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1 Experimente und didaktische Materialien als Ergänzung zum Artikel „Modellreaktionen mit Sonnenlicht oder Taschenlampe“ aus Nachr. Chem. 2016 (64), 1090-1093. Teil I - Photopinakolisierung von Benzophenon - Eine Modellreaktion für zentrale Konzepte der Photochemie - Michael W. Tausch und Heiko Hoffmann Abstract: Die Photoreduktion bzw. Photopinakolisierung von Benzophenon in Alkoholen ist ein klassisches Lehrbuchbeispiel und eine häufig genutzte Modellreaktion für Lehrversuche. Aufbauend auf den schon publizierten Materialien werden hier Vorschläge für eine kurze Lehrexperiment-Reihe vorgestellt, welche sich hinsichtlich sowohl der im schulischen Umfeld verfügbaren Zeitfenster als auch der dortigen apparativen Ausstattung passend einfügt. Im Mittelpunkt steht dabei die experimentelle Untermauerung zentraler Konzepte der Photochemie, die exemplarisch anhand der Modellreaktion, zusammen mit der Möglichkeit des Experimentierens im Mikromaßstab, von den Schülerinnen und Schülern kennengelernt werden sollen. Stichwörter: Photochemie, zentrale Konzepte, Aromatische Ketone, Benzophenon, Photoreduktion, Photopinakolisierung, Wasserstoff-Donatoren, Experimente im Mikromaßstab (microscale experiments), Quencher, Energietransfer, Konkurrenzreaktionen, Chemieunterricht der gymnasialen Oberstufe und im Hochschul-Grundstudium. Einleitung Die Photoreduktion bzw. Photopinakolisierung von Benzophenon in Alkoholen ist eine besonders gut untersuchte Photoreaktion [1] und ist dementsprechend ein häufig anzutreffendes Lehrbuchbeispiel [1,2] bzw. eine schon des Öfteren genutzte Modellreaktion für Lehrexperimente [2a,3, 4,5]. Aufbauend auf den schon publizierten Aspekten werden hier Vorschläge für eine kurze Lehrexperiment-Reihe gemacht, welche sich hinsichtlich sowohl der im schulischen Umfeld verfügbaren Zeitfenster als auch der dortigen apparativen Ausstattung passend einfügt. Im Mittelpunkt steht dabei die experimentelle Untermauerung zentraler Konzepte der Photochemie, die exemplarisch anhand der Modellreaktion, zusammen mit dem Experimentieren im Mikromaßstab, kennengelernt werden sollen. Die Photopinakolisierung von Benzophenon wird hier als Modellreaktion verwendet, anhand derer grundlegende Aspekte der Photochemie und mit der Photochemie verbundene Begriffe im Rahmen einer experimentellen Unterrichtseinheit phänomenologisch-qualitativ erarbeitet werden können. Die Unterrichtseinheit ist in Abbildung 1 schematisch dargestellt und die photochemischen Grundaspekte bzw. Lernziele sind in Tabelle 1 aufgeführt.

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Page 1: Experimente und didaktische Materialien als Ergänzung … · Energiemenge befindet sich das angeregte Molekül auf einem bestimmten Energieniveau. 3) Das Molekül relaxiert in den

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Experimente und didaktische Materialien als Ergänzung zum

Artikel „Modellreaktionen mit Sonnenlicht oder Taschenlampe“

aus Nachr. Chem. 2016 (64), 1090-1093.

Teil I - Photopinakolisierung von Benzophenon

- Eine Modellreaktion für zentrale Konzepte der Photochemie -

Michael W. Tausch und Heiko Hoffmann

Abstract:

Die Photoreduktion bzw. Photopinakolisierung von Benzophenon in Alkoholen ist ein klassisches

Lehrbuchbeispiel und eine häufig genutzte Modellreaktion für Lehrversuche. Aufbauend auf den schon

publizierten Materialien werden hier Vorschläge für eine kurze Lehrexperiment-Reihe vorgestellt,

welche sich hinsichtlich sowohl der im schulischen Umfeld verfügbaren Zeitfenster als auch der

dortigen apparativen Ausstattung passend einfügt. Im Mittelpunkt steht dabei die experimentelle

Untermauerung zentraler Konzepte der Photochemie, die exemplarisch anhand der Modellreaktion,

zusammen mit der Möglichkeit des Experimentierens im Mikromaßstab, von den Schülerinnen und

Schülern kennengelernt werden sollen.

Stichwörter:

Photochemie, zentrale Konzepte, Aromatische Ketone, Benzophenon, Photoreduktion,

Photopinakolisierung, Wasserstoff-Donatoren, Experimente im Mikromaßstab (microscale

experiments), Quencher, Energietransfer, Konkurrenzreaktionen, Chemieunterricht der gymnasialen

Oberstufe und im Hochschul-Grundstudium.

Einleitung

Die Photoreduktion bzw. Photopinakolisierung von Benzophenon in Alkoholen ist eine besonders gut untersuchte Photoreaktion [1] und ist dementsprechend ein häufig anzutreffendes Lehrbuchbeispiel [1,2] bzw. eine schon des Öfteren genutzte Modellreaktion für Lehrexperimente [2a,3, 4,5]. Aufbauend auf den schon publizierten Aspekten werden hier Vorschläge für eine kurze Lehrexperiment-Reihe gemacht, welche sich hinsichtlich sowohl der im schulischen Umfeld verfügbaren Zeitfenster als auch der dortigen apparativen Ausstattung passend einfügt. Im Mittelpunkt steht dabei die experimentelle Untermauerung zentraler Konzepte der Photochemie, die exemplarisch anhand der Modellreaktion, zusammen mit dem Experimentieren im Mikromaßstab, kennengelernt werden sollen. Die Photopinakolisierung von Benzophenon wird hier als Modellreaktion verwendet, anhand derer grundlegende Aspekte der Photochemie und mit der Photochemie verbundene Begriffe im Rahmen einer experimentellen Unterrichtseinheit phänomenologisch-qualitativ erarbeitet werden können. Die Unterrichtseinheit ist in Abbildung 1 schematisch dargestellt und die photochemischen Grundaspekte bzw. Lernziele sind in Tabelle 1 aufgeführt.

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Die Unterrichtseinheit beginnt mit der Vorstellung und Erklärung mehrerer theoretischer Grundlagen (Jablonski-Diagramm, zeitliche Konkurrenz verschiedener Desaktivierungsmöglichkeiten, Begriff der Quantenausbeute, Vorstellung des Reaktionsmechanismus). Da bei photochemischen Arbeiten die Notwendigkeit der Verwendung einer Strahlungsquelle besteht, werden anschließend apparative Aspekte besprochen und auf die nötigen Sicherheitsmaßnahmen eingegangen. Dann folgen sieben Lehrexperimente, welche einzelne Photochemie-Aspekte herausarbeiten bzw. zentral beinhalten; die damit verbundenen theoretischen Grundlagen werden zusammen mit den Informationen zu dem jeweiligen Experiment in diesem Aufsatz erläutert und besprochen.

Didaktischer Kommentar: Allgemein ist die hier unterbreitete Unterrichtseinheit für Schülerinnen und Schüler der gymnasialen Oberstufe gedacht, welche als Vorkenntnisse die Grundlagen der Organischen Chemie bereits mitbringen. Optimalerweise sollten sie die Begriffe Reaktionsgeschwindigkeit, Aktivierungsenergie, Geschwindigkeitskonstanten, Übergangszustand, Bindungsstärken und radikalische Reaktionen bereits kennengelernt haben. Die Unterrichtseinheit soll den schulischen Horizont insofern erweitern, als dass die organische Photochemie (und die wichtigsten mit ihr verbundenen Prinzipien) als Untergebiet und faszinierende Facette der Organischen Chemie mit einem nicht geringen Lebensweltbezug [6] herausgestellt wird. Hinsichtlich des Zeitbedarfs muss beim Durchführen der vollständigen Unterrichtseinheit mit ca. 9 - 10 Zeitstunden geplant werden.

Abbildung 1: Künstlerische Darstellung der hier vorgestellten Unterrichtseinheit zur Photochemie – Wichtige Grundprinzipien der Photochemie werden qualitativ-experimentell in einem zusammenfassenden Rahmen thematisiert

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Tabelle 1: Überblick über die Unterrichtseinheit

Photochemie-Aspekt Teilaspekte Verdeutlicht in Teil

Anregung von Chromophoren Grundlegendes zum mechanistisch-photochemischen Ablauf

Prozesse dargestellt im Jablonski-Diagramm Konkurrenz mehrerer desaktivierender Prozesse Begriff der Quantenausbeute Singulett- und Triplettzustände Reaktionsmechanismus der Photoreduktion von Benzophenon in Propan-2-ol

Einführender Theorieteil

Zeitlicher Verlauf einer Photoreaktion

Umsatz in Abhängigkeit der Bestrahlungszeit sichtbar durch Präzipitation von Benzpinakol

Experiment 1

Abstandsabhängigkeit der Bestrahlungsstärke

Umsatz in Abhängigkeit des Abstands zur Lichtquelle Experiment 2

Photochemie mittels verschiedener Lichtquellen

Überlapp zwischen Absorptionsspektrum von Benzophenon und des Emissionsspektrum der Lichtquelle nötig ππ*-Bande und nπ*-Bande beim Benzophenon Verschiedene LED-Lichtquellen Wellenlänge des Lichts muss ausreichender Energie zur Anregung entsprechen Regel von Kasha Sonnenlicht in der Photochemie

Experiment 3

Energietransfer

Löscher (Quencher) Sensibilisator (Sensitizer) Zusatz von Naphthalin als Löscher mechanistische Erklärung

Experiment 4

Arbeiten unter Sauerstoffausschluss

Spülen des Reaktionsansatzes mittels Schutzgas Umsatz in Abhängigkeit der Sauerstoffanwesenheit (Sauerstoff als Löscher) Peroxidbildung durch Sauerstoffanwesenheit (beobachtet mittels Peroxid-Teststäbchen)

Experiment 5

Auftreten von den Bestrahlungsvorgang störenden Zwischenprodukten oder Nebenprodukten

Bildung von light absorbing transients (LATs) Photo-Edukte nicht immer vollständig umsetzen Anschaulich via Photoreduktion von Benzophenon in Propan-1-ol

Experiment 6

Geschwindigkeit von Photoreaktionen

Wasserstoff-Donator-Qualität verschiedener Reaktionspartner (durchgeführt in verschiedenen Alkoholen) mechanistische Erklärung stabilisierende Einflüsse auf die radikalischen Intermediate

Experiment 7

Sicherheitsaspekte beim Experimentieren

UV-Strahlung und sichtbares Licht relativ hoher Intensität Verwendung von Einhausungen oder Abdeckungen (Vorschlag Pappkarton-Einhausung) Besonderer Augenschutz nötig (UV-undurchlässige Schutzbrillen) Peroxide stark verdünnt entsorgen

Sicherheitshinweise Alle Experimente

Experimentieren im Mikromaßstab

Verwendung von Borosilikat-Autosampler-Vials Arbeiten in 1 mL-Reaktionsvolumen bei Außenbestrahlung Entgasen mittels Spritzenkanülen

Alle Experimente Alle Experimente Experiment 5

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Einführender Theorieteil - Grundbegriffe und Reaktionsmechanismus

Anregung von aromatischen Ketonen durch elektromagnetische Strahlung Als ein typisches Beispiel für ein aromatisches Keton wird in dieser Unterrichtseinheit Benzophenon betrachtet. In Isopropanol gelöst, absorbiert Benzophenon Licht ab einer Wellenlänge von ca. 390 nm (siehe Abbildung 4). Darauf folgen die in einem so genannten Jablonski-Diagramm (Abbildung 2) zusammengefassten Prozesse bzw. Möglichkeiten der Desaktivierung des nun angeregten Moleküls:

Das hier gezeigte, stark vereinfachte, qualitative Jablonski-Diagramm gibt die Situation bei aromatischen Ketonen wieder. (Bei anderen Molekülen können die Verhältnisse anders beschaffen sein.) Beim hiesigen Beispielmolekül Benzophenon folgt fast jedes Molekül dem Weg zu Schritt Nr. 6, d.h. Benzophenon geht mit einer Quantenausbeute (Definition siehe unten) von näherungsweise 1 in den Triplettzustand über [2b]. Hinsichtlich allgemeiner Grundlagen und tiefergehender Aspekte zu den Themenkreisen UV-VIS-Spektroskopie und Jablonski-Diagramm sei auf die entsprechende Literatur

Abbildung 2: Jablonski-Diagramm, modifiziert übernommen und didaktisch reduziert aus [1,2a,2b]

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verwiesen [7]. Die verschiedenen Desaktivierungsprozesse stehen miteinander in zeitlicher Konkurrenz. Welche Desaktivierungsmechanismen also ablaufen, hängt von den Unterschieden der Geschwindigkeiten bzw. der kinetischen Geschwindigkeitskonstanten ab. Photochemische Reaktionen können also dann auftreten, wenn sie anderen Prozessen zeitlich nennenswert zuvorkommen können. (Dies ist in Abbildung 4 schematisch-qualitativ dargestellt.) Folgende in Abbildung 2 Schritt-für-Schritt dargestellten Prozesse werden durch das Jablonski-Diagramm beschrieben (vgl. auch didaktischer Kommentar):

1) Vor Lichtabsorption befindet sich das Benzophenon-Molekül im Grundzustand. 2) Durch Absorption von UV-Licht geht Benzophenon in einen höheren elektronischen Singulett-

zustand über; die Energiedifferenz entspricht dem Energiegehalt des absorbierten Photons. Es sind weitere Energieniveaus, d.h. Schwingungsniveaus angedeutet. Je nach absorbierter Energiemenge befindet sich das angeregte Molekül auf einem bestimmten Energieniveau.

3) Das Molekül relaxiert in den tiefsten S1-Zustand, die dabei frei werdende Energie wird durch Stöße mit anderen Molekülen als Wärme an diese abgegeben. Dies geschieht allgemein meist schneller als es zu anderen Prozessen, u.a. photochemischen Reaktionen, kommen kann (Regel von Kasha). Deshalb ist die Photochemie einer Verbindung oft nicht von der exakten eingestrahlten Anregungswellenlänge abhängig.

4) Aus dem tiefsten S1-Zustand kann ein Molekül nun strahlungslos oder unter Freisetzung eines Photons (Fluoreszenz) in den S0-Grundzustand relaxieren.

5) Alternativ kann das Molekül die bisher immer noch spingepaarte Elektronenkonfiguration verlieren und durch inter system crossing (ISC) in ein Triplettsystem übergehen. Dieser Schritt läuft im Falle des Benzophenons fast zu 100% ab [2b], da die energetische Lage des T2-Energieniveaus der des S1-Niveaus sehr ähnlich ist, was den Ablauf des Schritts deutlich beschleunigt.

6) Das Molekül relaxiert in den tiefsten T1-Zustand, die dabei frei werdende Energie wird durch Stöße mit anderen Molekülen als Wärme an diese abgegeben. Dies ist analog zu Schritt 3.

7) Aus dem tiefsten T1-Zustand kann das Molekül nun strahlungslos oder unter Freisetzung eines Photons (Phosphoreszenz) in den S0-Grundzustand relaxieren. Im tiefsten T1-Zustand ist das System relativ lange existent, da der Relaxation nur unter erneuter Spinpaarung beider Elektronen erfolgen kann, was relativ lange dauert (Stichwörter Pauli-Prinzip, Auswahlregeln, Spinpaarungsenergie). Dies verschafft dem System Zeit, damit photochemische Reaktionen als alternativer Desaktivierungsweg ablaufen können.

8) Alternativ kann es zur Reaktion des angeregten Moleküls kommen. Diese Reaktion wird, da die Anregung durch Einstrahlung eines Photons bewirkt wurde, als Photoreaktion bezeichnet.

Didaktischer Kommentar: Die Geschehnisse bei Lichtabsorption des Benzophenons sind in dieser für den Oberstufenrahmen gedachten Publikation bewusst didaktisch deutlich reduziert bzw. elementarisiert, auch um den zeitlichen Rahmen der Unterrichtseinheit nicht zu überdehnen.

Es werden hauptsächlich die elektronischen Energieniveaus betrachtet; Schwingungs- und Rotationsniveaus sind weitgehend weggelassen bzw. nicht gezeigt. Diese werden nur beim Stichwort thermische Relaxation angedeutet mit dem Hinweis, dass das Molekül einen Teil seiner Energie durch Bewegung und Stöße an die Nachbar- bzw. Solvensmoleküle abgibt.

Es wird nicht zwischen so genannter Inneren Umwandlung (internal conversion, IC) und thermischer Relaxation unterschieden.

Die El Sayed`schen Auswahlregeln [2b] werden nicht erwähnt und aus den Überlegungen ausgeklammert (vgl. Diskussion unten).

Die Begriffe Fluoreszenz und Phosphoreszenz werden im Rahmen dieser Unterrichtseinheit nicht näher thematisiert, nur als mit der Photoreaktion auf den Zeitskalen konkurrierende desaktivierende Prozesse.

Die Unterscheidung zwischen Singulett- und Triplettzuständen wird gemacht, da Benzophenon ein typisches Molekül ist, welches mit sehr hohen Quantenausbeuten in den Triplettzustand übergeht und u.a. deshalb häufig als Photosensibilisator eingesetzt wird. In Experiment 4 wird das Wechselspiel zwischen Sensibilisator und Löscher thematisiert. Erwähnung findet außerdem der Aspekt, dass der energetisch tiefste Triplettzustand, aus welchem heraus die Photoreaktion abläuft, relativ lange existent ist, bevor es zur erneuten Spinpaarung (bzw. inter system crossing) der Elektronen durch Desaktivierung und Zurückfallen in den Singulett-Grundzustand kommt. Diese lange Existenz des für die Photoreaktion relevanten Zustands, plausibilisiert das zeitliche Konkurrenzprinzip der Desaktivierungskanäle.

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Hinweis für die Lehrerin bzw. den Lehrer zur Darstellung der angeregten Zustände in der Lewis-Schreibweise: In Abbildung 3 ist das angeregte Benzophenon-Molekül auf mehrere Arten dargestellt, deren Bedeutung hier kurz erklärt wird:

Es wird vorgeschlagen, die Carbonylgruppe der angeregten nπ*-Benzophenon-Spezies mit einer Bindungsordnung von 1,5 zu zeichnen (vollständige σ-Bindung und teilweise gelöste bzw. halbe π-Bindung) und zusätzlich das in das π*-Orbital angeregte Elektron einzeln am C lokalisiert und das nichtangeregte Elektron am Ort des vormals freien Elektronenpaares verbleibend darzustellen. Das angeregte Elektron relativiert die π-Bindung, was zur verbleibenden Bindungsordnung 0,5 führt und ist hauptsächlich am Kohlenstoffatom lokalisiert, da dieses den größeren Orbitallappen der beiden zum antibindenden π*-Orbital kombinierten p-Atomorbitale aufweist [2b,3]. Die ππ*-Benzophenon-Spezies kann, vergleichbar mit der bei Olefinen verwendeten Schreibweise, als 1,2-Biradikal mit einer verbleibenden σ-Bindung zwischen C und O dargestellt werden, da die die freien Elektronenpaare ausmachenden Elektronen nicht in ein energetisch höheres Orbital angeregt worden sind.

Didaktischer Kommentar: Es bleibt abzuwägen, welche Darstellungsweise im Unterricht verwendet werden sollte oder ob man den Lernenden zutraut, mit der Unterscheidung zwischen beiden Darstellungen umgehen zu können. Man könnte die einfachere 1,2-Biradikal-Darstellung generell für „angeregtes Benzophenon“ wählen. Dies könnte jedoch die berechtige Schülerfrage aufwerfen, weshalb denn beide freien Elektronenpaare noch vorhanden sind, wenn ein nπ*-Übergang betrachtet wird. Wenn man im Unterricht zwischen beiden Darstellungsweisen differenzieren möchte, so ist strenggenommen darauf zu achten, dass (im Hinblick auf das Jablonski-Diagramm) das ISC vom S1-Zustand in den T2-Zustand mit einem Übergang vom der nπ*-Situation in eine ππ*-Situation verbunden ist, und die Relaxation vom T2-Zustand in den T1-Zustand in umgekehrter Weise (El-Sayed-Auswahlregeln) [2a,2b], vergleiche Abbildung 2. Im Folgenden dieses Aufsatzes wurde sich in den Abbildungen für die detailliertere Darstellung, welche dem nπ*-Übergang gerecht wird, entschieden. Der Wechsel in ein ππ*-System ist jedoch im Jablonski-Diagramm in Abbildung 2 nicht integriert, sondern wurde „unterschlagen“, um die Abbildung zur direkten Verwendung zur Verfügung stellen zu können, ohne einen zu großen Detailgrad vorzugeben.

Abbildung 3: Schreibweise bzw. Darstellung der angeregten nπ*- und der angeregten ππ*-Benzophenon-Spezies, verglichen mit qualitativen Energie-Diagrammen. Auf Details der vom sp

2-Sytem abweichenden Geometrien [3] wurde verzichtet

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UV-VIS-Absorptionsspektrum von Benzophenon

In Abbildung 4 ist das UV-VIS-Absorptionsspektrum von Benzophenon in Isopropanol gezeigt. Bei 334 nm befindet sich das (deutlich schwächere) Absorptionsmaximum der nπ*-Bande, und bei 252 nm das der ππ*-Bande. Da sich beide Absorptionsbanden hinsichtlich ihrer Stärke deutlich unterscheiden, wurde das Spektrum bei zwei verschiedenen Konzentrationen aufgenommen (0,01 M und 0,0001 M); durch die Messung in 0,01 molarer Konzentration wird auch der schwache nπ*-Übergang gut erkennbar. Im sichtbaren Bereich ab 400 nm findet keine Absorption statt. Unterhalb von ca. 210 nm verhindert der Solvens-bedingte cut-off die Aufnahme des Spektrums. Um ein Benzophenon-Molekül anzuregen, muss also nicht eine ganz bestimmte Wellenlänge „erwischt“ werden, sondern nur der Absorptionsbereich einer Bande. Aus verschiedenen Gründen (vgl. [7]), auch aufgrund der sich in deutlich kleineren Abständen befindenden Rotations- und Schwingungsniveaus, führt ein ganzer Wellenlängenbereich zur Absorption der Lichtquanten bzw. zur Anregung.

Begriff der Quantenausbeute

Die Quantenausbeute (Formelzeichen Φ) ist ein Maß dafür, welcher Anteil der vom betrachteten Molekül absorbierten Lichtquanten in einen der möglichen Desaktivierungskanäle läuft. In der Photochemie ist sie eine wichtige Größe, die als Anhaltspunkt für die Effektivität einer betrachteten Photoreaktion dient [1]. Hinsichtlich einer betrachteten Photoreaktion kann sie entweder bezüglich des Edukt-Umsatzes oder bzgl. von Produktbildungen definiert werden [6]:

Φ(Umsatz) =Anzahl der umgesetzten Eduktmoleküle

Anzahl der absorbierten Lichtquanten (1)

Φ(Produkt) =Anzahl der gebildeten Produktmoleküle

Anzahl der absorbierten Lichtquanten (2)

Beide Größen sind gleich, wenn nur ein Photoprodukt entstehen kann. Können bspw. drei Photoprodukte gebildet werden, dann gilt folglich [8]: Φ(Umsatz) = Φ(Produkt 1) + Φ(Produkt 2) + Φ(Produkt 3) (3)

Abbildung 4: UV-VIS-Absorptionsspektrum von Benzophenon in Isopropanol

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Es können also auch den anderen konkurrierenden und desaktivierenden Prozessen Quantenausbeuten zugeordnet werden. Sie sind in typischer Darstellung in Abbildung 5 gezeigt:

Die damit verbundene andere Schreibweise, welche die zeitliche Konkurrenz der molekularen Prozesse herausstellt, besteht im Vergleich der Geschwindigkeitskonstanten der Prozesse: Die Quantenausbeute des betrachteten Prozesses „n“ wird ausgedrückt durch die Geschwindigkeits-konstante dieses Prozesses und bezogen auf die Summe der Geschwindigkeitskonstanten aller konkurrierenden Prozesse „i“ [2a,7,8]:

Φn = kn

∑ ki (4)

Aus dem bisher Besprochenen ergibt sich, dass die Quantenausbeute eines betrachteten Vorgangs normalerweise einen Wert zwischen Null und Eins annimmt: 0 ≤ Φn ≤ 1 (5) (Bei geringen Quantenausbeuten in Richtung einer Photoreaktion muss entsprechend länger bestrahlt werden, um den gewünschten Umsatz zu erzielen. Die hinsichtlich der Photoreaktion nutzlos via Lichtquanten eingetragene Energie wird v.a. in Wärme überführt, weshalb der Reaktionsansatz häufig bei langen Bestrahlungszeiten gekühlt wird [9,10,11]. Didaktischer Kommentar: Detailliertere Begriffe und sinnverwandte Größen wie bspw. die Effizienz einer Photoreaktion, Wirkungsgrade, summarische Quantenausbeute (over-all quantum yield), differentielle bzw. integrale Quantenausbeute, Quantenstrom und Lebensdauer (vgl. bspw. [1]) werden hier bewusst didaktisch reduziert bzw. vereinfacht betrachtet durch die Größen bzw. Konzepte „Quantenausbeute“, „Geschwindigkeitskonstanten“ und „zeitliche Konkurrenz der verschiedenen Schritte“, also kinetisch definiert betrachtet [2a,2b,7]. Der Grund dafür ist, dass die Schülerinnen und Schüler nicht mit mathematisch-physikalischen Definitionen übermäßig belastet werden sollen, um den reizvollen Aspekt der Photochemie und die Erlangung eines groben Überblicks über die Prinzipien selbiger nicht mit solchen als „trocken“ empfundenen Themen zu ersticken bzw. zu verhindern. Daneben erleichtert dies auch die Integration der Unterrichtseinheit im in der Schule vorhandenen Zeitfenster. Auch bleibt aus dem gleichen Grund die gesamte Interpretation und Diskussion der Beobachtungen und Ergebnisse auf einer qualitativen Ebene. Ziel des schulischen Unterrichts bleibt es auch und vor allem, neben der Vermittlung mathematisch-physikalischer Fähigkeiten, die Faszination für bestimmte Facetten der chemischen Wissenschaft zu wecken und zu fördern. Quantenausbeuten mit einem Wert größer eins werden nicht thematisiert.

Abbildung 5: Modifiziert übernommen aus [1]: Mit den photochemischen Reaktionen konkurrierende photophysikalische Prozesse. Wie schon erwähnt, wird im Falle des Benzophenons die Photoreaktion aus dem T1-Zustand ablaufen. Die Indizes stehen für: Ia = absorbierte Lichtmenge, kF = Geschwindigkeitskonstante der Fluoreszenz, kP = Geschwindigkeitskonstante der Phosphoreszenz, kD = Geschwindigkeitskonstante einer Desaktivierung, kQ [Q] = Geschwindigkeitskonstante eines Quenching-Schrittes multipliziert mit der Quencherkonzentration, kR = Geschwindigkeitskonstante einer photochemischen Reaktion

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Aromatische Ketone und Photochemie von Benzophenon - Reaktionsmechanismus - Benzophenon (Diphenylketon) ist ein einfaches aromatisches Keton. Nach Anregung durch Licht ausreichender Energie geht es schnell und mit hoher Quantenausbeute von nahezu 1 [2b] in ihren energetisch am tiefsten liegenden T1-Triplettzustand über. Das inter system crossing läuft deshalb so effizient ab, da der S1-Zustand eine ähnliche energetische Lage aufweist wie der T2-Zustand [2b]. Vom T2-Zustand relaxiert angeregtes Benzophenon schnell in den T1-Zustand, wo es auf photochemischen Zeitskalen lange stabil ist aufgrund der Notwendigkeit beim („spinverbotenen“) Zurückfallen bzw. Elektronenübergang in den S0-Grundzustand die Spins beider Elektronen wieder paaren zu müssen [3]. Von Benzophenon ist bekannt, dass es mit Quantenausbeuten von nahezu 1 in den T1-Zustand übergeht [2b]. Während der Zeit seiner Existenz im T1-Zustand hat Benzophenon nun die Möglichkeit an photochemischen Reaktionen teilzunehmen [3]. Eine Norrish-Typ-I-Reaktion bzw. alpha-Spaltung ist sehr ungünstig aufgrund der dann entstehenden energetisch sehr hoch liegenden Phenyl-Radikale [2b,12]; sie ist langsamer als das desaktivierende T1 -> S0 inter system crossing [2b]. Eine Norrish-Typ-II-Reaktion [12] ist aufgrund der Molekülstruktur ausgeschlossen, da beide Substituenten der Carbonylgruppe keine entsprechende nötige konformative Nähe zum Carbonyl-Sauerstoff etablieren können bzw. kein Propyl-Keton-Derivat vorliegt. In Abwesenheit von Wasserstoff-Donatoren (in „inerten Lösemitteln“) wird Benzophenon deshalb v.a. strahlungslos [2b] oder via Phosphoreszenz desaktivieren [2b] und wird klassischerweise als Triplett-Sensibilisator für die Photoreaktion anderer Reaktanten verwendet [3,12]. Didaktischer Kommentar: Gerade aufgrund dieser Situation, dass keine weiteren photochemischen Carbonyl-Reaktionsmechanismen als die nun im Folgenden besprochenen hinzukommen, ist die Reaktion relativ überschaubar und eignet sich somit für den schulischen Rahmen. Da Benzophenon ein klassischer Sensibilisator ist [3], wird dieser Themenkreis zumindest hinsichtlich des Grundprinzips des Energietransfers in Experiment 4 thematisiert. Der Mechanismus in alkoholischer Lösung, also in Anwesenheit von Wasserstoff-Donatoren, wird als Photoreduktion bzw. als Photopinakolisierung von Benzophenon oder auch als intermolekularer Wasserstoff-Transfer durch angeregtes Benzophenon bezeichnet [3,12]; er ist für das schulische Niveau didaktisch deutlich reduziert in Abbildung 6 dargestellt.

Abbildung 6: Vereinfachter Reaktionsmechanismus der Photopinakolisierung von Benzophenon in Alkoholen

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Photochemisch angeregtes Benzophenon abstrahiert Wasserstoff-Atome von der Stelle des H-Donators, welche die dann dort entstandene radikalische Situation möglichst gut stabilisieren kann. Anders ausgedrückt wird das H-Atom abstrahiert, dessen H-C-Bindung am labilsten ist [1,12,13]. (Dieser Aspekt wird im Experiment Nr. 7 dieses Aufsatzes thematisiert.) Anschließend kommt es zur radikalischen Folgechemie der gerade gebildeten Ketyl-Radikale, die in verschiedenen Möglichkeiten rekombinieren können. Als Hauptprodukt entsteht dabei Benzpinakol, und es wird Aceton, das unsymmetrische Rekombinationsprodukt und Pinakol als Nebenprodukte gebildet. Die drei verschiedenen Pinakole entstehen nicht in gleichem Maße, da der sehr schnelle Radikal-Transfer [2b,5a,14] zwischen den Isopropyl-Ketylradikalen und dem in sehr viel höherer Konzentration vorliegendem Grundzustand-Benzophenon hinzukommt und zum sehr schnellen Verbrauch der Isopropyl-Ketylradikale führt. Triebkraft ist die Bildung der thermodynamisch deutlich stabileren Benzhydryl-Ketylradikale und von Aceton. Somit liegen nur sehr kleine Konzentrationen an Isopropyl-Ketylradikalen vor, und Pinakol und das unsymmetrische Pinakol können deshalb nur in sehr geringen Mengen als Nebenprodukte gebildet werden [2b]. Aceton kann mit den in diesem Aufsatz geschilderten Methoden nicht beobachtet werden, im hiesigen Zusammenhang als Schulversuch ist dies jedoch kein Nachteil, da wir die Hauptproduktbildung über das Präzipitieren von Benzpinakol verfolgen. Bei Sauerstoffanwesenheit ist weiterhin die Bildung geringer Mengen 2-Hydroperoxy-2-propanol zu erwarten [8]. Fachlicher Hinweis an die Lehrerin bzw. den Lehrer:

Der Radikal-Transfer läuft nach Becker [1] via eines single elektron transfers (SETs) ab und ist in Abbildung 7 gezeigt: Didaktischer Kommentar: Im schulischen Rahmen ist fraglich, ob dieser Schritt detailliert behandelt werden sollte. Es könnte zielführender sein, dass die Schülerinnen und Schüler den Radikaltransfer einfach als vorhanden akzeptieren sollen, da ein solcher SET über die schulischen Grundlagen hinausgeht. Nicht betrachtet wird hier, dass weiterhin Benzhydrol entstehen kann, je nach Reaktionsbedingungen bzw. abhängig von der Bestrahlungsstärke [13,15]. In älterer Literatur findet man, dass dies nicht geschähe [16]. Ein bedingter Widerspruch in der Literatur sei weiterhin nicht unerwähnt: Das unsymmetrische Pinakol wird laut [2a,3,13,14,15,16,17,18,19] gebildet; nicht jedoch laut [2b]. Das symmetrische Isopropyl-Ketylradikal-Dimer („Pinakol“) wird laut [2a,3,15,19] ebenfalls gebildet, wenn auch dies in früheren Publikationen nicht erwähnt bzw. beobachtet wurde [16]. Eine plausible Erklärung dieses Spannungsfeldes ist der schon genannte Radikal-Transfer; die sehr schnelle Reaktion der Isopropyl-Ketylradikale mit Grundzustand-Benzophenon führt zum sehr schnellen Verbrauch der Isopropyl-Ketylradikale, und es werden stattdessen thermodynamisch deutlich stabilere Benzhydryl-Ketylradikale und Aceton gebildet [2b]. Somit liegen nur sehr kleine Konzentrationen an Isopropyl-Ketylradikalen vor, und Pinakol und das unsymmetrische Pinakol können nur in sehr geringen Mengen gebildet werden. Dies ist konsistent zur vermehrten Bildung der Isopropyl-Ketylradikale bei höheren Bestrahlungsstärken, welche zur Bildung des unsymmetrischen Pinakols führt [13,17] und nicht beobachtbar zur Bildung von Pinakol, da dies ein noch seltenerer Prozess einer Kinetik zweiter Ordnung wäre. Auch Braun [14] erklärt in diesem Sinne, dass das unsymmetrische Pinakol kaum und Pinakol nicht auftritt.

Abbildung 7: Radikal-Transfer-Mechanismus

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Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass weitere Aspekte in der Literatur diskutiert werden:

Es kann zu Disproportionierungen kommen [15].

Triplett-Triplett-Annihilierung kann hinzukommen [19].

Freie Radikal-Intermediate können (bei hohen Bestrahlungsstärken) Triplett-Benzophenon quenchen [14,20].

Die erneute photochemische Anregung von bereits gebildeten Benzhydryl-Ketylradikalen, welche v.a. zur Benzhydrolbildung und zur weiteren Nebenproduktbildung der substituierten Benzophenone via eines Oxidationsschrittes führt, könnte auftreten [13].

Die später auch im hiesigen Rahmen thematisierten light absorbing transients entstehen [4,15,18].

Zusammenfassend betrachten wir hier also einen bewusst gewählten und leicht beobachtbaren „Ausschnitt“ aus dem Geschehen: Da Benzpinakol ausfällt und im hiesigen schulischen Rahmen somit Maßstab der Produktbildung in dieser vereinfachten Sichtweise ist, ist die didaktisch reduzierte Behandlung der Reaktion gerechtfertigt.

Chemikalien, Sicherheitsaspekte, Materialien und apparative Ausstattung

In Tabelle 2 sind die, für die in dieser Publikation geschilderten Experimente, nötigen Chemikalien einschließlich Sicherheitshinweisen aufgeführt. Es ist sich im Vorfeld der Versuchsdurchführung mit dem Inhalt der Sicherheitsdatenblätter aller verwendeten Chemikalien vertraut zu machen!

Tabelle 2: In den Experimenten dieses Aufsatzes verwendete und hauptsächlich entstehende Stoffe einschließlich

Gefahrenhinweise Chemikalien

Chemikalie Gefahrenhinweise

Benzophenon (zur Synthese, ≥99%) Merck KGaA, Darmstadt

Achtung! H351 Kann vermutlich Krebs erzeugen H410 Sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung

Methanol ≥99,9% Chromasolv gradient grade, for HPLC, Sigma-Aldrich

Gefahr! H225 Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar H301+H311+H331 Giftig bei Verschlucken, Hautkontakt oder Einatmen H370 Schädigt die Organe

Ethanol (99%, „GPR Rectapur“) VWR International S.A.S.

Gefahr! H225 Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar H319 Verursacht schwere Augenreizung

Propan-1-ol zur Synthese, ≥99,9% Carl Roth GmbH

Gefahr! H225 Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar H318 Verursacht schwere Augenschäden H336 Kann Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen

Propan-2-ol (Isopropanol) ≥99,9% Sigma-Aldrich

Gefahr! H225 Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar H319 Verursacht schwere Augenreizung H336 Kann Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen

Acetonitril ≥99,9% Chromasolv gradient grade, for HPLC, Sigma-Aldrich

Gefahr! H225 Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar H302+H312+H332 Gesundheitsschädlich bei Verschlucken, Hautkontakt oder Einatmen H319 Verursacht schwere Augenreizung.

n-Butylacetat, reinst, ≥99,% (Essigsäurebutylester) Merck KGaA, Darmstadt

Achtung! H226 Flüssigkeit und Dampf entzündbar H336 Kann Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen

Naphthalin, rein Riedel-deHaën

Achtung! H228 Entzündbarer Feststoff H302 Gesundheitsschädlich bei Verschlucken H351 Kann vermutlich Krebs erzeugen H410 Sehr giftig für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung

Entstehendes Benzpinakol Kein gefährlicher Stoff

Alle entstehenden, vermuteten oder bekannten Stoffe

Sie sind als Forschungsstoffe mit unbekannten Eigenschaften zu behandeln; dementsprechend ist zu unterstellen: giftig, gesundheitsschädlich, ätzend

Eisen(II)-sulfat-Heptahydrat für Analyse, Riedel-deHaën

Achtung! H302 Gesundheitsschädlich bei Verschlucken H315 Verursacht Hautreizungen H319 Verursacht schwere Augenreizung

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In den Versuchen wird nur mit sehr geringen Mengen der Chemikalien gearbeitet, was intrinsisch einen hohen Grad der Sicherheit bietet; sollten größere Mengen an Lösemittel bspw. beim Umfüllen gehandhabt werden, so raten wir, dass dies von der Lehrkraft im weitgehend geschlossenen Abzug durchgeführt wird. Mit Naphthalin ist ebenfalls im weitgehend geschlossenen Abzug zu arbeiten. Beim Handhaben der Stoffe sollten von allen Experimentatoren die typische persönliche Schutzausrüstung getragen werden: Schutzbrille, Laborkittel und v.a. Nitril-Spritzschutzhandschuhe. Sicherheitshinweise zum Thema Peroxide: In den meisten Experimenten entstehen sehr geringe Mengen an Peroxiden bzw. Hydroperoxiden (vgl. auch Experiment 5). In größeren Mengen sind diese in Lösung gefährlich, insbesondere beim Einengen von Peroxid-enthaltenden Volumina bzw. bei trockenen Peroxiden bestünde Gefahr, dass diese explodieren könnten [21,22,23a]. Im schulischen Rahmen ist es hinsichtlich der hier vorgestellten Experimente jedoch bei weitem praktikabler, den Sauerstoff nicht in allen Ansätzen umständlich und zeitraubend mittels Inertgas auszutreiben. Auch der Vorgang des Entgasens ist mit einem gewissen Risiko behaftet, sich an Spritzenkanülen zu stechen und wird deshalb in Experiment 6 von der Lehrkraft selbst durchgeführt. Da die Reaktionsansätze alle nur im 1mL-Maßstab bestrahlt werden, ist die Gesamtmenge an gebildeten Peroxiden pro Ansatz äußerst gering. Die halb-quantitative Farbskala der Teststäbchen zeigt einen Wert von im deutlichsten Fall ca. 100 mg pro Liter gebildetem Peroxid an, was jedoch im 1-mL-Ansatz nur einer Gesamtmenge von 100 μg Peroxid pro Ansatz entspricht. Man muss sich vergegenwärtigen, dass die Peroxid-Teststäbchen primär zur regelmäßigen Kontrolle der Peroxid-Konzentration von Gebinden im Liter-Maßstab (bspw. Ether und sekundäre Alkohole) bestimmt sind, bevor diese z.B. eingeengt oder nach Verwendung als Lösemittel in Synthesen unter Vakuum abgezogen werden, wobei die Peroxide ggf. in der Trockne in deutlich größeren Mengen zurückblieben und damit gefährlich würden. Vor diesem Hintergrund raten wir trotz allem sicherheitshalber, die Reaktions-Vials nach der Bestrahlung nicht offen stehen zu lassen, sondern sie nach dem jeweiligen Experiment geöffnet in ein mit Acetonitril halb gefülltes Becherglas zu geben, und Eisen(II)-Sulfat im Überschuss zuzusetzen und vorsichtig auszuschütteln (siehe auch Literaturstelle [23b]), um die Peroxide zu reduzieren bzw. zu vernichten. Alternativ können die offenen Proben auch in einen mit Wasser (oder Acetonitril, dies würde die Löslichkeit und den Verdünnungseffekt der Peroxide sicherstellen) gefüllten Lösemittelkanister gegeben werden, so dass sie sich vollständig mit Lösemittel füllen, sehr stark verdünnt werden und unter Lösemittel feucht gehalten werden. Der Kanister kann anschließend normal entsorgt werden. Abschließend soll nicht unerwähnt bleiben, dass fast alle Experimente (außer der Vergleich zwischen Sauerstoffanwesenheit und -abwesenheit in Experiment 5 und Experiment 6) prinzipiell genauso unter Verwendung von Inertgas-gespülten Ansätzen durchführbar sind, was die Autoren auch erprobt haben. Einzig die nötigen Bestrahlungszeiten werden kürzer, was berücksichtigt werden muss. Arbeiten mit UV-Strahlung und mit sichtbarem Licht hoher Intensitäten:

UV-Strahlung ist gefährlich bzw. schädlich für Augen und Haut. Es sind deshalb während der Experimente unbedingt UV-undurchlässige Schutzbrillen und Laborkittel, zum Schutz von Augen und Haut vor Streustrahlung, zu tragen! Alle Lichtquellen sind nur in geschlossenen Einhausungen anzuschalten und es darf auf keinen Fall, auch nicht während des Tragens einer Schutzbrille, in eine angeschaltete Lichtquelle hineingesehen werden. (Auch Quellen sichtbaren Lichts können aufgrund hoher Strahlungsintensitäten die Augen schädigen, wenn hineingesehen wird.) Es empfiehlt sich, auf Einhausungen, welche eine eingeschaltete Lichtquelle enthalten, ein Schild zu stellen, was auf die Situation hinweist, womit irrtümliches Öffnen der Einhausung verhindert werden kann. Als einfachste Form einer Einhausung sei die in Tabelle 3 gezeigte Variante aus schwarzer Bastelpappe erwähnt; ansonsten sei verwiesen auf [11].

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Arbeiten mit Inertgas enthaltenden Druckgasflaschen:

Unter Druck stehende Gase stellen im plötzlichen Gasaustrittsfall eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar. Vorzugsweise sollten Inertgase deshalb, falls möglich, mittels Druckgasleitungen (mit Druckminderer am Ausgang), von einer Entnahmestation (außerhalb des Gebäudes) in das Laboratorium geführt werden. Müssen Druckgasflaschen im Laboratorium vor Ort verwendet werden, so sind sie gegen Umfallen zu sichern. Sie dürfen nicht mit aufgeschraubtem Druckminderer transportiert werden. Hintergrund ist die Gefahr des Abreißens des Druckminderers beim Umfallen, wodurch es zur abrupten Freisetzung des Inhaltes kommen kann, und die Druckgasflasche zu einer sich mit enormen Kräften durch den Raum bewegenden mechanischen Gefahr werden kann. Unabhängig davon gilt, dass es im Falle eines Austritts größerer Mengen des Inertgases zur Entstehung einer erstickenden Atmosphäre kommen kann, und es dann notwendig ist, das Laboratorium unverzüglich zu verlassen. Das An- und Abschrauben des Druckminderers ist nur von der Lehrkraft, mit erhöhter Vorsicht und Sorgsamkeit, zu verrichten. Dabei muss darauf geachtet werden, dass der Druckminderer richtig montiert und ausreichend fest angezogen wird.

In Tabelle 3 sind die für die in diesem Aufsatz geschilderten Experimente verwendeten bzw. empfohlenen Apparate aufgeführt. Eine detaillierte Schilderung für low-cost-Photochemie-Equipment,

das auch über die hier verwendeten Geräte hinausgeht, wird gerade zur Publikation vorbereitet [11].

Tabelle 3: Apparate und Materialien für die im Folgenden geschilderten Experimente

Einhausung aus schwarzer Pappe (selbstgebaut, Pappe aus Bastelbedarf)

und Magnet-Rührplatte bzw. Laborstativ. Hinweis: Die Pappe wurde überlappend gefaltet, so dass keine Streustrahlung aus „Spalten“ zwischen Wand und Boden bzw. Deckel hinausdringen kann.

3400 mW LED-UVA-366 nm-Lichtquelle der Firma Sahlmann Photochemical Solutions

http://www.sahlmann-ps.de/

(letzter Zugriff am 20.Oktober 2016, 16:40 Uhr)

1050 mW LED-400 nm-Lichtquelle der Firma Sahlmann Photochemical Solutions http://www.sahlmann-ps.de/

(letzter Zugriff am 20.Oktober 2016, 16:40 Uhr)

900 mW LED-530 nm Lichtquelle http://www.sahlmann-ps.de/

(letzter Zugriff am 20.Oktober 2016, 16:40 Uhr)

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Reaktionsgefäße: 1,5-mL-Borosilikat-Vials (für Autosampler) Mit Schraubverschlüssen, die ein Septum im Deckel enthalten Ausgestattet mit einem Kleinst-Rührfisch, welcher in die Vials passt.

Dünnschichtchromatographie-Platten, fluoreszierend (bei 254 nm) beschichtet: TLC Silica gel 60 F254, Firma Merck KGaA

-

Aluminiumfolie zum Falten einer Bestrahlungshalterung für die Reaktionsgefäße

-

Klebeband (bspw. der Firma Tesa)

Peroxid-Teststäbchen „Quantofix Peroxide 100“ Firma Macherey-Nagel, Düren

Pipetten (Eppendorf-Pipetten oder einfachere Alternativen, z.B. Pasteurpipetten)

-

Schutzgas: Stickstoff- oder Argonflasche mit Druckminderer im fein-regelbaren Bereich von 0-1L/min, mit Ausgangschlauch, dessen Ende ein 5mL-Spritzenkörper darstellt, so dass Spritzenkanülen daran befestigt werden können. Plastikspritzen 5 mL Spritzenkanülen

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Experimenteller Teil

Photochemische Experimente im Mikromaßstab in Borosilikatglas-Reaktionsgefäßen für die

Außenbestrahlung

Licht der Wellenlängen größer ca. 330 nm durchdringt optisches Glas und Laborglas (optisches Spezialglas, Pyrex/Duran 50) [2a,7]. Im hiesigen Zusammenhang werden zur Bestrahlung Lichtquellen mit relativ schmalen Emissionslinien mit Maxima um 366 nm (UVA-Licht), 400 nm (an der unteren Grenze des sichtbaren Bereichs) und 530 nm (mitten im sichtbaren Bereich) eingesetzt. Daneben wird außerdem auch die archaische Methode der Außenbestrahlung, das Sonnenlicht, thematisiert, das sowohl aus UVB-, UVA-, und sichtbarem Licht und aus Infrarotstrahlen besteht [7]. Deshalb können in diesem Rahmen kleine Borosilikatglas-Reaktionsgefäße, ausgestattet mit Kleinst-Rührfischen, zur Bestrahlung der Lösungen genutzt werden. Dazu können die in Tabelle 3 dargestellten 1,5 mL-Autosampler-Vials verwendet werden. Die Emissionsspektren der drei verschiedenen Wellenlängenbereiche der in Tabelle 3 genannten LED-Lichtquellen und ein vereinfachtes solares Emissionsspektrum sind in Abbildung 8 dargestellt.

Weitere Hinweise:

Möglicherweise durch die intensive Bestrahlung der Proben scheinen Prozesse angestoßen zu werden, welche mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung zur Präzipitation des Benzpinakols führen. Die zeitlich verzögerte Präzipitatbildung ist vermutlich begründet in nachträglicher Benzpinakol-Bildung durch den Zerfall der (reversibel gebildeten [2b]) LAT-Spezies (siehe unten) zurück zu Ketylradikal-Spezies [2b,24]. Diese Sichtweise ist konsistent mit der Verwendung hoher Strahlungsintensitäten, die zur vermehrten Bildung von Ketyl-Radikalen und in Folge dessen zur vermehrten Bildung von LATs pro Zeiteinheit führt, auch bedingt durch Mehrfachanregung [13,17]. Der Effekt kann aber auch u.a. darin begründet sein, dass die Bildung des ersten Kristallisationskeims eine gewisse Zeit beansprucht. Deshalb wird in den Versuchsdurchführungen nach der Bestrahlung ein paar Minuten gewartet, ob Produkt ausfällt, und nur andernfalls weiterbestrahlt. Nach Entfernen des Überstandes der Reaktionsmischung kommt es oft zeitlich verzögert zu erneuter (geringer) Präzipitatbildung. Dies erklärt sich darin, da sich nun das Gleichgewicht zwischen gelöstem Benzpinakol und ausgefallenem Benzpinakol neu einstellt.

Abbildung 8: Links: Emissionsspektren (qualitativ) der 3 hier verwendeten LED-Lichtquellen und Borosilikat-Cut-Off Rechts: modifiziert übernommen von [7]: Emissionsspektrum (qualitativ) der Sonne

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Experiment 1: Zeitlicher Verlauf der Photopinakolisierung von Benzophenon in Isopropanol

Versuchsdurchführung:

Bestrahlen Sie folgende in Tabelle 4 aufgeführten Reaktionsansätze in 1 mL-Borosilikat-Vials mit Kleinstrührfisch (Abbildung 9) mittels einer 366 nm-Lichtquelle im Abstand von 4 cm in einer selbstgefalteten Halterung aus Aluminiumfolie (vgl. Abbildung 8). Setzen Sie dazu eine Stammlösung (0,1 M, 10 mL) von Benzophenon (182,2 mg) in Isopropanol an und teilen Sie diese Lösung entsprechend auf.

Tabelle 4: Ansätze für Experiment 1

Ansatz Nr.

Benzophenon-Konzentration in Isopropanol in 1 mL Gesamtvolumen

Bestrahlungszeit [min]

Beobachtung

1 0,1 M 0 Unbestrahlte Referenz

2 0,1 M 1 Kein Präzipitat

3 0,1 M 2 Kein Präzipitat (ganz leichte gelblich-bräunliche Färbung)

4 0,1 M 3 Präzipitat

5 0,1 M 4 Präzipitat

6 0,1 M 5 Präzipitat

7 0,1 M 7,5 Präzipitat

8 0,1 M 10 Präzipitat

Nach vorsichtigem Herausnehmen der Rührfische, bspw. mittels eines größeren Rührfischs unter kurzem Schütteln zwecks Präzipitatabfalls, lässt man das entstandene Präzipitat während einer Stunde sedimentieren. Beobachtung: Mit steigender Bestrahlungszeit nimmt auch die Menge an Produkt-Präzipitat zu, der Umsatz des Benzophenons ist also abhängig von der Bestrahlungsdauer bzw. von der Anzahl der in das System eingetragenen Photonen. Eine sehr schwache gelbliche Verfärbung ist erkennbar. Frage an die Schülerinnen und Schüler: Weshalb sind in den beiden Ansätzen 2 (1 min bestrahlt) und 3 (2 Minuten bestrahlt) keine Präzipitate sichtbar? Erklärung: Das Löslichkeitsprodukt der entstandenen Produkte ist noch nicht überschritten.

Borosilikat-Vial

1 mL-

Reaktions-

volumen

Kleinstrührfisch

Abbildung 9: Links: Reaktionsansatz Rechts: Versuchsaufbau mit Alufolien-Halterung positioniert vor der Lichtquelle

Abbildung 10: Links: Vergleich Ansatz 1 (links) mit 3 (rechts): Noch kein Präzipitat und ganz schwache gelbliche Verfärbung Rechts: Vermehrte Präzipitatmenge bei längerer Bestrahlung

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Experiment 2: Abstandsabhängigkeit der Strahlungsintensität/Bestrahlungsstärke Versuchsdurchführung: Bestrahlen Sie zwei Reaktionsansätze (Tabelle 5) analog zu Experiment 1, doch nun unter Verwendung einer nicht-spiegelnden Halterung für das Reaktions-Vial zwecks deutlicher Unterscheidung der Ergebnisse, siehe Abbildung 11. Wählen Sie einen Abstand von 9 cm bzw. von 18 cm zur Lichtquelle. Tabelle 5: Ansätze für Experiment 2

Ansatz Nr.

Benzophenon-Konzentration Bestrahlungszeit und –abstand Beobachtung

9 0,1 M in Isopropanol Insgesamt ca. 5 Minuten in 1-Minuten-Schritten, gefolgt von jeweils 5-minütiger Pause Abstand 9 cm

Präzipitatbildung nach ca. 5 Minuten (in der Bestrahlungspause)

10 0,1 M in Isopropanol Insgesamt ca. 16 Minuten: 1. Bestrahlung: 10 min, gefolgt von 5 min

Pause 2. Jetzt in 1-Minuten-Schritten, gefolgt

von jeweils 5-minütiger Pause weiterbestrahlen

Abstand 18 cm

Präzipitatbildung nach ca. 16 Minuten (in der Bestrahlungspause)

Stoppen Sie die Bestrahlung nach jeweils einer Minute und begutachten Sie, ob schon Photoprodukt präzipitiert ist. Warten Sie weitere 5 Minuten, ob es zeitlich verzögert zur Präzipitation kommt. Wenn nicht, bestrahlen Sie eine weitere Minute.

Beobachtung und Erklärung: Präzipitatbildung (Abbildung 12) tritt bei 9 cm Abstand nach ca. 5 min Bestrahlungszeit und bei 18 cm Abstand nach ca. 16 min Bestrahlungszeit auf. Die (konstant angenommene) Bestrahlungsstärke (= Bestrahlungsintensität), welche pro Zeiteinheit auf das Reaktionsvolumen trifft, ist in erster Näherung umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstands r zwischen der (punktförmig angenommenen) Lichtquelle und der Oberfläche des Reaktionsvolumens („Abstandsgesetz“) [2a,25]:

𝐼[𝑊

𝑚2] =𝑃

4𝜋𝑟2 (6)

Abbildung 11: Einfache Reaktions-Vial-Halterung: Das Vial wird auf ein umgedrehtes Klebeband, auf einem Plastik- oder Holzklotz fixiert durch zwei weitere Klebebänder, gesetzt.

Abbildung 12: Versuchsaufbau zur Abstandsabhängigkeit der Bestrahlungsstärke (Präzipitat ist erkennbar)

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Gemäß diesem Zusammenhang der Abstandsabhängigkeit der Bestrahlungsstärke sollte eine Verdoppelung des Abstandes mit einer Verringerung der Bestrahlungsstärke um den Faktor 4 verbunden sein. Man würde daher erwarten, dass im Fall des doppelten Abstands Präzipitation von Photoprodukt erst nach ca. 20 Minuten anstatt nach ca. 5 Minuten auftritt. Hinweis: Abweichungen von diesen errechneten theoretischen Werten sind u.a. dadurch erklärbar, dass höhere Strahlungs-intensitäten bzw. Bestrahlungsstärken mit einem teilweise anderen mechanistischen Geschehen bzw. Auftreten der Rückreaktion und der light absorbing transients (LATs) verbunden sind. Somit ist es akzeptabel und nicht überraschend, wenn diese Näherung des Faktors 4 nur bedingt im Rahmen der hier geschilderten, mit einfachen Versuchsaufbauten durchgeführten Experimente zutrifft.

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Experiment 3: Photopinakolisierung von Benzophenon in Abhängigkeit verschiedener Anregungswellenlängen Bestrahlen Sie, analog zu Experiment 1, folgende Reaktionsansätze (gemäß Tabelle 6), nun mittels verschiedener Lichtquellen bzw. mit Sonnenlicht auf der Fensterbank. Da die beide nun verwendeten Lichtquellen mit Emissionsmaxima im sichtbaren Bereich deutlich schwächer emittieren (ca. 1000 mW pro Minute) als die bisher verwendete UVA-Lichtquelle, werden sie in geringem Abstand von 1 cm zur Aluminiumhalterung der Reaktionsansätze positioniert. Stoppen Sie die Bestrahlung nach jeweils 5 Minuten und begutachten Sie, ob schon Photoprodukt präzipitiert ist. Warten Sie weitere 5 Minuten, ob es zeitlich verzögert zur Präzipitation kommt. Wenn nicht, bestrahlen Sie 5 weitere Minuten. Vergleichen Sie die Ergebnisse mit Experiment 1.

Tabelle 6: Ansätze für Experiment 3

Ansatz Nr.

c(Benzophenon) Lichtquelle bzw. Wellenlängen-Maximum

Abstand Lichtquelle – Probe

Bestrahlungszeit Beobachtung

11 0,1 M in Isopropanol

400 nm 1 cm Insgesamt ca. 30 Minuten in 5-Minuten-Schritten, gefolgt von jeweils 5-minütiger Pause

Präzipitatbildung nach ca. 30 Minuten (in der Bestrahlungspause)

12 0,1 M in Isopropanol

530 nm 1 cm 2 Stunden Keine Präzipitatbildung

13 0,1 M in Isopropanol

Sonnenlicht:

Fensterbank Mehrere Tage Präzipitatbildung bestehend aus großen Kristallen

Hinweis: Zum quantitativen Vergleich der Versuche müssten die unterschiedlichen Bestrahlungs-stärken bzw. Intensitäten der Lampen exakt berücksichtigt werden, worauf hier der Einfachheit halber verzichtet wird. Stattdessen wird davon ausgegangen, dass in 1 cm Bestrahlungsabstand die vom Hersteller angegebene Leistung von ca. 3,4 Watt (UVA) bzw. ca. 1000 mW (sichtbares Licht) jeweils zur Verfügung stehen. Eine Vervierfachung des Abstandes im UVA-Fall auf 4 cm (Experiment 1) lässt in grober Näherung erwarten, dass die Bestrahlungsstärke um den Faktor 16 geringer ist. (Wie schon in Experiment 2 thematisiert nimmt die Bestrahlungsstärke mit dem Quadrat des Abstandes ab.) Somit kann ungefähr davon ausgegangen werden, dass bei Experiment 3 zumindest keine geringere

Bestrahlungsstärke auftritt als in Experiment 1.

Weiterer Hinweis: Die Bestrahlungsintensitäten/-stärken beeinflussen, wie schon erwähnt, auch das mechanistische Geschehen; hier wird dies in Näherung jedoch als irrelevant angenommen bzw. vernachlässigt.

Beobachtungen und Erklärung:

Unter Verwendung der 400 nm-Lichtquelle fällt nach ca. 30 Minuten Benzpinakol aus. Bei Einsatz der 530 nm-Lichtquelle unterbleibt dies auch nach 2-stündiger Bestrahlung. Im, dem Sonnenlicht für mehrere Tage ausgesetzten, Ansatz haben sich Benzpinakol-Kristalle gebildet (Abbildung 13).

Abbildung 13: Präzipitat bzw. Kristallbildung nach mehreren Tagen im Sonnenlicht

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In Abbildung 14 sind die Emissionsspektren aller drei LED-Lichtquellen gezeigt und mit dem Absorptionsspektrum von Benzophenon in Isopropanol überlagert dargestellt. Der langwelligste Übergang (nπ**) wurde im Konzentrationsbereich von 0,01 M gemessen, wo er gut aufgelöst ist. Er überlappt deutlich mit dem Emissionsspektrum der 366 nm-Lichtquelle, gerade noch mit dem Spektralbereich der 400 nm-Lichtquelle und eindeutig nicht mehr mit dem Emissionsspektrum der 530 nm-Lichtquelle. Damit Benzophenon photochemisch angeregt werden kann, müssen die eingestrahlten Lichtquanten ausreichender Energie entsprechen bzw. ausreichend kurzwellig sein, um den nπ*-Übergang auslösen zu können (vgl. die Einführung über das Jablonski-Diagramm im Theorieteil). Anders ausgedrückt hat der Anteil der Emissionsspektren für die Benzophenon-Anregung ausreichende Energie, der mit dem Absorptionsspektrum desselben überlappt.

Im Bereich um 400 nm absorbiert Benzophenon nur noch ganz schwach, aber ausreichend, um zur Photoreaktion angeregt zu werden. Sehr häufig kommt es bei Photoreaktionen v.a. darauf an, dass das Edukt generell in einen höheren angeregten Elektronenzustand überführt wird. Die genaue energetische Differenz, in welche das Molekül übergeht, ist meist gar nicht so entscheidend, da das Molekül gemäß der „Regel von Kasha“ sehr schnell in den tiefsten angeregten Singulettzustand relaxiert, unabhängig davon, welcher angeregte Singulettzustand anfangs induziert wurde (vgl. auch Theorieteil). Beim Benzophenon kommt es dann relativ rasch zum inter system crossing in den T2-Zustand. Dort greift wieder die Regel von Kasha und die Situation relaxiert schnell in den T1-Zustand. Dies geschieht bei Benzophenon schneller als photochemische Reaktionen ablaufen können. Der T1-Zustand ist nun relativ lange stabil, da zum Zurückfallen in den S0-Grundzustand die beiden einzelnen Elektronen wieder dasselbe Orbital besetzen müssen und dazu ihre Elektronenspins paaren müssen, was durch Auswahlregeln benachteiligt ist. Es bleibt hier also, im Vergleich mit den konkurrierenden Prozessen, Zeit für photochemische Reaktionen. Im Bereich um 530 nm absorbiert Benzophenon gar keine Photonen mehr, weshalb es mittels grünen Lichts nicht zu Photoreaktionen angeregt werden kann.

Bei Sonnenlicht ist davon auszugehen, dass bei intakter Ozonschicht Strahlung kürzerer Wellenlänge als ca. 280 nm herausgefiltert wird [12]. Fensterglas kann je nach Typ sowohl von einem bestimmten UVB-Anteil als auch von UVA-Strahlung durchdrungen werden [26]. Diese führt genau wie der Einsatz künstlicher UVA-Strahlung zur Photoreaktion.

Frage an die Schülerinnen und Schüler: Weshalb sind die Kristalle beim Sonnenlichteinsatz größer als in den anderen Experimenten? Erklärung: Die Bestrahlungsstärke des Sonnenlichts ist deutlich geringer als unter Verwendung der LED-Lichtquelle. Deshalb läuft die Reaktion deutlich langsamer ab, und die gebildete Benzpinakolmenge steigt sehr langsam an, so dass nach Überschreitung der Löslichkeitsschwelle viel Zeit bleibt für das Wachstum einiger weniger Kristalle. Dabei fällt pro Zeiteinheit so wenig Benzpinakol an, dass es nur an der Grenzfläche der wenigen schon vorhandenen Kristallisationskeime zur Vergrößerung des im Entstehen begriffenen Festkörpers anlagert, diese aber dafür deutlich größer werden als bei plötzlicher Präzipitation.

Abbildung 14: Links: Emissionen der drei verschiedenen LED-Lichtquellen und Absorption von Benzophenon (beides qualitativ) Recht: Der vergrößerte Ausschnitt zeigt den gerade noch vorhandenen Überlapp der 400 nm-Emission mit der Benzophenon-Absorption

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Experiment 4: Quenchen der Photopinakolisierung mit Naphthalin - Energietransfer - Versuchsdurchführung: Setzen Sie zwei Stammlösungen (0,2 M, 5 mL), von Benzophenon (182,2 mg) und von Naphthalin (128,2 mg), jeweils in Isopropanol an. (Hinweis: Der Lösevorgang beim Naphthalin dauert einige Zeit; es ist empfehlenswert, dass die Lehrkraft die Stammlösung im Vorfeld des Unterrichts ansetzt.) Pipettieren Sie einen Reaktionsansatz mit Magnetrührfisch (gemäß Tabelle 7) in einem 1 ml-Vial. Bestrahlen Sie den Reaktionsansatz analog zu Experiment 2, also unter Verwendung einer nicht-spiegelnden Halterung für das Reaktions-Vial zwecks deutlicher Unterscheidung der Ergebnisse, mittels der 366 nm-Lichtquelle im Abstand von 9 cm zur Lichtquelle in mehreren Zeitschritten, wie in Tabelle 8 aufgeführt. Vergleichen Sie das Ergebnis mit dem aus Experiment 2. Achtung: Arbeiten mit Naphthalin sollten nur im weitgehend geschlossenen Abzug durchgeführt werden, sowie auch das Pipettieren des Reaktionsansatzes. Den Schülerinnen und Schülern könnte eine fertige Reaktionslösung durch die Lehrkraft zur Verfügung gestellt werden. Tabelle 7: Pipettierschema für Ansatz Nr. 14

Pipettierschema Stammlösung Benzophenon Stammlösung Naphthalin Lösemittel Isopropanol

Ansatz Nr. 14 500 μL 100 μL 400 μL

Tabelle 8: Ansatz für Experiment 4

Ansatz Nr.

c(Benzophenon) und c(Naphthalin)

Bestrahlungszeit [min] Beobachtung

14 Benzophenon: 0,1 M Naphthalin: 0,02 M in Isopropanol

Insgesamt ca. 26 Minuten: 3. Bestrahlung: 20 min, gefolgt von 5 min

Pause 4. Jetzt in 2-Minuten-Schritten, gefolgt

von jeweils 5-minütiger Pause weiterbestrahlen

Präzipitatbildung nach ca. 26 Minuten (in der Bestrahlungspause)

Beobachtungen und Erklärung: Im Vergleich zu Ansatz 9 aus Experiment 2 kommt es hier deutlich später zur Präzipitatbildung, d.h. Benzophenon wird deutlich langsamer umgesetzt. Der in Abbildung 15 dargestellte Grund hierfür ist, dass Naphthalin angeregte Benzophenon-Zustände durch Energietransfer in deren Grundzustand zurücküberführen kann und dabei selbst in einen angeregten Zustand übergeht. Dies geschieht, sobald ein Naphthalin-Molekül (im Grundzustand) auf ein Benzophenon-Molekül (in einem angeregten Zustand) trifft. Durch Energietransfer angeregtes Naphthalin relaxiert, v.a. durch Abgabe der Anregungsenergie als Wärme an die umgebenden Lösemittelmoleküle, wieder in seinen Grundzustand zurück (physikalische Desaktivierung). Man spricht in diesem Zusammenhang von Naphthalin als „Löscher“ (engl. „quencher“) des angeregten Benzophenons und in umgekehrter Betrachtung vom angeregten Benzophenon als „Sensibilisator“ (engl. „sensitizer“) des Naphthalins. Durch Anwesenheit des Naphthalins kann also ein Teil der angeregten Benzophenon-Moleküle via eines nun hinzukommenden Desaktivierungskanals zurück in seinen Grundzustand überführt werden; deshalb dauert es dabei länger, Benzophenon zu Pinakolisieren bzw. Präzipitatbildung zu beobachten.

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Das generelle Prinzip des Wechselspiels zwischen Sensibilisator und Löscher ist in Abbildung 16 schematisch dargestellt: Die Energie kann normalerweise nur auf den Quencher transferiert werden, wenn der dann entstehende angeregte Zustand energetisch die gleiche Lage hat (Energietransfer „geht gerade noch“) oder eine tiefere energetische Lage aufweist. Als Daumenregel geht man davon aus, dass der Energietransfer ab einem energetischen Unterschied von 10-15 kJ/mol so rasch abläuft, dass er beim Aufeinandertreffen der beiden Moleküle direkt stattfindet, d.h. also diffusionskontrolliert abläuft [1]. Im Fall von T1-Benzophenon (Triplettzustandsenergie = 287 kJ/mol) wird Naphthalin ebenfalls in seinen T1-Zustand (Triplettzustandsenergie = 253 kJ/mol) angeregt [2a], was einer Diffusionskontrolle entspricht. Weitere Informationen: Das Löschen von angeregten Zuständen ist eine wichtige Methode der Photochemie, u.a. zur Untersuchung von Reaktionsmechanismen. So kann bei einer Reaktion bspw. durch Löschen näherungsweise aller angeregten Triplett-Moleküle die nur auf angeregten Singulettzuständen basierende Reaktion und Produktentstehung untersucht werden. Naphthalin ist ein klassischer Löscher von Triplettzuständen [2a,2b]. Umgekehrt kann Naphthalin, das von allein quasi kein inter system crossing vollzieht, mittels Benzophenon in seinen T1-Zustand überführt werden und die Desaktivierung dieses Naphthalin-T1-Zustands kann somit untersucht werden [2a]. Energietransfer kann außerdem auch intramolekular auftreten [2a]. Didaktischer Kommentar: Auf genauere Betrachtungen bzw. Unterscheidung von Singulett- und Triplettzuständen wurde hier verzichtet; bspw. auf die Betrachtung der Wigner`schen Spinerhaltungsregeln [8].

Abbildung 15: Löschung angeregter Benzophenon-Zustände durch Naphthalin

Abbildung 16: Generelles Wechselspiel zwischen Sensibilisator und Löscher beim Energietransfer

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Experiment 5: Photopinakolisierung von Benzophenon unter Sauerstoffausschluss Versuchsdurchführung: Wiederholen Sie Experiment 2 (die Reaktion analog Ansatz 9) nun ohne Sauerstoffanwesenheit. Setzen Sie dazu eine Stammlösung (0,1 M, 10 mL) von Benzophenon (182,2 mg) in Isopropanol an und befüllen Sie ein Vial mit 1 mL der Stammlösung. Vergessen Sie nicht, jetzt einen Kleinstrührfisch hineinzugeben. Nun werden die im Reaktionsvolumen gelösten Gase mit Inertgas (Stickstoff oder Argon) verdrängt [2a] („Ausgetrieben“) bzw. durch gelöstes Inertgas ersetzt, indem der Chemielehrer, wie in Abbildung 17 gezeigt, Inertgas unter Verwendung zweier Spritzenkanülen in das Reaktionsgefäß für 3 Minuten vorsichtig bzw. langsam einleitet bzw. das Gas durch die Reaktionslösung hindurchperlen lässt. Eine Spritzenkanüle dient als Druckausgleichsöffnung bzw. Ausgang durch das Septum des Vials, die zweite zur Gaseinleitung. Die einleitende Kanüle wird dabei, wie in Abbildung 17 dargestellt, an einer vorher mit Inertgas befüllten Spritzenkanüle befüllten 50 mL-Spritze befestigt. Achtung: Es besteht Gefahr, sich an den Spritzenkanülen zu stechen. Das Einleiten des Inertgases sollte nur von der Lehrkraft, unter erhöhter Vorsicht, durchgeführt werden.

Tabelle 6: Ansatz für Experiment 5

Ansatz Nr.

Benzophenon-Konzentration Bestrahlungszeit und –abstand Beobachtung

15 0,1 M in Isopropanol Insgesamt ca. 3,5 Minuten in 0,5-Minuten-Schritten, gefolgt von jeweils 5-minütiger Pause Abstand 9 cm

Präzipitatbildung nach ca. 3,5 Minuten (in der Bestrahlungspause)

Stoppen Sie die Bestrahlung nach jeweils einer halben Minute und begutachten Sie, ob schon Photoprodukt präzipitiert ist. Warten Sie weitere 5 Minuten, ob es zeitlich verzögert zur Präzipitation kommt. Wenn nicht, bestrahlen Sie weiter. Sobald Präzipitatbildung aufgetreten ist, öffnen Sie das Reaktionsgefäß und geben 1 Tropfen des Überstandes auf ein Peroxid-Teststäbchen. Nach 20 Sekunden geben Sie einen Tropfen Wasser hinzu. Machen Sie dasselbe mit der Probe von Experiment 1, bei welcher erstmals Präzipitat aufgetreten ist und mit einem Tropfen unbestrahlter Benzophenon-Stammlösung (0,1 M).

Beobachtung und Erklärung:

Präzipitatbildung tritt bereits früher als bei Sauerstoffanwesenheit auf. Der Grund hierfür ist, dass Sauerstoff, ähnlich wie schon im Zusammenhang mit Naphthalin geschildert, als Löscher fungiert [2b]. Somit muss bei Sauerstoffanwesenheit länger bestrahlt werden, um eine gleiche Menge an Benzophenon photochemisch umzusetzen. Hier, unter Sauerstoffausschluss, liegt nun eine höhere Quantenausbeute vor, d.h. von einer bestimmten Anzahl an von Benzophenon absorbierten Photonen führt eine größere Anzahl zur photochemischen Reaktion, da der konkurrierende Prozess des Löschens des angeregten Zustands durch Sauerstoff nicht abläuft. Didaktischer Kommentar: Die Interaktionsmöglichkeiten von Triplett- und Singulett-Sauerstoff mit organischen Molekülen sind vielfältig [2b] und liegen außerhalb des Rahmens dieses Aufsatzes. Deshalb wird hier nicht zwischen Singulett-Sauerstoff und dem „normalen“ Triplett-Sauerstoff unterschieden. Bspw. kann Triplett-Sauerstoff mit elektronisch angeregten Singulett-Molekülen entweder via Energietransfer oder via Elektronentransfer reagieren [2b]. Von angeregtem Triplett-Benzophenon weiß man, dass es aus Triplett-Sauerstoff via Energie-Transfer Singulett-Sauerstoff erzeugen kann [2b].

Abbildung 17: Verdrängung von Sauerstoff

Abbildung 18: Test auf Peroxid-Anwesenheit

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Bei Sauerstoffanwesenheit ist als weitere Nebenreaktion mit Peroxid-Entstehung zu rechnen; eine literaturbekannte Möglichkeit ist in Abbildung 19 gezeigt; weitere Reaktionen sind denkbar [2b].

Konsistent hierzu zeigt der Ansatz aus Experiment 1 deutlich mehr Peroxid-Entstehung (dunkelblau verfärbtes Feld des Teststäbchens, siehe Abbildung 18) als Ansatz Nr. 15. Der vor Bestrahlung mit Inertgas gespülte Ansatz Nr. 15 weist nur eine hellblaue Verfärbung auf. Die unbestrahlte Benzophenon-Stammlösung verfärbt das Teststäbchen gar nicht bzw. nur sehr schwach. (Hinweis: Perfekter Sauerstoffausschluss ist im hiesigen einfachen Versuchsrahmen nur bedingt möglich, hinzu kommt, dass generell Sauerstoff-Atome im System sind und bestimmte, in nur sehr geringem Maße auftretenden Peroxid-bildende Nebenreaktionen nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden können.) Dies bedeutet, dass keine messbaren Mengen oder zumindest deutlich weniger Peroxide entstanden sind.

Abbildung 19: Denkbarer Ablauf der Hydroperoxid-Bildung [2b,8]

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Experiment 6: Konkurrenzreaktionen - Lichtabsorbierende Zwischenprodukte - Versuchsdurchführung: Setzen Sie eine Stammlösung (1 M, 10 mL) von Benzophenon (1,822 g), jetzt in Propan-1-ol, an und befüllen Sie zwei Vials mit jeweils 1 mL dieser Lösung. Treiben Sie im Reaktionsvolumen vorhandenen Luftsauerstoff analog zu Experiment 5 mittels Einleitens von Inertgas bei einem der Ansätze (mit Kleinstrührfisch) aus und bestrahlen Sie ihn unter Verwendung der 366 nm-Lichtquelle im Abstand von 4 cm für 10 Minuten in einem selbst gefalteten Aluminiumfolienhalter. Vergleichen Sie das Aussehen der Lösungen in beiden Vials. Öffnen Sie den bestrahlten Ansatz, um ihn dem Luftsauerstoff auszusetzen, und warten Sie ca. 30 Minuten; vergleichen Sie das Aussehen beider Ansätze erneut. Tabelle 7: Ansätze für Experiment 6

Ansatz Nr.

Benzophenon-Konzentration Bestrahlungszeit und –abstand Beobachtung

16 1 M in Propan-1-ol 10 Minuten Abstand 4 cm

Gelblich-bräunliche Färbung

17 1 M in Propan-1-ol unbestrahlt Klare farblose Lösung

Beobachtung und Erklärung: Nach Bestrahlung von 1M Benzophenon in n-Propanol weist die noch klare Lösung eine gelblich-bräunliche Färbung auf (Abbildung 20 links), welche vermutlich auf die light absorbing transients (LATs) zurückzuführen ist [4,15,18,27] (vgl. Hinweis unten). Sie verringern, sobald sie gebildet sind, die effektive Bestrahlungsstärke bzgl. Benzophenon [15,18].

Mechanistisch kann die Bildung der LATs, wie in Abbildung 21 gezeigt, vermutet werden. Das Benzhydryl-Ketylradikal liegt als Überlagerung mehrerer Grenzstrukturen vor, worin sich auch seine relative Stabilisierung begründet. Es kann auch aus den anderen Grenzstrukturen in einer Radikal-Rekombinationsreaktion reagieren. Adam und Walther gehen davon aus, dass Benzhydryl-Radikale nach erneuter photochemischer Anregung der Benzhydryl-Radikal-Spezies vermehrt LATs bilden [13].

Abbildung 20: Links: Vergleich der bestrahlten bzw. verfärbten Lösung, unmittelbar nach Öffnen des Reaktionsgefäßes, mit der unbestrahlten Lösung von 1M Benzophenon in n-Propanol Rechts: Wieder entfärbte Lösung nach Exposition gegenüber Luftsauerstoff

Abbildung 21: Plausibler Mechanismus der LAT-Bildung [15], am hiesigen Propan-1-ol-Beispiel als vermutlich zu bezeichnen dargestellt

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Fachlicher Hinweis: Im Fall der Photoreduktion von Benzophenon in Isopropanol wurden verschiedene LATs diskutiert und untersucht [15,18], wobei man davon ausgeht, dass das gemischte para-Kopplungsprodukt 2-[4-(Hydroxylphenylmethylen)cyclohexa-2,5-dienyl]propan-2-ol (siehe Abbildung 22, zweite Reihe) die relevanteste Verbindung ist [28]: Durch Luftsauerstoff werden die LATs oxidiert [4,18] bzw. reagieren diese dadurch zum jeweiligen substituierten Benzophenon [16], was im Propan-1-ol-Fall vermutlich (vgl. [29]) ursächlich ist für die Entfärbung der Lösung und für die Präzipitation von Photoprodukten (schwach zu erkennen) (Abbildung 20 rechts). Mechanistisch kann man sich im Groben das in Abbildung 23 dargestellte Geschehen vorstellen: Obwohl das Benzophenon-Anion in n-Propanol untersucht worden ist und man dabei auch das Benzhydryl-Ketylradikal als kurzlebige Zwischenstufe beobachtet hat [28,29], ist den Autoren keine Veröffentlichung bekannt, in deren Zusammenhang die eigentlichen Photoprodukte der Photoreduktion von Benzophenon in n-Propanol charakterisiert worden sind, was auch die LATs mit einschließt. Untersucht worden sind die LATs jedoch im Propan-2-ol-System [15,18,28] und im Ethanol-System [17]. Deshalb bleibt die Betrachtung letztlich ein wahrscheinlicher Analogieschluss. Eine Änderung der Absorptionseigenschaften des Reaktionsvolumens, welche bei Sauerstoff-anwesenheit reversibel ist bzw. innerhalb einer Stunde anstatt während mehrerer Tage im Sauerstoffabwesenheitsfall reversibel ist [29], wird hier als typisch für die v.a. in anderen Alkoholen untersuchten LATs interpretiert bzw. diskutiert [18,27]. Da man die Verfärbung des Reaktionsvolumens bei Verwendung von Propan-1-ol mit dem bloßen Auge deutlich besser erkennen kann als bei Propan-2-ol, wurde aus didaktischen Gründen dieses System zur Sichtbarmachung der LATs genutzt und in Analogieschlüssen davon ausgegangen, dass die Verhältnisse jenen bei Verwendung von Propan-2-ol entsprechen.

Abbildung 22: Vier mögliche LAT-Spezies des Benzophenon-Isopropanol-Systems

Abbildung 23: Oxidation der gemischten para-LAT

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Didaktischer Kommentar: Das zentrale Lernziel hier besteht darin, dass die Schülerinnen und Schüler das Auftreten von Nebenprodukten in Photoreaktionen als sehr typisch für photochemische

Umsetzungen und daher als zu erwarten kennenlernen.

Hinweise: Trotz längeren Stehenlassens bleibt eine ganz leicht erkennbare Verfärbung erhalten (konsistent mit Beobachtungen von [18]), die wahrscheinlich auf weiteren Photoprodukten [29] bzw. möglicherweise auf den Oxidationsprodukten der LATs beruht. Oft kommt es im Laufe des Entfärbungsprozesses zur Präzipitation von Photoprodukten, wahrscheinlich aufgrund verzögerter Kristallisationskeimbildung und vermutlich auch durch nachträgliche, d.h. nach Ende der Bestrahlung einsetzende, Benzpinakol-Bildung durch den Zerfall der LAT-Spezies zurück zu Ketylradikal-Spezies [2b,24]. Wir gehen im hiesigen Rahmen davon aus, dass es v.a. die drei oder nur ein Teil der in diesem Aufsatz mechanistisch zentralen Pinakole sind, nun jedoch bzgl. der Bildung aus n-Propanol und in höherer Konzentration, da auch Benzophenon nun 1 M eingesetzt wurde. Die Hypothese wird auch durch den dünnschicht-chromatographischen Befund (siehe Experiment 7) gestützt, wo die oberste Bande des Propan-1-ol-Systems dem literaturbekannten Benzpinakol, welches bei Verwendung der anderen Alkohole entsteht, zugeordnet werden kann.

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Experiment 7: Geschwindigkeit der Photoreaktion in verschiedenen Alkoholen

Die Komplexität des mechanistischen Geschehens ist bereits oben diskutiert worden. Nichtsdestotrotz kann die initiale H-Abstraktion vom Alkohol-Wasserstoff-Donator durch ein photochemisch angeregtes Benzophenon-Molekül als „Auftakt“ des gesamten Geschehens betrachtet werden (primary

photoreduction step) [19]. Im Folgenden wird die Reaktionsgeschwindigkeit dieses initialen Schrittes,

in grober Näherung betrachtet, als maßgeblich für die Dauer des Ablaufs der Gesamtreaktion, in verschiedenen Alkoholen (Isopropanol, n-Propanol, Ethanol und Methanol) als H-Quelle verglichen. Dabei werden alle weiteren Einflussfaktoren wie Möglichkeiten der Rückreaktion [15], nochmalige Anregung eines schon angeregten Benzophenon-Moleküls [13], Verminderung der Bestrahlungs-stärke durch Präzipitate oder light absorbing transients, und unterschiedliche Absorptions- und Desaktivierungseigenschaften in den verschiedenen Alkoholen näherungsweise bewusst vernachlässigt. In diesem Sinne nehmen wir Folgendes an, was in Abbildung 24 qualitativ dargestellt ist: Angeregtes Benzophenon abstrahiert ein Wasserstoff-Atom von einem Solvens-Alkohol-Molekül. Dies läuft umso schneller ab, je energetisch tiefer der mit dieser Reaktionskoordinate verbundene Übergangszustand liegt bzw. je besser die dabei entstehende radikalische Spezies durch Nachbargruppeneffekte stabilisiert wird. Als Trend der stabilisierenden Einflüsse der Substituenten im Molekül kann folgendes angenommen werden:

Ein +M-Effekt des Sauerstoffs wirkt direkt auf das C-Atom, welches das Radikal trägt. (Dies trifft auf alle vier hier verglichenen, radikalischen Intermediate zu; der -I-Effekt des Sauerstoffs wird von dessen +M-Effekt überkompensiert.)

Hinzu kommt ein +I-Effekt von jeder direkt am radikalischen Zentrum vorhandenen Methylgruppe.

Es wirkt ein etwas stärkerer +I-Effekt, ausgehend von der Ethyl-Gruppe auf das aus n-Propanol entstandene Radikal, da der +I-Effekt über mehrere Bindungen wirksam ist, wenn auch seine Stärke dabei schnell mit der Anzahl an Einfachbindungen, über die er wirkt, abfällt.

Abbildung 24: Oben: Darstellung des ersten bimolekularen Schritts der Gesamtreaktion. Links unten: Qualitativer Vergleich der energetischen Lagen der Übergangszustände, welche zur Bildung der Ketylradikale führen. Rechts unten: Auf das radikalische Zentrum der Ketylradikale wirkende, intramolekulare stabilisierende Effekte, gezeigt am Beispiel der n-Propyl-Ketylradikals

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Didaktischer Kommentar: Elektronenziehende und elektronendrückende Gruppen werden hier im Rahmen eines für die Oberstufe adäquaten Modells betrachtet; deshalb wird von Mesomeren Effekten (M-Effekten) und von Induktiven Effekten (I-Effekten) gesprochen und weiterführende Aspekte, wie bspw. die Theorie der Hyperkonjugation, werden nicht thematisiert. Somit ergibt sich folgender zu erwartender Trend der Reaktionsgeschwindigkeiten in Abhängigkeit der

H-Donator-Qualität des Solvens, was der Abfolge der qualitativen energetischen Lagen der gezeigten

Übergangszustände entspricht (Abbildung 24):

Isopropanol > n-Propanol > Ethanol > Methanol Die Geschwindigkeit der Photoreduktion von Benzophenon ist also in dieser Betrachtungsweise in erster Näherung abhängig vom Wasserstoff-Donator, was im nun folgenden finalen Versuch dieser Unterrichtseinheit schul-experimentell nachvollzogen wird. Versuchsdurchführung: Hinweis: Die folgenden Versuchsdurchführungen und -ergebnisse sind sowohl bei Anwesenheit als auch bei Ausschluss von Sauerstoff vergleichbar und können dementsprechend in beiden Varianten durchgeführt werden. Der Einfachheit halber wird hier das Experiment mit Sauerstoffanwesenheit besprochen. Jeweils ein Ansatz Benzophenon (0,1 M), nun in den 4 verschiedenen Alkoholen gelöst, wird wie in den vorherigen Experimenten in einem Borosilikat-Vial mittels der 366 nm-LED-Lichtquelle in einem selbstgefalteten Aluminiumfolien-Ständer bestrahlt (5 Minuten, Abstand 4 cm). Tabelle 8: Ansätze für Experiment 7

Ansatz Nr.

Benzophenon-Konzentration Bestrahlungszeit und –abstand Beobachtung

18 0,1 M in Isopropanol 5 Minuten Abstand 4 cm

Präzipitat

19 0,1 M in n-Propanol 5 Minuten Abstand 4 cm

Klare Lösung

20 0,1 M in Ethanol 5 Minuten Abstand 4 cm

Klare Lösung

21 0,1 M in Methanol 5 Minuten Abstand 4 cm

Klare Lösung

Nach der Reaktion werden die Vials geöffnet und ca. 15 Minuten an der Luft stehen gelassen. Im Isopropanol-Ansatz hat sich Präzipitat gebildet, welches während der 15 Minuten sedimentiert. Der Überstand wird vorsichtig ohne Aufwirbeln oder Mitreißen des Sediments mit einer Pasteur-Pipette oder Spritze abgenommen und in ein weiteres Vial überführt. Das Sediment wird durch Zugabe von ca. 1 mL Acetonitril wieder aufgelöst, welcher vorsichtig mit dem Augenmaß im Vergleich zum Füllstand der anderen Vials hinzugegeben wird. Zur Sichtbarmachung der Reaktionsmischung wird jeweils 1 μL der Lösungen mit einer Tüpfel-Kapillare auf ein Dünnschicht-Chromatographieplättchen (Silikagel, fluoreszierend bei 254 nm) aufgetragen; als instationäre Phase bzw. Laufmittel wird reines n-Butylacetat verwendet. Man betrachtet das in Abbildung 25 gezeigte Ergebnis unter einer UV-Lampe bei 254 nm:

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Beobachtungen und Auswertung: Die durch Auftragen des unbestrahlten Benzophenons (gelöst in Isopropanol) identifizierten, sehr intensiven Eduktbanden lassen erkennen, dass in allen bestrahlten Fällen die Benzophenon-Menge abgenommen hat; auch ist erkennbar, dass die Benzophenon-Menge in Isopropanol photochemisch am meisten verringert wurde; dies ist deutlicher sichtbar im Falle des Auftragens von in Acetonitril mit dem Faktor 5 verdünnten Ansätzen, siehe rechts in Abbildung 25. Die Benzophenon-Mengen der drei anderen Ansätze liegen hinsichtlich ihrer Intensitäten zwischen dem unbestrahlten Fall und dem Isopropanol-Fall; die Abfolge ihrer Intensitäten untereinander ist nicht auswertbar. Da die obersten Banden in allen bestrahlten Proben auftreten und gleichauf mit dem Sediment des Isopropanol-Ansatzes laufen, müssen diese Banden Benzpinakol entsprechen; die Präzipitation des Benzpinakols bei der Photoreduktion von Benzophenon ist, wie im Theorieteil ausführlich dargelegt wurde, literaturbekannt. Der entscheidende Punkt ist nun: Die abnehmenden Intensitäten der Produktbanden sind jedoch gut erkennbar. Beachtet werden muss dabei, dass die Benzpinakol-Bandenintensität des Ansatzes in Isopropanol aufgrund des Aufteilens in die zwei Proben „Überstand“ und „Sediment“ aus eben diesen beiden Bandenintensitäten zusammengenommen besteht. Benzpinakol beginnt erst nach dem Überschreiten einer bestimmten Konzentration auszufallen, deshalb ist ein Teil des Benzpinakols im Überstand enthalten. Vergleicht man die Intensitäten der anderen auftretenden und langsamer eluierenden Produktbanden der jeweiligen Spalte des Chromatogramms, so ist der Trend des Abfallens der Bandenintensitäten von links nach rechts überwiegend auch hier erkennbar.

Laufmittelfront

Auftragungshöhe

unbestrahlt unbestrahlt

Isopropanol

Überstand

Isopropanol

Sediment

n-Propanol

Ethanol

Methanol

Benzpinakol

Benzophenon

Weitere Photoprodukte, vermutlich jeweils das

entsprechende gemischte Pinakol und das

symmetrisches Pinakol (aus zwei Alkoholen)

jeweils 1 μL

unverdünnt

aufgetragen

jeweils 1 μL verdünnt um den

Faktor 5 aufgetragen:

Abbildung 25: Dünnschichtchromatographisches Ergebnis

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Die zusammengenommenen Beobachtungen bestätigen den vermuteten Trend, dass im Rahmen der oben erwähnten Näherung die Reaktionsgeschwindigkeiten der initialen H-Abstraktion, und damit in unserer Betrachtungsweise auch die Gesamtreaktionsgeschwindigkeit, in der im Chromatogramm beobachteten Reihenfolge von links nach rechts abnehmen. Hinweis: Das qualitative Sichtbarmachen des Trends gestaltet sich nicht ganz einfach, folgende Aspekte wurden genauer untersucht: Als Laufmittel wurden auch häufiger verwendete Lösemittel bzw. Lösemittelmischungen (Ethylacetat, Cyclohexan, Ethanol etc.) ausprobiert, welche nicht die gewünschte Trennung erbrachten. Die Intensitäten der Benzophenon-Eduktbanden wurden bei verschiedenen aufgetragenen Mengen und bei verschiedenen Belichtungs- bzw. Helligkeitskontrasten der Digitalkamera verglichen; die Unterscheidung der Mengen ist bestenfalls qualitativ möglich (vergleiche Abbildung 26). Die oben diskutierten Ansätze wurden auch in stärkerer Verdünnung chromatographiert, wobei jedoch auch keine bessere qualitative Abfolge des Eduktverbrauchs beobachtet werden konnte und die Photoproduktbanden zu schwach sichtbar waren; die Eduktmengen sind zwar nicht gleich, aber doch zu ähnlich, um sie mittels Dünnschicht-chromatographie zu unterscheiden.

Frage an die Schülerinnen und Schüler Weshalb werden nur die H-Atome am, die OH-Gruppe tragenden, C-Atom abstrahiert? Erklärung: Weil die Bindung dort am labilsten ist, da das dann entstehende Ketylradikal von der maximalen Anzahl an zusammenwirkenden intramolekularen Effekten stabilisiert werden kann.

Abbildung 26: Auftragung jeweils eines μL an unbestrahlter Eduktlösung, bei verschiedenen Belichtungsverhältnissen fotographiert

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[11] Ein Aufsatz „low-cost-Photochemie-Equipment für Hochschule und Schule“, der einen Vorschlag zur gekühlten bzw. isothermen Reaktionsführung enthält, wird aktuell von den Autoren zur Publikation an anderer Stelle vorbereitet.

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