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RKR2020 – Umweltplanung Modul 2
Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
Anlage D7.13
14.12.2018
Berichtverfasser:
BNGF GmbH
im Rahmen der
Arbeitsgemeinschaft Bosch & Partner / BNGF
Im Auftrag von
Kraftwerk Reckingen AG
RKR2020 – Umweltplanung Modul 2
Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
Anlage D7.13
Projektleitung: Dr. Kurt Seifert, Klaus Müller-Pfannenstiel
Bearbeitung: Dr. Kurt Seifert
Dipl.-Biol. Manfred Ache
Dipl.-Ing. Bernhard Kalusa
Dr. Stefan Schütz
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen I
Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg Anlage D7.13
BNGF GmbH – Büro für Naturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
Inhaltsverzeichnis
Seite
1. Anlass und Aufgabenstellung .............................................................................. 1
2. Fachrechtliche und fachliche Anforderungen .................................................... 2
2.1 Deutschland: Gesetzliche Grundlagen bezüglich Durchgängigkeit und Fisch-
schutz ............................................................................................................................... 2
2.2 Schweiz: Gesetzliche Grundlagen zur Sanierungspflicht bezüglich der Fisch-
gängigkeit ........................................................................................................................ 4
2.3 Internationale Wanderfischprogramme und Verordnungen ......................................... 6
2.4 Migrationsbedarf und Zielarten ...................................................................................... 6
2.4.1 Migrationsbedarf ............................................................................................................... 6
2.4.2 Zielarten ............................................................................................................................ 8
3. Standörtliche Evaluierung des Fischabstiegs und Fischschutzes am
Kraftwerk Reckingen .......................................................................................... 13
3.1 Wanderverhalten, Abwanderkorridore und Fischverteilung auf verschiedenen
Abflusspfade ................................................................................................................. 13
3.1.1 Allgemeine Grundlagen des Fischabstiegs und der Wanderkorridore ............................. 13
3.1.2 Fischgrößen und -Mengenanteile am Abstieg ................................................................. 14
3.1.3 Fischabstieg in Abhängigkeit von Jahreszeit und Abfluss ................................................ 14
3.2 Abschätzung der Verteilung des Fischabstiegs am Standort Reckingen auf den
Turbinenpfad/Wehrpfad ................................................................................................ 15
4. Evaluierung des Schädigungspotenzials beim Abstieg von Fischen über
die Wehr- und Turbinenanlage des RKR ........................................................... 18
4.1 Technisch-hydraulische Charakterisierung des Standortes der Wehr-
/Kraftwerksanlage Reckingen ....................................................................................... 18
4.1.1 Lage und standörtliche Situation ..................................................................................... 18
4.1.2 Maschinenhaus ............................................................................................................... 19
4.1.3 Stauwehr ......................................................................................................................... 20
4.1.4 Wehrsteuerung ................................................................................................................ 22
4.2 Beurteilung von Fischschäden bei der Wehrpassage ................................................ 24
4.2.1 Allgemeine Grundlagen ................................................................................................... 24
4.2.2 Schädigungsrisiko für Fische am Stauwehr Reckingen ................................................... 26
4.3 Fischschäden bei der Kraftwerkspassage .................................................................. 28
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen II
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4.3.1 Schädigung von Fischen in den Kraftwerksturbinen ........................................................ 28
4.4 Technische Daten der Turbinen und Einlaufrechen ................................................... 31
4.5 Bewertung der potenziellen standörtlichen (Kraftwerks-/Wehrstandort RKR)
Schädigungsraten für absteigende Fische .................................................................. 33
4.5.1 Allgemeine Grundlagen ................................................................................................... 33
4.5.2 Schädigungsraten ........................................................................................................... 34
4.5.3 Potenzielle Schädigungen am Kraftwerks-Einlaufrechen ................................................. 43
4.6 Zusammenfassende Bewertung der Beeinträchtigungen des Fischabstiegs/der
Fischgängigkeit durch den Betrieb des RKR .............................................................. 44
4.6.1 Zusammenfassung der standörtlichen Mortalitätsraten ................................................... 44
4.6.2 Bewertung des Gefährdungsrisikos für die Zielarten beim Abstieg .................................. 44
5. Vermeidung/Verminderung von Fischschäden - Sanierungsmöglichkeiten . 48
5.1 Allgemeine Grundlagen ................................................................................................ 48
5.2 Möglichkeiten der Schadenminderung beim Fischabstieg am RKR ......................... 50
5.2.1 Derzeitige Abweisvorrichtungen am RKR ........................................................................ 50
5.2.2 Konventionelle Rechen (physische Barrieren) ................................................................. 50
5.2.3 Fischschutz- und Fischabstiegsanlagen (FSA) ................................................................ 53
5.2.4 Möglichkeiten für Planung und Bau einer FSA am RKR .................................................. 54
5.2.5 Konzeptionelle Überlegungen zu einer potenziellen zukünftigen FSA am Standort
Reckingen ....................................................................................................................... 55
5.2.6 Fischfreundliche Turbinen ............................................................................................... 58
5.2.7 Fischschonendes Anlagenmanagement (FsAM) ............................................................. 59
6. Zusammenfassung ............................................................................................. 66
7. Literatur ............................................................................................................... 68
Anhang
Anhang 1: Artenkollektiv mit repräsentativen Zielarten bezüglich Fischschutz
Anhang 2: Mittlere Abfluss-Jahresganglinie Pegel Reckingen 2000 bis 2016 und Abflussgang
für den Zeitraum Oktober bis Februar für die Jahre 2008-2017
Anhang 3: Berechnung der Schädigungsraten für Aale am Kraftwerk Reckingen
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen III
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Tabellenverzeichnis
Seite
Tab. 1: Bedeutung der Fischarten als Zielarten im Hochrhein nach DÖNNI ET AL. (2017) ........................... 11
Tab. 2: Linke Seite: Ausgewählte repräsentative Zielarten für den Fischschutz und Fischabstieg im UG mit Zuordnung der „Bedeutung“ nach DÖNNI ET AL. (2017) / Rechte Seite: Naturschutzfachliche und fischereiliche Bedeutung der Zielarten ............................................................................................................ 11
Tab. 3: Abgeschätzte Verteilung abwandernder Individuen am Standort RKR auf Größen-/Altersklassen .................................................................................................................................................. 14
Tab. 4 Hydraulische/hydrologische Kenndaten Hochrhein am Kraftwerk Reckingen ..................................... 19
Tab. 5: Technische Daten des Kraftwerks Reckingen .................................................................................... 20
Tab. 6 Technische Daten der Turbinenanlagen des RKR ............................................................................... 31
Tab. 7: Kenndaten Einlaufrechen .................................................................................................................... 32
Tab. 8: Ausgangsdaten und berechnete Schädigungsraten für Aale bei der Turbinenpassage am Standort RKR bei Anwendung des Prognosemodells und nach EBEL (2008) oben: Normalansatz Aallänge 60 cm, unten: Worst-Case-Ansatz: Aallänge 65 cm......................................................................... 36
Tab. 9: Berechnete Schädigungsraten inkl. Korrektur für Vorschäden für Aale bei der Turbinenpassage am Standort RKR bei Anwendung des Prognosemodells nach EBEL (2008) oben: Normalansatz Aallänge 60 cm, Vorschäden ./. 3 %, unten: Worst-Case-Ansatz: Aallänge 65 cm, Vorschäden ./. 6 % .......................................................................................................................................... 37
Tab. 10: Durchschnittliche Schädigungsraten beim Aal Vorzustand (Maschine 1alt und Maschine 2), Abwanderungsanteil über Turbinenpfad 97,5 % ............................................................................................. 37
Tab. 11: Zukünftige durchschnittliche Schädigungsraten beim Aal ab Ende 2017 (Maschine 1neu und Maschine 2), Abwanderungsanteil über Turbinenpfad 97,5 % ....................................................................... 38
Tab. 12: Prognose der Schädigungsrate für Smolts (Lachs, Meerforelle, Bachforellen bis 25 cm) und Juvenil-Stadien potamodromer Fischarten nach dem Modell von LARINIER & DARTIGUELONGUE (1989)............................................................................................................................................................... 39
Tab. 13 Durchschnittliche Schädigungsraten (Mortalität) für verschiedene Fischarten bei der Passage der Kaplanturbinen im KW Dettelbach, Main (HOLZNER 1999), Mortalität von langestreckten, spindel-/torpedoförmigen Adultfischen ......................................................................................................................... 41
Tab. 14 Prognose der standörtlichen Gesamtmortalität (%) für potamodrome Arten aller Größenklassen unter Berücksichtigung der Verteilung der abwandernden Individuen auf den Turbinenpfad (80%) und auf den Wehrpfad (20 %) ........................................................................................ 42
Tab. 15: Geschätzte standörtliche Gesamtmortalitätsraten (%) Aal (mit/ohne Abzug von Vorschäden), Lachs und für potamodrome Arten unter Berücksichtigung der Verteilung der abwandernden Individuen auf den Turbinenpfad und auf den Wehrpfad .............................................................................. 44
Tab. 16: Bewertung des Mortalitätsrisikos und der Schwere der Beeinträchtigung beim Fischabstieg für die Populationen der diadromen und der potamodromen Zielarten ........................................................... 45
Tab. 17: Artspezifische Körperlängen, ab denen Vertikalrechen mit ausgewählten lichten Stabweiten nicht mehr passiert werden können. Kursiv gedruckte Werte kennzeichnen Fischlängen, die in der Natur nur ausnahmsweise oder gar nicht vorkommen. ................................................................................... 51
Tab. 18: Artenkollektiv mit repräsentativen Zielarten (FETTDRUCK) für die Bewertung von Schutzansprüchen bei der Abwanderung ............................................................................................. Anhang 1
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen IV
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Abbildungsverzeichnis
Seite Abb. 1: Migrationsbedarf der Fischfauna im TBG 20 Hochrhein und ca. Position des RKR (aus LUBW Handreichung Fischschutz u. Fischabstieg 2016 abgeändert) ......................................................................... 7
Abb. 2: Lachspotenzialgewässer Schweizer Kantone und ca. Position des RKR (aus Dönni et al. 2016 abgeändert) ....................................................................................................................................................... 8
Abb. 3: Bedeutung der bewerteten Fischarten als Zielarten für die Erhaltung und Förderung der Wanderfische in der Schweiz aus (DÖNNI ET AL. 2017) ................................................................................... 10
Abb. 4: Abflusskennwerte am Pegel Reckingen, Zeitreihe 1931-2009 (LUBW 2009). Die oberen bzw. unteren Balken stellen die Hochwasser(HQ)- bzw. Niedrigwasser(NQ)-Abflusswerte dar. In den Boxplots symbolisiert die obere Begrenzung den mittleren Hochwasserabfluss (MHQ), die mittlere Linie den Mittelwasserabfluss (MQ) und die untere Begrenzung den Mittleren Niedrigwasserabfluss (MNQ).. Die angestrebte Ausbauwassermenge des Kraftwerks Reckingen von 600 m³/s ist als gestrichelte Linie dargestellt. ........................................................................................................................... 16
Abb. 5: Lage des RKR innerhalb der Kraftwerkskette des Hochrheins zwischen Bodensee und Basel ........ 18
Abb. 6: Übersicht standörtliche Situation der Stauanlage Wehr-/Kraftwerk Reckingen (Quelle: Kraftwerke Reckingen AG: Wehrreglement für die Stauanlage Reckingen) ................................................... 18
Abb. 7: Normalschnitt durch das Maschinenhaus (Quelle: Kraftwerke Reckingen AG: Wehrreglement für die Stauanlage Reckingen, Juni 2016)....................................................................................................... 19
Abb. 8: Oben: Systemschnitt bei Wehrüberlauf. Unten: Normalschnitt durch das Stauwehr (Quelle: Kraftwerke Reckingen AG: Wehrreglement für die Stauanlage Reckingen, Juni 2016) ................................. 21
Abb. 9: Lageplan des Wehrbauwerks und des Turbineneinlaufbauwerks mit Sohl-Gelände Tiefenlinien. Stauziel (Wasserspiegel OW): 331,94 m nSH, WSP UW bei Wehrüberfall (ab Q = 600 m
3/s) = 323,60 m nSH Fließrichtung von rechts (OW) nach links (UW) ......................................................... 22
Abb. 10: links: neues Laufrad der Maschine 1, RKR eingebaut im Sept. 2017. Rechts: ersetztes ehemaliges (2013) Laufrad der Maschine 1. Beide Laufräder in geschlossener (horizontaler) Schaufelblattstellung. Links großer Schaufelradabstand, große Öffnungsfläche (rot umrandete grüne Fläche), kleiner Spalt (gelber Keil) zwischen Schaufelrad und Nabe. Rechts: Überlappende Schaufelräder mit kleiner Öffnungsfläche (rot umrandete grüne Fläche), großer Spalt (gelber Keil) zwischen Schaufelrad und Nabe. .................................................................................................................... 32
Abb. 11: Fangentwicklung alle Fischarten (oben), Barbe (unten) im Hochrhein im Untersuchungsgebiet (Fischereireviere im Hochrhein zwischen UW KW Eglisau bis Aaremündung) über die Jahre 1963 bis 2015 (Datenquelle: Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK, Bundesamt für Umwelt (BAFU), 2017 .................................................. 47
Abb. 12: Beziehung zwischen biometrischen Daten (Länge/Höhe/Dicke) von Fischen und lichten
Rechenstabweiten bei Rechen mit vertikalen Stäben. .................................................................................... 51
Abb. 13: Prinzipskizze zu den Komponenten einer FSA (aus LUBW 2016 unverändert) .............................. 53
Abb. 14: Prinzipskizze einer FSA mit Horizontalrechen geneigt zum Anströmvektor (aus LUBW 2016
unverändert) .................................................................................................................................................... 57
Abb. 15: Systemskizze einer potenziellen FSA-Konzeption mit horizontaler Schräganströmung und ca.
30 Grad horizontalem Anstellwinkel der Ableitvorrichtung zum Anströmungsvektor ...................................... 58
Abb. 16: Zeitliche Verteilung der Fangergebnisse (Schokker-/Hamenfischerei) in kg der Aal-
Wanderwellen zwischen Oktober und Februar (Untersuchungsjahre 2011-2017) ......................................... 62
Abb. 17: Zeitliche Koordination Turbinenmanagement ................................................................................... 64
Abb. 18: Effektivität von Fischschutzmaßnahmen an Kraftwerksketten für diadrome Arten .......................... 64
Abb. 21: Gemittelte Jahres-Abflussganglinie des Rheins am Pegel Reckingen (Tagesmittelwerte, Jahresreihe 2000–2016). Quelle: eigene Darstellung nach http://www.hydrodaten.admin.ch ............ Anhang 2
Abb. 22: Abflussganglinie des Rheins am Pegel Reckingen für den Zeitraum Oktober bis Februar. Der MQ für die Jahresreihe 2009-2017 für Okt.-Feb. Beträgt ca. 355 m
3/s (Tagesmittelwerte, Jahre 2008–
2017). Quelle: eigene Darstellung nach http://www.hydrodaten.admin.ch .......................................... Anhang 2
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Glossar
Abundanz: Anzahl der Organismen in Bezug auf eine bestimmte Fläche oder Raumeinheit
adult: erwachsen (geschlechtsreif)
anadrom: Tiere (Fische), die zur Eiablage aus dem Meer ins Süßwasser ziehen.
anthropogen: durch menschlichen Einfluss bedingt.
Artendiversität: Artenmanigfaltigkeit, Artenreichtum, Bezeichnung für die Vielfalt in Organismengemein-
schaften beurteilt nach Artendichten und Einheitlichkeit der Individuendichten.
autochthon: in einem Gebiet selbstständig entstanden, bodenständig, standorttypisch, ursprünglich.
Autökologie: Ökologie von Arten; Untersuchung der Anpassung von Arten an ihren Lebensraum.
benthisch: den Boden bewohnend.
Biodiversität: die über alle biologischen organisationsebenen hinweg anzutreffende Vielfalt von Organis-
men (genetische Vielfalt, Vielfalt von Arten, Gattungen, Familien und höheren Taxa), Mannigfaltigkeit
von Ökosystemen und Lebensgemeinschaften.
Biomasse: Gewicht einer Organismengruppe pro Flächen- oder Volumeneinheit.
Biozönose: Lebensgemeinschaft, Gemeinschaft von in Raum und Zeit zusammenlebenden Arten, Artenliste
einer Lebensgemeinschaft.
Cypriniden: Karpfenartige Fische
Detritus: Gesamtheit der toten organischen Partikel, die im Wasser schweben oder am Grund des Gewäs-
sers abgelagert sind.
Diadrom: Fischarten, die zwischen Meer und Süßwasser wandern
Eutrophierung: Nährstoffanreicherung
Epipotamal: bei der längszonalen Gliederung von Fließgewässern oberster Abschnitt des Mittellaufs; ent-
spricht in der Fischregionengliederung der Barbenregion.
Epirhithral: bei der längszonalen Gliederung von Fließgewässern oberster Abschnitt des Oberlaufs; ent-
spricht in der Fischregionengliederung der Oberen Forellenregion.
Fischarten: Die folgende Tabelle listet Fischarten, die im deutschen- und Schweizerdeutschen Sprachge-
brauch unterschiedliche Bezeichnungen tragen. Im Sinne einer einheitlichen Bezeichnung, und um
Doppelnamen zu vermeiden, werden im weiteren Dokument ausschließlich die in der untenstehenden
Tabelle fett gedruckten Fischartenbezeichnungen verwendet.
Allgemeingebräuchliche Namen im deut-
schen und Schweizer Sprachraum
Wissenschaftliche Namen
Döbel, Alet, Aitel Squalius cephalus
Flussbarsch, Egli Perca fluviatilis
Steinbeißer, Dorngrundel Cobitis taenia
Ukelei, Laube Alburnus alburnus
Groppe, Koppe Cottus gobio
Brachsen, Brachsmen Abramis brama
Quappe, Rutte, Trüsche Lota lota
Güster, Blicke Blicca bjoerkna
Gründling, Gressling Gobio gobio
Rapfen, Schied Aspius aspius
Rotauge, Plötze Rutilus rutilus
Gilde: Gruppe von Arten mit ähnlichen Strategien der Ressourcennutzung oder ähnlichen Lebensformtypen.
Habitat: Lebensraum bestimmter Beschaffenheit und Lokalität (auch: Lebensraum einer Art oder eines Or-
ganismus).
Hybride: Nachkommen genetisch unterschiedlicher Eltern, insbesondere von Eltern, die zu unterschiedli-
chen Arten gehören.
Hyporhithral: bei der längszonalen Gliederung von Fließgewässern unterer Abschnitt des Oberlaufs; ent-
spricht in der Fischregionengliederung der Äschenregion.
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aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
Hypopotamal: bei der längszonalen Gliederung von Fließgewässern der Unterlauf bzw. die Mündungsregi-
on in das Meer; entspricht in der Fischregionengliederung der Kaulbarsch/Flunderregion.
indifferent: Bezeichnung für Organismen, die keine ausgeprägte Präferenz bezüglich eines lebensraumbe-
stimmenden Faktors (z.B. Fließgeschwindigkeit) zeigen.
Interstitial (hyporheisches): (durchflossenes) Lückensystem der Gewässersohle (Bettsediment); Hohl-
raumsystem der Kiesschicht
juvenil: jugendlich (nicht geschlechtsreif).
katadrom: Tiere, die zur Eiablage aus dem Süßwasser ins Meer ziehen.
Kolmation: Verstopfung/Verlegung der Poren im Boden, Verminderung der Durchlässigkeit des Gewässer-
bodens durch Ablagerungen (äußere K.) und Einlagerungen (innere K.), Abdichtung der Bettsedimente.
Laterale Konnektivität: Quervernetzung vom Hauptgewässer mit Seitengewässern
lenitisch: durch ruhig fließendes Wasser gekennzeichneter Bereich, in dem Lebewesen, die stehendes oder
langsam strömendes Wasser bevorzugen (stagnophil), leben.
letal: tödlich
lithophil: Bezeichnung für aquatische Organismen, die vorzugsweise auf Steinen vorkommen bzw. Steine
(Kies) als Laichsubstrat bevorzugen
longitudinal: in der Längsrichtung verlaufend.
Makrophyten: submerse Wasserpflanzen mit Körpergliederung in Wurzel, Stamm und Blatt; inkl. Moose und
Characeen, lebende Pflanzenteile, Wurzelbärte, Ufergrasbüschel etc.; mit bloßem Auge deutlich er-
kennbar.
Makrozoobenthos: Sammelbezeichnung für wirbellose Tiere, die den Gewässerboden bewohnen und zu-
mindest in einem Lebensstadium mit freiem Auge sichtbar sind.
Migration: Wanderung.
Morphologie: Wissenschaft von der Form/ Gestalt.
Neozoen: aus entfernten Gebieten oder anderen Kontinenten nach 1492 (neu) eingewanderte oder einge-
bürgerte Tierarten.
Ökosystem: funktionelle Einheit von Lebewesen und ihrer Umwelt in der Biosphäre, ein offenes System -
durch Stoffkreisläufe zur Selbstregulierung befähigt, nie scharf abzugrenzen.
Physiologie: Lehre von den physikalischen und biochemischen Vorgängen in den Zellen, Geweben und
Organen aller Lebewesen
Phytobenthos: Algenaufwuchs des Gewässerbodens
Phytoplankton: photoautotrophes Plankton bestehend aus Kieselalgen, Grünalgen, Goldalgen, Dinoflagel-
laten und Cyanobakterien
phytophil: Bezeichnung für tierische Organismen, die mit Vorliebe Pflanzen besiedeln, die der Ernährung,
aber auch als Wohn-, Schutz- und Jagdraum dienen; Krautlaicher im Sinne von Reproduktionsgilden.
Population: Reproduktionsgemeinschaft in einem abgegrenzten Raum
potamodrom: Tiere (Fische), die innerhalb der Binnengewässer Wanderungen durchführen
Prädation: Räuberdruck.
Rekrutierung: Rekrutierungspotenzial = strukturelle Grundlage (Laichplätze und Brut/Jungfischhabitate und
deren räumliche Verknüpfung), welche die Versorgung eines Gewässerabschnittes mit Fischnachwuchs
gewährleistet.
rheophil: Bezeichnung für Organismen, die sich mit Vorliebe in Gewässern mit starker Strömung aufhalten.
Rhithral: sommerkalte (< 20 °C), steinig-kiesige, gefällereiche Region eines Fließgewässers.
r-Strategie: Vermehrungsstrategie, Anpassungsstrategie, bei der ein Überschuss an Nachkommen erzeugt
wird. Viele dieser Nachkommen fallen der „natürlichen Mortalität“ zum Opfer und nur wenige gelangen
sicher zur Fortpflanzung.
rhithral: der Rhithralregion zugehörend
Salmoniden: forellenartige Fische.
Saprobie: Intensität des Abbaues organischer Substanzen durch Stoffwechselvorgänge. Die Saprobie ist
ein Komplementärbegriff auf Trophie.
Smolt: juveniles Stadium von Lachs oder Meerforelle, das aus dem Süßwasser ins Meer abwandert
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen VII
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stagnophil: ruhigwasserliebend.
Taxonomie: einheitliche Klassifizierung von Organismen
Zooplankton: im Freiwasserraum lebender und mit der Wasserbewegung passiv treibender tierischer Anteil
des Planktons (Plankton: Gesamtheit der im Freiwasserraum schwebenden (lebenden) Organismen mit
gänzlich fehlender oder nur geringer Eigenbewegung: sie treiben passiv im Gewässer.
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Abkürzungsverzeichnis
ARGE Arbeitsgemeinschaft
BFE Bundesamt für Energie (CH)
BGF Bundesgesetz über die Fischerei (CH)
BNatSchG Bundesnaturschutzgesetz (DE)
BW Baden-Württemberg
CH Schweiz
DE Deutschland
EEG Erneuerbare-Energien-Gesetz (DE)
FAA Fischaufstiegsanlage
FB Fachbericht/Fachbeitrag
FFH-RL Flora-Fauna-Habitat – Richtlinie
F-km Flusskilometer
FischG Fischereigesetz für BW
FSA Fischschutz- und Fischabstiegsanlagen
GSchG Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer, Gewässerschutzgesetz (CH)
GSchV Gewässerschutzverordnung (CH)
fiBS Fischbasiertes Bewertungssystem zur Ermittlung der des ökologischen Zustands/Potentials
der Fischfauna
FSA Fischschutz und Fischabstiegsanlage
FsAM Fischschonendes Anlagenmanagement
LFischVO Landesfischereiverordnung BW zul. geändert 2012
LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg
nSH neuer Schweizer Horizont
OGewV Oberflächengewässerverordnung (DE)
OW Oberwasser
Rhein-km Rhein-Kilometer = Flusskilometer
RKR Rhein-Kraftwerk Reckingen
RKR2020 Vorhaben Neukonzessionierung RKR
RPF Regierungspräsidium Freiburg (DE/BW)
USchadG Umweltschadengesetz (DE)
UVEK Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
UW Unterwasser
VwV-FischG Verwaltungsvorschrift des Minist. F. Ländl. Raum u. Verbrauchersch. zur Durchführung des
FischG in BW
VVGF Verordnung zum Bundesgesetz über die Fischerei (CH)
WG Wassergesetz für Baden-Württemberg
WHG Wasserhaushaltsgesetz (DE)
WKA Wasserkraftanlage
WRRL Wasserrahmenrichtlinie (EG)
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Allgemeine Hinweise zur Flusskilometrierung:
1. Die Begriffe Flusskilometer (F-km) und Rheinkilometer (Rhein-km) werden synonym ver-
wendet.
2. Im Untersuchungsgebiet des Projektes RKR2020 im Hochrhein liegen mehrere Systeme
der Flusskilometrierung nebeneinander vor:
a) Zurzacher Beschluss: Für den Standort der Hochrheinkraftwerke existiert noch die alte
Kilometrierung gemäß Zurzacher Beschluss von 1990. Der Standort des RKR liegt ge-
mäß Zurzacher Beschluss bei F-km 90,53, gemäß Kilometrierung nach LUBW 2010 bei
F-km 90,1.
b) LUBW 2010: Für die Maßnahmenplanungen in den Anlagen D8, D9 und D13.01 bis
D13.12 wurden die Kilometrierungsdaten des amtlichen Digitalen Wasserwirtschaftlich-
en Gewässernetzes (AWGN) der LUBW (Stand 2010) verwendet.
c) Für die Kartierungen und die zugehörigen Fachberichte (Anlagen D7.01 bis D7.05,
D7.08 bis D7.13) wurde anhand der F-km Punkte in der Landeskarte 1:25.000 des
Schweizer Bundesamts für Landestopografie (swisstopo) eine eigene Flussachse kon-
struiert (siehe Anlage D7.01 – Fachbericht Fischfauna, Anhang 15 – Übersichtsplan).
Die Kilometrierungsdaten in den Fachberichten und den zugehörigen Kartenanhängen
beziehen sich auf diese Flussachse und weichen an einigen Stellen von den vollen
F-km-Punkten nach swisstopo und LUBW 2010 ab (bis ca. ± 0,1 km).
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 1 Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
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1. Anlass und Aufgabenstellung
Am 16.03.1926 wurde der Kraftwerk Reckingen AG das Recht verliehen, eine Wasserkraftanlage
am Hochrhein bei Reckingen (Rhein-km 90,53 gemäß Zurzacher Beschluss bzw. F-km 90,1 ge-
mäß LUBW 2010) zu errichten und zu betreiben. Die derzeit gültige Konzession endet am
10.10.2020. Im Zuge der Neukonzessionierung des Rheinkraftwerks Reckingen (RKR) wurde die
BNGF GmbH im Rahmen der ARGE Bosch-BNGF von der Kraftwerk Reckingen AG beauftragt,
Untersuchungen zur Fisch- und Gewässerökologie durchzuführen.
Gemäß den Vorgaben der Schweizer und der deutschen Genehmigungs- und Fachbehörden
(Festlegungen Pflichtenheft/Untersuchungsrahmen, Schriftsätze des BFE und des RPF jeweils
vom 13.08.2015, sowie BFE Verfügung vom 10. Oktober 2017) sind im Antrag zur Neukonzessio-
nierung auch die Themen „Fischschutz“ und „Fischabstieg“ (Fischgängigkeit flussabwärts) an der
Kraftwerks- bzw. Wehranlage Reckingen gesondert zu untersuchen und zu prüfen.
Untersuchungsgebiet
Das Untersuchungsgebiet bezüglich des Fischabstiegs erstreckt sich auf das Oberwasser (OW)
des RKR, beginnend direkt unterhalb des Kraftwerks Eglisau und reicht flussabwärts bis zum
Standort des Wehr/Maschinenhauses des RKR. Die Wasserfläche des OW beträgt ca. 145 ha.
Das Thema Fischaufstieg bzw. Herstellung der Durchgängigkeit/Fischgängigkeit flussaufwärts, das
sich vom Untersuchungsgebiet auf das UW des RKR bezieht, wird in getrennten Fachberich-
ten/Planungen behandelt (Anlage D2.2 – Fachbericht WRRL, Anlage D7.01 – Fachbericht Fisch-
fauna, D8 – Genehmigungsplanung FAA, D10.01 – Variantenuntersuchung Ermittlung Bestvarian-
te FAA).
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2. Fachrechtliche und fachliche Anforderungen
2.1 Deutschland: Gesetzliche Grundlagen bezüglich Durchgängigkeit
und Fischschutz
Nach der „HANDREICHUNG Wasserrechtliche Zulassung von Fischschutz- und Fischabstiegsan-
lagen (FSA) bei Wasserkraftanlagen“ LUBW – AG Fischschutz und Fischabstieg bzw.
LUBW (2016) ist die „Durchgängigkeit von Stauanlagen entscheidende Voraussetzung für die Be-
siedelung mit wandernden Fischarten wie Lachs oder Aal, aber auch mit Fischen, die innerhalb der
Flusssysteme teilweise längere Wanderungen durchführen, wie Barbe oder Nase, sowie auch für
Wirbellose des Gewässerbodens. Von besonderer Bedeutung dabei ist, dass die Durchgängig-
keit der Anlagen sowohl stromaufwärts als auch stromabwärts gewährleistet wird“.
Im deutschen Wasserhaushaltsgesetz (WHG) werden im Rahmen der Umsetzung der Vorgaben
der europäischen WRRL Anforderungen an die Bewirtschaftung der Gewässer und auch zur Her-
stellung der Längsvernetzung (Durchgängigkeit als hydromorphologische Qualitätskomponente
nach Anlage V WRRL) in Oberflächengewässern geregelt. Die allgemeinen Vorgaben des WHG
durch nachhaltige Bewirtschaftung die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts, als Leben-
grundlage des Menschen, als Lebensraum von Tieren und Pflanzen sowie als nutzbares Gut zu
schützen (§1 und §6 WHG) werden durch § 34 WHG „Durchgängigkeit oberirdischer Gewässer"
und § 35 WHG „Wasserkraftnutzung" konkretisiert:
Nach § 34 Abs. 1 WHG dürfen „die Errichtung, wesentliche Änderung und der Betrieb von
Stauanlagen nur zugelassen werden, wenn durch geeignete Einrichtungen und Be-
triebsweisen die Durchgängigkeit des Gewässers erhalten oder wiederhergestellt
wird, soweit dies erforderlich ist, um die Bewirtschaftungsziele der §§ 27 bis 31 WHG
zu erreichen“ (siehe hierzu auch Anlage D2.2 Fachbericht WRRL).
Diesen Anforderungen müssen auch vorhandene Stauanlagen entsprechen, anderenfalls
hat die zuständige Behörde beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die erforder-
lichen Anordnungen zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit zu treffen, die nötig sind,
um die Bewirtschaftungsziele zu erreichen.
Weiterhin darf die Nutzung der Wasserkraft nach § 35 Abs. 1 WHG „nur zugelassen wer-
den, wenn auch geeignete Maßnahmen zum Schutz der Fischpopulation ergriffen wer-
den“. Bei vorhandenen Wasserkraftnutzungen, die dieser Anforderung nicht entsprechen,
sind nach § 35 Abs. 2 WHG „erforderliche Maßnahmen innerhalb angemessener Fristen
durchzuführen“ und ggf. von der zuständigen Behörde anzuordnen. Dies gilt auch für Alt-
rechte (§ 20 WHG).
Nach LUBW – AG Fischschutz und Fischabstieg bzw. LUBW (2016) ergänzt das Wassergesetz für
Baden-Württemberg (WG) diese Vorgaben des WHG: „Eine Wasserkraftnutzung soll im Rahmen
des Bewirtschaftungsermessens nach § 12 Abs. 2 WHG zugelassen werden, wenn kein Versa-
gungsgrund nach § 12 Abs. 1 WHG vorliegt. Von der Ermächtigung des § 23 WG zum Erlass einer
Rechtsverordnung zur genaueren Bestimmung der Kriterien für die Mindestwasserführung, die
Durchgängigkeit und die ökologische Funktionsfähigkeit wurde bislang kein Gebrauch gemacht.
Nach § 23 Abs. 2 WG sind jedoch Schwall und Sunk zu vermeiden.“
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 3 Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
Anlage D7.13
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aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
Das Fischereigesetz Baden-Württemberg (FischG) enthält Vorgaben zum Schutz der Fischbestän-
de und zur Ermöglichung der Fischwanderung (§§ 39 und 40):
Wer Anlagen zur Wasserentnahme oder Triebwerke errichtet, hat auf seine Kosten geeig-
nete Vorrichtungen, die das Eindringen von Fischen verhindern, anzubringen und zu unter-
halten.
Wer Anlagen in einem Gewässer errichtet, die den Wechsel der Fische verhindern oder er-
heblich beeinträchtigen hat auf seine Kosten Fischwege oder sonstige für den Wechsel der
Fische geeignete Einrichtungen von ausreichender Größe und Wasserbeschickung (Fisch-
wege) anzulegen, zu betreiben und zu unterhalten" (§ 40 Abs. 1 FischG). § 29 FischG ver-
langt bei der Errichtung von Anlagen zur Wasserentnahme oder Triebwerken das Anbrin-
gen und den Unterhalt von Vorrichtungen, die das Eindringen von Fischen verhindern.
Beide Anforderungen sind allerdings an die Maßgabe der wirtschaftlichen Zumutbarkeit und Ver-
hältnismäßigkeit (z.B. bezüglich der Wasserkraftnutzung) gebunden. Gleichermaßen beziehen sich
die §§ 39 u. 40 auf die Neu-Errichtung von Anlagen und dürften daher im Zuge des Vorhabens
RKR2020 keine unmittelbare Bedeutung haben.
Auch auf Basis von nationalen und europäischen arten- und naturschutzrechtlichen Vorgaben und
Schutzzielen können sich Anforderungen hinsichtlich des Fischschutzes an Wasserkraftanlagen
ergeben. Hier ist vorab grundsätzlich zwischen dem sog. Individuenschutz und dem Schutz von
Populationen zu unterscheiden. Der Schutz von einzelnen Tieren (des Individuums) könnte sich
grundsätzlich aus den Verbotstatbeständen des § 44BNatSchG (Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1
BNatSchG) für streng geschützte Tierarten des Anhang IV der FFH-Richtlinie ergeben. Bezogen
auf Fische und das aktuelle Vorhaben RKR2020 ergibt sich jedoch in diesem Kontext keine Rele-
vanz, da im Einzugsgebiet des Hochrheins flussaufwärts des RKR keine Fischart des Anhangs IV
der FFH-Richtlinie vorkommt bzw. dort ihr natürliches Verbreitungsgebiet hat.
Was den Schutz von Fischpopulationen angeht, so können sich indes Anforderungen aus § 34
BNatSchG bzw. der europäischen Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) ergeben. Zu betrachten
in diesem Kontext sind Gefährdungen der Fischarten des Anhangs II der FFH-RL bezüglich der
Erhaltungsziele des FFH-Gebiets 8416-341 „Hochrhein östl. Waldshut“. In gleichem Sinne ein-
schlägig wären auch die Bestimmungen des Umweltschadensgesetzes (USchadG, §§ 2, 3, Abs.1
u. § 6) in Zusammenwirken mit § 19 BNatschG bezüglich der Populationen von Fischarten des
Anhangs II der FFH-RL, die im Untersuchungsgebiet (UG) vorkommen.
Die konkreten Anforderungen nach dem Unterrichtungsschreiben des RPF vom 13.08.2015 zum
Thema Fischschutz und Fischabstieg im Verfahren zu RKR2020 können wie folgt zusammenge-
fasst werden:
Die Fischfreundlichkeit bzw. -schädlichkeit der derzeitigen und etwaiger neuer Turbinen ist
detailliert zu erläutern.
Außerdem ist eine Abschätzung und Bewertung der Schädlichkeit oder des Nutzens unter-
schiedlicher Rechenabstände für den Fischschutz vorzunehmen. In diesem Zusammen-
hang wird auf die Vorschriften nach § 39 Fischereigesetz und auf die dazugehörige Verwal-
tungsvorschrift verwiesen.
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 4 Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
Anlage D7.13
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aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
2.2 Schweiz: Gesetzliche Grundlagen zur Sanierungspflicht bezüg-
lich der Fischgängigkeit
Mit der Revision des Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer (GSchG SR 814.20) traten
nach einem Parlamentsbeschluss zur Reduktion der negativen Auswirkungen der Wasserkraftnut-
zung am 01. Januar 2011 neue Bestimmungen in Kraft. Danach sind „die Inhaber bestehender
Kraftwerke verpflichtet, innert 20 Jahren nach Inkrafttreten dieser Bestimmungen die geeigneten
Sanierungsmaßnahmen … zu treffen“. Die geeigneten Massnahmen sind in Bezug auf
Art 39a die Reduzierung der Auswirkungen von Schwall-Sunk
Art 43a die Reaktivierung des Geschiebehaushalts
Art 83b von den Kantonen zu planende Massnahmen,“ die nach Artikel 10 des Bundesge-
setzes vom 21. Juni 1991 über die Fischerei (BGF SR 923.0) von den Inhabern von Was-
serkraftwerken zu treffen sind“
Zu den Maßnahmen, die soweit sie wirtschaftlich tragbar sind, gehören nach Art. 10 BGF der auf
Art 9 Abs. 1 BGF verweist:
„b. die freie Fischwanderung sicherzustellen“ (Fischgängigkeit flussaufwärts und fluss-
abwärts)
„d. zu verhindern, dass Fische und Krebse durch bauliche Anlagen oder Maschinen getötet
oder verletzt werden“ (Fischschutz)
Daneben sind in Bezug auf die naturschutzrechtlichen Bestimmungen der Schweiz die Ansprüche
der national prioritären Arten Lachs1, Äsche und Nase auch im Kontext des Themas Fischschutz
und Fischabstieg zu betrachten.
Die konkreten fachrechtlichen und fachlichen Festlegungen und Anforderungen hinsichtlich Fisch-
schutz und Fischgängigkeit flussabwärts im aktuellen Vorhabens RKR2020 wurden in der Sanie-
rungsverfügung des BFE vom 10. Oktober 2017 betreffend „Sanierung der Fischgängigkeit beim
Kraftwerk Reckingen gestützt auf Art. 83a und 83b des Bundesgesetzes über den Gewässerschutz
in Verbindung mit Art. 10 des Bundesgesetzes über die Fischerei“ wie folgt festgelegt:
„Zu den wesentlichen Massnahmen, die ergriffen werden müssen, damit im Rahmen einer Kon-
zessionserneuerung eine fischereirechtliche Bewilligung nach Art. 9 BGF erteilt werden kann, ge-
hören nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung namentlich die Ausgestaltung des Fischpasses
und die Massnahmen zur Abweisung der Fische vor den Turbinen. Dies gilt insbesondere, wenn
es sich um ein bedeutsames Fischaufstiegsgewässer für gefährdete Fischarten handelt (Urteil des
Bundesgerichts vom 15. März 2002, 1A.104/2001, E. 4.4, m. w. H.).
Bei der Wahl von Massnahmen zur Herstellung der freien Fischwanderung sind grundsätzlich die
Bedürfnisse aller im zu sanierenden Gewässer vorkommenden oder wieder anzusiedelnder Arten
und Größenklassen zu berücksichtigen, insbesondere auch jene des Lachses und des Aals.“
Nach der Verfügung des BFE vom 10.10.2017 hat RKR folgende Verpflichtungen zu erfüllen:
1 Der Lachs gilt in der Schweiz derzeit als ausgestorben. Im Hinblick auf Wiederansiedlungsprogramme im Hochrhein ist er grundsätz-
lich in die Überlegungen miteinzubeziehen
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Auszug aus Verfügung BFE vom 10.10.2017
Das Regierungspräsidium Freiburg (RPF) hat mit Schreiben vom 5. Oktober 2017 seine Zustim-
mung zur vorliegenden Sanierungsverfügung erklärt.
Diese mit Sanierungsverfügung verfügten Untersuchungen erfüllen nach Auffassung von RKR die
Anforderungen für eine Entschädigung nach Art. 83b GSchG, nach Art. 10 BGF und nach Ener-
giegesetz (EnG SR 730.0).
Im Hinblick auf die Machbarkeit von technischen Abstiegsanlagen für ein Gewässer wie den Hoch-
rhein wird es in den nächsten Jahren Untersuchungen im Rahmen von Pilotprojekten an Kraftwer-
ken der Axpo Power AG und der BKW geben. Im Weiteren wird demnächst, u.a. initiiert vom Ver-
band Aare-Rhein (VAR), ein internationales Forschungsprojekt zum Fischabstieg an Wasserkraft-
anlagen, durchgeführt an der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW)
der ETH Zürich anlaufen, welches Möglichkeiten zum Fischschutz- und Abstieg untersuchen wird.
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 6 Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
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2.3 Internationale Wanderfischprogramme und Verordnungen
Die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) hat sich im Rahmen des „Wander-
fischprogramms“ die Rückkehr des Lachses in den Hochrhein bis zum Jahr 2020 zum Ziel gesetzt
(IKSR 2004, 2009, 2013).
Daneben ist der Hochrhein Gegenstand der Verordnung (EG) Nr. 1100/2007 mit Maßnahmen zur
Wiederauffüllung des Bestands des Europäischen Aals. Dabei ist der Hochrhein im Aalbewirtschaf-
tungsplan – Flussgebietseinheit Rhein (LNUV Nordrhein-Westfalen inkl. Ministerium f. Ernährung
u. Ländl. Raum BW, 2008) als „Aalgewässer“ eingestuft. Aufgrund einer Verordnung des Ministeri-
ums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg besteht aus Gründen des
Aalbestandschutzes (in Referenz zur o.g. EU Verordnung) im Rheinhauptstrom ab der Staumauer
des Kraftwerks Eglisau im Hochrhein (Fluss-Kilometer 78,650) bis zur Landesgrenze zu Hessen
(Fluss-Kilometer 437) eine ganzjährige Aalschonzeit.
2.4 Migrationsbedarf und Zielarten
2.4.1 Migrationsbedarf
Als die mobilsten Tierarten unserer Fließgewässer sind die Fische darauf angewiesen, Ortsbewe-
gungen durchführen zu können. Flussfische, die zu den potamodromen Arten zählen (Arten die
innerhalb der Binnengewässer Wanderungen durchführen), benötigen während einzelner Lebens-
abschnitte innerhalb ihres Entwicklungszyklus zwingend höchst unterschiedliche, räumlich vonei-
nander getrennte, jedoch miteinander vernetzte Funktionsräume und Habitattypen des Haupt-
Flusses, der Aue und der Nebengewässer (Nahrungs- und Aufenthaltsgebiete, Laichplätze, Brut-
Jungfischhabitate, Hochwasserschutzräume, Winterlager). Besondere Ansprüche hinsichtlich der
freien und ungestörten Wanderung Richtung flussauf- und flussabwärts haben die fernwandernden
Fischarten wie Lachs, Meerforelle, Maifisch, Aal u.a. Diese diadromen Arten (zwischen Meer- und
Süßwasserlebensräumen wandernd) stehen damit in besonderem Fokus der Schutzbemühungen,
da sie auf ihrem Weg zwischen limnischen und marinen Lebensräumen in der Regel zahlreiche
Wasserkraftanlagen passieren müssen.
Die meisten der rheophilen (strömungsliebenden) Rhein-Fischarten zählen zu den sog. Kurz- bis
Mitteldistanzwanderern. Diese Arten legen innerhalb des Hauptstromes oder in angebundene Zu-
flüsse hinein Wanderstrecken bis etwa 100 km zurück.
Hinsichtlich der Länge von Wanderstrecken werden Gewässerabschnitte mit normalem, erhöhtem
und hohem Migrationsbedarf der Fischfauna unterschieden (Kartenservice LUBW: Karte Migrati-
onsbedarf der Fischfauna).
Der Hochrhein im Untersuchungsgebiet ist als Gewässer mit hohem Migrationsbedarf der Fische
eingestuft (Abb. 1). Er ist zusammen mit der Aare, die unmittelbar flussabwärts des Untersu-
chungsgebietes in den Rhein mündet, das zentrale Hauptverbindungsgewässer und gleichzeitig
ein sog. Lachsgewässer.
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 7 Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
Anlage D7.13
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Abb. 1: Migrationsbedarf der Fischfauna im TBG 20 Hochrhein und ca. Position des RKR (aus LUBW
Handreichung Fischschutz u. Fischabstieg 2016 abgeändert)
In gleicher Weise ist der Hochrhein auch für die Schweiz ein zentrales Vorranggewässer für Wan-
derfische. Zusammen mit dem zweiten zentralen Hauptgewässer Aare ist er wesentliches Haupt-
verbindungsgewässer für die Einzugsgebiete der Birs, Töss, Thur, Limmat, Reuss und viele ande-
re Nebengewässer. Am Beispiel der sog. Lachspotenzialgewässer in den Kantonen (Abb. 2), die
im Rhein-Aare Einzugsgebiet liegen (DÖNNI ET AL. 2016), wird die Bedeutung des Hoch rheins als
Wanderachse und der Migrationsbedarf im Bereich des Untersuchungsgebiets nachdrücklich be-
stätigt.
Zusammenfassend liegt im Untersuchungsgebiet des Hochrheins eine Fischfauna mit hohem Mig-
rationsbedarf sowohl hinsichtlich Aufwanderung als auch Abwanderung vor.
ca. Position RKR
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 8 Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
Anlage D7.13
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Abb. 2: Lachspotenzialgewässer Schweizer Kantone und ca. Position des RKR (aus Dönni et al. 2016 ab-
geändert)
2.4.2 Zielarten
Eine möglichst störungsfreie und schädigungsfreie Möglichkeit zur Abwanderung ist grundsätzlich
für alle heimischen Arten wichtig, die gezielte flussabwärts gerichtete Wanderungen durchführen
und dabei populationsrelevante Beeinträchtigungen bei der Passage von Kraftwerks-Wehranlagen
erleiden können. Dies trifft grundsätzlich für eine großes Artenspektrum des Ist-Zustandes zu (sie-
he Fachbericht Fischfauna, Anlage D7.01). Aus diesem Artenkollektiv werden im Folgenden ein-
zelne Zielarten ausgewählt, die auf Grund ihrer Körperform, ihrer Größe, ihres Wanderverhaltens
(etc.) und damit ihrer Empfindlichkeit gegenüber den Wirkungen der Kraftwerks-/Wehrpassage
flussabwärts stellvertretend für eine möglichst große Zahl an anderen Fischarten für die Gefähr-
dungsbewertung herangezogen werden können. Weiterhin müssen auch solche Fischarten mitein-
geschlossen werden, die zwar derzeit nicht vorkommen, allerdings in der Referenzzönose der
WRRL aufgeführt sind und für die eine tatsächliche Wiederansiedlung möglich bzw. geplant ist.
ca. Position RKR
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 9 Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
Anlage D7.13
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Langdistanzwanderer (diadrome Arten)
An erster Stelle der Zielarten für den Fischabstieg stehen die fernwandernden diadromen Arten.
Dabei steht der Lachs als „wichtige Zielart“ in den Wanderfischprogrammen der Schweiz (Dönni et
al 2017), in Deutschland/BW und in den internationalen Wanderfischprogrammen als sog. Symbo-
lart stellvertretend auch für viele andere anadrome Wanderfische (Meerforelle, Maifisch etc.) be-
sonders im Vordergrund (IKSR 2009). Zwar gelten Lachse im Hochrhein derzeit als ausgestorben.
Es bestehen aber auf beiden Seiten des Rheins Wiederansiedlungsprogram-
me/Wanderfischprogramme und entsprechend sind auch die strategischen Planungen zur Herstel-
lung der Durchgängigkeit/Fischgängigkeit ausgerichtet. Lachse, die als Laichfische aus dem Meer
in die Oberlaufregionen der Flüsse ziehen um dort abzulaichen, müssen als Jungfische (Smolts mit
ca. 10-25 cm Länge) den Weg zurück ins Meer bewältigen und dabei die Wasserkraftanlagen mit
Turbinen und Wehren auf ihrem Abstieg passieren.
Als weitere fernwandernde (katadrome) Zielart ist der Aal heranzuziehen, der nach mehreren Jah-
ren nach Erlangen des Wander- oder Blankaalstadiums im Süßwasser flussabwärts in den Atlantik
und dort zu seinen Laichgründen in der Sargasso-See wandert. Aus ihrem Zug flussabwärts müs-
sen die meist sehr großen Wanderaale ebenfalls alle Kraftwerks-/Wehranlagen passieren, die den
Weg versperren.
Wenn es um ein sehr „hoch“ gelegenes Abwanderungsgebiet wie den Hochrhein im Untersu-
chungsgebiet geht, stellt die große Zahl der Kraftwerks-Wehranlagen für die Langstrecken-
Abwanderer Lachs und Aal, welche sie bis zum Erreichen des Meers passieren müssen, ein ganz
besonderes Problem dar.
Kurz- und Mitteldistanzwanderer (potamodrome Arten)
Unter den Wanderfischen des Süßwassers – den potamodromen Arten – wurden aus dem Arten-
inventar der Referenzzönose, die der sog. potenziell natürlichen Fischfauna entspricht (siehe auch
Anlage D7.01 – Fachbericht Fischfauna und D2.2 – Sonderuntersuchung Hydromorphologie sowie
GERSTER 1991), ebenfalls Zielarten ausgewählt. Hierbei stand die regionale Bedeutung der Art im
Bereich des Untersuchungsgebietes bzw. im Wirkungsbereich der Kraftwerks-/Wehranlage im
Vordergrund ggf. auch deren Bestandverhältnisse und Beeinträchtigungspotenzial in der stromauf
liegenden Stauhaltung (Vorbelastungen).
Zielartenauswahl
Für die Auswahl der Zielarten sind vor allem folgende Kriterien von Bedeutung
a. Wander-/Abwanderverhalten (diadrome/potamodrome Art)
b. Naturschutzfachliche Bedeutung der Art/Gefährdungsstatus
c. Fischereiliche Bedeutung der Art
d. Empfindlichkeit/Robustheit der Art gegenüber den spezifischen Wirkfaktoren bei der
Kraftwerkspassage
e. Körperform/-Größe
f. Habitatpräferenzen
g. Auftrittswahrscheinlichkeit im Wirkungsbereich der WKA
h. Schwerpunktvorkommen im Hauptfluss
Bei den nationalen deutschen (BW) und internationalen Wanderfischprogrammen (IKSR, EU) liegt
der Fokus auf dem Lachs als „Flaggfischart“. Von dessen Förderung/Schutz sollen auch andere
diadrome (zwischen Süß- und Salzwasser wandernde) Langstreckenwanderer profitieren. Auf-
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grund bestehender Defizite bei der aufwärts gerichteten Durchgängigkeit im Oberrhein ist im Hoch-
rhein aktuell noch nicht mit diadromen Arten zu rechnen. Eine Ausnahme bildet der Aal, der sich
aber ausschließlich aus Besatzmaßnahmen rekrutieren dürfte.
Von Schweizer Seite wurden in einem Expertenbericht (DÖNNI ET AL. 2017) verschiedene Zielarten
zur „Erhaltung und Förderung der Wanderfische in der Schweiz“ festgelegt. Für das Einzugsgebiet
„Hochrhein Ost“ (BUNDESAMT FÜR UMWELT BAFU 2016) sind das der Lachs, der Aal, die Äsche,
die Nase und die Barbe. Der Lachs wurde in einer eigenen Studie bearbeitet (DÖNNI ET AL. 2016).
Dabei wurden große Flächen innerhalb dieses Einzugsgebietes dem „Perimeter I“ zugeordnet,
unter anderem auch das Ober- und Unterwasser des Kraftwerks Reckingen sowie die Schweizer
Zuflüsse. Dieser Perimeter umfasst Gewässer, an denen mittel- bis langfristig eine Wiederbesied-
lung stattfinden soll und daher gezielte Maßnahmen durchgeführt werden sollen. Insofern sind die
Zielartenkonzepte CH und DE hinsichtlich der diadromen Arten im UG identisch.
Abb. 3: Bedeutung der bewerteten Fischarten als Zielarten für die Erhaltung und Förderung der Wanderfi-
sche in der Schweiz aus (DÖNNI ET AL. 2017)
Die genannten Zielarten im UG sind in ihrer Bedeutung als Wanderfische für die Schweiz gemäß
DÖNNI ET AL. 2017 wie folgt eingestuft:
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Tab. 1: Bedeutung der Fischarten als Zielarten im Hochrhein nach DÖNNI ET AL. (2017)
Ziel-Fischart große Bedeutung mittlere Bedeutung keine/geringe Bedeutung
Lachs 2,57
Aal 2,38
Äsche 2,22
Nase 2,41
Barbe 2,03
Einstufungsmatrix: „Bedeutung: 2,33-3,00 große
1,68-2,33 mittlere
1,00-1,68 keine/geringe
Wie im Schweizer Wanderfischkonzept sind auch im deutschen (BW) und europäischen Kontext
explizit auch potamodrome Fischarten zu berücksichtigen. Als wesentliche potamodrome Zielarten
werden in LUBW (2016) die Nase und Äsche als stark gefährdete und naturschutzfachlich rele-
vante Arten sowie die gefährdete Barbe benannt. Auch insofern besteht offensichtlich beidseits
des Rheins identische Priorisierung was die Zielarten im Hinblick auf das Thema Fischschutz und
Abstieg im Untersuchungsgebiet angeht.
Im Hinblick auf die europarechtlich geschützten Arten (Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie)
sind im aktuellen Fall die diesbezüglichen Schutzgegenstände des FFH-Gebiets 8416-341 „Hochr-
hein östl. Waldshut“ zu betrachten. Dabei wurden für folgende Fisch- bzw. Neunaugenarten Erhal-
tungsziele formuliert:
Groppe
Strömer
Bachneunauge
Diese drei Kleinfischarten werden wegen ihrer naturschutzfachlichen Bedeutung als Zielarten auf-
genommen.
Die fischfaunistischen Verhältnisse im Rhein im Untersuchungsgebiet wurden umfänglich in Anla-
ge D7.01 – Fachbericht Fischfauna dargestellt. Nachstehend werden die wichtigsten Parameter
wiederholt und der Fokus auf das Oberwasser des Kraftwerks Reckingen gelegt.
Tab. 2: Linke Seite: Ausgewählte repräsentative Zielarten für den Fischschutz und Fischabstieg im UG mit
Zuordnung der „Bedeutung“ nach DÖNNI ET AL. (2017) / Rechte Seite: Naturschutzfachliche und fischerei-
liche Bedeutung der Zielarten
Zielart große Be-
deutung
mittlere
Bedeutung
keine/geringe
Bedeutung
RL
CH +
prior.
Arten
RL
BW
RL-
DE
FFH-
Anhang
II
Fisch-
erei
Lachs 2,57 RE 1 1 x -
Aal 2,38 VU 2 # - ++
Äsche 2,22 VU 2 2 - ++
Nase 2,41 CR 2 V - +
Barbe 2,03 NT 3 * - ++
Groppe 1,68 NT* V * x -
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 12 Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
Anlage D7.13
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aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
Strömer 1,56 VU 2 3 x -
Bachneunauge 2,04 EN 3 * x -
Erläuterung linke Tabellenseite:
Einstufungsmatrix: „Bedeutung: 2,33-3,00 große
1,68-2,33 mittlere
1,00-1,68 keine/geringe
Erläuterung rechte Tabellenseite:
RL CH: Rote Liste Schweiz 2007:
Gefährdungsstatus nach IUCN (2001): RE (in der Schweiz ausgestorben), CR (vom Aussterben bedroht), EN (stark gefährdet), VU
(verletzlich), NT (potenziell gefährdet), LC (nicht gefährdet), DD (ungenügende Datengrundlage), * (von numerischer Analyse abwei-
chender, durch Expertenkommission festgelegter Gefährdungsstatus), # (nicht bewertet bzw. nicht enthalten)
Farbsignaturen für Liste der National Prioritären Arten Schweiz (BAFU 2011):
Die Liste ist ein ergänzendes Instrument zu den Roten Listen (Priorisierung im Naturschutz insbesondere bei der Arterhaltung und fügt
sich in die globale Strategie zum Schutz der Biodiversität ein. Die Bestimmung der Priorität beruht auf einer Kombination des nationalen
Gefährdungsgrades und der internationalen Verantwortung der Schweiz für die betreffende Art. In Tabelle 14 werden die Fischarten mit
sehr hoher und hoher Priorität mit den Farbsignaturen blau und grün bezeichnet. Einstufung Priorität: 1 sehr hoch, 2 hoch, 3 mittel, 4
mäßig; Einstufung Verantwortung: 4 sehr hoch, 3 hoch, 2 mittel, 1 gering, 0 keine V).
RL BW: Rote Liste Baden Württemberg, 2014:
Gefährdungsstufen: 0 (verschollen), 1 (vom Aussterben bedroht), 2 (stark gefährdet), 3 (gefährdet), V (Vorwarnliste), D (Daten unzu-
reichend), * (nicht gefährdet), # (nicht bewertet bzw. nicht enthalten), N (Nicht heimisch;
RL DE: Rote Liste Deutschland, 2009:
Gefährdungsstufen: 0 (ausgestorben oder verschollen), 1 (vom Aussterben bedroht), 2 (stark gefährdet), 3 (gefährdet), G (Gefährdung
unbekannten Ausmaßes), R (Extrem selten), V (Vorwarnliste), D (Daten unzureichend), * (ungefährdet), # (nicht bewertet bzw. nicht
enthalten)
FFH-Anhang:
II: Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden
müssen (Anhang II); IV: Streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse (Anhang IV); V: Tier- und
Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, deren Entnahme aus der Natur und Nutzung Gegenstand von Verwaltungsmaßnah-
men sein können (Anhang V).
Fischerei: derzeitige fischereiliche Bedeutung: +++ hoch, ++ mittel, + gering, - keine
Eine Gesamtliste des Kollektivs aller für den Fischabstieg/Fischschutz relevanten Fischarten der
Referenzzönose mit ihrer historischen und heutigen Verbreitung im UG, ihrem naturschutzfachli-
chen Status, ihrer fischereilichen Bedeutung und ihrer Ausweisung als Zielart findet sich in An-
hang 1.
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3. Standörtliche Evaluierung des Fischabstiegs und Fisch-
schutzes am Kraftwerk Reckingen
3.1 Wanderverhalten, Abwanderkorridore und Fischverteilung auf
verschiedenen Abflusspfade
3.1.1 Allgemeine Grundlagen des Fischabstiegs und der Wanderkorridore
Über die flussabwärts gerichteten Wanderungen von Fischen liegt ein sehr unterschiedlicher
Kenntnisstand vor. Vergleichsweise gut untersucht sind Abwanderungen der diadromen Arten
Lachs und Aal. Hierzu liegen eine ganze Reihe von Erkenntnissen aus jüngster Zeit in mitteleuro-
päischen Gewässern vor (UBA 2014, 2015 und 26., 27. u. 28. SVK-Fischereitagung 2015, 2016,
2017). Sehr wenig ist dagegen über das Abwanderverhalten der potamodromen Fischarten be-
kannt. Dies gilt insbesondere für Arten, die fischereilich weitgehend uninteressant, aber aus Grün-
den des Artenschutzes bedeutungsvoll sind (PETER 2015).
Die flussabwärts gerichtete Wanderung von Fischen findet im Wesentlichen in der Hauptströmung
statt. Dabei konzentrieren sich abwandernde Junglachse (Smolts mit 10-25 cm Länge) ebenso wie
die Wanderaale oft im Bereich der höchsten Fließgeschwindigkeiten (EBEL 2013/2016). Dabei gibt
es aber auch Vermeidungsreaktionen gegenüber sehr steilen Geschwindigkeitsgradienten (Be-
reich von Schwellen/Überfällen) und gegenüber starken Turbulenzen. Auch abdriftende Larven
und juvenile Stadien sind nicht gleichförmig im Querprofil verteilt, sondern akkumulieren in den
Bereichen mit hoher und höchster Fließgeschwindigkeit (EBEL 2013/2016).
Bei Strömungsteilung verteilt sich – idealisiert dargestellt – auch die Grundgesamtheit der abwan-
dernden Fische auf die Strömungs-Teilkorridore. Damit ist vorauszusetzen, dass sich die abwärts
gerichteten Fischwanderungen an einem Wehr-/Kraftwerksstandort in hohem Maße an den stan-
dörtlichen „Abflusskorridoren“ bzw. an der Verteilung/Aufteilung des Gesamtabflusses im Fluss-
querschnitt auf unterschiedliche Teilkorridore – im folgenden auch Abfluss-/Abwanderpfade ge-
nannt – orientieren. Dies konnte bei abwandernden Lachssmolts an einem südschwedischen
Kraftwerks/Wehrstandort beispielhaft nachgewiesen werden (HEISS 2016). Bei einer Untersuchung
an einer Wasserkraftanlage an der Maas ergab sich ein ähnliches Bild für abwandernde Blankaale.
Die Anzahl der Aale, die über die Wehranlage bzw. die Turbine abwanderten, war proportional
zum Abfluss über den entsprechenden Teilkorridor (JANSEN ET AL. 2007).
Neben der horizontalen Verteilung der Fische auf die Strömungskorridore bzw. die Abwanderkorri-
dore gibt es auch artspezifische vertikale Einnischungen in den Hauptströmungskorridor. Während
die Lachssmolts meist oberflächennah abwandern, bevorzugen Aale und Neunaugen die sohlna-
hen Bereiche. Nur wenig gesicherte Erkenntnisse gibt es über die Abwanderhorizonte der
potamodromen Arten. Für die Arten Barbe, Brachsen, Gründling, Quappe, Wels, Schmerle und
Groppe nimmt EBEL (2013) eine Sohlorientierung bei flussabwärts gerichteten Bewegungen an,
während Ukelei und Rotauge auch andere Horizonte der Wassersäule bei der Abwanderung nut-
zen. Bei passiv abdriftender Fischbrut von barschartigen und Cypriniden und aktiv-passiv abwan-
dernden juvenilen Stadien werden die höchsten Dichten in oberflächennahen Abwanderkorridoren
verzeichnet (PAVLOV 1989, 1994).
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3.1.2 Fischgrößen und -Mengenanteile am Abstieg
Weiterhin ist gesichert, dass mit Ausnahme des Aals, bei dem die geschlechtsreifen adulten
Blankaale abwandern, bei allen Fischarten zahlenmäßig die Larven-, Brut- und einsömmrige (0+)
Stadien den überwiegenden Anteil der Abwanderung ausmachen. Je nach Arteninventar und Ge-
wässersystem (Artengruppen überwiegend Cypriniden und Perciden) betrug der Anteil absteigen-
der 0+ Stadien (inkl. Fischlarven) in den Untersuchungen von PAVLOV ET AL. 2002 zwischen 79,2
und 99,7 % am Gesamtabstieg von Individuen, während zwei- und mehrsömmrige Individuen nur
mit 0,3 bis maximal 21 % am Abstieg beteiligt waren. Durchaus vergleichbare Verhältnisse sind
auch für den Hochrhein anzusetzen mit einem Arteninventar und einem Fischbestand der eindeu-
tig von Cypriniden dominiert wird.
Für den Standort des RKR wird in Anlehnung an EBEL 2016 bzw. an die Untersuchungen von PA-
VLOV ET AL. 2002 im Folgenden abschätzungsweise von folgender Verteilung abwandernder Indivi-
duen auf Größen-/Altersklassen ausgegangen:
Tab. 3: Abgeschätzte Verteilung abwandernder Individuen am Standort RKR auf Größen-/Altersklassen
Fischgruppen/-Größenstadien
Größe [cm]
Anteil Individuen am Abstieg [%]
Brut/0+ / juvenile Kleinfische
3 85
1-jährig bis 2+/ Juvenile/adulte Kleinfische
6-15 12
3-jährige bis X+ Adulte
50 3
3.1.3 Fischabstieg in Abhängigkeit von Jahreszeit und Abfluss
Im Hinblick auf den jahreszeitlichen und abflussabhängigen Aspekt des Fischabstieges gibt es
gesicherte Erkenntnisse nur bei den diadromen Arten.
Aal 3.1.3.1
Blankaale (Wanderaale) wandern überwiegend bei erhöhten (> MQ) und/oder stark steigenden
Abflüssen ab (EBEL 2013/2016). Die Hauptwanderzeit der Aale in Mitteleuropa liegt im Regelfall
zwischen Oktober und Februar. Abwanderungen erfolgen in diesem Zeitraum dann meist kon-
zentriert in Hauptwanderschüben während stark steigender oder erhöhter Abflüsse. Gelegentlich
sind auch im Frühjahr/Frühsommer Abwanderungen in geringem Umfang (Abwanderung von
„Nachzüglern“) zu verzeichnen.
Am Hochrhein bei Reckingen wurden in den letzten Jahren in den Herbst- bzw. Wintermonaten
regelmäßig kleinere Abflussspitzen festgestellt, diese lagen jedoch meist unterhalb des aktuellen
bzw. der beantragten Ausbauwassermenge der Turbinen von 580 respektive 600 m³/s.
Lachs 3.1.3.2
Relevant im Hinblick auf Fischschädigungen bei Abwärtswanderungen sind in erster Linie die ab-
wandernden juvenilen Lachse (überwiegend sog. Smolts, Längen 10-25 cm). Die Hauptwanderzei-
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ten von Lachs-Smolts in mitteleuropäischen Flusssystemen liegen zwischen März und Juni oft mit
einem Peak im April und Mai (EBEL 2013, SCHWEVERS et al 2011, SCHWEVERS 1998). Ein
Bezug zur Abflussmenge ist bei der Abwanderung juveniler Lachse aus dem Süßwasser ins Meer
zwar anzunehmen, aber nicht in jedem Falle eindeutig zu belegen. Wesentliche Trigger für die
Auslösung der Wanderungen dürften die Temperaturbedingungen sein, steigende Abflüsse dürften
aber ebenfalls eine Rolle spielen.
Potamodrome Arten 3.1.3.3
Nach EBEL (2013/2016) finden die Abwärtsbewegungen der Larven und Brut-(+0) Stadien mit
Größen von ≤ 3 cm überwiegend zwischen April und August statt. Eigene, mehrjährige Untersu-
chungen (2010 bis 2015) an Kühlwasserentnahmestellen an der Donau (BNGF 2015) bestätigen
diese Angaben für einen kiesgeprägten Strom (Gewässertyp 10) der Barbenregion mit einem
durchaus vergleichbaren Fischartenspektrum zum Hochrhein. Die Hauptdriftzeiten von 0+-Stadien
sind dabei gerade bei Cypriniden und Perciden oft mit erhöhten Abflüssen (ab 2-fachem MQ) ge-
koppelt und können bei solchen Ereignissen auch außerhalb der genannten Frühsom-
mer/Sommerzeit stattfinden.
Bei adulten Barben wurde bei einer Telemetriestudie festgestellt, dass nach den aufwärtsgerichte-
ten Laichwanderungen im Frühjahr, im Sommer Bewegungen flussabwärts folgen. Ebenso gab es
in den Wintermonaten abwärtsgerichtete Bewegungen, vermutlich auf der Suche nach Winterein-
ständen (LUCAS & BATLEY 1996). Nach EBEL (2013/2016) sind flussabwärts gerichtete Bewegun-
gen bei mehrsömmrigen bzw. adulten potamodromen Fischarten überwiegend zwischen März und
Dezember zu beobachten, während in den zentralen Wintermonaten kaum Wanderaktivitäten zu
erwarten sind.
3.2 Abschätzung der Verteilung des Fischabstiegs am Standort Re-
ckingen auf den Turbinenpfad/Wehrpfad
Wie oben dargelegt, spielen bei der Fischabwanderung saisonale Aspekte, die Abfluss- und Tem-
peratursituation/-entwicklung sowie das art- und größenbezogene Abwanderverhalten ebenso wie
das Zusammenwirken dieser Kriterien eine Rolle.
Im Folgenden wird das arttypische Abwanderverhalten bzw. die Aufteilung auf die Wanderkorrido-
re „Turbinenpfad“ und „Wehrpfad“ für die wichtigsten Zielarten in Bezug zu den Abflussverhältnis-
sen und der Jahreszeit diskutiert und abgeschätzt. In Abb. 4 sind verschiedene Abflusskennwerte
am Pegel Reckingen dargestellt. Es handelt sich dabei um gemittelte Monatswerte der langjähri-
gen Zeitreihe 1931 – 2009 bzw. um die minimalen und maximalen Werte, die in diesem Zeitraum
ermittelt wurden (LUBW 2009). Die oberen bzw. unteren Balken stellen diese Extremwerte dar. In
den Boxplots symbolisiert die obere Begrenzung den mittleren Hochwasserabfluss (MHQ), die
mittlere Linie den Mittelwasserabfluss (MQ) und die untere Begrenzung den mittleren Niedrigwas-
serabfluss (MNQ). Das angestrebte Schluckvermögen des Kraftwerks Reckingen von 600 m³/s ist
als gestrichelte Linie dargestellt.
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Der mittlere Abfluss (MQ) überschreitet in den Monaten Juni und Juli den derzeitigen und den
beantragten Ausbaudurchfluss der Turbinen, so dass in diesem Zeitraum von einem regelmäßigen
und auch länger andauernden Wehrüberfall ausgegangen werden kann. Der mittlere Hochwasser-
abfluss MHQ überschreitet in den Monaten Mai bis September den Ausbaudurchfluss. Somit ist in
diesem Zeitraum auch mit regelmäßigem stärkerem Wehrüberfall zu rechnen, der aber typischer-
weise nur für die Zeitdauer der Hochwasserwelle auftritt. In den anderen Monaten unterschreitet
der MHQ den Ausbaudurchfluss der Turbinen nur geringfügig (Minimum Januar 520 m³/s), sodass
auch zwischen Oktober und April von unregelmäßigen Abflussereignissen mit Wehrüberfall ausge-
gangen werden kann. Dies zeigen auch die HQ-Werte, in allen Monaten sind grundsätzlich Ereig-
nisse mit Abflüssen über 1000 m³/s möglich.
Abb. 4: Abflusskennwerte am Pegel Reckingen, Zeitreihe 1931-2009 (LUBW 2009). Die oberen bzw. unte-ren Balken stellen die Hochwasser(HQ)- bzw. Niedrigwasser(NQ)-Abflusswerte dar. In den Boxplots sym-bolisiert die obere Begrenzung den mittleren Hochwasserabfluss (MHQ), die mittlere Linie den Mittelwas-serabfluss (MQ) und die untere Begrenzung den Mittleren Niedrigwasserabfluss (MNQ). Die angestrebte Ausbauwassermenge des Kraftwerks Reckingen von 600 m³/s ist als gestrichelte Linie dargestellt.
Betrachtet man die Jahresganglinien zwischen 2009 und 2016 (Anhang 2) bestätigt sich der
grundsätzliche Abflussverlauf auch in den letzten Jahren. In allen Jahren trat im Zeitraum zwischen
Mai und August über einen längeren Zeitraum ein erhöhter Abfluss mit Wehrüberlauf auf. Kleinere
Abflussspitzen außerhalb der Schneeschmelze traten ebenso in allen Jahren auf, jedoch ohne
eine ausgeprägte Regelmäßigkeit im Jahresverlauf.
Aal 3.2.1.1
Auch wenn sich die Aalabwanderung in den Herbst-/Wintermonaten auf die wenigen Tage mit er-
höhtem Abfluss konzentriert, so ist doch davon auszugehen, dass der überwiegende Teil der
Wanderaale über den Turbinenpfad ins Unterwasser gelangt, weil Abflussspitzen, die das
Schluckvermögen der Turbinen überschreiten, in diesem Zeitraum nur ausnahmsweise auftreten.
Bei den wenigen Ausnahmeereignissen der letzten Jahre überschritt bei Regelbetrieb2 der Abfluss
über die Turbinen den Abfluss über das Wehr deutlich. Im Sinne einer worst-case-Betrachtung
2 keine Störung, die eine Reduzierung der Turbinenleistung erforderlich gemacht hätte
MNQ
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muss daher davon ausgegangen werden, dass abschätzungsweise 95 bis 100 (97,5%) Prozent
der Wanderaale über den Turbinenpfad abwandern und nur 2,5 Prozent über den Wehrpfad.
Lachs 3.2.1.2
Relevant im Hinblick auf Fischschädigungen bei Abwärtswanderungen sind in erster Linie die ab-
wandernden juvenilen Lachse (überwiegend sog. Smolts, Längen 10-25 cm). Die Hauptwanderzei-
ten von Lachs-Smolts in mitteleuropäischen Flusssystemen liegen zwischen März und Juni oft mit
einem Peak im April oder Mai (EBEL 2013, SCHWEVERS et al 2011, SCHWEVERS 1998). Nach
den Abfluss-Auswertungen (Abb. 4) liegt in der zweiten Hälfte der Hauptwanderzeit der Lachss-
molts im Rheinsystem erhöhter Abfluss mit regelmäßigem Wehrüberlauf vor. Insbesondere im Juni
werden der heutige und der optional beantragte Ausbaudurchfluss des RKR regelmäßig und deut-
lich überschritten. Allerdings sind Situationen, in denen der Wehrabfluss/-überlauf gleichgroß oder
größer ist als der Turbinenabfluss sehr selten. Insofern würde, eine Wiederansiedlung des Lach-
ses im flussaufwärtigen Einzugsgebiet vorausgesetzt, auch während der Haupt-Abwanderzeit der
Lachse der Schwerpunkt des Abstiegs von juvenilen Lachsen (Smolts) voraussichtlich auf dem
Turbinenpfad erfolgen. Nach sehr grober Schätzung und einem worst-case Ansatz wird von einem
Anteil abwandernder Lachssmolts von 70 bis 90 % (80 %) über den Turbinenpfad und 10-30 % (20
%) über den Wehrpfad ausgegangen.
Potamodrome Arten 3.2.1.3
Wie oben dargelegt, finden die Abwärtsbewegungen der Larven und Brut-(+0) Stadien mit Größen
von ≤ 3 cm überwiegend zwischen April und August statt. Die genannten Stadien machen zahlen-
mäßig im Hochrhein schätzungsweise mehr als 90 % der Gesamtabwanderung bei den
potamodromen Arten aus (Kap. 3.1.2). Der Schwerpunkt der Larven- und Brutabwanderung von
Cypriniden und Perciden im Rhein liegt der Erfahrung nach im Juni-Juli (WEIBEL 2000). Im Juni
und Juli wiederum sind eindeutig die häufigsten und stärksten Wehrüberlaufsituationen gegeben
(Abb. 4). Bei den adulten großen Individuen der potamodromen Arten, die zahlenmäßig bei dem
Abstieg nur geringe Bedeutung haben, lassen sich keine jahreszeitlichen Präferenzen ableiten,
ausgenommen, dass im Januar und Februar, zu Zeiten in denen praktisch der gesamte Abfluss
durch die Turbinen geht, so gut wie keine Abwanderung zu erwarten ist. Zusammengefasst wird
auf Grund der Annahmen, dass
die Hauptabwanderung der potamodromen Arten mengenmäßig auf die frühen 0+ Stadien
(inkl. Larven) fällt,
der Hauptabstieg dieser Stadien in den Monaten Juni und Juli stattfindet,
dann vor allem eine oberflächennahe passive Verdriftung der Brütlinge bei erhöh-
tem/hohem Abfluss erfolgt,
die Monate Juni und Juli im Jahresgang jene mit den häufigsten und stärksten Wehrüber-
laufsituationen am RKR sind
abschätzungsweise (worst-case) angenommen, dass bezogen auf Individuenzahlen rund 70-90 %
(80 %) des Abstiegs der potamodromen Arten über den Turbinenpfad und 10-30 % (20 %) über
den Wehrpfad erfolgt.
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4. Evaluierung des Schädigungspotenzials beim Abstieg
von Fischen über die Wehr- und Turbinenanlage des RKR
4.1 Technisch-hydraulische Charakterisierung des Standortes der
Wehr-/Kraftwerksanlage Reckingen
4.1.1 Lage und standörtliche Situation
Das RKR mit Lage der Wehrachse bei Rhein-km ca. 90,54 ist nach dem Ausfluss der Hochrheins
aus dem Bodensee die vierte Stauanlage nach Schaffhausen, Rheinau, und Eglisau.
Abb. 5: Lage des RKR innerhalb der Kraftwerkskette des Hochrheins zwischen Bodensee und Basel
Im Unterwasser des RKR beginnt eine ca. 12 km lange freie Fließstrecke, die nach der Aaremün-
dung in den Staubereich des Kraftwerk Albbruck-Dogern übergeht. Einen Überblick über die stand-
örtliche Situation und die Lagebeziehung von Maschinenhaus und Wehr mit den beiden bestehen-
den Fischaufstiegsanlagen gibt Abb. 6.
Abb. 6: Übersicht standörtliche Situation der Stauanlage Wehr-/Kraftwerk Reckingen (Quelle: Kraftwerke Reckingen AG: Wehrreglement für die Stauanlage Reckingen)
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Abb. 7: Normalschnitt durch das Maschinenhaus (Quelle: Kraftwerke Reckingen AG: Wehrreglement für die Stauanlage Reckingen, Juni 2016)
4.1.2 Maschinenhaus
Das Kraftwerk Reckingen ist ein Laufwasserkraftwerk, das 1941 in Betrieb genommen wurde. Das
Maschinenhaus gehört zur Stauanlage und befindet sich innerhalb des Flussquerschnitts auf der
rechten Rheinseite. Es verfügt über zwei Maschinensätze mit ehemals baugleichen Kaplanturbi-
nen, wobei die Turbine der Maschinengruppe 1 im Jahr 2004 und auf Grund von fortgesetzten Be-
triebsproblemen im Jahr 2013 ein zweites und 2017 ein drittes Mal erneuert wurde.
Tab. 4 Hydraulische/hydrologische Kenndaten Hochrhein am Kraftwerk Reckingen
Mittlerer Abfluss * 441 m³/s
Kleinstes Jahresmittel * 252 m³/s (1949)
Größtes Jahresmittel * 626 m³/s (1999)
Überschreitung der Ausbauwassermenge 82 Tage
Bemessungshochwasser** BHQ = 2.800 m³/s (HQ1000)
Sicherheitshochwasser ** SHQ = 3.300 m³/s
* Jahresreihe 1904 – 2013 gemäß www.hydrodaten.admin.ch / Station Rhein – Rekingen (2143) **Bemessungshochwasser und Sicherheitshochwasser gemäß „Sicherheitstechnische Anforderungen
an den Bau und den Betrieb von Stauanlagen am Hochrhein (Stand 1. Januar 2013)
Die Ausbauwassermenge beträgt derzeit 580 m3/s und wird in dieser Höhe weiterhin beantragt mit
der Option auf eine Steigerung bis 600 m3/s. Das feste Stauziel im Oberwasser liegt bei 331,94 m
nSH. Die Nennfallhöhe bei den Ausbaudurchflüssen 580 m3/s (optional 600 m3/s) liegt bei ca. 8,40
m (8,35 m), bei Mittelwasserabfluss (ca. 440 m3/s) sind es etwa 8,78 m.
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Tab. 5: Technische Daten des Kraftwerks Reckingen
Lage [F-km]
Baujahr/ Inbetrieb-
nahme
Nenn-Fall-höhen [m]
Ausbau-durch-fluss [m
3/s]
Ausbau-leistung
[MW]
Turbinen-art / An-
zahl
Normale Drehzahl [U/min]
90,53* 1938-
1942/1941 8,40 (8,35) 580 (600) 38
Kaplan, vertikal, 2x
75
*Bezug alte Kilometrierung gemäß Zurzacher Beschluss
Beim Einlaufrechen handelt es sich um einen Vertikalrechen mit einem lichten Stababstand von
150 mm. Das mit einer Neigung von 80° zur Horizontalen über beide Turbineneinläufe angeordne-
te Rechenfeld hat eine Länge von 47,5 m bei einer Höhe von 12,30 m.
4.1.3 Stauwehr
Das dreifeldrige Wehr ist in Beton-und Stahlbetonbauweise erstellt und weist drei Wehröffnungen
mit einer lichten Breite von je 20 m auf (Abb. 6 und Abb. 8). Die Wehröffnungen sind durch Wehr-
pfeiler von je 4,5 m Breite voneinander getrennt. Die Wehrfelder 1 und 2 liegen auf Schweizer Ter-
ritorium, während sich das Wehrfeld 3 auf deutschem Gebiet befindet.
Der Wehraufbau im Querschnitt, die Anordnung in der Draufsicht sowie die relevanten Wasser-
spiegellagen ohne und mit Wehrüberlauf im Oberwasser und im Unterwasser des Wehrs ebenso
wie die Wassertiefen im Unterwasser über der Wehrschwelle und im Tosbecken/Wehrkolk sind in
den Abb. 8 und Abb.9 dargestellt.
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Abb. 8: Oben: Systemschnitt bei Wehrüberlauf. Unten: Normalschnitt durch das Stauwehr (Quelle: Kraft-werke Reckingen AG: Wehrreglement für die Stauanlage Reckingen, Juni 2016)
Die Oberkante der sog. Wehrschwelle liegt im Unterwasser auf einer Höhe von 318,74 m nSH
(Abb. 8). Bei Wehrüberlauf, der im Regelfall bei Abflüssen über dem Ausbaudurchfluss von
580/600 m3/s beginnt, liegt der Wasserspiegel im Unterwasser bei rund 323,59 m. Die Wassertiefe
über der Wehrschwelle, also an der Stelle, in die der Überlaufstrahl ins Unterwasser eintritt, liegt
somit im Minimum bei 4,86 m (weißer Pfeil, Abb. 10oben). Die Wassertiefen im anschließenden
Wehrschwelle OK 318,74 m
Stauziel: 331,94 m
WSP bei Q 600 m3/s 323,60 m
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Wehrkolk liegen zwischen ca. 7,0 und 18,34 m (Abb.9). Die Fallhöhe am Wehr beträgt bei begin-
nendem Wehrüberlauf in etwa 8,35 m (roter Pfeil, Abb. 10oben).
Abb.9: Lageplan des Wehrbauwerks und des Turbineneinlaufbauwerks mit Sohl-Gelände Tiefenlinien. Stauziel (Wasser-spiegel OW): 331,94 m nSH, WSP UW bei Wehrüberfall (ab Q = 600 m
3/s) =
323,60 m nSH Fließrichtung von rechts (OW) nach links (UW)
4.1.4 Wehrsteuerung
Ab einer Abflussmenge von 1200 m3/s muss das Stauziel von 331.94 m nSH gleichmäßig abge-
senkt werden, so dass bei Abfluss 3.000 m3/s nur noch ein Stauziel von 331.44 m gefahren wird
(Quelle: Kraftwerke Reckingen AG: Wehrreglement für die Stauanlage Reckingen, Juni 2016).
Wehrbetrieb bei üblichem Wehrabfluss (nachfolgende Absätze wörtlich zitiert aus Kraftwerke Re-
ckingen AG: Wehrreglement für die Stauanlage Reckingen, Juni 2016):
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„Der Übergang von Normalbetrieb zu einer Hochwassersituation oder außerordentlichen
Situation ist fließend. Ohne besondere Vorkommnisse ist bei einem Wehrabfluss bis 900
m3/s ein üblicher Betrieb zu erwarten.
Im üblichen Betrieb wird der Wehrbetrieb gemäß folgenden Grundzügen gesteuert: […]
Vorgesehene Schützenstellungen
Im Normalbetrieb wird Überschusswasser am Wehr hauptsächlich mittels Überfall abge-
geben:
1. Bis zu einem Wehrabfluss von 380 m³/s wird das Überschusswasser durch Absenken
der Oberschützen als Überfall abgeleitet.
2. Die Oberschütze in der mittleren Wehröffnung 2 wird gegenüber den Oberschützen in
den Seitenöffnungen 1 und 3 etwas früher und stärker abgesenkt. Bis zu 380 m3/s Wehr-
abfluss werden die Schützen gleichmäßig abgesenkt. Die Oberschütze in Wehröffnung 2
erreicht bei 380 m3/s eine Absenkung von 2,4 m, die Oberschützen in den Seitenöffnun-
gen 2 und 3 erreichen eine Absenkung von ,.2 m.
3. Mit steigendem Wehrabfluss > 380 m³/s werden die Unterschützen in allen drei Wehrö-
ffnungen zunehmend angehoben und in Zwischenstellung [ …] gebracht.
4. Bei 1.200 m3/s Wehrabfluss werden die abgesenkten Oberschützen durch die zuneh-
mende Anhebung der Unterschützen wieder mit angehoben. Ab einem Wehrabfluss von
1.800 m3/s passieren die Oberschützen wieder die Normallage und der Wehrabfluss wird
komplett als Unterfluss abgeführt…
Wehrbetrieb […] bei Hochwasser
In einer Hochwassersituation ist der Wehrbetrieb folgendermaßen zu steuern:
Das Stauziel muss ab Rheinabfluss 1200 m3/s bis zu einem Rheinabfluss von 3.000 m3/s
gleichmäßig um 0.5 m reduziert werden…
Vorgesehene Schützenstellungen
Je nach Hochwasserabfluss wird die Wassermenge am Wehr durch eine Kombination von
Überfall und Durchfluss oder bei sehr hohen Abflüssen komplett als Durchfluss abgege-
ben: Bei ausgetauchten Schützenpaketen ist die Durchflusskapazität nach Kapitel 5.2.1
bestimmt.“
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4.2 Beurteilung von Fischschäden bei der Wehrpassage
4.2.1 Allgemeine Grundlagen
Bei der Abwanderung über Wehranlagen kann es grundsätzlich zu Verletzungen von Fischen
kommen durch
Aufprall auf den Unterwasserspiegel,
Abschürfungen, Kollisionen mit Bauteilen und Scherkräfte
Gassättigungsunterschiede
Druckunterschiede.
Daneben können sekundäre Beeinflussungen durch Prädationseinflüsse auf Fischen entstehen,
welche nach der Wehrpassage ggf. desorientiert sein können.
Maßgeblich für die Schädigung von Fischen beim Wehrübergang im oder mit dem abfallenden
Wasserstrahl ist vor allem die Aufprallgeschwindigkeit, die neben der Fallhöhe auch von der Kör-
pergröße des Fisches abhängt. Die sog. kritische Aufprallgeschwindigkeit, ab der Verletzungen
auftreten können, liegt bei 16 m/s. Die Geschwindigkeit kann beim Absturz der Fische innerhalb
des Wasserstrahls theoretisch ab Fallhöhen von 13 m erreicht werden (EBEL 2016). Bei Fallhöhen
<13 m ist das Verletzungsrisiko von vorneherein gering. Gleichermaßen können Schädigungen
auftreten, wenn am Aufprallpunkt des abfallenden Wasserstrahls zu geringe Wassertiefen herr-
schen bzw. ein zu geringes „Wasserpolster“ vorliegt oder wenn Kollisionsmöglichkeiten der Fische
mit Störkörpern oder ähnlichen Bauteilen im Unterwasser bestehen.
Bei Fallhöhen unter 10 m, einer ausreichenden Tiefe des Unterwassers und dem Fehlen von Stör-
körpern ist eine Passage über die Wehranlage hingegen für alle Fischgrößen und Arten unbedenk-
lich (SCHWEVERS 1998; ATV-DVWK 2004).
Hinsichtlich der Risiken von Schädigungen beim Aufprall auf oder bei Kontakt mit der Wehrschwel-
le oder der Tosbeckensohle ist das Verhältnis zwischen Fallhöhe und Wassertiefe am Eintauchort
im Unterwasser eine maßgebliche Kenngröße. Zur Vermeidung solcher schädigungsrelevanter
Kontakte/Kollisionen mit der Sohle oder ggf. einer Wehrschwelle sollte die Tiefe der Sohle mindes-
tens 25 % der Fallhöhe, in jedem Fall aber mehr als 0,9 m betragen (EBEL 2016).
Im Falle sehr starker Turbulenzen (z.B. in Tosbecken) können Schädigungen von Fischen durch
hydraulische Scherkräfte entstehen. Starke hydraulische Scherkräfte können sich auch bei unter-
strömten Stauanlagen ergeben. Verletzungen von empfindlichen Fischen (Brut und juvenile Stadi-
en von Cypriniden und Salmoniden) können nach EBEL 2016 ab Wasserstrahlgeschwindigkeiten
von 5-6 m/s bzw. Scherkräften von ≥ 200 N/m² auftreten, während sehr robuste Fische wie der Aal
selbst bei Geschwindigkeitsgradienten von 21 m/s und Scherkräften von 3.410 N/m² in experimen-
tellen Studien unverletzt blieben.
Beeinträchtigungen durch unterschiedliche Gassättigungen und Sättigungsgradienten in Verbin-
dung mit Druckveränderungen, wie sie im Wasserkörper beim Wehrübergang, bei Unterströmung
des Wehres oder bei der Turbinenpassage entstehen, können im Extremfall das Erscheinungsbild
der sog. Gasblasenkrankheit im Fisch auslösen und zu Verlusten führen. Derartige Effekte sind in
erster Linie an Stauanlagen in Lachsflüssen mit großen bis sehr großen Fallhöhen (Columbia Ri-
ver, USA) bekannt geworden.
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 25 Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
Anlage D7.13
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aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
An unterströmten Stauanlagen und in Turbinen können direkte Fischschäden (z.B. Blutungen,
Schwimmblasenschädigungen) auch durch den Druckabfall auftreten. Maßgeblich ist dabei weni-
ger die absolute Druckabnahme, sondern vor allem die Geschwindigkeit und das relative Ausmaß
der Druckveränderung (Dekompressionsrate EBEL 2016). Nach derzeitigem Erkenntnisstand ist
bis zu einer Fallhöhe von 10 m die Passage unterströmter Stauwehre wegen der vergleichsweise
geringen Druckunterschiede weitgehend gefahrlos für abwandernde Fische (SCHWEVERS 1998;
ATV-DVWK 2005).
Fischverluste durch Prädation (Raubfische, fischfressende Vögel) können vor allem dadurch ent-
stehen, dass abwandernde Fische im Oberwasser bei Annäherung an die Anlage ein Vermei-
dungsverhalten gegenüber den hydraulischen-mechanischen Barrieren von Stauwehr und Kraft-
werksbauwerk zeigen und dabei ihre Abwanderung für mehrere Stunden und Tage unterbrechen
können. Solches Vermeidungsverhalten ist vor allem von Aalen und Lachssmolts bekannt, aber
auch schwimmstarke Individuen potamodromer Arten reagieren in ähnlicher Weise. Durch solche
„Wartezeiten“ im OW der Stauanlage erhöht sich das Risiko, von den lokalen Prädatoren seien es
Raubfische oder Vögel gefressen zu werden. Von möglicherweise erhöhter Prädation im OW sind
in erster Linie die anadromen Langdistanzwanderer (Lachs, Meerforelle) betroffen. Bei den
potamodromen Fischarten, deren Abstieg überwiegend in Form der Larven- und Brut-Abdriften
bei erhöhten Abflüssen erfolgt, ist eine Unterbrechung mangels Schwimmleistung nicht möglich
bzw. findet nicht statt.
Im Hinblick auf verstärkte prädationsbedingte Mortalität von Fischen, die durch Desorientierung der
Fische infolge der Passage des Stauwehrs bzw. der Turbinenanlage auftreten kann, ist Folgendes
festzustellen:
Bei Salmonidensmolts (atlantische und pazifische Lachse, diverse Forellenarten) können
derartige sekundäre Mortalitäten nach den hierzu verfügbaren Publikationen (EBEL 2016)
durchaus relevante Größenordnungen erreichen. Tatsächliche belastbare Ergebnisse im
Freiland mit nachgewiesenen Schäden dieser Art sind jedoch überwiegend an Wasser-
kraftanlagen mit Kaplan-Turbinen am Columbia River (USA) bekannt, mit Fallhöhen zwi-
schen 40 und 170 Metern und installierten Ausbauleistungen zwischen 185 und 6809 MW
(EBEL ET AL. 1979).
Beim Aal, der robust gegenüber Scherkräften, mechanischen Beschädigungen und Druck-
unterschieden ist, sind Desorientierung bzw. verstärkte Prädationsmortalität nach der
Wehr- bzw. Turbinenpassage ebenso wenig bekannt wie Prädationsverluste im Oberwas-
ser von Stauanlagen (EBEL 2016).
Bei den potamodromen Arten sind die in der fließenden Welle abtreibenden oder wegen
Nahrungsmangels, Konkurrenzdruckes oder sonstiger Gründe aus einem Flussbereich
(Oberwasser der Kraftwerke) aktiv-passiv abwandernden Fischlarven/Brutfische (und damit
der zahlenmäßig überwiegende Anteil der abwandernden Individuen)
o unter ökologischen wie auch unter fischereilichen Aspekten, größtenteils als "natür-
liche Verluste" einzustufen.
o Ein Großteil dieser Individuen würde auch ohne den Betrieb der Stau- und Kraft-
werksanlage und ohne die entsprechende Schädigung bei deren Passage am ur-
sprünglichen Standort (Oberwasser) dem Nahrungsnetz oder den Fischpopulatio-
nen als Rekruten (Nachwuchs) nicht mehr zur Verfügung stehen, da sie infolge der
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 26 Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
Anlage D7.13
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aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
normalen natürlichen Mortalität (Prädation, Nahrungsmangel, Konkurrenzstress
etc.) auf einen Bruchteil ihrer Ausgangszahl (1-3 %) reduziert werden.
Bei den potamodromen Arten, insbesondere den sich als sog. r-Strategen3 vermehrenden
Cypriniden und Perciden, gehen Larven und Brut-Jungfische, falls sie bei der Wehr- oder
Turbinenpassage desorientiert oder mehr oder weniger stark geschädigt werden, dem
aquatischen Nahrungsnetz nicht verloren. Sie werden nämlich im Unterwasser zum über-
wiegenden Anteil von den großen Fischen fast aller Arten als Beutefische gefressen und
sind damit indirekt auch in der „Wertschöpfungskette“ der örtlichen Fischerei größtenteils
noch enthalten.
4.2.2 Schädigungsrisiko für Fische am Stauwehr Reckingen
Die spezifischen hydraulisch-technischen, ökologischen und morphometrischen Bedingungen hin-
sichtlich der Abflussaufteilung, des Abwanderpfades/-verhaltens der Fische sowie der Wehrbeauf-
schlagung und -steuerung am Wehrstandort des RKR wurden in den Kapitel 3.2 untersucht und
abschätzungsweise dargestellt.
Hinsichtlich des Schädigungs-/Verletzungsrisikos der abwandernden Fische bei der Wehrpassage
ist Folgendes zusammenfassend festzustellen:
1. Die maximale Fallhöhe bei normalem Wehrbetrieb (Überlaufbeginn bei 580-600
m3/s) liegt bei 8,34 m (Abb. 8, oben). Fischschädigungen auf Grund des Aufpralls
im Unterwasser mit dem abstürzenden Wasser sind erst ab Fallhöhen von 13 m
nachgewiesen und sind daher in Reckingen nicht zu erwarten.
2. Gleiches gilt für Schädigungen infolge von Turbulenzen, Scherkräften, Scher-
strömungen oder Druckveränderungen. Auch solche Schädigungen sind nach den
Literaturauswertungen (Kap. 4.2.1) bis zu einer Fallhöhe von ≤ 10 m nicht zu be-
fürchten und daher für den Standort Reckingen nicht anzunehmen.
3. Die Wassertiefe bzw. die Höhe des Wasserpolsters im Unterwasser über der Wehr-
schwelle beträgt bei relevanten Abflüssen 4,86 m (Abb. 8, oben) und damit rund 58
% der Fallhöhe. Die Höhe des Wasserpolsters liegt damit in Reckingen um mehr als
das Doppelte über der Sollhöhe (25 % der Fallhöhe), so dass Schädigungen von
Fischen auf Grund von Kontakten/Kollisionen mit der Sohle/der Wehrschwelle im
Unterwasser nicht zu erwarten sind.
4. Störkörper oder andere Hindernisse im Unterwasser sind in Reckingen nicht vor-
handen, so dass mechanische Schädigungen durch Kollision und Abrasion ausge-
schlossen werden können.
5. Bei Wehrabflüssen größer 380 m3/s (Gesamtabflüsse >ca. 960 m³/s) werden die
Unterschützen sukzessive angehoben, so dass eine zunehmende Unterströmung
des Wehrs auftritt. Ab 1.800 m3/s wird der gesamte Wehrabfluss als „Unterfluss“
abgeführt.
In der ersten Öffnungsphase der Unterschützen können, in den dann noch
sehr engen Durchflussöffnungen, im Einzelfall kurzzeitig Geschwindigkeiten
3 r-Strategie: Vermehrungsstrategie, Anpassungsstrategie, bei der ein Überschuss an Nachkommen erzeugt wird. Viele dieser Nach-
kommen fallen der „natürlichen Mortalität“ zum Opfer und nur wenige gelangen sicher zur Fortpflanzung.
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und auch Scherströmungen auftreten, welche die kritischen Werte 5-6 m/s
und ≥ 200 N/m2 überschreiten.
Bei solchen kurzzeitigen Ereignissen sind bei sohlnah abwandernden Fi-
schen (ausgenommen der robuste Aal) Schädigungen nicht auszuschließen.
Da solche Verhältnisse im zeitlichen Kontext während der Wehrsteuerungen
bei einer Hochwasserwelle nur kurzfristig auftreten, Abflüsse > 960 m3/s sta-
tistisch gesehen ebenfalls nur an Einzel-Tagen im Jahr entstehen, sind die
dabei ggf. entstehenden Fischverluste aller Wahrscheinlichkeit so gering,
dass daraus keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die Fischpo-
pulationen im UG zu erwarten sind.
6. Fischschäden durch erhöhte Prädationseinflüsse im Oberwasser, die mit dem
Wehr-/Kraftwerksbetrieb zusammenhängen, sind am Standort Reckingen gegen-
wärtig nicht zu befürchten. Solche Schäden wären im Hinblick auf abwandernde
Lachse relevant, die aber gegenwärtig im Hochrhein nicht existent sind
7. Sollte eine erfolgreiche Wiederbesiedlung des Lachses im flussaufwärts gelegenen
Einzugsgebiet stattfinden, sind negative Prädationseinflüsse auf abwandernde
Lachssmolts im Oberwasser durch Zeitverzögerungen bei der Abwanderung nicht
auszuschließen4.
8. Erhöhte Prädationseinflüsse im Unterwasser durch Desorientierung und andere Be-
einträchtigungen sind beim Abstieg über den Wehrpfad in Reckingen weder bei dia-
dromen noch bei potamodromen Wanderfischen zu befürchten (siehe Pkt. 1-4).
Fazit:
Zusammenfassend ist festzustellen, dass bei Weiterbetrieb des RKR
keine maßgebliche Verletzungsgefahr von absteigenden Fischen bei der Passage des
Stauwehrs in Reckingen gegeben ist.
populationsrelevante Schädigungen von Fischarten bei der Wehrpassage nicht zu erwarten
sind.
Sanierungsmaßnahmen im Hinblick auf die Fischgängigkeit am Stauwehr Reckingen werden da-
her gegenwärtig als nicht erforderlich erachtet.
4 Im Falle der Wiederansiedlung des Lachses sind Maßnahmen zur Verbesserungen des Fischschutzes und Fischabstiegs gemäß
Kapitel 5.2.3 bis 5.2.6 zielführend, um das Prädationsrisiko zu vermindern.
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4.3 Fischschäden bei der Kraftwerkspassage
4.3.1 Schädigung von Fischen in den Kraftwerksturbinen
Allgemeiner Stand des Wissens 4.3.1.1
Verletzungen von bzw. Schädigungen an Fischen, welche die Turbinen von Kraftwerken passie-
ren, sind bekannt, seit moderne Wasserkraftanlagen betrieben werden. Besonders augenfällig
werden solche Schäden dort, wo Wanderfische, wie Lachse und Aale, sich flussabwärts bewegen
und damit oft in großer Zahl in die Turbinenanlagen gelangen.
Es gibt zwischenzeitlich eine Vielzahl von Untersuchungen und Veröffentlichungen, die sich mit der
Schadwirkung von Wasserkraftanlagen auf Fische befassen (SCHASSMANN 1928; von RABEN
1958; BUTSCHEK & HOFBAUER 1987; MONTEN 1985; BERG 1985, 1987a, 1987b, 1993, 1994,
SEIFERT 1991, 1998; HOLZNER 1999; EBEL 2008, 2013, 2016). Die Beurteilung bestimmter
Turbinentypen hinsichtlich ihrer Auswirkung auf Fische ist dabei höchst unterschiedlich ausgefal-
len, nicht selten sogar konträr. Dies mag wohl in erster Linie damit zusammenhängen, dass mit
sehr unterschiedlichen Untersuchungsmethoden und naturgemäß auch unter verschiedenartigen
hydrologischen, hydraulischen und turbinentechnischen Voraussetzungen gearbeitet wurde.
Während man früher im Allgemeinen der Ansicht war, dass Francis-Turbinen erheblich höhere
Schäden hervorrufen würden als Kaplan-Laufräder (von RABEN 1958), wurde in neueren Untersu-
chungen nachgewiesen, dass auch bei Kaplanturbinen in aller Regel erhebliche Fischschäden
auftreten (MONTEN 1985; BERG 1994; SEIFERT 1991, 1998; HOLZNER 1999; EBEL 2008, 2013
,2016) .
Die Beschädigung von Fischen bei der Passage von Kraftwerksturbinen erfolgt durch unterschied-
liche Wirkungsmechanismen und ist von verschiedenen Faktoren abhängig:
Aufprall auf Leitapparat und Laufradschaufeln
Quetschungen, Stauchungen zwischen Laufradschaufel und Turbinengehäuse sowie zwi-
schen Laufradschaufel und Nabe
Schlag- bzw. Schnittverletzungen durch Laufradschaufelkanten
Einwirkungen durch die Scher- und Stoßkräfte der Wasserturbulenzen, durch die rasanten
Druckveränderungen sowie durch sog. Kavitation bei der Passage vom Ober- ins Unter-
wasser (empfindlich hiergegen sind insbesondere Jung- und Kleinfische).
Art und Intensität der Verletzungen (Schädigungsrate/Mortalitätsrate) hängen dabei u.a. von fol-
genden Faktoren ab, die sich z.T. gegenseitig bedingen (MONTEN 1985, ODEH 1999, EBEL 2008,
2016)
(1) Turbinentyp
(2) spezifisches Design der Laufräder bzw. der Laufradschaufeln insbesondere
o der Abstand zwischen Laufradschaufeln bzw. die Größe der potenziellen Durch-
trittsöffnungen für Fische
o der Laufradspalt zwischen Nabe und Laufradschaufel und o der Spalt zwischen Laufradschaufelende und Turbinengehäuse
(3) Drehzahl
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(4) Fallhöhe
(5) Laufraddurchmesser bzw. Umfanggeschwindigkeit
(6) Minimaler Druck in der Turbine
(7) Maximaler Druckgradient
(8) Maximaler Geschwindigkeitsgradient
(9) Stellung der Laufradschaufeln (Öffnungswinkel) bei Kaplan Turbinen und Auslas-
tungszustand (Teil-Last/Voll-Last) der Turbine in Abhängigkeit vom Abfluss des Ge-
wässers
(10) Fischgröße (Länge) Körperform
(11) artspezifische und saisonale (z.B. temperaturabhängige) Empfindlichkeit des Fisches.
Bei der Turbinenpassage von Fischen wurden bei bisherigen Untersuchungen in aller Regel fol-
gende äußerlich sichtbare Verletzungen und Schäden festgestellt:
leichte Hautverletzungen, Schuppenverluste, Schürfungen, Blutungen
schwere Hautverletzungen, Knicke, äußerlich erkennbare Wirbeldeformationen und
–brüche, Fleischwunden, Augenverletzungen und Blutungen
Teildurchtrennungen
Totaldurchtrennungen
Daneben treten regelmäßig auch Verletzungen innerer Organe (Gewebeblutungen und Zerreißun-
gen) und Brüche bzw. Beschädigungen von Skelettteilen auf.
Ein mehr oder weniger großer Anteil der passierenden Fische bleibt aber auch ohne erkennbare
äußere und innere Verletzungen.
Kaplanturbinen 4.3.1.2
Am RKR sind Kaplan-Laufräder mit senkrechter Achse eingebaut. Die Fisch-Schädigungsraten
hängen gerade in Kaplanturbinen nicht nur von den Drehzahlen und Umfanggeschwindigkeiten ab,
sondern auch von der Größe der Öffnungen zwischen den einzelnen verstellbaren Schaufelrädern
(Schaufelradabstand), die sich mit dem Winkel, in dem die Schaufelräder gerade zur Strömungs-
richtung angestellt sind, verändert. Der Schaufelradabstand ist von der Turbinengröße und der
individuellen Bauweise des Laufrads bzw. der Schaufeln abhängig. Gleichermaßen differieren da-
mit die Größe und die Form der Öffnung zwischen den Schaufelrädern. Dieser „Öffnungsquer-
schnitt“ in seiner Fläche und Geometrie ist, neben den o.g. Kriterien, eine maßgebliche Kompo-
nente hinsichtlich der Schädigung von Fischen bei der Turbinenpassage. Nach KIRCHHOFER &
HÄSSIG (2016) bieten von den klassischen Turbinentypen die Kaplanturbinen, insbesondere sol-
che mit großem Laufraddurchmesser, niedriger Drehzahl und geringer Anzahl an Laufradschaufeln
„sichere Durchflussschläuche“ an, die von passierenden Fische genutzt werden können und damit
vergleichsweise hohe Überlebensraten ermöglichen. Je größer die Öffnung (des „Durchfluss-
schlauches“ nach KIRCHHOFER & HÄSSIG) bei gleicher Drehzahl des Laufrades ist, umso größer
ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fisch die Öffnung beim Abstieg passieren kann, ohne von den
Außenkanten des jeweils nachfolgenden Laufrads getroffen zu werden (von Raben 1955, 1957,
MONTEN 1985, LARINIER & DARTIGUELONQUE 1987 EBEL 2008). Die Öffnungsgröße ist bei
einer Kaplanturbine wiederum vom jeweiligen Betriebszustand (Lastzustand) abhängig. Je gerin-
ger der Durchfluss, umso stärker werden die Schaufelräder „geschlossen“, d.h. wird der Anstell-
winkel des Laufradblattes (bei vertikaler Maschine) Richtung Horizontale verkleinert. Mit der Ver-
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kleinerung des Öffnungswinkels verkleinert sich insbesondere bei Turbinen mit weit überlappenden
Schaufelrädern der Spalt bzw. die mögliche Durchtrittsöffnung für die Fische. Die Trefferwahr-
scheinlichkeit bzw. die Schädigungsrate ist bei diesen Lastzuständen (geringer Abfluss, geringe
Auslastung) daher in der Regel sehr groß. Anders bei höheren Lastzuständen (Abflüssen) oder gar
im Zustand des optimalen Wirkungsgrades (meist knapp unterhalb des maximalen Ausbaudurch-
flusses). Bei solchen Lastfällen sind die Schaufelräder in der Regel auf einen großen bzw. auf den
maximalen Winkel (zur Horizontalen) angestellt und die Öffnungen zwischen den Laufrädern sind
groß bzw. maximal. Die Schädigungsraten sind somit bei mittel bis stark beaufschlagter Turbine
bzw. bei weit geöffneter Schaufelradstellung regelmäßig deutlich geringer als bei geringer Auslas-
tung (MONTEN 1985; EBEL 2008, 2013, 2016, FORUM FISCHSCHUTZ 2016, SCHMALZ ET AL.
2015).
Zusammenfassend gilt für Kaplanturbinen:
Für das Schädigungsgeschehen bei passierenden Fischen ist neben den in Kap. 4.3.1.1 genann-
ten. Faktoren (3. Drehzahl) und (5. Umfanggeschwindigkeit) vor allem
das spezifische Design des Laufrads (2),
die jeweils vorliegende abflussabhängige Beaufschlagung und die entsprechende Einstel-
lung der Laufradschaufeln (10) bzw. deren Öffnungswinkel (9) in Abhängigkeit vom Abfluss
des Gewässers maßgeblich.
Je geringer die Umfanggeschwindigkeit (Drehzahl, Laufraddurchmesser), die Druck- und
Geschwindigkeitsdifferenzen sind und je kleiner der Laufradspalt (Nabe und Peripherie) ist,
umso geringer ist das Schädigungsrisiko für Fische, welche die Turbine passieren und um-
gekehrt.
Je näher der Auslastungszustand an der Volllast (bzw. am optimalem Wirkungsgrad) liegt,
je größer die Öffnungswinkel der Schaufelräder und die Durchtrittsöffnungen sind, umso
geringer ist das Schädigungsrisiko für Fische, welche die Turbine passieren und umge-
kehrt.
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4.4 Technische Daten der Turbinen und Einlaufrechen
Das Kraftwerk Reckingen ist ein Laufwasserkraftwerk aus den Jahren 1938-1942, das 1941 in Be-
trieb genommen wurde. Es verfügt über zwei Maschinensätze mit ehemals baugleichen vertikalen
Kaplanturbinen. Die Turbine der Maschinengruppe 1 wurde im Jahr 2004 erneuert. In den Jahren
2013 und 2017 (neues Laufrad) wurden Nachbesserungen durchgeführt.
Die technischen Daten der beiden Maschinengruppen sind in Tab. 5 dargestellt
Tab. 6 Technische Daten der Turbinenanlagen des RKR
Maschinendaten Maschinengruppe MG 1neu Maschinengruppe MG2 = MG1
alt -(jeweils 1941)
Hersteller VA-TECH (heute: Andritz) Escher-Wyss (heute: Andritz)
Turbinentyp Kaplan-Turbine, 4-flüglig, vertikal Kaplan-Turbine, 4-flüglig, vertikal
Herstellungsjahr 2004/2017 1941
Laufraddurchmesser 6,45 m 6,20 m
Laufraddurchmesser, gepl. 6,45 m -
Nabendurchmesser, max. 2.726 mm 2.726 mm
Nabendurchmesser,
Schaft
2.416 mm 2.416 mm
Anzahl Laufradschaufeln 4 4
Anzahl Leitschaufeln 24 24
Nenndrehzahl 75 1/min 75 1/min
Gefälle Nennpunkt 7,80 m 7,91 m
Durchfluss Nennpunkt 300 m³/s 280 m³/s
Durchfluss Nennpunkt,
gepl.
300 m³/s 300 m³/s
Einbaukote Mitte Laufrad 321,69 m NSH 321,69 m NSH
Nennfallhöhe bei 600 m³/s 8,35 m 8,35 m
Nennfallhöhe bei 580 m³/s 8,40 m 8,40 m
Nennfallhöhe bei 560 m³/s 8,45 m 8,45 m
Im Falle Reckingen ist die Fragestellung des spezifischen Laufraddesigns (2) von besonderer Be-
deutung, da sich das im Jahr 2017 neu eingebaute Laufrad der Maschine 1 hinsichtlich der Öff-
nung zwischen den Schaufelrädern deutlich von dem bisherigen Laufradtyp der Maschine 1 und
dem von Maschine 2 unterscheidet. Es liegt ein wesentlich größerer Schaufelradabstand vor, es
besteht so gut wie keine Überlappung zwischen den einzelnen Schaufelrädern. Die Durchtrittsöff-
nung für die Fische ist bei gleicher Drehzahl und gleicher Umfanggeschwindigkeit wesentlich grö-
ßer, während die Spaltöffnung zwischen Nabe und Laufradschaufel deutlich kleiner ist als bei den
alten Laufrädern (Abb. 10).
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Abb. 10: links: neues Laufrad der Maschine 1, RKR eingebaut im Sept. 2017. Rechts: ersetztes ehemali-ges (2013) Laufrad der Maschine 1. Beide Laufräder in geschlossener (horizontaler) Schaufelblattstellung. Links großer Schaufelradabstand, große Öffnungsfläche (rot umrandete grüne Fläche), kleiner Spalt (gel-ber Keil) zwischen Schaufelrad und Nabe. Rechts: Überlappende Schaufelräder mit kleiner Öffnungsfläche (rot umrandete grüne Fläche), großer Spalt (gelber Keil) zwischen Schaufelrad und Nabe.
Der Turbinenanlage ist ein Einlaufrechen vorgeschaltet. Hierbei handelt es sich um einen Vertikal-
rechen mit einem lichten Stababstand von 150 mm mit einer Neigung von 80°. Die Details der Re-
chenanlage zeigt Tab. 7.
Tab. 7: Kenndaten Einlaufrechen
Stababstand 172 mm
Stababstand (lichte Weite) 150 mm
Einzelstab: Länge x Breite 200 x 22 mm
Einzelstab: Form
Rechenfeld: Länge x Höhe 47,5 m x 12,30 m
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4.5 Bewertung der potenziellen standörtlichen (Kraftwerks-
/Wehrstandort RKR) Schädigungsraten für absteigende Fische
4.5.1 Allgemeine Grundlagen
Die Ausführungen und Schlussfolgerungen der Vorkapitel haben gezeigt, dass sich die Scha-
denermittlung der kraftwerksbedingten Fischereischäden schon von den fischereibiologischen und
technischen Grundlagen her als äußerst komplex und schwierig erweist. Hinzu kommt, dass im
aktuellen Fall keine Untersuchungsergebnisse zum tatsächlichen Schadensgeschehen an den
Kraftwerken des Rheins vorhanden sind. Tatsächliche Untersuchungen an den einzelnen Kraft-
werken durchzuführen, z.B. über sog. Hamenfänge, hätte aber einen immensen zeitlichen (3-5
Jahre) und einen ebenso hohen materiellen und finanziellen Aufwand nach sich gezogen. In die-
sem Sinne hat das BFE, soweit es das schweizerische Recht betrifft, in der Sanierungsverfügung
vom 10. Oktober 2017 auch verfügt, dass der Fischabstieg beim Maschinenhaus nur auf konzepti-
oneller Ebene und in den Grundzügen zu behandeln ist.
Die Ermittlung von Schädigungsraten wurde daher
auf Basis von Erfahrungswerten
unter Verwendung von eigenen Untersuchungsergebnissen des BNGF zur Fischpassage
von Kaplanturbinen,
von Daten aus der Literatur
und von modellhaften Ansätzen zur Ermittlung von Schädigungsraten (EBEL 2008), (LA-
RINIER & DARTIGUELONGUE 1989)
durchgeführt.
Auf vergleichbarer Grundlage wurden bereits folgende Untersuchungen/Begutachtungen an Kraft-
werken mit Kaplan-Laufrädern durch BNGF vorgenommen:
(1) SEIFERT, K. (1998): Untersuchung zur Funktion der Lichtscheuchanlage am Altmühlkraft-werk Dietfurt. – Fischer & Teichwirt 49,
(1) Untersuchung zu Aalschäden durch den Betrieb des Donaukraftwerkes Geisling, Ermittlung der fischereilichen Schäden. (SEIFERT 1989, Gutachten unveröffentlicht)
(2) Fischereischäden durch den Betrieb der Mainkraftwerke Limbach bis Kleinostheim (SEI-
FERT 2003, Gutachten unveröffentlicht)
(3) Fischereischäden durch den Betrieb der Donaukraftwerke Bertoldsheim bis Voh-
burg (SEIFERT 2006, Gutachten unveröffentlicht)
(4) Fischereischäden durch den Betrieb der Donaukraftwerke Geisling, Straubing und Kach-
let (BNGF 2013, Gutachten unveröffentlicht)
(5) Fischereiwirtschaftliche Schäden durch den Betrieb der Mainkraftwerke Kesselstadt und
Offenbach (BNGF 2015, 2016, Gutachten unveröffentlicht)
(6) Fischereischäden durch den Betrieb der Wasserkraftwerke Bad Abbach, Triebwerk Ab-
bach, Regensburg, Triebwerk Regenburg und Geisling (Donau) sowie der Kraft-
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/Pumpwerke Kelheim und Riedenburg (Main-Donaukanal) (BNGF 2017, Gutachten unveröf-
fentlicht).
Die wohl bislang umfangreichste Untersuchung im Hinblick auf Fischschäden in Kaplanturbinen in
einem Fluss des Rheineinzugsgebietes wurden am Main-Kraftwerk Dettelbach durchgeführt
(HOLZNER 1999). Wenn dort auch methodisch bestimmte Punkte nicht berücksichtigt wurden
(Schädigung durch den Fanghamen, Vorschäden bei der Turbinenpassage in flussaufwärtsliegen-
den Kraftwerken insbesondere beim Aal), so liefert die Dettelbachstudie dennoch Schädigungsra-
ten für eine Anzahl von Fischen, welche unter Ansatz diverser Korrekturfaktoren neben anderen
Studien als Vergleichswerte für Ergebnisse aus den nachfolgend verwendeten Berechnungsmo-
dellen herangezogen werden können.
In den folgenden Punkten dieses Kapitels werden daher Ergebnisse der Dettelbachstudie mit
neueren Erkenntnissen aus methodisch verbesserten Untersuchungen (SCHNEIDER ET AL. 2012)
sowie mit Berechnungsmodellen für Schädigungsraten bei Aalen (EBEL 2008, 2013, 2016) und
sonstigen Fischen (LARINIER & DARTIGUELONGUE 1989) verglichen und im Hinblick auf die scha-
denrelevanten Gesichtspunkte und Rahmenbedingungen am Standort Reckingen am Hochrhein
dargestellt und bewertet.
4.5.2 Schädigungsraten
Der Abschätzung der jeweiligen Schädigungsrate/Mortalitätsrate kommt bei der Bewertung der
Relevanz der Schädigung für die Fischpopulationen zentrale Bedeutung zu. Die Ergebnisse bishe-
riger Untersuchungen geben für unterschiedliche Fischarten, Turbinentypen, Fallhöhen, Drehzah-
len und Beaufschlagungs- bzw. Auslastungssituationen der Turbinen höchst unterschiedliche
Schädigungsraten zwischen 0 und 100 % an.
Aale 4.5.2.1
Grenzt man die Resultate auf Kaplanturbinen ein, wie sie auch in Reckingen zum Einsatz kom-
men, so wurden für diesen Turbinentyp und die Fischart Aal Schädigungsraten zwischen 8,6 %
und 90 % festgestellt (MONTEN 1985, BERG 1989). In einer neueren Arbeit von EBEL (2008)
wurden die Untersuchungsergebnisse der Vergangenheit an 34 europäischen Wasserkraftanlagen
revidiert und ausgewertet. Für 26 Anlagen mit Kaplanturbinen wurde dabei eine mittlere Schädi-
gungsrate von 44,6 % ermittelt. EBEL hat auf Basis dieser Daten und eigener Feldversuche ein
Prognosemodell entwickelt, welches im Folgenden als Ausgangsbasis für die Abschätzung der
Schädigungsraten am RKR herangezogen wird.
Eigene Untersuchungen an den Donaukraftwerken Geisling und Straubing (drei Kaplanlaufräder
mit Ausbaudurchfluss von je 167 m3/s) ergaben Mortalitätsraten von 25-35 % (SEIFERT 1989).
Hierbei konnte aber wie bei allen anderen der o.g. Felduntersuchungen nicht differenziert werden,
ob bei allen der unterhalb des Kraftwerkes Geisling gefangenen und geschädigten Aale die festge-
stellten Verletzungen alleine aus der Passage dieser Turbinen stammten oder bereits von dem
Durchgang durch flussaufwärts gelegene Turbinenanlagen herrührten (Donau-KW Regensburg,
ca. 28 km flussaufwärts, Donau-KW Bad Abbach, ca. 48 km flussaufwärts). Weiterhin konnte bei
diesen Untersuchungen festgestellt werden, dass schwer und schwerst geschädigte Aale noch
beträchtliche Wanderstrecken (30 km und mehr) zurücklegen können und somit die Schädigungs-
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 35 Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
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raten in Wasserkraftwerken, welche in Abständen von 10-30 km flussaufwärts liegen, jeweils von
oben her durch bereits vorgeschädigte Aale „künstlich“ erhöht werden.
Im Rahmen der Untersuchungen von HOLZNER (1999) am Mainkraftwerk Dettelbach (Kaplantur-
binen) über mehrere Jahre hinweg wurden im Durchschnitt ca. 27 % der passierenden Aale als
letal geschädigt eingestuft. Dabei handelte es sich allerdings um wesentlich kleinere Maschinen
(Laufraddurchmesser: 3,45 m) mit deutlich geringeren Durchtrittsöffnungen bei etwa gleicher
Drehzahl (74 U/min). Weiterhin konnte auch bei diesen Untersuchungen methodisch nicht unter-
schieden werden zwischen Aalen, welche in den Turbinen des Kraftwerkes Dettelbach geschädigt
wurden und solchen Tieren, die bereits Vorschäden aus den flussaufwärts gelegenen Kraftwerken
Gerlachshausen (ca. 5 km flussaufwärts KW-Dettelbach) und Volkach (ca. 16 km flussauwärts KW
Dettelbach) aufwiesen.
Abschätzung von Schädigungsraten bei Aalen nach dem Prognosemodell EBEL:
Beim Prognosemodell nach EBEL handelt es sich um ein empirisches Modell, das Daten aus 26
mitteleuropäischen Kraftwerksstandorten mit Kaplanturbinen verwendet, an welchen Schädigungs-
raten mittels unterschiedlicher Erfassungsmethoden direkt ermittelt wurden.
Die Modell-Gleichung zur Ermittlung der Schädigungsrate nach EBEL 2008 lautet:
S = -44,60 - 13,56 * sABSOL.MAX + 2,70 * uMAX + 1,09 * l
S = Schädigungsrate [%]
l = mittlere Totallänge Aale [cm]
sABSOL.MAX = absoluter Schaufelabstand am größten Laufraddurchmesser [m]
uMAX = Umfanggeschwindigkeit am größten Laufraddurchmesser [m/s]
Die wesentlichen schadenbestimmenden Parameter sind dabei neben der Länge der Aale die
Größe und die Drehgeschwindigkeit des Laufrades.
Bei abwandernden Blankaalen wird bei den Berechnungen von einer mittlere Totallänge von ca.
60 cm ausgegangen (Annahme ca. 80 % weibliche, 20 % männliche Aale). Dabei wird bei den
weiblichen Blankaalen eine mittlere Länge von 65 cm als Durchschnitt angenommen. Die Durch-
schnittslänge der abwandernden männlichen Blankaale ist wesentlich geringer und kann bei ca.
40 cm angesetzt werden. Während früher in mündungsferneren Flussoberläufen, wie es der Hoch-
rhein ist, die weiblichen Aale dominierten (die viel kleineren männlichen Aale steigen nicht so weit
in die Flüsse auf und bleiben in der Regel in Küstennähe bzw. im Unterlauf (DÖNNI 2001), hat sich
diese Situation heute geändert. Der Großteil der im Hochrheineinzugsgebiet und im Bodensee
heute vorkommenden Aale entstammt aus Aalbesatz mit sog. Glasaalen. Bei Glasaalbesatz kann
von einer annähernden Gleichverteilung von Weibchen und Männchen ausgegangen werden. Eine
solche Gleichverteilung ist somit auch für das gegenwärtige Kollektiv der abwandernden Aale an-
zunehmen. Fangergebnisse zur Biometrie von Wanderaalen aus dem Hochrhein liegen nicht vor.
Vergleichsergebnisse aus der sog Dettelbachstudie (HOLZNER 1999) ergaben bei mehreren Tau-
send vermessenen Wanderaalen eine Durchschnittlänge von etwa 50 cm. Zusätzlich werden im
Sinne einer Worst-case Betrachtung zusätzlich auch noch durchschnittliche Aallängen von 65 cm
betrachtet.
Die Berechnung der Schädigungsraten für Aale und die bis August betriebenen beiden Laufräder
am Standort RKR ebenso wie für das seit September 2017 eingesetzte neue Laufrad in Maschine
1 liefert Anhang 3. Hieraus lassen sich folgende unkorrigierten Schädigungsraten ableiten.
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Tab. 8: Ausgangsdaten und berechnete Schädigungsraten für Aale bei der Turbinenpassage am Standort
RKR bei Anwendung des Prognosemodells und nach EBEL (2008) oben: Normalansatz Aallänge 60 cm,
unten: Worst-Case-Ansatz: Aallänge 65 cm
Maschinen-satz
Aallänge
[cm]
Laufrad-durchmesser
[D] [m]
Laufrad- schaufeln
Anzahl [z] [-]
Drehzahl
[n] [1/min]
S, absolutmax
[m]
Umax
[m/s]
Schädigungs-rate %
1 alt (1941)“ 60 6,20 4 75 4,87 24,34 20,51
1 neu (2017) 60 6,45 4 75 5,44* 25,32 15,35
2 (1941) 60 6,20 4 75 4,87 24,34 20,51
Maschinen-satz
Aallänge
[cm]
Laufrad-durchmesser
[D] [m]
Laufrad- schaufeln
Anzahl [z] [-]
Drehzahl
[n] [1/min]
S, absolutmax
[m]
Umax
[m/s]
Schädigungs-rate %
1 alt(1941)* 65 6,20 4 75 4,87 24,34 25,96
1 neu (2017) 65 6,45 4 75 5,44* 25,32 20,80
2 (1941) 65 6,20 4 75 4,87 24,34 25,96
*für die Berechnung der bisherigen Schädigungsraten wurden die Daten für die zwischen 1941 und 2003 über
mehr als 60 Jahre im Einsatz befindlichen Maschine 1 alt (1941) verwendet **Korrektur für neues Laufrad mit größeren Durchtrittsöffnungen: Erhöhung des Wertes für Sabsolut.max
um 5-10 (7,5) %
Korrektur bezüglich des neuen Laufrads für Maschine 1
In der Tab. 8 ist in Ergebniszeile 2 „1neu“ berücksichtigt, dass im September 2017 der Laufrad-
wechsel bei Maschine 1 erfolgt ist. Das neue Laufrad wird auf Grund des „modernen“ Designs mit
großen Öffnungen zwischen den Schaufelradblätter und dem wesentlich kleineren Spalt zwischen
Schaufeln und Nabe (siehe Kap. 4.4) für die Zukunft eine schädigungsärmere Fisch- (Aal) Passa-
ge ermöglichen als das ehemalige Laufrad der Maschine 1, das bis 2003 in Betrieb war und auch
als das alte Laufrad der Maschine 2. In die Modellgleichung von EBEL (2008) sind mit den zugrun-
deliegenden Kraftwerksanlagen überwiegend ältere Laufradmodelle bzw. deren Schädigungsraten
eingeflossen, die - soweit es sich um vertikale Maschinen handelte – eher dem Typ der alten Lauf-
räder in Reckingen entsprechen. In der Modellgleichung von EBEL werden die Öffnungsgrößen
zwischen den Laufradschaufeln indirekt über den Parameter Sabsol.max (absoluter Schaufelabstand
am größten Laufraddurchmesser) erfasst. Dies wurde in der Modellberechnung durch eine Erhö-
hung dieses Parameters bei der neuen Maschine um 7,5 % gegenüber der alten Maschine 1 be-
rücksichtigt.
Korrektur der Modellberechnung wegen „Vorschäden“
Die Zahlen zu den Schädigungsraten müssen noch um sog. Vorschäden weiter korrigiert werden.
Im das Berechnungsmodell nach EBEL 2008 sind zum Teil Ergebnisse von Untersuchungen zu
Schädigungsraten an Kraftwerken eingeflossen, die, wie das RKR im Bereich von sog. Stauhal-
tungsketten liegen und von daher „Oberliegerkraftwerke“ haben. Ein Großteil der an einem solchen
Kraftwerksstandort abwandernden Aale hat daher bereits eines oder mehrere Oberliegerkraftwerke
durchwandert und eine Teilmenge dieser Aale weist Vorschäden von den Turbinen der Oberlieger-
kraftwerke auf. Bei einem Großteil der im Rahmen früherer Untersuchungen ermittelten Schädi-
gungsraten, welche im Ebel´sche Modell verwendet wurden, sind somit solche Vorschäden inte-
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griert und erhöhen damit die mit dem Modell berechnete Schädigungsrate für den Einzelstandort.
Nach eigenen Untersuchungen an der Donaustufe Geisling (SEIFERT 1989) können auch stärker
verletzte Aale noch Wanderstrecken zwischen 20 und 30 km zurücklegen. Bezogen auf den
Standort Reckingen sind somit Korrekturen für Vorschäden aus den Oberliegerkraftwerken insbe-
sondere aus dem nur 11 km entfernten KW Eglisau einzustellen Diese Korrektur der Schädi-
gungsrate wegen Vorschäden wird nach gutachterlicher Abschätzung im Normalfall (Aallänge 60
cm) mit einem Abzug von 2-4 % (3 %) angesetzt, im Worst-Case-Ansatz (Aallänge 65 cm) von 5-7
% (6%).
Tab. 9: Berechnete Schädigungsraten inkl. Korrektur für Vorschäden für Aale bei der Turbinenpassage am
Standort RKR bei Anwendung des Prognosemodells nach EBEL (2008) oben: Normalansatz Aallänge 60
cm, Vorschäden ./. 3 %, unten: Worst-Case-Ansatz: Aallänge 65 cm, Vorschäden ./. 6 %
Maschi-nensätze
Aallänge [cm]
Schädigungs-rate %
Korrektur Vorschäden
[%]
Schädi-gungsrate
korrigiert %
1alt 60 20,51 -3 17,51
1neu 60 15,35 -3 12,35
2 60 20,51 -3 17,51
Maschi-nensätze
Aallänge [cm]
Schädigungs-rate %
Korrektur Vorschäden
Schädi-gungsrate
% korrigiert
1alt 65 25,96 -6 19,96
1neu 65 20,80 -6 14,80
2 65 25,96 -6 19,96
Zusammengefasst ergeben sich für die Berechnungsvarianten folgende durchschnittlichen stand-
örtlichen Schädigungsraten:
Tab. 10: Durchschnittliche Schädigungsraten beim Aal Vorzustand (Maschine 1alt und Maschine 2), Ab-
wanderungsanteil über Turbinenpfad 97,5 %
Maschi-nensätze
Aallänge [cm]
Schädigungsra-te/Mortalitätsrate korrigiert
[%]
1alt (1941) 60 17,51
2 (1941) 60 17,51
Standörtliche Gesamtschädigungs-rate bei 97,5 % Abwanderung über Turbinenpfad (gerundet)
17,1 (17,07)
Maschi-nensätze
Aallänge [cm]
Schädigungsra-te/Mortalitätsrate
% korrigiert
1alt (1941) 65 19,96
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2 (1941) 65 19,96
Standörtliche Gesamtschädigungs-rate bei 97,5 % Abwanderung über Turbinenpfad (gerundet)
19,5 (19,46)
Tab. 11: Zukünftige durchschnittliche Schädigungsraten beim Aal ab Ende 2017 (Maschine 1neu und Ma-
schine 2), Abwanderungsanteil über Turbinenpfad 97,5 %
Maschi-nensätze
Aallänge [cm]
Schädigungsra-te/Mortalitätsrate korrigiert
[%]
1neu (2017) 60 12,35
2 (1941) 60 17,51
Standörtliche Gesamtschädigungs-rate bei 97,5 % Abwanderung über Turbinenpfad (gerundet)
14,6 (14,56)
Maschi-nensätze
Aallänge [cm]
Schädigungsra-te/Mortalitätsrate
% korrigiert
1neu (2017) 65 14,80
2 (1941) 65 19,96
Standörtliche Gesamtschädigungs-rate bei 97,5 % Abwanderung über Turbinenpfad (gerundet)
17,0 (16,95)
Die aktuell über das Modell von EBEL (2008) mit Hilfe der standörtlichen Korrekturfaktoren ermit-
telten Schädigungsraten sind nahezu deckungsgleich mit Mortalitätsraten wie sie DÖNNI (2001)
für den Standort KW-Reckingen und den Hochrhein ermittelt hat (16 %). Sie sind auch vergleich-
bar mit jüngsten experimentellen Ergebnisse an den Mainkraftwerken Kesselstadt, wo SONY et al.
(2016) mittels besenderter Aale und unter Ausschluss von Vorschäden und Fanggeräteeffekten
eine turbinenbezogenen Mortalität bei abwandernden Blankaalen von 15 % ermittelt hat. Zu glei-
chen experimentell am Mainkraftwerk Kostheim ermittelten Schädigungsraten von 15 % bei Aalen
(Ausschluss von Vorschäden und Fanggeräteschäden) kamen SCHNEIDER et al. (2012).
Zusammenfassend wird die standörtliche Schädigungsrate/Mortalitätsrate des abwandernden Aals
bei der Passage der Kraftwerks-Wehranlage Reckingen bezogen auf mittlere Aallängen (60 bis 65
cm) auf bisher (Vor-Zustand)
ca. 18 (18,27) %
und auf zukünftig (ab Ende 2017)
ca. 16 (15,76) %
geschätzt.
Ohne Berücksichtigung der geschätzten Korrekturen gemäß Tabelle 9 für die Vorschäden aus
oberhalb liegenden Kraftwerken ergeben sich mittlere Schädigungsraten für den Standort RKR
bezogen auf mittlere Aallängen (60 bis 65 cm) von bisher (Vor-Zustand)
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ca. 23 (22,65) %
und zukünftig (ab Ende 2017) bei
ca. 20 (20,14) %.
Lachse und potamodrome Arten 4.5.2.2
Zur Abschätzung der Schädigungsraten für abwandernde Lachse (Smolts) und sonstige Fischarten
wird ein Berechnungsmodell verwendet, das von Larinier & Dartiguelongue (1989) entwickelt wur-
de. Das empirische Modell basiert auf Untersuchungen zur Schädigung von juvenilen Salmoniden
in Wasserkraftanlagen, speziell auch von Lachssmolts.
Gegenwärtig stehen noch keine eigenen Modelle zur Berechnung der Schadensraten bei
potamodromen5 Fischarten zur Verfügung. Die Ergebnisse an Lachssmolts können nach Angaben
von LAGARRIQUE (2013) wegen gleichartiger Körperform in jedem Fall auf Forellen, nach unserer
eigenen Einschätzung aber näherungsweise auch auf andere rheophile und indifferente Fischarten
mit vergleichbaren spindelförmigen oder torpedoförmigen Körperformen angewendet werden. Inso-
fern kann für die Prognosen der Schädigungsraten für die Juvenilstadien vieler sonstiger
potamodromer Fischarten mit diesem Modell eine gute Annäherung erreicht werden.
Die Modellgleichung lautet:
M = (sin (13,4 + 42,8 * (TL / Sabsol,mit))) ^ 2 *100
mit M = Mortalitätsrate [%]
TL = Länge des Fisches [m]
Sabsol, mit = absoluter Schaufelabstand6 am mittleren Laufraddurchmesser [m]
Die Ergebnisse der Berechnung für verschiedene Körperlängen zeigt Tab. 12.
Tab. 12: Prognose der Schädigungsrate für Smolts (Lachs, Meerforelle, Bachforellen bis 25 cm) und Juve-
nil-Stadien potamodromer Fischarten nach dem Modell von LARINIER & DARTIGUELONGUE (1989)
Fischlänge [cm] Maschine 1alt Mortalitätsrate
[%]
Maschine 1neu
Mortalitätsrate [%]
Maschine 2 Mortalitätsrate
[%]
3 5,66 5,56 5,66
6 5,96 5,76 5,96
8 6,16 5,90 6,16
10 6,37 6,04 6,37
15 6,90 6,39 6,90
20 7,44 6,75 7,44
25 8,01 7,11 8,01
5 Wanderfische die nur in Süßgewässern wandern
6 der Parameter Sabsolut, mit wurde bei der neue Maschine 1 wegen der deutlich größeren Durchtrittsöffnungen um den Faktor 1,43
erhöht: Jede der 4 Laufradschaufeln von M1neu hat eine Fläche von nur 70 % der Fläche einer Laufradschaufel von M1alt: 100 % /70% = 1,43
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Gewichtete Schädi-gungsrate Brut
(80%) und Juvenile (20%) potamodrome
Arten [6-15 cm]
5,79 5,65 5,79
Mittelwert Lachs-molts [10-25 cm]
7,18 6,57 7,18
Das Modell von LARINIER & DARTIGUELONGUE (1989) bezieht sich auf Smolts also auf Juvenil-
stadien von Lachsen. Wie oben dargelegt, können die Berechnungen auch nur für Jungstadien
potamodromer Fischarten adaptiert werden.
Lachs
Für abwandernde Lachssmolts mit Größen zwischen 10 und 25 cm würden sich, im Falle der Wie-
dereinbürgerung der Art, nach der Modellberechnung zukünftig (Betrieb Maschine 1neu und Ma-
schine 2alt) mittlere Mortalitätsraten von 6,57 % (M1neu) bzw. 7,18 % (M2) ergeben. Für die Er-
mittlung der Gesamtmortalität ist die wahrscheinliche Verteilung der abwandernden Lachse zu
berücksichtigen: Geht man davon aus, dass 20 % der Abwanderer den schädigungsfreien Wehr-
pfad nehmen und 80 % den Turbinenpfad, auf dem sie eine durchschnittliche Mortalitätsrate von
ca. 6,88 % erleiden würden, so ergäbe sich eine geschätzte standörtliche Gesamtmortalität für
diese Art beim Abstieg im Ist-Zustand (M1alt, M2) von 5,74 % und in der Zukunft (M1neu, M2) von
rund
5,50 %.
Beim Lachs bzw. bei seinen abwandernden Smoltstadien kann sich die standörtliche Gesamtmor-
talität durch Verzögerungen bei der Abwanderung (Zurückweichen vor Turbineneinläufen und Ab-
warten im Oberwasser) und dadurch erhöhte Prädationseinflüsse7 ebenso wie durch erhöhte
Prädation im Unterwasser (bei desorientierten Individuen) noch erhöhen. Das Ausmaß dieser Er-
höhung ist auf Basis des heutigen Kenntnisstands nicht abzuschätzen.
Potamodrome Arten
Für Brut und Jungfische der potamodromen Arten mit Längen zwischen 3 cm und 15 (Jahrgänge
0+ bis 2+) cm wurden die Schädigungsraten nach gleichem Berechnungsmodell wie für die Lachs-
smolts ermittelt (siehe Tab. 12). Unter Berücksichtigung der Anteile einzelner Größenklassen am
Gesamtabstieg von Brut und 0+ (3 cm ca. 80%), Juvenilen und Kleinfischen (6-15 cm ca. 20 %)
errechnen sich mittlere Schädigungsraten für Brut und Juvenile/Kleinfischarten (3-15 cm Länge)
der Potamodromen für die Turbinenpassage von rund 5,79 % für die beiden alten Maschinensätze
M1 und M2 sowie von ca. 5,72 % für die neue Maschine M1 und die M2. Verrechnet man hier, wie
bei den Lachssmolts die anteilige Abstiegsverteilung über den Wehrpfad (20 %) bzw. über den
Turbinenpfad (80 %), so ergibt sich eine geschätzte mittlere standörtliche Gesamtmortalität für
Brut und Jungfische der potamodromen Arten ebenso wie für Kleinfische wie Schneider und Strö-
mer beim Abstieg von bisher (M1 und M2) 4,63 und zukünftig (Maschine 1neu/2alt)
ca. 4,58 (4,576) %.
7 Bei den hydroakustischen Langzeit-Untersuchungen im Oberwasser vor den Turbineneinläufen konnte Prädation von großen Raubfi-
schen auf kleinere Fischgrößen wiederholt festgestellt werden.
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Wanderungsverzögerungen im Oberwasser sind bei den überwiegend passiv verfrachteten Brüt-
lingen und Jungfischen bzw. bei den Kleinfischarten nicht anzunehmen.
Zudem ist ggf. erhöhte Mortalität und Prädation im Oberwasser- und Unterwasser gegenüber
Brut und Juvenilen bei den potamodromen Arten,
die sich, im Gegensatz zu den Lachsen, die diesen Einflüssen gegenüber sehr empfindli-
chen sind, massenhaft vermehren und
einer sehr hohen natürlichen Mortalität unterliegen,
in der Regel von geringer Auswirkung auf die lokalen Populationen.
Beispielsweise gehen die durch Raubfische im Ober- oder im Unterwasser des RKR zusätzlich
erbeuteten Brut- und Jungfische dem ökologischen System nicht verloren, sondern verbleiben im
aquatischen Nahrungsnetz. Dies gilt im Übrigen auch für die kleinen Fisch-Individuen, welche bei
der Turbinenpassage letal geschädigt werden. Auch diese werden zum größten Teil von anderen
großen Fischen im Unterwasser gefressen.
Für größere Fischlängen ist das Modell von LARINIER & DARTIGUELONGUE (1989) nicht kalib-
riert worden. Eine versuchsweise Berechnung für diverse Fischlängen größer 30 cm würde zu
durchschnittlichen Schädigungsraten von ca. 11 % für die beiden alten Maschinen und von ca. 9 %
für die neue Maschine 1 führen. Diese Werte erscheinen angesichts anderer Zahlen aus Untersu-
chungen für vergleichbare Fischarten in den relevanten adulten Größenklassen mit spindelförmiger
oder torpedoförmiger Körperform als zu niedrig. Das Berechnungsmodell ist somit für diese Fisch-
größen nicht anwendbar und die Schädigungsraten für die größeren (adulten) potamodromen Ar-
ten wurden abschätzungsweise unter Berücksichtigung empirischer Durchschnittswerte (HOLZ-
NER 1999) festgelegt.
Tab. 13 Durchschnittliche Schädigungsraten (Mortalität) für verschiedene Fischarten bei der Passage der
Kaplanturbinen im KW Dettelbach, Main (HOLZNER 1999), Mortalität von langestreckten, spindel-
/torpedoförmigen Adultfischen
Fischart Mortalität (Mittelwert) in %
Bachforelle 15
Barbe 15
Hasel 31
Hecht 16,5
Regenbogenforelle 13
Rotauge 34,6
Schleie 11
Schied/Rapfen 14,2
Wels 6
Aus den Mortalitätsdaten von HOLZER (1999) wurden für die entsprechenden spindelförmigen
potamodromen Fischarten und deren Adultgrößen, wie sie im Fischbestand des Untersuchungs-
gebiets vorliegen z.B. Forellen, Äschen, Barben, Nasen, Döbel, Hasel etc. folgende durchschnittli-
che Mortalitätsraten abschätzungsweise angenommen:
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Für die alten Maschinensätze (M1alt, M2 jeweils 1941) werden die Mortalitätsraten auf 15-
20 % (17,5 %) geschätzt.
Die Mortalitätsrate für die Maschine M1neu wird auf 15 % angesetzt.
Unter Berücksichtigung dieser Schädigungsraten für die Adultfisch-Größen und der in Tab. 12 dar-
gestellten Schädigungsraten für Brut u. 0+ Stadien und für Juvenile und Kleinfische, wurden ent-
sprechend der geschätzten zahlenmäßigen Verteilung der Individuen auf die einzelnen Altersklas-
sen im abwandernden Fischkollektiv am Standort Reckingen
Brut/0+ u. juvenile Kleinfischen (3 cm) 85 %
1-jährige bis 2+ Juvenile/adulte Kleinfische (6-15 cm) 12 %
3-jährige bis X+ adulte Fische 3 %
die gewichtete (nach Anzahl pro Größenklasse) Gesamtmortalität (%) für alle Größenstadien der
potamodromen Abwanderer abschätzungsweise ermittelt (
Tab. 14).
Tab. 14 Prognose der standörtlichen Gesamtmortalität (%) für potamodrome Arten aller Größen-
klassen unter Berücksichtigung der Verteilung der abwandernden Individuen auf den Turbinenpfad
(80%) und auf den Wehrpfad (20 %)
Fisch-Größenstadien
Größe [cm]
M 1 alt [%]
M 1 neu [%]
M 2
[%]
Anteil In-dividuen am
Abstieg
[%]
Anteile an Mortalitäts-
rate bis 2017 (M1alt u. M2)
[%]
Anteile an Mortalitäts-
rate zukünftig (M1neu u. M2
[%]
Brut/0+ u. juvenile Kleinfische
3 5,66 5,56 5,66 85 4,81 4,77
1-jährig bis 2+ Juve-nile/adulte Kleinfi-
sche 6-15 5,79 5,65 5,79 12 0,69 0,69
3-jährige bis X+ Adulte
50 17,50 15,00 17,50 3 0,53 0,49
gewichtete Gesamtmortalität für alle Größenstadien in Prozent 6,03 5,95
standörtliche Gesamtmortalität in Prozent unter Berücksichtigung der Abstiegs-Verteilung auf Turbinenpfad/Wehrpfad (80 zu 20)
4,82 4,76
Diese größengewichtete Gesamtmortalität wird für den Ist-Zustand (M1alt/M2) auf rund 6 % ge-
schätzt, während sie für die Zukunft mit der fischfreundlicheren M1neu bei etwa 5,9 % liegen dürf-
te. Wenn man zusätzlich noch die Aufteilung der abwandernden Individuen auf den schädigungs-
freien Wehrpfad (20 % Abwanderer) und den Turbinenpfad (80 % Abwanderer) vornimmt, ergibt
sich eine geschätzte standörtliche Gesamtmortalität für die potamodromen Fischarten von bisher
(M1alt/M2) 4,82 % und zukünftig ca.
4,76 %.
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4.5.3 Potenzielle Schädigungen am Kraftwerks-Einlaufrechen
Wandernde Fische, die auf Grund ihrer Größe eine Rechenanlage nicht passieren können, werden
im ungünstigsten Fall durch den aus Anströmgeschwindigkeit und Rechenwiderstand resultieren-
den Anpressdruck an die Rechen gepresst. Je höher die Anströmgeschwindigkeit und je geringer
der Abstand der Rechenstäbe, desto höher kann die Mortalitätsrate sein. Folglich können an den
Rechen großer Wasserkraftwerke mit großen lichten Stabweiten nur sehr große Fische an den
Rechenstäben hängen bleiben. Die hierfür relevanten Fischgrößen weisen – solange es sich um
unverletzte, körperlich gesunde Individuen handelt – im Normalfall eine so große Schwimmleis-
tungsfähigkeit auf, dass nur eine sehr geringe Gefahr besteht, dass sie an den Rechen gepresst
werden. Die lichte Stabweite der Vertikalrechen des RKR beträgt 150 mm. Aufgrund der großen
Rechenstababstände sind somit am RKR keine nennenswerten zusätzlichen Fischverluste im Re-
chenbereich zu erwarten.
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4.6 Zusammenfassende Bewertung der Beeinträchtigungen des
Fischabstiegs/der Fischgängigkeit durch den Betrieb des RKR
4.6.1 Zusammenfassung der standörtlichen Mortalitätsraten
In Tab. 15 werden die bisherigen (Vorzustand) und zukünftigen (ab Ende 2017) standörtlichen
Mortalitätsraten, die bei der Abwärtswanderung der Fische am Kraftwerk-/Wehrstandort abschät-
zungsweise ermittelt wurden, einander gegenübergestellt. Dabei wird deutlich, dass durch den
Wechsel der Maschine 1 zu einer fischfreundlicheren Version8 die Modellberechnungen vor allem
bei Aalen eine rund 14 %-ige Absenkung der Schädigungsrate ausweisen. Auch bei den großen
(adulten) Fischen der potamodromen Arten ist von einer merklichen Schadenminderung (7 %)
auszugehen. Bei den Lachssmolts (ca. -4 %) und den kleineren Fischgrößen der Potamodromen
(ca. -1 %) lassen sich nur geringfügige Minderungen der Mortalitätsraten durch die neue Maschine
1 ableiten. Für das Schadengeschehen bei diesen Größenstadien spielt die Größe der Durchtritts-
öffnungen auch eine geringere Rolle als bei den großen, langen Fischen.
Tab. 15: Geschätzte standörtliche Gesamtmortalitätsraten (%) für Aal (mit/ohne Abzug von Vorschäden),
Lachs und für potamodrome Arten unter Berücksichtigung der Verteilung der abwandernden Individuen auf
den Turbinenpfad und auf den Wehrpfad
Fischart/-stadium/-gruppe
Bisherige standörtliche Ge-samtmortalität (M1alt/M2)
[%]
Zukünftige Standörtliche Gesamtmortalität (M1neu/M2)
[%]
Aal 18,27 / 22,65 15,76 / 20,14
Lachssmolts 5,74 5,50
Potamodrome Arten
Brut//Juvenile/ Kleinfi-sche
4,63 4,58
Adulte 17,5 16,25
Potamodrome Arten gesamt (gewichtet)
4,82 4,76
Hinsichtlich der Auswirkungen auf die lokalen Populationen bzw. auf das artbezogene Gefähr-
dungsrisiko sind die standörtlichen Mortalitätsraten bezüglich der diadromen Fernwanderer Aal
und Lachs anders zu bewerten als für die potamodromen Arten.
4.6.2 Bewertung des Gefährdungsrisikos für die Zielarten beim Abstieg
Beim Aal, dessen Bestand im Hochrhein stark rückläufig ist, ergibt sich nach DÖNNI (2001), der
vergleichbare Schädigungsraten (16 %) für das RKR voraussetzt, dass die Überlebensrate der
abwandernden Aale am unteren Ende der Hochrheinkraftwerkskette zwischen dem KW Schaff-
8 Es ist zu hervorzuheben, dass ein Maschinentausch bei Berücksichtigung der oben dargelegten Minderun-
gen der Schädigungsraten zum jetzigen Zeitpunkt, losgelöst von betrieblichen Gründen, nicht verhältnismä-
ßig wäre.
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 45 Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
Anlage D7.13
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hausen und dem KW Birsfelden nur 7 % beträgt. Das heißt, dass die kumulative Gesamtmortalität
für den abwandernden Aal bei etwa 93 % liegt. Rechnet man die rheinabwärts liegenden zehn
Oberrheinkraftwerke mit ein, so erreicht nur 1% der aus dem Hochrheineinzugsgebiet abwandern-
den Aale den Mittelrhein (DÖNNI 2001). Unter diesem Aspekt ist gesamthaft von einer starken
Auswirkung (Tab. 15) und von erheblichen kumulativen Beeinträchtigungen des Aals bezogen
auf dessen Hochrheinpopulation durch den gegenwärtigen und den beantragten zukünftigen
Betrieb des RKR auszugehen.
Tab. 16: Bewertung des Mortalitätsrisikos und der Schwere der Beeinträchtigung beim Fischabstieg für die
Populationen der diadromen und der potamodromen Zielarten
Zielart Risikobewertung bei der Wehr-
/Kraftwerkspassage
Auswirkungen auf Populationsebene
Wehr-
passage
Kraft-
werks-
passage
erhöhte
Prädat.
/Sonstig
es
keine geringe starke
Aal 0 3 0 X*
Lachs 0 2 2 X*
Äsche 0 1 1 X
Nase 0 1 1 X
Barbe 0 1 1 X
Groppe 0 0 1 X
Strömer 0 1 1 X
Bachneun-
auge 0 1 1 X
Erläuterungen:
*Verstärkung der Schwere der Beeinträchtigung durch Kumulationswirkung in den flussabwärtsliegenden
Kraftwerken des Hochrheins/Oberrheins bei den diadromen Arten
Mortalitätsrisiko
0 = kein MR
1 = geringes MR (1,0 bis 4,9 %)
2 = mittleres MR (5,0 bis 9,9 %)
3 = hohes MR (≥ 10 %)
Der Lachs ist gegenwärtig im Oberwasser-Einzugsgebiet des RKR ausgestorben, so dass kein
aktuelles Schadensgeschehen besteht. Im Falle einer Wiedereinbürgerung des Lachses müssten
die abwandernden Lachssmolts aus den flussaufwärts liegenden potenziellen Lachsgewässern
(Thur-, Töss-Einzugsgebiet) bei der Abwanderung ins Meer die KW Standorte Eglisau, Reckingen
und sieben nachfolgende Hochrhein- sowie zehn Oberrheinkraftwerke passieren. Die mittlere Mor-
talität bei der Passage des Standortes RKR wurde auf 5-6 % geschätzt. Bei dieser Art ist zusätz-
lich von erhöhten Prädationseinflüssen durch Verzögerung der Abwanderung im Oberwasser und
Desorientierung nach der Kraftwerkspassage im Unterwasser und somit von einer Erhöhung der
Gesamtmortalität bei jedem Kraftwerksstandort auszugehen. Unter diesem Aspekt wäre gesamt-
haft von einer starken Auswirkung (Tab. 15) und von erheblichen kumulativen Beeinträchtigungen
des Lachses durch den beantragten zukünftigen Betrieb des RKR nach einer Wiedereinbürgerung
der Art auszugehen.
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 46 Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
Anlage D7.13
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Bezüglich der potamodromen Ziel-Arten, die stellvertretend auch für eine Vielzahl von nicht ex-
plizit aufgeführten heimischen Arten sind, werden nach der Einschätzung in Tab. 16 bei durchwegs
vergleichswiese geringem Mortalitätsrisiko insgesamt nur geringe Auswirkungen des ehemaligen
bzw. bestehenden sowie des zukünftig beantragten Kraftwerksbetriebs auf den Erhaltungszustand
der Populationen erwartet.
Es ist hervorzuheben, dass mit dieser Einschätzung isoliert nur der Turbinenbetrieb und der Fisch-
abstieg der lokalen Fischpopulationen bewertet wurden. Hierbei gründet die fachliche Abschätzung
des Gefährdungsrisiko auf den dargelegten relativ geringen Schädigungsraten einerseits und auf
der Tatsache, dass sich andererseits seit Beginn des Kraftwerksbetriebs in Reckingen im Jahr
1941 die Fischbestände vor Ort über Jahrzehnte hinweg gut bis sehr gut entwickelt bzw. auf ho-
hem Niveau gehalten haben und dies, obwohl die dargelegten Beeinträchtigungen durch den Tur-
binenbetrieb bzw. beim Fischabstieg permanent über 40 bis 50 Jahre auf die Fischbestände vor
Ort eingewirkt haben. Erst in den 80-iger Jahren z. Teil erst Anfang der 90-iger Jahre setzte der
massive Rückgang der Fischbestände ein und dürfte maßgeblich auf andere Ursachen als auf den
Turbinenbetrieb zurückgehen (Abb. 11).
Diese Bewertung wird auch durch die Fischbestandsverhältnisse im Oberwasser und Unterwasser
gestützt (Anlage D7.01 – Fachbericht Fischfauna), aus welchen sich bei keiner der fischökologisch
und naturschutzfachlich relevanten Zielarten Unterschiede ableiten lassen, die in Verbindung mit
dem Kraftwerksbetrieb des RKR stehen. Ebenso liegen aus anderen großen Flüssen mit Wasser-
kraftnutzung keine Nachweise und Untersuchungsergebnisse vor, welche auf eine erhebliche Be-
einträchtigung der lokalen potamodromen Fischpopulationen durch den Kraftwerksbetrieb schlie-
ßen lassen (SCHWEVERS & ADAM 2011).
Der beantragte zukünftige Betrieb des RKR wird durch den Turbinenwechsel von M1alt zu M1neu
insgesamt fischfreundlicher sein als der bisherige Betrieb. Unter Berücksichtigung der Modellbe-
rechnungen, der tatsächlichen Fischbestandsverhältnisse im Untersuchungsgebiet und der allge-
meinen Erfahrungswerte kann daher davon ausgegangen werden, dass der beantragte zukünftige
Turbinenbetrieb des RKR isoliert betrachtet keine weiteren erheblichen Beeinträchtigungen der
Erhaltungszustände der Populationen von Äsche, Nase, Barbe, Groppe, Strömer und Bachneun-
auge auslösen wird.
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 47 Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
Anlage D7.13
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Abb. 11: Fangentwicklung alle Fischarten (oben), Barbe (unten) im Hochrhein im Untersuchungsgebiet
(Fischereireviere im Hochrhein zwischen UW KW Eglisau bis Aaremündung) über die Jahre 1963 bis 2015
(Datenquelle: Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK,
Bundesamt für Umwelt (BAFU), 2017
Auswirkungen auf die Fischerei
Die Auswirkungen des Betriebs der Kraftwerks-/Wehranlage des RKR auf die Fischerei werden in
Anlage D7.12 – Fachbericht Fischerei detailliert beschrieben und bewertet.
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 48 Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
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5. Vermeidung/Verminderung von Fischschäden - Sanie-
rungsmöglichkeiten
5.1 Allgemeine Grundlagen
In den letzten Jahren ist das Thema Fischschutz und Fischabstieg in zahlreichen Fachgremien und
Foren behandelt und diskutiert worden (UMWELTBUNDESAMT 2014, 2015, FORUM FISCH-
SCHUTZ) und haben vielerorts umfangreiche Untersuchungen und Studien hierzu stattgefunden
(EBEL 2016, PETER ET AL. 2015).
Grundsätzlich gilt aber auch unter Berücksichtigung neuester Erkenntnisse, dass es nach heuti-
gem Stand des Wissen nicht möglich ist „die Abwärtswanderung aller Arten und Lebensstadien bei
allen Anlagentypen und -grössen in ungefährliche Bahnen zu lenken.“ (KIRCHHOFER & HÄSSIG,
BAFU 2016).
Nach dem heutigen Stand des Wissen und der Technik gibt es verschiedene grundlegende Maß-
nahmen und technische Anlagen, um abwandernde Fische vor Schädigungen bei der Passage von
Wasserkraftanlagen zu schützen oder das Ausmaß der Verluste zu vermindern:
1. Zurückhalten und Ableiten von Fischen
a) Physische Barrieren: Feinrechen, Siebbänder, Trommelrechen etc.
b) Mechanisch-hydraulische Verhaltensbarrieren: Louver, Bar-Racks (spezielle Fischleitre-
chen gemäß FLÜGEL et al 2015), Grobrechen, horizontale und vertikale Rechen, die in ei-
nem kleinen Winkel zur Strömungsrichtung stehen
c) Sensorische Verhaltensbarrieren (Scheuchanlagen): elektrische Scheuchsysteme, Licht-
barrieren, Luftvorhänge, Infraschall- oder sonstige Schalleffekte
2. Schädigungsfreies/schädigungsarmes Durchleiten oder Transport von Fischen ins
Unterwasser
a) Fischfreundliche/-schonende Turbinen
b) Fischschonendes Anlagenmanagement: Vermeidung von Teillastbetrieb bei synchronen
Hauptabwanderwellen von diadromen Arten, Grundlage ist ein zuverlässiges Detektions-
system/Alarmsystem, das Wanderungen anzeigt.
c) Fang von Fischen im Oberwasser und Transport ins Unterwasser (catch and carry)
3. Bypass in Kombination mit Massnahmen 1a) bis 1c)
Nach dem derzeitigen Stand des Wissen und der Technik ist ein hinreichender und mehrere Arten
umfassender Fischschutz nur machbar mittels der Kombination aus
physischen oder mechanisch-hydraulischen Barrieren, welche die Fische abhalten und von
den Turbineneinlässen ableiten (Maßnahmen unter 1 a), b)) und
Bypässen (3), über die eine schädigungsfreie Passage ins Unterwasser (LUBW 2016) ge-
währleistet ist.
Weiterhin kann bei Kraftwerksneuanlagen auch über fischschonende Turbinen ein hinreichender
Fischschutz erzielt werden.
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 49 Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
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Daneben gibt es in Bezug auf einzelne diadrome Arten mit synchronem Abwanderverhalten die
Möglichkeit des fischschonenden Anlagenmanagements (FsAM). Hierzu gibt es aber nur für den
Aal Erfahrungen. Im Falle von Maßnahme 2b muss am KW-Standort ein alternativer Abstiegsweg
z. B. über die Wehranlage verfügbar sein, der bei Stillstand oder Reduzierung des Turbinendurch-
flusses alternativ für den Fischabstieg geöffnet werden kann. Fischschutz über das Betriebsma-
nagement von Wasserkraftanlagen ist vom Grundsatz her nur sinnvoll und zielführend, wenn
die Zielart ein stark synchronisiertes Abwanderungsverhalten aufweist (viele Fische wan-
dern zur gleichen Zeit und in sog. Wanderwellen oder –schüben ab: Beispiel Aal)
ein überregionales Detektionssystem/Alarmsystem etabliert ist, das Wanderwellen der Ziel-
arten zuverlässig anzeigt
bei Kraftwerksketten auch an allen relevanten WKAs innerhalb der Kette ein gleichartiges
Anlagenmanagement synchron durchgeführt wird.
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5.2 Möglichkeiten der Schadenminderung beim Fischabstieg am RKR
5.2.1 Derzeitige Abweisvorrichtungen am RKR
Vor dem Turbineneinlauf am RKR ist ein Vertikalrechensystem eingebaut, das mit einer automati-
schen Rechenreinigungsanlage ausgestattet ist (AXPO AG 2012). Rechen stellen grundsätzlich
eine mechanische Barriere dar, die Fische am Einschwimmen in die Turbinen hindern können. Zu
der rein physischen Abweisung können Rechenanlagen optische und gegebenenfalls hydraulische
Erkennungen bei Fischen auslösen (HOLZNER 2000). Die Rechenanlage am RKR weist einen ver-
gleichsweise großen Rechenstababstand auf (siehe Tab. 7). Bei großen lichten Stabweiten wirkt
die Barrierefunktion nur bei sehr großen Fischen. Jungfische sowie kleinere Fischarten schwim-
men ungehindert an den Rechenstäben vorbei. Bei einer Stabweite von 150 mm trifft das beim
Kraftwerk Reckingen auf nahezu alle Fische zu. Die vorliegende Rechenanlage am RKR ist daher
nicht geeignet, Fische vor der Turbinenpassage abzuweisen bzw. zu schützen.
5.2.2 Konventionelle Rechen (physische Barrieren)
Gemäß behördlicher Anforderung war eine Abschätzung und Bewertung der Schädlichkeit oder
des Nutzens unterschiedlicher Rechenabstände für den Fischschutz vorzunehmen.
Rechensysteme können vom Grundsatz her verhindern, dass Fische über den Turbinenpfad ins
Unterwasser gelangen. Grundsätzlich gilt dabei, dass mit abnehmender lichter Stabweite auch
kleinere Fische zurückgehalten werden können. Gleichzeitig entsteht für die Fische, die den Re-
chen nicht passieren können, ein Verletzungsrisiko am Rechen selbst. Wenn die Rechen nämlich
in herkömmlicher Weise angeordnet sind (Anstellwinkel der Rechenfelder quer bzw. meist im Win-
kel von 90 Grad zur Strömung) erfolgt keine Ableitung der zurückgehaltenen Fische vom Rechen-
feld weg. Die abwanderwilligen Fische werden vielmehr, selbst wenn sie anfänglich zurückgehal-
ten werden, immer wieder gegen das Rechenfeld anschwimmen und, wenn sie zu groß sind, um
die Stäbe zu passieren, nach ihrer Ermüdung an die Rechenstäbe angedrückt und dabei oder an-
schließend durch die Rechenreinigungsmaschine letal geschädigt. Diese Schadengeschehen an
Rechen für Fische, welche auf Grund ihrer Größe nicht passieren können, entsteht erfahrungsge-
mäß bei Anströmgeschwindigkeiten > 0,5 m/s.
Bei einer Untersuchung der Fischaufstiegsanlagen am Elbewehr bei Geesthacht wurden zwischen
2010 und 2016 auch umfangreiche Daten zu Biometrie der wandernden Fische erhoben (FRIEDL &
WALTER 2017). Aus diesen Daten resultierten rechnerische Modelle, mit denen aufgrund gegebe-
ner Fischlänge die Höhe und Dicke artspezifisch angenähert ermittelt werden kann. Auch wenn bei
diesem Modell gewässerspezifische Unterschiede oder Unterschiede, die sich aufgrund der Wan-
derrichtung9 ergeben, nicht berücksichtigt werden, so können sie doch als ungefähre Richtwerte
für die art- und größenspezifische Wirksamkeit eines Rechens herangezogen werden.
Für einige typische Fischarten des Hochrheins sind die Beziehungen zwischen Länge und Höhe
bzw. Dicke im Folgenden grafisch dargestellt (Abb. 12). In den Abbildungen sind gleichzeitig bei-
spielhaft einige lichte Rechenstabweiten für Vertikalrechen, wie sie in Reckingen vorliegen, als
horizontale Linien enthalten. Am Schnittpunkt der Höhen- bzw. Dickenlinie mit der lichten Rechen-
9 Beispielweise ist insbesondere bei Rognern von potamodromen Arten wie Barbe oder Nase während des Aufstiegs aufgrund des
Laichs in der Körperhöhle von einer höheren Körperdicke auszugehen als beim Abstieg nach dem Laichen
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stabweite lässt sich dann auf der Y-Achse in etwa die Körperlänge ablesen, ab der ein Fisch der
jeweiligen Art aufgrund seiner Körperproportionen den Rechen nicht mehr passieren kann. Bei
allen dargestellten Arten ist im Hinblick auf die Passage von Vertikalrechen die Körperdicke limitie-
rend. D.h. die Fischhöhe überschreitet bei einer gegebenen Körperlänge stets die Körperdicke.
a:
b:
c:
d:
Abb. 12: Beziehung zwischen biometrischen Daten (Länge/Höhe/Dicke) von Fischen und lichten Rechen-
stabweiten bei Rechen mit vertikalen Stäben.
Tab. 17: Artspezifische Körperlängen, ab denen Vertikalrechen mit ausgewählten lichten Stabweiten nicht
mehr passiert werden können10
. Kursiv gedruckte Werte kennzeichnen Fischlängen, die in der Natur nur
ausnahmsweise oder gar nicht vorkommen.
Lichte Stabwei-te [mm]
Aal Barbe Döbel Nase
15 39 cm 15 cm 15 cm 17 cm
30 68 cm 28 cm 26 cm 29 cm
50 103 cm 44 cm 38 cm 44 cm
100 - 81 cm 67 cm 78 cm
150 - - - -
10
Bei diesen modellbasierten Daten sind in der Praxis Abweichungen nach oben oder unten zu erwarten.
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Auf Grundlage dieser Daten würde ein Rechen mit einer Stabweite von 15 mm Aale ab einer Kör-
perlänge von etwa 39 cm zurückhalten. Bei den abwandernden Blankaalen gibt es deutliche Un-
terschiede zwischen der Größe männlicher und weiblicher Tiere. So erreichten im Garonne-
Einzugsgebiet in Frankreich männliche Tiere mit Körperlängen von etwa 35 bis 58 (im Mittel ca.
42) cm das Blankaalstadium, die weiblichen Blankaale waren etwa zwischen 53 und 80 (im Mittel
63 cm) groß (BEULLENS ET AL. 1997). Dieser Rechen wäre also für einen kleinen Teil abwandern-
der Männchen passierbar, für weibliche Tiere bestünde dagegen ein sehr hoher Schutzgrad. Be-
reits ein Rechen mit einer lichten Stabweite von 30 mm wäre für alle männlichen und einen hohen
Anteil weiblicher Blankaale zu überwinden. Eine lichte Stabweite von 50 mm würde nur Aale ab
einer Länge von etwa 103 cm zurückhalten, Bei der Barbe würde ein 15 mm Rechen Fische ab 15
cm Körperlänge, ein 30 mm Rechen Fische ab etwa 28 cm zurückhalten. Damit wäre zumindest
für die jüngeren Jahrgänge kein Schutz vorhanden. Eine lichte Stabweite von 50 mm ist ab einer
Körperlänge von 44 cm wirksam. Rechen mit 100 bzw. 150 mm stellen für die Barbe in der Praxis
kein physisches Hindernis dar. Ähnliches wie für die Barbe gilt auch für den Döbel und die Nase.
Um die Passage der Turbinen für typische Mittel- und Langstreckenwanderer am Standort Reckin-
gen sicher zu verhindern, wäre somit ein Vertikalrechen mit einer sehr geringen lichten Stabweite
(z. B. ≤ 15 mm) notwendig. In der Praxis sind solche Rechenanlagen nur für sehr kleine Wasser-
kraftanlagen anwendbar, da ansonsten bei höherem Treibgutanfall die Rechenreinigungsanlagen
überlastet sind. An den großen Flusskraftwerken wie am Rhein kommen meist Rechen mit einer
lichten Stabweite in der Größenordnung von etwa 150 mm zur Anwendung. Diese verhindern,
dass größeres Treibgut in die Turbinen gerät, für Fische stellen sie bestenfalls eine Verhaltensbar-
riere dar. Einen mechanischen Schutz vor dem Eindringen in die Turbinen bieten sie nicht.
Auch LUBW 2016 haben Beziehungen zwischen Rechenstababständen und den zurückgehalte-
nen Fischgrößen ermittelt und dabei zwischen Vertikal- und Horizontalrechen unterschieden. Die
Zahlen weichen geringfügig von den oben (auf anderer Fischdatengrundlage) ermittelten Werten
ab, kommen aber hinsichtlich der minimal erforderlichen Rechenstabweiten für eine wirkungsvolle
Rückhaltung zum gleichen Ergebnis (15 mm bei Zielgewässern für anadrome Wanderfische oder
für Aalmanagementgewässer).
Grundsätzlich gilt aber, dass ein Rechen bzw. kleine Rechenstabweiten als Fischschutzmaßnah-
me nur wirksam sein können, wenn das Rechenbauwerk auch
in einem geeigneten horizontalen oder vertikalen Anstellwinkel zur Strömung steht (≤ 30
Grad für Zielgewässer für anadrome Wanderfische oder für Aalmanagementgewässer) und
zusätzlich ein Bypass in das Unterwasser vorliegt, zu dem der Schutzrechen die Fische
hinleitet.
Wenn man in das bestehende Rechenfeld des RKR Rechenstäbe mit geringerem Stababstand
einbauen würde, könnte damit unabhängig von einer drastischen Verminderung der Durchflussleis-
tung und auch der Erzeugung, kein verbesserter Fischschutz erreicht werden. Vielmehr würde
daraus eine massive Erhöhung der standörtlichen Schädigungsrate resultieren. An dem im 90
Grad Winkel zur Anströmung ausgerichteten Rechen könnte keine Ableitung der Fische erfolgen.
Die Folge wäre, dass Fische, die nicht mehr durch den Rechen passen, letztlich an diesem verletzt
bzw. verenden würden. Unter solchen Bedingungen würde ein Rechen von 15 mm lichter Stabwei-
te zu einer zusätzlichen Rechenmortalität in Höhe von 50-100 % bei allen potamodromen Fischen
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und bei Lachssmolts ≥ 15 cm Körperlänge sowie bei Aalen ≥ 39 cm führen, die in Richtung auf den
Turbinenpfad (80 bis 97,5 % der Abwanderer) abwandern.
5.2.3 Fischschutz- und Fischabstiegsanlagen (FSA)
Grundlagen 5.2.3.1
Nach dem derzeitigen Stand des Wissen und der Technik ist ein hinreichender und mehrere Arten
umfassender Fischschutz nur mittels sog. Fischschutz- und Fischabstiegsanlagen (FSA) möglich,
die aus einer Kombination von physischen oder hydraulisch-mechanischen Verhaltensbarrieren11
und angeschlossenen Bypässen bestehen (Umweltbundesamt 2014, 2015, „Forum Fischschutz“).
Eine FSA besteht aus drei baulichen Hauptelementen, die je nach Standort und Rahmenbedin-
gungen unterschiedlich angelegt und kombiniert werden. Alle drei Anlagenkomponenten stehen in
einem räumlichen, hydraulischen und funktionalen Zusammenhang (Abb. 13):
Fischschutzanlage und Leitsystem am Turbineneinlauf oder, bei Ausleitungskraftwerken,
am Ausleitungskanal
Einlauf in den Bypass
Bypass zum Unterwasser.
Abb. 13: Prinzipskizze zu den Komponenten einer FSA (aus LUBW 2016 unverändert)
11
Nach neuesten Untersuchungen können auch mittel Niedervolt-Elektroscheuchung im Einzelfall gute Ableitungserfolge an kleinen WKA (Ausleitungs-WKA) erzielt werden (WEIBEL 2016)
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Anwendung von FSA in Abhängigkeit von der Größe der Wasserkraftanlage (WKA) 5.2.3.2
In den „Handreichungen zum Fischschutz und Fischabstieg“ (LUBW 2016) wird angelehnt an Er-
fahrungen in Baden-Württemberg sowie unter Berücksichtigung der Ergebnissen des Forums
Fischschutz und Fischabstieg (Umweltbundesamt 2014, 2015) eine Klasseneinteilung von Was-
serkraftanlagen (WKA) hinsichtlich der Umsetzbarkeit von Fischschutz- und Fischabstiegsanlagen
wie folgt vorgenommen:
„Größenklasse I: Anlagen mit einem Ausbaudurchfluss bis 50 m3/s
Zur Zeit können Fischschutz- und FischabstiegsanIagen für Wasserkraftanlagen mit einem
Ausbaudurchfluss von bis zu 50 m³/s (Anlagenklasse I) so gebaut werden, dass sie einen
hinreichend guten Schutz und eine abwärts gerichtete Durchgängigkeit für die jeweiligen
Arten ab einer bestimmten Individuengröße ermöglichen. Damit ist die praktische Eignung
dieser Einrichtungen insgesamt gesichert.
Größenklasse II: Anlagen mit einem Ausbaudurchfluss zwischen 50 bis 150 m3/s
FSA sind für Anlagen mit Ausbauwassermengen zwischen 50 m3/s und 150 m3/s nach dem
vorherrschenden Stand der Technik, zum Beispiel durch einen modularen Aufbau, reali-
sierbar. Die Umsetzung ist jedoch mit einem höheren Aufwand verbunden.
Größenklasse III: Anlagen mit einem Ausbaudurchfluss über 150 m3/s
FSA sind für bestehende Anlagen in der Anlagenklasse ab 150 m³/s nach dem Stand der
Technik nur mit sehr großem Aufwand realisierbar, wobei die Funktionsfähigkeit nicht gesi-
chert ist. Hier ist es von großer Bedeutung, zielgerichtet an der Thematik zu forschen und
entsprechende Pilotanlagen zu realisieren. In wasserrechtlichen Entscheidungen zu sol-
chen Anlagen kann es daher zielführend sein, eine entsprechende Nebenbestimmung auf-
zunehmen, die vorsieht, eine Fischabstiegsanlage nachzurüsten, sobald auch für diese An-
lagengröße ein Standard vorliegt.“
5.2.4 Möglichkeiten für Planung und Bau einer FSA am RKR
Fachliche und fachrechtliche Vorgaben 5.2.4.1
Das RKR mit einem Ausbaudurchfluss von derzeit bis zu 580 m3/s und zukünftig (optional) bis zu
600 m3/s, entsprechend rund 300 m3/s pro Einzelmaschine, fällt in Größenklasse III. Es ist somit
festzustellen, dass es für die Bestandsanlage RKR bzw. für das beantragte Vorhaben der Konzes-
sionserneuerung im Sinne der „Handreichung Fischschutz und Fischabstieg“ (LUBW 2016) ge-
genwärtig keinen Stand der Technik gibt, der es ermöglichen würde, eine geeignete und vor allem
eine funktionsfähige FSA zu planen und zu bauen.
Auch die Schweizer Fach- und Genehmigungsbehörden stellen gleichlautend in der Verfügung des
BFE vom 10.10.2017 fest, dass
„Aufgrund des Fehlens von gesicherten wissenschaftlichen Grundlagen können bezüglich Fisch-
abstieg und Fischschutz noch keine konkreten baulichen Sanierungsmassnahmen geplant werden,
da deren technische Realisierbarkeit nicht gewährleistet ist (siehe Kapitel 2.2). Es besteht keine
Pflicht, dass RKR im Rahmen der UVP an ihrer Anlage Forschungsarbeiten zwecks Erkenntnisge-
winn durchführen muss. Art. 9 Abs. 1 BGF verlangt vielmehr, dass geeignete Sanierungsmass-
nahmen angeordnet werden. "Ungeeignete Massnahmen bzw. Massnahmen, deren Eignung und
Realisierbarkeit nicht nachgewiesen sind und sich aufgrund des aktuellen Forschungsstandes
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auch nicht nachweisen lassen, fallen daher ausser Betracht" (Urteil des Verwaltungsgerichts
111/115 des Kantons Aargau vom 23. August 2016 (WBE.2015.131), E. 5.2).“
(BFE, Verfügung vom Oktober 2017: Verfügung betreffend Sanierung Fischgängigkeit beim Kraft-
werk Reckingen, E.3.1).
Nach BFE ist daher gegenwärtig im Antrag zum Vorhaben RKR2020 der Fischabstieg beim Ma-
schinenhaus nur auf konzeptioneller Ebene und in den Grundzügen zu behandeln. Für den ma-
schinenhausseitigen Fischabstieg sei die technische Machbarkeit gegenwärtig nicht gegeben. Al-
lerdings müsse explizit dargelegt werden, dass die aktuell geplanten Maßnahmen für den Fisch-
aufstieg eine zukünftige Realisierung des Fischabstiegs nicht behindern oder verunmöglichen wer-
den.
Weiterhin steht in der Verfügung vom 10. Oktober 2017:
„Maschinenhausseitig soll bis spätestens 2022 der kraftwerkspezifische Fischabstieg geplant und
bei gegebener Machbarkeit realisiert sein. Die Machbarkeit von technischen Abstiegsanlagen für
ein Gewässer wie den Hochrhein muss in den nächsten Jahren aber zuerst geklärt werden. Die
technischen Lösungen werden zurzeit im Rahmen von zwei Pilotprojekten an Kraftwerken der
Axpo Power AG und der BKW unter der Dachherrschaft des Verbandes Aare-/Rheinwerke (VAR)
geprüft. Im Weiteren läuft demnächst ein internationales Forschungsprojekt an der Versuchsanstalt
für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW) der Eidgenössisch Technischen Hochschule
Zürich an, welches weitere Möglichkeiten zum Fischabstieg prüfen wird. Erkenntnisse aus diesen
Arbeiten sollen zur Realisierung von Fischabstiegshilfen bei den Kraftwerken am Hochrhein beitra-
gen.“ (E. 2.2).
Wie bereits erwähnt, hat das RPF mit Schreiben vom 5. Oktober 2017 seine Zustimmung zur vor-
liegenden Sanierungsverfügung erteilt.
5.2.5 Konzeptionelle Überlegungen zu einer potenziellen zukünftigen FSA am
Standort Reckingen
Unter Berücksichtigung der gebündelten Vorgaben seitens der deutschen und der Schweizer Ge-
nehmigungsbehörden ist aktuell der Fischabstieg am Maschinenhaus nur insoweit zu untersuchen,
dass damit einer späteren (sobald ein gesicherter Stand der Technik vorliegt) Planung und Reali-
sierung einer FSA nichts im Wege steht. In diesem Kontext war in erster Linie bei der Planung der
Fischaufstiegsanlage (FAA) am rechten Ufer darauf zu achten, dass deren Ausstiegs- bzw. Ein-
laufbauwerk im Oberwasser des RKR lagemäßig nicht mit einer FSA vor den Turbineneinläufen
kollidiert.
Unter diesem Aspekt war zu prüfen, welche grundlegende Positionierung und Anordnung für eine
FSA nach heutigem Wissen und nach heutigem Stand der Technik im Oberwasser des RKR über-
haupt denkbar bzw. möglich wäre. Dabei standen folgende Annahmen und Überlegungen im Vor-
dergrund:
1. Jedwede Ableitung von Fischen aus dem Zustrombereich des Turbineneinlaufes
kann realistischer Weise am besten durch Ableitvorrichtungen mit horizontaler
Schräganströmung (EBEL 2016) erfolgen, welche in einem sehr kleinen horizonta-
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len Anstellwinkel zur Strömungsrichtung (Anströmvektor) des Turbinenzustroms
stehen (Abb. 14).
2. Dies gilt für physische Barrieren (horizontale Fein-Rechenfelder), bzw. für mecha-
nisch-hydraulische (Bar Racks, Louver etc.) oder für sensorische Verhaltensbarrie-
ren (z.B. Niedervolt-Elektroscheuchanlagen).
3. Eine Ableitanlage mit vertikaler Schräganströmung und flach zur Sohle geneigtem
Anstellwinkel mit vertikalen Feinrechen-/Rack-/Louversystemen direkt im Bereich
des derzeitigen Grobrechenfeldes wird aus technischen Gründen nach derzeitigen
Kenntnisstand als kaum realisierbar angesehen.
4. Ein Bypass für die Ableitung in das Unterwasser muss am flussabwärtigen Ende der
horizontal angestellten Ableitanlage liegen (Abb. 14)
5. Am Standort Reckingen ist von der räumlichen und baulichen Ist-Situation her wohl
nur eine Ableitvorrichtung realisierbar, die vom rechten Ufer in Richtung auf den
Trennpfeiler zwischen Maschinenhaus/Turbineneinlauf und Wehranlage verläuft. Im
Bereich dieses Trennpfeilers bzw. im Übergang zum ersten Wehrfeld müsste dann
auch der Bypass zum Unterwasser erstellt werden.
6. Die grundlegende Anordnung einer zukünftigen FSA am Standort Reckingen wäre
damit voraussichtlich spiegelbildlich zu der Prinzipskizze in Abb. 14 planerisch um-
zusetzen.
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Abb. 14: Prinzipskizze einer FSA mit Horizontalrechen geneigt zum Anströmvektor (aus LUBW 2016 un-
verändert)
Eine konzeptionelle Darstellung für eine potenzielle Anordnung einer zukünftigen FSA im Ober-
wasser Reckingen zeigt Abb. 15.
Als Anstellwinkel der Ableitanlage (Horizontalrechen, Louversystem, Scheuch-Leitsystem, ggf.
auch Kombination von Ableit- und Scheuchsystem) wurde ein Winkel zum Anströmungsvektor von
30 Grad gewählt. Dieser Winkel ist nach EBEL ET AL (2015) und EBEL 2016 als günstig für die
Ableitung anzusehen. Die Anströmgeschwindigkeiten am jeweiligen potenziell verwendeten Ableit-
system sind bei diesem Winkel moderat und dürften aller Wahrscheinlichkeit nach für alle relevan-
ten Fischarten unterhalb der artspezifischen kritischen Werte liegen (z.B. ≤ 0,5 m/s für den Aal).
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Abb. 15: Systemskizze einer potenziellen FSA-Konzeption mit horizontaler Schräganströmung und ca. 30
Grad horizontalem Anstellwinkel der Ableitvorrichtung zum Anströmungsvektor
Der Ausstieg bzw. das Einlaufbauwerk der geplanten Fischaufstiegsanlage wurde, um solch gerin-
ge Anstellwinkel einer Ableitanlage zu gewährleisten, soweit nach oberstrom gelegt, dass hier kei-
ne Planungseinschränkungen bestehen.
Das Vorplanungskonzept enthält, je nach den neuen Erkenntnissen, die sich aus den derzeit dies-
bezüglich laufenden Pilotversuchen und Forschungsprojekten ergeben, auch noch den Spielraum,
den Anströmwinkel bis auf minimal ca. 20 Grad zu verkleinern, ohne Konflikte mit dem geplanten
FAA-Ausstieg auszulösen.
Abschließend soll noch einmal betont werden, dass die technische Machbarkeit und die fischbiolo-
gische Funktionsfähigkeit der vorgestellten Anlagenkonzeption am RKR höchst ungesichert ist.
5.2.6 Fischfreundliche Turbinen
VLH-Turbine
Die VLH-Turbine ist eine in Frankreich entwickelte Turbine, die aufgrund ihrer geringen Drehzahl
(15-20 U/m) und geringer Unterdruckverhältnisse bei der Passage als fischschonend bezeichnet
wird. Im Gegensatz zur konventionellen Kaplanturbine schöpft sie ihre Leistung nicht aus dem Un-
terdruck am Laufrad bzw. Saugrohr, was zu Schädigungen an Fischen führen kann. Die VLH-
Turbine zeichnet sich durch einen besonders großen Durchmesser des Laufrads aus, wodurch die
Drehzahl deutlich reduziert wird. Da besonders die Drehzahl bei den Schädigungsraten häufig der
entscheidende Faktor ist, macht diese technische Besonderheit den Turbinentyp besonders fisch-
freundlich. Die Nutzung einer solchen Turbine würde eine erhebliche Reduzierung der jährlichen
Fischschäden bedeuten.
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VLH-Turbinen eignen sich aber nur für sehr geringe Fallhöhen von 1,4-3,2 m (VLH=Very Low
Head) und sind nach derzeitigem Stand für kleine und mittelgroße Kraftwerke konzipiert. Ein nach-
träglicher Einbau im RKR wäre weder technisch machbar noch energetisch zielführend.
Alden-Turbinen
Ein innovativer Turbinentyp ist die in den USA neu entwickelte Alden-Turbine. Das speziell als
fischfreundlich konzipierte Laufrad dreht sich ebenso wie die VLH-Turbine langsamer als übliche
Kaplan- oder Francisturbinen, hat in der Regel nur drei Laufradschaufeln und keine Laufradspalten
zwischen Nabe und Schaufeln. Herstellerangaben zufolge soll die Mortalitätsrate in Aldenturbinen
deutlich niedriger sein als in Kaplanturbinen vergleichbarer Dimensionen. Die einfach regulierten
Alden-Maschinen dürften aber schlechte Wirkungsgrade bei Teillast aufweisen und sind somit für
Laufkraftwerke mit wechselnder Beaufschlagung schlecht geeignet. Die Verwendung dieses Turbi-
nentyps wäre folglich für den Standort Reckingen energetisch von vornherein ungünstig. Die Al-
den-Maschine wäre aber auch aus technischen Gründen (völlig anderen Bauweise dieses Lauf-
rads) im Bestand des RKR nicht einsetzbar.
Minimum Gap Runner
Als Minimum Gap Runner-Technologie (MGR) wird eine Bauweise bezeichnet, bei der die Turbi-
nenschaufeln so gestaltet werden, dass der Spalt zwischen Turbinenblättern und dem Gehäuse
ebenso minimiert wird, wie der Spalt zwischen der Nabe und den Turbinenblättern. Um dies zu
erreichen werden die MGR-Blätter passgenau an die kugelförmige Nabe und die Peripherie ange-
passt. Die minimierten Spaltgrößen verringern zum einen die Entstehung von Spaltströmen und
Wirbeln, sowie die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fisch durch Scherkräfte zu Schaden kommt. Die
Verringerung von schnellen Druckänderungen und niedrigen Absolutdrücken sowie eine herabge-
senkte Wassergeschwindigkeit soll die Mortalität deutlich herabsenken.
Die neue Maschine M1, welche 2017 in Reckingen eingebaut wurde, stellt bereits eine gewisse
Annäherung an die Grundzüge dieses Turbinentyps dar und führt, wie oben dargelegt, voraussicht-
lich zu einer nennenswerten Reduzierung der standörtlichen Schädigungsraten insbesondere beim
Aal und bei großen adulten Exemplaren der potamodromen Fischarten.Sollte in der Zukunft der
Austausch der Maschine 2 aus betrieblichen Gründen erforderlich sein, wird empfohlen, soweit
technisch realisierbar, ein vergleichbar fischschonend optimiertes Laufrad zu verwenden wie bei
der neuen Maschine M1. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre ein Austausch, losgelöst von betrieblichen
Gründen, nicht verhältnismäßig.
5.2.7 Fischschonendes Anlagenmanagement (FsAM)
Prüfungsanforderungen 5.2.7.1
Nach BAFU/BFE (E-mail Schreiben vom 14.09.2017) sind im Rahmen des Antrags auch „betriebli-
che Maßnahme“ zur Verbesserung des Fischschutzes bei der Abwanderung am Standort Reckin-
gen zu behandeln. Als Beispiel für solche betriebliche Maßnahmen wird „Verzicht auf Teillastbe-
trieb“ bei der Aalabwanderung angeführt. Dabei sollte auch eine Grobschätzung der Kosten für
betriebliche Optimierungsvarianten (z.B. was kostet der Verzicht auf schädlichen Teillastbetrieb
während der Aalabwanderung) geprüft werden.
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Ein „fischschonendes Anlagenmanagement“ wird seit einigen Jahren an verschiedenen großen
mitteleuropäischen Flüssen untersucht und am Main in Bayern und Hessen seit mehreren Jahren
praktiziert und stellt von daher auch eine nach dem Stand des Wissens praktikable Möglichkeit
zum Schutz des abwandernden Aals dar. Das BNGF hat in diesem Kontext eine bis derzeit sechs-
jährige Untersuchungserfahrung an der Kraftwerkskette Schweinfurt bis Harrbach im unteren baye-
rischen Main (Untersuchung und Begutachtung des „Aalschonenden Betriebs“ während der Wan-
dersaisonen 2011/12 bis 2016/17,BNGF 2012 bis 2017).
Nicht geklärt ist bislang allerdings die grundsätzliche „Verhältnismäßigkeit“ eines fischschonenden
Anlagenmanagements an „Großen WKA“. Die bisher untersuchten Anlagen am bayerischen und
hessischen Main, welche aalschonenden Betrieb praktizieren, liegen bei Regelleistungen von < 5
MW und erhalten daher u.a. wegen des aalschonenden Betriebs eine erhöhte Einspeisungsvergü-
tung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).
Alle bislang bekannt gewordenen Realsierungen von fischschonendem Anlagenbetrieb an großen
mitteleuropäischen Flüssen beziehen sich ausschließlich auf den Aal (aalschonender Betrieb).
Konzeptionelle Grundlagen eines fischschonenden Anlagenmanagements (FsAM) 5.2.7.2
Unter fischschonendem Anlagenmanagement wird eine Betriebsweise von Wasserkraftanlagen
verstanden, bei der während der Abwanderphasen von Fischen der Durchfluss durch die Turbinen
reduziert bzw. eingestellt und das Wasser über die Wehranlage möglichst fischschonend abgege-
ben wird. Diese Betriebsweise setzt voraus, dass die Abwanderung der Individuen einer Zielart
zeitlich konzentriert bzw. synchron erfolgt und ausreichend Informationen über den Beginn von
Abwanderungswellen vorliegen. Der Abfluss über die Wehranlage kann nicht energetisch genutzt
werden und führt dadurch zu wirtschaftlichen Verlusten.
Um Erzeugungsverluste zu minimieren, sind detaillierte Kenntnisse über das Abwanderungsverhal-
ten der Zielfischart notwendig. Ziel muss sein, mit möglichst geringen Verlusten ein Maximum an
Fischen ins Unterwasser zu leiten (Abb. 17, Fall a). Wichtige Faktoren, die Fischwanderungen aus-
lösen sind beispielsweise die Jahreszeit, die Wassertemperatur bzw. deren Veränderung und der
vorherrschende Abfluss bzw. dessen Veränderung. Auch mit breitem Hintergrundwissen kann aber
nicht ausgeschlossen werden, dass Fische außerhalb des erwarteten Zeitraums abwärts gerichte-
te Wanderungen im größeren Umfang unternehmen oder erwartete Wanderbewegungen ausblei-
ben. Dies kann dazu führen, dass eine Abwanderungswelle nicht erkannt wird und fälschlicher-
weise nicht auf FsAM umgestellt wird (Abb. 17, Fall b) oder trotz wirtschaftlicher Verluste bei der
Energiegewinnung keine Fische über die Wehranlage ins Unterwasser gelangen (Abb. 17, Fall c).
Derzeit gibt es über die Abwanderung der potamodromen Fischarten keine ausreichend gesicherte
Kenntnislage. Sie folgt zudem auch keiner annähernd so ausgeprägten und gut prognostizierbaren
saisonalen Gesetzmäßigkeit wie die Abwanderung der diadromen Fische. Gleichermaßen gibt es
auch, sieht man einmal von der passiven Verfrachtung der juvenilen Stadien ab, keine vergleichba-
ren ausgeprägten Wanderwellen oder Wanderschübe. Somit ist auch die Detektion der Abwande-
rung der potamodromen Arten mit vertretbarem Aufwand nicht möglich. Für diese Arten ist daher
eine gezielte Steuerung des Kraftwerk-Wehrbetriebs schlichtweg nicht machbar und möglich.
Die einzige Fischart, bei der gegenwärtig
ausreichende Kenntnisse der Abwanderung
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ein saisonales Abwandergeschehen
in Wanderwellen/-Schüben, vorliegt
welches durch
bestimmte „abiotische Parameter ausgelöst/gesteuert wird und das
gut detektiert werden kann
ist der Aal.
Für den Aal ist es daher grundsätzlich möglich, über die gezielte Steuerung des Kraftwerks-
/Wehrbetriebes eine schädigungsarme Abwanderung zu ermöglichen. Dafür sind aber einerseits
erhebliche logistische, organisatorische und untersuchungstechnische Aufwendungen erforderlich
und müssen andererseits Erzeugungsverluste während des „aalschonenden Betriebs“ in Kauf ge-
nommen werden.
Im Folgenden werden zwei Betriebsvarianten vorgestellt, die in ähnlicher Weise im Rheineinzugs-
gebiet z.B. am Main seit einigen Jahren praktiziert werden.
Variante 1:
Ein umfassender Schutz des Aals kann erreicht werden, wenn zu den Haupt-Abwanderzeiten des
Aals der Maschinenbetrieb eingestellt und der gesamte Zufluss über die Wehranlage abgegeben
wird.
Variante 2:
Mit der Reduzierung des Turbinenabflusses und entsprechender Öffnung der Wehranlage kann ein
partieller Aalschutz und -abstieg erreicht werden. Bei dieser Variante würde die wehrseitige Turbi-
ne 1 (M1neu) auf Volllast aufgefahren und das benachbarte Wehrfeld 3 soweit notwendig durch
Anheben des Unterschützes und Absenken des Oberschützes geöffnet. Dadurch würde sowohl
den oberflächennah abwandernden sonstigen Fischen als auch dem sohlnah abwandernden Aal
ein alternativer Abwanderpfad angeboten.
Wird der Betrieb auf die Zielfischart Aal ausgerichtet, kann der zeitliche Rahmen des Einsatzes
aller Erfahrung nach auf die Haupt-Wandermonate der Art z.B. Oktober bis Februar beschränkt
werden. Allerdings sind hierzu für den Hochrhein noch weitergehende Untersuchungen erforder-
lich. Die Erfahrungen aus dem Beobachtungszeitraum Herbst 2011 bis Frühjahr 2017 (BNGF 2012
– 2017) für den aalschonenden Betrieb am bayerischen Main zeigen, dass dort im Regelfall zwei
bis drei Wanderwellen pro Wandersaison aufgetreten sind (Abb. 16).
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Abb. 16: Zeitliche Verteilung der Fangergebnisse (Schokker-/Hamenfischerei) in kg der Aal-Wanderwellen
zwischen Oktober und Februar (Untersuchungsjahre 2011-2017)
Die Abwanderwellen der Aale wurden dabei nahezu ausschließlich von einem deutlichen Anstieg
der Wasserführung ausgelöst. Andere in der Literatur oft genannte Parameter wie Temperatur o-
der Mondphase waren ohne erkennbaren Einfluss auf die Abwanderung. Die Dauer der einzelnen
Wanderwellen bewegte sich am Main zwischen 5 und 13 Tagen in Abhängigkeit vom Umfang der
Wanderwelle (Fangmengen zwischen 29 und 3154 kg) aber vor allem in Abhängigkeit vom Gradi-
enten der Abflusssteigerung. Die Abflussentwicklung bzw. die nennenswerten Abflusssteigerungen
am Hochrhein zwischen Oktober und Februar, an denen potenzielle Wanderschübe der Aale an-
gesetzt werden könnten, wurden für die Jahre 2008 bis 2017 zu diesem Zwecke ausgewertet (An-
hang 2, Abb. 22). Für eine erste Abschätzung der Erzeugungsausfälle infolge eines FsAM am RKR
wurde auf dieser Basis größenordnungsweise angenommen, dass pro Wandersaison drei Wan-
derschübe über jeweils ca. 10 Tage im Zeitraum Oktober bis Februar stattfinden.
Bei einem mittleren Zufluss von ca. 355 m³/s in diesem Zeitraum (Anhang 2) beträgt der Tagesver-
lust V bei vollständiger Abstellung des Kraftwerkes über den vollen Tag:
Variante 1:
V = 355 [m3/s] x 9,1 [m] x 9,81 x 24 [h] x 0,001 = 760,6 MWh
Variante 2:
Wird im FsAM die Turbine 1 auf Volllast geöffnet, da angenommen wird, dass bei voller Öffnung
der Laufräder die Schädigungsrate auf ein Minimum zurückgeht und das Überwasser von 65 m³/s
über das Wehrfeld 3 abgeleitet wird, würde sich der Tages-Verlust auf 139,2 MWh verringern. Al-
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lerdings kann bei der vergleichsweise geringen Überwassermenge ohne genaue hydraulische Be-
rechnung nicht sichergestellt werden, ob ein schädigungsfreier Abstieg über das Wehrunterschütz
bzw. den Öffnungsschlitz möglich ist12. Gleichermaßen würden nur etwa 18 % der Aale mit dem
entsprechenden Teilstrom auf den Wehrpfad abgeleitet werden, so dass sich die standörtliche
Schädigungsrate bei Variante 2 (Weiterbetrieb von Maschine 1neu) während des FsAM nur auf
etwa 10 % verringern würde.
Nach einer Auswertung der Jahresganglinien 2008 bis 2017 (Anhang 2, Abb. 21) des Pegels Re-
ckingen werden im Zeitraum Oktober bis Februar im Durchschnitt drei deutliche Abflusssteigerun-
gen mit Gradienten von über 30% pro Tag beobachtet. Da aber nach längeren Niedrigwasserperi-
oden wie z.B. im Winter 2014/15 auch ein geringerer Anstieg des Abflusses eine Wanderwelle
auslösen kann, wird für eine zweite Abschätzung der Erzeugungsverluste angenommen, dass fünf
Wellen mit einer durchschnittlichen Dauer von etwa sechs Tagen auftreten. Daraus ergäbe sich ein
FsAM an etwa 30 Tagen pro Aalwandersaison.
Bei einem Betrieb nach Variante 1 (weitgehender standörtlicher Aalschutz) würde sich der Erzeu-
gungsverlust in einer Saison bzw. bei 30 FsMA-Tagen auf 22.818 MWh summieren. Bei einem
Strompreis von 30 €/MWh ergäben sich monetäre Verluste von rund 685.000 € (22.800 €/d) bzw.
rund 785.000 CHF (26.200 CHF/d).
Bei Variante 2 (partieller standörtlicher Aalschutz), lägen die geschätzten Erzeugungsverluste bei
30-tägigem FsAM rechnerisch bei 4.17,6 MWh entsprechend ca. 125.300 € bzw. 143.700 CHF
Die fischschonende Betriebsweise verursacht nach jeder Variante beträchtliche Erzeugungsverlus-
te und muss daher zwingend auf die tatsächlichen Wanderzeiten beschränkt werden. Vorausset-
zung für einen effektiven Fischschutz einerseits und die betriebliche Verhältnismäßigkeit anderer-
seits ist daher die möglichst exakte Prognose der Abwanderungen. Die Prognose anhand von abi-
otischen Parametern wie dem Abfluss ist sicherlich ein methodisch zielführender Ansatz. Aber es
ist nicht auszuschließen, dass am Hochrhein die Aalabwanderung nicht nur durch Abflusssteige-
rungen ausgelöst wird. Daher sollten mittels eines Detektionssystems die Abwanderaktivitäten der
Fische im Oberwasser des KW Reckingen aber auch an anderen Standorten im Hochrhein fluss-
aufwärts beobachtet werden. Für die Überwachung der Aalwanderung sind hydroakustische Me-
thoden wie DIDSON (SCHMIDT 2017), die Besenderung einer statistisch ausreichenden Anzahl
von Aalen mit hydroakustischen Sendern, der Einsatz von Detektorreusen (RWE Mosel) oder
Fangkontrollen geeignet. Aus der Korrelation der Beobachtungen der Wanderaktivitäten mit den
abiotischen Parametern über einen mehrjährigen Zeitraum kann eventuell ein verbessertes Prog-
nosemodell wie für die Loire entwickelt werden. Auch an der Weser wird nach STENDERA (2016)
derzeit ein „Echtzeitwarnsystem“ entwickelt, um die Zeiträume für das fischschonende Anlagen-
management besser eingrenzen zu können. Alternativ kann auch der MIGROMAT® (ADAM 2006)
in Erwägung gezogen werden. Bei diesem „biologischen Frühwarnsystem“ wird die Aktivität von
gehälterten Aalen erfasst und bei Überschreitung eines bestimmten Schwellenwertes eine in Bälde
einsetzende Abwanderung der Aale im Gewässer prognostiziert.
Die Einführung eines fischschonenden Anlagenmanagements würde im Kraftwerk einige Änderun-
gen bzw. Anpassungen der automatischen Steuerung der Maschinensätze und der Wehr-
Schützen erfordern.
12
Dabei ist zu überprüfen, ob bei Abgabe von 65 m³/s unter dem angehobenen Unterschütz ein ausreichend hoher Schlitz entsteht, der eine schadlose Abwanderung der Aale zulassen würde.
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Bei Kraftwerksketten wie am Hochrhein ist ein FsAM für die relevanten diadromen Zielarten (der-
zeit nur Aal) nur dann zielführend, wenn es auf alle Kraftwerke ausgeweitet wird. Im fiktiven Re-
chenbeispiel in Abb. 18 wird dies verdeutlicht. Dabei wird davon ausgegangen, dass ohne Turbi-
nenmanagement die Mortalität an einem Standort bei 20 Prozent liegt, mit Turbinenmanagement
würde in der Berechnung die Mortalität auf zehn Prozent reduziert. Bei der Passage von zehn
Kraftwerken ohne Turbinenmanagement erreichen etwa elf Prozent der Fische aus dem Oberwas-
ser des ersten Kraftwerks das Unterwasser des zehnten Kraftwerks ohne Schäden (blaue Rauten).
Wird nur am obersten Kraftwerk ein Turbinenmanagement durchgeführt, erhöht sich der Anteil der
ungeschädigten Fische nach zehn Kraftwerken nur um einen Prozentpunkt auf etwa zwölf Prozent
(rote Quadrate). Wird dagegen das Turbinenmanagement auf alle zehn Kraftwerke ausgeweitet,
überstehen ca. 35 Prozent der Fische aus dem obersten Stauraum die Wanderung ins Unterwas-
ser des untersten Kraftwerks ohne Schäden (grüne Dreiecke).
Abb. 17: Zeitliche Koordination Turbinenma-
nagement
Abb. 18: Effektivität von Fischschutzmaßnahmen
an Kraftwerksketten für diadrome Arten
Bezogen auf das FsAM am Standort Reckingen ist in diesem Kontext auch noch zu beachten,
dass RKR innerhalb der Kraftwerkskette des Hochrheins nach DÖNNI (2001) und nach den in die-
sem Gutachten durchgeführten Modellrechnungen mit etwa 16 % vergleichsweise geringe, mit der
neuen M1 vielleicht die niedrigste standörtliche Mortalitätsrate im Vergleich mit den anderen Hoch-
rheinkraftwerken aufweist. Ein fischschonendes Anlagenmanagement alleine am Standort Reckin-
gen würde somit eine Schadenminderung von deutlich weniger als 1 Prozent auf das Wanderaal-
aufkommen des Hochrheins bewirken.
Insofern wäre ein solitäres aalschonendes Anlagenmanagement am Standort Reckingen unter
Berücksichtigung der hohen Erzeugungsverluste, der zusätzlichen technischen und organisato-
risch-logistischen Aufwendungen (Anlagensteuerung, Monitoring-/Überwachungssystem Aalwan-
derung, etc.) angesichts des verschwindend geringen Verbesserungspotenzials bei der Aalabwan-
derung nicht verhältnismäßig.
Weiterhin ist festzustellen, dass für ein zielführendes FsAM ein über den Einzelkraftwerkstandort
hinausgehendes „überregionales“ Untersuchungsprogramm und Monitoringsystem zur Detektion
der Wanderungen/Wanderschübe bzw. zur gezielten Steuerung eines FsAM benötigt werden wür-
de.
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Fazit
Unter dem Aspekt, dass hierdurch ein messbarer ökologischer Nutzen (Förderung der Aalpopulati-
on) auch im Sinne der nationalen und europäischen Aalschutz- und Förderprogramme nicht ent-
stehen würde, kann die Etablierung eines solitären fischschonenden Anlagenmanagements
am RKR im Rahmen des beantragten Vorhabens nicht empfohlen werden.
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6. Zusammenfassung
Die jeweiligen fachlichen und fachrechtlichen Anforderungen im Hinblick auf den Fischschutz und
den Fischabstieg/Fischgängigkeit für Baden-Württemberg/Deutschland und die Schweiz wurden
herausgearbeitet und dargestellt.
Neben den allgemeinen fachlichen Anforderungen waren folgende konkrete Bearbeitungspunkte
aus dem Unterrichtungsschreiben (RPF) und dem Pflichtenheft bzw. der Verfügung vom
10.10.2017 (BFE) in diesem Kontext zu berücksichtigen:
Die Fischfreundlichkeit bzw. -schädlichkeit der derzeitigen und etwaiger neuer Turbi-
nen war detailliert zu erläutern.
eine Abschätzung und Bewertung der Schädlichkeit oder des Nutzens unterschiedli-
cher Rechenabstände für den Fischschutz war vorzunehmen.
der Fischabstieg über Wehr und Wehrkolk war hinsichtlich der Verletzungsgefahr zu
prüfen und dem BFE waren mit dem Konzessionserneuerungsgesuch gegebenenfalls
Sanierungsmaßnahmen vorzuschlagen
der Fischabstieg beim Maschinenhaus war auf konzeptioneller Ebene und in den
Grundzügen zu behandeln
betriebliche Maßnahmen zur Verbesserung des Fischschutzes sollten nach
BAFU/BFE vom 14.09.2017 überschlagsweise behandelt werden.
Die detaillierten Prüfungsergebnisse, Schädigungsabschätzungen, Auswirkungsprognosen, Pla-
nungsvorschläge und Maßnahmen sind nachfolgend stichpunktartig dargestellt:
Fischabstieg über das Wehr (Wehrpassage)
Zusammenfassend ist festzustellen, dass bei Weiterbetrieb des RKR
keine maßgebliche Verletzungsgefahr von absteigenden Fischen bei der Passage des
Stauwehrs in Reckingen gegeben ist.
populationsrelevante Schädigungen von Fischarten bei der Wehrpassage nicht zu er-
warten sind.
Sanierungsmaßnahmen im Hinblick auf die Fischgängigkeit am Stauwehr Reckingen werden da-
her gegenwärtig als nicht erforderlich erachtet.
Fischabstieg über das Kraftwerk (Turbinenpassage)
Im Hinblick auf den Fischabstieg über die Kraftwerksanlage (Turbinenpassage) ergab sich für we-
sentliche Ziel-Fischarten bzw. deren Populationen folgende Abschätzung des Gefährdungsrisikos:
Das Gefährdungsrisiko für die relevanten fernwandernden Arten Aal und Lachs (für den
Fall der Wiedereinbürgerung der Art) wurde als hoch eingeschätzt insbesondere auch we-
gen der Kumulationswirkung mit den anderen Kraftwerken am Hochrhein und Oberrhein
auf die Abwanderstadien der Fernwanderer.
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Bezüglich der potamodromen Ziel-Arten, die stellvertretend auch für eine Vielzahl von
nicht explizit aufgeführten heimischen Arten sind, werden nach der Einschätzung in Tab. 16
bei durchwegs geringen Mortalitätsrisiko insgesamt nur geringe Auswirkungen des beste-
henden wie des zukünftig beantragten Kraftwerksbetriebs auf den Erhaltungszustand der
Populationen erwartet.
Es ist hervorzuheben, dass mit dieser Einschätzung isoliert nur der Turbinenbetrieb und der
Fischabstieg der lokalen Fischpopulationen bewertet wurden.
Bei den potamodromen Arten wie beispielsweise Äsche, Nase, Barbe, Groppe, Strömer
und Bachneunauge gründet die fachliche Abschätzung des Gefährdungsrisiko auf den dar-
gelegten relativ geringen Schädigungsraten einerseits und der Tatsache, dass sich ande-
rerseits seit Beginn des Kraftwerksbetriebs in Reckingen im Jahr 1941 die Fischbestände
vor Ort über Jahrzehnte hinweg gut bis sehr gut entwickelt oder auf hohem Niveau gehal-
ten haben und dies, obwohl die dargelegten Beeinträchtigungen durch den Turbinenbetrieb
bzw. beim Fischabstieg permanent über 40 bis 50 Jahre auf die Fischbestände vor Ort ein-
gewirkt haben. Erst in den 80-iger Jahren z. Teil erst Anfang der 90-iger Jahre setzte der
massive Rückgang der Fischbestände ein und dürfte maßgeblich auf andere Ursachen als
auf den Turbinenbetrieb zurückgehen.
Möglichkeiten zur Verbesserung des Fischschutzes/Fischabstiegs
Die Möglichkeiten für eine potenzielle Anordnung einer zukünftigen Fischschutz- und Ableitanlage
im Oberwasser Reckingen wurden geprüft bzw. konzeptionell dargestellt. Die Realisierungsmög-
lichkeit können erst im Zuge bzw. nach Abschluss des „Forschungsprojekt Fischabstieg: Untersu-
chungen zum schonenden Abstieg bei großen Flusskraftwerken“ (Verband Aare-Rheinkraftwerke,
Projektbeschrieb VAR Fischabstieg II_v300317) weiter geprüft und beurteilt werden.
Ergänzend wurden auch die Möglichkeiten „betrieblicher Maßnahmen“ hinsichtlich eines fisch-
schonenden Anlagenmanagements am Standort Reckingen für den Aal untersucht. Fazit ist aber,
dass ein solitäres aalschonendes Anlagenmanagement am Standort Reckingen unter Berücksich-
tigung der hohen Erzeugungsverluste, der zusätzlichen technischen und organisatorisch-
logistischen Aufwendungen (Anlagensteuerung, Monitoring-/Überwachungssystem Aalwanderung,
etc.) angesichts des verschwindend geringen Verbesserungspotenzials bei der Aalabwanderung
nicht verhältnismäßig wäre.
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7. Literatur
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AXPO AG (2012): Kraftwerk Reckingen AG – Neukonzessionierung – Vorstudie. – .
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reicht oder überschritten) 1904 - 2015. – .
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BERG, R. (1987b): Gutachtliche Stellungnahme zu Fischschäden durch den Betrieb der Wasserkraftanlage „
Am letzten Heller". – (Landesanst. für Umweltschutz Baden-Württemberg, Inst. für Seenforschung).
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RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 69 Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
Anlage D7.13
BNGF GmbH – Büro für Naturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
EBEL, G. (2016): Fischschutz und Fischabstieg an Wasserkraftanlagen - Handbuch Rechen- und Bypasssys-
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RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 70 Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg
Anlage D7.13
BNGF GmbH – Büro für Naturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
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(unveröffentlicht).
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen Anlage D7.13 Fischschutz und Fischabstieg
Anhang
BNGF GmbH – Büro für Naturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
ANHANG
Anhang 1: Artenkollektiv mit repräsentativen Zielarten für die Bewertung von Schutzan-
sprüchen bei der Abwanderung Anhang 2: Jahresganglinien Pegel Reckingen 2000 bis 2016 und Abflussentwicklung
bzw. Abfluss-steigerungen am Hochrhein zwischen Oktober und Februar, an denen potenzielle Wanderschübe der Aale angenommen werden können. (Jahre 2008 bis 2017)
Anhang 3: Berechnung der Schädigungsraten für Aale am Kraftwerk Reckingen
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 1 Anlage D7.13 Fischschutz und Fischabstieg
Anhang 1
BNGF GmbH – Büro für Naturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
ANHANG 1
Artenkollektiv mit repräsentativen Zielarten für die Bewertung von Schutzansprüchen bei
der Abwanderung
Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg Anlage D7.13
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 2 Anlage D7.13 Fischschutz und Fischabstieg
Anhang 1
BNGF GmbH – Büro für Naturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
Tab. 18: Artenkollektiv mit repräsentativen Zielarten (FETTDRUCK) für die Bewertung von Schutzan-sprüchen bei der Abwanderung
Fischart Wissenschaftlicher Name FF
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Aal Anguilla anguilla - 2 # VU *
Äsche Thymallus thymallus - 2 2 VU
Atlantischer Lachs Salmo salar 2 1 1 RE - -
Bachforelle Salmo trutta fario - V * NT *
Bachneunauge Lampetra planeri 2 3 * EN *
Barbe Barbus barbus V 3 * NT *
Bitterling Rhodeus amarus 2 2 * EN * -
Brachse Abramis brama - * * LC
Döbel Squalius cephalus - * * LC
Dreist. Stichling Gasterosteus aculeatus - * * NT
Elritze Phoxinus phoxinus - V * LC
Flussbarsch Perca fluviatilis - * * LC
Flussneunauge Lampetra fluviatilis 2 2 3 RE - -
Giebel Carassius gibelio - * *
Groppe Cottus gobio 2 V * NT *
Gründling Gobio gobio - * * LC
Güster Blicca bjoerkna - * * NT - 1
Hasel Leuciscus leuciscus - * * LC
Hecht Esox lucius - * * LC
Karausche Carassius carassius - 1 2 - 1
Karpfen Cyprinus carpio - 2 * VU * -
Kaulbarsch Gymnocephalus cernua - * * LC * -
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 3 Anlage D7.13 Fischschutz und Fischabstieg
Anhang 1
BNGF GmbH – Büro für Naturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
Fischart Wissenschaftlicher Name FF
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Meerforelle Salmo trutta trutta - 1 * RE - -
Moderlieschen Leucaspius delineatus - 3 V NT -
Nase Chondrostoma nasus - 2 V CR
Quappe Lota lota - 2 V LC - 2
Regenbogenforelle Oncorhynchus mykiss - F # - - -1+2
Rotauge Rutilus rutilus - * * LC
Rotfeder Scardinius erythrophthalmus - V * LC
Schleie Tinca tinca - V * LC
Schmerle Barbatula barbatula - * * LC
Schneider Alburnoides bipunctatus - 3 V VU
Sonnenbarsch Lepomis gibbosus - F # - -
Steinbeißer Cobitis taenia 2 2 * VU * -
Strömer Telestes souffia 2 2 3 VU
Ukelei Alburnus alburnus - * * LC
Wels Silurus glanis - * * NT * -
Zander Sander lucioperca - * * - - -
Gesamtergebnis 30 35
FFH-Anhang:
II: Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden
müssen (Anhang II); IV: Streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse (Anhang IV); V: Tier- und
Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, deren Entnahme aus der Natur und Nutzung Gegenstand von Verwaltungsmaßnah-
men sein können (Anhang V).
Rote Liste Deutschland, 2009:
Gefährdungsstufen: 0 (ausgestorben oder verschollen), 1 (vom Aussterben bedroht), 2 (stark gefährdet), 3 (gefährdet), G (Gefährdung
unbekannten Ausmaßes), R (Extrem selten), V (Vorwarnliste), D (Daten unzureichend), * (ungefährdet), # (nicht bewertet bzw. nicht
enthalten)
Rote Liste Baden Württemberg, 2014:
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RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 4 Anlage D7.13 Fischschutz und Fischabstieg
Anhang 1
BNGF GmbH – Büro für Naturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
Gefährdungsstufen: 0 (verschollen), 1 (vom Aussterben bedroht), 2 (stark gefährdet), 3 (gefährdet), V (Vorwarnliste), D (Daten unzu-
reichend), * (nicht gefährdet), # (nicht bewertet bzw. nicht enthalten), N (Nicht heimisch)
Rote Liste Schweiz 2007:
Gefährdungsstatus nach IUCN (2001): RE (in der Schweiz ausgestorben), CR (vom Aussterben bedroht), EN (stark gefährdet), VU
(verletzlich), NT (potenziell gefährdet), LC (nicht gefährdet), DD (ungenügende Datengrundlage), * (von numerischer Analyse abwei-
chender, durch Expertenkommission festgelegter Gefährdungsstatus), # (nicht bewertet bzw. nicht enthalten)
Referenzzönose FWK 2-01 (WRRL):
in der Referenzzönose des Flusswasserkörpers „ 2-01 Hochrhein ab Eschenzer Horn oberhalb Aare (Referenz 1 unterhalb
Rheinfall bei Schaffhausen)“ enthalten
Gesamtergebnis:
1
Art wurde nur im Rahmen der Funktionskontrolle der Fischaufstiegsanlagen nachgewiesen
2
Art wurde in den Jahren 2005-2015 mehrmals von Angelfischern gefangen
Historisches Vorkommen im Hochrhein:
Fischarten die aktuell nicht mehr vorkommen, aber ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet um Rhein haben und durch Wieder-
ansiedlungsprogramme wieder etabliert werden sollen
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RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 1 Anlage D7.13 Fischschutz und Fischabstieg
Anhang 2
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aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
ANHANG 2
Jahresganglinien Pegel Reckingen 2000 bis 2016 und Abflussentwicklung bzw. Abfluss-steigerungen am Hochrhein zwischen Okto-ber und Februar, an denen potenzielle Wan-derschübe der Aale angenommen werden
können. (Jahre 2008 bis 2017)
Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg Anlage D7.13
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 2 Anlage D7.13 Fischschutz und Fischabstieg
Anhang 2
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aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
1. Jahresganglinien Pegel Reckingen 2000 bis 2016
Abb. 19: Gemittelte Jahres-Abflussganglinie des Rheins am Pegel Reckingen (Tagesmittelwerte, Jah-resreihe 2000–2016). Quelle: eigene Darstellung nach http://www.hydrodaten.admin.ch
2. Abflussentwicklung bzw. Abflusssteigerungen am Hochrhein zwischen Okto-
ber und Februar, an denen potenzielle Wanderschübe der Aale angenommen
werden können. (Jahre 2008 bis 2017)
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 3 Anlage D7.13 Fischschutz und Fischabstieg
Anhang 2
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aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
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Anhang 2
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aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
Abb. 20: Abflussganglinie des Rheins am Pegel Reckingen für den Zeitraum Oktober bis Februar. Der MQ für die Jahresreihe 2009-2017 für Okt.-Feb. Beträgt ca. 355 m
3/s (Tagesmittelwerte, Jahre 2008–
2017). Quelle: eigene Darstellung nach http://www.hydrodaten.admin.ch
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 1 Anlage D7.13 Fischschutz und Fischabstieg
Anhang 3
BNGF GmbH – Büro für Naturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
ANHANG 3
Berechnung der Schädigungsraten für Aale am Kraftwerk Reckingen
Fachbericht Fischschutz und Fischabstieg Anlage D7.13
RKR2020 - Neukonzessionierung Kraftwerk Reckingen 2 Anlage D7.13 Fischschutz und Fischabstieg
Anhang 3
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aturschutz-, Gewässer- und Fischereifragen
Kraftwerk Maschinensätze Turbinentyp D Laufrad Fallhöhe Laufradschaufeln Drehzahl Nabendurchmesser
D1 h z n dn
[m] [m] [-] [1/min] [m]
MG1neu 2 Kaplan vert. 6,45 8,4 4 75 2,73
MG2/MG1alt 2 Kaplan vert. 6,2 8,4 4 75 2,73
Schadensermittlung nach EBEL, G. (2008a)
MG1neu MG1alt MG2
Sabs,max [m] 5,44 4,87 4,87 Sabs,max=(pi*D1)/z
umax [m/s] 25,32 24,34 24,34 umax=pi*D1*n/60
Länge [cm]
Schädigungsrate 60 15,35 20,51 20,51 S=-44,60-13,56*sabs,max + 2,70*umax + 1,09*L
Schädigungsrate 65 20,80 25,95 25,96 S=-44,60-13,56*sabs,max + 2,70*umax + 1,09*L