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HS 2009 Universität Zürich | Philosophisches Seminar Seminar Zeitgenössische Erkenntnistheorie Sitzung 2: Gettier Dominique Kuenzle HS 2009 Seite 2 HS 2009 Dominique Kuenzle | Universität Zürich | [email protected] (a) „Ich treffe morgen meine Schwester Eveline.“ (b) Ich (S) weiss, dass die Person die ich morgen treffen werde, ist (1) meine Schwester ist und (2) Eveline heisst. Justified belief: Eveline ist meine Schwester und wir machten heute zusammen ab, uns morgen zu treffen. Ich habe keinen Grund anzunehmen, morgen nicht meine Schwester Eveline zu treffen, weil ich mit ihr persönlich abgemacht habe und ich weiss, dass sie meine Schwester ist. Truth: Die Person die ich aber tatsächlich treffe, ist Evelines Zwillingsschwester, also tatsächlich meine Schwester, von der ich nichts wusste und die ebenfalls Eveline heisst. Meine Mutter arrangierte dieses Treffen und informierte beide Schwestern darüber. Folglich: Ich treffe meine Schwester, konnte dies aber nicht wirklich wissen. 1. Beispiel von Marcel Chiappori Seite 3 HS 2009 Dominique Kuenzle | Universität Zürich | [email protected] 1. Abstraktion & Verallgemeinerung Das Problem entsteht da, wo ich Jones zum „the man that will get the job“ mache, ihn also abstrahiere. Jones wird zum beliebigen X, sein Jobhaben zu (a) und seine 10 Münzen zu irgendwelchen Münzen (b). Das Problem besteht auch noch in meinem Beispiel mit „Schwester“ und „Eveline“, die beide auch Variablen sind, obwohl ich glaubte, dass sie in dieser Kombination „meine Schwester Eveline“ einzig sind, nicht allgemein „Schwester“ und „Eveline“. Kann ich nach Abstraktion, Verallgemeinerung oder nur vermutet determinierten Begriffen noch „justified“ glauben? 2. Marcels Diskussionspunkte 2. Aussagen über die Zukunft JTB ist auch problematisch, wenn ich überzeugt, dass wenn a und b in der Zukunft auftreten, automatisch Jones der Träger sein muss, was aber tatsächlich nicht der Fall ist. Darf ich „justified belief“ annehmen, wenn ich Aussagen über die Zukunft mache? Seite 4 HS 2009 Dominique Kuenzle | Universität Zürich | [email protected] „So a Gettier counter-example is one in which a has a justified but false belief by inference from which he justifiably believes something which happens to be true, and so arrives at a justified true belief which is not knowledge.“ J. Dancy (1985) Introduction to Contemporary Epistemology, Malden MA et. al. (Blackwell’s). „Ein Gettier Gegenbeispiel ist also ein Fall in dem eine Person eine gerechtfertigte aber falsche Überzeugung hat, von der sie in gerechtfertigter Weise auf etwas schliesst dass (zufälligerweise) wahr ist, und so also zu einer gerechtfertigten und wahren Überzeugung kommt, welche aber nicht als Wissen gilt.“ 3. Dancys Ein-Satz-Zusammenfassung von Gettier

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  • HS 2009Universitt Zrich | Philosophisches Seminar

    Seminar Zeitgenssische Erkenntnistheorie

    Sitzung 2: Gettier

    Dominique Kuenzle

    HS 2009

    Seite 2HS 2009 Dominique Kuenzle | Universitt Zrich | [email protected]

    (a) Ich treffe morgen meine Schwester Eveline.

    (b) Ich (S) weiss, dass die Person die ich morgen treffen werde, ist (1) meineSchwester ist und (2) Eveline heisst.

    Justified belief: Eveline ist meine Schwester und wir machten heutezusammen ab, uns morgen zu treffen. Ich habe keinen Grund anzunehmen,morgen nicht meine Schwester Eveline zu treffen, weil ich mit ihr persnlichabgemacht habe und ich weiss, dass sie meine Schwester ist.

    Truth: Die Person die ich aber tatschlich treffe, ist EvelinesZwillingsschwester, also tatschlich meine Schwester, von der ich nichtswusste und die ebenfalls Eveline heisst. Meine Mutter arrangierte diesesTreffen und informierte beide Schwestern darber.

    Folglich: Ich treffe meine Schwester, konnte dies aber nicht wirklich wissen.

    1. Beispiel von Marcel Chiappori

    Seite 3HS 2009 Dominique Kuenzle | Universitt Zrich | [email protected]

    1. Abstraktion & Verallgemeinerung

    Das Problem entsteht da, wo ich Jones zum the man that will get the jobmache, ihn also abstrahiere. Jones wird zum beliebigen X, sein Jobhaben zu(a) und seine 10 Mnzen zu irgendwelchen Mnzen (b).

    Das Problem besteht auch noch in meinem Beispiel mit Schwester undEveline, die beide auch Variablen sind, obwohl ich glaubte, dass sie indieser Kombination meine Schwester Eveline einzig sind, nicht allgemeinSchwester und Eveline.

    Kann ich nach Abstraktion, Verallgemeinerung oder nur vermutetdeterminierten Begriffen noch justified glauben?

    2. Marcels Diskussionspunkte

    2. Aussagen ber die Zukunft

    JTB ist auch problematisch, wenn ich berzeugt, dass wenn a und b in derZukunft auftreten, automatisch Jones der Trger sein muss, was abertatschlich nicht der Fall ist.

    Darf ich justified belief annehmen, wenn ich Aussagen ber die Zukunftmache?

    Seite 4HS 2009 Dominique Kuenzle | Universitt Zrich | [email protected]

    So a Gettier counter-example is one in which a has a justified but falsebelief by inference from which he justifiably believes something whichhappens to be true, and so arrives at a justified true belief which is notknowledge.

    J. Dancy (1985) Introduction to Contemporary Epistemology, Malden MA et. al.(Blackwells).

    Ein Gettier Gegenbeispiel ist also ein Fall in dem eine Person einegerechtfertigte aber falsche berzeugung hat, von der sie ingerechtfertigter Weise auf etwas schliesst dass (zuflligerweise) wahrist, und so also zu einer gerechtfertigten und wahren berzeugungkommt, welche aber nicht als Wissen gilt.

    3. Dancys Ein-Satz-Zusammenfassung von Gettier

  • Seite 5HS 2009 Dominique Kuenzle | Universitt Zrich | [email protected]

    (a) bei gewusster Folgerung (known entailment):

    PGw: [Wap & Wa(p ! q)] ! Waq

    PGw: Prinzip der Geschlossenheit bei gewusster Folgerung Wap: Person a weiss, dass p

    4. Epistemische Geschlossenheit Epistemic Closure

    (b) bei gerechtfertigter Folgerung (justified entailment):

    PGg: [Gap & Ga(p ! q)] ! Gaq

    Gap: Person a ist der gerechtfertigten berzeugung, dass p

    Seite 6HS 2009 Dominique Kuenzle | Universitt Zrich | [email protected]

    5. Schreibauftrag 2

    Abgabe: Sonntag, 4.10.2009

    Besprechung: Dienstag, 6.10.2009

    Alvin Goldmans Aufsatz A Causal Theory of Knowing genau durchlesen

    eine mglichst przise hierarchische Gliederung des Aufsatzes erstellen. DieGliederung muss den argumentativen Aufbau des Textes explizit machen.

    Tipp: nicht nur mit inhaltlichen, sondern auch mit funktionalen berschriftenarbeiten: z.B.

    1.1 Erstes Argument fr X: Anwendung von gerechtfertigt

    3.4.2 Drittes Beispiel: der Mann im Mond

    2.2 Einwand (2): Wissen ist nicht immer propositional

    Dringende Empfehlung: Fr Hinweise zur Lektre und Gliederung, konsultiertbitte das Dokument Hinweise zur Textanalyse und Schreibarbeit vonGeorg Brun und Marion Malin, welches von der Kurs-Webseiteruntergeladen werden kann.