fachliche empfehlungen für die mikrobiologische ... files/informationen/mikrobiologie...

4
254 ZWR Das Deutsche Zahnärzteblatt 2010; 119 (5) Fortbildung – Implantologie Die wissenschaftlichen Experten zum aktuellen Stand der mikrobiologischen Diagnostik in der Parodontologie Die teilnehmenden Experten eröffneten die Dis- kussion jeweils mit kurzen Präsentationen. Der Vorsitzende Prof. Schlagenhauf beleuchtete, welche Bedeutung die Mundgesundheitsstudie IV für die bakterielle Diagnostik hat. Wenn die aktuellen Ergebnisse nach den Kriterien der CDC/AAP-Working Group nach Micheelis [11] bewertet werden, dann leiden ca. 6 % der Erwachsenen und ca. 18 % der Senioren an einer Parodontitis mit schwerer Ausprägung, weisen rund 23 Mio. Menschen in Deutsch- land im Alter von 35–74 Jahren einen paro- dontalen Behandlungsbedarf unterschiedli- cher Therapiedringlichkeit auf, ist angesichts von jährlich nur ca. 800 000 PAR-Neuanträgen für den Bereich der GKV eine deutliche Unterversorgung festzustellen. Eine Mio. neue Implantate pro Jahr stellen das zahnärztliche Team darüber hinaus vor neue Herausforderungen an Prophylaxe und Therapie. Die bakterielle Diagnostik kann vor diesem Hin- tergrund zur Identifizierung von Risikopatienten und zur Planung und Kontrolle einer risikoad- äquaten Recall-Planung und Therapie dienen [7, 13]. Prof. Mombelli stellte ein Entscheidungsdia- gramm (Workflow) für den Ablauf und die Integ- ration einer systemischen Antibiose vor. Er prä- sentierte hierbei auch neueste, noch unveröffent- lichte Daten aus einer klinischen Studie an seinem Institut für Patienten mit einer ST ≥ 5 mm, einem Attachment-Verlust von ≥ 2 mm und radiologisch erkennbarem Knochenverlust an wenigstens 4 Zähnen. Diese flossen in die Diskussion und die Empfehlung ein. Bei diesen Patienten unterstützt die systemische Antibiose die mechanische The- rapie, die in bestimmten Fällen allein nicht in der Lage ist, aggressive Parodontalkeime, wie Aggre- gatibacter actinomycetemcomitans und Porphy- romonas gingivalis, wirksam zu eliminieren. Prof. Flemmig betonte in seiner Präsentation nochmals die Tatsache, dass sich bei parodontal erkrankten Patienten (aggressive und chronische Parodontitis) mit entsprechenden klinischen Be- funden völlig unterschiedliche bakterielle Kom- plexe finden, die als pathogen anzusehen sind. Diesen Punkt gilt es ggf. bei der Auswahl der Anti- biotika zu berücksichtigen. Mit der pauschalen Kombination AMOX/METRO, oftmals auch als „Winkelhoff-Cocktail“ bezeichnet, würden dem- nach rein deduktiv ohne eine entsprechende vor- herige Diagnostik nur etwa 2 Drittel der Patienten spezifisch behandelt werden [1, 2, 3]. Einen Überblick der aktuell verfügbaren Metho- den für die bakterielle Diagnostik sowie den Ausblick auf zukünftig verfügbare Methoden für die Zahnarztpraxis gab Prof. Arweiler. Die Schwächen der aktuell verfügbaren Methoden liegen demnach insbesondere in dem hohen Preis für den Patienten sowie in dem erheblichen Zeitverlust für die Therapie, der durch das War- ten auf das Testergebnis aus dem Labor entsteht. Warum mikrobiologische Diagnostik im Rahmen der Parodontaltherapie? Zentrale Ursachen für parodontalpathogene Ent- zündungsprozesse sind nach heutigem Wissen Auf Einladung der IHCF-Stiftung zur Förderung der Gesundheit diskutierten unter Vorsitz von Prof. Ulrich Schlagenhauf die Wissenschaftler Prof. Andrea Mombelli, Prof. Thomas Flemmig und Prof. Nicole Arweiler den aktuellen Stand zur mikrobiellen Diagnostik im Rahmen der parodontologischen Therapieplanung und -durchführung. Ziel der Diskussion war es wie bei den vorangegangenen Expertenrunden, einen Konsens für eine Empfehlung zu finden, der sich auf den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand gründet und eine unmittelbare Umsetzung in der zahnärztlichen Praxis ermöglicht. V. Scholz 1 , U. Schlagenhauf 2 , N. Arweiler 3 , T. Flemmig 4 , A. Mombelli 5 1 Lindau, 2 Würzburg, 3 Freiburg, 4 Seattle, 5 CH-Genf Fachliche Empfehlungen für die mikrobiologische Parodontaldiagnostik in der Zahnarztpraxis Wissenschaftliches IHCF-Konsensuspapier

Upload: others

Post on 11-Mar-2020

4 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Fachliche Empfehlungen für die mikrobiologische ... Files/Informationen/Mikrobiologie Zahnarztpraxis.pdf · Mombelli, Prof. Thomas Flemmig und Prof. Nicole Arweiler den aktuellen

254

ZWR ̶ Das Deutsche Zahnärzteblatt 2010; 119 (5)

Fortbildung – Implantologie

Die wissenschaftlichen Experten zum aktuellen Stand der mikrobiologischen Diagnostik in der ParodontologieDie teilnehmenden Experten eröffneten die Dis-kussion jeweils mit kurzen Präsentationen. Der Vorsitzende Prof. Schlagenhauf beleuchtete, welche Bedeutung die Mundgesundheitsstudie IV für die bakterielle Diagnostik hat. Wenn die aktuellen Ergebnisse nach den Kriterien der CDC/AAP-Working Group nach Micheelis [11] bewertet werden, dann• leiden ca. 6 % der Erwachsenen und ca. 18 %

der Senioren an einer Parodontitis mit schwerer Ausprägung,

• weisen rund 23 Mio. Menschen in Deutsch-land im Alter von 35–74 Jahren einen paro-dontalen Behandlungsbedarf unterschiedli-cher Therapiedringlichkeit auf,

• ist angesichts von jährlich nur ca. 800 000 PAR-Neuanträgen für den Bereich der GKV eine deutliche Unterversorgung festzustellen.

• Eine Mio. neue Implantate pro Jahr stellen das zahnärztliche Team darüber hinaus vor neue Herausforderungen an Prophylaxe und Therapie.

Die bakterielle Diagnostik kann vor diesem Hin-tergrund zur Identifizierung von Risikopatienten und zur Planung und Kontrolle einer risikoad-äquaten Recall-Planung und Therapie dienen [7, 13].

Prof. Mombelli stellte ein Entscheidungsdia-gramm (Workflow) für den Ablauf und die Integ-ration einer systemischen Antibiose vor. Er prä-sentierte hierbei auch neueste, noch unveröffent-lichte Daten aus einer klinischen Studie an seinem Institut für Patienten mit einer ST ≥ 5 mm, einem Attachment-Verlust von ≥ 2 mm und radiologisch erkennbarem Knochenverlust an wenigstens 4 Zähnen. Diese flossen in die Diskussion und die Empfehlung ein. Bei diesen Patienten unterstützt die systemische Antibiose die mechanische The-rapie, die in bestimmten Fällen allein nicht in der Lage ist, aggressive Parodontalkeime, wie Aggre-gatibacter actinomycetemcomitans und Porphy-romonas gingivalis, wirksam zu eliminieren.Prof. Flemmig betonte in seiner Präsentation nochmals die Tatsache, dass sich bei parodontal erkrankten Patienten (aggressive und chronische Parodontitis) mit entsprechenden klinischen Be-funden völlig unterschiedliche bakterielle Kom-plexe finden, die als pathogen anzusehen sind. Diesen Punkt gilt es ggf. bei der Auswahl der Anti-biotika zu berücksichtigen. Mit der pauschalen Kombination AMOX/METRO, oftmals auch als „Winkelhoff-Cocktail“ bezeichnet, würden dem-nach rein deduktiv ohne eine entsprechende vor-herige Diagnostik nur etwa 2 Drittel der Patienten spezifisch behandelt werden [1, 2, 3].Einen Überblick der aktuell verfügbaren Metho-den für die bakterielle Diagnostik sowie den Ausblick auf zukünftig verfügbare Methoden für die Zahnarztpraxis gab Prof. Arweiler. Die Schwächen der aktuell verfügbaren Methoden liegen demnach insbesondere in dem hohen Preis für den Patienten sowie in dem erheblichen Zeitverlust für die Therapie, der durch das War-ten auf das Testergebnis aus dem Labor entsteht.

Warum mikrobiologische Diagnostik im Rahmen der Parodontaltherapie?Zentrale Ursachen für parodontalpathogene Ent-zündungsprozesse sind nach heutigem Wissen

Auf Einladung der IHCF-Stiftung zur Förderung der Gesundheit diskutierten unter Vorsitz von Prof. Ulrich Schlagenhauf die Wissenschaftler Prof. Andrea Mombelli, Prof. Thomas Flemmig und Prof. Nicole Arweiler den aktuellen Stand zur mikrobiellen Diagnostik im Rahmen der parodontologischen Therapieplanung und -durchführung. Ziel der Diskussion war es wie bei den vorangegangenen Expertenrunden, einen Konsens für eine Empfehlung zu finden, der sich auf den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand gründet und eine unmittelbare Umsetzung in der zahnärztlichen Praxis ermöglicht.

V. Scholz1, U. Schlagenhauf2, N. Arweiler3, T. Flemmig4, A. Mombelli5

1Lindau, 2Würzburg, 3Freiburg, 4Seattle, 5CH-Genf

Fachliche Empfehlungen für die mikrobiologische Parodontaldiagnostik in der ZahnarztpraxisWissenschaftliches IHCF-Konsensuspapier

ZWR_5_10.indb 254 18.05.2010 09:01:17

Dieser Artikel wurde für den Gebrauch von Tobias Hain bereitgestellt. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.

Page 2: Fachliche Empfehlungen für die mikrobiologische ... Files/Informationen/Mikrobiologie Zahnarztpraxis.pdf · Mombelli, Prof. Thomas Flemmig und Prof. Nicole Arweiler den aktuellen

256

ZWR ̶ Das Deutsche Zahnärzteblatt 2010; 119 (5)

Fortbildung – Implantologie

die pathogenen Veränderungen des mikrobiellen Keimspektrums im subgingivalen Bereich und die bakteriell induzierte Immunreaktion des Pa-tienten in diesen Bereichen [10, 12, 15].Obwohl die Mehrheit der Bakterien, die die Mundhöhle kolonisieren, mit einer parodonta-len Gesundheit vereinbar ist, sind bestimmte pa-rodontalpathogene Bakterien für die Entwick-lung oder Progression einer Parodontitis verant-wortlich.Während die gesunde Mundflora überwiegend aus grampositiven fakultativen Aerobiern be-steht, kommt es bei der Parodontitis in den Zahnfleischtaschen zu einer Verschiebung hin zu vorwiegend gramnegativen Anaerobiern [16, 17].Von den parodontalpathogenen Keimen geht zum einen eine direkte Schädigung durch ent-sprechende Stoffwechselprodukte (z. B. Protea-sen, Kollagenasen und zytotoxische Produkte) aus, zum anderen eine indirekte Schädigung be-dingt durch die Auslösung von Entzündungspro-zessen und die Produktion von Interleukinen (Abb. 1).Die für die Entwicklung von Parodontopathien als relevant eingestuften Bakterien werden nach den Arbeiten von Socransky und Haffejee in ver-schiedene Komplexe eingruppiert [17]. Beson-dere Bedeutung für die Entstehung und Progres-sion und damit für die Therapie und Prognose

haben die parodontalpathogenen Bakterien Ag-gregatibacter actinomycetemcomitans (Aa) so-wie die 4 weiteren Bakterien Porphyromonas gingivalis (Pg), Tannerella forsythensis (Tf), Tre-ponema denticola (Td) und Prevotella interme-dia (Pi), die als Schlüsselbakterien oder Marker-keime für die Diagnostik der Parodontitis ange-sehen werden [4] (Abb. 2).

Systemische Antibiotikagabe Die unterstützende Gabe von systemischen Anti-biotika im Rahmen der Parodontaltherapie soll die Progression parodontaler Attachment-Ver-luste aufhalten. Insbesondere wird der adjuvante Einsatz von Antibiotika empfohlen bei• der aggressiven Parodontitis, • der schweren chronischen Parodontitis, • Parodontitiden mit progredienten Attach-

ment-Verlusten trotz vorheriger Therapie,• nekrotisierender Gingivitis und • Parodontitis mit ausgeprägter Allgemein-

symptomatik sowie • bei mittelschwerer bis schwerer Parodontitis

mit systemischen Erkrankungen, die die Funktion des Immunsystems beeinträchti-gen [1, 18, 20].

Nach mikrobiologischer Testung kann in Verbin-dung mit Anamnese und klinischer Diagnose die Entscheidung für den Einsatz von Antibiotika ge-fällt werden. Die mikrobiologische Abklärung des bakteriellen Spektrums kann so helfen, den möglicherweise unnötigen Einsatz eines syste-mischen Antibiotikums zu vermeiden. Nach Eickholz ist in diesen Fällen insbesondere bei Vorhandensein von Aa eine systemische Antibi-ose indiziert [6]. Der Einsatz der Antibiotika empfiehlt sich unmittelbar nach Abschluss des mechanischen Debridements [8] ggf. mit unter-stützendem Einsatz von Chlorhexidin.Entscheidend für therapeutische Entscheidungen muss jedoch immer das klinische Gesamtbild sein. Ähnlich wie das Röntgenbild stellt die mik-robiologische Diagnostik in diesem Rahmen eine unterstützende diagnostische Maßnahme dar, um einen wesentlichen Beitrag für die Entschei-dung über die weitere Therapie zu liefern [9].

Mikrobiologische Tests im Rahmen der ImplantologieAuch sind mikrobiologische Tests sinnvoll• vor der eigentlichen Implantation und • bei periimplantären Infektionen.

Hier sollen sie klären, ob der Einsatz eines spezi-fischen Antibiotikums indiziert ist oder nicht (Mombelli 1994). Der erste implantologische Im-perativ „Kein Implantat bei bestehender Paro-dontitis!“ zeigt, dass die Abklärung des bakteri-ellen Keimspektrums helfen kann, vor dem Set-

Abb. 1 Einige Virulenzfak-toren parodontalpathogener Leitkeime am Beispiel A. actino-mycetemcomitans.

Abb. 2 Die 5 wichtigsten paro dontalpathogenen Schlüssel keime.

ZWR_5_10.indb 256 18.05.2010 09:01:18

Dieser Artikel wurde für den Gebrauch von Tobias Hain bereitgestellt. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.

Page 3: Fachliche Empfehlungen für die mikrobiologische ... Files/Informationen/Mikrobiologie Zahnarztpraxis.pdf · Mombelli, Prof. Thomas Flemmig und Prof. Nicole Arweiler den aktuellen

ZWR ̶ Das Deutsche Zahnärzteblatt 2010; 119 (5)

257Fortbildung – Implantologie

zen eines Implantats individuelle Risiken zu er-kennen und entsprechende Maßnahmen zu er-greifen [14, 19]. Eingehend wurde der Zeitpunkt der Probenent-nahme diskutiert und der mögliche motivie-rende Wert, den eine bakterielle Diagnostik für die weitere Compliance im Rahmen der paro-dontalen und implantologischen Nachsorge und Therapie haben kann.Ein schematischer Ablauf der bakteriellen Diag-nostik im Rahmen der Parodontaltherapie kann demnach im Sinne eines praktisch umsetzbaren Qualitätsmanagements aussehen, wie in Abb. 3 dargestellt.Auf eine genaue Beschreibung des Umfangs und der Inhalte einer „state of the art“-Initialtherapie sowie der Behandlungsphase muss an dieser Stelle verzichtet werden. So macht es einen we-sentlichen Unterschied hinsichtlich des richtigen Zeitpunkts für die mikrobielle Diagnostik, ob der einzelne Behandler bereits innerhalb der Initial-therapie eine subgingivale Depuration z. B. mit Ultraschallinstrumentierung durchführt oder ob er rein supragingival arbeitet.

Probenentnahme und ReevaluationIn jedem Fall sollte während der Probenent-nahme kein übermäßiges Bluten der Zahn-fleischtasche vorliegen, da die üblicherweise verwendeten Papierspitzen nur etwa 20 µl Flüs-sigkeit aufnehmen können [5]. Deshalb und auch um erste klinische Reaktionen des parodontalen Gewebes abzuwarten, sollte die Probeentnahme nach der Initialtherapie erfolgen. Eine Proben-entnahme vor der Initialbehandlung im Rahmen der Erstuntersuchung kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn das klinische Bild Unklarhei-ten aufweist und der Behandler eine mikrobielle Diagnostik zur Absicherung seiner klinischen Di-agnostik und Motivation des Patienten für ange-zeigt ansieht.In der Reevaluationsphase kann die mikrobiolo-gische Diagnostik helfen, Behandlungserfolge zu dokumentieren und mit dem Patienten zu si-chern.

Konsensusempfehlungen für die mikrobiologische Diagnostik in der zahnärztlichen PraxisNach Abschluss der Diskussion einigten sich die Teilnehmer auf folgende praktische Empfehlun-gen:• Die mikrobielle Diagnostik kann vor dem

Hintergrund des klinischen Gesamtbildes dabei helfen, die Notwendigkeit einer unter-stützenden Antibiose zu erkennen.

• Die mikrobielle Diagnostik kann die Compli-ance des Patienten zu einer gewissenhaften Durchführung erhöhen.

• In der Implantologie ist zu erwägen, dass die

ZMK 105 x 280 6 2010.indd 1 11.05.10 11:23

ZWR_5_10.indb 257 18.05.2010 09:01:20

Dieser Artikel wurde für den Gebrauch von Tobias Hain bereitgestellt. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.

Page 4: Fachliche Empfehlungen für die mikrobiologische ... Files/Informationen/Mikrobiologie Zahnarztpraxis.pdf · Mombelli, Prof. Thomas Flemmig und Prof. Nicole Arweiler den aktuellen

258

ZWR ̶ Das Deutsche Zahnärzteblatt 2010; 119 (5)

Fortbildung – Implantologie

mikrobiologische Diagnostik helfen kann, eine Infektion mit den aggressiven parodon-talpathogenen Keimen A. actinomycetemco-mitans und P. gingivalis frühzeitig zu erken-nen. So können ggf. vor der Implantation pa-thogene Keime eliminiert werden.

• Die mikrobiologische Diagnostik kann hel-fen, Rezidive im Recall besser hinsichtlich ihrer Ursachen zu differenzieren. So erfor-dert insbesondere die Infektion mit A. acti-nomycetemcomitans und P. gingivalis in der Regel eine systemische Antibiose.

• In der Reevaluationsphase kann die mikro-biologische Diagnostik helfen, Behandlungs-erfolge zu dokumentieren und eventuelle Rezidive frühzeitig zu erkennen.

• Eine eventuell indizierte Antibiotikatherapie bei Parodontitis oder Periimplantitis sollte unmittelbar nach Abschluss eines mechani-schen Debridements erfolgen.

• Keine Antibiose bei Parodontitis und/oder Periimplantitis ohne Kenntnis der mikrobio-logischen Situation.

• Eine möglichst unmittelbare Abklärung des bakteriellen Spektrums am Zahnarztstuhl („Chairside-Diagnostik“) ist wünschenswert.

• Bakterielle Diagnostik auch zur besseren Motivation des parodontal erkrankten Pati-enten nutzen.

Literatur1 Beikler T, Karch H, Flemmig TF. Wissenschaftliche

Stellungnahme: Adjuvante Antibiotika in der Paro-dontitistherapie. DZZ 2003. Online: www.dgparo.de/PDF/PDF_Wissen/Mikrobiologische-Diagnostik-in-derParodontitistherapie-2005-10-01.pdf

2 Beikler T, Prior K, Ehmke B et al. Specific antibiotics in the treatment of periodontitis – a proposed strategy. J Periodontol 2004; 75: 169–175

3 Beikler T, Karch H, Flemmig TF. Wissenschaftliche Stellungnahme: Mikrobiologische Diagnostik in der Parodontitistherapie – gemeinsame Stellungnah-me der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DGP) und der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Zahn- und Kieferheilkunde (DGZMK). DZZ 2005; 12: 660–662

4 Bidault P, Chandad F, Grenier D. Systemic antibiotic therapy in the treatment of periodontitis. J Can Dent Assoc 2007; 73: 515–520

5 Conrads G. DNA probes and primers in dental practi-ce. Clin Infect Dis 2002; 35 (Suppl. 1): S72–77

6 Eickholz P, Baron F, Dannewitz B. Glossar der Grund-begriffe für die Praxis. Parodontologische Diagnos-tik. Teil 3: Mikrobiologie. Parodontologie 2008; 19: 165–174

7 Ezzo PJ, Cutler CW. Microorganisms as risk indicators for periodontal disease. Periodontol 2000 2003; 32: 24–35

8 Herrera D, Alonso B, León R et al. Antimicrobial the-rapy in periodontitis: the use of systemic antimicro-bials against the subgingival biofilm. J Clin Periodon-tol 2008; 35: S45–66

9 Jervoe-Storm PM. Parodontitis – Diagnostik und The-rapie. ZMK 2000; 3

10 Lovegrove JM. Dental plaque revisited: bacteria asso-ciated with periodontal disease. J N Z Soc Periodon-tol 2004; 87: 7–21

11 Micheelis et al. Zur epidemiologischen Einschätzung der Parodontitislast in Deutschland – Versuch einer Bilanzierung. DZZ 2008; 7: 464

12 Petersilka G. In: Gängler P, Hoffmann T, Willershau-sen B et al. (Hrsg.) Zahn-Mund-Kiefer-Heilkunde – Konservierende Zahnheilkunde und Parodontologie. Stuttgart: Thieme 2005: 334–341

13 Raßhöfer R. Mikrobiologische Tests in der Diagnose und Therapie von Parodontitis – Tipps für die Rou-tineanwendung in der Praxis. Dentalhygiene Journal 2008; 2: 30–33

14 Reich E, Arweiler N, Benz C et al. Stellenwert des Chlorhexidins in der Implantatversorgung – Konsen-suspapier. ZWR 2007; 116: 359–262

15 Sanz M, Quirynen M. European Workshop in Perio-dontology group A. Advances in the aetiology of pe-riodontitis. Group A consensus report of the 5th Euro-pean Workshop in Periodontology. J Clin Periodontol 2005; 32: 54–56

16 Socransky SS, Haffajee AD. The bacterial etiology of destructive periodontal disease: current concepts. J Periodontol 1992; 63: 322–331

17 Socransky SS, Haffajee AD. Periodontal microbial ecology. Periodontol 2000 2005; 38: 135–187

18 Slots J, Ting M. Systemic antibiotics in the treatment of periodontal disease. Periodontol 2000 2002; 28: 106–176

19 Van Winkelhoff AJ, Goené RJ, Benschop C et al. Ear-ly colonization of dental implants by putative peri-odontal pathogens in partially edentulous patients. Clin Oral Implants Res 2000; 11: 511–520

20 Van Winkelhoff AJ, Wolf JW. Actinobacillus actino-mycetemcomitans-associated peri-implantitis in an edentulous patient. A case report. J Clin Periodontol 2000; 27: 531–535

KorrespondenzadresseDr. Volker ScholzScientific Board IHCFAustrasse 15, P.O.Box 1117FL-9490 VaduzE-Mail: [email protected]

Abb. 3 Wann mikrobiologi-sche Diagnostik durchführen? Die 5 Bausteine der systema-tischen Parodontaltherapie (nach DGP-Richtlinie) in ihren 4 Behandlungsabschnitten (nach Erpenstein 1983 und Jervoe-Storm 2000).

ZWR_5_10.indb 258 18.05.2010 09:01:20

Dieser Artikel wurde für den Gebrauch von Tobias Hain bereitgestellt. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.