71

3.2.4. Lebensstilforschung

Einen weiteren und in den letzten Jahren verstarkt forcierten Erklarungsansatz

stellt die Lebensstilforschung, ein soziologischer Di"erenzierungsansatz, dar.

“Lebensstile sind gruppenspezifische Formen der alltaglichen Le-

bensfuhrung, -deutung und -symbolisierung und gelten als Verhaltens-

muster, durch die Habitualisierungen, A!nitaten und strukturelle Lagen

zu Tage treten, wobei auch umweltrelevante Verhaltensweisen Teil eines

komplexeren Verhaltensmusters mit identitats- und sozietatsstiftender

Funktion sind.”72

Umweltbezogene Lebensstilforschung gliedert die Bevolkerung hinsichtlich ihres

Umweltbewusstseins und -verhaltens insbesondere in den Bereichen Konsum, Mobi-

litat und Energieverbrauch in verschiedene Umwelttypen, um so einerseits die Kluft

zwischen Einstellung und Verhalten di"erenzierter und damit besser untersuchen

zu konnen und andererseits typenspezifische, zielgruppenorientierte politische Maß-

nahmen zur Erhohung des Umweltverhaltens aufzeigen zu konnen.73 Laut Kuckartz

sind Lebensstile besonders fur das Konsumverhalten aussagekraftig.74 Die jeweili-

gen Lebensstile werden durch verschiedene Faktoren wie verfugbare Ressourcen,

Lebensphase, geografische Lage, Werteinstellungen, etc. beeinflusst und sind meist

verknupft mit sozio-kulturellen Mustern, wo sie dann auch in den verschiedenen

sozialen Kreisen reproduziert werden.75 Kleinhuckelkotten76 charakterisiert einen

idealtypisch nachhaltigen Lebensstil mit Werten wie Bescheidenheit, Gerechtigkeit

und Verantwortung gegenuber der Natur und ein Handeln, das sich durch Gestal-

tungskompetenz auszeichnet und sich an Umwelt- und Sozialgerechtigkeit orientiert.

Gleichzeitig stellt sie fest, dass es derzeit keinen “Nachhaltigkeits-Pionier”-Lebensstil

gibt, der sich durch durchgangiges, konsequent nachhaltiges Bewusstsein oder Ver-

halten in allen relevanten Alltagsbereichen auszeichnet, sondern ein Pluralismus an

nachhaltigkeitsrelevanten Lebensstilen besteht und es einerseits in den einzelnen

Milieus sehr unterschiedliche Auspragungen von Einstellungen und Verhaltens-

weisen gibt und andererseits umweltgerechtes Verhalten auch ohne entsprechende

Umwelteinstellung stattfindet. Verschiedene Studien unterscheiden verschiedene

Lebensstile, Kleinhuckelkotten verweist beispielsweise auf die folgenden sieben

71Vgl. Priewasser 2009, S. 72 f.72Hauenschild und Bolscho 2005, S. 93.73Vgl. Erb 2007, S. 35, De Haan und Kuckartz 1996, S. 246 f und Kleinhuckelkotten 2005, S. 104.74Vgl. Kuckartz 1998, S. 2.75Vgl. Borgstedt, Christ und Reusswig 2010, S. 13.76Vgl. Kleinhuckelkotten 2005, S. 5, 75, 89 und 102 !.

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Page 33: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

3. Verhaltenstheoretische Ansatze und die Rolle der Umweltbildung

Typen zu umweltfreundlichem Verhalten, die im Rahmen der Studien ’Dialoge 4’

und ’Dialoge 5’ fur Deutschland entwickelt wurden:77

• Konsequent Umweltaktive (16 Prozent): okologisches Denken und Verhaltens-

bewusstsein in allen abgefragten Bereichen, verhalten sich vorbildlich und

sind besonders sensibel fur neue Risiken; hoher Frauenanteil

• Oko-Sensible (11 Prozent): uberdurchschnittlich hohes Umweltbewusstsein

und entsprechendes Verhalten, Schwerpunkt im Bereich Konsumverhalten,

hohe Sensibilitat in Bezug auf Umwelt- und Gesunheitsgefahren, zum Beispiel

durch Konservierungsmittel und Schadsto"e; viele junge Frauen

• Garantie-Interessierte (17 Prozent): umwelt- und gesundheitsbewusstes Kon-

sumverhalten, orientieren sich vor allem an Gutesiegeln, Garantieurkunden

und Firmenimages; mannlich dominiert

• Schadsto"bewusste (13 Prozent): wollen mit ihrem Verhalten in den Bereichen

Straßenverkehr und Haushaltsgerate zu einer Schadsto"entlastung der Umwelt

beitragen, sind bemuht, ihren Energieverbrauch zu verringern; vor allem altere

BurgerInnen

• EnergiesparerInnen (16 Prozent): Einsicht, Energie sparen zu mussen, nutzen

gelegentlich o"entliche Verkehrsmittel

• MullentsorgerInnen (18 Prozent): bei Mulltrennung aktiv, insgesamt wenig

Interesse am Umweltschutz; hauptsachlich mannlich

• Umwelt-Passive (10 Prozent): weisen umweltfreundliches Handeln in der Regel

weit von sich, ihnen fehlt nicht die Einsicht, sondern die Motivation, was auf

Bequemlichkeit und Protest zuruckgefuhrt wird; hoher Anteil junger Manner.

Brand beschreibt, als zweites Beispiel, den Umgang mit Barrieren von funf Menta-

litatsmustern folgendermaßen:78

• Personliches Entwicklungsprojekt: Die Selbstwahrnehmung und das Handeln

werden auf Umweltfreundlichkeit hin strukturiert, umweltfreundliches Verhal-

ten wird aufgewertet, Hemmnisse stehen unter Rechtfertigungsdruck, wobei

die grundsatzliche Bereitschaft zur Uberwindung von Barrieren betont wird.

• BurgerInnenpflicht: Vor allem klare, eindeutige Handlungsanweisungen (Bei-

spiel Mulltrennung) werden befolgt, sofern diese Regeln auch fur alle anderen

gelten und eingehalten werden, die okologische Motivation wird also von

außen (Politik, gesellschaftliche Normen) erzeugt.

77Vgl. Kleinhuckelkotten 2005, S. 90 f.78Vgl. Brand 2003, S. 208.

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Page 34: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

3. Verhaltenstheoretische Ansatze und die Rolle der Umweltbildung

• System-/ Staatsorientierung: Das individuelle Handeln erscheint als unbe-

deutend, die eigentliche Verantwortlichkeit fur Umwelt wird bei kollektiven

Akteuren (Politik, Wirtschaft) gesehen.

• Indi"erenz: Umweltfreundliches Verhalten ist kein relevantes Kriterium bei

der Wahl von Handlungsalternativen sondern ergibt sich allenfalls nebenbei,

ein generelles Misstrauen gegenuber der Politik und Wirtschaft oder eine

Ablehnung von normativen Anforderungen wird als Begrundung fur die

Nichtbeachtung von Umweltkriterien herangezogen.

• Weiter-so: Das Thema Umwelt erscheint insgesamt als unbedeutend, die

Unterscheidung zwischen forderlichen und hemmenden Faktoren ist somit

hinfallig.

Als drittes Beispiel beschreibt Huber eine Typologie in der Komsumgewohnheiten

mit Wertorietierungen und Bewusstseinauspragungen kombiniert werden:79

• Uninteressierte Materialisten (12 Prozent): geringes Einkommen, Wunsch nach

mehr Komfort, kein Umweltbewusstsein, kein umweltorientiertes Verhalten,

Neigung zu Billigkauf.

• Sparsam-Bescheidene (10 Prozent): wenig kostspielige Aktivitaten, Sparsam-

keit und knapper Konsum, kaum Recycling, keine Zahlungsbereitschaft fur

Umweltschutz.

• Lustbetonte (14 Prozent): Spaßkonsum, Geselligkeit und Genussorientierung,

großes Reisebudget, umweltbewusstes Verhalten kaum vorhanden.

• Umweltaktivierbare (7 Prozent): Personliche Unabhangigkeit ohne soziales

Engagement, befriedigende Arbeit wichtiger als hohes Einkommen, gesund

leben, viel reisen, Okokonsum sofern Geld reicht.

• Aufgeschlossene Wertepluralisten (23 Prozent): Materialismus, Leistungs- und

Karriereorientierung, hohes Maß an beruflichen und privaten Aktivitaten,

hohes Konsumniveau mit Okokonsum (Naturkostladen, stromsparende Gerate,

Energiebewusstsein,...)

• Konservativ- Umweltbewusste (19 Prozent): Soziale Verantwortung und har-

monisches Familienleben, Wirtschaftswachstum wichtig, Umweltschutz auch,

preisbewusst und umweltfreundlich kaufen, Verpackungen vermeiden, Energie

sparen.

79Huber 2001, S. 394.

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Page 35: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

3. Verhaltenstheoretische Ansatze und die Rolle der Umweltbildung

• Alternativ-Umweltbewusste (15 Prozent): Selbstverwirklichungswerte mit

sozialer Verantwortung, kunstlerisch und kulturell interessiert, geringere

Einkommens- und Konsumorientierung, gesunde Ernahrung, umweltbewuss-

tes Verhalten.

Da Bildung ein starker Faktor fur die Ausbildung okologischer Orientierungen

im Lebensstil zu sein scheint,80 wird die Erziehung und Motivation zu einem

umweltfreundlichen Lebensstil als Teil des Bildungsauftrages verstanden. Bildungs-

einrichtungen und politische Steuerungsmaßnahmen sind dazu aufgerufen, einen

nachhaltigen Lebensstil zu etablieren beziehungsweise einzelne umweltfreundliche

Komponenten in den verschiedensten Lebensstilen zu fordern.81 Bildung fur nach-

haltige Entwicklung soll Wissen, Fertigkeiten, Bereitschaft und Visionen entwickeln,

sowie Handlungsweisen und Alltagsgewohnheiten verandern, um einen nachhaltigen

Lebensstil zu erreichen.82

3.3. Handlungsmodell nach Matthies als integrativer

Ansatz mit Blick auf Verhaltensintervention

Ein Erklarungsansatz auf den hier naher eingegangen werden soll, ist das integrierte

Handlungsmodell von Ellen Matthies, in dem sie zahlreiche weitere Einflussfaktoren

(wahrnehmungsbezogene, soziale, moralische, situative und Gewohnheitsaspekte) fur

das individuelle Handeln identifiziert, beschreibt und in Zusammenhang setzt und

daraus Ansatzpunkte fur Interventionsstrategien (neben Wissensvermittlung und

Aufklarung zum Beispiel auch normzentrierte Interventionsstrategien wie Selbstver-

pflichtung oder Feedback; Situationsveranderungen, Belohung, Bestrafung, etc.)

ableitet. Menschen verhalten sich in verschiedenen umweltrelevanten Bereichen,

in unterschiedlichen Situationen mit verschiedensten Rahmen- und Handlungs-

bedingungen, aus außerst heterogenen - und nicht allein auf Umweltbewusstsein

basierenden - Motivlagen heraus nachhaltig oder nicht nachhaltig.83 In ihrem

neuen, integrativen Rahmenmodell vereint Matthies die Theorie des geplanten

Verhaltens (Ajzen) und die Theorie moralischer Entscheidungen - das weiterent-

wickelte Normaktivationsmodell von Schwartz und Howard - und berucksichtigt

zusatzlich den Faktor Verhaltensgewohnheiten, und vereint somit Modell- und

Interventionsforschung.84

Das Handlungsmodell ist in vier Phasen unterteilt, wobei der Fokus auf einem

standigen Reflexionsprozess zwischen Normaktivation, Motivation, Evaluation und

80Vgl. Degenhardt 2006, S. 35.81Vgl. De Haan und Kuckartz 1996, S. 230.82Vgl. Langner o. J..83Vgl. Fliegenschnee und Schelakovsky 1998, S. 68 !, Huber 2001, S. 400, Liedtke, Kristof und

Parlow 2009, S. 7, Lenßen 2011, S. 15 f und Matthies 2005, S. 62 ! und 70 f.84Vgl. Liedtke, Kristof und Parlow 2009, S. 7 und 9, Matthies 2005, S. 64 und 70.

24

Page 36: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

3. Verhaltenstheoretische Ansatze und die Rolle der Umweltbildung

Abbildung 3.1.: Integratives Einflussschema umweltgerechten Alltagshandelns

Quelle: Grafik nach Matthies 2005, S. 70.

Aktion liegt. Die einzelnen Phasen und die daran anschlussfahigen Ansatzpunkte

fur Interventions- und Bildungsmaßnahmen werden im Anschluss kurz beschrieben.

Insbesondere Liedtke, Kristof und Parlow haben die notwendigen personlichen Kom-

petenzen herausgearbeitet, die jedeR Einzelne braucht, um relevante Informationen

auszuwahlen und zu reflektieren, um uber einen entsprechenden Gestaltungsrahmen

- von dem in diesem Modell ausgegangen wird - zu verfugen.85

3.3.1. Normaktivations-Phase

Die erste der vier Phasen einer Handlung ist die Normaktivations-Phase. Sie setzt

an der kognitiven Ebene (Wissen, Denken und Wahrnehmung) an und wird in

folgenden drei wesentlichen Faktoren beschrieben: Bewusstheit des Umweltpro-

blems, Bewusstheit der Relevanz des eigenen Verhaltens und Bewusstheit eigener

Fahigkeiten (siehe Abbildung 3.1). Das bedeutet, dass es in der zweiten Phase

nur dann zu einer Aktivierung moralischer Motive kommen kann, wenn jedeR

Einzelne nicht nur uber ein grundsatzliches Problembewusstsein verfugt (etwa das

Wissen und das Bewusstsein uber die negativen Folgen der globalen Erderwarmung),

sondern auch Informationen und Wissen uber alternative Handlungsmoglichkeiten

(wie Kenntnisse uber umweltschonende Mobilitatsarten und deren Verfugbarkeit in

der jeweiligen Situation), sowie eine Wahrnehmung der eigenen Moglichkeiten und

der Konsequenzen des eigenen Verhaltens (zum Beispiel richtiges Einschatzen des

85Vgl. Liedtke, Kristof und Parlow 2009, S. 7 !.

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Page 37: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

3. Verhaltenstheoretische Ansatze und die Rolle der Umweltbildung

Ausmaßes, in dem die PKW-Nutzung an der gesamten CO2-Produktion beteiligt

ist) hat. Nicht nur Fakten- und Zusammenhangswissen sind notig, sondern auch

Handlungswissen, also Informationen uber Strukturen oder Verfahrensweisen, aus

denen man schließen kann, wie in der jeweiligen Situation vorgegangen werden

kann.86

In dieser Phase sollten laut Matthies verschiedene Techniken der Informations-

vermittlung anknupfen, um Problem- und Handlungswissen zu vermitteln und zu

starken.87 Liedtke et. al. schreiben, dass vor allem die individuelle Aufmerksamkeit

und eine Sensibilitat fur die Problematik als Ganzes, sowie die Bedeutung des

eigenen Verhaltens gescha"en, und gleichzeitig Handlungswissen und Handlungsal-

ternativen beziehungsweise auch die Bedeutung der eigenen Verhaltensanderungen

aufgezeigt werden mussen. Hierbei sind einerseits methodische Kompetenzen fur

das Verstandnis und die Aufbereitung von Wissen und Informationen, sowie soziale

Kompetenzen wie Empathie und Kommunikation von Bedeutung. Außerdem verwei-

sen sie darauf, dass personliche Erfahrungen und eine Informationsvermittlung mit

Bezug zur eigenen Lebenswelt eine entsprechende Wahrnehmung und ein Bewusst-

sein uber Probleme und vor allem eigene Fahigkeiten und Handlungsalternativen

begunstigen.88

3.3.2. Motivations-Phase

In der zweiten Phase, der Motivationsphase, nennt Matthies Faktoren wie die

personliche okologische Norm, die soziale Norm und weitere Motive (zum Bei-

spiel Verhaltenskosten), die auf das Verhalten wirken. Die moralische, personliche

okologische Norm, die “erlebte personliche Verpflichtung, sich umweltschonend

zu verhalten“89 ist ein Kernpunkt ihres Modells. Hier werden die Faktoren der

ersten Phase wirksam, denn nur wem ein Problem und seine Handlungsalternativen

bewusst sind, kann ein Gefuhl der Verpflichtung zu umweltgerechtem Verhalten

entwickeln. Auch Lenßen sieht in diesem Gefuhl personlicher Verantwortung und

Verpflichtung eine große Bedeutung, da dies eine intrinsisch motivierte und von

außeren Anreizen unabhangigere Handlung ermoglicht.90 Denn “mit der Zurech-

nung von Verantwortung ist immer gleichzeitig auch eine Handlungserwartung

verknupft. Der- oder diejenige, die sich selbst fur etwas verantwortlich fuhlen oder

von anderen fur etwas verantwortlich gemacht werden, sind aufgefordert, fur die

Folgen seines oder ihres Handelns einzustehen, sich zumindest zu rechtfertigen und

zur Verhinderung negativer Folgen oder zur Losung der durch Tun oder Nichtstun

86Vgl. Liedtke, Kristof und Parlow 2009, S. 7 f, Matthies 2005, S. 70 ! und Lenßen 2011, S. 16 f.87Vgl. Matthies 2005, S. 72.88Vgl. Liedtke, Kristof und Parlow 2009, S. 17.89Matthies 2005, S. 72.90Vgl. Liedtke, Kristof und Parlow 2009, S. 7 f und Lenßen 2011, S. 16 f.

26

Page 38: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

3. Verhaltenstheoretische Ansatze und die Rolle der Umweltbildung

verursachten Probleme aktiv zu werden.”91

Weiters werden in dieser Phase der Handlung soziale Normen, also ein gewisser

Erwartungsdruck von Freunden, Familien, dem Schulumfeld, dem gesellschaftlichen

Mainstream und sonstige Faktoren wie beispielsweise Kosten-Nutzen-Uberlegungen

wirksam (siehe Abbildung 3.1).

Als mogliche Ansatzpunkte auf dieser Ebene nennen Matthies und Liedtke et.

al. eine Aktivierung und Starkung von relevanten sozialen Normen (zum Beispiel

konnten Kampagnen mit gesellschaftlichen Vorbildern das Prestige von umwelt-

freundlichem Verhalten erhohen), die Minimierung von Verhaltenskosten (beispiels-

weise durch besseres Angebot von o"entlichem Verkehr) oder die Betonung und

Verbreitung von Informationen uber die Vorteile der erwunschten Verhaltenswei-

sen. Wird durch solche Maßnahmen eine Verhaltensanderung einer “kritischen

Masse” erreicht, wird dieses Verhalten zu einem neuen gesellschaftlichen Stan-

dard, einer neuen sozialen Norm.92 Hier verweist allerdings Huber93 darauf, dass

Wertorientierungen an sich zwar vom Menschen gemacht seien, sie willentlich zu

verandern und zu lenken aber noch um ein vielfaches schwieriger sei, als beispiels-

weise technische Innovationen, eine Wirtschaftsordnung, Gesetzesstrukturen oder

einen Wissenskanon zu verandern.

3.3.3. Evaluations- und Aktions-Phase

In der anschließenden Evaluationsphase werden die einzelnen Einflussfaktoren im

Rahmen des jeweiligen Kontextes schließlich bewertet und Kosten und Nutzen, sowie

die moglichen Folgen der Entscheidungen abgewogen,94 bevor in der abschließenden

Aktionsphase die entsprechende Handlung gesetzt wird.

Ein weiterer relevanter Punkt, den dieses Modell beinhaltet, ist “eine Redefiniti-

onsschleife, die im Falle einer nicht moralkonformen Entscheidung in Gang gesetzt

wird um Schuldgefuhle abzuwehren.”95 So verweist Matthies darauf, die objektive

Situation (etwa die entsprechende Infrastruktur) bei der Planung von Interventi-

onsmaßnahmen mitzubedenken und weist auch auf das Risiko von normzentrierten

Strategien hin: “Sind Normen aktiviert, konnen aber aufgrund von starken konkur-

rierenden Motiven nicht umgesetzt werden, fuhrt dies zu Verantwortungsabwehr

und Redefinitionsprozessen.”96

91Waldmann 1992, S. 62.92Vgl. Liedtke, Kristof und Parlow 2009, S. 17 und Matthies 2005, S. 73.93Vgl. Huber 2001, S. 51.94Vgl. Matthies 2005, S. 70 und Liedtke, Kristof und Parlow 2009, S. 7 f und 17.95Matthies 2005, S. 70.96Ebd., S. 71.

27

Page 39: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

3. Verhaltenstheoretische Ansatze und die Rolle der Umweltbildung

3.3.4. Gewohnheiten und Routinen

Da jeder Entscheidungsprozess außerdem durch die Variablen Gewohnheiten und

Handlungssituation beeinflusst wird97 und der Großteil des umweltrelevanten Ver-

haltens im Alltag verankert und damit durch Routinen gekennzeichnet ist, wurde

auch der Faktor Verhaltensgewohnheiten in das Modell integriert. Sehr haufig

wird Alltagshandeln nicht immer wieder neu bewusst entschieden, sondern von

Routinehandlungen bestimmt. Alltagshandlungen werden als Verhaltensgewohn-

heiten und Verhaltensmuster automatisiert und habitualisiert und zur”kogniti-

ven Entlastung“ wird in alltaglichen Situationen auf bekannte Handlungsmuster

zuruckgegri"en. Diese automatisierten Handlungen sind sehr anderungsresistent

und bedurfen gewichtiger Umstandsanderungen oder Wahrnehmungen als Anstoß

fur das Uberdenken der gewohnten Verhaltensmuster.98 Routinen konnen in meh-

reren Handlungsphasen des Modells wirksam werden. Einerseits konnen in der

ersten Phase, der Normaktivationsphase, kognitive Prozesse blockiert und nicht alle

verfugbaren Handlungsalternativen mit entsprechenden Handlungskonsequenzen

wahrgenommen werden. Andererseits konnen Gewohnheiten als Verhaltenskosten

(gewohntes Verhalten ist leichter ausfuhrbar als neues, ungewohntes) in der Moti-

vationsphase interpretiert werden. Ein dritter Punkt, an dem Routinen wirksam

werden, ist, wenn keine bewusste Entscheidung stattfindet, also das gesamte (be-

wusst wahrgenommene) Handlungsmodell”ubersprungen“ wird, und sofort die

routinierte Aktion stattfindet.99

Auch hier sieht Matthies Ansatzpunkte fur Interventionsmaßnahmen: so konnten

etwa durch temporar starke Veranderungen der Rahmenbedingungen oder Hand-

lungssituationen oder durch die Moglichkeit, alternatives Verhalten zu erproben

(beispielsweise Freitickets fur o"entliche Verkehrsmittel), Gewohnheiten aufgebro-

chen werden und die Wahrnehmung und Neu-Bewertung von Handlungsalternativen

beeinflussen und unterstutzen.100

97Vgl. Lenßen 2011, S. 17.98Vgl. Priewasser 2010b, S. 12 und Erb 2007, S. 32.99Vgl. Matthies 2005, S. 71.

100Vgl. ebd., S. 73.

28

Page 40: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

4. Die Rolle von Bildung und

Sozialisation

Nach der Frage, wovon umwelt- oder nachhaltigkeitskonformes Verhalten abhangig

ist, stellt sich an dieser Stelle die Frage nach der Rolle der Bildung. Von den

in Kapitel 3 beschriebenen verhaltenstheoretischen Erklarungsansatzen wurden

bereits verschiedene Ansatzpunkte zur Forderung von an Nachhaltigkeit orientier-

tem Verhalten abgeleitet. Es lassen sich nicht nur notwendige Veranderungen der

außeren Bedingungen, sondern - insbesondere von den in Kapitel 3.3 identifizierten

Wirkungsfaktoren - auch Anknupfungspunkte auf individueller Ebene ableiten, wo

Bildung fur nachhaltige Entwicklung an verschiedenen Punkten einer Handlung Ein-

fluss nehmen und damit entscheidungsformend wirken kann.101 In diesem Kapitel

soll geklart werden, wie Menschen zu dem in der Normaktivationsphase bedeut-

samen Wissen kommen, wie die in der Motivationsphase wirksamen personlichen

und sozialen Normen gelernt werden und wie Verhaltensgewohnheiten entstehen

und beeinflusst werden konnen.

4.1. Wissen, Kenntnisse und Kompetenzen

Ziel von BNE (vgl. Kapitel 5.1.4: Bildung fur nachhaltige Entwicklung) ist es

nicht, einzelne Handlungen zu fordern oder konkrete Handlungsanleitungen zu

geben - was angesichts der Komplexitat, Vielschichtigkeit und Ungewissheit des

Themenkomplexes auch unmoglich erscheint - sondern zu zeigen, dass ein Großteil

der Alltagshandlungen vielfaltige Auswirkungen mit sich bringen, die mitbedacht

werden sollten.102 Auch wenn der statistische bzw. faktisch-reale Zusammenhang

zwischen Kenntnissen, Einstellungen und Verhalten relativ gering ist (vgl. Kapitel

3.1: Zusammenhang Umweltbewusstsein und Umweltverhalten), nicht geklart ist,

was genau man wissen und konnen muss, um sich nachhaltig zu verhalten, und sich

Bildung fur nachhaltige Entwicklung hauptsachlich darauf konzentriert, erforderliche

Kompetenzen zu vermitteln, sind Fakten- und Systemwissen sowie Machbarkeits-

und Verantwortungsgefuhle grundlegende Voraussetzungen fur umweltgerechtes

101Vgl. Liedtke, Kristof und Parlow 2009, S. 18 und Priewasser 2009, S. 70 !.102Vgl. De Haan und Kuckartz 1996, S. 36.

29

Page 41: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

4. Die Rolle von Bildung und Sozialisation

Verhalten, und deren Vermittlung wichtiger Bestandteil von BNE.103 Schober nennt

dafur vier Grunde:

1. Bewusstes, an Nachhaltigkeit orientiertes Handeln ist ohne Wissen uber

bestehende Probleme, die Folgen des eigenen Handelns und moglicher Hand-

lungsalternativen nicht moglich,

2. das Erlernen von Fahigkeiten und Kompetenzen (vgl. Kapitel 5.4.1: Ansatz

der Gestaltungskompetenz) ist auf konkrete Inhalte und einen Sinn stiftenden

Kontext angewiesen,

3. Verantwortungsgefuhl und Erwartungshaltungen gegenuber anderen konnen

erst entwickelt werden, wenn die Konsequenzen des eigenen und fremden

Handelns und bestehende Handlungsalternativen bekannt sind und

4. Basiskenntnisse sind Voraussetzung fur die Teilhabe an einem gesellschaftli-

chen Diskurs uber nachhaltige Entwicklung, der aufgrund bisher fehlender

Losungen auch in Zukunft gefuhrt werden muss.

Ohne Wissen uber den Ist-Zustand der Umwelt, vorherrschende Menschen- und

Weltbilder, Lebens- und Denkweisen, uber Auswirkungen von Handlungen und

bestehende Handlungsalternativen ist eine Reflexion daruber nicht moglich.104

Mit dem Verweis auf ipsative Restriktionen gibt die Wahrnehmungspsychologie

dem Faktor Wissen eine weitere Bedeutung: Ipsative Restriktionen meinen jene

Einschrankungen, die aufgrund des “nicht in den Sinn kommens” auf samtliche

Entscheidungen und Handlungen wirken. Erstens schranken sie die im entschei-

denden Moment bedachten Handlungsalternativen ein und zweitens haben sie

Auswirkungen darauf, welche Konsequenzen diesen Alternativen im Entscheidungs-

moment zugeschrieben werden und wie die einzelnen Optionen demnach bewer-

tet werden. Die Wahrnehmung von Gegebenheiten, den tatsachlich verfugbaren

Handlungsmoglichkeiten und bestehenden Restriktionen, sowie die Bewertung der

verschiedenen Optionen und deren Konsequenzen sind nicht nur von den objek-

tiv gegebenen Rahmenbedingungen und Einschrankungen abhangig, sondern es

mussen auch ipsative Restriktionen berucksichtigt werden. Nur mit einem ent-

sprechenden Wissen uber verschiedene konkrete Handlungsalternativen und deren

Auswirkungen kann einem dieses Wissen im entscheidenden Moment auch einfallen

und angewendet werden.105

Die Umwelt- und Bildungspsychologie zeigt zudem, dass fur handlungsrelevantes

Lernen - den Aufbau und die Stabilisierung neuen Verhaltens - der Kontext des

Wissenserwerbs mitentscheidend ist. Wissen muss einen Gebrauchswert haben,

103Vgl. Schober 2002, S. 16 f.104Vgl. De Haan und Kuckartz 1996, S. 283 f.105Vgl. Tanner und Foppa 1996, S. 245 ! und Preisendorfer und Franzen 1996, S. 231.

30

Page 42: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

4. Die Rolle von Bildung und Sozialisation

die Vermittlung von Fakten alleine reicht nicht aus, sondern es muss sich auf

Zusammenhange und konkrete, lebens- und praxisnahe Prozesse beziehen, eige-

ne Handlungs- und Mitgestaltungsmoglichkeiten und deren Relevanz aufzeigen

und Emotionalitat und Sinnhaftigkeit miteinbeziehen.106 Auch das Sichtbar- oder

Erfahrbarmachen der Handlungskonsequenzen, die aus einzelnen Handlungen resul-

tieren, und das Erkennen der Bedeutung des Themas auch fur das eigene Leben,

werden als bedeutend angesehen. Die SchulerInnen mussen sich uber ihren Einfluss

und ihre Moglichkeiten bewusst sein, was aufgrund der oft nicht direkt wahrnehm-

und abschatzbaren Folgen und Entwicklungen schwierig ist.107 Diese Schwierigkeit

verweist aber gleichzeitig darauf, dass die von einer BNE angestrebten Schlussel-,

Handlungs- und Gestaltungskompetenzen anhand konkreter Beispiele gelehrt und

gelernt werden mussen, um die erforderliche Handlungsrelevanz des Wissens- und

Kompetenzenerwerbs herzustellen.

4.2. Werte, Normen und Einstellungen

Die Sozialisationstheorie bettet Erziehung und Bildung in einen gesamtgesell-

schaftlichen Kontext, indem sie zeigt, dass jeder Mensch - sein Wissen und seine

Werthaltungen - vom jeweiligen Kontext, in dem er aufwachst, gepragt wird. In

verschiedenen Institutionen - wie auch in der o"entlichen Pflichtschule als eine

der wichtigsten Bildungsinstitution - werden gesellschaftlich gewollte, kulturelle

Grunduberzeugungen, Werthaltungen und Normen an die heranwachsende Generati-

on weitergegeben, und deren Nicht-Einhaltung sanktioniert, um den Fortbestand der

Gesellschaft zu gewahrleisten.108 Laut Verhaltensforschung haben auch personliche

Einstellungen, Werte und Normen - so wie Faktenwissen - nur begrenzten Einfluss

auf das tatsachliche (Umwelt-)Verhalten.109 Sie haben jedoch Auswirkungen auf

die eigene Nutzenwahrnehmung (Umweltfreundlichkeit als Zusatznutzen),110 auf

den ipsativen Moglichkeitsraum (“Art und Anzahl der Handlungsalternativen [...]

die einem im gegebenen Moment in den Sinn kommen”111), auf Sensibilitat, Auf-

merksamkeit, Deutung und Bewertung bestimmter Themen und die Akzeptanz

unterschiedlicher Maßnahmen,112 auf Verantwortungszuweisung und Erwartungs-

haltung,113 sowie auf intrinsische Motivation und Handlungsbereitschaft bezuglich

nachhaltigem Verhalten.114 Durch (vor allem fruhkindliche) Sozialisation werden

106Vgl. Lechner 2011a.107Vgl. Engartner 2010, S. 29 und Fietkau und Kessel 1984, S. 41.108Vgl. Fend 2008, S. 14, 19 und 29 f und Ebner 2011, S. 8.109Vgl. Preisendorfer und Franzen 1996, S. 233.110Vgl. Priewasser 2009, S. 72.111Tanner und Foppa 1996, S. 259.112Vgl. ebd.113Vgl. Schober 2002, S. 16.114Vgl. Priewasser 2009, S. 66 f.

31

Page 43: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

4. Die Rolle von Bildung und Sozialisation

all diese Werte und Normen vermittelt und gelernt. Gleichzeitig ist jedes Bildungs-

systeme “Instrument des sozialen Wandels, wenn es darauf ausgerichtet wird, neue

Qualifikationen zu vermitteln, um zukunftige Aufgaben bewaltigen zu konnen.”115

Vollzieht sich dieser angestrebte Wertewandel bei einer “kritischen Masse”, so

werden viele individuelle Normen zu neuen sozialen Normen116 und wirken dann

ebenfalls sowohl direkt (durch Erwartungshaltungen, Orientierungshilfen im Alltag

oder soziale Anreize wie positives oder negatives Feedback) als auch indirekt (uber

das Meinungsbild in der Bevolkerung und die dadurch beeinflusste Akzeptanz

von beispielsweise politischen Entscheidungen oder technischen und okonomischen

Entwicklungen) auf das individuelle Verhalten.117

Werte- und Einstellungsformung im Rahmen der Umweltbildung wirken damit

sowohl auf die/ den einzelneN SchulerIn, als auch auf ihr/ sein soziales Umfeld.118

Dieses soziale Umfeld - weiter gefasst der gesamte kulturelle Kontext mit seinen

Menschen- und Weltbildern, Normen, Werten und Grunduberzeugungen - wirkt

bewusst und unbewusst im Sinne von Sozialisation ebenfalls auf jedeN Einzel-

neN, was eine bewusste Reflexion dieser verinnerlichten Bilder und Normen als

entscheidenden Teil der Bildung fur nachhaltige Entwicklung (BNE) erscheinen

lasst.119

4.3. Verhaltensgewohnheiten

Eine entscheidende Rolle im individuellen Verhalten, insbesondere im Alltagsverhal-

ten, spielen Routinen und Verhaltensgewohnheiten, da der Großteil der Handlungen

nicht aufgrund immer wieder von Neuem bewusst getro"ener Entscheidungen,

sondern aufgrund von unreflektierten, gewohnten Verhaltensmustern bestimmt wird120 (vgl. Kapitel 3.3.4: Gewohnheiten und Routinen). Bewusste Entscheidungen

und bewusst gesetzte Handlungen konnen sich langfristig zu selbstverstandlichen

Routinen verfestigen.121 An diesem Punkt kann auch BNE ansetzen, da der Grund-

stein vieler dieser Verhaltensweisen bereits in fruhen Sozialisationsphasen der

Kindheit gelegt wird und jede Gewohnheit einmal durch bewusst getro"ene Ent-

scheidungen entstanden ist.122 Durch bereits fruh ansetzende BNE lernen die Kinder

nachhaltigkeitskonforme Handlungsalternativen kennen und konnen entsprechende

Handlungsmuster erlernen und verfestigen.

115Fend 2008, S. 49.116Vgl. Liedtke, Kristof und Parlow 2009, S. 18.117Vgl. Kleinhuckelkotten 2005, S. 67, Tanner und Foppa 1996, S. 266 und Preisendorfer und

Franzen 1996, S. 220 und 235.118Vgl. Priewasser 2009, S. 70 !.119Vgl. Kleinhuckelkotten 2005, S. 67.120Vgl. Priewasser 2009, S. 70 ! und Tanner und Foppa 1996, S. 248.121Vgl. Schober 2002, S. 13 f.122Vgl. Hauenschild und Bolscho 2005, S. 72 f und Priewasser 2009, S. 70 !.

32

Page 44: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur

bei der Erziehung zu

Nachhaltigkeit

Die konkrete Umsetzung des komplexen Leitbildes einer nachhaltigen Entwicklung

ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die veranderte Einstellungen, Werte, Nor-

men, Denk- und Handlungsweisen, sowie Veranderungen in den institutionellen

und infrastrukturellen Rahmenbedingungen braucht. Dazu bedarf es vor allem

fahiger, verantwortungsbewusster und motivierter Gesellschaftsmitglieder, die den

damit einhergehenden Diskurs und Meinungsbildungsprozess nicht nur verfolgen

und entsprechende politische Entscheidungen mittragen, sondern die sich aktiv

daran beteiligen.123 Dies erfordert von allen Beteiligten unter anderem ein gewisses

Maß an Orientierungswissen, die Fahigkeit, Systemzusammenhange zu verstehen

und zu reflektieren und einen Mix an kooperativen, kommunikativen und kreativen

Schlusselkompetenzen, die oft unter dem Stichwort Handlungs- oder Gestaltungs-

kompetenz diskutiert werden.124 In der Agenda 21 wird Bildung als wesentlicher Teil

des Nachhaltigkeitsprozesses, als “eine unerlaßliche Voraussetzung fur die Forderung

einer nachhaltigen Entwicklung und die Verbesserung der Fahigkeit der Menschen,

sich mit Umwelt- und Entwicklungsfragen auseinanderzusetzen”125 beschrieben.

“Sowohl die formale als auch die nichtformale Bildung sind unabdingbare Voraus-

setzungen fur die Herbeifuhrung eines Bewußtseinswandels [!] bei den Menschen”

sowie “von entscheidender Bedeutung fur die Scha"ung eines okologischen und

eines ethischen Bewußtseins [!] sowie von Werten und Einstellungen, Fahigkeiten

und Verhaltensweisen, die mit einer nachhaltigen Entwicklung vereinbar sind”126

Schule ist in der westlichen Welt eine wesentliche Sozialisationsinstanz und soll

junge Menschen dazu befahigen, sich unter anderem mit “Schlusselproblemen der

modernen Welt”127 auseinanderzusetzen und Grundlagen fur den Umgang damit

123Vgl. Kleinhuckelkotten 2005, S. 34, Bundesministerium fur Land- und Forstwirtschaft, Umweltund Wasserwirtschaft 2002, S. 12, De Haan und Kuckartz 1996, S. 282 f und Waldmann 1992,S. 93.

124Vgl. Kyburz-Graber und Hogger 2000, S. 153, Kromer und Oberhollenzer 2004, S. 3 f, De Haanund Kuckartz 1996, S. 283 f und Kleinhuckelkotten 2005, S. 34.

125Konferenz der Vereinten Nationen fur Umwelt und Entwicklung 1992, S. 281.126Ebd.127Klafki 2004, S. 68.

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Page 45: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

vermitteln. Das Bildungssystem im Allgemeinen und die Schule im Speziellen stellen

nur einen von vielen verhaltensformenden Faktoren dar. Schule kann nicht allein fur

diese erwunschte Entwicklung verantwortlich gemacht werden, aber sie muss als Teil

eines gesamtgesellschafltichen Prozesses einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung

einer nachhaltigen Gesellschaft leisten.128 Weiters ist zu bedenken, dass BNE nicht

nur direkt, sondern vor allem auch indirekt, langfristig und nicht-linear wirkt, was

eine Wirksamkeits-Messung schwierig macht.129 Schober130 verweist zudem darauf,

dass es aufgrund der Fulle und Komplexitat der von BNE betro"enen Themen fur

eine erfolgreiche Umsetzung in der Schule eine strukturelle Neuorganisation, sowie

ein verandertes Wissensspektrum in der LehrerInnenbildung und in den Unter-

richtsmaterialien braucht. Anhand konkreter Beispiele131 lasst sich aber zeigen, dass

mit entsprechendem Interesse und Engagement bereits jetzt (auch in Volksschulen)

viele Themen erfolgreich bearbeitet und vermittelt werden konnen. In seiner Exper-

tise “Bildung fur nachhaltige Entwicklung in der Grundschule” greift De Haan132

mehrere Bedenken, BNE bereits in der Grundschule zu unterrichten, auf, und zeigt

Chancen und Moglichkeiten, das Konzept der Gestaltungskompetenz bereits in der

Primarstufe umzusetzen (vgl. Kapitel 5.4.1: Ansatz der Gestaltungskompetenz).

Den Vorwurf, dass Umweltbildung auf “Manipulation der Individuen” hinauslau-

fe und eine “von außen oktroyierte Umweltmoral” forciere, lassen De Haan und

Kuckartz nicht gelten. Erstens beruhe jede bewusste Handlung auf bestimmten Ent-

scheidungskriterien, die naturlich durch Bildung, Sozialisation und gesellschaftlichen

Diskurs zuganglich gemacht werden mussten, und zweitens sei auch umweltrele-

vantes Verhalten von - naturlich erlernten - Lebens- und Denkstilen im jeweiligen

kulturellen Kontext abhangig.133

Wie genau sich die Rolle der Schule in Bezug auf Umweltbildung entwickelt hat,

wie die umweltpolitische Aufgabe der Schule in der osterreichischen Gesetzgebung

verankert ist und wie die einzelnen Komponenten der Schule im Einzelnen wirken

(konnen), soll in den nachstehenden Kapiteln beleuchtet werden.

128Vgl. Schober 2002, S. 1 und 25, Posch, Rauch und Kreis 2000, S. 7 und Kromer und Oberhol-lenzer 2004, S. 2.

129Vgl. Schober 2002, S. 23 f und Priewasser 2009, S. 66 f und 69.130Vgl. Schober 2002, S. 18.131Siehe dazu unter anderem: De Haan 2009, Kunzli David 2007, Kunzli David et al. 2008 oder

Engartner 2010, S. 34 und 56 !.132Vgl. De Haan 2009.133Vgl. De Haan und Kuckartz 1996, S. 283 f.

34

Page 46: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

5.1. Historischer Blick auf Umwelterziehung in der

Schule

Weder der Begri" der Bildung fur Nachhaltige Entwicklung noch die Begri"e Um-

welterziehung oder Umweltbildung sind klar definiert.134 Seit Anfang der 1970er

Jahre gibt es eine padagogische Debatte uber die konkrete Umsetzung des Auftrags

der Umweltbildung beziehungsweise der spateren Bildung fur nachhaltige Ent-

wicklung in der Schule und es wurden eine Vielzahl von verschiedenen Konzepten

entwickelt.135 Im Folgenden sollen einige dieser Konzepte kurz vorgestellt werden.

5.1.1. Umwelterziehung

Der seit den 1970er Jahren am Leibnitz-Institut fur die Padagogik der Naturwissen-

schaften (IPN) in Kiel unter anderem von Bolscho, Eulefeld und Seybold entwickelte

Ansatz der problem- und handlungsorientierten Umwelterziehung kann als morali-

sierender Ansatz bezeichnet werden. Ausgehend von der damals vorherrschenden

Annahme, dass Umwelthandeln mit Umweltwissen und Umweltbewusstsein in

engem Zusammenhang steht (eine aktuelle und di"erenzierte Darstellung siehe

Kapitel 3.1: Zusammenhang Umweltbewusstsein und Umweltverhalten), wird in

diesem Konzept vordergrundig versucht, den Schulerinnen und Schulern entspre-

chendes Wissen und ein Grundverstandnis uber die Umwelt, sowie die okologischen

Problemlagen mitsamt den biologischen, okonomischen, sozialen und kulturellen Zu-

sammenhangen zu vermitteln. Ziel des Konzeptes ist einerseits eine Sensibilisierung

fur Umweltprobleme, sowie das Wecken von Betro"enheit und Verantwortungs-

gefuhl, durch die entsprechendes Umweltbewusstsein entwickelt und veranderte

Wertvorstellungen gefordert werden. Andererseits soll vor allem die okologische

Handlungskompetenz der heranwachsenden Generationen gestarkt werden, um mit

diesen Fahigkeiten zukunftige Umweltprobleme losen zu konnen. Didaktisch soll

diese Handlungsfahigkeit vor allem durch facherubergreifenden, interdisziplinaren,

auf Situation und Lebenswelt der Kinder bezogenen, handlungsorientierten Un-

terricht - wozu zum Beispiel Projektunterricht als Paradebeispiel zahlt - moglich

werden.136 De Haan137 fasst das Konzept der Umwelterziehung folgendermaßen

zusammen:

“Der Umwelterziehung fallt allgemein die Aufgabe zu, Problembe-

wußtsein [!] bezuglich der okologischen Krise zu wecken, Kenntnisse uber

ihre Ursachen und Gegenmaßnahmen zu vermitteln, moralische Hand-

134Vgl. Heinrich 2005, S. 34.135Vgl. Waldmann 1992, S. 93 und Schreiber 2010, S. 7.136Vgl. ebd., Heinrich 2005, S. 34 ! und Hauenschild und Bolscho 2005, S. 28.137De Haan 1984, S. 78.

35

Page 47: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

lungsbereitschaft gegen die drohende Katastrophe zu erzeugen, Hand-

lungsfahigkeit und Handlungswillen bei der Bevolkerung zu fordern.”

5.1.2. Okopadagogik

Mitte der 1980er Jahre entwickelten unter anderem Beer und De Haan ein gesell-

schaftskritisches Gegenkonzept zur Umwelterziehung. Fur die aus der Okologiebewegung

hervorgegangene Okopadagogik liegt die Wurzel des Problems - und damit der

angestrebte Ansatzpunkt fur Losungen - tiefer. Ernst gemeinte okologische Bil-

dung musse mehr Abstand zur Industriegesellschaft wahren und eine vollig neue

Mensch-Natur-Beziehung anstreben. Sie kritisieren die Verankerung der klassischen

Umwelterziehung in vorherrschenden Denk-, Wirtschafts- und Gesellschaftsstruk-

turen und die Beschrankung auf rein technologisch-pragmatische und vor allem

anthropozentrische, utilitaristische Losungen,138 welche De Haan als “die versuch-

te Perfektionierung der Naturbeherrschung”139 bezeichnet. Stattdessen setzt die

Okopadagogik auf Reflexion der eigenen Personlichkeit und selbstandiges, selbst-

bestimmtes Handeln in den Mittelpunkt ihres Lernprozesses. Neben der radikalen

Anderung der Gesellschaft, der Grundeinstellung zur Natur und der Beziehung

zwischen Natur und Mensch steht der Ansatz der Okopadagogik fur Dezentralisie-

rung und das Agieren in uberschaubaren, selbst gestaltbaren Lebensraumen, fur

Machtabbau und Partizipation. Lernen bedeutet in diesem durchgangig ganzheitli-

chen Konzept nicht Erziehung, sondern vor allem O"enheit gegenuber sinnlichen

Erfahrungen mit sich selbst, in der Natur, in sozialen Beziehungen und im konkreten

und politischen Leben. Dies konne jedoch nicht im derzeitigen Schulsystem, sondern

vielmehr im Rahmen von Gruppierungen wie Friedens- und Frauenbewegungen,

Burgerinitiativen oder Selbsthilfegruppen stattfinden.140

5.1.3. Weitere Ansatze

Bis heute wurde in der Padagogik eine breite Palette an unterschiedlichsten Kon-

zepten und Ansatzen entwickelt. Um die Bandbreite der Debatte aufzuzeigen,

sollen einige Ansatze hier nur beispielhaft aufgezahlt werden, ohne naher darauf

einzugehen:141

• Ansatz der okologischen Bildung

• Lebensweltansatz

• Padagogik der okologischen Orientierung

138Vgl. Schreiber 2010, S. 7, Heinrich 2005, S. 37 ! und Hauenschild und Bolscho 2005, S. 28 f.139De Haan 1984, S. 78.140Vgl. ebd., S. 83 und 86 und Heinrich 2005, S. 39 f.141Vgl. Waldmann 1992, S. 93 und Schreiber 2010, S. 7.

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Page 48: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

• Die naturbezogene Padagogik

• Okologisches Lernen

• Naturnahe Erziehung

• Umweltlernen

• Innovatives Lernen

5.1.4. Bildung fur nachhaltige Entwicklung

Seit der 1992 bei der Konferenz der Vereinten Nationen in Rio beschlossenen Agen-

da 21 wird Umweltbildung als Bildung fur Nachhaltige Entwicklung konzipiert,

und soll zur Realisierung des gesellschaftlichen Leitbildes einer nachhaltigen Ent-

wicklung beitragen.142 Die Einbeziehung der Bildungsebene in ein gesellschaftliches

Entwicklungskonzept wie das der Nachhaltigkeit geht auf die Annahme zuruck, dass

durch Bildungs- und Erziehungsmaßnahmen Verhaltensanderungen von Individuen

und damit der gesamten Bevolkerung erreicht werden konnen. Da jedoch kein

geradliniger Kausalzusammenhang zwischen bestimmten Bildungsinhalten, Lehrme-

thoden oder Erziehungsmaßnahmen und den gewunschten Verhaltensanderungen

besteht, wird BNE eher als Prozess und fortwahrende Suche nach neuen Inhal-

ten und didaktisch-methodischen Prinzipien begri"en.143 Wahrend man in den

Vorlaufer-Ansatzen (unter anderem Umweltbildung und entwicklungspolitische

Bildung) noch davon ausging, dass die Menschen vor allem durch entsprechendes

Wissen aufgeruttelt werden mussten - und entsprechend viel mit Bedrohungs- und

Elends-Szenarien gearbeitet wurde - konzentriert sich die von De Haan als Moder-

nisierungskonzept bezeichnete BNE eher auf erreichbare Ziele, auf konstruktive

Kritik und positive Entwicklungsmoglichkeiten. Sie will unter anderem Chancen

und Moglichkeiten von Eigeninitiative und deren Wirksamkeit aufzeigen und dazu

anregen, seine eigene und die Zukunft der Welt in einem nachhaltigen Sinne selbst

positiv zu gestalten.144

Weiters versteht sich BNE als ein viel weiter reichender Ansatz, der neben vormals

okologischen Fragestellungen nun auch eine soziale, politische und gesellschaftlich-

kulturelle Dimension - hinter der die Grundidee einer globalen und generatio-

nenubergreifenden Verteilungsgerechtigkeit steht - sowie eine okonomische Kom-

ponente – etwa im Rahmen von Mobilitats- und Konsumerziehung im Sinne einer

nachhaltigen Entwicklung - in seine Bildungsziele integriert.145

142Vgl. Heinrich 2005, S. 46 !, Schober 2002, S. 10,Hauenschild und Bolscho 2005, S. 43 f undRauch und Kreis 2000, S. 26 f.

143Vgl. Hauenschild und Bolscho 2005, S. 43 f.144Vgl. De Haan 2009, S. 21 f.145Vgl. Hauenschild und Bolscho 2005, S. 43 f, Schreiber 2010, S. 9, Heinrich 2005, S. 46 und 51

und Priewasser 2009, S. 66.

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Page 49: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

Der BNE wird die Aufgabe zugeschrieben, einen wesentlichen Beitrag zur Um-

setzung des Nachhaltigkeits-Gedankens auf individueller Ebene zu leisten. Sie

soll die heranwachsenden Generationen “zur aktiven Gestaltung einer okologisch

vertraglichen, wirtschaftlich leistungsfahigen und sozial gerechten Umwelt un-

ter Berucksichtigung globaler Aspekte”146 befahigen. Bildung bedeutet in die-

sem Zusammenhang die Befahigung zur “reflexiven, verantwortungsbewussten

Mitgestaltung der Gesellschaft”, also die Fahigkeit, “in konkreten Handlungsfel-

dern Fragen zu bearbeiten, wie sich die Zukunft nachhaltig gestalten lasst”.147

Durch die Vermittlung von Wissen und Kulturtechniken sollen Kompetenzen wie

Demokratie-, Kommunikations-, Reflexions- und Problemlosefahigkeit, Selbstbe-

wusstsein, Selbstbestimmung und Eigeninitiative - die unter anderem unter dem

Schlagwort Gestaltungskompetenz diskutiert werden - erlangt werden, um die

Kinder und Jugendlichen fur den Umgang mit den Herausforderungen der Zukunft

zu wappnen.148

Nach De Haan und Gerhold kann BNE “als Fahigkeit des Individuums, aktiv

an der Analyse und Bewertung von nicht nachhaltigen Entwicklungsprozessen

teilzuhaben, sich an Kriterien der Nachhaltigkeit im eigenen Leben zu orientieren

und nachhaltige Entwicklungsprozesse gemeinsam mit anderen lokal wie global in

Gang zu setzen” definiert werden, und ist somit “ein wesentlicher Bestandteil der

Allgemeinbildung”.149

Welche konkreten Kompetenzen hierfur notig sind und deshalb in der Schule

vermittelt werden sollten wird im Kapitel 5.4.1 naher erlautert.

5.2. Politische Programme zur Forderung von

Umwelterziehung

Seit der Antike gilt die Lernfahigkeit des Menschen als wichtiger Motor fur gesell-

schaftliche Veranderungen. Auch im Bereich des Umweltschutzes beziehungsweise

des spateren Leitbildes einer nachhaltigen Entwicklung wurde neben ordnungs-

politischen Maßnahmen und Steuerungsinstrumenten des Staates schon fruh die

Umweltbildung - mit ihrem informierenden und appellierenden Charakter - als

wichtiges umweltpolitisches Instrument erkannt.150 Auch der Rat der Europaischen

Union betrachtet Bildung auf allen Ebenen des Bildungssystems als eine Grundvor-

aussetzung fur die Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung.151

Im Folgenden soll lediglich eine knappe Auswahl an internationalen und na-

146Hauenschild und Bolscho 2005, S. 43.147Heinrich 2005, S. 51.148Vgl. ebd. und Schober 2002, S. 9.149De Haan und Gerhold 2008, S. 5.150Vgl. Langner 2010, S. 14 ! und 45 und Fischer 2008, S. 1.151Vgl. Rat der Europaischen Union 2010.

38

Page 50: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

tionalen umwelt- und bildungspolitischen Programmen und Dokumenten zur Un-

terstutzung von BNE skizziert werden.

5.2.1. Agenda 21

Die Agenda 21 ist das Abschlussdokument des 1992 in Rio de Janeiro stattgefun-

denen Weltgipfels der Vereinten Nationen fur Umwelt und Entwicklung, das von

mehr als 170 Staaten unterzeichnet wurde, die sich damit verpflichteten, dieses

Aktionsprogramm zur Forderung einer weltweiten nachhaltigen Entwicklung in

ihren Staaten umzusetzen.152 In der Agenda 21 wird der Bildung ausdrucklich ein

zentraler Stellenwert fur die erfolgreiche Umsetzung, Verbreitung und Verankerung

einer nachhaltigen Entwicklung zugewiesen.153 Laut Kapitel 25 der Agenda 21 ist

es fur einen langfristigen Erfolg entscheidend, Kinder und Jugendliche auf allen fur

sie relevanten Ebenen aktiv in umwelt- und entwicklungspolitische Entscheidungs-

prozesse und die Umsetzung von Programmen mit einzubeziehen.154 Weiters sollen

die Regierungen sicherstellen, dass “in allen Lehrplanen Konzepte zur Scharfung

des Umweltbewußtseins [!] und fur eine nachhaltige Entwicklung enthalten sind.”155

Im Kapitel 36 wird die Rolle des Bildungssektors thematisiert und anhand eines

Maßnahmenkataloges konkretisiert:156

Da “immer noch ein erheblicher Mangel an Bewußtsein [!] im Hinblick

auf die Wechselbeziehung zwischen der Gesamtheit der anthropogenen

Aktivitaten und der Umwelt” besteht, bedarf es laut Agenda 21 “einer

weltweiten Bildungsinitiative zur Starkung von Einstellungen, Wert-

vorstellungen und Handlungsweisen, die mit einer nachhaltigen Ent-

wicklung vereinbar sind”, um “die Aufgeschlossenheit der Bevolkerung

gegenuber Umwelt- und Entwicklungsfragen und ihre Beteiligung an

der Losungsfindung zu steigern und ein Bewußtsein [!] fur die eigene

Verantwortung fur die Umwelt, sowie eine bessere Motivation und ein

starkeres Engagement fur eine nachhaltige Entwicklung zu fordern.”157

Bildungspolitisches Ziel ist es, “zum fruhestmoglichen Zeitpunkt

uberall in der Welt und in allen gesellschaftlichen Bereichen ein Umwelt-

und Entwicklungsbewußtsein [!] zu entwickeln”, Umwelt- und Entwick-

lungskonzepte in alle Bildungsbereiche zu integrieren und somit “allen

Bevolkerungsgruppen vom Primarschul- bis zum Erwachsenenalter den

152Vgl. Konferenz der Vereinten Nationen fur Umwelt und Entwicklung 1992, S. 1.153Vgl. Kromer und Oberhollenzer 2004, S. 3, Liedtke, Kristof und Parlow 2009, S. 31 f und

De Haan und Gerhold 2008, S. 5.154Vgl. Konferenz der Vereinten Nationen fur Umwelt und Entwicklung 1992, S. 244.155Ebd., S. 245.156Vgl. ebd., S. 281 !.157Ebd., S. 281.

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Page 51: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

Zugang zur umwelt- und entwicklungsorientierten Bildung/ Erziehung

im Verbund mit der Sozialerziehung zu ermoglichen.”158

5.2.2. OECD-Projekt “Environment and School Initiatives”

Seit 1986 beschaftigt sich das OECD-Projekt “Environment and School Initiatives”

(ENSI), ein internationales Forschungs- und Entwicklungsnetzwerk, mit den Themen

Umwelterziehung, Schul- und Qualitatsentwicklung und Bildung fur nachhaltige

Entwicklung. Das ENSI-Netzwerk unterstutzt Erfahrungsaustausch (Workshops,

Seminare und Konferenzen) und Bildungsinnovationen zur Forderung einer nach-

haltigen Entwicklung, gibt bildungspolitische Empfehlungen und Stellungnahmen

ab, publiziert Forschungsergebnisse und gibt damit Impulse fur Schulentwicklung

und LehrerInnenbildung. Die osterreichischen Schwerpunkte liegen in den Bereichen

Schulentwicklung (OKOLOG - Okologisierung von Schulen) und LehrerInnenbil-

dung (UMILE).159 Bei allen Schulinitiativen im Rahmen des Projektes wird die

Entwicklung von Handlungskompetenz in den Mittelpunkt gestellt und es gelten

folgende vereinbarten Prinzipien:160

• Personliche Erfahrung und Anteilnahme der Lehrenden und Lernenden,

• Interdisziplinares Lernen und Forschen,

• Generierung ’lokalen Wissens’, das in der Lebensumwelt der Kinder und

Jugendlichen erarbeitet und wirksam wird,

• Erwerb von ’dynamischen Fahigkeiten’ wie Kooperations- und Problemlosungsfahigkeit,

Eigeninitiative und Eigenstandigkeit oder selbstandiger Wissenserwerb,

• Gesellschaftlich bedeutsames Handeln,

• Ubertragung von Gestaltungsverantwortung an die SchulerInnen durch Ein-

beziehung in Entscheidungsprozesse uber Problemdefinition, Problembearbei-

tung und Qualitatskontrolle,

• Systematische Reflexion und Dokumentation der Initiativen.

5.2.3. Die UN-Dekade Bildung fur Nachhaltige Entwicklung

2002 wurden von der Vollversammlung der Vereinten Nationen in Johannesburg

die Jahre 2005 bis 2014 zur UN-Weltdekade “Bildung fur nachhaltige Entwicklung”

ausgerufen, im Rahmen derer unter anderem die Anliegen der Agenda 21 auf

158Konferenz der Vereinten Nationen fur Umwelt und Entwicklung 1992, S. 284.159Vgl. Pfa!enwimmer o. J..160Vgl. Rauch und Kreis 2000, S. 23 und Heinrich 2005, S. 42 !.

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Page 52: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

Bildungsebene weitergefuhrt und vertieft werden sollen. Ziel der Dekade ist es,

einen Paradigmenwechsel Richtung nachhaltiger Entwicklung global einzufuhren

und eine nachhaltige Entwicklung dauerhaft zu gewahrleisten. Dies soll durch

weltweite Bildungsmaßnahmen unterstutzt werden. Hierfur verpflichten sich die

Mitgliedsstaaten, Nachhaltigkeit in ihrem Bildungssystem zu verankern und natio-

nale Bildungsstrategien zu entwickeln, in denen alle Beteiligten auf allen Ebenen

des Bildungsbereiches zur aktiven Mitarbeit aufgerufen werden. Hierzu zahlen

neben dem Schulsystem vom Kindergarten bis zur Hochschule und Erwachsenenbil-

dung unter anderem auch im Bildungsbereich engagierte NGOs oder Medien. Die

UNESCO wurde als Koordinationsstelle beauftragt, internationale und nationale

Aktivitaten zur BNE auszulosen und zu bundeln, forderliche Rahmenbedingungen

zu scha"en, die Staaten bei der Umsetzung ihrer Bildungsstrategien zu unterstutzen

sowie selbst internationale Bildungsaktionen durchzufuhren.161

Im Zentrum der Dekade stehen die Themenfelder Armutsbekampfung, Gender

Equality, Gesundheitsvorsorge, Umweltschutz, Stadt-Land-Ausgleich, Menschen-

rechte, Interkulturelle Verstandigung und Frieden, Nachhaltige Produktion und

Konsum, Kulturelle Vielfalt sowie Bildungszugang und Alphabetisierung.162

In Osterreich wurde hierfur 2005 vom Bundesministerium fur Land- und Forstwirt-

schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und dem Bundesministerium fur Wissenschaft

und Forschung eine ExpertInnengruppe beauftragt, ein Rahmenkonzept fur eine

nationale Strategie zu entwickeln, in dem Grundlagen, Bedingungen, Perspektiven

und strategische Konzepte einer osterreichischen Bildungsstrategie erarbeitet und

dargestellt wurden.163

Bei der Konferenz”Bildung fur Nachhaltige Entwicklung“, die 2009 mit uber

700 Teilnehmern aus 150 Landern in Bonn stattfand, wurde die bisherige Imple-

mentierung der UN-Dekade resumiert und die Bonner Erklarung verabschiedet, in

der zur weltweiten Neuausrichtung der Bildungssysteme aufgerufen wird.164

5.2.4. Osterreichische Strategie zur Nachhaltigen Entwicklung

Im April 2002 wurde von der Bundesregierung die “Osterreichische Strategie zur

Nachhaltigen Entwicklung” beschlossen. In 20 Leitzielen wird dargelegt, wie alle ge-

sellschaftlichen Akteure zu einer nachhaltigen Entwicklung in Osterreich beitragen

sollen. Die Schule, als einer der gesellschaftlichen Akteure, wird dazu aufgefordert,

bei der Umsetzung des gesamtgesellschaftlichen Auftrages einer nachhaltigen Ent-

wicklung mitzuwirken und dabei folgende Grundprinzipien bei ihren Entscheidungen

161Vgl. Hauenschild und Bolscho 2005, S. 85 f, Heinrich et al. 2007, S. 7 f, Heinrich 2005, S. 15 undOsterreichische UNESCO-Kommission 2011.

162Vgl. Heinrich 2005, S. 15.163Vgl. Heinrich et al. 2007, S. 7 f.164Vgl. Osterreichische UNESCO-Kommission 2011.

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Page 53: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

zu berucksichtigen:165

• Das Vorsorgeprinzip umsetzen: den Schutz der naturlichen Ressourcen, wirt-

schaftlichen Erfolg und gesellschaftliche Stabilitat fur kunftige Generationen

garantieren.

• Vielfalt erhalten: kontinuierliche Weiterentwicklung durch Vielfalt in Natur,

Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft gewahrleisten.

• Integrative Losungen anstreben: durch ganzheitliches Denken, Inter- und

Transdisziplinaritat okologische, okonomische und soziale Herausforderungen

bewaltigen.

• Raum fur Innovationen scha"en: soziale, institutionelle und technische Innova-

tionen durch Starkung der Selbstorganisationskrafte und Selbstlauferprozesse

in kreativen Freiraumen fordern.

• Gerechtigkeit und Solidaritat vorleben: auch durch Abgelten gesamtgesell-

schaftlich erwunschter Leistungen kann Gerechtigkeit auf internationaler

Ebene, zwischen Generationen, sozialen Gruppen, Altersgruppen und zwi-

schen den Geschlechtern gescha"en werden.

• Wissen und Wollen starken: einen zukunftsorientierten Wertewandel und eine

nachhaltige Zukunft durch eine an den Lebenswelten der Menschen orientierte

Uberzeugungsarbeit ermoglichen.

• Qualitat und Gesundheit sichern: einen neuen Lebensstil fordern, der sich an

Werten wie soziale Beziehungen, sinnstiftende und motivierende Arbeitsplatze,

qualitatives Wachstum und Zeitwohlstand orientiert.

• Regionalitat und Subsidiaritat fordern: unter Beachtung der unterschiedlichen

lokalen Voraussetzungen soll das vielfaltige, regionale Wissen genutzt und

so die Zukunftskompetenz der regionalen und kommunalen Ebene gestarkt

werden.

• Lokale Identitat starken: fur den Erhalt von Vielfalt und Unverwechselbarkeit

in einer globalisierten Welt muss das Bewusstsein fur lokale Identitat, Kultur

und Tradition gestarkt werden.

• Partizipation und Vernetzung unterstutzen: durch die Scha"ung entspre-

chender struktureller Voraussetzungen und die Starkung von Partizipati-

onsmoglichkeiten die Teilhabe an politischen Entscheidungs- und Gestaltungs-

prozessen ermoglichen und fordern.

165Vgl. Bundesministerium fur Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2002,S. 11 f.

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Page 54: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

• Klare Signale setzen: unterschiedliche Politiken mussen klare und abgestimm-

te Zielsetzungen verfolgen, durch langfristige und konsistente Signale die

Planungssicherheit erhohen und sich gegenseitig starken.

• E!zienz und E"ektivitat durch Kostengerechtigkeit erreichen: durch Interna-

lisierung der Sozial- und Umweltkosten sollen deutliche finanzielle Anreize

gesetzt werden und soll sich zukunftsvertragliches Verhalten auch individuell

lohnen.

• Weiterentwicklung und permanentes Lernen garantieren: durch Prozessori-

entierung, Reflexivitat und einen konstruktiven Umgang mit Interessens-

gegensatzen soll eine als dynamischer, gesamtgesellschaftlicher Lern- und

Gestaltungsprozess verstandene nachhaltige Entwicklung moglich werden.

Im Leitziel 4 - “Bildung und Forschung scha"en Losungen” dieser osterreichischen

Strategie wird der explizite Auftrag an das gesamte osterreichische Bildungssystem

noch einmal unterstrichen.166

5.2.5. FORUM Umweltbildung

FORUM Umweltbildung, das Osterreichisches Portal zur Umweltbildung und Bil-

dung fur nachhaltige Entwicklung, wurde vom Bundesministerium fur Land- und

Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und vom Bundesministerium fur

Unterricht, Kunst und Kultur als umweltpolitisches Instrument zur Etablierung und

Integration des Nachhaltigkeits-Leitbildes in der osterreichischen Bildungslandschaft

eingerichtet. Das Forum versteht sich als Informations- und Koordinationsstelle, als

Innovations- und Projektagentur und entwickelt, plant und unterstutzt unterschied-

lichste Bildungsprogramme fur verschiedene Zielgruppen (Schulen, Universitaten,

Gemeinden, Okopadagoginnen, LehrerInnen,...).167 Im Leitbild des Forums heißt

es:

“Die Tatigkeit des FORUM Umweltbildung ist geleitet durch die

enge Kooperation mit VertreterInnen aus thematisch relevanten Bil-

dungsorganisationen und -institutionen, der Verwaltung, NGOs, der

außerschulischen Jugendbildung und von Medien.”168

Arbeitsschwerpunkte waren unter anderem:169

• Okologisierung von Schulen und Aufbau des OKOLOG-Netzwerkes

166Vgl. Bundesministerium fur Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2002,S. 35 !.

167Vgl. FORUM Umweltbildung o. J.a.168Ders. o. J.b.169Vgl. ders. o. J.a.

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Page 55: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

• Umweltzeichen fur Schulen und außerschulische Bildungseinrichtungen

• Jugendliche und Schulen in der Lokalen Agenda 21

• Projektforderungen durch den Bildungsforderungsfonds fur Gesundheit und

Nachhaltige Entwicklung

• Innovationen in der LehrerInnenausbildung durch den BiNE-Lehrgang.

5.2.6. Fazit

In den vorgestellten Programmen und Strategien wird zwar ausdrucklich die Bedeu-

tung der Bildung betont, die angestrebten Ziele - etwa Umwelt und Entwicklung

in alle Bildungsbereiche einzuarbeiten - und geplanten Maßnahmen sind jedoch

durchgehend sehr weitreichend und o"en formuliert.

Auch die osterreichische Strategie zur Bildung fur nachhaltige Entwicklung ist

sehr allgemein gehalten und das Kapitel”Umsetzung - Primarstufe“ fallt mit einem

einzigen Satz sehr kurz aus. Hier heißt es lediglich:”Die ganzheitliche Ausrichtung

und Gestaltung des Lehrens und Lernens in der Primarstufe ist um die Dimension

der Bildung fur nachhaltige Entwicklung zu reflektieren und zu erweitern.”170 Laut

Huber171 werden Beitrage der Politik aber erst dort relevant und interessant, wo es

um konkrete Regelungen und Maßnahmen geht.

In dem von einer ExpertInnengruppe ausgearbeiteten Rahmenkonzept fur eine

osterreichische Bildungsstrategie heißt es hierzu:

“Eine Bildung fur Nachhaltige Entwicklung, die ihrem Anspruch

gerecht werden will, muss daher die Strukturen verandern, welche die

Einlosung dieser bereits als rechtlich verbindlich formulierten Ziele ver-

hindern. Derzeit scheint hierfur ein konsensfahiger politischer Wille

jedoch zu fehlen. Eine Strategie einer Bildung fur Nachhaltige Entwick-

lung wird daher auch dafur Sorge tragen mussen, dass diese Di"erenz

zwischen politischen Willensbekundungen und fehlendem politischen

Umwetzungswillen uberwunden wird. Eine Politik, die sich eine Strate-

gie einer Nachhaltigen Entwicklung ’auferlegt’, muss sich selbst in die

Pflicht nehmen und bereits verankerte Ziele umsetzen.”172

170Bundesministerium fur Land- und Forstwirschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Bundesmi-nisterium fur Unterricht, Kunst und Kultur und Bundesministerium fur Wissenschaft undForschung 2008, S. 16.

171Vgl. Huber 2001, S. 336.172Heinrich et al. 2007, S. 17.

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Page 56: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

5.3. Rechtsgrundlagen fur den

Umwelterziehungsauftrag

Fur Funk besteht kein Zweifel daran, dass es Aufgabe der Bildungspolitik ist,

“Nachhaltigkeitswissen im Bildungssystem rechtlich zu verankern und tatsachlich

zu gewahrleisten.”173 Diese Verankerung findet in den nachfolgend beschriebenen

Rahmenbedingungen auf verschiedenen Ebenen mit verschiedenen Reichweiten und

unterschiedlicher Intensitat statt.174 Bereits 1979 fand Umweltbildung durch das

“Unterrichtsprinzip Umweltbildung” Eingang in die ersten Lehrplane. 1984 wurden

okologische Themen in die neuen Lehrplane der Pflichtschulen aufgenommen und

ein Jahr spater wurden durch den vom Bundesministerium fur Unterricht und

Kunst herausgegebenen Erlass “Umwelterziehung in der Schule” inhaltliche und

didaktische Hinweise fur die Umsetzung der Umwelterziehung verfasst.175 Laut

Schober176 sind diese auf Umwelterziehung abgestellten Bestimmungen ausreichend

allgemein, um auch als Legitimation fur BNE interpretiert werden zu konnen.

Uber gesetzliche Normierungen, die Entwicklung von Bildungsprogrammen, die

Bereitstellung materieller und personeller Ressourcen und die LehrerInnenausbil-

dung werden uber das Schulsystem in jeder Gesellschaft erwunschte Lernprozesse

arrangiert, organisiert und systematisiert, um die Interessen der Gesellschaft fried-

lich durchzusetzen.177 So wird politisch definiert und direkt gesteuert, was als

unverzichtbares, lehr- und lernwurdiges Wissen gilt und in welchen Deutungsrah-

men es eingeordnet werden soll.178 Mit seinen Ausfuhrungen uber die Schule als

“Teil des staatlichen Herrschaftsverbandes, also eines durch Regeln konstruierten

Ordnungsrahmens, der mit einem wirksamen Sanktionierungsapparat ausgestattet

ist”179 betont der Bildungsforscher Helmut Fend die große potenzielle Bedeutung

der Schule fur die Gesellschaft. Mit dem Verweis darauf, dass sie sich uber Jahre

hinweg an alle Kinder (in beeinflussbarem Alter) einer Gesellschaft richtet - und

damit auch als missbrauchbares Manipulationsinstrument betrachtet werden kann -

betont er zugleich die große Verantwortung, Inhalte und Ziele des schulischen - in

den Lehrplanen abgebildeten - Wissenskanons zu analysieren und die Scha"ung

kultureller Kompetenzen bei Kindern und Jugendlichen zu gestalten, zu legitimieren

und zu kontrollieren.180

173Funk 2009, S. 19.174Vgl. Thonhauser 1993, S. 33.175Vgl. ebd., S. 27.176Vgl. Schober 2002, S. 11.177Vgl. Fend 2008, S. 31.178Vgl. Lassig 2010, S. 204.179Fend 2008, S. 165.180Vgl. ebd.

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Page 57: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

5.3.1. Umwelterziehung im Lehrplan der Volksschule

Der gesondert fur jeden Schultyp erlassene Lehrplan - bezuglich BNE als rechtlich

verbindlichste Vorgabe181 - gliedert die Lernziele, Methoden und Lerninhalte und

konkretisiert damit die gesellschaftlichen Wertvorstellungen, Erwartungen und

Anforderungen.

Auch in der Agenda 21 wird zur Umsetzung ihrer Ziele direkt die grundliche

Uberarbeitung der Lehrplane angesprochen, so dass “ein multidisziplinarer Ansatz”

und die Berucksichtigung von “Umwelt- und Entwicklungsfragen, sowie ihre sozio-

kulturellen und demographischen Aspekte und Verknupfungen”182 gewahrleistet

werden.

Der osterreichische Lehrplan ist ein Rahmenlehrplan, der nur das allgemeine

Bildungsziel, Inhalte von Lehrsto" und Bildungsaufgaben, sowie allgemeine didak-

tische Grundsatze als Grundlagen und Leitlinien vorgibt und ansonsten sowohl

inhaltlich als auch methodisch den Lehrkraften viel Spielraum zur individuellen

Gestaltung des Unterrichts lasst.183 Aufgrund dieses Rahmencharakters konnen

LehrerInnen relativ frei uber die Konkretisierung und Interpretation des allgemei-

nen Bildungsziels, die Auswahl der konkreten Lernziele und -sto"e, sowie deren

zeitliche Verteilung, Strukturierung und Gewichtung, wie auch die Festlegung der

angewandten Unterrichtsmethoden und verwendeten Unterrichtsmittel entschei-

den.184 Dies bedeutet jedoch auch, dass die Umsetzung von BNE, deren konkrete

Verankerung im Lehrplan nachfolgend betrachtet wird, stark vom Engagement der

Lehrpersonen abhangig ist. (vgl. Kapitel 5.4.2: Rolle der Lehrpersonen)

Der Auftrag fur BNE findet sich im Lehrplan der Volksschule sowohl in den

allgemeinen Bestimmungen als auch in den speziellen Ausfuhrungen zu einzelnen

Unterrichtsgegenstanden.

5.3.1.1. Erster Teil: Allgemeines Bildungsziel

Bereits im ersten Teil des Lehrplans, dem allgemeinen Bildungsziel, lasst sich

der Nachhaltigkeitsgedanke uber die Vermittlung von ethischen und moralischen

Werten, kritischer Reflexionsfahigkeit und Verantwortungsubernahme erkennen:

Die Kinder sollen zu “verantwortungsbewussten Gliedern der Gesell-

schaft” werden, zu “selbststandigem Urteil und sozialem Verstandnis

gefuhrt” werden, “dem politischen und weltanschaulichen Denken an-

derer aufgeschlossen” sein, “am Wirtschafts- und Kulturleben” Anteil

nehmen und “in Freiheits- und Friedensliebe an den gemeinsamen Auf-

gaben der Menschheit mitwirken. Humanitat, Solidaritat, Toleranz,

181Vgl. Thonhauser 1993, S. 33.182Konferenz der Vereinten Nationen fur Umwelt und Entwicklung 1992, S. 282.183Vgl. Bundesministerium fur Unterricht, Kunst und Kultur 2010b, S. 9.184Vgl. ebd., S. 12.

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Page 58: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

Frieden, Gerechtigkeit und Umweltbewusstsein sind tragende und hand-

lungsleitende Werte in unserer Gesellschaft. Auf ihrer Grundlage soll

jene Welto"enheit entwickelt werden, die vom Verstandnis fur die exis-

tenziellen Probleme der Menschheit und von Mitverantwortung getragen

ist. Dabei hat der Unterricht aktiv zu einer den Menschenrechten ver-

pflichteten Demokratie beizutragen sowie Urteils- und Kritikfahigkeit,

Entscheidungs- und Handlungskompetenzen zu fordern.”185

Der Grundschule werden unter anderem folgende Aufgaben ubertragen:186

• Starkung des Vertrauens der SchulerInnen in ihre eigene Leistungsfahigkeit,

• Aufbau von sozialer Handlungsfahigkeit wie mundiges Verhalten, Kooperations-

, Kritik- und Kommunikationsfahigkeit,

• Erlernen elementarer Kulturtechniken einschließlich moderner Kommunikations-

und Informationstechnologien,

• Interkulturelles und soziales Lernen, sowie

• Begegnung und Auseinandersetzung mit der Umwelt.

5.3.1.2. Zweiter Teil: Allgemeine Bestimmungen und Unterrichtsprinzipien

Im zweiten Teil finden sich neben einer Vielzahl allgemeiner Bestimmungen des Lehr-

planes - wie etwa zur Organisation der Schulstufen, zu den Entscheidungsfreiraumen,

zur Unterrichtsplanung, den Lernformen und -techniken, zur Integration von behin-

derten Kindern, zur Zusammenarbeit mit außerschulischen Akteuren, zu Schulein-

und ubertritt - auch die so genannten Unterrichtsprinzipien.187 Grundsatzlich wird

in der Grundschule eine Aufteilung des Lehrsto"s in bestimmte Unterrichtsge-

genstande vermieden. Stattdessen sollen die Lehrkrafte im Gesamtunterricht in

situationsorientierten und facherubergreifenden Lernanlassen besonders auf die

Erfahrungen, Interessen und Bedurfnisse der Kinder eingehen.188

Daruber hinaus werden einige Bildungs- und Erziehungsaufgaben gesondert als

Unterrichtsprinzipien angefuhrt. Diese konnen nicht einem oder wenigen Unter-

richtsgegenstanden zugeordnet werden, sondern sind nur “facherubergreifend im

Zusammenwirken vieler oder aller Unterrichtsgegenstande zu bewaltigen” und

verstehen sich als eine “Kombination sto#icher, methodischer und erzieherischer

Anforderungen.”189 Zu diesen Unterrichtsprinzipien zahlen auch folgende Aufgaben,

die als Teilaspekte einer BNE verstanden werden konnen: Gesundheitserziehung,

185Bundesministerium fur Unterricht, Kunst und Kultur 2010b, S. 6.186Vgl. ebd., S. 6 f.187Vgl. ebd., S. 9 - 20.188Vgl. ebd., S. 11.189Ebd., S. 14.

47

Page 59: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

Medienerziehung, Politische Bildung einschließlich Friedenserziehung, Interkultu-

relles Lernen, Erziehung zum Umweltschutz, Wirtschaftserziehung einschließlich

Konsumerziehung und Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Mannern.190

Mit diesen Unterrichtsprinzipien fordert die oberste Schulbehorde alle LehrerInnen

dazu auf, einen Beitrag zu BNE zu leisten und dabei innovative didaktische Wege

zu bevorzugen.

Thonhauser191 sieht jedoch sowohl im allgemeinen Bildungsziel als auch in den im

zweiten Teil festgeschriebenen allgemeinen Bestimmungen und Unterrichtsprinzipien

- im Gegensatz zu den im siebten Teil des Lehrplanes konkretisierten, und viel

verbindlicheren Lehrsto"angaben - fur die Praxis keine große Bedeutung.

5.3.1.3. Siebter Teil: Bildungsaufgaben der Pflichtgegenstande

Im Hauptteil des Lehrplanes werden schließlich die Bildungs- und Lehraufgaben,

sowie der konkretisierte Lehrsto" und didaktische Grundsatze der einzelnen Unter-

richtsgegenstande angefuhrt.

Ziel des Faches Sachunterricht ist es demnach, die Kinder zu einem “di"eren-

zierten Betrachten und Verstehen ihrer Lebenswelt und [...] damit zu bewusstem,

eigenstandigem und verantwortlichem Handeln”192 zu befahigen. Dazu werden im

Sachunterricht “Fahigkeiten und Fertigkeiten sowie Kenntnisse, Einsichten und

Einstellungen grundgelegt”,193 die zu einer “eigenstandigen Auseinandersetzung

mit der Lebenswirklichkeit und zu selbststandigem Wissenserwerb fuhren.”194 Dazu

sollen in verschiedenen Erfahrungs- und Lernbereichen der Kinder “durch hand-

lungsorientierte Lernformen (zB entdeckendes Lernen, projektorientiertes Lernen),

sowie durch sinnvolles Vernetzen von bereichsubergreifenden Aspekten”195 vor

allem selbstandiges Informieren, Interpretieren und kritisches Bewerten, sowie

losungsorientiertes arbeiten gefordert werden. In den einzelnen Erfahrungs- und

Lernbereichen werden unter anderem folgende Themen genannt, die als Erziehung

zu Nachhaltigkeit interpretiert werden konnen:196

• Gemeinschaft: Werte, Normen, menschliches Verhalten, Perspektivenwechsel,

Toleranz und Akzeptanz, unterschiedliche Sicht- und Handlungsweisen, Ko-

operation, Konfliktlosung, Mitwirken und Mitgestalten, Demokratielernen,

Friedenserziehung

• Natur: Natur als Lebensgrundlage, Mensch als Teil der Natur, verantwor-

tungsbewusster Umgang mit der Natur

190Vgl. Bundesministerium fur Unterricht, Kunst und Kultur 2010b, S. 15.191Vgl. Thonhauser 1993, S. 33 f.192Bundesministerium fur Unterricht, Kunst und Kultur 2010b, S. 80.193Ebd.194Ebd.195Ebd.196Vgl. ebd., S. 80 !.

48

Page 60: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

• Zeit: Auswirkungen sozialer, politischer, wirtschaftlicher und kultureller

Umstande, Ereignisse und Entwicklungen der Vergangenheit auf die Ge-

genwart und der Gegenwart auf die Zukunft, veranderte Gewohnheiten,

Lebensumstande und Bedurfnisse

• Wirtschaft: uberlegtes, kritisches Konsumverhalten

• Technik: Verstandnis der Einbettung des Menschen samt technischem Konnen

in die Natur, seiner Abhangigkeit von Naturgesetzen und seiner Wirkungen

auf die Umwelt

Im Unterrichtsfach Deutsch werden ab der ersten Schulstufe Umweltgeschichten als

mogliche literarische Texte genannt.197 Im Grundsatzerlass zur Umwelterziehung

wird hingegen explizit der mogliche Beitrag der Leseerziehung, als Mittel der

Kommunikation und kritischen Auseinandersetzung, angefuhrt.198

Im Fach Mathematik konnen die Ziele “Situationen aus den Bereichen Wirt-

schaft, Technik und Kultur [...] mit Hilfe von Zahlen, Großen und Operationen zu

durchdringen”199 und logisches Denken und Problemloseverhalten zu fordern als

Aspekt einer BNE interpretiert werden.

Diese eher allgemein gehaltenen Angaben im Lehrplan ermoglichen es, engagier-

ten und nachhaltigkeitsbewussten LehrerInnen in ihrem gesamten Unterricht großes

Gewicht auf eine Bildung fur nachhaltige Entwicklung zu legen (vgl. Kapitel 5.4.2:

Rolle der Lehrpersonen). Zwingende Vorgaben bezuglich einer Bildung fur nachhal-

tige Entwicklung existieren auf Grund des Rahmencharakters des osterreichischen

Lehrplanes und den relativ unspezifischen Lehrsto"angaben jedoch nicht.

5.3.2. Grundsatzerlasse

Zur Forderung ihrer Anliegen wurden fur einige der im Lehrplan genannten Unter-

richtsprinzipien zusatzliche Richtlinien erlassen, um den Willen des Gesetzgebers

zu interpretieren und erfolgversprechende Hinweise fur die Umsetzung in die Praxis

zu geben. Unter anderem existieren folgende Grundsatzerlasse:200

• Grundsatzerlass Politische Bildung,201 in dem ”Erziehung zur Welto"enheit,

die vom Verstandnis fur die existenziellen Probleme der Menschheit getra-

gen ist” und die “Fahigkeit zum Erkennen von politischen, kulturellen und

wirtschaftlichen Zusammenhangen und zu kritischem Urteil” als Grundlage

197Vgl. Bundesministerium fur Unterricht, Kunst und Kultur 2010b, S. 108 und 118f.198Vgl. ders. 1994, S. 9.199Ders. 2010b, S. 144.200Vgl. ders. 2010a.201Vgl. Bundesministerium fur Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, Abteilung Politische

Bildung 1994.

49

Page 61: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

fur eine eigene Meinungsbildung und die Bereitschaft zu verantwortungs-

bewusstem Handeln und zur Gestaltung unserer Gesellschaft als eines der

wichtigsten Anliegen definiert wird,

• Grundsatzerlass zum Unterrichtsprinzip ’Erziehung zur Gleichstellung von

Frauen und Mannern’,202 dessen inhaltliches Anliegen es vor allem ist, die

geschlechtsspezifische Sozialisation, sowie Ursachen und Formen geschlechtss-

pezifischer Arbeitsteilung bewusst zu machen und den Abbau von geschlechts-

spezifischen Vorurteilen und Rollenklischees zu fordern,

• Grundsatzerlass Gesundheitserziehung,203 dessen Hauptziele die Verankerung

der Gesundheitsforderung in den Schulen und die “Gestaltung der Schule als

gesundheitsfordernde Lebenswelt” sind,

• Grundsatzerlass zur Umwelterziehung,204 in dem als erstes Ziel die “Erlangung

okologischer Handlungskompetenz” genannt wird, mit deren Kenntnissen,

Einsichten, Einstellungen und Werthaltungen und der Kombination aus

Information, Reflexion und Handeln “ein lebenslang wirksames Umweltver-

halten” erreicht werden soll. Weiters werden “eine umfassende Sichtweise der

komplexen Zusammenhange” in einem facherubergreifenden, situations- und

handlungsorientierten Unterricht gefordert, wobei hier die Primarstufe mit

ihrem Gesamtunterricht, sowie Projektunterricht, Schulveranstaltungen und

Umweltschutzaktionen besonders hervorgehoben werden.

5.4. Wandel in der Unterrichtsgestaltung

Folgt man den bisherigen Ausfuhrungen, so ist es nicht ausreichend, in der Schule

durch bloße Wissens- und Bewusstseinsbildung eine Sammlung von bestimmten,

umweltgerechten Verhaltensweisen zu lehren, sondern die Schulerinnen und Schuler

sollen vor allem zu mundigen und verantwortungsbewussten BurgerInnen erzogen

werden, um den aktuellen und zukunftigen Nachhaltigkeitsdiskurs mitgestalten

und mittragen zu konnen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden von Seiten der

Wissenschaft und den verschiedensten Organisationen und Akteuren eine Vielzahl

von Ansatzen, Methoden, Materialien und Inhaltsvorschlagen an die Schulen heran-

getragen.205 Posch206 nennt in diesem Zusammenhang sowohl auf der padagogischen

als auch auf der sozialen Ebene eine Reihe von Veranderungen in der Unterrichts-

gestaltung, die zur Umsetzung dieser Anforderungen notwendig sind:

202Vgl. Bundesministerium fur Unterricht und kulturelle Angelegenheiten 1995.203Vgl. ders. 1996.204Vgl. Bundesministerium fur Unterricht, Kunst und Kultur 1994.205Vgl. Schober 2002, S. 2.206Vgl. Posch 2000, S. 18 f.

50

Page 62: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

• Bearbeitung o"ener, kontroversieller Fragen statt rein systematischer Wis-

sensvermittlung

• facherubergreifende Bearbeitung komplexer, lebensnaher Situationen statt

Einzelfachunterricht

• gemeinsame Generierung lokalen Wissens statt auf Wissenswiedergabe abzie-

lendes Lernen

• Forderung von prufender, kritischer Haltung gegenuber Wissensangeboten

• Mitgestaltung und Einflussnahme auf eigene, lokale und aktuelle Lebens- und

Arbeitsbedingungen durch aktiv handelnde und gestaltende SchulerInnen

statt reiner Wissens- und Kompetenzanhaufung fur die Zukunft

• gemeinsame Aushandlung von Regeln und Lernbedingungen statt festgesetzter

Rahmenbedingungen und autoritarer Kommunikation von LehrerInnen zu

SchulerInnen

• Team-Kultur, gegenseitige Anerkennung, Kommunikation, Verantwortungsubernahme

und gemeinsame Entscheidungsfindung statt Abschottung und Isolierung von

LehrerInnen und SchulerInnen

Nachfolgend werden die wichtigsten Faktoren, die in der Schule Einfluss auf die

Erreichung dieser Zielsetzung haben, dargestellt und diskutiert.

5.4.1. Ansatz der Gestaltungskompetenz

Die aktuell unter anderem von der OECD gefuhrte Kompetenzdebatte geht von zwei

Erkenntnissen aus:207erstens, dass Nachhaltigkeit nur durch eine “aktive Gestaltung

entsprechend kompetenter Burger”208 verwirklicht werden kann und zweitens, dass

diese Kompetenzen “nur durch Selbsttatigkeit in der eigenen Lebenswelt erwor-

ben werden konnen.”209 Ziel von BNE ist es daher nicht, die Menschen lediglich

dazu zu befahigen, sich in den verandernden gesellschaftlichen, politischen und

naturlichen Rahmenbedingungen zurechtzufinden. Vielmehr soll die Bevolkerung

mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet, und damit befahigt werden, nicht

nur reaktiv zu agieren, sondern mit eigener Urteils- und Entscheidungsfahigkeit im

Sinne nachhaltiger Entwicklung zu entscheiden und zu handeln. Mit dem Bewusst-

sein, Mitverantwortung zu tragen, sollen sie lernen, Rahmenbedingungen bewusst,

visionar, innovativ, eigenstandig und in Kooperation mit anderen mitzugestalten.210

207Vgl. Michelsen 2009, S. 7 f.208Michelsen und Adomßent 2012, S. 121.209Ebd.210Vgl. Michelsen 2009, S. 7 f, Liedtke, Kristof und Parlow 2009, S. 32, Heinrich 2005, S. 46 ! und

De Haan 2009, S. 22 !.

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Page 63: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

Diese Gestaltungskompetenz wird definiert als “das nach vorne weisende Vermogen,

die Zukunft von Sozietaten, in denen man lebt, in aktiver Teilnahme im Sinne

nachhaltiger Entwicklung modifizieren und modellieren zu konnen.”211 Eine weitere

Definition fur Gestaltungskompetenz liefern De Haan und Gerhold:

”Mit Gestaltungskompetenz wird die Fahigkeit bezeichnet, Wissen

uber nachhaltige Entwicklung anwenden und Probleme nicht nachhal-

tiger Entwicklung erkennen zu konnen. Das heißt, aus Gegenwarts-

analysen und Zukunftsstudien Schlussfolgerungen uber okologische,

okonomische und soziale Entwicklungen in ihrer wechselseitigen Abhangigkeit

ziehen und darauf basierende Entscheidungen tre"en, verstehen und

umsetzen zu konnen, mit denen sich nachhaltige Entwicklungsprozesse

verwirklichen lassen.”212

Im Rahmen des deutschen Reformprogrammes “Transfer 21” wurden folgende acht

(spater auf zwolf erweiterte) Teilkompetenzen definiert, die unter dem Oberbe-

gri" Gestaltungskompetenz zusammengefasst werden. Da diese Kompetenzen im

Hinblick auf die Schulstufe ausdi"erenziert werden mussen, ubernahm Gerhard

de Haan 2009 das Konzept der Gestaltungskompetenz fur die Grundschule und

passte es sowohl in entwicklungspsychologischer als auch didaktischer Hinsicht an

die Gegebenheiten der Primarstufe an:213

1. Vorausschauend, vernetzt, systemisch denken und handeln konnen: Diese

Kompetenz soll den Kindern ermoglichen, mit Unsicherheiten und Zukunfts-

entwurfen umzugehen und die Zukunft als o"en, veranderbar und gestaltbar zu

begreifen. In der Grundschule sollen die Kinder daher mit Kreativitat, Phan-

tasie, Vorstellungsvermogen und Perspektivenwechsel eigene Zukunftsvisionen

und -wunsche ausdrucken und gemeinsam verschiedene Handlungsoptionen

und Zukunftsvorstellungen entwickeln, um so Zukunft zum Gegenstand von

Reflexion und Auseinandersetzung zu machen und ihnen die Erfahrung zu

ermoglichen, durch bewusste Einflussnahme ihre eigene Zukunft auch wirksam

gestalten zu konnen.

2. Welto"en sein und sich transkulturell verstandigen und kooperieren konnen:

Diese Kompetenz meint, dass Kinder ihre Umgebung, ihre Umwelt, andere

Menschen und deren Lebens- und Denkweisen kennen und respektieren lernen,

voneinander zu lernen und Perspektiven und Sichtweisen anderer Akteure

einzunehmen. Bereits in der Grundschule sollen die Kinder die Diversitat

im sozialen und kulturellen als auch im okologischen Bereich und deren

Zusammenhange erkennen und eine Vorstellung davon bekommen, dass ihr

211Heinrich 2005, S. 46, Michelsen 2009, S. 7 und Hauenschild und Bolscho 2005, S. 45.212De Haan und Gerhold 2008, S. 6.213Vgl. De Haan 2009, S. 22 ! und Transfer 21: Bildung fur eine nachhaltige Entwicklung 2008.

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Page 64: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

eigenes Handeln uberregionale und zeitlich verschobene Auswirkungen auf

die Umwelt und andere Menschen hat.

3. Interdisziplinar denken und arbeiten konnen und interdisziplinar an Pro-

blemlosungen und Innovationen herangehen: In der Schule sollen anhand von

konkreten Fragestellungen zu einzelnen Problemen die Zusammenhange und

interdisziplinaren Zugange und Herangehensweisen dargestellt und angewandt

werden.

4. Verstandigen und kooperieren und an gesellschaftlichen Entscheidungsprozes-

sen teilhaben konnen: Fur einen unabgeschlossenen Nachhaltigkeits-Diskurs

ist Partizipation notwendig, was die Fahigkeit zur Teilhabe an der Gestaltung

von Gesellschaft voraussetzt. In der Schule sollen daher Kommunikations-

und Kooperationsfahigkeit, Fahigkeit zu Teamarbeit, Fahigkeit der Interes-

sensbekundung und -durchsetzung, Konfliktlosekompetenz, Einhaltung und

Einforderung demokratischer Handlungsregeln und Kenntnisse uber Kompro-

misse und Teillosungen vermittelt werden.

5. Planungs- und Umsetzungskompetenz: Volksschulkinder sollen lernen, ihr Um-

feld nicht nur wahrzunehmen und zu deuten, sondern sie sollen Moglichkeiten

bekommen, auch selbst Erfahrungen zu machen, Entscheidungen zu tre"en

und Handlungen zu setzen, und die mit ihrem Handeln einhergehenden (auch

uberregionalen) Folgen kennenlernen.

6. Gerechtigkeitsvorstellungen haben und Empathie, Mitleid und Solidaritat

zeigen konnen: in der Volksschule sollen unterschiedliche Gerechtigkeitsvor-

stellungen wie das Gleichheitsprinzip oder das Konzept einer Verteilungsge-

rechtigkeit kennengelernt und gleichzeitig Zusammenhange zwischen unserer

Konsumgesellschaft und dessen Auswirkungen auf andere Menschen in an-

deren Regionen anhand konkreter Beispiele wie dem globalen Klimawandel

oder dem Thema “fair trade” aufgezeigt werden.

7. Sich selbst und andere motivieren konnen: Kinder sollen bereits in der Grund-

schule die Erfahrung machen, dass es Spaß und Anerkennung bringt, sich

selbst einzubringen und das eigene Umfeld gemeinsam mit anderen aktiv

mitzugestalten.

8. Den eigenen Lebensstil und kulturelle Leitbilder reflektieren konnen: die

Kinder sollen lernen ihre individuellen Wunsche, Interessen und Verhaltens-

weisen im eigenen kulturellen Kontext zu reflektieren und beispielsweise mit

Lebensbedingungen anderer Kinder aus anderen Bevolkerungsgruppen oder

Weltteilen zu vergleichen.

53

Page 65: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

Fur die Vermittlung dieser Kompetenzen wurden eine Vielzahl von Herangehens-

weisen, Methoden und Materialien entwickelt. Ob und wie die Vermittlung dieser

Kompetenzen in den Volksschulen konkret umgesetzt wird und wie die Entwicklung

dieser Kompetenzen mit behandelten Inhalten und angewandten Methoden genau

zusammenhangen ware eine spannende Forschungsfrage, wurde den Rahmen dieser

Arbeit jedoch sprengen, weshalb sich die Analyse auf die inhaltliche Umsetzung in

den Schulbuchern beschrankt.

5.4.2. Rolle der Lehrpersonen

Aufgabe der LehrerInnen ist es, “in eigenstandiger und verantwortlicher Unterrichts-

und Erziehungsarbeit”214 die Aufgaben der Schule entsprechend dem Lehrplan zu

erfullen. Die hierfur erforderlichen und eingesetzten Unterrichtsmittel (§ 14 Abs.

4 SchUG), Lesesto"e, Arbeitsmittel (§ 14 Abs. 9 SchUG) sowie Erziehungsmittel

wie Anerkennung oder Zurechtweisung (§ 47 Abs. 1 SchUG) pruft und wahlt die

Lehrperson autonom.

Neben der direkten Vorbildrolle beeinflusst die Grundhaltung der LehrerInnen

auch samtliche padagogischen Maßnahmen und ist somit ausschlaggebend fur

seinen/ihren Einfluß.215 Da die Konkretisierung der Lehrinhalte bezuglich BNE im

Lehrplan sehr oberflachlich ausfallt - und damit viel Spielraum fur die Interpretation

der Bildungsziele und die inhaltliche und didaktische Gestaltung des Unterrichts

lasst - ist die tatsachliche Umsetzung von Bildung fur nachhaltige Entwicklung

weitgehend vom Interesse und Engagement der Lehrpersonen abhangig.216

Unter dem Druck, immer mehr Aufgaben in der Schule erfullen zu mussen, ohne

dafur mehr Zeit zur Verfugung zu haben - so wird etwa im Lehrplan ausdrucklich

erwahnt, dass die Umsetzung der Unterrichtsprinzipien “nicht eine Vermehrung

des Lehrsto"s bewirken, sondern zu einer [...] gezielten Auswahl des im Lehrplan

beschriebenen Lehrsto"s beitragen”217 soll - mussen Inhalte, die nicht so wichtig

erscheinen oder durch andere Facher abgedeckt scheinen, ausgespart bleiben.

Auf Grund der an Unterrichtsfachern orientierten LehrerInnenausbildung tut sie

sich “mit den in den Unterrichtsprinzipien enthaltenen facherubergreifenden und

ganzheitlichen Anspruchen im allgemeinen sehr schwer”218 und Rauch und Kreis se-

hen keine “angemessene Vorbereitung auf die Umsetzung dieser facherubergreifenden

Anliegen.”219

Ohne entsprechende Ausbildung ist es jedoch nicht moglich, die komplexen Fra-

gestellungen und Zusammenhange, die im Rahmen einer BNE behandelt werden

214§ 17 Abs. 1 BGBl. Nr. 472/1986 zuletzt geandert durch BGBl. I Nr. 52/2010 Wien 2010.215Vgl. Beer und De Haan 1984, S. 130.216Vgl. Schober 2002, S. 8, Mayer 1998, S. 71 und Bolscho 1991, S. 9.217Bundesministerium fur Unterricht, Kunst und Kultur 2010b, S. 15.218Thonhauser 1993, S. 89.219Rauch und Kreis 2000, S. 24.

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Page 66: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

sollten, adaquat zu vermitteln und auf Ursachen oder Losungsvorschlage einzuge-

hen.220 Laut Hauenschild221 ist Bildung fur nachhaltige Entwicklung weder den

Lehramts-Studierenden durchgangig bekannt, noch in der Ausbildung fur Lehrerin-

nen und Lehrer fest verankert, wobei sie in der Umstrukturierung der Ausbildung

(Umstellung auf das Bachelor-Master-System) eine große Chance sahe, BNE in

die Studienplane fix zu integrieren. Am Punkt der LehrerInnenausbildung setzt

auch das Entwicklungs- und Forschungsnetzwerk UMILE (Umwelt - Innovation -

LehrerInnenbildung) an, dessen erklartes Ziel die “Forderung von Bildung fur nach-

haltige Entwicklung im Rahmen der Lehrerbildung”222 ist. Schober223 bemangelt

jedoch, dass die umweltpadagogischen Angebote im Rahmen der LehrerInnenfort-

bildung nur einen Bruchteil der PadagogInnen erreichen, da diese Fortbildungen

freiwillig passieren und damit wieder ein grundsatzliches Interesse an Bildung fur

Nachhaltigkeit voraussetzen.

5.4.3. Didaktische Methoden: Frontalunterricht vs.

handlungsorientierter, facherubergreifender,

ganzheitlicher Unterricht

Fur BNE und die Vermittlung der oben beschriebenen Kompetenzen wird eine

Neuorientierung der Bildung und des Lehrens als Voraussetzung angesehen, wes-

halb Erkenntnisse uber das Lehren und Lernen sowie die Lernmotivation in das

Grundkonzept der BNE eingeflossen sind.224 Unterrichtsmethoden sind Instrumente

und Verfahren, mit denen den Schulerinnen und Schulern Inhalte und Bildungs-

ziele so naher gebracht werden, dass sie zu neuen Einsichten und Erkenntnissen

gelangen, wobei die Wirksamkeit der Lernprozesse durch den abwechslungsreichen

Einsatz vielfaltiger Methoden stark beeinflusst wird, und sich die Methodenauswahl

und -kombination an der Lernsituation, den Lernzielen, den Zielgruppen und den

behandelten Themen orientiert.225

Da der Vortrag oder Frontalunterricht als sehr lehrerzentrierte, faktenorientierte,

passive, statische Methode zwar eine rasche Informationsvermittlung ermoglicht,

dafur aber kaum die Interessen der SchulerInnen berucksichtigt oder ihnen Ein-

flussmoglichkeiten auf den Lernprozess bietet, wird diese Methode als nicht forderlich

angesehen, wenn es um die Entwicklung von Kompetenzen geht.226

Stattdessen werden im Zusammenhang mit BNE o"ene, innovative Lernformen

und facherubergreifende, lebensweltliche, projekt-, situations-, handlungs- und pro-

220Vgl. Kahlert 1991, S. 66 f.221Vgl. Hauenschild und Bolscho 2005, S. 8.222Steiner o. J..223Vgl. Schober 2002, S. 7.224Vgl. Hauenschild und Bolscho 2005, S. 44 !.225Vgl. FORUM Umweltbildung o. J.c.226Vgl. Puhringer 2007, S. 50 f, Schober 2002, S. 28 f und Engartner 2010, S. 131.

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Page 67: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

blemorientierte Unterrichtsformen und -methoden gefordert: lernen konne nur dann

erfolgreich sein, wenn kognitive Wissensvermittlung erstens facherubergreifend ver-

netzt und zweitens unmittelbar mit praktischem Handeln verbunden sei.227 So bieten

ganzheitliche, handlungsorientierte Methoden viele Mitgestaltungs- und Partizipa-

tionsmoglichkeiten fur die Lernenden, was sich positiv auf deren Motivation, deren

Lernerfolge und die Ausbildung von Schlusselqualifikationen wie Kommunikations-,

Handlungs-, Verantwortungs- oder Kooperationsfahigkeit auswirkt.228

Das außerst reichhaltige Repertoire an didaktischen Konzepten und Methoden soll

hier nur stichwortartig angefuhrt werden, ohne naher auf die einzelnen Methoden

einzugehen:229 Projekte, Experimente, Exkursionen, Umwelterkundungen, Ausfluge,

Stationenlernen, Freiarbeit und o"enes, selbstorganisiertes Lernen, Rollen- und

Planspiele, szenisches Spiel, Simulationen, Brainstorming und Mindmapping, Text-

analysen, eigenstandiges Recherchieren, Arbeiten mit Datenbanken und Internet,

kreatives Lernen, Gesprachsfuhrung, Gesprachskreise, Gruppenmoderation und Me-

diation, Partner- und Gruppenarbeiten, Planungs- und Evaluationsarbeiten (zum

Beispiel im Rahmen von Schulfesten), Zukunftswerkstatten, Phantasiereisen, krea-

tives Schreiben, Wahrnehmungsspiele, Was-Ware-Wenn-Denkspiele, Prasentation

eigener Arbeiten, Einbeziehung außerschulischer Partner und Orte, Schulpartner-

schaften, Hilfsaktionen, Wettbewerbe, gemeinsames Kochen, u.v.m.

Neben dieser Methodenvielfalt wird dennoch die Vermittlung von Faktenwissen,

beziehungsweise die Kombination aus Sachwissen und positiver Naturerfahrung, als

Voraussetzung fur BNE gesehen, denn Handlungsorientierung kann “eine angemesse-

ne kognitive Erfassung der Umweltprobleme und ihrer Eindammungsmoglichkeiten

nicht ersetzen, denn die Vermittlung fundierten Wissens ist das Nadelohr, durch

das jede Umwelterziehung hindurch muß, die aufklaren und nicht abrichten will.”230

5.4.4. Die Rolle des Schulbuchs

Neben den Lehrpersonen und den angewandten Methoden spielen auch die ein-

gesetzten Unterrichtsmittel eine wichtige Rolle. Schulbucher sind eigens fur den

Schulunterricht entwickelte Lehr-, Lern- und Arbeitsmittel, in denen die wesentli-

chen Lerninhalte eines Faches nach den neuesten Kenntnissen in systematischer,

didaktisch und methodisch aufbereiteter Form enthalten sind.231 Auch in der Agen-

da 21 wird gefordert, dass die Grundlage fur Unterrichtsmaterial “stets die beste

verfugbare wissenschaftliche Information”232 sein solle. Schulbucher erfullen eine

227Vgl. Hauenschild und Bolscho 2005, S. 45 ! und Mayer 1998, S. 72 !.228Vgl. Engartner 2010, S. 95 und 131 und Heinrich 2005, S. 36 f.229Vgl. Hauenschild und Bolscho 2005, S. 47 f, De Haan 2009, S. 26 - 33, FORUM Umweltbildung o.

J.c und Schober 2002, S. 29.230Kahlert 1991, S. 68.231Vgl. Sandfuchs 2010, S. 19.232Konferenz der Vereinten Nationen fur Umwelt und Entwicklung 1992, S. 284.

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5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

Reihe von Funktionen, wobei hier einige dieser Funktionen naher betrachtet werden:

• Schulbucher konnen als Innovationstrager dazu beitragen, neue fachliche

und methodische Erkenntnisse in die Schulen zu bringen233

• Schulbucher konnen als Instrument politischer Einflussnahme und so-

zialer Steuerung interpretiert werden, wenn man ihre flachendeckende Ver-

breitung, die Stutzung auf ubergeordnete Bildungsziele und die staatliche

Approbation beachtet. Sie sollen dazu beitragen, dass in der Schule bestimmte,

von der jeweiligen Gesellschaft erwunschte, inhaltliche Bildungsziele und an

Werten orientierte Erziehungsaufgaben erreicht werden.234

• Schulbucher konnen auch als Indikatoren fur das gesellschaftliche Selbst-

verstandnis herangezogen werden: “An seinen Lesebuchern erkennt man

ein Volk. Ihre soziologische Funktion ist eine doppelte: sie spiegeln und

sie pragen”235 Das in den Buchern abgebildete kulturelle Gedachtnis lasst

Ruckschlusse auf die gesamte Gesellschaft zu: auf den jeweiligen Zeitgeist,

die gesellschaftliche Ordnung, die im gesellschaftlichen Diskurs dominanten

Au"assungen, Sichtweisen und Wahrnehmungen, die akzeptierten Werte und

Normen, die zu einer bestimmten Zeit aktuellen, politisch-kulturellen Ideen

und Denkansatze, auf bestehende Stereotype, das kulturelle Selbstverstandnis,

sowie die - insbesondere von den einflussreichen gesellschaftlichen Akteuren -

als besonders relevant erscheinenden Inhalte, Fakten, Zusammenhange, Deu-

tungsrahmen und Kompetenzen, die jeder wissen und konnen sollte. Gleich-

zeitig werden die Inhalte der Schulbucher als besonders objektiv, korrekt

und bedeutsam - also als allgemein akzeptierter Wissenskanon - wahrgenom-

men. Die Schule vermittelt jedoch “keine reinen Daten oder wertneutrale

Informationen, sondern immer auch Interpretationen, Perspektiven und Deu-

tungscodes”236 Da die Inhalte der Schulbucher kaum hinterfragt werden und

einen scheinbaren Wahrheitsanspruch besitzen, pragen sie als kulturelle Orien-

tierungsmuster die dominanten Fremd- und Selbstbilder, die Geschichtsbilder,

sowie Raum- und Zeitvorstellungen, und damit das Selbstverstandnis einer

Gesellschaft.237

• Schulbucher als Lehrplaninterpretation ist die in der Praxis relevanteste

Funktion. Die wichtige Rolle in der Unterrichtsgestaltung, die flachendeckende

Verbreitung und der Umstand der Approbation machen das Schulbuch zu

einem machtigen Medium. Die Schulbucher orientieren sich am Lehrplan und

233Vgl. Kahlert 2010, S. 42.234Vgl. Pohl 2010, S. 121 und Lassig 2010, S. 203.235Minder 1969 zit. nach Fend 2008, S. 58.236Lassig 2010, S. 210.237Vgl. Hintermann o. J., Markom und Weinhaupl 2007, S. 4, Kahlert 2010, S. 42 und Lassig 2010,

S. 200 ! und 207 f.

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Page 69: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

dienen in erster Linie zur Unterstutzung der LehrerInnen bei der Umsetzung

der im Lehrplan festgeschriebenen Bildungs- und Erziehungsaufgaben.238 Was

im Unterricht geschieht, ist auch von den verwendeten Schulbuchern und

deren Inhalten abhangig. Dies gilt nicht nur fur den lehrergesteuerten Unter-

richt, sondern auch fur o"ene Lehrmethoden wie Frei- oder Projektarbeit, bei

denen haufig auf Texte oder Materialien aus den Schulbuchern zuruckgegri"en

wird.239 Neuere Studien zeigen, dass trotz der enormen Entwicklungen im

Bereich der neuen Medien, und den damit einhergehenden Moglichkeiten der

Informationsbescha"ung, das Schulbuch unangefochten und mit Abstand das

bevorzugte Instrument bei der Vorbereitung und Gestaltung des Unterrichts

ist.240 In Osterreich konnen uber die Aktion “Unentgeltliche Schulbucher” nur

approbierte Lehrmaterialien bestellt werden.241 Durch diese Aktion werden

Schulbucher besonders einfach zuganglich und stehen nahezu jedem Kind zur

Verfugung. Die Versicherung, dass bei Verwendung dieser Bucher lehrplan-

konform gelehrt wird, erleichtert zudem den Lehrpersonen die Auswahl aus

einer Vielzahl angebotener Lehrmaterialien.242 Das im Bundesministerium

fur Unterricht, Kunst und Kultur angesiedelte Approbationsverfahren soll

Einheitlichkeit und Qualitat der Unterrichtsmittel garantieren und verleiht

dem Schulbuch mit seinen autorisierten Inhalten eine besondere Stellung.243

Demnach sehen viele auch heute noch das “Schulbuch als die eigentliche

Großmacht der Schule.”244

Der Padagogik-Professor Joachim Kahlert245 kritisiert, dass trotz der staatlichen

Zertifizierung nicht alle Schulbucher seinen Qualitatsanspruchen hinsichtlich fachli-

cher Inhalte, Textqualitat oder SchulerInnenbezug gerecht werden, und das Material

oft falsch oder unkritisch eingesetzt wird. Die Kritik von Lassig,246 wonach Inhalte

in Schulbuchern tendenziell konservativ und wenig aktuell oder innovativ seien,

wird auch vom Bundesverband Erneuerbarer Energien bestatigt, der im Jahr 2000

in einer Schulbuchanalyse nur wenige nachhaltigkeitsbezogene Inhalte verortete

und auch kritisierte, dass Umwelttechnologien auf Basis veralteter Wissensstande

dargestellt werden.247 Eine Hauptschwierigkeit wird vor allem bei den AutorIn-

nen und den Mitgliedern der Approbationskommission gesehen, deren personliche

Interessen, Werthaltungen, Schwerpunkte und Wissen naturlich - neben den Lehr-

planbestimmungen - Einfluss auf die Lehrbucher haben, und die (noch) nicht uber

238Vgl. Kahlert 2010, S. 42.239Vgl. Grasel 2010, S. 137.240Vgl. Banse 2010, S. 61, Lassig 2010, S. 199 ! und Markom und Weinhaupl 2007, S. 4 und 240.241Vgl. Hinteregger-Euller 2011.242Vgl. Lassig 2010, S. 202 und Grasel 2010, S. 137.243Vgl. Wendt 2010, S. 83 !.244Kahlert 2010, S. 44.245Vgl. ebd., S. 43.246Vgl. Lassig 2010, S. 209.247Vgl. Bayer und Hohne 2000, S. 36 f.

58

Page 70: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

5. Die Schule als wichtiger Akteur bei der Erziehung zu Nachhaltigkeit

ausreichend Nachhaltigkeits-Wissen verfugen, welches fur eine zufriedenstellende

Umsetzung der BNE auch in den Schulbuchern erforderlich ware.248

Wegen der Diskrepanz zwischen der Relevanz von Schulbuchern in der Praxis

und den gleichzeitig bestehenden Defiziten in der deutschsprachigen, empirischen

Schulbuch-Forschung, der Fachliteratur und der LehrerInnenausbildung, wurde 2008

am Georg-Eckert-Institut in Braunschweig eine Fachtagung zum Thema Schulbuch

veranstaltet. Hier wurden unter anderem eine Reihe noch unbeantworteter Fragen

zum Lehren und Lernen mit Schulbuchern angesprochen: Wie wirken Schulbucher?

Was lasst sich empirisch uber Inhalte und Qualitat von Schulbuchern sagen? Wie

werden Schulbucher im Schulalltag von PadagogInnen und SchulerInnen genutzt?

Wie sind Schulbucher im Kontext der Gesellschaft, in der sie entwickelt, produziert,

eingesetzt und kritisiert werden zu verstehen?249

248Vgl. Thonhauser 1993, S. 40 f, Hintermann o. J. und Schober 2002, S. 8.249Vgl. Fuchs, Kahlert und Sandfuchs 2010, S. 7, Sandfuchs 2010, S. 11, Markom und

Weinhaupl 2007, S. 4, Grasel 2010, S. 137 f und Lassig 2010, S. 210.

59

Page 71: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

Teil II.

EMPIRISCHER TEIL

60

Page 72: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

6. Forschungsfragen und

Hypothesen

Folgende zentralen Forschungsfragen sollen im Rahmen dieser Diplomarbeit beant-

wortet werden:

• Was versteht man unter Erziehung zu nachhaltiger Entwicklung und wie

konnen Verhaltens-, Sozialisations- und Bildungstheorien die Forderung nach

Umwelterziehung erklaren?

• Wer sollte fur die Erziehung zu nachhaltigem Verhalten verantwortlich sein

und welche rechtlichen Grundlagen existieren bezuglich dieser Fragestellung?

• Inwieweit ist Umwelterziehung im Lehrplan verankert, welche padagogischen

Methoden kommen in dem Zusammenhang zur Anwendung und welche Rolle

spielt das Schulbuch?

• Inwieweit kommen relevante Themen zur Erziehung zur Nachhaltigkeit in

den meistverwendeten Schulbuchern der Volksschule bereits vor, oder findet

BNE nur freiwillig statt und ist von engagierten Lehrkraften abhangig?

Wahrend die ersten drei Fragen im theoretischen Teil dieser Arbeit beantwortet

wurden, wird im empirischen Teil der Arbeit versucht, die letzte Forschungsfrage

mittels Schulbuchanalyse zu beantworten.

Die diesbezugliche Hypothese lautet:

Themen, die fur eine nachhaltige Entwicklung relevant sind, werden

in den meistverwendeten Schulbuchern der Volksschule nur wenig be-

handelt. Die Umsetzung des Unterrichtsprinzips Umwelterziehung ist

somit großteils vom Engagement der Lehrkrafte abhangig.

61

Page 73: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

7. Methodischer Zugang

Im folgenden Kapitel sollen die einzelnen Bestandteile des Forschungsprozesses,

sowie die angewandte methodische Vorgehensweise dieser Arbeit bei der nachfolgen-

den Schulbuchanalyse im Hinblick auf das Thema Nachhaltigkeit kurz dargestellt

werden. Da der Fokus auf der Erhebung und Auswertung nicht standardisierter

Daten lag, wurde fur den empirischen Teil der Arbeit eine Methode der qualitati-

ven Sozialforschung gewahlt: die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring, die im

Kapitel 7.1.2 beschrieben wird.

Das gesamte methodische Konzept lasst sich in folgende Arbeitsphasen einteilen,

auf die im Anschluss naher eingegangen wird:

• Erhebungsphase

• Analyse- und Interpretationsphase

• Dokumentationsphase

7.1. Erhebungsphase

7.1.1. Desk Research

Im Zuge des Desk Research wurde die Literaturauswahl vorgenommen, um den

aktuellen Stand der Forschung abzubilden. Dabei wurde großer Wert darauf ge-

legt, potenzielle Quellen auszuwahlen, die alle drei großen Themenbereiche der

Forschungsarbeit abdecken: nachhaltige Lebensfuhrung und Strategien fur deren

Umsetzung, theoretische Konzepte in den Bereichen Verhaltens-, Sozialisations- und

Bildungsforschung, sowie die konkrete Umsetzung der Erziehung zu nachhaltiger

Entwicklung in der Volksschule.

7.1.2. Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring

Im empirischen Teil der Arbeit kam die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse

zum Einsatz. Das Besondere an dieser Methode ist, dass sie der Kritik einer strikten

Trennung von quantitativer und qualitativer Forschung Rechnung tragt und mittels

(computerunterstutzter) qualitativer Inhaltsanalyse eine am konkreten Forschungs-

gegenstand und den Forschungsfragen orientierte Integration von quantitativer

62

Page 74: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

7. Methodischer Zugang

und qualitativer Analyse moglich ist. In der Sozialwissenschaft wird vor allem auf

die Inhaltsanalyse zuruckgegri"en um uber fixiertes Material auch Schlusse uber

dessen Entstehungshintergrund zu ziehen.250 Mittels Inhaltsanalyse kann man sich

neben der Rolle des Senders auch mit der Wirkung auf den Empfanger und der

gesellschaftlichen Situation, sowie den Werte- und Normvorstellungen, in der der

Kommunikationsprozess ablauft, beschaftigen.251

Die Schulbucher enthalten jene Informationen, welche fur die Beantwortung der

Forschungsfragen benotigt werden. Um an diese Informationen zu gelangen ist

es notwendig, das Material zu selektieren, zu ordnen und zu analysieren. “Ziel

der Analyse ist es, das Material so zu reduzieren, daß [!] die wesentlichen Inhalte

erhalten bleiben, durch Abstraktion einen uberschaubaren Korpus zu scha"en, der

immer noch Abbild des Grundmaterials ist.”252

Durch eine systematische, regel- und theoriegeleitete Analyse konnen so von

unterschiedlichstem Kommunikations-Material - wie etwa auch dem Schulbuch -

nicht nur die manifesten Inhalte sondern daruber hinaus durch eine interpretative

Vorgehensweise auch der latente Gehalt der Kommunikation und Informationen

uber den Hintergrund des Materials untersucht werden.253 ”Inhaltsanalyse ist eine

Methode der Datenerhebung zur Aufdeckung sozialer Sachverhalte, bei der durch

die Analyse eines vorgegebenen Inhalts (zum Beispiel Text, Bild, Film) Aussagen

uber den Zusammenhang seiner Entstehung, uber die Absicht seines Senders,

uber die Wirkung auf den Empfanger und/oder auf die soziale Situation gemacht

werden.”254 Die qualitative Inhaltsanalyse versteht den Zuordnungsprozess von

Textstellen zu Kategorien als qualitativen Interpretationsakt, der, im Gegensatz zu

“freier” Interpretation, durch folgende inhaltsanalytische Regeln kontrolliert wird:255

• das Material und die Analyse werden in ein Kommunikationsmodell eingebet-

tet, in seinem jeweiligen Kontext interpretiert und auch auf seine Entstehung

und Wirkung hin untersucht (vgl. Kapitel 7.1.2.4: Richtung der Analyse)

• sie folgt einem im Vorhinein festgelegten, jedoch immer auf das Material und

die Fragestellung angepassten, Ablaufmodell

• zentrales Element der Analyse ist ein theoriegeleitetes, also ein am jeweiligen

Stand der Forschung zum jeweiligen Untersuchungsgegenstand orientiertes,

mitunter wahrend der Analyse durch induktive Kategorienbildung erweitertes,

Kategoriensystem

250Vgl. Mayring und Glaser-Zikuda 2008, S. 9.251Vgl. Atteslander und Cromm 2003, S. 217.252Mayring 1990 zit. n. ebd., S. 236.253Vgl. ebd., S. 224 und Mayring 2010, S. 11.254Atteslander und Cromm 2003, S. 225.255Vgl. Mayring 2010, S. 48 !.

63

Page 75: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

7. Methodischer Zugang

Abbildung 7.1.: Allgemeines inhaltsanalytisches Ablaufmodell

Quelle: Mayring 2010, S. 60.

• besonders die Unterstutzung durch Computerprogramme erleichtert die In-

tegration von qualitativen und quantitativen Analyseschritten, so dass bei-

spielsweise zur Verallgemeinerung von Aussagen auch quantitative Aussagen

getro"en werden konnen.

Bei der vorliegenden Arbeit wurde mit dem von Matthew Weinstein entwickelten In-

haltsanalyseprogramm TAMS Analyzer gearbeitet,256 einer Software fur qualitative

Daten- und Textanalysen.

Im Anschluss wird noch naher auf die einzelnen Stufen des modifizierten, in

dieser Arbeit angewandten, Ablaufmodells nach Mayring (siehe Abbildung 7.1)

eingegangen.

256Download unter http://tamsys.sourceforge.net/.

64

Page 76: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

7. Methodischer Zugang

7.1.2.1. Festlegung des Materials

Zunachst muss genau definiert werden, welches Material der Analyse zugrunde liegen

soll. Die Auswahl des Materials, das fur die Beantwortung der Forschungsfragen

untersucht werden sollte, war insofern eine schwierige Aufgabe, als es darum geht,

nicht nur Aussagen uber ein bestimmtes Thema, ein bestimmtes Schulbuch oder ein

bestimmtes Schulfach, sondern eine sehr allgemeine Aussage uber das nur außerst

schwer eingrenzbare Thema “Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule”

zu tre"en. Bei dem im Zuge dieser Diplomarbeit untersuchten Material handelt

es sich um die funf in der Volksschule (1. bis 4. Schulstufe) in Osterreich am

haufigsten verwendeten257 Schulbucher aus den Fachern Deutsch, Mathematik und

Sachunterricht. So soll das Vorkommen oder Nicht-Vorkommen von Inhalten, die

sich an nachhaltigem Leben orientierten, in den Schulbuchern der Volksschule

sichtbar gemacht werden und etwaige Schwachen bei der Umsetzung der BNE

in den Schulbuchern erkannt werden. Eine genaue Auflistung der untersuchten

Schulbucher befindet sich im Anhang.

7.1.2.2. Analyse der Entstehungssituation

In Osterreich werden vom Bundesministerium fur Wirtschaft, Familie und Jugend

und dem Bundesministerium fur Unterricht, Kunst und Kultur Unterrichtsmittel

zur Verfugung gestellt - seit dem Schuljahr 2011/12 kostenlos auch ohne Selbstbe-

halt. In die Liste der im Rahmen der Schulbuchaktion bestellbaren Bucher werden

nur solche aufgenommen, die zuvor ein Approbationsverfahren, fur welches das Bun-

desministerium fur Unterricht, Kunst und Kultur zustandig ist, positiv durchlaufen

haben.258 Laut Schulunterrichtsgesetz mussen Unterrichtsmittel “nach Inhalt und

Form dem Lehrplan der betre"enden Schulstufe sowie der Kompetenzorientierung

der Schulart (Bildungsstandards, abschließende Prufung) entsprechen.”259

Bezuglich des untersuchten Materials war au"allend, dass von 33 Verlagen, deren

Bucher im Rahmen der Schulbuchaktion fur die Facher Deutsch, Mathematik und

Sachunterricht angeboten werden, samtliche untersuchten - da meistbestellten -

Bucher von folgenden funf Verlagen kamen:

• Verlag E. DORNER GmbH, Wien

• Veritas Verlags- und HandelsgmbH, Linz

• obv - Osterreichischer Bundesverlag Schulbuch GmbH & Co. KG , Wien

257Laut E-Mail-Auskunft von Ministerialrat Mag. Michael Renner vom Bundesministerium furUnterricht, Kunst und Kultur, Abteilung Schulbuch vom 12. Juli 2011 sowie von Dr. AndreasKresbach vom Bundesministerium fur Wirtschaft, Familie und Jugend, Abteilung Schulbuch-aktion vom 20. Juli 2011.

258Vgl. Hintermann o. J..259§ 14 Abs. 2 BGBl. Nr. 472/1986 zuletzt geandert durch BGBl. I Nr. 52/2010 Wien 2010.

65

Page 77: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

7. Methodischer Zugang

• Jugend und Volk, Wien

• Helbling, Rum/Innsbruck

7.1.2.3. Formale Charakteristika des Materials

Die Schulbucher wurden eingescannt und in digitalisierter Form computerun-

terstutzt mit dem Programm TAMS Analyzer analysiert. Bei einem Großteil

des untersuchten Materials handelt es sich nicht um Einzelbucher sondern ganze

Serien, wobei in diesen Fallen nur das jeweilige Basisbuch beziehungsweise der Erar-

beitungsteil zur Analyse herangezogen wurde und die dazugehorigen Ubungsbucher

oder Arbeitshefte nicht untersucht wurden.

7.1.2.4. Richtung der Analyse

Mittels Textanalyse lassen sich neben Aussagen uber den im Text behandelten

Gegenstand auch Aussagen uber den Textverfasser und seine Absichten beziehungs-

weise uber die Wirkungen auf die Zielgruppe machen.260 Die Ziele und damit die

Richtung der Inhaltsanalyse muss vorweg festgelegt werden.

Die Richtung dieser Analyse geht neben der Frage nach den tatsachlichen Inhalten

auch in Richtung Empfanger-Wirkung. Ziel der Untersuchung war es nicht nur,

die explizit als “Erziehung zu Nachhaltigkeit” oder Umwelterziehung deklarierten

und erkennbaren Inhalte aufzuzeigen, sondern daruber hinaus auch implizit durch

Darstellungen im Schulbuch vermittelte Normen und Werte bezuglich nachhaltigen

Lebens aufzuzeigen.

7.1.2.5. Theoretische Di"erenzierung der Fragestellung

In diesem Schritt wird die eher unspezifische Frage nach “Erziehung zu Nachhaltig-

keit” in einer Reihe konkreter, theoretisch begrundeter, inhaltlicher Fragestellungen

prazisiert, denen die spatere Analyse folgt. Das gewahlte Kategoriensystem wurde

von theoretischen Grundsatzen, wie ein nachhaltiger Lebensstil aussehen konnte,

abgeleitet. Darauf aufbauend wurden folgende gezielte Fragen an die Texte heran-

getragen:

• Wird explizit auf die Wichtigkeit von Umweltschutz hingewiesen und wenn ja,

in welcher Weise geschieht das und werden konkrete Handlungsanleitungen

gegeben?

• Werden die Themen Biodiversitat und Okosysteme (in den verschiedenen

Lebensbereichen Boden, Gewasser, Walder,...) behandelt und wenn ja, wie?

260Vgl. Mayring 2010, S. 56.

66

Page 78: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

7. Methodischer Zugang

• Wird eine okologische und soziale Bedeutung von biologischer Vielfalt ver-

mittelt?

• Wird auf Probleme, wie beispielsweise Zerstorung von Lebensraumen oder

Gefahrdung von Nahrungsketten, hingewiesen?

• Wird in irgendeiner Weise Verantwortlichkeit, Zustandigkeit und Handlungs-

kompetenz (auch der Kinder) vermittelt?

• Wird ein Demokratieverstandnis gelehrt? Werden Mitsprache- und Mitgestal-

tungsmoglichkeiten aufgezeigt?

• Wird das Thema Emissionen direkt angesprochen? Wird es als problematisch

dargestellt und werden konkrete Handlungsansatze zur Emissionsvermeidung

oder -verminderung aufgezeigt?

• Wird das Thema Erderwarmung direkt angesprochen? Wird Klimaschutz

direkt angesprochen und wenn ja, wie? Werden konkrete Ansatzpunkte und

Zustandigkeiten fur Klimaschutz-Maßnahmen aufgezeigt?

• Wie wird die Thematik Konsum behandelt? Wird auf die Problematik von

Konsum eingegangen? Werden explizit Handlungsansatze wie reduzierter

oder bewusster Konsum thematisiert oder gefordert? Welches Bild, welcher

gesellschaftliche Wert von Konsum wird vermittelt?

• Wird das Thema Mobilitat explizit behandelt? Werden Vor- und Nachteile

verschiedener Mobilitatsalternativen explizit erarbeitet? Welches Bild von Mo-

bilitat wird vermittelt? Welche Verkehrsmittel werden mit welcher Haufigkeit

in Schulbuchern dargestellt beziehungsweise welche Verkehrsmittel sind vor-

herrschend? Wie (mit welchen Wertigkeiten, Eigenschaften, etc.) werden

welche Verkehrsmittel dargestellt?

• Wie wird die Thematik Abfall, Abfallvermeidung, Abfallproblematik oder

Recycling behandelt?

• Wie wird das Thema Energie (Energieverbrauch, Energiegewinnung, Energie-

sparen etc.) erarbeitet? Werden konkrete Alternativen (zum Beispiel in der

erneuerbaren Energiegewinnung) und Handlungsanweisungen bezuglich Ener-

giesparen aufgezeigt? Welcher gesellschaftliche Wert wird dem individuellen

Energiesparen zugestanden?

• Was wird uber Gewasser gelehrt? Werden Gewasser als wertvolle Ressourcen

dargestellt und wird explizit auf Gewasserschutz hingewiesen?

67

Page 79: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

7. Methodischer Zugang

• Wird das Thema (Trink)wasser und der sorgsame Umgang damit explizit be-

handelt? Werden konkrete Handlungsanweisungen zum sparsamen Verbrauch

von Wasser gegeben?

• Kommt das Thema Rohsto"e (Knappheit, Endlichkeit, nachwachsende Res-

sourcen etc.) in den Schulbuchern der Volksschule vor? Wird auf die Pro-

blematik einzelner Materialien/Sto"e und den bewussten Umgang damit

hingewiesen? Werden Vor- und Nachteile verschiedener Rohsto"e aufgezeigt?

• Wird die Bedeutung sozial nachhaltigen/gerechten Lebens vermittelt?

• Wird das Thema Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern explizit bear-

beitet? Werden hierarchische Strukturen zwischen den Geschlechtern sicht-

bar? Werden stereotype Rollenbilder und Gender-Zuschreibungen in den

Schulbuchern verstarkt oder hinterfragt?

• Wird das Thema Generationengerechtigkeit explizit angesprochen? Wird

implizit auf die Wirkung des Handelns aller, auch der SchulerInnen, auf die

Zukunft und die davon abhangigen Moglichkeiten zukunftiger Generationen

hingewiesen?

• Wird globale (Verteilungs-) Gerechtigkeit explizit angesprochen? Werden

globalisierter Handel und fairer Handel explizit erwahnt? Reicht der Blick uber

die Landesgrenzen hinaus? Wird nur von armen Kindern in anderen/fernen

Landern erzahlt oder wird auch die europaische Verantwortung thematisiert?

• Wird das Thema Umweltrisiko und die Frage nach vertretbarem Risiko

behandelt und wenn ja, wie? Werden bestimmte Umweltrisiken explizit ange-

sprochen?

7.1.2.6. Bestimmung der Analysetechnik

Mayring unterscheidet drei unabhangige und je nach Forschungsfrage und Material

zu kombinierende Analysetechniken:261

• Zusammenfassung: Ziel ist es, das Material so zu reduzieren, dass die we-

sentlichen Inhalte erhalten bleiben und durch Abstraktion einen Corpus zu

scha"en, der immer noch Abbild des Grundmaterials ist.

• Explikation: Ziel ist es, zu einzelnen fraglichen Textteilen zusatzliches Material

heranzutragen um das Verstandnis zu erweitern und die Textstellen zu erklaren

und zu deuten.

261Vgl. Mayring 2010, S. 65.

68

Page 80: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

7. Methodischer Zugang

• Strukturierung: Ziel ist es, bestimmte Aspekte aus dem Material herauszufil-

tern, unter vorher festgelegten Ordnungskriterien einen Querschnitt durch

das Material zu legen oder das Material aufgrund bestimmter Kriterien

einzuschatzen.

Das analytische Vorgehen in der vorliegenden Schulbuchananalyse kann uberwiegend

der Analysetechnik “Strukturierung” zugeordnet werden. Mit den im nachsten

Punkt festgelegten, deduktiven, also aus der Theorie abgeleiteten, Kategorien

wurden die fur Erziehung zu Nachhaltigkeit relevanten Stellen herausgearbeitet

und eingeschatzt. An manchen Stellen, wie etwa der Frage nach der Gender-

Gerechtigkeit, wurden auch Elemente der Explikation angewandt.

7.1.2.7. Festlegung und Definition des deduktiven, theoriegeleiteten

Kategoriensystems

Bei der von Mayring beschriebenen qualitativen Technik der Strukturierung werden

alle Textstellen, die durch eine der definierten Kategorien angesprochen werden,

systematisch aus dem Material herausgefiltert. Das Kategoriensystem wird aus

der Forschungsfrage abgleitet, theoretisch begrundet und bereits vor der Analyse

festgelegt. Weiters wird genau definiert und mittels Kodierregeln abgegrenzt, welche

Textstellen unter welche Kategorie fallen.262 Um die Frage nach der Umsetzung von

“Erziehung zur Nachhaltigkeit” in den osterreichischen Schulbuchern zu beantworten,

wurden aus der sehr unspezifischen Frage einerseits mehrere konkrete Fragen (vgl.

Kapitel 7.1.2.5: Theoretische Di"erenzierung der Fragestellung) und in einem

weiteren Schritt ein theoretisch begrundetes Kategoriensystem abgeleitet. Teilweise

wurde das Kategoriensystem wahrend des Analyseprozesses ausdi"erenziert und

lasst sich folgendermaßen darstellen:

• Umweltschutz allgemein: in diese Kategorie fallen alle Textstellen die Um-

weltschutz sehr allgemein behandeln und nicht einer spezifischen Kategorie

zugeordnet werden konnen. (Beispiel: Umweltschutz-Gedicht).

• Biodiversitat

– Boden: dieser Kategorie werden Textstellen zugeordnet, die Inhalte

zum Thema Biodiversitat im Lebensraum Boden behandeln (Tiere und

Pflanzen, die in diesem Lebensraum vorkommen).

– Gewasser und Meere: dieser Kategorie werden Textstellen zugeord-

net, die Inhalte zum Thema Lebensraum Gewasser und Meere be-

handeln (Tiere und Pflanzen, die in diesem Lebensraum vorkommen,

Ruckgang der Artenvielfalt, Regulierung von Flussen, Wasserverschmut-

zung, Uberfischung, etc.).

262Vgl. Mayring 2010, S. 92.

69

Page 81: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

7. Methodischer Zugang

– Okosysteme: dieser Kategorien werden Textstellen zugeordnet, die sich

mit Okosystemen allgemein befassen, mit dem Zusammenspiel der ver-

schiedenen Faktoren in Okosystemen.

– Walder und Regenwalder: dieser Kategorie werden Textstellen zugeord-

net, die sich mit dem Lebensraum Wald und Regenwald beschaftigen

(Tiere und Pflanzen, die in diesem Lebensraum vorkommen, Waldrodung,

Waldsterben, Monokulturen, Funktionen des Waldes, etc.)

• Handlungskompetenz, Demokratielernen, Verantwortlichkeit: dieser Kategorie

werden all jene Textstellen zugeordnet, in denen eine explizite Zuweisung

von Zustandigkeit passiert oder aus denen implizit jemandem eine gewisse

Verantwortung fur einen Zustand oder eine Entwicklung zugeschrieben wird.

Auch Textstellen, in denen Handlungskompetenzen sowie Mitsprache- und

Mitgestaltungsmoglichkeiten aufgezeigt und vermittelt werden, und Stellen,

die den Themenblocken Integration sowie Demokratie- und Friedenserziehung

zugeordnet werden konnen, werden in dieser Kategorie erfasst.

• Emissionen: in dieser Kategorie finden sich Textstellen, die sich mit dem

Thema Emissionen (CO2, Feinstaub, Larm, etc.) auseinandersetzen.

• Klimaschutz: dieser Kategorie werden Textstellen zugeordnet, die sich mit

Klimaschutz und Erderwarmung beschaftigen.

• Konsum: dieser Kategorie werden alle Textstellen zugeordnet, die sich mit

dem Themenkomplex Konsum beschaftigen. Die Themen reichen von ein-

fachen “Einkaufsgeschichten” bis zu Uberlegungen zu bewusstem Konsum

(“kaufen oder sparen”, “materielle vs. immaterielle Wunsche und Geschen-

ke”, “Verpackungsmaterial”, “regional, saisonal, bio”). Auch Textstellen zum

Thema Werbung werden dieser Kategorie zugeordnet.

• Mobilitat: in dieser Kategorie finden sich neben Textstellen in denen das

Thema Mobilitat explizit behandelt wird (Verkehrssicherheit, Kennenlernen

verschiedener Fortbewegungsmittel, Nutzen und Problematik von Mobilitat)

auch Stellen, in denen Verkehrsmittel lediglich erwahnt oder abgebildet

werden.

• Ressourcen

– Abfall und Recycling: dieser Kategorie werden Textstellen zugeordnet,

in denen die Themen Abfall, Abfallvermeidung, Mulltrennung sowie

Wieder- und Weiterverwendung behandelt werden.

– Energieverbrauch: in diese Kategorie fallen Textstellen, in denen die

Themen Energie, Energieverbrauch, Energiegewinnung, Energiesparen

etc. behandelt werden.

70

Page 82: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

7. Methodischer Zugang

– Gewasser: in dieser Kategorie finden sich Textstellen in denen verschie-

dene Gewasser, deren Funktionen und der Gewasserschutz besprochen

wird.

– Wasser: dieser Kategorie werden Textstellen zugeordnet, die sich mit

der Ressource Wasser/Trinkwasser, sowie mit dem (sorgsamen) Umgang

damit beschaftigen.

– Rohsto"verbrauch, Knappheit und Verfugbarkeit: in diese Kategorie

fallen alle Textstellen, in denen es um materielle Ressourcen/ Sto"e, um

Endlichkeit und Begrenztheit von Ressourcen, sowie um Ressourcenver-

brauch und -schonung geht.

• Soziale Nachhaltigkeit

– Gender: in diese Kategorie fallen Textstellen, in denen Gerechtigkeit

zwischen den Geschlechtern explizit thematisiert wird, sowie Textstel-

len und Abbildungen, in denen Berufe, Aufgaben, Eigenschaften, etc.

geschlechtsspezifisch beziehungsweise nicht-geschlechtsspezifisch zuge-

ordnet werden.

– Generationen: in dieser Kategorie finden sich Textstellen, in denen ein

Zusammenhang zwischen heutigem Handeln und zukunftigem Leben her-

gestellt wird oder auf die Verantwortung auch zukunftigen Generationen

gegenuber aufmerksam gemacht wird.

– Nord-Sud-Beziehungen und Fair Trade: dieser Kategorie werden Text-

stellen zugeordnet, in denen Fragen bezuglich der Gerechtigkeit zwischen

dem reicheren globalen Norden und dem armeren globalen Suden behan-

delt werden.

• Umweltrisiken: dieser Kategorie werden Textstellen zugeordnet, die sich

mit verschiedenen Umweltrisiken (zum Beispiel Atom- oder Chemieunfallen)

befassen.

7.2. Analyse- und Interpretationsphase

Die Analyse und Interpretation der im Rahmen der Erhebungsphase gewonnenen

Daten wurde folgendermaßen vorgenommen:

7.2.1. Analyse der vorhandenen Sekundarliteratur

Hierbei wurden die im Desk Research erhobenen Daten, Dokumente, Studien,

Protokolle, Materialien und Berichte mittels einfacher Kodierungs- und Katego-

risierungsverfahren eingehend analysiert und der aktuelle Stand der Forschung

71

Page 83: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

7. Methodischer Zugang

dargelegt. In diesem Schritt wurden auch die ersten drei Forschungsfragen, welche

eine thematische und theoretische Hinfuhrung zur durchgefuhrten Schulbuchanalyse

darstellen, beantwortet.

7.2.2. Analyse und Interpretation der mittels Inhaltsanalyse

erhobenen Daten

Mit Hilfe des verwendeten Analyse-Programms wurde in diesem Schritt separat

fur jedes Schulfach das zuvor kategorisierte Material getrennt nach Kategorien,

Unterkategorien und Grundstufen (Grundstufe I umfasst 1. und 2. Schulstufe,

Grundstufe II umfasst 3. und 4. Schulstufe) betrachtet, quantitativ ausgewertet,

qualitativ-inhaltlich analysiert und schließlich zu interpretierten Erkenntnissen

zusammengefasst. Zur Veranschaulichung wurden einige Textstellen und Aufgaben-

stellungen beispielhaft herausgegri"en und dargestellt.

7.3. Dokumentationsphase

Nach der Vorstellung und Diskussion des Forschungsdesigns und der ersten Ergeb-

nisse im Rahmen des Diplomandenseminars im Winteremester 2011/12 wurde auf

Grundlage der oben erlauterten Arbeitsschritte das Material anschließend verdichtet

und die zentralen Forschungsergebnisse in Form der vorliegenden Diplomarbeit

aufbereitet.

72

Page 84: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

In diesem Kapitel werden nun die Ergebnisse der Analyse, in wie weit die Themen

der Nachhaltigkeit Eingang in die Schulbucher gefunden haben, dargestellt. Hierfur

wird das kategorisierte Material (vgl. Kapitel 7.1.2.7: Festlegung und Definition

des deduktiven, theoriegeleiteten Kategoriensystems) in den einzelnen Kategorien

und Unterkategorien quantitativ ausgewertet, nach den Unterrichtsfachern Deutsch,

Sachunterricht und Mathematik und gegebenenfalls nach Schulstufen getrennt

betrachtet und qualitativ-inhaltlich analysiert. Zur Veranschaulichung werden

einzelne Passagen beispielhaft herausgegri"en und dargestellt.

Im anschließenden Kapitel werden die Erkenntnisse der Analyse zusammengefasst

und interpretiert.

8.1. Umweltschutz allgemein

Abbildung 8.1.: Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Umweltschutz allgemein”

Quelle: Eigene Darstellung.

8.1.1. Deutsch

In zwei von 17 Deutschbuchern der zweiten und dritten Klasse wurden drei Texte

(zum Beispiel ein Umweltschutz-Gedicht) gefunden, die sich sehr allgemein mit dem

73

Page 85: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.2.: Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Demokratielernen, Ver-antwortlichkeit und Handlungskompetenz”

Quelle: Eigene Darstellung.

Thema Umweltschutz befassen und keiner speziellen Kategorie zugeordnet werden

konnten.

8.1.2. Sachunterricht und Mathematik

Weder in einem Sachunterrichtsbuch noch in einem Mathematikbuch wurde eine

Zuordnung zur Kategorie “Umweltschutz allgemein” vorgenommen.

8.2. Demokratielernen, Verantwortlichkeit und

Handlungskompetenz

In elf von 17 untersuchten Deutschbuchern wurden 48 Textstellen der Kategorie

“Demokratielernen, Verantwortlichkeit und Handlungskompetenz” zugeordnet, in 16

von 18 untersuchten Sachunterrichtsbuchern wurden insgesamt 71 Zuordnungen

gemacht, 42 davon in Buchern der vierten Klasse, und in nur einem Mathematikbuch

konnte eine einzige Aufgabenstellung dieser Kategorie zugeordnet werden (siehe

Abbildung 8.2).

74

Page 86: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

8.2.1. Deutsch

Inhaltlich sind die 48 Zuordnungen außerst heterogen und lassen sich grob in

folgende drei Themenfelder zusammenfassen:

• Integration und kulturelle Vielfalt (neun Zuordnungen): insbesondere gelun-

genes Zusammenleben mit MitschulerInnen mit Migrationshintergrund

• Kommunikationskompetenz (zwolf Zuordnungen): Gesprachs- und Gruppen-

regeln erarbeiten

• Handlungskompetenz (27 Zuordnungen): Mitgestaltungsmoglichkeiten ken-

nenlernen, selbst aktiv werden, Verantwortung und diverse Umweltschutz-

Aufgaben, wie Mull trennen oder Wasser sparen, ubernehmen.

8.2.2. Sachunterricht

Inhaltlich lasst sich der Großteil der ausgewahlten Ausschnitte in die Themen-

blocke “Domokratielernen und Friedenserziehung” (32 Zuordnungen), “eigene Hand-

lungsmoglichkeiten und -alternativen in den Bereichen Abfall, Wasser- und Strom-

nutzung sowie Konsum” (22 Zuordnungen) und “Tierschutz” (elf Zuordnungen)

zusammenfassen. Außerdem wurden vier Zuordnungen zum Thema Kommunikation

und Kooperation, sowie zwei Zuordnungen zum Thema Integration gemacht.

8.2.3. Mathematik

Nur eine Aufgabenstellung in “Funkelsteine Mathematik 3”, in der am Schulfest ge-

sammeltes Geld an drei Hilfsorganisationen verteilt werden soll, wurde der Kategorie

“Demokratielernen, Verantwortlichkeit und Handlungskompetenz” zugeordnet.

8.3. Biodiversitat

In 15 von 17 untersuchten Deutschbuchern konnten 73 Textstellen der Kategorie

“Biodiversitat” zugeordnet werden, wobei die Bucher der dritten und vierten Klasse

mit 57 von 73 Zuordnungen (78 %) eindeutig uberwiegen. Deutlich mehr (145)

Zuordnungen fanden sich in den 18 untersuchten Sachunterrichtsbuchern, auch hier

in den Buchern der dritten und vierten Klasse mit 97 Zuordnungen doppelt so viele

wie in den Buchern der Grundstufe 1. In den 19 untersuchten Mathematikbuchern

konnten lediglich acht Aufgabenstellungen in funf verschiedenen Buchern der dritten

und vierten Klasse dem Thema Biodiversitat zugeordnet werden (siehe Abbildung

8.3).

75

Page 87: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.3.: Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Biodiversitat”

Quelle: Eigene Darstellung.

8.3.1. Deutsch

Die Unterkategorie “Walder und Regenwalder” ist mit 28 Zuordnungen am starksten

vertreten, gefolgt von “Biodiversitat allgemein“ (13), “Gewasser und Meere” (zwolf),

“Boden” (acht), “Pflanzen” (sieben) und “Okosysteme” (funf).

Inhaltlich werden hauptsachlich verschiedene Tiere (Murmeltier, Mause, Igel,

Vogel, Insekten, Ameisen, Frosche, Fische, Wale, Spinnen, Fuchse, Kaninchen,

Marder, Hermelin, Feuersalamander, Gorillas, Schlangen, Schildkroten, A"en), sowie

deren Lebensraume vorgestellt. Vereinzelt finden sich Texte und Aufgabenstellungen

zu den Themen Verhalten im Wald und in der Natur (drei Zuordnungen), vom

Aussterben bedrohte Tiere (zwei Zuordnungen), Waldsterben (zwei Zuordnungen),

Tierbeobachtung (eine Zuordnung), Pelze (eine Zuordnung), Nahrungskette (eine

Zuordnung), und Waldrodung (eine Zuordnung).

8.3.2. Sachunterricht

Mit 45 und 42 Zuordnungen sind die Unterkategorien “Walder und Regenwalder”

sowie “Boden” am haufigsten vertreten, gefolgt von “Gewasser und Meere” (26),

“Okosysteme” (16), “Pflanzen” (zehn) und “Biodiversitat allgemein” (sechs).

Inhaltlich werden auch in den Sachunterrichtsbuchern hauptsachlich verschiedene

Lebensraume mit ihren Funktionen und den darin vorkommenden Tieren und

76

Page 88: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Pflanzen (Bienen, Schmetterlinge, Fruhlingsbluher, Spinnen, Frosche, Insekten,

Maulwurfe, Regenwurmer, Kafer, Ameisen, heimisches Getreide, Kroten, Fische,

Libellen, Seerosen, Krokodile, Wale, Storche, Vogel, heimisches Obst und Gemuse,

Pilze, Laub- und Nadelbaume) vorgestellt. Weiters wurden vereinzelt folgende

Themen behandelt: Funktionen des Waldes (sieben Zuordnungen), Verhalten im

Wald und in der Natur (sechs Zuordnungen), Auswirkungen von Boden- und Was-

serverschmutzung bzw. Boden- und Gewasserschutz (funf Zuordnungen), bedrohte

und geschutzte Tiere (vier Zuordnungen), Storungen und Schutz von Okosystemen

(vier Zuordnungen), Nahrungskette (zwei Zuordnungen), Waldrodung (zwei Zuord-

nungen) und Waldsterben (eine Zuordnungen).

8.3.3. Mathematik

Die in der Kategorie “Biodiversitat” ausgewahlten Aufgaben in den Mathema-

tikbuchern sind Berechnungen auf Basis von Informationen zu Storchenpaaren in

Osterreich, Elefanten, Vogeln und Pinguinen, Heuschrecken, Walen und Obstbaumen.

8.4. Emissionen

In nur drei der 17 untersuchten Deutschbucher der dritten und vierten Schulstufe

wurde das Thema Emissionen behandelt, wobei sieben der zehn Zuordnungen

in einem einzigen Buch zu finden sind. In funf der 18 untersuchten Sachunter-

richtsbucher konnten lediglich acht Ausschnitte in Buchern der zweiten und dritten

Klasse der Kategorie “Emissionen” zugeordnet werden. Im Fach Mathematik findet

sich eine einzige Aufgabenstellung in einem Buch, das der Kategorie “Emissionen”

zugeordnet werden konnte (siehe Abbildung 8.4).

Abbildung 8.4.: Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Emissionen”

Quelle: Eigene Darstellung.

77

Page 89: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

8.4.1. Deutsch

Etwa die Halfte der Zuteilungen in den Deutschbuchern behandeln das Thema

Larm und Verkehrslarm, in einem Buch wird die “Reise der Milch” und ande-

rer Lebensmittel besprochen, in einer weiteren Geschichte werden Autoabgase

angesprochen und in einem Gedicht wird ein feuerspeiender Drache als “umwelt-

freundliches Heizsystem” bezeichnet. In keinem der drei Bucher wird explizit auf

das Thema CO2-Emissionen oder Luftverschmutzung eingegangen, die drei aus-

gewahlten Textteile streifen die Thematik lediglich und konnen unter Umstanden

von engagierten LehrerInnen dazu herangezogen werden, das Thema im Unterricht

aufzugreifen. In “Deutsch 4” werden die Kinder als “Opfer” von Larm dargestellt

und sie werden angeleitet, “Au"orderungen an Larmverursacher”, sowie Briefe an

Larmschutz-Verantwortliche (BurgermeisterIn) zu verfassen.

8.4.2. Sachunterricht

In den Sachunterrichtsbuchern wurden folgende Themen behandelt: unangeneh-

me und angenehme Gerausche und Geruche, Luft und Luftverschmutzung samt

Verursacher, sowie Handystrahlung. “Tipi 3” ist das einzige untersuchte Sachunter-

richtsbuch, in dem kindliche Mobilitat als Ursache fur Luftverschmutzung erwahnt

und auf Alternativen (mit dem Rad fahren) hingewiesen wird (siehe Abbildung

8.15).

8.4.3. Mathematik

In “Matheblitz 4” werden Sachaufgaben zum Verbrauch von Heizmaterial (Kohle,

Koks und Holz) gestellt. Das Thema Emissionen wird zwar nicht direkt angespro-

chen, die Aufgabe konnte aber unter Umstanden dazu anregen, das Thema im

Unterricht aufzugreifen.

8.5. Klimaschutz

Nur in drei (dritte und vierte Schulstufe) von 18 untersuchten Sachunterrichtsbuchern

wurden Zuordnungen zur Kategorie Klimaschutz vorgenommen (siehe Abbildung

8.5).

78

Page 90: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.5.: Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Klimaschutz”

Quelle: Eigene Darstellung.

8.5.1. Deutsch und Mathematik

In keinem der untersuchten Deutsch- und Mathematikbucher wurde das Thema

Klimaschutz aufgegri"en.

8.5.2. Sachunterricht

In zwei der drei zugeordneten Ausschnitte wird das Thema Klimaschutz explizit

behandelt: In “Schatzkiste 3/4” wird auf drei Seiten das Thema “Erderwarmung,

Klimawandel und unser Beitrag zum Klimaschutz” ausfuhrlich bearbeitet. In “Tipi

4” wird in einem Infokasten der Zusammenhang zwischen der Verbrennung fossiler

Rohsto"e, der Erderwarmung und dem Klimawandel - und Folgen wie Sturmen,

Uberschwemmungen und Durrezeiten - dargestellt (siehe Abbildung 8.6). In “Meine

bunte Welt 4” kann die Aufgabenstellung, sich selbstandig uber die lange Reise von

Bananen oder Kakao zu informieren, dazu genutzt werden, das Thema aufzugreifen.

8.6. Konsum

In elf von 17 untersuchten Schulbuchern des Faches Deutsch wurden 53 Zuord-

nungen zur Kategorie Konsum getro"en, die Halfte (26) davon in Buchern der

Grundstufe 1. In zwolf der 18 untersuchten Sachunterrichtsbucher wird das Thema

Konsum an 33 Stellen behandelt. In elf von 19 untersuchten Mathematikbuchern

wurden 29 Zuteilungen zur Kategorie Konsum vorgenommen (siehe Abbildung 8.7),

79

Page 91: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.6.: Eines der wenigen Beispiele zum Thema Erderwarmung

Quelle: Tipi 4

wobei berucksichtigt werden muss, dass in dieser Untersuchung nicht nur positive

Umsetzungs-Beispiele - sondern samtliche den Bereich Konsum betre"ende Stellen

- dieser Kategorie zugeordnet wurden.

8.6.1. Deutsch

Inhaltlich konnen die ausgewahlten Texte und Aufgabenstellungen in folgende

Spezifizierungen unterteilt werden:

• Einkaufsgeschichten (zwolf Zuordnungen): Der Inhalt dieser Geschichten oder

Aufgabenstellungen ist dem Thema “einkaufen” zuzuordnen, ohne dass das

Thema Konsum oder der Nachhaltigkeitsgedanke beim Einkaufen diskutiert

wird. Beispiele sind etwa eine Aufgabenstellung, in der die SchulerInnen

nach dem Preis oder der richtigen Kleidungsgroße fragen sollen oder eine

Geschichte, in der eine Familie einen Einkauf erledigt.

• Einkaufsmoglichkeiten (zehn Zuordnungen): sechs dieser zehn Passagen be-

schranken sich auf eine einfache Auflistung verschiedener Geschafte und deren

Sortiment, in den ubrigen vier Passagen werden Unterschiede zwischen Su-

permarkten, Lebensmittelgeschaften und Markten diskutiert. Auf konkrete

Vor- oder Nachteile verschiedener Geschafte (Starkung der lokalen Wirtschaft,

Verkehrsbelastung durch Einkaufszentren, regionales und saisonales Angebot

auf Markten, etc.) wird nicht explizit eingegangen.

• Freude bereiten/ Schenken ohne Konsum (zehn Zuordnungen): in diesen

zehn Ausschnitten werden Moglichkeiten aufgezeigt und diskutiert, wie man

(vor allem in der Weihnachtszeit) ohne Konsum Freude bereiten kann (zum

Beispiel Gutscheine, Zeit, Selbstgemachtes schenken), was als Erziehung zu

Konsumverzicht interpretiert werden kann.

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Page 92: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.7.: Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Konsum”

Quelle: Eigene Darstellung.

• Sparen (drei Zuordnungen): In zwei Buchern sparen Kinder auf verschiedene

Spielsachen beziehungsweise wird diskutiert, worauf man sparen kann.

• Herkunft von Lebensmitteln/ Import/ Regionalitat/ Saisonalitat (sieben

Zuordnungen): In vier Buchern wird zwar die Herkunft von Lebensmitteln,

insbesondere Obst und Gemuse, angesprochen; auf Regionalitat oder Saisona-

litat wird jedoch nicht explizit eingegangen.

• Bewusster, kritischer Konsum (sechs Zuordnungen): vier Bucher beinhalten

Textstellen, in denen bewusster/ uberlegter Konsum thematisiert wird. (siehe

Abbildung 8.8)

• Werbung (funf Zuordnungen): In zwei Buchern wird das Thema Werbung

behandelt, wobei “Lilos Sprachbuch 4” im Kapitel “Eine tolle Werbung!” auf

acht Seiten naher darauf eingeht und die SchulerInnen sehr anwendungs-

orientiert auch dazu angeregt werden, selbst Werbungen zu gestalten und

Werbungen zu hinterfragen.

8.6.2. Sachunterricht

Die insgesamt 33 getatigten Zuteilungen, in denen das Thema Konsum in irgendeiner

Weise behandelt wird, lassen sich zusammengefasst folgendermaßen beschreiben:

81

Page 93: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.8.: Kritischer Konsum

Quelle: Lilos Sprachbuch 3

• In “Lasso Sachbuch 1” ist unter der Uberschrift “Advent und Weihnachten”

ein ganzseitiges Bild einer Spielwarenabteilung abgedruckt, wahrend die

Kinder auf der Seite davor noch dazu angeregt werden, sich Wunsche und

Geschenke, die “nicht unbedingt Geld kosten” mussen, zu uberlegen.

• In “Lasso Sachbuch 2” sollen die SchulerInnen aus einem Bild eines Markt-

standes jene Obst- und Gemusesorten auswahlen, die “bei uns im Herbst

reif sind”, auf die Bedeutung von bewusstem Konsum von saisonalen oder

regionalen Fruchten wird jedoch nicht weiter eingegangen.

• In “Lasso Sachbuch 3” wird auf drei Seiten das Thema Werbung durchaus

kritisch behandelt (als ein Aspekt einer Erziehung zu mundigen Konsumen-

tInnen) und die Kinder werden zu uberlegtem Konsumieren angeregt; weiters

beschaftigt sich das Buch mit Lebensmittel-Spezialitaten aus anderen Landern

und die Kinder werden dazu aufgefordert, ein “Fruhstuck mit Lebensmitteln

aus anderen Landern” zu organisieren. Okologische Auswirkungen so eines

Import-Konsumverhaltens werden jedoch nicht angesprochen.

• “Lasso Sachbuch 4” beinhaltet hingegen Texte und Aufgabenstellungen, die

explizit auf den Zusammenhang von Umwelt und Wirtschaft, auf Export und

Import, auf Regionalitat und Saisonalitat (siehe Abbildung 8.9), sowie auf

bewussten, kritischen Konsum hinweisen und diese Themen zur Diskussion

stellen. Fairer Handel wird in diesem Zusammenhang nicht erwahnt.

82

Page 94: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.9.: Lebensmittel aus der Region

Quelle: Lasso Sachbuch 4

• “Meine bunte Welt 2” unterscheidet lediglich verschiedene Geschafte, geht

jedoch nicht naher auf die Vor- und Nachteile dieser ein. Die Aufgabenstellung

“Wohin gehst du oder wohin gehen deine Eltern in eurer Umgebung einkaufen?

Uberlege auch, wo du gunstiger einkaufst!” kann als Anreiz dienen, das

Thema Einkaufsgewohnheiten aufzugreifen und zu diskutieren. Ein Hinweis

auf nachhaltigkeitsrelevante Aspekte von Konsum ist jedoch nicht zu finden.

• “Meine bunte Welt 4” erklart die Begri"e Import und Export anhand ver-

schiedener Produkte, erwahnt jedoch nicht das Thema “fair trade”, erklart

das Austria Gutezeichen zu einem Zeichen, das “Waren aus unserem Land”

kennzeichnet - wobei nicht darauf hingewiesen wird, dass lediglich 50 % der

Wertschopfung in Osterreich stattfinden mussen - und zeigt den langen Weg

der Banane, sowie die fur Import und Export verwendeten Verkehrsmittel

Flugzeuge, Eisenbahnen, Frachtschi"e und LKWs auf, aber ohne auf die damit

verbundenen Probleme hinzuweisen. An zwei Stellen im Buch werden die

Vorzuge von Bio-Lebensmitteln dargestellt und besprochen (siehe Abbildung

8.10).

83

Page 95: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.10.: Vorzuge biologischer Lebensmittel

Quelle: Meine bunte Welt 4

• In “Minimondo 2” lernen die Kinder verschiedene Geschafte und Einkaufsmoglichkeiten,

sowie verschiedenes Obst und heimisches Gemuse kennen. Weiters werden die

SchulerInnen dazu aufgefordert, sich zuerst zu uberlegen, was sie mit zehn

Euro beziehungsweise “viel Geld” kaufen wurden, um anschließend die Frage

zu stellen: “Was macht dich glucklich und kostet nichts?”

• “Minimondo 3” fragt, warum man fruher nur zu bestimmten Jahreszeiten

heimisches Gemuse ernten konnte und man heute “das ganze Jahr uber frisches

Gemuse kaufen” kann. Weiters wird auf zwei Seiten explizit zu kritischem,

uberlegtem Konsumverhalten aufgefordert.

• “Minimondo 4” informiert uber Werbung und ihre Ziele. Import und Export

von Waren werden lediglich anhand der Beispiele Orangen, Kakao und Tee

erklart, fairer Handel oder Probleme von weiten Transportwegen werden nicht

thematisiert.

• Das Sachunterrichtsbuch “Schatzkiste 3/4” beschaftigt sich lediglich auf einer

Seite mit dem Thema Konsum, stellt kritischen und unkritischen Einkauf

gegenuber und erwahnt “Mogelpackungen”, Verpackungsmaterial und Wer-

bung.

• “Tipi 2” zeigt verschiedene Einkaufsmoglichkeiten auf und regt zu uberlegtem

- jedoch nicht explizit bewusstem oder kritischem Konsum - durch die Ver-

wendung eines Einkaufszettels an.

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Page 96: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

• “Tipi 3” erklart, warum Waren “von weit her zu uns gebracht” werden (siehe

Abbildung 8.11) und regt zu einer Reflexion uber “Warentransporte und ihre

Notwendigkeit” an.

Abbildung 8.11.: Notwendigkeit von Import

Quelle: Tipi 3

• “Tipi 4” regt in einem eigenen Kapitel dazu an, Werbung kritisch zu hinter-

fragen und nennt Umweltfreundlichkeit als Kriterium, uber das man sich vor

einem Kauf informieren kann.

8.6.3. Mathematik

Die der Kategorie “Konsum” zugeordneten Aufgabenstellungen sind insbesonde-

re Rechenaufgaben, in denen Preise verglichen und Lebensmittel, Spielsachen,

Benzin, Elektrogerate oder Autos gekauft werden. In den Buchern “Funkelsteine

Mathematik 2”, “Alles klar 3”, “Zahlenzug 3” und “Zahlenzug 4” wird in bildlich

dargestellten Situationen heimisches Obst und Gemuse auf dem Markt gekauft

wird. Die Abbildungen zu ahnlichen Aufgabenstellungen in “Matheblitz 3” zeigen

im Vergleich dazu Bananen, Kiwis, Zitronen, Melonen und Kokosnusse. Als weite-

res Beispiel zur Veranschaulichung der unterschiedlichen Umsetzung des Themas

Konsum wurde “Matheblitz 4” herausgegri"en: in funf der sieben Zuordnungen

zur Kategorie Konsum finden sich unzahlige Beispiele, in denen Dosenfruchte,

Haushalts- und Elektrogerate, sowie Autos und LKWs gekauft werden, was einer-

seits nicht der Lebenswelt der Kinder und zweitens nicht dem Ziel, eine nachhaltige

Lebensfuhrung der Kinder zu fordern, entspricht. Berechnungen zur Investition in

Solar- oder Photovoltaikanlagen, zur Nutzung von Car-sharing-Angeboten oder

zum Kauf von Monats- oder Jahreskarten fur den o"entlichen Verkehr werden in

keinem Buch angesprochen.

8.7. Mobilitat

An den insgesamt 521 Zuordnungen zeigt sich, dass Mobilitat und Verkehrsmittel ei-

ne sehr große Rolle im Alltag und damit auch in den Schulbuchern einnehmen. Hier

85

Page 97: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.12.: Verteilung der Zuteilungen zur Kategorie Mobilitat auf einzelneThemenbereiche

Quelle: Eigene Darstellung.

finden sich jedoch nicht nur Textstellen, in denen Mobilitat explizit thematisiert

wird, sondern - und das bildet mit 350, also gut 67 % der Zuordnungen, die eindeu-

tige Mehrheit - auch Ausschnitte, in denen Verkehrsmittel lediglich erwahnt oder

abgebildet werden. Die 171 Zuordnungen in denen es explizit um Mobilitat oder

Verkehr geht, behandeln vor allem die Themen Entfernungen (36 Zuordnungen),

Reisen und Ausfluge (41 Zuordnungen), Schulweg (25 Zuordnungen), Wegbeschrei-

bungen (14 Zuordnungen), Verkehrssicherheit (13 Zuordnungen), Treibsto" (sieben

Zuordnungen) und diverses (35 Zuordnungen) (siehe Abbildung 8.12).

Weiters wurde eine Unterscheidung zwischen der Darstellung beziehungsweise

Nennung des motorisierten Individualverkehrs (Auto, Motorrad), nicht motorisierter

(Fuß, Rad) und o"entlicher (Zug, Bus, Straßenbahn) Verkehrsmittel, sowie Schi"en

vorgenommen (siehe Abbildung 8.13). An 179 Stellen (34,2 % der Zuordnungen)

wurden nur Verkehrsmittel des motorisierten Individualverkehrs dargestellt, 108

Darstellungen/Nennungen (20,6 % der Zuordnungen) zeigen nur nicht-motorisierte

Verkehrsteilnehmer, 106 Zuordnungen (20,2 %) konnen nur dem o"entlichen Ver-

kehr zugeordnet werden. Die restlichen 131 Zuordnungen sind folgendermaßen

aufgeteilt: Schi"e 26 (5 %), motorisierter Individualverkehr und nicht-motorisierter

Verkehr 23 ( 4,4 %), motorisierter Individualverkehr und o"entlicher Verkehr 16

( 3 %), gemischte Verkehrsteilnehmer 54 (10,3 %) und Mobilitat ohne konkrete

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Page 98: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.13.: Verteilung auf Verkehrsteilnehmer

Quelle: Eigene Darstellung.

Verkehrsmittel 12 (2,3 %).

Eine detailierte Analyse bezuglich der Darstellung und Bearbeitung des Themas

Mobilitat in Schulbuchern ware durchaus interessant, wurde aber den Rahmen

dieser Arbeit sprengen, weshalb darauf verzichtet werden musste.

Im Anschluss wird grob auf die inhaltliche Ausgestaltung in den einzelnen

Unterrichtsfachern eingegangen und werden einige Beispiele herausgegri"en und

dargestellt.

8.7.1. Deutsch

In den untersuchten Deutschbuchern wurden insgesamt 95 Textstellen der Kategorie

Mobilitat zugeordnet. Mit 49 zu 46 ist die Verteilung auf Grundstufe 1 und

Grundstufe 2 sehr ausgewogen.

Inhaltlich befassen sich die Texte vor allem mit Ausflugen und Reisen, dem Schul-

weg, verschiedenen Verkehrsmitteln und Wegbeschreibungen. In einigen Buchern

werden verschiedene Verkehrsmittel fur unterschiedliche Zwecke (Reisen, Schulweg,

Ausflug, Einkauf) vorgestellt. Hierbei wird zwar lediglich in drei Buchern (“Mein

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Page 99: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Sprachpilot 2”, “Funkelsteine Lesebuch 3” und “Funkelsteine Sprachbuch 4”) auf

konkrete Vor- und Nachteile der verschiedenen Verkehrsmittel eingegangen (Stau,

Parkplatz, Abgase, Streß am Bahnhof), das Aufzeigen verschiedener Moglichkeiten

kann aber zumindest als Anregung zu einer Diskussion uber Mobilitat aufgegri"en

werden, es wird jedoch nicht ausdrucklich dazu aufgefordert.

Als explizit umweltrelevantes Thema wird Mobilitat lediglich in einem Buch be-

handelt: “Funkelsteine Sprachbuch 3” erwahnt, dass man manchmal mit o"entlichen

Verkehrsmitteln schneller am Ziel sei als mit dem PKW und diskutiert an einer zwei-

ten Stelle das vermutete erhohte Verkehrsaufkommen als Entscheidungskriterium

bei der Planung einer Veranstaltung.

8.7.2. Sachunterricht

Von den insgesamt 81 Zuordnungen in 17 der 18 untersuchten Sachunterrichtsbucher

finden sich 21 Zuordnungen (26 %) in der Grundstufe 1, 60 Zuordnungen in der

Grundstufe 2. Inhaltlich lassen sich die Zuordnungen folgenden Themen zuordnen:

“Schulweg, Wegbeschreibung und Verkehrssicherheit” (20 Zuordnungen), “verschie-

dene Verkehrsmittel und Verkehrswege” (elf Zuordnungen), “Das Fahrrad” (15

Zuordnungen), “Faszination Fliegen” (neun Zuordnungen), “sich am Bahnhof zu-

rechtfinden und Fahrplane lesen” (sieben Zuordnungen), sowie “Mobilitat fruher

und heute” (funf Zuordnungen). Folgende Bucher befassen sich ausfuhrlicher mit

dem Thema Mobilitat, wobei hier noch einmal darauf hingewiesen wird, dass eine

Behandlung des Themas Mobilitat nicht automatisch auch den Nachhaltigkeitsge-

danken impliziert.

• “Meine bunte Welt 3” fordert zuerst dazu auf, “Vor- und Nachteile eines

Privatautos mit jenen o"entlicher Verkehrsmittel” zu vergleichen, nennt

darunter beim Ausbau der Verkehrswege jedoch lediglich verschiedene Straßen.

Weder im Text noch bildlich wird auf den Ausbau von Fuß- und Radwegen

oder das Schienennetz hingewiesen (siehe Abbildung 8.14).

• “Minimondo 3” behandelt das Thema Mobilitat auf vier Seiten: die erste

Seite beschaftigt sich mit der Entstehung des Rades, auf der zweiten Seite

wird “Mobilitat fruher und heute” besprochen und die Kinder werden da-

zu aufgefordert, in einer “Ideen-Werkstatt” uber Fortbewegungsmittel der

Zukunft nachzudenken, weiters werden verschiedene Verkehrsmittel darge-

stellt. Auf der nachsten Seite wird die Autoindustrie vorgestellt und werden

Vor- und Nachteile des Autos diskutiert und auf der letzten Seite lernen die

SchulerInnen, sich auf dem Bahnhof zurechtzufinden.

• “Tipi 3” verweist im Anschluss an das Thema Import darauf, dass viele unserer

alltaglichen Wunsche “Folgen fur die Umwelt [haben], die wir uns nicht immer

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Page 100: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.14.: Ausbau der Verkehrswege

Quelle: Meine bunte Welt 3

ganz bewusst machen” (siehe Abbildung 8.15). Auf einer Doppelseite werden

Vor- und Nachteile verschiedener Verkehrsmittel diskutiert. Als einziges Buch

beschreibt “Tipi 3” auf einer weiteren Doppelseite Verkehrswege (Bahnkorper

und Straßen) als verbindende UND trennende (Beispiel Schallschutzwande)

Bestandteile der gebauten Umwelt. Auf den vier darauf folgenden Seiten lernen

die Kinder, wie sie o"entliche Verkehrsmittel am besten nutzen konnen, auf

zwei weiteren Seiten wird Mobilitat fruher und heute miteinander verglichen.

• “Schatzkiste 3/4” behandelt das Thema Mobilitat auf neun Seiten und

beschaftigt sich mit einem eher physikalischen Zugang insbesondere mit der

Faszination Fliegen, Wasserfahrzeugen und dem Fahrrad. Auf einer Seite

werden die Kinder dazu angeregt, verschiedene Verkehrsmittel zu vergleichen,

auch der Treibsto"verbrauch kommt zur Sprache (siehe Abbildung 8.16).

• “Tipi 4” beschaftigt sich auf sechs Seiten mit Mobilitat, nennt an einer Stelle

Raps als Biodiesel und erwahnt an einer anderen Stelle, dass “der Transport

von Gutern auf dem Wasserweg [...] umweltfreundlicher und billiger als der

Transport auf der Straße” ist.

8.7.3. Mathematik

66,5 % (352 von 529) der gesamten Zuordnungen zur Kategorie Mobilitat fanden

sich in den 19 untersuchten Mathematikbuchern (siehe Abbildung 9.1). Der Großteil

der Abbildungen und Nennungen dient der Illustration von Aufgabenstellungen

zu den Grundrechnungsarten, Messaufgaben (Große, Gewicht), Preisrechnungen

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Page 101: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.15.: Umweltfolgen von Mobilitat

Quelle: Tipi 3

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Page 102: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.16.: Vergleich von Verkehrsmitteln

Quelle: Schatzkiste 3/4

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8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.17.: Umweltfreundliches Auto

Quelle: Matheblitz 4

und Wegbeschreibungen. Neben diesen 285 Abbildungen/Nennungen von Autos,

Fahrradern, Zugen und Schi"en fanden sich in zwolf Buchern auch 67 Zuordnungen,

in denen das Thema Mobilitat angesprochen wird, insbesondere in Auslastungs-,

Entfernungs- und Zeitrechnungen. An drei Stellen wurden Tankfullungen berechnet,

in einer Aufgabenstellung wird der Treibsto"verbrauch eines Flugzeuges berechnet

(siehe Abbildung 8.27). In “Matheblitz 4” wird ein “neues umweltfreundliches Klein-

auto” gekauft, jedoch dient hier nicht der Treibsto"verbrauch, sondern der Kaufpreis

als Datenbasis fur die Aufgabenstellung (siehe Abbildung 8.17). Nachhaltigkeitsre-

levante Rechnungen, in denen die Kosten von Autofahrten mit Fahrkartenpreisen

fur o"entliche Verkehrsmittel verglichen werden oder in denen die Kinder lernen,

die fur sie gunstigste Fahrkarte (Gruppenticket, Jahres- Wochen- oder Einzelticket)

zu berechnen, fehlen in allen untersuchten Mathematikbuchern.

8.8. Ressourcen

8.8.1. Abfall und Recycling

In sieben von 17 untersuchten Deutschbuchern der ersten bis vierten Klasse wurden

17 Textstellen der Kategorie “Ressourcen - Abfall und Recycling” zugeteilt. In

15 der 18 untersuchten Sachunterrichtsbucher wurden insgesamt 33 Zuordnungen

vorgenommen, die Verteilung auf die vier Schulstufen ist relativ ausgeglichen. In 17

der 19 untersuchten Mathematikbucher wurden 50 Ausschnitte zugeordnet (siehe

Abbildung 8.18).

8.8.1.1. Deutsch

Neben der Behandlung von Mulltrennung (sechs Zuordnungen) und Mullvermeidung

(funf Zuordnungen) konnen lediglich zwei Aufgabenstellungen in den Buchern

“Mein Sprachpilot 2” und “Funkelsteine Sprachbuch 3” den Themen Wieder- und

Weiterverwenden beziehungsweise Reparatur zugeordnet werden. In zwei Aufga-

92

Page 104: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.18.: Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Abfall und Recycling”

Quelle: Eigene Darstellung.

benstellungen - in “Funkelsteine Sprachbuch 3” und “Deutsch 4” - werden die

Kinder aufgefordert, Verbotstafeln zum Thema Mullentsorgung zu entwerfen und

die Mull-Problematik bei Großveranstaltungen zu diskutieren.

8.8.1.2. Sachunterricht

Auch in den Sachunterrichtsbuchern uberwiegt klar das Thema Mulltrennung (17

Zuordnungen). Die Themen Verpackungsmull, Mullvermeidung, Wieder- und Wei-

terverwendung, Recycling und Problemsto"e werden nur vereinzelt angesprochen.

Folgende Bucher konnen besonders hervorgehoben werden:

• “Schatzkiste 3/4” behandelt das Thema Mull auf vier Seiten, wobei auf

Mullvermeidung, Mulltrennung, Problemsto"e, Recycling und Kompostieren

eingegangen wird und die SchulerInnen angeleitet werden, selber Mull zu

trennen.

• In “Lasso Sachbuch 3” wird die Geschichte der Mullabfuhr erzahlt, auf drei

weiteren Seiten wird zuerst der Nutzen von Mulltrennung und Recycling auf-

gezeigt und anschließend werden Mulldeponien und Mullverbrennung erklart,

wobei zu Ersterem angemerkt wird, dass das Grundwasser trotz Abdeckung

verseucht werden konnte und Deponien sehr viel Platz brauchen. Zu Letz-

terem wird vermerkt, dass die Abwarme fur Heizung und Stromerzeugung

genutzt werden kann, dieses Verfahren jedoch viel teurer ist und in Asche

und Abgasen Giftsto"e enthalten sein konnen.

93

Page 105: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

• Auch in “Minimondo 4” wird auf Mullvermeidung, Mulltrennung, Recycling

und Problemsto"e eingegangen. Im Gegensatz zu den Darstellungen im Buch

“Lasso Sachbuch 3” werden Mulldeponie und Mullverbrennungsanlagen hier

nur erklart und nicht kritisch behandelt.

• In “Meine bunte Welt 2” muss die Au"orderung, auch selbst den Mull zu

trennen, kritisch betrachtet werden: Nachdem die Kinder zuerst theoretisch

den Abfall den richtigen Tonnen zuordnen sollen, und auch auf das Risiko von

gefahrlichen Sto"en hingewiesen wird, betri"t die zweite Aufgabenstellung

direkt die Lebenswelt der Kinder, namlich ihren Schulalltag. Die SchulerInnen

werden jedoch nur dazu aufgefordert, lediglich fur EINE Woche ihren Mull in

der Klasse zu trennen. Das setzt erstens nicht voraus, dass ohnehin in jeder

Klasse Mulltrennung praktiziert wird (was in der Praxis in vielen Schulen

der Fall ist), und fordert zweitens nicht dazu auf, dies einzufuhren, sondern

es lediglich einmal auszuprobieren (siehe Abbildung 8.19).

8.8.1.3. Mathematik

Der Großteil der Zuordnungen zeigt verschiedene Verpackungsmaterialien und

Getranke- beziehungsweise Lebensmittelgebinde. Au"allend war, dass Getranke,

Lebensmittel und Tierfutter haufig (34 Zuordnungen) in Folie verschweißt oder

in Dosen abgepackt dargestellt werden, dargestellte Mehrweggebinde, Obststeigen

oder Glasflaschen jedoch eher die Ausnahme darstellten.

Nur in folgenden drei Buchern fanden sich Rechenaufgaben zum Thema “Abfall

und Recycling”: In “Alles klar 4” ist eine ganze Seite dem Thema “Abfalle aus

Haushalten” gewidmet, auf der mit osterreichischen Abfall-Daten aus dem Jahr

2004 gerechnet wird. Auch in “Zahlenzug 4” und “Funkelsteine Mathematik 4”

finden sich jeweils eine ganze Seite Rechenaufgaben zum Thema Mull und Recycling

(siehe Abbildung 8.20).

8.8.2. Energieverbrauch und Energiegewinnung

In vier von 17 untersuchten Deutschbuchern der zweiten beziehungsweise vier-

ten Klasse wurden insgesamt zwolf Zuordnungen zur Kategorie “Ressourcen -

Energieverbrauch und Energiegewinnung” vorgenommen. In zwolf von 18 Sach-

unterrichtsbuchern wurden 41 Textstellen in Buchern der zweiten bis vierten

Schulstufe zugeordnet, in den 19 untersuchten Mathematikbuchern konnte keine

einzige Aufgabenstellungen dieser Kategorie zugeordnet werden (siehe Abbildung

8.21).

94

Page 106: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.19.: Mulltrennung fur eine Woche

Quelle: Meine bunte Welt 2

95

Page 107: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.20.: Recycling-Aufgaben

Quelle: Funkelsteine Mathematik 4

96

Page 108: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.21.: Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Energieverbrauch undEnergiegewinnung”

Quelle: Eigene Darstellung.

8.8.2.1. Deutsch

In folgenden vier Deutschbuchern wurden Zuordnungen zur Kategorie “Ressourcen -

Energieverbrauch und Energiegewinnung” vorgenommen, wobei der Großteil dieser

Zuordnungen nicht als “positives” Umsetzungs-Beispiel im Sinne einer Bildung fur

nachhaltige Entwicklung bezeichnet werden kann, sondern auch Textstellen zugeord-

net wurden, in denen es um Energie geht, in denen die Themen Energieverbrauch

oder -sparen jedoch nicht angesprochen werden:

• In “Deutsch 2” wird bei der Aufzahlung dessen, was der Wind alles kann,

die Stromerzeugung durch Windrader nicht erwahnt, beim Thema Heizen

werden Kohle, Holz, Gas und Ol genannt, weiters werden auf zwei Seiten

Stromausfall- Geschichten erzahlt. Auf die Bedeutung des Energieverbrauchs

fur eine nachhaltige Entwicklung wird in diesem Buch nicht Bezug genommen.

• Auch in “Deutsch 4” soll eine Stromausfall-Geschichte erzahlt werden, weiters

sollen die Kinder uberlegen, wozu man Strom braucht, wobei unter der

Uberschrift “Elektrische Gerate erleichtern das Leben” eine Vielzahl von

Elektrogeraten abgebildet sind und genannt werden. Eine einzige Frage in

diesem Buch, auf einer Seite mit dem Titel “Wir brauchen elektrischen Strom”

lautet: “Wie kann mit Strom sparsamer umgegangen werden?”

97

Page 109: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

• In “Funkelsteine Sprachbuch 4” werden auf zwei Seiten verschiedene Elektro-

gerate und Maschinen, die das Leben erleichtern, genannt und anschließend

die SchulerInnen dazu aufgefordert, ihren Tagesablauf zu uberlegen, wenn

es “einen Tag und eine Nacht lang” keinen Strom gabe. Von sparsamem

Verbrauch ist in diesem Zusammenhang nicht die Rede.

• “Funkelsteine Lesebuch 4” enthalt eine Geschichte mit dem Titel “Der o"ene

Kuhlschrank” - uber Energie wird in diesem Zusammenhang aber auch nicht

gesprochen.

8.8.2.2. Sachunterricht

In den Buchern der vierten Klasse sind, mit 25 ausgewahlten Ausschnitten, die meis-

ten Zuordnungen zu finden. Auch hier wurden nicht nur Ausschnitte ausgewahlt,

in denen das Thema im Sinne einer Erziehung zu nachhaltiger Entwicklung po-

sitiv umgesetzt wurde, sondern auch solche, in denen auf wichtige Aspekte einer

nachhaltigen Energienutzung und/oder -gewinnung (wie beispielsweise Einsparpo-

tentiale oder Alternativenergien, etc.) nicht eingegangen wird, wie die anschließende

Beschreibung der zugeordneten Textstellen in den einzelnen Buchern zeigt:

• In “Minimondo 2” lernen die Kinder verschiedene Haushaltsgerate kennen

und werden in diesem Zusammenhang auf die Verwendung von aufladbaren

Batterien und auf die richtige Entsorgung von Batterien als Beitrag zum

Umweltschutz aufmerksam gemacht. Zudem erfahren sie, dass man fur Gerate

“mit Motorantrieb” mehr Geld fur Anscha"ung, Benzin, Diesel oder elektri-

schen Strom braucht. Das Thema Energiegewinnung wird in diesem Buch

nicht behandelt.

• “Meine bunte Welt 2” beinhaltet neben “naturlichen und kunstlichen Licht-

quellen” ebenfalls eine Seite uber verschiedene Batterien und verweist hier

auch auf deren richtige Entsorgung. Akkumulatoren oder Energieverbrauch

generell werden hingegen nicht angesprochen. Im Kapitel “Der Wind” wird

die Kraft des Windes anhand verschiedener Beispiele dargestellt, die Nut-

zung des Windes zur Stromerzeugung wird jedoch nicht aufgezeigt. Bei der

Darstellung verschiedener Haushaltsgerate wird lediglich auf die Gefahr von

Strom, jedoch nicht auf den Energieverbrauch hingewiesen.

• “Schatzkiste 2” stellt ebenfalls verschiedene Haushaltsgerate vor, vergleicht

anhand dieser Beispiele Motorkraft mit Muskelkraft und schreibt dazu fol-

gende Merksatze: “Werkzeuge mit Motoren benotigen elektrischen Strom,

Benzin oder Diesel. Verwende diese Werkzeuge sparsam! So schutzt du unsere

Umwelt, und du sparst auch Geld. Elektrischer Strom, Benzin und Diesel

sind sehr teuer.”

98

Page 110: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

• “Meine bunte Welt 3” vergleicht ebenfalls Muskelkraft mit Motorkraft, der

Energieverbrauch wird jedoch nicht explizit behandelt. Im Kapitel “Wir

nutzen die Krafte der Natur!” werden Wasser- Wind- und Sonnenenergie

zur “sauberen und umweltfreundlichen” Stromerzeugung vorgestellt, darunter

werden Atomkraftwerke als gefahrliche Energiequellen angefuhrt, sowie der

Dynamo als Stromquelle genannt.

• Auch “Lasso Sachbuch 3” vergleicht Muskelkraft mit Motorkraft, stellt ver-

schiedene Haushaltsgerate vor und geht im Rahmen einer Aufgabenstellung

naher auf das Thema “Gefahren des elektrischen Stroms” ein, Energiever-

brauch oder Energiegewinnung werden auch hier nicht behandelt.

• In “Tipi 3” wird unter der Uberschrift “Uberall Strom” ein Haus mit Haus-

haltsgeraten bildlich dargestellt. Hinter dem Haus sind ein thermisches Kraft-

werk und ein Windrad zu sehen. Die Stromerzeugung wird folgendermaßen

erklart: “Elektrischer Strom ist eine Energieform. Durch die Verbrennung von

Kohle, Erdol oder Erdgas wird Energie gewonnen, die im Elektrizitatswerk

in elektrischen Strom umgewandelt wird. Wasserenergie, Wind-, Sonnen- und

Atomenergie konnen ebenfalls in Strom umgewandelt werden. In Osterreich

wird Energie in erster Linie aus Wasserkraft gewonnen.” Im Kapitel “Die

Gluhlampe” wird nicht auf Energieverbrauch oder Energiesparlampen einge-

gangen.

• “Schatzkiste 3/4” behandelt das Thema “Der elektrische Strom” auf sieben

Seiten, greift das Thema zuerst aus technischer Sicht auf, weist auf die

Gefahren hin und zeigt die Stromerzeugung und den Weg des Stromes - vom

Wasserkraftwerk bis zur Steckdose - auf. Unter der Uberschrift “Elektrisches

Licht” werden schließlich die Gluhlampe und die Energiesparlampe inklusive

ihrer richtigen Entsorgung behandelt und unter der Uberschrift “Alternative

Stromerzeugung” sollen die SchulerInnen Vor- und Nachteile von Solarzellen

und Windradern diskutieren. Am Ende des Buches werden noch einmal der

Stromkreis, die Gefahren von Strom und die Stromerzeugung mittels Dynamo

wiederholt.

• “Meine bunte Welt 4” erklart die Stromerzeugung anhand von verschiede-

nen Wasserkraftwerken, Warmekraftwerken, sowie der als umweltschonend

bezeichneten “Stromerzeugung durch Wind und Sonne”. Weiters wird der

Nutzen von Strom diskutiert und auf die Gefahren hingewiesen. Die Themen

Energieverbrauch, nachhaltige Energienutzung oder Sparpotential werden

nicht behandelt.

• Als Beispiel mit einer an Nachhaltigkeitszielen orientierten, umfangreichen

Behandlung des Themas kann “Tipi 4” genannt werden, das sich auf acht

99

Page 111: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Seiten mit Energie beschaftigt. Im Kapitel “Das brauche ich” werden auf einer

Doppelseite “nicht unerschopfliche”, fossile Ressourcen als Energiespeicher

und erneuerbare Energiequellen (“Sonnenenergie, Wind- und Wasserenergie,

die Energie aus Pflanzen [...] und die Erdwarme aus dem Inneren der Erde”)

beschrieben und diskutiert. Weiters werden die Kinder angeleitet, einen

Stromkreis zu bauen und es wird auf die Gefahren des elektrischen Stroms

hingewiesen. Unter der Uberschrift “Energie wandelt sich” wird die Sonne als

ursprunglicher Energielieferant und der Unterschied zwischen direkter und

indirekter (fossiler) Sonnenenergie-Nutzung dargestellt. Auf einer weiteren

Seite wird die Umwandlung von Sonnenenergie in elektrischen Strom aus

Wind- und Wasserkraftwerken veranschaulicht. Auf zwei weiteren Seiten sollen

die SchulerInnen den Energiebedarf fur Bewegung erkennen und verschiedene

Antriebsmoglichkeiten und Antriebsenergien (Muskelkraft, Wind, Strom,

Treibsto"e) kennenlernen.

• Auch “Lasso Sachbuch 4” behandelt das Thema Energie auf sieben Seiten,

beschreibt zuerst fossile Energien und erklart anhand eines Kohlebergwerkes

wie sie abgebaut werden. Wie die wirtschaftliche Rolle von Kohle beschrieben

wird, zeigt Abbildung 8.22. Weiters werden die Erdolforderung und verschie-

dene Erdol-Produkte vorgestellt. Als Aufgabenstellung wird ein “Lehrausgang

zu einer Tankstelle” vorgeschlagen, fur den sich die Kinder Fragen wie “Wel-

che Produkte, die Erdol enthalten, werden verkauft?”, “Welche davon sind

umweltfreundlich?” oder “Was ist der Unterschied zwischen Benzin und Die-

sel?” uberlegen sollen. Elektrischer Strom wird als unverzichtbar dargestellt,

anschließend sollen die SchulerInnen verschiedene Elektrogerate besprechen

und einen Stromkreis bauen. Auch der Weg vom Kraftwerk in die Haus-

halte wird beschrieben. Als “Energieverschwendung” werden “eine o"ene

Kuhlschranktur, eine unnotig eingeschaltete Lampe und ein alleingelassenes

laufendes Fernsehgerat” genannt, auch Energiesparlampen werden erwahnt

und die Kinder sollen zu Hause weitere Sparmoglichkeiten erforschen. Zum

Thema Stromerzeugung werden verschiedene Kraftwerke (Wasser, kalorische,

Atom, Wind) aufgezahlt und dargestellt. Windkraftwerke und Solarenergie

werden als umweltfreundlich beschrieben, Warmekraftwerke als umweltver-

schmutzend und “Wasserkraftwerke zerstoren den Lebensraum vieler Tiere.”

• In “Minimondo 4” werden die SchulerInnen angeleitet, einen Stromkreis zu

bauen, und auf die Gefahren von Strom aufmerksam gemacht. Weiters werden

Licht-, Warme- und Bewegungsenergie unterschieden. Auf die Frage, woher

der elektrische Strom kommt, werden eine Batterie, ein Akkumulator und ein

Dynamo als drei “Mini-Kraftwerke” vorgestellt und die richtige Entsorgung

von Batterien erwahnt. Auf der nachsten Seite werden als Großkraftwerke

100

Page 112: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.22.: Wirtschaftliche Bedeutung von Kohle

Quelle: Lasso Sachbuch 4

Wasserkraftwerke und Warmekraftwerke erklart. Lediglich als Abschluss

werden die Fragen gestellt, warum es in Osterreich keine Kernkraftwerke

gibt und was die Kinder uber “Alternative Energien” wissen. Auf einer

weiteren Seite werden folgende “Krafte und ihre Wirkung” genannt: Muskeln,

Elektromotor, Verbrennung, Wind, Wasser und Sonne.

8.8.2.3. Mathematik

In den untersuchten Mathematikbuchern konnten keine Aufgabenstellungen der

Kategorie “Ressourcen - Energieverbrauch und Energiegewinnung” gefunden und

zugeordnet werden.

8.8.3. Gewasser

In drei von 17 untersuchten Deutschbuchern der dritten und vierten Klasse wurden

funf Textstellen der Kategorie “Ressourcen - Gewasser” zugeordnet, drei von 18

Sachunterrichtsbucher der zweiten und vierten Klasse greifen an sieben Stellen das

Thema Gewasser als Ressource auf und in zwei von 19 Mathematikbuchern der

vierten Klasse wurde jeweils eine Rechenaufgabe dieser Kategorie zugeteilt (siehe

Abbildung 8.23).

8.8.3.1. Deutsch

“Deutsch 4” greift an drei Stellen verschmutzte Seen als Thema auf, in den zwei

anderen Buchern werden einmal das Meer und einmal verschiedene Gewasser als

fur den Menschen nutzbar thematisiert.

8.8.3.2. Sachunterricht

“Tipi 4” geht als einziges Buch naher auf das Thema ein und bespricht im Kapitel

“Wasser - das blaue Gold” das osterreichische Gewassernetz auf funf Seiten als

Erholungsraum, umweltfreundlichen Transportweg, gunstigen Siedlungsraum und

Energielieferant.

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Page 113: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.23.: Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Ressourcen - Gewasser”

Quelle: Eigene Darstellung.

8.8.3.3. Mathematik

In zwei Mathematikbuchern der vierten Klasse wurde jeweils eine Rechenaufgabe,

in denen Flusse als Transportwege dienen, der Kategorie “Ressourcen - Gewasser”

zugeordnet.

8.8.4. Wasser

In drei von 17 untersuchten Deutschbuchern wurden neun Zuordnungen in Buchern

der dritten und vierten Klasse getro"en. Zwolf von 18 untersuchten Sachunter-

richtsbuchern behandeln das Thema Wasser als Ressource an 34 Stellen und in

sechs von 19 Mathematikbuchern wurden acht Aufgaben aus Buchern der dritten

und vierten Klasse dieser Kategorie zugeordnet (siehe Abbildung 8.24).

8.8.4.1. Deutsch

Großteils (sieben Zuordnungen) wird in den untersuchten Deutschbuchern sauberes

(Trink-)Wasser als wichtige Ressource thematisiert und der Wasserkreislauf be-

schrieben. In einem eigenen Kapitel “Wasser” im “Funkelsteine Lesebuch 3” greift

eine einzige Geschichte den Nachhaltigkeitsgedanken auf und behandelt das Thema

“sauberes Trinkwasser in Angola”.

102

Page 114: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.24.: Bucher mit Zuteilungen zur Kategorie “Ressourcen - Wasser”

Quelle: Eigene Darstellung.

8.8.4.2. Sachunterricht

Neben der Wasserversorgung und der Verwendung und Bedeutung von sauberem

(Trink-)Wasser fur alle (18 Zuordnungen) werden die Abwasserreinigung (acht Zu-

ordnungen), der Wasserkreislauf (vier Zuordnungen), die Nutzung von Brauchwasser

(drei Zuordnungen), sowie die Aggregatzustande von Wasser (eine Zuordnung) be-

handelt. Lediglich in funf Buchern werden die Kinder zu verantwortungsvollem,

sorgsamen Umgang mit Wasser aufgefordert.

8.8.4.3. Mathematik

Inhaltlich behandeln die zugeordneten Rechnungen den Wasserverbrauch durch

tropfende Wasserhahne, beim Duschen, Baden, der WC-Spulung oder dem Auto-

waschen. Zwei Aufgabenstellungen thematisieren die Regenwasser-Nutzung.

8.8.5. Rohsto"verbrauch, Knappheit und Verfugbarkeit

In keinem der 17 untersuchten Deutschbucher konnte eine Textstelle der Katego-

rie “Ressourcen - Rohsto"verbrauch, Knappheit und Verfugbarkeit” zugeordnet

werden. In sechs von 18 Sachunterrichtsbuchern wurden 13 Stellen zugeordnet, elf

davon in Buchern der vierten Klasse. In vier Mathematikbuchern der dritten und

vierten Klasse wurden funf Aufgabenstellungen dieser Kategorie zugeordnet (siehe

Abbildung 8.25).

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Page 115: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.25.: Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Ressourcen - Rohsto"-verbrauch, Knappheit und Verfugbarkeit”

Quelle: Eigene Darstellung.

8.8.5.1. Deutsch

In keinem der untersuchten Deutschbucher wurde das Thema Ressourcen oder

Ressourcenknappheit aufgegri"en.

8.8.5.2. Sachunterricht

Inhaltlich werden in den Sachunterrichtsbuchern insbesondere Holz, Kohle, Erdol

und Eisenerz als wichtige, beziehungsweise wertvolle Ressourcen vorgestellt (zehn

Zuordnungen), auf Endlichkeit, Verfugbarkeit oder Knappheit von sowohl nicht-

erneuerbaren als auch erneuerbaren Rohsto"en wird nur an vier Stellen hingewiesen,

“Tipi 4” ist das einzige untersuchte Buch, in dem an drei Stellen auf Endlichkeit

hingewiesen wird und diese auch explizit beschrieben wird. (siehe Abbildung 8.26)

8.8.5.3. Mathematik

In zwei der zugeordneten Aufgaben soll der Heizolverbrauch berechnet werden, in

zwei der Benzinverbrauch und in einer Aufgabe wird ein Vergleich aufgestellt, wie

lange man mit dem verbrauchten Treibsto" eines Verkehrsflugzeuges ein Einfamili-

enhaus heizen konnte. (siehe Abbildung 8.27)

104

Page 116: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.26.: Endlichkeit fossiler Ressourcen

Quelle: Tipi 4

Abbildung 8.27.: Vergleich Flugzeug - Heizung

Quelle: Alles klar 4

105

Page 117: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.28.: Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Soziale Nachhaltigkeit -Gender”

Quelle: Eigene Darstellung.

8.9. Soziale Nachhaltigkeit

8.9.1. Gender

In 16 von 17 Deutschbuchern wurden 66 Zuordnungen zur Kategorie “Soziale

Nachhaltigkeit - Gender” getro"en. In 14 von 18 Sachunterrichtsbuchern finden sich

49 Zuordnungen, wobei das Thema in der zweiten Schulstufe mit 29 Zuordnungen

am starksten vertreten ist. In vier von 19 Mathematikbuchern wurden funf Aufgaben

zugeordnet (siehe Abbildung 8.28). Auch in dieser Kategorie ist zu bedenken, dass

nicht nur Ausschnitte ausgewahlt wurden, die das Thema “positiv” - im Sinne einer

Orientierung an den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung - umsetzen, sondern

auch solche, in denen dies nicht geschieht, in denen beispielsweise stereotype

Geschlechterrollen verstarkt werden, anstatt sie aufzubrechen oder zur Diskussion

zu stellen.

8.9.1.1. Deutsch

Inhaltlich wird in den Deutschbuchern vor allem in den Themenfeldern “Berufe und

Berufswunsch” (30 Zuordnungen), “Hausarbeit” (zehn Zuordnungen), “Fasching

und Verkleidung” (acht Zuordnungen), sowie “Freizeitbeschaftigung” (acht Zuord-

nungen) zwischen Mannern/ Buben und Frauen/ Madchen unterschieden. In sieben

Buchern wird das Thema “Geschlechter-Stereotype und Gleichbehandlung von

Mannern und Frauen” ganz bewusst aufgegri"en und diskutiert. (siehe Abbildung

8.29)

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Page 118: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.29.: Klischees diskutieren

Quelle: Lilos Sprachbuch 4

In acht der untersuchten Bucher werden hingegen ganz klar Mannern und Frauen

geschlechtsspezifische Berufsgruppen und Faschingskostume, Hobbys und Hausarbei-

ten, und diesen Berufen und Rollen auch bestimmte Eigenschaften (schon, lieb, stark,

mutig), zugeschrieben. In sechs Buchern sind der Versuch und die Bemuhungen

zu erkennen, Klischees zu vermeiden und beispielsweise Berufe und Verkleidungen

geschlechtsneutral zu formulieren und darzustellen, und damit Gender-Stereotype

zu durchbrechen. Die oft nur in Ansatzen durchgesetzte Neutralitat wirkt jedoch

haufig eher aufgesetzt und unnaturlich und dient daher nur in Maßen dem Ziel,

bestehende Klischees zu durchbrechen, zu hinterfragen und zur Diskussion daruber

anzuregen.

8.9.1.2. Sachunterricht

Inhaltlich finden sich die Zuordnungen vor allem in den Themenbereichen “Berufe”

(35 Zuordnungen) und “Kindererziehung und Haushalt” (elf Zuordnungen). In

“Tipi 2 und 4” werden auf funf Seiten “beruhmte Forscherinnen” und ihr Wirken

vorgestellt. Wie in den Deutschbuchern ist auch in den Buchern des Faches Sachun-

terricht die Bemuhung zu erkennen, Berufe und Rollen im Haushalt nicht einzelnen

Geschlechtern zuzuordnen, wobei lediglich in den “Lasso Sachbuchern 2, 3 und 4”

die Berufe geschlechtsneutral formuliert wurden und in den anderen Buchern die

Berufe in mannlicher und weiblicher Form gemischt genannt oder dargestellt werden

und meist ein einzelner Beruf bewusst dem “untypischen” Geschlecht zugeordnet

wurde (Architektin auf einer klar mannlich dominierten Baustelle, Mechanikerin

oder Frisor als “untypische” Berufswahl). An sieben Stellen in sechs Buchern werden

die Themen Gleichberechtigung im Haushalt oder am Arbeitsmarkt, stereotype Rol-

lenverteilung und Unterschiede zwischen Mannern und Frauen explizit thematisiert

und diskutiert.

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Page 119: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.30.: Geschlechtsneutrale Aufgabenstellungen

Quelle: Matheblitz 4.

Abbildung 8.31.: Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Soziale Nachhaltigkeit -Generationen”

Quelle: Eigene Darstellung.

8.9.1.3. Mathematik

In vier Mathematikbuchern wurden funf Aufgaben der Kategorie “Soziale Nachhal-

tigkeit - Gender” zugeordnet, in denen bewusst geschlechtsspezifische Zuordnungen

aufgebrochen oder Aufgabenstellungen geschlechtsneutral formuliert werden (siehe

Abbildung 8.30).

8.9.2. Generationen

Das Thema Generationen wurde in funf von 17 Deutschbuchern der dritten und

vierten Klasse an elf Stellen angesprochen. In drei von 18 Sachunterrichtsbuchern

der zweiten bis vierten Klasse wird das Thema Generationen an sechs Stellen

aufgegri"en und in keinem der 19 Mathematikbucher wurde eine Aufgabenstellung

zum Thema “Soziale Nachhaltigkeit - Generationen” gefunden (siehe Abbildung

8.31).

8.9.2.1. Deutsch

Der Großteil der Texte (zehn Zuordnungen) in den untersuchten Deutschbuchern

beschrankt sich auf einen Vergleich von Schule/ Wohnen/ Haushalt/ Arbeit/

108

Page 120: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Einkaufen fruher und heute, was eine Diskussion uber Entwicklungen im Laufe

der Zeit und damit auch Schlusse auf zukunftige Entwicklungen anregen kann.

Nur in zwei Buchern werden die Kinder direkt aufgefordert, sich die Welt in 100

beziehungsweise 200 Jahren vorzustellen, das Thema Generationengerechtigkeit

oder Verantwortung gegenuber zukunftigen Generationen wird jedoch nicht explizit

angesprochen.

8.9.2.2. Sachunterricht

Auch in den untersuchten Sachunterrichtsbuchern beschranken sich die Themen auf

einen Vergleich von Umgebung, Technik und Wirtschaft fruher und heute und die

Frage nach Veranderungen im Zeitablauf. Auf die Zukunft oder eine Verantwortung

gegenuber zukunftigen Generationen wird in diesem Zusammenhang nicht Bezug

genommen.

8.9.2.3. Mathematik

In keinem Mathematikbuch wurde eine Zuordnung zur Kategorie “Soziale Nachhal-

tigkeit - Generationen” vorgenommen.

8.9.3. Nord-Sud-Beziehungen und Fair Trade

In sechs von 17 untersuchten Deutschbuchern der dritten und vierten Klasse wurden

22 Zuordnungen zur Kategorie “Soziale Nachhaltigkeit - Nord-Sud-Beziehungen

und Fair Trade” gemacht. In zehn von 18 untersuchten Buchern aus dem Fach

Sachunterricht der zweiten bis vierten Klasse wurden 15 Textstellen dieser Kategorie

zugeordnet, und in keinem der 19 untersuchten Mathematikbucher wurde eine

Aufgabenstellung zu diesem Thema gefunden (siehe Abbildung 8.32).

8.9.3.1. Deutsch

In den Texten in den untersuchten Deutschbuchern werden hauptsachlich andere

Lander und Kulturen vorgestellt (18 Zuordnungen), drei Texte befassen sich mit

Kinderrechten, nur eine Geschichte in “Lilos Sprachbuch 3” beschaftigt sich mit

fairem Handel mit Ka"ee.

8.9.3.2. Sachunterricht

Inhaltlich beschaftigen sich die Texte und Aufgaben in den Sachunterrichtsbuchern

insbesondere mit verschiedenen Kulturen (funf Zuordnungen) und der Kinderrechts-

konvention (sechs Zuordnungen). Weiters werden die Themen Hilfsbedurftigkeit

(zwei Zuordnungen) und Trinkwasser-Knappheit (zwei Zuordnungen) behandelt.

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Page 121: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.32.: Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Soziale Nachhaltigkeit -Nord-Sud-Beziehungen und Fair Trade”

Quelle: Eigene Darstellung.

Gerechte Verteilung zwischen dem reicheren globalen Norden und dem armeren glo-

balen Suden wird nicht, Fair Trade wird nur in einem Buch (“Tipi 4”) angesprochen

(siehe Abbildung 8.33).

8.9.3.3. Mathematik

Zum Thema Nord-Sud-Beziehungen wurde in keinem der untersuchten Mathema-

tikbucher eine Aufgabenstellung gefunden.

8.10. Umweltrisiken

Weder in den 17 untersuchten Deutschbuchern noch in den 19 untersuchten Ma-

thematikbuchern werden Umweltrisiken in irgendeiner Form angesprochen. Nur in

drei der 18 untersuchten Sachunterrichtsbucher fanden sich drei Textstellen, die

der Kategorie “Umweltrisiko” zugeordnet werden konnten (siehe Abbildung 8.34).

8.10.1. Sachunterricht

In nur drei von 18 untersuchten Sachunterrichtsbuchern werden an jeweils einer

Stelle Umweltrisiken kurz, und außerst oberflachlich, angesprochen:

• “Meine bunte Welt 2” verweist im Kapitel Mulltrennung auf “gefahrliche

Sto"e” und wie man diese erkennen kann (siehe Abbildung 8.35); der rich-

tige Umgang mit diesen Sto"en wird im Buch jedoch nicht behandelt, die

110

Page 122: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.33.: Fair Trade

Quelle: Tipi 4.

Abbildung 8.34.: Bucher mit Zuordnungen zur Kategorie “Umweltrisiken”

Quelle: Eigene Darstellung.

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Page 123: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

8. Ergebnisse der Schulbuchanalyse

Abbildung 8.35.: Gefahrliche Sto"e

Quelle: Meine bunte Welt 2

Abbildung 8.36.: Keine Atomkraft in Osterreich

Quelle: Minimondo 4

Darstellung konnte jedoch zumindest dazu anregen, naher auf dieses Thema

einzugehen, oder es im Unterricht zu diskutieren.

• “Meine bunte Welt 3” erwahnt im Kapitel “Wir nutzen die Krafte der Natur!”

auch die Atomenergie und erwahnt dazu lediglich: “Diese Energiequelle ist

gefahrlich!”

• “Minimondo 4” fragt im Kapitel “Stromerzeugung in Großkraftwerken” da-

nach, warum es in Osterreich keine Kernkraftwerke gibt (siehe Abbildung

8.36).

112

Page 124: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

9. Zusammengefasste Erkenntnisse

Nach der Beschreibung der relevanten Schulbuchinhalte im vorangegangenen Teil

werden in diesem Kapitel die an das Material herangetragenen Fragen (vgl. Kapi-

tel 7.1.2.5: Theoretische Di"erenzierung der Fragestellung) beantwortet, und die

Erkenntnisse bezuglich der Frage, inwieweit relevante Themen zur Erziehung zur

Nachhaltigkeit in den Schulbuchern der Volksschule bereits vorkommen, zusam-

mengefasst.

Abbildung 9.1 zeigt in einem Gesamtuberblick, wie sich die gesamten aus-

gewahlten Ausschnitte aus den untersuchten Schulbuchern auf die - fur eine Bildung

fur nachhaltige Entwicklung und einen Nachhaltigkeits-Diskurs relevanten - The-

mengebiete verteilen.

Da sich die Zuordnungen in dieser Untersuchung nicht auf Beispiele einer “positi-

ven” Umsetzung im Sinne einer Orientierung an den Zielen von BNE beschrankten,

sondern samtliche Textstellen und Abbildungen einer Kategorie zugeteilt wurden,

die inhaltlich einem bestimmten Themenfeld zugeordnet werden konnten, lasst

sich aus der Grafik 9.1 nicht zwangslaufig eine bereits erfolgreiche Umsetzung in

einigen Themenfeldern, sondern allenfalls die starke Vertretung bestimmter The-

menfelder und damit das Potential fur eine Umsetzung von Bildung fur nachhaltige

Entwicklung in den Schulbuchern, erkennen.

Aus dieser Grafik geht beispielsweise deutlich hervor, dass Mobilitat ein im

Alltag fest verankertes und im Schulbuch haufig vorkommendes Thema ist. Die

große Anzahl der Zuordnungen (insbesondere in den Mathematikbuchern) kann

jedoch leider nicht als besonders umfangreich behandeltes, geschweige denn als

ein an Nachhaltigkeitszielen orientiertes Thema, interpretiert werden. Die Anzahl

der Zuordnungen zeigt das BNE-Potential, das in den Schulbuchern steckt. Sehr

allgemein zusammengefasst lassen sich samtliche Themenfelder bezuglich ihrer

Bearbeitung in den untersuchten Schulbuchern in folgende zwei Gruppen einteilen:

• Themen, die zwar bereits im Schulbuch vertreten sind, deren Umsetzung und

Ausgestaltung in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte jedoch noch ausbaufahig

erscheinen: hierzu zahlen die Kategorien Mobilitat, Biodiversitat, Abfall

und Recycling, Konsum, Energie, Wasser und Gerechtigkeit zwischen den

Geschlechtern.

• Themen, die in den Schulbuchern fast garnicht vorkommen, bzw. deren

nachhaltigkeitsrelevanten Aspekte bisher nicht Eingang in die Schulbucher

113

Page 125: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

9. Zusammengefasste Erkenntnisse

Abbildung 9.1.: Verteilung samtlicher Zuordnungen auf Themengebiete/Kategorien

Quelle: Eigene Darstellung.

114

Page 126: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

9. Zusammengefasste Erkenntnisse

gefunden haben, hierzu zahlen die Kategorien Klimaschutz, Emissionen, Roh-

sto"e und Ressourcenverbrauch, Gewasser, Umweltrisiken und Gerechtigkeit

zwischen Generationen und Nord-Sud-Beziehungen.

Insbesondere Fragen, die sich auf globale, zeitverzogerte Gerechtigkeit beziehen

oder Risikofragen sind in der Volksschule naturlich auf die Entwicklung der Kinder

abzustimmen. Unter anderem David-Kunzli et. al. zeigen aber, dass bei entspre-

chender Aufbereitung auch diese Themen bereits in der Primarstufe aufgegri"en

und bearbeitet werden konnen.263

Die Analyseergebnisse lassen sich in den einzelnen Themenfeldern folgendermaßen

zusammenfassen:

• Biodiversitat ist mit insgesamt 226 Zuordnungen die am zweithaufigsten

ausgewahlte Kategorie (siehe Abbildung 9.1). Vor allem in den Deutsch- und

Sachunterrichtsbuchern der dritten und vierten Klasse werden verschiede-

ne Lebensraume und Okosysteme, und die darin vorkommenden Pflanzen

und Tiere, vorgestellt. Auf die okologische und soziale Bedeutung und die

Schutzwurdigkeit von biologischer Vielfalt, sowie auf bestehende Probleme,

wie beispielsweise die Zerstorung von Lebensraumen oder die Gefahrdung von

Nahrungsketten, oder auf konkrete Ansatze/ Handlungsmoglichkeiten zum

Erhalt der Artenvielfalt, wird nur vereinzelt eingegangen. Im Lehrplan fur

Mathematik ist die Bildungsaufgabe “Sachverhalte der Umwelt [...] mit Hilfe

von Zahlen, Großen und Operationen”264 erfassen zu konnen, festgeschrieben.

Als an Zielen einer nachhaltigen Entwicklung orientierte Umsetzung dieser

Bildungsaufgabe konnten zum Beispiel vermehrt Aufgabenstellungen in die

Mathematikbucher aufgenommen werden, die das Thema Biodiversitat be-

tre"en. In der vorliegenden Untersuchung konnten nur acht Rechenaufgaben

in funf Mathematikbuchern als solche Beispiele identifiziert werden.

• Als Emissionen wurden in dieser Untersuchung neben CO2 und anderen

an die Umwelt abgegebenen Sto"en auch Schallemissionen (Larm) erfasst.

Emissionen scheinen die Lebenswelt und den Alltag der Kinder nicht beson-

ders zu betre"en, denn das Thema wird in den untersuchten Schulbuchern

kaum direkt angesprochen und es wird auch nicht naher darauf eingegan-

gen, sondern lediglich in einigen Textausschnitten am Rande gestreift. In

den wenigen (neun von 54) Buchern, die das Thema Emissionen uberhaupt

ansprechen, wird es durchaus als problematisch, oder zumindest unangenehm

(Larm, Gestank) dargestellt. Gerausche und Geruche werden am haufigsten

behandelt, wobei nur in einem Deutschbuch naher auf das Thema Larm

eingegangen wird und konkrete Handlungs- und Mitgestaltungsmoglichkeiten

263Vgl. Kunzli David 2007.264Bundesministerium fur Unterricht, Kunst und Kultur 2010b, S. 145.

115

Page 127: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

9. Zusammengefasste Erkenntnisse

der Kinder (Au"orderungen an LarmverursacherInnen- bzw. verantwortliche)

aufgezeigt und erarbeitet werden. Kinder werden, wenn sie uberhaupt als

direkt betro"en dargestellt werden, großteils als “Opfer” der Emissionen

(Luftverschmutzung und Larm), jedoch nicht als aktive Verursacher oder

aktive Vermeider betrachtet. Neben dem erwahnten Deutschbuch nennt ein

einziges untersuchtes Sachunterrichtsbuch kindliche Mobilitat als Ursache fur

Luftverschmutzung und weist auf Alternativen (mit dem Rad fahren) hin.

• Das Thema Klimaschutz wird in nur zwei Sachunterrichtsbuchern explizit

angesprochen, wobei auch hier hauptsachlich einige Folgen der Erderwarmung

genannt werden. Wahrend in einem Buch als Ursache fur die Erderwarmung

“nach Meinung vieler Wissenschafter” nur die “Verbrennung fossiler Rohsto"e”

genannt wird, sollen im zweiten Buch die Ursachen fur den Klimawandel

von den SchulerInnen selbst erarbeitet werden. Nur in einem einzigen Buch

werden die Kinder auch dazu aufgefordert, sich Moglichkeiten fur ihren

eigenen “Beitrag zum Klimaschutz” zu uberlegen, “Rad fahren!” wird als

Beispiel angefuhrt. In Anbetracht der Tatsache, dass der Klimawandel seit

Jahren ein brennendes und in samtlichen Medien breit diskutiertes und stetig

an Bedeutung zunehmendes Thema darstellt,265 war dieses Untersuchungs-

Ergebnis mehr als uberraschend!

• In mehr als der Halfte der untersuchten Bucher, relativ gleich verteilt auf

die drei untersuchten Unterrichtsgegenstande, kommt Konsum in irgendei-

ner Weise vor, was auch auf die starke Verankerung des Themas im Alltag

der Kinder verweist. In deutlich weniger Buchern (hauptsachlich in Sach-

unterrichtsbuchern) wird Konsum explizit thematisiert. Die Aspekte einer

nachhaltigen Konsum-Entwicklung (Zusammenhange mit anderen Bereichen

erkennen, Konsumverzicht, Regionalitat, Saisonalitat, Qualitat statt Quan-

titat, fairer Handel, etc.) werden kaum angesprochen und vor allem wird

nicht naher darauf eingegangen. Auch alternative Handlungsmoglichkeiten

der Kinder im Bereich Konsum werden kaum angesprochen. Einige Deutsch-

und Sachunterrichtsbucher verweisen zumindest darauf, dass man auch oh-

ne Konsum Freude bereiten kann bzw. regen zu uberlegtem/ bewusstem

Konsum an. In den wenigen Buchern, in denen den Kindern Moglichkeiten

aufgezeigt werden, wie sie (und ihre Eltern) auch selbst nachhaltig konsumie-

ren konnen, werden sie jedoch nicht auf deren Vorteile bzw. die weitreichenden

und vielfaltigen Folgen/ Auswirkungen/ Konsequenzen eines solchen nachhal-

tigen (oder auch nicht-nachhaltigen) Konsumverhaltens aufmerksam gemacht.

Nur in einem von 18 untersuchten Sachunterrichtsbuchern wird explizit der

Zusammenhang von Umwelt und Wirtschaft, Regionalitat, Saisonalitat sowie

265Vgl. Kruse 2011.

116

Page 128: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

9. Zusammengefasste Erkenntnisse

bewusstem Konsum hingewiesen. Aber auch in diesem Buch wird der Konsum

von regionalen Lebensmitteln nicht als eine im Alltag der Kinder vorhandene

Moglichkeit, sondern als eher abstraktes Phanomen dargestellt, wenn es heißt:

”Es gibt Vereine, deren Mitglieder wollen [Hervorhebung durch den Verfasser],

dass nur regionale Lebensmittel angeboten werden. Es ist ihnen [Hervorhe-

bung durch den Verfasser] wichtig, Lebensmittel zu sich zu nehmen, die in

ihrer Umgebung angebaut werden.” Auch die Vorteile von biologisch angebau-

ten Lebensmitteln werden lediglich in einem Sachunterrichtsbuch genannt. Fur

mathematische Aufgabenstellungen bietet sich das Thema Konsum naturlich

geradezu an. Rechenaufgaben, die einen nachhaltigen Konsum betre"en, etwa

ein Vergleich des Energieverbrauchs von Haushaltsgeraten oder des Treibsto"-

verbrauchs von Verkehrsmitteln, einfache Investitionsrechnungen am Beispiel

von in der Anscha"ung teureren Energiesparlampen, Berechnungen uber die

Einsparungen durch Gemeinschaftsnutzungen, etc. wurden in keinem Buch

gefunden. Auch ware es ein Leichtes, die au"allend haufigen Darstellungen von

nicht-umweltfreundlichen Lebensmittel- und Getrankegebinden zum Beispiel

durch Glasflaschen oder nicht-verpackte Lebensmittel zu ersetzen (an der

Rechnung andert sich nichts, ob Pfirsichdosen oder Apfel addiert werden!).

• Mobilitat stellt die Kategorie mit den meisten Zuordnungen dar, was auf

eine große Rolle im Alltag und der Lebenswelt der Kinder verweist. Der

uberwiegende Teil der Zuordnungen fallt mit 34 Prozent auf den rein motori-

sierten Individualverkehr. Mit 21 Prozent auf nicht-motorisierte, 20 Prozent

auf o"entliche und 18 Prozent auf gemischte Verkehrsteilnehmer sind die

restlichen Zuordnungen relativ gleich verteilt (siehe Abbildung 8.13). Die Nach-

haltigkeitskomponente von Mobilitat wird jedoch kaum explizit angesprochen.

Nur vereinzelt werden Vor- und Nachteile verschiedener Verkehrsmittel bespro-

chen, lernen die Kinder, sich auf dem Bahnhof zurechtzufinden oder Fahrplane

zu lesen. Verkehrsvermeidung wird nicht angesprochen, auch auf die bedeuten-

de Rolle, die Mobilitat im Rahmen einer nachhaltigen Entwicklung einnimmt,

und das große Potential, das damit auch im eigenen Mobilitatsverhalten liegt,

werden die Kinder nicht aufmerksam gemacht. In den Mathematikbuchern,

in denen Mobilitat das Thema mit den meisten Zuordnungen darstellt, fehlen

alltagsrelevante und handlungsorientierte Aufgabenstellungen, in denen zum

Beispiel das optimale/gunstigste Ticket, der Treibsto"verbrauch oder die

CO2-Reduktion verschiedener Mobilitatsvarianten berechnet werden.

• Abfall und Recycling ist eines der wenigen nachhaltigkeitsrelevanten The-

men, das explizit in beinahe allen Sachunterrichtsbuchern behandelt wird.

Mulltrennung und richtiges Entsorgen sind jene Aspekte, die am haufigsten

angesprochen werden, wobei der Nutzen von Mulltrennung oft nicht deutlich

117

Page 129: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

9. Zusammengefasste Erkenntnisse

dargestellt wird bzw. nur vereinzelt ein Zusammenhang zwischen Abfall/

Recycling und Rohsto"- bzw. Energieverbrauch oder Boden-, Wasser- und

Luftbelastung hergestellt wird. Nur vereinzelt wird explizit auf die Themen

Mullvermeidung, Wieder- und Weiterverwendung, Recycling oder Problem-

sto"e eingegangen. Auch einige (sieben von 17) Deutschbucher greifen das

Thema auf. Aber auch hier wird den Kindern zwar die Mull-Thematik als

problematisch beschrieben, auch werden die Kinder großtenteils dazu angelei-

tet, den Mull zu trennen und richtig zu entsorgen, auf Mullvermeidung durch

geandertes Konsumverhalten (”Wegwerfgesellschaft”), Reparatur oder Wieder-

und Weiterverwendung werden die Kinder jedoch nur in zwei Deutschbuchern

hingewiesen. In den Mathematikbuchern (in denen ebenfalls viele Zuordnun-

gen getro"en wurden) zeigt sich leider nur in drei Buchern, wie mit Abfall-

und Recycling-Daten nachhaltigkeitsrelevante Rechenaufgaben gestellt, und

damit konkretes Wissen vermittelt und Bewusstseinsscha"ung umgesetzt

werden konnen. Der Großteil der Zuordnungen in den Mathematikbuchern

zeigt jedoch lediglich, dass (vor allem bildlich dargestellter) Verpackungsmull

ein im Alltag der Kinder (und damit auch in den Schulbuchern) regelmaßig

vorkommendes Thema darstellt. Durch einfaches Austauschen einiger Bilder

oder Bezeichnungen (Frischobst statt Dosenfruchten, Mehrwegflaschen statt

Getrankedosen, etc.) konnte in den Mathematikbuchern beispielsweise eine -

zumindest im Schulbuch bereits realisierte - verpackungsarme “Mehrweg-Welt”

dargestellt werden.

• Wahrend in zwei Drittel der Sachunterrichtsbucher das Thema Energie

zwar behandelt wird, Nachhaltigkeitsaspekte jedoch auch hierbei weitestge-

hend fehlen, kommt es in den Deutschbuchern kaum vor. Auch die wenigen

Deutschbucher (vier von 17), in denen das Thema aufgegri"en und elektri-

scher Strom durchgehend als bedeutsam dargestellt wird (vor allem durch

Stromausfall-Geschichten), orientieren sich nicht an den Zielen einer nachhalti-

gen Entwicklung (sparsamer Umgang mit Energie, erneuerbare Energieformen

bevorzugen, etc.) Nur ein einziger Satz in einem Deutschbuch fragt, wie “mit

Strom sparsamer umgegangen werden kann”, wobei durch diese sehr allgemei-

ne Formulierung die Kinder weder explizit angesprochen, noch zu sparsamen

Gebrauch angeregt werden. Auf Stromerzeugung oder allgemeine Aspekte der

Energiegewinnung (Ressourcenverbrauch, Umweltbelastung, Umweltrisiken,

Grenzen erneuerbarer Energiequellen, etc.) wird in keinem der untersuchten

Deutschbucher eingegangen.

Wie in den Deutschbuchern, wird auch in den Sachunterrichtsbuchern zum

Thema Energie vor allem dem elektrischen Strom eine große Bedeutung

zugeschrieben. Da Batterien und die Gefahren von Strom die Lebenswelt

der Kinder scheinbar am ehesten betre"en, wurden diese Themen schwer-

118

Page 130: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

9. Zusammengefasste Erkenntnisse

punktmaßig behandelt, auf Akkumulatoren oder die richtige Entsorgung von

Batterien wurde nur vereinzelt eingegangen. In den Buchern der dritten und

vierten Klasse wird auch die Energiegewinnung besprochen, wobei in diesem

Zusammenhang großtenteils auch erneuerbare Energieformen genannt, aber

oft nicht naher behandelt werden. Energieverbrauch und wichtige Aspekte

einer nachhaltigen Energienutzung werden nur vereinzelt thematisiert und

auch konkrete Handlungsmoglichkeiten oder Einsparpotentiale - insbesondere

fur die Kinder selbst bzw. deren Eltern, wie beispielsweise richtiges Heiz- und

Luftverhalten, bewusste Haushaltsfuhrung oder die Vermeidung von Stand-

By-Betrieb - werden nur vereinzelt genannt oder erarbeitet: dem individuellen

Energiesparen wird, so scheint es, in den Schulbuchern kein gesellschaftlicher

Wert zugestanden.

In allen 19 untersuchten Mathematikbuchern fehlt das Thema ganzlich; Be-

rechnungen zu Energieverbrauch oder Einsparpotential waren mogliche Bei-

spiele fur eine alltags- und handlungsorientierte Umsetzung der BNE im

Bereich Energie in den Mathematikbuchern.

• Gewasser werden in den untersuchten Schulbuchern zwar als Lebensraum

von Tieren und Pflanzen, im Gegensatz zu Trinkwasser jedoch kaum als wich-

tige, schutzenswerte Ressource wahrgenommen bzw. dargestellt. Lediglich in

acht von 54 Buchern werden Flusse, Seen und Meere vereinzelt als Transport-

wege, Erholungs- und Siedlungsraume oder Energielieferanten erwahnt, ohne

dass naher darauf eingegangen wird. Nur in einem einzigen Buch werden

verschmutzte Seen und Gewasserschutz angesprochen. Viele Themen wie

Uberfischung, Vermullung, Schadsto"belastung oder Verbauung der Gewasser

oder auch konkrete Handlungsalternativen, wie beispielsweise den Kauf von

nachhaltig gefischtem Fisch, werden nicht behandelt.

• In zwei Drittel der untersuchten Sachunterrichtsbucher, aber nur in drei

bzw. sechs Deutsch- und Mathematikbuchern wird sauberes Trinkwasser

durchgehend als wertvoll und bedeutend thematisiert. Vereinzelt wird unter

dem Stichwort ”sauberes Trinkwaser fur alle” auch auf Verteilungs- und

Knappheits-Aspekte eingegangen. In einigen Sachunterrichtsbuchern wird

außerdem die Wasserversorung und Abwasserreinigung angesprochen. Zu

einem sorgsamen Umgang mit Wasser werden die Kinder jedoch nur in funf

Buchern explizit aufgefordert. Die sechs Mathematikbucher, in denen das

Thema im Rahmen von Rechnungen zum Wasserverbrauch aufgegri"en wird,

zeigen, wie die Umsetzung von BNE im Bereich Wasser aussehen konnte.

• Nur in einem Drittel der 18 untersuchten Sachunterrichtsbucher werden Roh-

sto!e in irgendeiner Weise behandelt, wobei auch hier nur verschiedene

Rohsto"e vorgestellt werden. Auf Endlichkeit, Verfugbarkeit oder Knappheit

119

Page 131: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

9. Zusammengefasste Erkenntnisse

wird nur in einem einzigen der untersuchten Sachunterrichtsbucher hingewie-

sen. Alternative Handlungsmoglichkeiten fur einen bewussten Umgang mit

Ressourcen - wie etwa Reparatur und Recycling, Gemeinschaftsnutzungen

oder die Bevorzugung von Gutern aus erneuerbaren Rohsto"en - werden

jedoch auch in diesem Buch nicht aufgezeigt. In den Deutschbuchern wurde

das Thema uberhaupt nicht aufgegri"en, und auch in den vier Mathema-

tikbuchern, in denen Aufgaben zur Thematik vorkommen, wurde zwar der

Verbrauch verschiedener Ressourcen berechnet, auf Aspekte einer nachhalti-

gen Nutzung dieser wurde jedoch nicht hingewiesen.

• Schulbucher sollten nicht nur eine geschlechtergerechte Sprache verwenden,

sondern auch auf bestehende Klischees, Ungerechtigkeiten und Diskrimi-

nierungen hinweisen, Normen und Rollenbilder hinterfragen und diese zur

Diskussion stellen.266 Vor allem in den untersuchten Deutsch- und Sachunter-

richtsbuchern, vereinzelt auch in Mathematikbuchern, sind die Bemuhungen

zu erkennen, das Thema Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern in

die Schulbucher einfließen zu lassen, stereotype Rollenbilder und Gender-

Zuschreibungen zu hinterfragen und Klischees aufzubrechen. Dies geschieht

jedoch bei weitem nicht durchgangig: nur sieben Deutschbucher und sechs

Sachunterrichtsbucher greifen das Thema explizit auf.

• Das Thema Gerechtigkeit zwischen den Generationen bzw. Verantwor-

tung gegenuber zukunftigen Generationen wurde in keinem der 54 unter-

suchten Schulbucher explizit behandelt. Acht Schulbucher (funf aus dem

Fach Deutsch und drei aus dem Fach Sachunterricht) stellen lediglich in

verschiedenen Lebensbereichen einen Vergleich von fruher und heute her, der

auf eine Veranderung oder Entwicklung im Zeitablauf hinweist. In nur zwei

Buchern werden die Kinder angeregt, sich die Welt in 100 bzw. 200 Jahren

vorzustellen. Dabei vereinigen sich in diesem Thema zwei wesentliche Grund-

elemente einer Bildung fur nachhaltige Entwicklung: erstens orientiert sich

die Idee der Nachhaltigkeit nicht an dusteren Katastrophenszenarien, sondern

stellt vielmehr die konstruktive, optimistische Frage nach einer erwunschten,

angestrebten Zukunft unserer Welt und den Weg, die Entwicklung dort hin

in ihren Mittelpunkt. Daraus muss zweitens die Erkenntnis abgeleitet werden,

dass unsere gegenwartigen Entscheidungen und Handlungen Auswirkungen

auf die Umwelt als Lebensgrundlage des Menschen, auf andere Menschen auf

der Welt und auch auf die Moglichkeiten zukunftiger Generationen haben, und

deshalb jedeR verantwortungsbewusst handeln muss. Unter anderem durch

das Thematisieren und Aufzeigen von Auswirkungen verschiedener Hand-

lungsoptionen sollten die Kinder lernen, die Folgen ihrer Verhaltensweisen

266Vgl. Markom und Weinhaupl 2007, S. 229 f.

120

Page 132: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

9. Zusammengefasste Erkenntnisse

auf lokaler und globaler sowie auch auf zukunftige Generationen abschatzen

und beurteilen zu konnen.267

• Die gleiche Grundidee wird auch in der Frage nach einer globalen (Verteilungs-

) Gerechtigkeit angesprochen. Wahrend in sechs von 17 untersuchten

Deutschbuchern und in zehn von 18 untersuchten Sachunterrichtsbuchern

hauptsachlich andere Lander und Kulturen vorgestellt werden, greift kein

einziges Mathematikbuch dieses Thema auf. Grundsatzlich wird in den we-

nigen Buchern, die die Nord-Sud-Thematik uberhaupt ansprechen, ein sehr

eurozentristisches Bild gepragt: arme, fremde Menschen (insbesondere Kin-

der) bedurfen “unserer” Hilfe. Gerechte Verteilung zwischen dem reicheren

globalen Norden und dem armeren globalen Suden, der Zusammenhang zwi-

schen unserem Konsumverhalten und den Folgen fur Menschen uberall auf

der Welt (Beispiel Billigprodukte und deren Herstellungsbedingungen) und

die damit einhergehende Verantwortung werden in den Schulbuchern nicht

thematisiert. Globalisierter und vor allem fairer Handel werden nur in einem

einzigen Deutschbuch und in einem Sachunterrichtsbuch explizit erwahnt.

• Das Thema Umweltrisiko oder die Frage nach vertretbaren Risiken wird in

nur drei von 54 untersuchten Buchern der Volksschule in jeweils einem Satz

angesprochen, was vermutlich darauf zuruckzufuhren ist, dass diese Thematik

die Lebenswelt der Kinder scheinbar nicht betri"t. In zwei Buchern werden

Atomkraftwerke erwahnt, im dritten Buch werden die Kinder im Zusammen-

hang mit Mull auf ”gefahrliche Sto"e” aufmerksam gemacht. Das Aufgreifen

von Umweltrisiken auch in der Primarstufe soll nicht die Angste der Kinder

schuren, vielmehr sollen die Kinder im Rahmen einer erfolgreichen Bildung

fur nachhaltige Entwicklung die Moglichkeit erhalten, sich mit verschiedenen

Risiken und der Frage nach vertretbarem oder nicht-vertretbarem Risiko

auseinanderzusetzen. Andererseits sollen “positive Entwicklungsmoglichkeiten

und Chancen fur eine Eigeninitiative auch dort aufgezeigt [werden], wo der

Handlungsspielraum gering erscheint”.268 Denn Volksschulkinder sind zwar

nicht unmittelbar in ihrem Alltag mit Themen wie Atom-, Tanker- oder Che-

mieunfallen betro"en, aber sie sind auch nicht ganzlich unberuhrt davon, da

sie beispielsweise auch die in den Massenmedien gefuhrten Debatten (insbeson-

dere nach Unfallen wie dem in Fukushima oder der Olpest im Golf von Mexiko)

mitbekommen. Durch behutsames, altersgerechtes Aufgreifen und Erarbeiten

konnen die Kinder lernen, auch mit solch schwierigen Fragen umzugehen.

Auch in ihrem “didaktischen Leitfaden zur Veranderung des Unterrichts in

der Primarschule” weisen Kunzli David et.al. darauf hin, dass sich weniger die

267Vgl. Kunzli David et al. 2008, S. 9.268De Haan 2009, S. 21.

121

Page 133: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

9. Zusammengefasste Erkenntnisse

Frage stellt, “ob Kinder mit problematischen Situationen konfrontiert werden

durfen, sondern vielmehr, auf welche Art solche Themen in den Unterricht

aufgenommen und thematisiert, sowie welche Bewaltigungsmoglichkeiten den

Kindern geboten werden.”269

269Kunzli David et al. 2008, S. 6.

122

Page 134: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

10. Fazit und Anregungen

Um die okologischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensgrundlagen der Mensch-

heit auf Dauer zu sichern und allen Menschen die Moglichkeit fur ein erfulltes,

gleichberechtigtes Leben auch in Zukunft zu erhalten, wurde vor nunmehr 25 Jah-

ren das Konzept einer nachhaltigen Entwicklung ausgearbeitet. Okonomische und

okologische Vertraglichkeit, sowie soziokulturelle Gerechtigkeit werden in diesem

Ansatz als einander beeinflussend und bedingend angesehen. Eine erfolgreiche

Umsetzung einer zukunftsfahigen Entwicklung, durch die die Bedurfnisse heutiger

Generationen befriedigt werden konnen, ohne die Bedurfnisbefriedigung zukunftiger

Generationen zu schmalern, kann nach Ansicht vieler ExpertInnen nur im Zusam-

menspiel der drei Umsetzungsstrategien E!zienz, Konsistenz und Su!zienz erfolgen.

Die große Herausforderung liegt jedoch in der Umsetzung dieser zukunftsweisenden

Theorie in die gelebte Praxis und die Integration der Nachhaltigkeitsprinzipien in

das Bewusstsein und das Handeln der Menschen. Wahrend weitgehende Einigkeit

daruber besteht, dass eine weltweite nachhaltige Lebensfuhrung ein zentraler An-

satz ist, um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen, herrscht Uneinigkeit

daruber, wie dieses komplexe Konzept am e"ektivsten in die Realitat umgesetzt

werden kann.

Ausgehend von der begrundeten Annahme, dass die Einfuhrung und Umset-

zung der drei in Kapitel 2.2 besprochenen Umsetzungsstrategien - und damit das

Gelingen dieses Veranderungsprozesses - nur mit entsprechend weitreichenden Ver-

haltensanderungen der Bevolkerung gelingen kann, wurden eine Reihe von Faktoren

identifiziert, die das individuelle Verhalten beeinflussen. Matthies beschreibt in

ihrem Handlungsmodell (siehe Kapitel 3.3) vor allem folgende Einflussfaktoren

auf umweltgerechtes oder umweltschadliches Verhalten: Bewusstheit des Umwelt-

problems, Bewusstheit der Relevanz des eigenen Verhaltens, Bewusstheit eigener

Fahigkeiten, personliche und soziale Normen, sowie Verhaltensgewohnheiten. Sowohl

die von Matthies beschriebenen kognitiven Wissens- und Bewusstseinsfaktoren, als

auch die handlungsleitenden subjektiven und sozialen Werte und Normen werden im

Rahmen von Sozialisation und Bildung gelernt und an die nachsten Generationen

weitergegeben. Damit lasst sich auch erklaren, warum bei der Umsetzung einer

nachhaltigen Entwicklung dem Bildungssystem auf allen Ebenen eine so bedeutende

Rolle zugeschrieben wird, was auch mit der von 2005 bis 2014 laufenden UN-Dekade

“Bildung fur nachhaltige Entwicklung” zum Ausdruck gebracht wird.

123

Page 135: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

10. Fazit und Anregungen

Eine wichtige Institution, in der ein Grundstein unserer Sozialisation gesetzt

wird, ist die Volksschule, durch die der Staat ein großes Einflusspotential fur die

Mitgestaltung einer sich an Nachhaltigkeitszielen orientierenden”neuen Generation“

hat. Die vorherrschenden gesellschaftlichen Normen und Selbstverstandlichkeiten

werden einerseits in den Schulbuchern abgebildet, die Schulbucher wirken anderer-

seits aber als Vermittlungsmedium auch auf die Entstehung und Festigung neuer

Normen, und damit auf das Handeln der Menschen.

Ziel dieser Arbeit war es, zu untersuchen, welche Rolle die Volksschulen im

Rahmen von Bildung fur nachhaltige Entwicklung (BNE) spielen und welchen

Beitrag Schulbucher zur Erreichung dieser Ziele bereits leisten, beziehungsweise

abzuschatzen, welchen Beitrag sie leisten konnten. Die Ziele einer BNE beziehen

sich naturlich nicht allein auf die Bildungswirkung von Schulbuchern. Die Ver-

antwortung fur die Umsetzung derartiger BNE-Initiativen liegt einerseits beim

individuellen Engagement der Lehrkrafte, vor allem aber auch in der staatlichen

Verpflichtung, welche sich neben der Entwicklung von strukturellen Maßnahmen

oder der LehrerInnenausbildung unter anderem durch die Bereitstellung entspre-

chender Lehrmaterialien widerspiegelt. An der enormen Reichweite, dem Umstand,

dass nur staatlich geprufte Werke zur Verfugung gestellt werden, und an der immer

noch wichtigen Rolle, die das Schulbuch im Lehr- und Lernalltag spielt, lasst sich

das große Potential erkennen, das dieses Vermittlungsmedium zu einer erfolgreichen

Umsetzung von BNE beitragen kann.

Die vorliegende Arbeit zeigt leider, dass dieses enorme Potential noch nicht

ausgeschopft wird. Hierfur wurden die im Lehrplan festgelegten und von o"entlicher

Hand mittels Schulbuch bereitgestellten Lehrinhalte zum Thema Nachhaltigkeit

naher betrachtet. Da kein inhaltlicher Kriterien- oder Anforderungskatalog besteht,

der beschreibt, was BNE alles behandeln oder beinhalten sollte, oder wie diese

Themenfelder umgesetzt werden sollten, um einer BNE zu genugen, wurde hier

lediglich versucht, Themenbereiche aus dem Konzept der Nachhaltigkeit abzuleiten

und das Vorhandensein dieser Themen in den Schulbuchern untersucht. Die Unter-

suchung beschrankte sich nicht auf Beispiele einer “positiven” Umsetzung im Sinne

einer Orientierung an den Zielen von BNE, sondern es wurden samtliche Textstel-

len und Abbildungen einer Kategorie zugeteilt, die inhaltlich einem bestimmten

Themenfeld zugeordnet werden konnten. Daran lasst sich das in den Schulbuchern

vorhandene Potential fur eine Umsetzung von Bildung fur nachhaltige Entwicklung

erkennen, da es sich an vielen Stellen in den Buchern anbieten wurde, Aspekte

einer nachhaltigen Entwicklung einfließen zu lassen beziehungsweise einen Bezug zu

Nachhaltigkeit erlauben wurden. Was die Ausschopfung dieses Potentials betri"t,

kann folgendes festgehalten werden: Wahrend in manchen Bereichen (beispielsweise

bei den Themen Mulltrennung oder Trinkwasser) Ansatze vorhanden sind, Themen-

komplexe nachhaltig umzusetzen und aufzubereiten, fehlen andere Themen vollig.

124

Page 136: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

10. Fazit und Anregungen

Sehr allgemein zusammengefasst lassen sich samtliche Themenfelder bezuglich ihrer

Bearbeitung in den untersuchten Schulbuchern in folgende zwei Gruppen einteilen:

• Themen, die zwar bereits im Schulbuch vertreten sind, deren Umsetzung und

Ausgestaltung in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte jedoch noch ausbaufahig

erscheinen und die leider nicht als durchgangig gelungene BNE bezeichnet

werden konnen. Hierzu zahlen die Kategorien Mobilitat, Biodiversitat, Abfall

und Recycling, Konsum, Energie, Wasser und Gerechtigkeit zwischen den

Geschlechtern. Hier zeigt sich, dass einige nachhaltigkeitsrelevante Themen-

felder, wie Mobilitat, Biodiversitat oder Konsum, im Alltag fest verankerte

und im Schulbuch haufig vorkommende Themen sind. Da diese Themen auch

unmittelbar im Alltag der Kinder Bedeutung haben, waren sie besonders

geeignet, einen personlichen Bezug zum eigenen Leben und eine bewusste

Auseinandersetzung mit dem eigenen Verhalten und der direkten Handlungs-

relevanz des Gelernten herzustellen und konkrete Handlungsalternativen sowie

verschiedene Folgewirkungen, Zusammenhange und Konsequenzen der einzel-

nen Handlungsmoglichkeiten aufzuzeigen. Auch dies sind Aspekte, die bisher

kaum in den Schulbuchern aufgegri"en werden. Vielmehr beschrankt sich

der Großteil der Ausschnitte, in denen Nachhaltigkeitsaspekte aufgegri"en

werden, auf reine Informationsvermittlung. Der verschwindend geringe An-

teil an aufgezeigten Bezugen zum individuellen kindlichen Alltag, sowie das

Aufzeigen und Erarbeiten von Handlungsalternativen und deren Folgen und

Wirkungen sind stark zu kritisieren, da gerade das Bewusstsein uber eigene

Einflussmoglichkeiten und deren Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit als wichtige,

handlungsmitentscheidende Faktoren gelten (siehe Kapitel 4.1).

Wahrend bei einigen Themen zwar bereits ein Bemuhen erkennbar ist, die

Aufbereitung starker an Zielen einer nachhaltigen Entwicklung zu orientie-

ren (zum Beispiel im Bereich Genderneutralitat), fehlt das Aufgreifen von

Nachhaltigkeitsaspekten in anderen Bereichen beinahe vollig (zum Beispiel

im sehr haufig vorkommenden Bereich Mobilitat). Ein weiterer Kritikpunkt

bezieht sich auf die Konzentration auf E!zienz- und Konsistenzansatze

(beispielsweise “Rad statt Auto” oder Mulltrennung), Su!zienz- oder Ver-

meidungsansatze (Mobilitats-, Abfall-, Emissions- oder Konsumvermeidung)

werden kaum angesprochen.

• Die zweite Gruppe stellen Themengebiete dar, die bisher kaum Eingang in

die Schulbuchern gefunden haben. Hierzu zahlen die Kategorien Klimaschutz,

Emissionen, Rohsto"e und Ressourcenverbrauch, Gewasser, Umweltrisiken

und Gerechtigkeit zwischen Generationen und Nord-Sud-Beziehungen. Dass

nicht einmal die seit vielen Jahren bzw. Jahrzehnten hochaktuellen Themen

Klimaschutz, Gerechtigkeit zwischen Generationen oder Auswirkungen unse-

125

Page 137: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

10. Fazit und Anregungen

res globalisierten Lebensstandards in den Schulbuchern Beachtung finden, ist

meiner Meinung nach nicht nachvollziehbar und stark zu kritisieren.

Die Untersuchungsergebnisse zeigen leider, dass die im Vorfeld aufgestellte Hypothe-

se, wonach nachhaltigkeitsrelevante Themen in den meistverwendeten Schulbuchern

der Volksschule nur wenig behandelt werden und die Umsetzung von BNE somit

großteils vom Engagement der Lehrkrafte abhangig ist, in weiten Teilen bestatigt

wird. Dem großen Thema Nachhaltigkeit wurde in den untersuchten Buchern leider

sehr wenig Bedeutung beigemessen, und die von vielen Seiten und auch von Regie-

rungen und der UN geforderte Bildung fur nachhaltige Entwicklung scheint in den

Schulbuchern der Volksschulen noch nicht angekommen zu sein, was angesichts der

globalen Entwicklungen außerst bedenklich erscheint.

Viele engagierte LehrerInnen praktizieren BNE bereits seit Jahren, sie werden

jedoch durch die staatlich finanzierten und bereitgestellten Schulbucher kaum dabei

unterstutzt. Vielmehr muss sich jedeR einzelne um eigenes Lehrmaterial bemuhen.

Von vielen Organisationen werden Materialien zu spezifischen Themen angeboten,

ein Schulbuch, das sich durchgangig an den Zielen von BNE orientiert existiert

jedoch leider immer noch nicht.

Das gesamte Konzept der nachhaltigen Entwicklung, und damit auch das Konzept

der Bildung fur nachhaltige Entwicklung ist außerst komplex, vielschichtig und weit-

reichend. Ein so komplexes Entwicklungskonzept in die Praxis umzusetzen und in

die Schulen und Schulbucher zu bringen ist kein leichtes Unterfangen und erscheint

beinahe unmoglich. Insbesondere wenn man berucksichtigt, dass BNE nicht darauf

bedacht ist, bestimmte Handlungsanweisungen zu geben oder zwischen gutem und

schlechtem Handeln zu unterscheiden. Vielmehr sollen der Entwicklungsprozess,

die Reflexion und Diskussion, sowie die Mitentscheidung und -gestaltung im Vor-

dergrund stehen. Doch gerade um so einen konstruktiven Diskurs zu ermoglichen,

ist es notwendig, dass verschiedene Handlungsalternativen mitsamt ihrer Vor- und

Nachteile, sowie ihrer lokalen, globalen, zeitversetzten, etc. Folgen und Auswir-

kungen aufgezeigt und zur Diskussion gestellt werden. Konkret bedeutet dies zum

Beispiel, den Kindern nicht aufzutragen, nur noch Bio- Lebensmittel zu kaufen, son-

dern ihnen die verschiedenen Alternativen vorzustellen und zur Reflexion daruber

anzuregen. Erst wenn die Unterschiede zwischen regionaler, industrieller und biolo-

gischer Landwirtschaft bekannt sind, konnen beispielsweise die Auswirkungen des

eigenen Obsteinkaufes reflektiert und beurteilt werden. Weiters ware es wichtig,

diese aufgezeigten Mitentscheidungs-, Mitgestaltungs- und Handlungsmoglichkeiten

als tatsachlich im Alltag verfugbare und auch fur die Kinder und deren Eltern

anwendbare Alternativen darzustellen. Biologische Lebensmittel sollten beispiels-

weise nicht etwas sein, das irgendwo irgendjemand beim Einkaufen bevorzugt. Auch

Wieder- und Weiterverwendung oder Gemeinschaftsnutzungen sollten nicht als

ferne, abstrakte Alternativen sondern als alltagliche, auch von den Kindern umsetz-

126

Page 138: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

10. Fazit und Anregungen

bare Handlungsmoglichkeiten dargestellt werden, um nur einige Beispiele zu nennen.

In dieser Weise konnten in beinahe allen Themenfeldern Nachhaltigkeitsaspekte mit

einfließen, wie dies erstens im Verstandnis von nachhaltiger Entwicklung gedacht

und zweitens durch die facherubergreifenden, ganzheitlichen Unterrichtsprinzipien

im Lehrplan auch gefordert wird. Auch wenn die Volksschule nur einen Teil - als

Basisbildung jedoch einen sehr wesentlichen und vor allem fur das spatere Leben

der Kinder sehr pragenden Teil - zur gesamten Bildungsarbeit beitragt, und auch

wenn das Schulbuch nur einen Teil des schulischen Angebotes darstellt, so ware

es doch wunschenswert, wenn diese vom Staat bereitgestellten Materialien und

Lehrbucher die engagierten LehrerInnen in ihrer Arbeit unterstutzen, und die noch

nicht an Nachhaltigkeit interessierten Lehrkrafte zumindest zur Umsetzung von

BNE anregen wurden.

Auch die Lenkung der kostenlos zur Verfugung gestellten Schulbucher durch die

Approbationskommission stellt einen wichtigen Aspekt dar. So konnte etwa ein

Kriterien- oder Anforderungskatalog bezuglich BNE-relevanter Inhalte erstellt

werden, dessen Umsetzung im Schulbuch eine Voraussetzung fur die positive Ap-

probation darstellt. Ein derartiger Kriterienkatalog wurde einerseits uber das

Approbationsverfahren ein Mindestmaß an BNE oder gewisse BNE-Standards in

den eingesetzten Schulbuchern garantieren, und ware andererseits eine Hilfestel-

lung fur SchulbuchautorInnen, fur die es - ebenso wie fur die LehrerInnen - eine

große Herausforderung darstellt, neben der Beachtung von Lehrplankonformitat,

inhaltlichen, padagogischen, didaktischen, sozialen und entwicklungspsychologi-

schen Gesichtspunkten, nun auch noch Nachhaltigkeitsaspekte zu berucksichtigen.

Es ist kein einfaches Unterfangen, das Konzept der Nachhaltigkeit auf konkrete

Anforderungskriterien herunterzubrechen. Dennoch ist es meines Erachtens wich-

tig, konkrete Forderungen und Erwartungen zu formulieren und den handelnden

Personen in der Praxis konkrete Hilfestellungen fur die Umsetzung von BNE im

Unterricht zur Verfugung zu stellen. Die vorliegende Analyse hat gezeigt, dass der

Weg vom Konzept bis zur Umsetzung in der Schule - der unter anderem uber die

LehrerInnenausbildung und uber die Lehrmittel geht - lang ist, und dass noch

ein weiter Weg vor uns liegt, wenn das angestrebte Ziel eine am Konzept der

Nachhaltigkeit orientierte Gesellschaft ist. Insbesondere mit Blick auf die aktuell

gefuhrte Schulentwicklungs- und Qualitatsdebatte ware es ein moglicher nachster

Schritt, mehr Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung in die Schulbucher und damit

in die Schulen zu bringen.

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Thonhauser, Josef, Umwelterziehung in Osterreich. Bestandsaufnahme, praktische

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nen fur die Zukunft - Definition von Gestaltungskompetenz und ihrer Teilkom-

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Page 150: Erziehung zur Nachhaltigkeit in der Volksschule als gesellschaftliche Aufgabe. Eine Analyse mit besonderer Berücksichtigung des Schulbuchs

Anhang - untersuchte Schulbucher

Die angefuhrten Schulbuchnummern beziehen sich auf die Schulbuchliste der Schul-

buchaktion 2011/12.

Deutsch

• Friedl, M., ”Funkelsteine 1 Leselehrgang”, Verlag E. DORNER GmbH, Wien,

110672.

• Buck, S., ”Funkelsteine 3 - Ein Lesebuch”, Verlag E. DORNER GmbH, Wien,

120437.

• Buck, S., “Funkelsteine 4 - Ein Lesebuch”, Verlag E. DORNER GmbH, Wien,

126017.

• Furnstahl, G., ”Funkelsteine 2 Sprachbuch Druckschrift”, Verlag E. DORNER

GmbH, Wien, 115589.

• Furnstahl, G., ”Funkelsteine 3 Sprachbuch”, Verlag E. DORNER GmbH,

Wien, 105240.

• Furnstahl, G., ”Funkelsteine 4 Sprachbuch”, Verlag E. DORNER GmbH,

Wien, 105242.

• Freund, J., Jarolim, F., ”Deutsch 2, Schulerbuch”, obv, Wien, 0999.

• Freund, J., Jarolim, F., ”Deutsch 3, Schulerbuch”, obv, Wien, 2498.

• Freund, J., Jarolim, F., ”Deutsch 4, Schulerbuch”, obv, Wien, 1420.

• Freund, J., Lager, B., Prcha, I., ”Mein Sprachpilot 2. Osterreichisches Sprach-

buch”, obv, Wien, 130207.

• Freund, J., Lager, B., Prcha, I., “Mein Sprachpilot 3. Osterreichisches Sprach-

buch”, obv, Wien, 135063.

139

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Literaturverzeichnis

• Frohler, H., Puchta, H., ”Lilos Lesewelt 1 - Leselehrgang”, Helbling, Rum/Innsbruck,

105647.

• Puchta, H., Welsh, R., ”Lilos Sprachbuch 2 - Basisteil”, Helbling, Rum/Innsbruck,

111273.

• Puchta, H., Welsh, R., ”Lilos Sprachbuch 3 - Basisteil”, Helbling, Rum/Innsbruck,

115300.

• Puchta, H., Welsh, R., ”Lilos Sprachbuch 4 - Basisteil”, Helbling, Rum/Innsbruck,

120747.

• Koppensteiner, C., Meixner, C., ”Lese- und Lernprofi 1 - Sinnerfassend lesen

lernen mit Theo dem Lesewurm”, Bildungsverlag Lemberger, Wien, 130419.

• Koppensteiner, C., Meixner, C., ”Lese- und Lernprofi 4 - Sinnerfassend lesen

lernen mit Julia und Michael, den Leseprofis”, Bildungsverlag Lemberger,

Wien, 140212.

Sachunterricht

• Beer, R., Polzl, A., Frey, C., Stessel, M., Bartnitzky, H., ”Lasso Sachbuch 1

mit Englisch fur den integrativen Englischunterricht”, obv, Wien, 130223.

• Beer, R., Polzl, A., Frey, C., Stessel, M., Bartnitzky, H., ”Lasso Sachbuch 2

mit Englisch fur den integrariven Englischunterricht”, obv, Wien, 130224.

• Polzl, A., Stressel-Hermanek, M., Bartnitzky, H., ”Lasso Sachbuch 3, Schulerbuch”,

obv, Wien, 151074.

• Polzl, A., Stessel-Hermanek, M., Bartnitzky, H., ”Lasso Sachbuch 4, Schulerbuch”,

obv, Wien, 151088.

• Darthe, K., De Martin, S., ”Meine bunte Welt 2, Arbeitsbuch”, Jugend und

Volk, Wien, 110368.

• Darthe, K., De Martin, S., ”Meine bunte Welt 3, Arbeitsbuch”, Jugend und

Volk, Wien, 110380.

• Darthe, K., De Martin, S., ”Meine bunte Welt 4, Arbeitsbuch”, Jugend und

Volk, Wien, 120248.

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Literaturverzeichnis

• Fidler, R., Pichler, B., Untersperger, G., ”Tipi 2. Schulerbuch. Basisteil”,

Veritas Verlags- und HandelsgmbH, Linz, 135617.

• Fidler, R., Pichler, B., Untersperger, G., ”Tipi 3. Schulerbuch. Basisteil”,

Veritas Verlags- und HandelsgmbH, Linz, 135619.

• Fidler, R., Pichler, B., ”Tipi 4. Schulerbuch. Basisteil”, Veritas Verlags- und

HandelsgmbH, Linz, 135472.

• Kettenbach, H., Gressl, E., ”Minimondo 2 Schulerbuch”, obv, Wien, 110007.

• Kettenbach, H., Gressl, E., ”Minimondo 3, Schulerbuch”, obv, Wien, 115753.

• Kettenbach, H., Gressl, E., ”Minimondo 4. Basisteil, Schulerbuch”, obv, Wien,

120478.

• Ussar, H., Koch, W., Kristoferitsch, I., ”Schatzkiste 1”, Verlag E. DORNER

GmbH, Wien, 105187.

• Koch, W., Kristoferitsch, I., Ussar, H., ”Schatzkiste 2”, Verlag E. DORNER

GmbH, Wien, 115453.

• Koch, W., Kristoferitsch, I., ”Schatzkiste 3/4”, Verlag E. DORNER GmbH,

Wien, 151112.

• Petong, K., ”Umweltreise 2”, Veritas Verlags- und HandelsgmbH, Linz, 2369.

• Petong, K., ”Umweltreise 3”, Veritas Verlags- und HandelsgmbH, Linz,

100906.

Mathematik

• Arbeitsgemeinschaft Mathematik, ”Matheblitz 1, Arbeitsbuch (+Rechen-

geld)”, Jugend und Volk, Wien, 115082.

• Arbeitsgemeinschaft Mathematik, ”Matheblitz 2 Arbeitsbuch”, Jugend und

Volk, Wien, 115097.

• Arbeitsgemeinschaft Mathematik, ”Matheblitz 3, Arbeitsbuch”, Jugend und

Volk, Wien, 115100.

• Arbeitsgemeinschaft Mathematik, “Matheblitz 4, Arbeitsbuch”, Jugend und

Volk, Wien, 115103.

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• Brunner, E., Eisschiel, K., Mitis, W., Aichberger, G., Wanitschka, S., “Zahlen-

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• Brunner, E., Eisschiel, K., Mitis, W., Aichberger, G., Wanitschka, S., “Zah-

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• Brunner, E., Eisschiel, K., Mitis, W., Aichberger, G., Wanitschka, S., “Zahlen-

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• Friedl, M., ”Funkelsteine 1 Mathematik (Arbeitsbuch und Arbeitsheft)”,

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• Friedl, M., “Funkelsteine 2 Mathematik”, Verlag E. DORNER GmbH, Wien,

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• Friedl, M., ”Funkelsteine 3 Mathematik (Arbeitsbuch und Arbeitsheft)”,

Verlag E. DORNER GmbH, Wien, 126012.

• Friedl, M., ”Funkelsteine 4 Mathematik (Arbeitsbuch und Arbeitsheft)”,

Verlag E. DORNER GmbH, Wien, 130112.

• Furnstahl, G., ”Zahlen-Zug 1 (dreiteiliges Arbeitsbuch mit Euro-Geld und

Legeplattchen)”, Verlag E. DORNER GmbH, Wien, 3982.

• Furnstahl, G., ”Zahlen-Zug 2 (dreiteiliges Arbeitsbuch mit Euro-Geld und

Legeplattchen”, Verlag E. DORNER GmbH, Wien, 3781.

• Furnstahl, G., ”Zahlen-Zug 4 (dreiteiliges Arbeitsbuch)”, Verlag E. DORNER

GmbH, Wien, 3246.

• Furnstahl, G., ”Zahlen-Zug 3 (dreiteiliges Arbeitsbuch mit Legeplattchen)”,

Verlag E. DORNER GmbH, Wien, 3242.

• Grosser, N., Koth, M., ”Alles klar! 1. Mathematik fur neugierige Schulkinder”,

Veritas Verlags- und HandelsgmbH, Linz, 130402.

• Grosser, N., Koth, M., ”Alles klar! 3. Mathematik fur wissbegierige Schulkin-

der”, Veritas Verlags- und HandelsgmbH, Linz, 135369.

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Literaturverzeichnis

• Grosser, N., Koth, M., ”Alles klar! 4. Mathematik fur erfahrene Schulkinder”,

Veritas Verlags- und HandelsgmbH, Linz, 140561.

143