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Die Fremde Feo Aladag Deutschland 2010 filmheft

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Page 1: fh Fremde Inhalt 02:bpb · Filmheft DIE FREMDE 3 4 Inhalt 4 Figuren 6 Problemstellung 11 Filmsprache 14 Exemplarische Sequenzanalyse 15 Fragen 16 Unterrichts-vorschläge 17 Arbeitsblatt

Die FremdeFeo AladagDeutschland 2010

filmheft

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Medien prägen unsere Welt. Nicht selten schaffen sie ihr eigenes Universum –schnell und pulsierend, mit der suggestiven Kraft der Bilder. Überall live unddirekt dabei zu sein, ist für die junge Generation zum kommunikativen Idealgeworden, das ein immer dichteres Geflecht neuer Techniken legitimiert undzusehends erfolgreich macht.Um in einer von den Medien bestimmten Gesellschaft bestehen zu können, müssen Kinder und Jugendliche möglichst früh lernen, mit Inhalt und Ästhetikder Medien umzugehen, sie zu verstehen, zu hinterfragen und kreativ umzuset-zen. Filmbildung muss daher umfassend in deutsche Lehrpläne eingebundenwerden. Dazu ist ein Umdenken erforderlich, den Film endlich auch im öffent-lichen Bewusstsein in vollem Umfang als Kulturgut anzuerkennen und nicht nurals Unterhaltungsmedium.Kommunikation und Information dürfen dabei nicht nur Mittel zum Zweck sein.Medienbildung bedeutet auch, von den positiven Möglichkeiten des aktiven und kreativen Umgangs mit Medien auszugehen. Medienkompetenz zu vermitteln bedeutet für die pädagogische Praxis, Kinder und Jugendliche bei der Mediennutzung zu unterstützen, ihnen bei der Verarbeitung von Medienein-flüssen und der Analyse von Medienaussagen zu helfen und sie vielleicht sogarzu eigener Medienaktivität und damit zur Mitgestaltung der Medienkultur zu befähigen.Die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb sieht die Medien nach wie vor als Gegenstand kritischer Analyse an, weil Medienkompetenz in einer vonMedien dominierten Welt unverzichtbar ist. Darüber hinaus werden wir denKinofilm und die interaktive Kommunikation viel stärker als bisher in das Konzeptder politischen Bildung einbeziehen und an der Schnittstelle Kino und Schulearbeiten: mit regelmäßig erscheinenden Filmheften wie dem vorliegenden, mitKinoseminaren, themenbezogenen Reihen, einer Beteiligung an bundesweitenSchulkinowochen, Mediatoren/innenfortbildungen und verschiedenen anderenProjekten.

Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung

Filmbildung■ ■

ImpressumHerausgeberin: Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, Fachbereich MultimediaAdenauerallee 86, 53113 Bonn, Tel. 0228 99-515-0, Fax 0228 99-515-113,[email protected], www.bpb.deAutor: Amin FarzanefarArbeitsblätter: Petra AndersFachwissenschaftliche Gutachterin: Asiye ÖztürkRedaktion: Rotraut Greune (bpb, verantwortlich), Kirstin Weber (bpb, Volontärin)Satz und Layout: Susann Unger, BerlinDruck: Harzdruckerei GmbH, WernigerodeBildnachweis: Majestic Filmverleih GmbH (Christian Hüning: S. 3, 5, 8 links, 9 links, 10, 11 rechts, 18; Manfred Horender: Titel, S. 12; Björn Kommerell: S. 21 )© März 2010

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3Filmheft DIE FREMDE

4 Inhalt4 Figuren6 Problemstellung

11 Filmsprache14 Exemplarische

Sequenzanalyse15 Fragen16 Unterrichts-

vorschläge17 Arbeitsblatt18 Sequenzprotokoll 20 Materialien22 Literaturhinweise

Inhalt

Deutschland 2010Buch und Regie: Feo AladagKamera: Judith KaufmannSchnitt: Andrea MertensMusik: Max RichterDarsteller/innen: Sibel Kekilli, Nizam Schiller, Derya Alabora, Settar Tanriögen,Serhad Can, Almila Bagriacik, Tamer Yigit, Alwara Höfels, Florian Lukas, Nursel Köse u.a.Produktion: Independent Artists Filmproduktion in Zusammenarbeit mit WDR,rbb und arte Länge: 118 MinutenFBW: Prädikat besonders wertvollFSK: ab 12 Jahren, empfohlen ab 14 JahrenKinoverleih: Majestic Filmverleih GmbHPreise: Preis der Europa Cinemas (Internationale Filmfestspiele Berlin 2010)

Die Fremde

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Filmheft DIE FREMDE4

Die in Deutschland aufgewachsene25-jährige Umay lebt in einer un-glücklichen Ehe in Istanbul. Nacheiner heimlichen Abtreibung undgewalttätigen häuslichen Auseinan-dersetzungen flüchtet sie mit ihremkleinen Sohn Cem zu ihrer Familienach Berlin.Die Wiedersehensfreude schlägt dortschnell um, als die Eltern erfahren,dass Umay ihren Mann verlassen hat.Sie beharren auf ihre Rückkehr in dieEhe und Vater Kader versucht telefo-nisch, Umays Ehemann Kemal unddessen Familie zu besänftigen. Aberauch Kemal ist nicht mehr an Umayinteressiert, er fordert jedoch nach-drücklich seinen Sohn zurück. Während die Familie sich auf KemalsSeite stellt, bemüht sich Umay mitallen Mitteln um ihr Verständnis: Siemöchte mit Cem in Deutschland blei-ben und ein selbstbestimmtes Lebenführen.

Doch die Familie engt Umays Bewe-gungsspielraum immer mehr ein undplant gezielt die Rückgabe von Ceman dessen Vater. Umay, die dies zufäl-lig mitbekommt, versucht, mit ihremSohn nachts aus der elterlichen Woh-nung zu flüchten, aber die Haustür istverschlossen. In ihrer Verzweiflung ruft sie die Polizei und lässt sich in einFrauenhaus bringen. Dadurch kommtes zum Bruch mit der Familie. Trotzaller Schwierigkeiten baut sich Umayjedoch ein neues Leben auf: Siebesucht die Schule und arbeitet ineiner Großküche.

Die Familie bekommt indes die Fol-gen des „ehrlosen“ Verhaltens ihrerTochter zu spüren. Kader kann dieVerlobung seiner Tochter Rana nurdurch Zahlung einer stattlichen Geld-summe aufrechterhalten. Dabei ist dieHeirat von höchster Dringlichkeit, daRana bereits schwanger ist. UmaysBruder Mehmet erträgt den Spott und die Schande am wenigsten. Alser durch Zufall Umays Aufenthaltsortherausbekommt, randaliert er nachtsmit Freunden vor dem Frauenhaus.

■ ■ ■ ■ FigurenInhalt

Umay flüchtet erneut und zieht zuihrer Freundin Atife. Die offenen Ge-spräche mit ihr und auch das Ver-trauen und der Respekt der resolutenGroßküchen-Chefin Gül Hanim gebenUmay Zuversicht und Selbstvertrauen.Sie verliebt sich in ihren KollegenStipe und bezieht eine eigene Woh-nung – ein ganz anderes Lebenscheint möglich.

Aber Umay leidet unter der Trennungvon den Eltern und Geschwistern.Ihre wiederholten Versuche sich aus-zusöhnen scheitern an einer unnach-giebigen, starren Haltung der Familie.Die Auseinandersetzung spitzt sichdramatisch zu, als Umay überraschendauf Ranas Hochzeitsfeier erscheint.Vor der versammelten Gemeinschaftbittet sie um Verständnis für ihr Ver-halten und fleht ihre Eltern an, nichtauch noch ihren Sohn Cem zu ver-stoßen. Mehmet zerrt sie aus demSaal, eine Rückkehr in den Schoß derFamilie scheint nun ausgeschlossen.Als ein Versuch Kemals, seinen SohnCem zu entführen, scheitert, gehtUmay zur Polizei und fasst den Ent-schluss, die Stadt zu verlassen.

Doch inzwischen hat Vater Kader eineReise nach Anatolien unternommen,wo er offenkundig den Rat seinesVaters eingeholt hat. Wortlos be-schließen die männlichen Familien-mitglieder daraufhin Umays Tod, derjüngste Bruder Acar soll die Tat aus-führen. Kader erleidet unmittelbar dar-auf einen Herzinfarkt. Als ihn Umayund Cem im Krankenhaus aufsuchen,bittet er seine Tochter um Verzeihung.Doch das Drama ist nicht mehr auf-zuhalten: Als Acar es nicht übersHerz bringt, Umay zu töten, greiftMehmet ein und ersticht versehentlichden kleinen Cem.

UmayUmay verweigert sich dem traditio-nellen Rollenmuster und kämpftdarum, ihr Leben selbstbestimmt zugestalten. Sie ist die älteste Tochterder Familie und in Deutschland auf-gewachsen. Nachdem sie mit ihremSohn ihren Ehemann in Istanbul ver-lassen hat, baut sie auf die Unter-stützung ihrer Familie. Auch nach ih-rer Verstoßung hofft sie, allen Widrig-keiten zum Trotz, weiter auf Verständ-nis und Versöhnung.

Kader Umays Vater muss als Familienober-haupt über die Ehre der Familiewachen. Durch Umays Haltung ge-rät er in einen unlösbaren Konfliktzwischen seinen väterlichen Gefühlenund den Anforderungen der Gemein-schaft. Er arbeitet in einer Druckereiund pflegt gesellschaftlichen Umgangvor allem mit seinem traditionellen tür-kischen Umfeld, dessen Werte er teilt.

Halime Umays Mutter liebt ihre Tochter undderen Sohn. Doch sie kann UmaysVerhalten nicht billigen. Zudem möch-te sie ihren Mann beschützen, dessenGesundheit angeschlagen ist. FürHalime kann nur Umays Unterord-nung unter die Forderungen derGemeinschaft das familiäre Problemlösen.

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5Filmheft DIE FREMDE

Mehmet Umays Bruder Mehmet, der ältesteSohn der Familie, geht in der Rolle desBruders auf, der die Ehre der Familie,insbesondere der Geschwister, schützt.Konflikten und Widerständen begegneter lautstark und aggressiv, häufig auchmit Gewalt.

AcarUmays jüngerer Bruder befindet sich im Zwiespalt: Emotional steht er seinergroßen Schwester sehr nahe, ihren Kon-flikt mit den Eltern und Geschwisternaber hält er nicht aus. Immer stärkerfügt er sich den Rollenerwartungen derFamilie, kann aber in letzter Konsequenzseine Schwester nicht töten.

RanaUmays jüngere Schwester teilt denWunsch nach mehr Freiheit, hat sichdiese bislang jedoch auf eigene Artgenommen. Als die Heirat mit ihremVerlobten Duran auf dem Spiel steht, inden sie verliebt ist und von dem sie einKind erwartet, stellt sie sich gegen dieSchwester.

Atife Umays Freundin aus früheren Tagenist ebenfalls Türkin, führt jedoch alsallein lebende, selbstständige Fraumit einem großen Freundeskreis einunabhängigeres Leben als Umay.Immer wieder versucht sie, die Freun-din davon zu überzeugen, dass dieTrennung von der Familie die einzigeLösung für eine freiere Zukunft ist.

Gül Hanim Als Leiterin einer Großküche gibt GülHanim Umay eine berufliche Chanceund unterstützt sie in ihrem Kampfum Eigenständigkeit. Gül weiß aberals Türkin um Umays Familienpro-bleme und bringt sich deshalb durcheinen Besuch bei den Eltern als Vermittlerin ein. Doch ihr Versuch,Umay zu helfen, scheitert an KadersSturheit.

Stipe Stipe ist Umays Arbeitskollege in derGroßküche und verliebt sich Halsüber Kopf in sie. Mit großem Einfüh-lungsvermögen hilft er ihr durch Zu-wendung und verständnisvollen Ab-stand gleichermaßen. Doch trotz allerBemühungen kann er Umays Ver-zweiflung nicht lindern.

Kemal Umays Ehemann lebt in einem kon-servativen familiären Umfeld und hatfür Umays Gefühle kein Verständnis.Nachdem sie ihn verlassen hat, setzter alles daran, den gemeinsamenSohn zu seiner Familie zurückzuholen.

Cem Der kleine Sohn von Umay und Kemalleidet unter den permanenten Aus-einandersetzungen, die sich zu gro-ßen Teilen um ihn drehen. Am Endewird er derjenige sein, der dem Fami-lienkonflikt zum Opfer fällt.

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Filmheft DIE FREMDE6

DIE FREMDE erzählt vom Kampf einerjungen Frau um Selbstbestimmung.Umay rebelliert gegen die Erwartungenihrer konservativen Eltern und einer ■ patriarchalischen Gesellschaft, suchtaber gleichzeitig nach ihrer Liebe undAkzeptanz. Die Unmöglichkeit, einenKompromiss zu finden, führt zum tra-gischen Ende und zum Zerbrechender Familie.Die Geschichte der DeutschtürkinUmay ist nicht allein kulturspezifisch,sondern greift universelle Themen auf, die in Literatur und Film vielfachNiederschlag gefunden haben.Beispiele für junge Frauen, die Opferpatriarchalischer Machtverhältnisseund überkommener Ehrbegriffe werden,finden sich etwa in der Literaturge-schichte: so Gotthold Ephraim LessingsEMILIA GALOTTI (1772) und TheodorFontanes EFFI BRIEST (1895). Generationenkonflikte in dysfunktiona-len Familien, in denen die Wertvorstel-lungen der Kinder mit denen der Elternkollidieren, sind im Kino variationsreichporträtiert worden. In den Hollywood-Klassikern JENSEITS VON EDEN(EAST OF EDEN, 1955) von EliaKazan und DENN SIE WISSEN NICHTWAS SIE TUN (REBEL WITHOUT A CAUSE, 1955) von Nicholas Rayspielt James Dean den unverstandenenSohn, hinter dessen rebellischen Aktensich die Suche nach väterlicher Liebeund Aufmerksamkeit verbirgt.Während hier traditionelle Verhaltens-und Denkmuster infrage gestellt wer-den, bietet in Lee Tamahoris DIELETZTE KRIEGERIN (ONCE WEREWARRIORS, 1994) gerade das Erbeder Vorväter die Möglichkeiten derAussöhnung zwischen Vergangenheitund Gegenwart. Der Film spielt unterden assimilierten Maori Neuseelands.Mutter und Kinder rebellieren gegenden gewalttätigen, alkoholabhängigenVater, indem sie die vergessenen Tra-ditionen produktiv für die Identitätsfin-dung nutzen. In anderen Filmen be-stimmt weniger der soziokulturelle Hin-tergrund als vielmehr die individuelleLebensgeschichte der Figuren denKonflikt. So muss der heranwachsende

Augusten in Ryan Murphys KRASS(RUNNING WITH SCISSORS, 2006)lernen, sich von seiner psychotischveranlagten Mutter abzugrenzen undschließlich zu trennen.

In DIE FREMDE findet der Konflikt ineiner in Deutschland lebenden türki-schen Familie mit traditionellem Wer-tekanon statt. Hinter Umays verzwei-feltem Ringen um Unabhängigkeit und Anerkennung stehen auseinan-derklaffende kulturelle Konzepte undder Widerstreit von ■ modernen undtraditionellen Lebensweisen.

Religion, Tradition und Ehre

Bestimmend für den Konflikt in DIEFREMDE ist das Festhalten der Fami-lie an einem traditionellen Ehrbegriffund an archaischen, religiös aufgela-denen Traditionen, die im Widerstreitmit einer modernen, westlichenLebensweise stehen.Die Mitglieder in Umays Familie sindpraktizierende Muslime. Zum Freitags-gebet gehen sie in die Moschee. Siefeiern die traditionell-religiösen Feste – wie etwa ■ Bayram, das Zuckerfest.Kaders Familie würde wahrscheinlich

ihre Lebensführung und ihre Wertmaß-stäbe als religiös motiviert bezeichnen– und damit einhergehend auch ihreVerurteilung von Umays Verhalten. DerIslam selbst liefert hierfür aber keineeindeutigen Anhaltspunkte – erst rechtnicht für die Mordtat. So ist dem Ko-ran zufolge eine ■ Scheidung im Falleiner nicht funktionierenden Ehe untergenau festgelegten Bedingungen möglich.

In muslimisch geprägten Gesellschaf-ten werden jedoch oft die Regelungendes Korans unter Berücksichtigungvorherrschender Gesellschaftsnormeninterpretiert und angewandt. Das führt zum Teil dazu, dass im Grundeareligiöse Traditionen mit dem Islambegründet werden. Für Umays Familie sind die traditionel-len Regeln ihrer anatolischen Heimatausschlaggebend. In den Auseinan-dersetzungen mit ihrer Tochter verwei-sen die Eltern immer wieder auf die ■ Ehre („Namus“), die Schande undden Verlust des sozialen Ansehens. Die dahinter stehenden Konzepte sindEckpfeiler eines patriarchalischenWeltbildes, in dem die Gemeinschaftdie Interessen des Einzelnen dominiert.

■ ■ Problemstellung

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7Filmheft DIE FREMDE

Umay verstößt mit ihrem Verhalten undihren Wünschen gegen eine Reihe tra-dierter Gebote: Durch ihre Heirat hatsie das elterliche Haus verlassen undgehört nun zum Klan des Gatten. DieKinder, vor allem Söhne, werden zurFamilie des Vaters gerechnet. Acarspricht das Problem gegenüber Umaydeutlich an: „Mehmet sagt, du machstCem zum Bastard, wenn er nicht beiKemal lebt!“. Vor diesem Hintergrundbesteht Vater Kader auf Umays Rück-kehr zu Kemal und, als dieser sie nichtzurückhaben will, auf Cems Übergabean ihn.

Der „Ehrverlust“, der aus Umays Han-deln resultiert, ist für Kader und seineFamilie kein theoretisches Konstrukt,sondern hat greifbare Konsequenzen:Auf Kaders Arbeitsstelle wird über ihngetuschelt, Bekannte der Familiesagen geplante Verabredungen abund schließlich wird Ranas Verlobungvon den Eltern des Verlobten gelöst. Auch Umays weiteres Verhalten – dasHerbeirufen der Polizei in die elterlicheWohnung, ihr öffentliches Bekenntnisauf Ranas Hochzeit, ihr Insistieren auf den Kontakt mit der Familie,obwohl sie verstoßen wurde – wird als schmachvolle Grenzübertretung und als Gesichtsverlust gegenüber der Gemeinschaft betrachtet. Der tat-sächliche oder so wahrgenommeneDruck von außen und die traditionelleingeforderte Wiederherstellung des„Namus“ stürzen Kader als Familien-oberhaupt in ein Dilemma, das ihnemotional überfordert. Dieses Dilemma,

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Patriarchat Das Patriarchat (griechisch von páter = der Vater und arché = u.a. derUrsprung, die Herrschaft) bezeichnetin der Soziologie die Vorherrschaftmeist älterer Männer, insbesondereaber der Familienväter, d.h. dermännlichen Oberhäupter von Sippen,Gemeinden oder Völkern, in einerGesellschaft. Das Patriarchat ist dievorwiegend verbreitete Gemein-schaftsordnung des Menschen, fastalle heutigen Gesellschaften werdensozial von Männern dominiert.

Tradition/ModerneIn öffentlichen Debatten über die„Islamische Welt“ und die „multikul-turelle Gesellschaft“ sind „Tradition“ und „Moderne“ ein häufig verwen-detes Gegensatzpaar. „Tradition“ bedeutet in diesem Zusammenhang die Übernahme der Verhaltensregelnund Anschauungen von Älteren undAutoritäten, ohne sie zu reflektierenund in Frage zu stellen. Unter „Moderne“ versteht man hier u. a. die eigene Meinungs- und Urteils-findung in einer sich schnell wandeln-den Industriegesellschaft, in der dieMaßstäbe der älteren Generationenhäufig keinen Anhaltspunkt mehrgeben können.

Bayram und Ramadan Bayram – das Fest des Fastenbre-chens am Ende des Ramadans – ist einer der wichtigsten islamischenFeiertage. Ramadan, der Fasten-monat, ist der neunte Monat des islamischen Mondkalenders. DasFasten zu Ramadan gehört demKoran zufolge zu den fünf Grund-pflichten eines Muslims. Gemeinhin �

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wird 30 Tage lang in der Zeit vonMorgengrauen bis Sonnenunterganggefastet. Die Fastenzeit dient derEinkehr und Besinnung auf Allah: Auf „unreine“ Worte, Gedanken undTaten – beispielsweise auch aufGeschlechtsverkehr – ist in dieser Zeit zu verzichten.

Scheidung im IslamIm Falle eines ehelichen Zerwürf-nisses gilt eine Scheidung im Islamals das letzte Mittel, eher wird eineSchlichtung durch Mittelsmänner und vertraute Personen empfohlen.Doch regelt der Koran ausführlichBedingungen und Ablauf einerScheidung ebenso wie die Unter-haltszahlungen (Suren 4:35, 2:226ff;65:1ff). In der Türkei selber sind Ehe-schließungen ebenso wie Scheidun-gen zivilrechtlich geregelt.

NamusFür den Ehrbegriff gibt es im türkisch-islamischen Kulturkreis mehrere Übersetzungen, die unterschiedlicheAspekte verdeutlichen. „Namus“ steht für die Ehre, die sich über dieJungfräulichkeit der unverheiratetenTöchter sowie über das „anständige“Verhalten der Frauen definiert.Diese Ehre scheint einer ständigenBedrohung ausgesetzt, sie muss be-wacht und aufrechterhalten werden.Gelingt es der Familie nicht, den„Namus“ zu verteidigen, ist dies ge-mäß der patriarchalischen Werte-ordnung dem Familienältesten an-zulasten.

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Filmheft DIE FREMDE8

■ ■ Problemstellung

besondere Frauen wird zugeschrie-ben, unberechenbar und irrational zusein. Dieser Logik zufolge müssen sienicht nur beschützt, sondern auchbeständig kontrolliert werden.

Tatsächlich äußert sich für Umay diefamiliäre Fürsorge nach ihrer Rück-kehr in Einschränkung und Überwa-chung: Als sie die Wohnung verlässt,um Atife zu treffen, schickt Mehmetden jüngeren Bruder hinterher. Nachihrem Auszug ist Umay einer extre-men sozialen Kontrolle ausgesetzt: Ihr geheimer Zufluchtsort im Frauen-haus wird Mehmet von einigen Kum-peln, die sie zufällig auf der Straßeerkannt haben, per Handy mitgeteilt.Zu einem späteren Zeitpunkt beob-achtet Mehmet den Eingang vonUmays Wohnung und erfährt dadurchvon ihrer Beziehung zu Stipe.

DIE FREMDE zeigt auch, wie sich die Frauen in dieser überwachtenSphäre arrangieren, wie sie Regelver-stöße mit stiller Diplomatie beilegenoder gar vertuschen: Unter dem Vor-wand, gemeinsam eine Verwandte zubesuchen, unterstützt in Istanbul eineSchwägerin Umay bei der heimlichenAbtreibung. Und Halime deutet Kadergegenüber nur indirekt – mit „bered-tem Schweigen“ – an, dass Rana„keine Zeit zu verlieren“ habe und heiraten müsse. Wie Frauen das patriarchalische Sys-tem stützen, indem sie von denMännern rollenkonformes Verhaltenerwarten, wird im Film ebenfalls deut-

ihrer Heirat bei den Eltern und bleibenauch danach eng an den elterlichenHaushalt gebunden. Umays Elternhaben diese Werte aus ihrer ländlichenanatolischen Heimat in die moderneGroßstadt überführt. Das Festhaltendaran soll der Familie in der FremdeSicherheit und Stabilität garantieren.

Probleme einzelner Familienmitgliedersind, wie Umays Fall zeigt, immer Familienangelegenheiten und werdengemäß der patriarchalischen Hierar-chie gelöst. In einer zentralen Sequenzfährt Vater Kader aus der GroßstadtBerlin zurück in sein Heimatdorf, umsich bei dem Ältesten – vermutlich seinem Vater – Rat zu holen. All seineLebenserfahrungen werden hier nich-tig gegenüber den unwandelbarenTraditionen seiner Heimat. In dieserHinsicht wird Kader selber wieder zum unmündigen Kind.

Feo Aladags Film spiegelt dabei dieklar zugewiesenen Geschlechterrolleninnerhalb dieses patriarchalischenSystems. Der öffentliche Raum wirdvon Männern und ihrem Gesetz „bewacht“. Männer entscheiden, spre-chen und handeln. Die Frauen werdenauf das Private verwiesen, auf ihreRolle als unverheiratete Tochter, Ehe-frau, Mutter. Ihnen obliegt die Haus-haltsführung und die Erziehung derKinder. Eigenmächtiges Verhalten gegenüberder Gemeinschaft wird als Bedrohungbewertet, da es potentiell zu Rebellion,Unruhe und Chaos führen kann. Ins-

das unabänderlich scheint, mündetschließlich in den Plan zu UmaysErmordung – eine Tat, die als „Ehren-mord“ bezeichnet wird (vgl. Materia-lien).

Nicht aus der Rolle fallen:Einzelner, Familie undGemeinschaft

Die Familie spielt in der konservativenislamischen Welt eine zentrale Rolle.Ihre Funktion und Struktur sind histo-risch begründet. In den Stammes-gesellschaften, die kein zentrales staat-liches Rechts- und Sozialsystemkannten, diente sie der sozialen Ab-sicherung sowie dem Schutz desEinzelnen vor Übergriffen. Aus der fürdie Erfüllung dieser Aufgaben notwen-digen Rollenverteilung innerhalb derFamilie resultierte eine strikte Hierar-chie im Verbund mit klaren Verhaltens-regeln und Normen. Diese gelten auchheute noch zum Teil und spiegeln sichin Umays Familie wieder. Dazu gehört:Den Eltern ist unbedingt mit Respektund Gehorsam zu begegnen. DerHandkuss ist dabei eine Geste derEhrerbietung und der Unterordnung.Den älteren Kindern obliegt die Ver-antwortung für das Wohlergehen derjüngeren Geschwister. Beispielsweisehat sich Umay schon als Kind intensivum Acar gekümmert, was zu einerengen Bindung zwischen den beidenführte. Eine „Abnabelung“ vom Eltern-haus – in der westlichen Welt ein festverankertes Erziehungsziel – ist nichterwünscht. Die Kinder leben bis zu

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9Filmheft DIE FREMDE

lich: Wenn Halime Kader in der Nachtfragt: „Was wirst du nun tun?“ drücktsich darin nicht nur der förmlicheRespekt der Ehefrau gegenüber sei-ner Entscheidung aus – sie fordertdiese auch nachdrücklich ein.

Umay hingegen kann die traditionelleRolle der duldsamen Tochter undergebenen Ehefrau nicht akzeptieren.Ihre entsagungsvolle Mutter ist ihrkein Vorbild: „Willst du, dass ich sowerde wie du?!“. Sie warnt auch ihreSchwester Rana davor, zu jung in dieEhe zu gehen. Umay formuliert fürsich klare Ziele und Wünsche: arbei-ten, studieren, ein selbstbestimmtesLeben in Gemeinschaft mit ihrem Sohn.

Umays individueller Glücksanspruchsteht im Einklang mit den Grund-prinzipien westlich orientierter Werte-gemeinschaften, so wie sie auch dasdeutsche Grundgesetz festschreibt.Ihre Familie empfindet diesen Indivi-dualismus jedoch als Risiko. Dieserzentrale Konflikt kulminiert in demmehrmals an sie gewandten Hinweis,dass sie Mitglied einer Gemeinschaftist: „Du bist nicht allein!“.

verzweifelten Versuche, diese Isolationzu durchbrechen, „erhört“ zu werden,finden in der Hochzeitsszene ihrenHöhepunkt (vgl. Sequenzanalyse).

Auch im Alltag tauschen sich die Familienmitglieder nur selten aus, vorallem Unsicherheiten und Zweifel findenkein Gehör. Umays Aufbegehren zeigtsich gerade deshalb in ihrem Sprechen.Sie provoziert, weil sie Dinge offen an-und ausspricht und damit gegen dasGebot des Gehorsams verstößt. Dochdie fehlende Auseinandersetzung mitunterschiedlichen Positionen innerhalbder Familie macht eine Verständigungoder gar gemeinsame Weiterentwick-lung unmöglich. Mit hilflosen Standard-formeln wie „Weil es so ist!“ werdenDiskussionen von Umays Vater imKeim erstickt. Umays Misshandlungdurch Kemal rechtfertigt er mit denWorten: „Heute schlägt er, morgenstreichelt er.“. Häusliche Gewalt er-scheint in diesem Zusammenhang alsentschuldbares Mittel, um die männ-liche Machtposition zu untermauern,wenn schlüssige Argumente fehlen.

Im Film vermitteln jedoch Mimik undGestik der Figuren häufig eine offen-sichtliche Diskrepanz zwischen ihrenWorten und Empfindungen und legenauf berührende Weise die innere Zer-rissenheit der Familienmitglieder bloß.Oft folgen auf Szenen der Auseinan-dersetzung kurze Einstellungen, die dieBeteiligten einsam und in sich gekehrtzeigen. Unausgesprochene Gefühledrängen an die Oberfläche, zeigen sich

Sprechen und Schweigen

Wie die unverrückbaren traditionellenVorschriften zu einer gestörten Kom-munikation nach außen und innen führen, ist eines der zentralen Themendes Films. Dem Schweigen kommt dabei einebesondere Bedeutung zu, es ist ein-deutig ein Machtinstrument. Werschweigt ist auf der Seite des Kollek-tivs, des Rechtes. Er weiß, was zu tunist, weil es nichts zu diskutieren gibt.Die Szene, in der die männlichenFamilienmitglieder Umays Tod be-schließen, verdeutlicht dieses Prinzip in stilistisch überhöhter Form. KeinWort fällt – es ist wie es ist. Allein dieBlicke von Vater und Bruder, die sichauf Acar richten, lassen den ihm auf-erlegten Auftrag erahnen.

Gleichzeitig ist das Schweigen einSanktionsmittel gegenüber „ehrlosen“Mitgliedern der Gemeinschaft. Sie wer-den ausgegrenzt, indem man jeglicheKommunikation mit ihnen abbricht.Dies soll die Geächteten zur Umkehroder Einsicht bewegen. Auch beiUmay wird das Schweigen nach demBruch als Druckmittel verwendet. Ihre

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Migranten/innenMigranten/innen sind Personen, die für längere Zeit oder dauerhaft ihrenWohnsitz in ein anderes Land verleg-ten. Oftmals haben sie ihr Herkunfts-land in der Hoffnung verlassen, ineinem anderen Staat bessere Arbeits-und Lebensbedingungen zu finden.Viele Zuwanderungen sind politisch,religiös oder kulturell motiviert.

Zweite und Dritte GenerationIm Zuge des wirtschaftlichen Auf-schwungs in den 1950er und 1960erJahren warb die bundesdeutsche Re-gierung gezielt ausländische Arbeits-kräfte an, von denen viele in Deutsch-land ansässig wurden. Ihre Kinderund Enkel – die „Zweite und DritteGeneration“ – müssen ihre traditio-nelle Erziehung mit einem oft wenigkompatiblen deutschen Alltag verein-baren. Die Frage, inwieweit die elter-lichen Wertmaßstäbe modifiziert oderaufgegeben werden müssen, um einevollständige Integration zu erreichen,prägt heute die Debatte um die deut-sche Migrationsgesellschaft.

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Filmheft DIE FREMDE10

in Blicken und stillen Gesten, etwawenn Kader die schlafende Umay zärt-lich zudeckt. Häufiger noch brechensie sich lautstark und unkontrolliertBahn (insbesondere bei Mehmet undKemal).

Zerrissen zwischen zwei Welten – Heimat und Fremde

Der Ausgangspunkt für Feo AladagsFilm ist ein Konflikt, der für viele ■ Migrantenfamilien in unterschied-licher Dramatik kennzeichnend ist.Umays Eltern sind in Deutschland nierichtig „angekommen“. Ihr sozialerKontakt ist auf die türkische Gemein-schaft reduziert: Man bleibt unter sich,spricht Türkisch und kommuniziert nurmit denjenigen Landsleuten, die ähn-lich denken wie man selbst. Während die Eltern in ihrem Denken,Handeln, Sprechen immer auf dieTürkei bezogen bleiben und die deut-sche Lebenswirklichkeit nicht integrie-ren, vollzieht Umay eine gegenläufigeBewegung. Sie entscheidet sich, nachDeutschland zurückzukehren – zu ihrerFamilie, aber auch in das Land, das ihr die größeren Möglichkeiten der persönlichen Entfaltung bietet. Hier istsie aufgewachsen, hier sieht sie ihreHeimat. Mit ihren Widersprüchen zwi-schen Freiheitsstreben und traditionel-ler Bindung erscheint Umay als typi-sche Vertreterin ■ der zweiten unddritten Generation, der häufig nach-gesagt wird, dass sie „zwischen denStühlen sitze“ und „weder hier nochdort zuhause“ sei.

Der tragische Konflikt Umays bestehtin einer emotionalen Zwangslage –weder kann sie aufgrund ihrer indivi-duellen Lebensziele die feststehendenTraditionen akzeptieren noch will sieauf ihre Familie verzichten. Das machtsie zu einer „Fremden“ in mehrfacherHinsicht. Trotz ihres persönlichenNeuanfangs mit neuen Freundschaf-ten und einer beruflichen Perspektiveverhindert ihre schwierige Familienbin-dung, dieses neue Leben wirklich zugenießen. Umays ganzes Verhalten ist dabei vonder Hoffnung auf Änderung und Aus-gleich geprägt: Als ihre Freundin Atifesie nach Mehmets nächtlicher Ran-dale vor dem Frauenhaus auffordert,ihn anzuzeigen, entgegnet Umay:„Das ist meine Familie, verstehst dudas nicht!“. Umays Chefin Gül Hanimteilt ihr unmissverständlich mit:„Vielleicht vergeben dir deine Eltern,aber wenn sie wählen müssen zwi-schen dir und der Gesellschaft, wer-den sie sich nicht für dich entschei-den!“. Umay antwortet: „Doch,irgendwann…!“. Umay braucht lange, um sich füreinen offensiven Umgang mit ihrerSituation zu entscheiden: Erst nachder versuchten Entführung von Cemgeht sie schließlich aufs Polizeirevier.Auch ihr Entschluss, aus Berlin weg-zugehen, zeigt den Ansatz, sich ausden unheilvollen emotionalen Struk-turen zu befreien und tatsächlicheinnere Eigenständigkeit zu gewinnen.

Während die Situation innerhalb vonUmays Familie keine Änderungenzuzulassen scheint, offenbart DIEFREMDE in Umays Umfeld selbstbe-stimmte migrantische Lebensentwürfevon Frauen – wie etwa bei Atife undGül Hanim, die ihr Leben nach eige-nen Wünschen gestalten. Bei beidenerfahren wir wenig über ihr Verhältniszur Türkei, zu Deutschland, zu ihrenFamilien und zu Traditionen. Siescheinen diese Fragen auf eigene, für sie befriedigende Weise geklärt zu haben.

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TragödieDie Tragödie ist eine Form desDramas, die im antiken Griechenlandentwickelt wurde. Der Held gerät auf-grund seiner Unkenntnis über denGesamtzusammenhang der Ereignisseins Unglück. Der unheilvolle Gang derDinge ist unabwendbar und wirddurch das Bemühen um Rettung nochweiter vorangetrieben. Die Ursachenfür das Scheitern liegen in den Figu-renkonstellationen, dem Charakter desHelden oder in den schicksalhaftenUmständen.

EinstellungsgrößenEinstellungsgrößen orientieren sich andem im Bild sichtbaren Ausschnitt desGeschehens. Die Detailaufnahme kon-zentriert den Blick des Zuschauendenauf eine vergrößerte Einzelheit. DieGroßaufnahme (engl.: close up) bildetden gesamten Kopf oder Gegenstandab, die Naheinstellung erfasst einenKörper bis etwa zur Brust („Passfoto“).Der Sonderfall der AmerikanischenEinstellung, die erstmals im Westernverwendet wurde, zeigt eine Personvom Colt beziehungsweise der Hüftean aufwärts und ähnelt der Halbnah-Einstellung, in der etwa zwei Dritteldes Körpers zu sehen sind. Die Halb-totale erfasst eine Figur komplett inihrer Umgebung, die Totale präsentiertdie maximale Bildfläche mit allen agie-renden Personen und die Panorama-einstellung zeigt eine Landschaft soweiträumig, dass ein Mensch darinverschwindend klein wirkt.

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11Filmheft DIE FREMDE

■ ■ Filmsprache

Die Erzählstruktur von DIE FREMDEträgt Züge einer ■ Tragödie. Die Figuren erscheinen wie Rädchen ineinem Getriebe, das unaufhaltsameinem tragischen Ausgang zuarbeitet.Die narrative Klammer – die Mord-szene – nimmt die Ausweglosigkeitdes Geschehens vorweg. Als Rück-blende erzählt die eigentliche Film-handlung von den innerfamiliären Pro-zessen, die zu dieser Tat führen. Siewerden als ein unheilvolles Netz dar-gestellt, an dem viele stricken unddem keiner entrinnt. In überraschen-der Abkehr des vom Zuschauer er-warteten Endes – der Mord an Umay– stellt der Tod des kleinen Cem einefilmdramaturgisch kunstvolle undemotional tief berührende Wendungdar – einen Schock, der die Zuschau-enden zur nachhaltigen Auseinander-setzung mit dem Film bringt.

Kamera

Bei der formalen Gestaltung des Filmsüberwiegen langsame, ruhige Einstel-lungen und ein klarer Bildaufbau. Demin der Familie schwelenden Haupt-konflikt entsprechend ist der zentraleHandlungsort die elterliche Wohnung.

Hier findet die familiäre Rollenvertei-lung zu klaren Kompositionen. Die relative Statik der Kameraführung entspricht dabei den unverrückbarenHandlungsmustern, in denen die Fi-guren gefangen sind. Die vielen Dia-logszenen in der Wohnung werden auf engstem Raum in nahen undhalbnahen ■ Einstellungen erzählt.Der ungewöhnlich seltene Einsatz von Totalen entspricht der Enge undIsoliertheit der Lebenswelt aller Prota-gonisten.

Im Kontrast dazu stehen einige be-sonders dramatische oder für dieinnere Entwicklung Umays entschei-dende Szenen, die durch eine dyna-mischere Kameraführung und denzusätzlichen Einsatz von Handkame-ras gekennzeichnet sind (beispiels-weise die Schlägerei in der Diskothekund die Hochzeitsszene).

Montage

Die ■ Montage folgt überwiegenddem von den ruhigen, statischenKameraeinstellungen vorgegebenenRhythmus. Wie auch bei der Kamera-führung brechen einzelne Szenen

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Filmheft DIE FREMDE12

■ ■ Filmsprache

diesen ruhigen Erzählfluss auf. DieMontagestrecke nach Umays Auszugrafft mit ungewohnter Dynamik ver-schiedene Ereignisse, die ihr neuesLeben kennzeichnen. Auch die nächt-liche Motorradfahrt mit Stipe ist inviele kürzere Szenen geschnitten undveranschaulicht, dass Bewegung inUmays Leben kommt.

Trotz der prinzipiellen „Klarheit“ der filmischen Inszenierung – reine Far-ben, übersichtlicher Bildaufbau, über-schaubare Figurenkonstellationen –gibt es in DIE FREMDE eine bedeut-same „Unschärfe“: Der Film arbeitetan entscheidenden Stellen mit einerverknappenden, fragmentarischenErzählweise, die einen interpretations-offenen Inszenierungsstil offenbart.Gezielt reiht die Montage Fragmenteaneinander und lässt dazwischen

Leerstellen entstehen. Auf diese Weisespielt beispielsweise die sprunghafteBildfolge der rätselhaften Eingangs-sequenz mit der Erwartungshaltungder Zuschauenden und liefert erst amEnde des Films eine Erklärung dafür(vgl. Sequenzprotokoll). Auch andere Szenen lassen denZuschauenden einen Interpretations-spielraum offen. Kaders Türkeireisebeispielsweise kann man als eine fürseine Entscheidungsfindung wichtigeRückkehr in sein Heimatdorf sehen.Gezeigt wird aber nur ein Haus, einZimmer und Kader, der einem altenMann wortlos gegenübersitzt. In derFolgesequenz scheint man UmaysTodesurteil beizuwohnen, doch tat-sächlich sind lediglich Kader, Mehmetund Acar zu sehen, die schweigend in einem Zimmer sitzen und Blickewechseln.

Weitere wichtige Ereignisse werdenebenfalls nur knapp angerissen:Umays Abtreibung in Istanbul ist fastausschließlich in ausschnitthaftenGroßaufnahmen gefilmt. Eine extremkurze Einstellung von Umay im Flureines Polizeigebäudes lässt vermuten,dass sie erstmals Anzeige gegen ihreFamilie erstattet hat.

Farbgebung

In der ersten Schnittfassung war dieFarbgebung noch stark an einer rea-listischen Darstellungsweise orientiert.Erst bei der anschließenden digitalenNachbearbeitung wurden neben derBetonung klarer Farben auch die Hell-Dunkel-Kontraste extrem verstärkt. In der ■ Mischung entstand die markante Hauptstimmung des Films: die kokonartige, melancholische

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13Filmheft DIE FREMDE

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Helligkeitswerte nachbearbeitet:Kontraste können verstärkt, Farbenintensiviert oder ausgeblichen (bis hinzu Schwarzweiß, Fehlfarben oder Sepia-Tönung) oder die Körnigkeit des Mate-rials verändert werden.In der Tonmischung werden Störgeräu-sche entfernt, die Klangfarbe bearbei-tet, Hall und andere Effekte künstlichverändert und unverständliche Dialog-passagen ausgetauscht.

Source-Musik/Score-MusikAls Source-Musik (auch Realmusik)bezeichnet man Filmmusik, die in derfilmischen Realität verankert ist, alsoeine faktische Quelle (engl. Source) inder Handlung hat und von den Figurenselbst wahrgenommen wird. Dagegenist die so genannte Score-Musik (engl.für „Partitur“, „Filmmusik“), nicht Teil derFilmrealität und wird nur von denZuschauenden gehört.

Subjektive KameraMit der subjektiven Kamera, auch Pointof View Shot genannt, wird der Blickdes Erzählenden oder eines Protago-nisten nachgeahmt. Man sieht damitdie Welt aus der subjektiven Sicht derjeweiligen Figur. Diese Kameraperspek-tive erleichtert den Zuschauenden dasSich-Einfühlen in Charaktere.

Schuss-Gegenschuss-TechnikEine Folge von Einstellungen, in denenjeweils eine Person aus der Perspektiveder anderen gezeigt wird, bezeichnetman als Schuss-Gegenschuss-Technik.Der Grad der Subjektivität wird dadurchbestimmt, ob die andere Person ange-schnitten von hinten mit im Bild zusehen ist, oder die Kamera ganz diesubjektive Perspektive des jeweiligenGegenübers einnimmt.

Entrücktheit in der elterlichen Woh-nung. Dunkle und gedämpfte Farbenschaffen eine Atmosphäre, die Be-drücktheit und Enge, in bestimmtenMomenten aber auch Wärme undzärtliche Zuneigung vermittelt (beispielsweise wenn sich dieGeschwister im Bett unterhalten).

Musik und Geräusche

Der fast vollständige Verzicht auf Filmmusik in DIE FREMDE verstärktden Eindruck der Isolation, in der dieFamilie lebt. Eine nur selten anklin-gende, reduzierte Klaviermelodie,manchmal auch ein Streichermotiv,betonen an prägnanten Stellen die all-gemeine melancholische Stimmung.Gelegentlich verleiht eine dynamische■ Score-Musik einigen Szenen nachUmays Auszug die Atmosphäre einesNeuanfangs.An Stelle von Musik findet sich in DIE FREMDE zur Verdeutlichung innerer Gefühlszustände ein subtileraber effektiver Einsatz des Tons. Beimehreren Szenen wird der Ton füreinen Moment abgeblendet, wie bei-spielsweise Umays „stummer Schrei“am Ende des Films, bei dem die Weltfür einen Moment stehen zu bleibenscheint, bevor der Realton wiedereinsetzt. Ein abgedämpfter und elek-tronisch verzerrter Ton steigert auchdie Wirkung der ■ subjektiven Ka-mera, etwa in der Hochzeitsszene,wenn Umay sich den Weg durch dieMenschenmenge zur Bühne bahnt(vgl. Sequenzanalyse).

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MontageMit Schnitt oder Montage bezeichnetman die nach narrativen Gesichtspunk-ten und filmdramaturgischen Wirkungenausgerichtete Anordnung der einzelnenBildelemente eines Films. VerschiedeneOrte und Räume, Zeit- und Handlungs-ebenen lassen sich so miteinander ver-binden, dass ein zusammenhängenderGesamteindruck entsteht. Die Montagemacht den Film zur eigentlichen Kunst-form, denn sie entscheidet maßgeblichüber die Wirkung eines Films und bietettheoretisch unendlich viele Möglichkei-ten der Komposition. Während dasklassische Erzählkino (als Continuity-System bezeichnet) die Übergänge zwischen den Einstellungen sowie denWechsel von Ort und Zeit möglichstunauffällig gestaltet, versuchen andereMontageformen, den synthetischenCharakter des Films zu betonen.

SounddesignSounddesign oder Sound Editing be-zeichnet die Herstellung und kreativeBearbeitung von Klängen und Geräu-schen. Die Tongestaltung gibt die realenKomponenten des Films wie Dialog-sprache, Telefonklingeln oder Naturge-räusche wieder. Zudem wird das Sound-design von dramaturgischen Anforde-rungen bestimmt und dient neben derVerstärkung der Bildwirkung auch deremotionalen Unterstützung der Ge-schichte. Außerdem kann die Tonebeneim Bild unsichtbare Informationen ent-halten, beispielsweise Gespräche hinterverschlossener Tür oder das Knarrenvon Schritten auf dem Dachboden.

Bild- und TonmischungNach dem Schnitt erfolgt die digitaleMischung. Dabei werden auf der Bild-ebene am Computer die Farb- und �

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Filmheft DIE FREMDE14

und die männlichen Familienmitgliederbemerken Umays Anwesenheit. AlsCem Rana sein Geschenk über-reichen will, eilt diese davon. EineNahaufnahme zeigt Umays benom-menes Gesicht. Sie begreift, dass ihreSchwester sich von ihr abwendetund auch Cem nun aus dem Familien-verband ausgeschlossen ist.In einer in mehreren gegenläufigenseitlichen Schwenks gedrehten Ein-stellung sieht man, wie der Vater Acar vom Tisch fortschickt und Ranasich zu ihren Eltern setzt. Acar bringtUmay und Cem zum Ausgang.

Draußen – es ist noch Tag – brichteine mit Handkamera in Nahaufnah-men und in ■ Schuss-Gegenschussgefilmte Auseinandersetzung aus:Umay drängt Acar, Cem zu derHochzeit seiner Tante zu lassen. Acar verweigert beiden den Zutritt.Als Umay ihn mehrfach vor die Bruststößt, schlägt er sie ins Gesicht.Beide schauen bestürzt. Es wirddeutlich, dass auch Acar sich un-widerruflich von ihr entfernt hat. Umaygeht weinend und wütend mit Cemdavon. Acar schaut ihr hinterher.

2. Teil

Umay und Cem sitzen in der Dunkel-heit an eine Hauswand gelehnt. CemsFrage „Dürfen wir nicht zu Rana?“löst ihre Rückkehr in den Saal aus.Gefilmt von einer Handkamera, laufenUmay und Cem „wie in Trance“ durchdie Menge zur Bühne. Die unwirklich

verzerrte Geräuschkulisse und eineleichte Zeitlupe verstärken die subjek-tive Kameraperspektive. Umay betritt die Bühne und dreht dieMusik ab. In die abrupt eintretendeStille hinein setzt sie zu einer bewe-genden, von Weinkrämpfen unterbro-chenen Rede an: Sie bekennt, dieEhre der Familie verletzt zu habenund beschwört ihre Eltern, Cem nichtallein zu lassen. Der Appell ist mithalbnahen Aufnahmen und teilweisemZoomeffekt auf ihr Gesicht gefilmt.Zwischenschnitte setzen sie in Be-ziehung zu Halime, Kader und denGästen. Die unruhige Kameraführungvermittelt eine aufgewühlte Anspan-nung unter der allgemeinen Erstar-rung der Zuhörenden. Umay tritt hiererneut – und diesmal für alle sichtbar –als „Sprechende“ auf. Drohend undgleichzeitig hilflos wirkend tritt dersichtlich bewegte Vater langsam aufdie Bühne zu. Die Mutter sitzt re-gungslos mit undeutbarem Gesichts-ausdruck inmitten der Menge.Mehmet reagiert aggressiv: Von einerHandkamera gefolgt, reißt er Umaybrutal von der Bühne und schlepptdie noch immer laut Rufende ausdem Saal. Vor der Rampe der Lieferanteneinfahrtwirft er sie auf den Boden und sagt,er wolle sie hier nie wieder sehen.Während Umay wimmernd liegenbleibt, geht er davon. Cem läuft zuseiner Mutter und streichelt ihrenKopf. Eine Totale zeigt die beiden,das Gebäude und die Straße. Es istendgültig Nacht geworden.

■ ■ Exemplarische Sequenzanalyse

In DIE FREMDE stellt Ranas Hochzeiteine zentrale Sequenz dar, die inhalt-lich wie formal aus dem übrigen Filmherausfällt. Sie lässt Umay, ihre Fami-lie und die Gemeinschaft an einem Ort zusammentreffen und führt denKonflikt zu einem dramatischenHöhepunkt. Die Sequenz besteht aus zwei Teilen.

Die große Zahl der handelnden Per-sonen und die Dramatik der Situationstellen besondere Herausforderungenan die filmische Umsetzung. Charak-teristisch für die Sequenz sind einschneller Montagerhythmus und derhäufige Einsatz von Handkameras.Kameraschwenks verändern Per-spektiven und Blickwinkel und stellenpermanent neue Konstellationen zwi-schen den Figuren her. Schärfenver-lagerungen setzen Einzelne und dieHochzeitsgesellschaft beständig inBeziehung zueinander. Auf diese Wei-se werden die verschiedenen Posi-tionen von Umay, ihren Eltern undGeschwistern sowie das Verhältnisder gesamten Familie zur Gemein-schaft in einem Bild zusammenge-führt.

1. Teil

Im Festsaal sitzen Kader und Halimezufrieden am Tisch, ein Schwenkzeigt die Söhne an ihrer Seite. In einerHalbnahen sieht man Rana undDuran zu türkischer Hochzeitsmusiktanzen. Außen folgt die Kamera Ceman der Hand von Umay. Frohgemutlaufen sie zum Festsaal. Der in einerkurzen Totale gefilmte, hell erleuchteteSaal steht deutlich im Kontrast zu derEnge der Familienwohnung. Hier istjene Gemeinschaft versammelt, derenUrteil für Umays Familie bei der Auf-rechterhaltung des Ehrbegriffes sogroße Bedeutung hat. Der Tanz des Brautpaares endet.Neue Tanzmusik mit treibendemRhythmus setzt ein, während halb-nahe Einstellungen den Aktionsraumauf die am Konflikt beteiligten Perso-nen konzentrieren: Rana, die Mutter

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15Filmheft DIE FREMDE

Zu Inhalt und Figuren

Aus welchem Grund kehrt Umay nachDeutschland zurück? Was erfahren Sieüber ihr Leben in Istanbul?

Wie ist das Verhältnis der einzelnenFamilienmitglieder zu Umay und wieverändert es sich im Verlauf der Hand-lung?

Wie verhalten sich Umays Geschwisterinnerhalb der Familie? Welche Ge-meinsamkeiten und welche Unter-schiede zwischen ihnen fallen Ihnenauf?

Welche Menschen helfen Umay, ihreschwierige Situation zu meistern?

Skizzieren Sie den Verlauf der Ereig-nisse bis hin zur Mordtat. Was sind diewichtigen Umschlagpunkte der Hand-lung? Worin liegen sie begründet?

Zur Problemstellung

Welchem Ehrbegriff fühlt sich UmaysFamilie verpflichtet? Welche Erwartun-gen und Verhaltensweisen sind darangebunden? Welche Konsequenzen hatein Verstoß gegen diese Regeln für alleBeteiligten?

Welche Rolle spielt die Religion für die Einstellung der Familie gegenüberUmay?

In welchem Konflikt befinden sich dieEltern und Geschwister? Worin liegt erbegründet?

Was sind die traditionellen Rollener-wartungen innerhalb der Familie undder Gemeinschaft? Welche nachvoll-ziehbaren Gründe für diese Traditionenwürden Sie angeben? Inwieweit ver-stößt Umay gegen diese Regeln?

Wie ist das Verhältnis zwischen Umayund ihrer Mutter?

Inwieweit unterscheiden sich Mehmetund Stipe in ihrem Selbstverständnisals Männer? Wie ist Acar in diesemZusammenhang zu sehen?

Wie werden Konflikte ausgehandeltinnerhalb der Familie? Welche Rollespielt dabei das Schweigen?

Was ist Umays Grundkonflikt und wieäußert er sich in ihrem Handeln undVerhalten? Welche Alternativen wärenfür eine Lösung des Konfliktes denk-bar?

Was für selbstbestimmte migrantischeLebensentwürfe von Frauen gibt es inUmays Umfeld?

Zur Filmsprache

Inwiefern ist DIE FREMDE eineTragödie?

Mit welchen Mitteln unterstützt dieBildgestaltung den Eindruck der famili-ären Enge? Welche Rolle spielt dabeidie Farbgebung?

Inwieweit arbeit der Film mit einer frag-mentarischen Erzählweise? WelcheRolle spielen dabei Montage undKameraführung?

Wie wird die Tonebene eingesetzt, um innere Zustände der Figuren dar-zustellen?

Welche Szenen haben Ihrer Meinungnach unterschiedliche Deutungsmög-lichkeiten?

Zur exemplarischenSequenzanalyse

Welche inhaltlichen und ästhetischenBesonderheiten weist die Hochzeits-sequenz im Vergleich zum übrigen Film auf?

Mit welchen filmischen Mitteln wird dasVerhältnis der Familienmitglieder unter-einander sowie ihr Verhältnis zurHochzeitsgesellschaft dargestellt?

Was verdeutlicht das Ende des erstenTeils in Bezug auf das Verhältnis derFamilie zu Umay?

Mit welchen filmischen Mitteln wirdUmays Rückkehr in den Saal gestal-tet? Was für eine Wirkung wird damiterzielt?

Was vermuten Sie, will Umay mit ihrerRede erreichen? Wie sind die Reak-tionen der Familie und der Gäste?

Was bedeutet der Auftritt von Umayfür den weiteren Verlauf der Hand-lung?

Zu den Materialien

Ist der geplante Mord an Umay ein„Ehrenmord“? Wie begründen Sie IhreAnsicht?

Warum werden „Ehrenmorde“ oft alsein typisch islamisches Phänomenangesehen? Lassen sich Gegenargu-mente dafür finden?

Informieren Sie sich über die „Ehren-mord“-Fälle Hatun Sürücü undGülsüm Semin. Welche Parallelen zuUmays Geschichte können Sie ent-decken?

Welche deutsch-türkischen Filme kennen Sie? Beschreiben Sie Unter-schiede und Gemeinsamkeiten zu DIE FREMDE.

Welches Bild von Migranten/innenkennen Sie aus deutschen Kinofilmenund Fernsehproduktionen?

Wie beurteilen Sie die Wirkung vonDIE FREMDE auf die heutige Debatteum die Migrationsgesellschaft? Regtder Film zum Nachdenken an? Schürter Vorurteile?

■ ■ Fragen

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Filmheft DIE FREMDE16

■ ■ Unterrichtsvorschläge

Arbeits- und Sozialformen

Gruppenarbeit (GA): Ehrbegriffe im Vergleich herausarbeiten,Unterschiede in den Handlungsweisen der Figuren und ihrerMotive erarbeiten, Gründe für den Tod der Töchter diskutie-ren, mit „Ehrenmord“-Fall in DIE FREMDE vergleichen.

Partnerarbeit (PA): Türkisch gesprochene Filmszenen ausDIE FREMDE synchronisieren.

Projekt: Einen Plot für einen Kurzfilm oder eine Filmsequenzzur Bedeutung von kulturellen und religiösen Begriffen undRitualen entwickeln.

PA: Formen häuslicher Gewalt recherchieren, UmaysErfahrungen darin einordnen, mögliche Hilfsmaßnahmen(z.B. Frauenhäuser) diskutieren.

PA: Deutschsprachige Filmdialoge aus DIE FREMDE insTürkische übersetzen; Rollenspiele auf Türkisch entwickeln(z.B. Telefongespräch zwischen Umay und ihrer Mutter).

Plenum (PL): Traditionelle und moderne Geschlechterrollenin DIE FREMDE anhand der Filmfiguren erkennen, diskutie-ren und sich selbst dazu positionieren.

Einzelarbeit (EA): Einen Zeitungsartikel über Umays Fallschreiben, der sich differenziert mit den Traditionen im Hin-blick auf den tragischen Ausgang der Geschichte auseinan-dersetzt; ein fiktives Interview mit Umay zu den Traditionenin ihrer Familie führen (vor und/oder nach dem Tod von Cem).

Projekt: Generationenkonflikte türkischer Migranten/innenanhand unterschiedlicher Quellen (Zeitungsartikel, Fernseh-beiträge, literarische Darstellungen etc.) erkunden, präsen-tieren und mit Konflikten in DIE FREMDE vergleichen; diskutieren, unter welchen Bedingungen Migration zurZufriedenheit aller gelingen kann.

PL: Jüngere „Ehrenmord“-Fälle recherchieren, auf einemPodium unter verschiedenen Perspektiven über den Um-gang mit Ehrenmorden innerhalb des Rechtssystems derBundesrepublik Deutschland diskutieren.

EA und PL: Das Thema „Ehrenmord“ in den deutschenMedien im Hinblick auf Umfang und Darstellungsweise ana-lysieren; mit der Berichterstattung über familiäre Tötungs-delikte von Deutschen. (z.B. aus Eifersucht) vergleichen.

Themen

Ehre/Mord im Namen der Ehre in der deutschen Literatur, z.B. Gotthold Ephraim Lessing: EMILIA GALOTTI (1772); TheodorFontane: EFFI BRIEST (1895)

Miteinander leben (Sek I)

Islam – Begriffe und Traditionen(u.a., Namus, Bayram, Ramadan)

Häusliche Gewalt

Hör- und Sehverstehen (Sek I, II)

Das Bild der Frau und des Mannesim Wandel der Geschichte (Sek II)

Nationale und kulturelle Identität

Migration

Demokratische Bildung: Grund- und Menschenrechte

Rolle der Medien

Fach

Deutsch

Deutsch alsZweitsprache

Ethik/Religion

Türkisch

Geschichte/Politik

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17Filmheft DIE FREMDE

■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■Arbeitsblatt

1. „Ehrenmord“ als Filmmotiv untersuchena) Überlegen Sie vor der Filmsichtung, mit welcher Intention, aus wessen Per-

spektive und für welche Zielgruppe Sie einen Film über (einen) „Ehrenmord“drehen würden. Welches Filmgenre würden Sie dafür wählen?

b) Tauschen Sie sich darüber aus, wie die Türkeireise von Umays Vater Kaderund das Familientribunal im Film gestaltet wurden. Wie würden Sie diese entscheidenden Szenen filmisch umsetzen?

c) Schreiben Sie unmittelbar nach der Filmsichtung auf, welche Erwartungen an die Filmhandlung Sie nach der Eingangsszene hatten und welches GefühlIhnen die Schlussszene vermittelt hat.

d) Diskutieren Sie, welche Bedeutung Cems Tod für die Filmaussage hat undschreiben Sie Fragen auf, die durch das offene Ende des Films bleiben.

2. Personenkonstellationen durch Standbilder darstellena) Erstellen Sie eine Skizze, in der Sie wichtige im Film auftauchende Personen

und ihre Verwandtschafts- bzw. Freundschaftsbeziehung zueinander notieren.b) Wählen Sie sich eine Personengruppe von drei bis vier Figuren aus (z.B.

Umays Eltern und Umay; Umay und ihre Geschwister; Umay, ihr Ehemannund ihr Sohn), deren Verhältnis Sie besonders interessiert.

c) Stellen Sie diese Gruppe als Standbild dar: Überlegen Sie, wie die Personenzueinander stehen. Drücken Sie die Nähe oder Distanz der Figuren, ihreMacht und Ohnmacht durch Mimik, Gestik, Körperhaltung und Positionierungim Raum aus.

d) Diskutieren Sie die verschiedenen Standbilder in der Klasse: Haben alle Mit-schüler/innen die Personen so wie im Standbild gezeigt wahrgenommen?

e) Stellen Sie nach, wie sich die Beziehungen zwischen den Figuren im Laufedes Films verändern? Warum verhalten sich Personen so wie dort dargestellt?Wie könnten sich die Beziehungen in eine positive Richtung verändern?

3. Filmszenen ausgestalten a) Wählen Sie eine der folgenden Situationen aus und konkretisieren Sie diese: • Was steht in dem Brief, den Umay über ihren Bruder an die Mutter weiterlei-

tet? Verfassen Sie einen möglichen Text.• Warum fährt Umays Vater Kader in sein Heimatdorf und was bespricht er dort

mit wem? Verfassen Sie einen inneren Monolog des Vaters vor und nach demGespräch und tragen Sie diesen vor.

• Welche Gedanken und Gefühle könnte Umay haben, als sie mit Stipe nachtsauf dem Moped durch Berlin fährt? Verfassen Sie einen Tagebucheintrag, indem sie über diese Momente und ihre Beziehung zu Stipe reflektiert.

4. Inszenierung unterschiedlicher Lebensstile beschreiben und beurteilena) Listen Sie auf, welche Informationen der Film Ihnen über die traditionelle

Lebensweise von Umays Familie liefert. Ordnen Sie Ihren Stichpunkten je ein Filmbild zu, das Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist.

b) Beschreiben Sie, in welchen Räumen, mit welchen Personen und AktivitätenUmay als unabhängige Frau in Berlin gezeigt wird. Inwiefern unterstützenFarben, Licht und Musik die Darstellung dieser Lebenswelt?

c) Diskutieren Sie in der Klasse, aus welchen Gründen sich Umay zwischen beiden Lebenswelten hin- und hergerissen fühlt. Welche Vorstellung hat Umay von der möglichen Verbindung beider Lebenswelten?

d) Beurteilen Sie anhand der Inszenierung der unterschiedlichen Lebensmodelleund anhand des Filmtitels DIE FREMDE, ob der Film eine eindeutige Positionbezieht und begründen Sie Ihre Entscheidung.

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Filmheft DIE FREMDE18

S 1Filmtitel. – Umay und Cem gehen eineStraße entlang. Acar schließt sich ihnenan, plötzlich richtet er eine Waffe aufUmay (Schwarzblende). – Acar läuftdavon. – Er schaut entsetzt aus demRückfenster eines davonfahrenden Bus-ses (Weißblende). Beginn der Rückblende.00.00 – 00.01

S 2Umay lässt beim Arzt eine Abtreibungvornehmen. – Beim Essen sagt Cemder Familie, dass Umay nicht bei einerVerwandten zu Besuch war. Kemal wirdgewalttätig gegen seinen Sohn undschlägt Umay. – Nachts schläft er gegenihren Willen mit ihr. – Morgens verlässtUmay mit Cem die Wohnung, fährt zumFlughafen und fliegt nach Deutschland.00.01 – 00.11

S 3Die Mutter empfängt die beiden freudig,aber überrascht. Auch der Vater ist er-freut, als er nach Hause kommt. Halimeverheimlicht ihm den Grund für UmaysBesuch. – Am Essenstisch erklärtUmay, dass Kemal nicht nachkommenwird. Zwischen Mehmet und Umaykommt es zum Streit, den der Vater miteinem Machtwort beendet. – Abendsbeschwichtigt Kader Kemal am Telefon.Er betrachtet die schlafende Umay unddeckt sie zärtlich zu.00.11 – 00.18

S 4Morgens erschrickt Umay, weil Cemverschwunden ist, erfährt aber, dass derVater mit ihm in die Moschee gegangenist. Während Umay unter der Duscheist, redet die Mutter ihr ins Gewissen,entdeckt dann aber blaue Flecken aufihrem Rücken. Umay weint.00.18 – 00.23

S 5Als Umay die Wohnung verlässt, schicktMehmet Acar hinterher. – Am U-Bahn-hof entwischt sie ihm jedoch. – Umay

besucht ihre Freundin Atife, die in einerGroßküche arbeitet. – Acar bekommtvom Vater eine Ohrfeige, weil er Umaynicht gefolgt ist. – Abends erzählt RanaUmay von ihrer Liebe zu Duran, ihremVerlobten. Umay warnt sie davor, zufrüh zu heiraten, verspricht ihr aber, zurHochzeit zu kommen.00.23 – 00.27

S 6Bei der Küchenarbeit ermahnt die Mut-ter Umay zurückzukehren, weil „dieAnderen“ bereits reden. Auch sei Umayzu alt, um noch zu studieren: „Hör aufzu träumen!“. Umay erwidert, dass sienicht so enden wolle wie die Mutter. –In der Fabrik sieht Kader, wie Arbeits-kollegen über ihn tuscheln. – BeimVorstellungsgespräch in der Großküchefragt Gül Hanim Umay, ob sie als allein-erziehende Mutter die Arbeit auch be-wältigen kann. Sie antwortet, sie habeFamilie, und erhält den Job.00.27 – 00.29

S 7Umay und Kader schauen Fernsehen.Die fröhliche Stimmung kippt, als derVater erneut Umays Rückkehr verlangt.Umay erzählt ihm, dass Kemal sieschlägt, doch Kader wiegelt ab. – Inder Nacht entdeckt Halime entsetzt,dass Umay ihren Pass verbrennt. Umaybekräftigt, nicht zurückzugehen. DieMutter lenkt ein: „Dann halt nicht.“. –Halime fragt Kader, was dieser nun tun will und fordert, dass Kemal Umayholen soll. 00.29 – 00.33

S 8Nach dem Telefonat mit Kemal berich-tet Kader aufgebracht, dass dieser aufUmay verzichte, aber seinen Sohn zu-rückverlange. Umay lehnt dies ab. ImStreit nimmt Mehmet ihr den Jungenweg. In die Enge getrieben droht Umaydem Vater mit einem Küchenmesserund schneidet sich dann selbst in denArm. – Kader sitzt allein im Dunkeln.Acar bringt Cem zurück zu Umay, dievon der Mutter umsorgt wird.00.33 – 00.38

S 9Ein Geistlicher führt ein religiöses Ritualdurch. Umay sitzt schweigend zwischenden betenden Frauen. – Umay erhältvon ihrer Mutter ein Amulett gegen denbösen Blick. – Umay belauscht zufälligdie Pläne von Mehmet und Kader, Cemin die Türkei zu bringen. – Als sie nachtsfliehen will und die Wohnungstür ver-schlossen ist, ruft sie per Handy diePolizei. Kader verflucht Umay. – DiePolizisten bringen sie in ein Frauenhaus.00.38 – 00.45

S 10Acar sieht seinen Vater deprimiert imWohnzimmer sitzen. – Im Frauenhausuntersagt die Leiterin Umay jedenKontakt zur Familie. – Umay gibt Cemzum Trost das Amulett von Halime.00.45 – 00.48

S 11Umay wird in der Großküche für ihreArbeit gelobt. Eine Abfolge von kurzenSzenen zeigt ihr neues Leben: in der

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ProtokollSequenzprotokoll

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19Filmheft DIE FREMDE

Freizeit, in der Schule, mit Cem. –Umay steckt Acar nachts auf derStraße einen Brief an die Mutter zu,den Mehmet zuhause entdeckt. – Inder Großküche stellt sich Stipe deramüsierten Umay mit Namen vor.00.48 – 00.54

S 12Rana sitzt weinend in ihrem Zimmer,während Durans Vater die Eltern be-sucht. – Halime übermittelt Rana, dassdie Verlobung gelöst wurde. Rana gibtUmay daran die Schuld. Verzweifelt teiltsie der Mutter mit, dass sie schwangerist. – Nachts erzählt Halime Kader,dass sie von Bekannten gemiedenwerden. Er beklagt, dass Umay dieFamilienehre und Cems Zukunft zerstö-re. Halime macht ihm die Dringlichkeitvon Ranas Hochzeit bewusst. 00.54 – 00.57

S 13Umay tröstet Cem, der sich wegen derTrennung seiner Eltern schuldig fühlt. –Umay und Halime treffen sich im Park.Als Umay erneut eine Rückkehr ab-lehnt, gibt ihr die Mutter Cems Teddyzurück und verweigert weitere Treffen.00.57 – 01.02

S 14Kader überreicht Durans Vater Geld,den Preis für eine „Hochzeit mitMakeln“. – Mehmet beginnt in derDisko eine Schlägerei, weil er und Acar wegen Umay beleidigt wurden. –Bekannte von Mehmet erkennen Umayauf der Straße und geben ihm perHandy Bescheid. – Sie treffen sich und randalieren vor dem Frauenhaus.Acar weigert sich mitzumachen.Mehmet beschimpft Umay als „Hure“.Umay erklärt der Heimleiterin, ihn nicht zu kennen. 01.02 – 01.07

S 15Morgens verlässt Umay mit Cem dasFrauenhaus und zieht bei Atife ein.Diese drängt Umay vergeblich, Mehmetanzuzeigen. – Bei der Arbeit verabredetsich Umay mit Stipe. – Wegen einer

Party bei Atife kommt sie zu spät,doch Stipe hat geduldig gewartet. –Sie fahren mit seinem Motorroller durch die Nacht. Morgens geht Umayverliebt durch die Straßen nach Hause. 01.07 – 01.15

S 16Umay und Cem gehen ungeladen zu Ranas Hochzeit. Rana verweigertCems Geschenk und Acar bringt aufGeheiß des Vaters beide nach drau-ßen. Im Streit schlägt er Umay. – Umaykehrt mit Cem in den Saal zurück. Ineiner emotionalen Rede fordert sie vorallen Gästen, Cem nicht wegen ihr zu verstoßen. Mehmet schleift Umaybrutal hinaus.01.15 – 01.22

S 17Umay und Cem suchen Zuflucht beiStipe. – In der Großküche bemüht sichGül Hanim vergeblich, Umay klarzu-machen, dass ihre Eltern mehr an derFamilienehre als an ihrer Tochter inter-essiert sind. – Bei einem Besuch beiUmays Eltern versucht Gül Hanim zuvermitteln, doch sie wird von Kader hinausgewiesen.01.22 – 01.26

S 18Umay präsentiert Stipe stolz ihre eige-ne Wohnung. – Stipe albert mit Cembeim Frühstück herum. Umay ruftunterdessen ihre Mutter an, doch dieselegt schweigend auf. 01.26 – 01.30

S 19Mehmet beobachtet Umay und Stipeauf der Straße. – Umay möchte ihrenEltern zum Zuckerfest gratulieren, dochKader weist sie an der Wohnungstürab. Vom Fenster aus sieht er Umaygemeinsam mit Cem und Stipe. 01.30 – 01.32

S 20Umay sieht, wie Kemal Cem in einAuto zerrt, in dem auch ihre Eltern sitzen. Schreiend wirft sie sich da-zwischen. Als Kemal sie vor den

Passanten schlagen will, hält Kader ihn zurück. 01.32 – 01.34

S 21Umay verlässt ein Polizeirevier, wo sievermutlich wegen des Entführungsver-suchs Anzeige erstattet hat. – Nachtsauf dem Balkon sagt sie Stipe, dass sie mit Cem die Stadt verlassen will. Er bietet ihr an mitzukommen.01.34 – 01.36

S 22Im Überlandbus fährt Kader in ein tür-kisches Dorf. – In einem Zimmer sitzt er lange schweigend mit einem altenMann zusammen.01.36 – 01.39

S 23Cem fragt Umay, warum sie wiederweggehen müssen. Umay erklärt ihm,dass man manchmal von Menschenweggehen muss, um sie wiederzufin-den. – Kader, Mehmet und Acar sitzenschweigend zusammen. Ihr Blickwech-sel lässt erahnen, dass Acar beauftragtwurde, seine Schwester zu töten.Dieser ist verzweifelt, Mehmet weint. 01.39 – 01.41

S 24Kader erleidet in der Küche einen Herz-infarkt. – Rana sucht Umay in CemsKindergarten auf. – Umay und Cemkommen ins Krankenhaus, wo sie auchdie Mutter treffen. Umay versichertihrem Vater, dass sie eine gute Tochtersei und bald studieren und heiratenwerde. Kader bittet sie um Verzeihung.01.41 – 01.47

S 25Ende der Rückblende. Wiederholungder Eingangsszene mit zusätzlichenEinstellungen: Acar bedroht Umay,doch er lässt die Waffe fallen und renntdavon. Umay nimmt Cem auf den Arm,da erscheint Mehmet. Sie dreht sichbrüsk um und er sticht zu. Versehent-lich trifft er Cem, der in den Armen seiner Mutter stirbt. 01.47 – 01.51

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Filmheft DIE FREMDE20

„Ehrenmord“

In vielen patriarchalischen Gesellschaf-ten wird die Ehre der Familie – oderdes Klans – als ein kollektives Gut be-trachtet. Sie äußert sich vor allem inder Jungfräulichkeit der Töchter unddem angemessenen Verhalten der Ehe-frauen. Diesem Ehrbegriff zufolge ver-letzen bestimmte Verhaltensweisen vonFrauen und Mädchen diese Ehre. Dazugehören vorehelicher Geschlechtsver-kehr oder Schwangerschaft sowie dasVerlassen des Ehemannes. In extremenFällen reicht auch ein Gespräch mit ei-nem der Familie unbekannten Mannoder ein Gerücht. In Europa wurden„Ehrenmorde“ von den Tätern oft mitdem Hinweis begründet, ihre Töchteroder Schwestern hätten sich zu „west-lich“ verhalten. Die „Ehrlosigkeit“ einer Frau fällt auf alldiejenigen zurück, die ihr durch Ver-wandtschaft oder Heirat nahe stehen.Üble Nachrede und Beleidigungendurch das soziokulturelle Umfeld kön-nen bis zur gesellschaftlichen Ächtungund Ausgrenzung der Familie führen.Es gilt als Pflicht der männlichen Mit-glieder des Klans und insbesonderedes Ältesten – in der Regel des Vaters– für die Wiederherstellung der Ehre zusorgen. Dies kann zunächst durch eine„Verstoßung“ geschehen: Die Betroffene wird aus dem Familienverband ausge-schlossen. Den Angehörigen ist es un-tersagt, mit ihr Kontakt zu halten, sonstmüssen sie selbst mit Sanktionen rech-nen. Im Extremfall plant die Familie dieErmordung der „Ehrlosen“, um auf die-se Weise die Ehre wiederherzustellen.Kennzeichnend für einen „Ehrenmord“ist, dass ein Großteil des Klans die Tatakzeptiert. Ihre Ausführung geschiehtnicht etwa im Affekt, sondern wird ge-meinschaftlich geplant. Als Täter wirdmeist ein jugendliches, männlichesFamilienmitglied ausgewählt, oft derjüngste Bruder des Opfers, da beiMinderjährigkeit ein geringes Strafmaßzu erwarten ist.

„Ehrenmorde“ stehen in den meistenLändern unter Strafe, dennoch fallendie Urteile hierzu oft ungewöhnlich mildaus, zudem werden die Täter nach kur-zer Haftdauer wieder freigelassen. Vordeutschen Gerichten wurden in der Ver-gangenheit die kulturellen, traditionell-religiösen Hintergründe als strafmildern-de Umstände anerkannt und es wurdenur auf Totschlag plädiert. Daher giltdas Ende 2009 im Fall der ermordetenGülsüm Semin verhängte Urteil als weg-weisend für die zukünftige deutscheRechtsprechung: Während der Bruderdes Opfers als nachweislicher Täter zu einer Jugendstrafe von knapp zehnJahren verurteilt wurde, erhielt der Va-ter als „geistiger Urheber“ des Verbre-chens eine lebenslängliche Haftstrafe.

In den türkischen Medien zeigt sich in den letzten Jahren eine verstärktekritische Berichterstattung. Mehrereneue türkische Filme behandeln dasPhänomen „Ehrenmord“ kritisch: soetwa Murat Saraçoglu’s O ÇOCUKLARI(CHILDREN OF WHORES, 2008),Abdullah Oguz’s MUTLULUK (BLISS,2007) oder SAKLI YÜZLER (HIDDENFACES, 2006) von Handan Ipekci. Einberühmter türkischer Filmklassiker, derdas Thema aufgreift, ist Yilmaz Güneys/Serif Görens YOL (YOL–DER WEG,1982).

In Deutschland ist das Thema „Ehren-mord“ in den Medien immer wiederpräsent und taucht als Motiv häufiger in TV-Krimis auf (so in den Tatort-Titeln:WEM EHRE GEBÜHRT, 2007, undFAMILIENAUFSTELLUNG, 2009).

„Ehrenmorde“ werden oft als typisch is-lamisches Phänomen angesehen. Tat-sächlich treten sie in Ländern des isla-mischen Kulturkreises gehäuft auf: soin Afghanistan, Irak, Jordanien, der Tür-kei, Syrien und dem Libanon. Doch ge-hören auch Länder wie Indien, Brasilienund Ecuador dazu. Pakistan gilt alsLand mit der höchsten offiziellen „Eh-renmord“-Rate. Terres des Femmesnennt ca. 1.000 Opfer pro Jahr. Die Historie sieht „Ehrenmorde“ in denverschiedensten Kulturkreisen. Bis indie jüngste Gegenwart war dieses Ver-brechen auch in Europa verbreitet – vorallem auf Korsika, Sizilien und Kreta. Inder Türkei treten „Ehrenmorde“ vorwie-gend in den ländlichen, wirtschaftlichunterentwickelten Regionen Südost-anatoliens auf.

Einem UN-Bericht aus dem Jahr 2000zufolge geht man offiziell von ca. 5000„Ehrenmorden“ aus, die in mindestens14 Ländern jährlich verübt werden. Die Dunkelziffer wird deutlich höhervermutet, da es aus vielen Ländernkeine offiziellen Zahlen gibt und zu-dem viele „Ehrenmorde“ nie aufgeklärtbeziehungsweise als Selbstmord oderUnfall vertuscht werden. In Deutschlandnennt das Bundeskriminalamt (BKA) für den Zeitraum vom 01. Januar 1996 bis 18. Juli 2005 insgesamt 55 solcherMorde und Mordversuche. Laut einerMeldung von Deutschlandradio (gesen-det am 03.03.2006) sind in der Türkeizwischen 2001 und 2006 knapp 500Frauen wegen angeblicher Ehrverlet-zungen getötet worden.

Materialien■ ■ Materialien

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21Filmheft DIE FREMDE

DIE FREMDE ist der erste deutscheKinofilm, der sich mit den Hintergrün-den, die zu diesem Verbrechen führen,detailiert auseinandersetzt. Feo Aladaghat sich in ihrem Drehbuch an etlichenEinzelgeschichten der letzten 15 Jahreorientiert, die polizeilich bekannt wur-den – so am Hatun-Sürücü-Fall ausdem Jahr 2005 – und daraus einenModellfall entwickelt. Ein weitereraktueller deutscher Kinofilm zu einem„Ehrenmord“-Fall ist Su Turhans AYLA(2009).

Kino der Migration in Deutschland

Das deutsche Nachkriegskino kanntezwar den sangesfreudigen, lebens-lustigen Italiener, doch nur selten the-matisierten deutsche Regisseure dieschwierige Situation der „Gastarbeiter/innen“. Eine der wenigen Ausnahmenwar Rainer Werner Fassbinders FilmANGST ESSEN SEELE AUF (1974), indem die Liebe zwischen einer älterendeutschen Frau und einem marokka-nischen Arbeiter auf die Vorbehalte der Gesellschaft stößt. Um Liebe dreh-te es sich auch in Hark Bohms erfolg-reichem Film YASEMIN (1988). Einejunge Deutschtürkin verliebt sich ineinen Deutschen und begehrt gegeneine Zwangsheirat in der Türkei auf.Wie in DIE FREMDE dient das Motor-rad als Vehikel in die Freiheit, zumSchluss fährt das Pärchen allen Tradi-tionen davon. Tevfik Baser, einer der ersten Regis-seure mit Migrationshintergrund,erzählt in 40 QUADRATMETERDEUTSCHLAND (1986) von einer jun-gen Türkin, die von ihrem Mann wieeine Gefangene gehalten wird und erstnach seinem Tod die Wohnung verlas-sen kann. Ende der 1990er Jahre, als sich im-mer mehr Türken/innen der zweitenGeneration in den Regiesessel setz-ten, konnte sich das deutsch-türki-sche Kino etablieren. InsbesondereFatih Akin gelang es, sowohl die Kritikals auch ein breites Publikum anzu-sprechen (GEGEN DIE WAND, 2004;AUF DER ANDEREN SEITE, 2007).

Die Regisseurin: Feo Aladag

Feodora Aladag, 1972 in Wien ge-boren, studierte Psychologie und Publizistik an der Universität Wien.Gleichzeitig machte sie eine Schau-spielausbildung. Nach ihrem Promo-tionsabschluss im Fach Publizistik mitdem Schwerpunkt „Film und visuelleGestaltung“ (2000) besuchte sie u.a.die Regie-Masterclass der Europäi-schen Filmakademie (EFA). Sie reali-sierte Werbefilme sowie Spots für dieKampagne „Gewalt gegen Frauen“von Amnesty International. Des Weite-ren arbeitete Aladag als Schauspielerinin deutschen und britischen Kinofilmenwie CO/MA (GB 2004) von ArashMoirian und LUCY (D 2006) vonHenner Winckler. Als Drehbuchautorinwirkte sie an dem Kinofilm MONDKIN-DER (2001, Regie: Züli Aladag) und anTatort-Folgen mit. 2006 gründete siegemeinsam mit ihrem Mann Züli Ala-dag die Filmproduktionsfirma Inde-pendent Artists. Für DIE FREMDEschrieb Feo Aladag das Drehbuch, der Film ist außerdem ihr Debüt alsRegisseurin und Produzentin.

Weitere Vertreter des deutsch-türki-schen Films sind: Thomas Arslan (DEALER, 1998), Yüksel Yavuz (KLEINE FREIHEIT, 2003), Ayse Polat(AUSLANDSTOURNEE, 2000), BuketAlakus (ANAM, 2000), Yilmaz Arslan(BRUDERMORD, 2005). In den letztenJahren kamen zahlreiche jüngereFilmemacher hinzu, z.B. Ugur Yildirim(CHIKO, 2008).

Berücksichtigt man die in deutschenFernseh- und Kinofilmen in den letztenJahrzehnten gezeigten Szenarien,muss generell konstatiert werden, dassMigranten/innen im Film überproportio-nal oft problembelastet und stereotypdargestellt werden. Die Filme sprechenzwar wichtige Themen wie z.B. Drogen-handel, Zwangsehen, Ghettobildungund häusliche Gewalt an, die eineöffentliche Aufarbeitung brauchen, dennoch werden Zwischentöne oderBeobachtungen, wie sich die kulturel-len Grenzen im Alltag ohne „Mord undTotschlag“ äußern, kaum gezeigt. Demgegenüber zeigt sich in den letztenJahren eine neue Tendenz: Ausgelöstdurch Fernseh-Comedy-Sendungenwie „Erkan und Stefan“, Kaya YanarsShow „Was kuckst du?“ oder die Vor-abendserie „Türkisch für Anfänger“ gibt es auch im Kino immer mehr„Komödien mit Migrationshintergrund“.Titel wie Torsten Wackers SÜPERSEKS(2004), Anno Sauls KEBAB CONNEC-TION (2005) oder auch SOUL KITCHEN(2009) von Fatih Akin bieten positiveBeispiele eines multikulturellen Neben-einanders. Sinan Akkus’ romantischeKomödie EVET, ICH WILL! (2009) kann als Gegenentwurf zu dem viel be-schworenen Angstbild einer geschlos-senen islamischen „Parallelgesellschaft“gesehen werden. Beim hindernis-reichen Zusammenkommen mehrererdeutsch-türkischer Pärchen sucht derRegisseur nach Pointen und seineFiguren nach Lösungen. Religiöse, ethnische und kulturelle Konflikte wer-den dabei nicht ausgespart, aber auchnicht zugespitzt.Türken/innen hatten als zahlenmäßiggrößte Migrantengruppe lange Zeit

eine mediale und politische Repräsen-tationsfunktion inne. Die deutsch-irani-sche Komödie SALAMI ALEIKUM(2009) von Ali Samadi ist ein Beispieldafür, dass inzwischen eine Entwick-lung hin zu einem realistischeren Abbildgesellschaftlicher Vielfalt im Gange zusein scheint.

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Filmheft DIE FREMDE22

Zur Filmsprache

Arijon, Daniel: Grammatik derFilmsprache, Frankfurt am Main 2003

Monaco, James: Film verstehen.Kunst, Technik, Sprache, Geschichteund Theorie des Films und derMedien, Reinbek 2000

Kandorfer, Pierre: Lehrbuch derFilmgestaltung. Theoretisch-techni-sche Grundlagen der Filmkunde, Gau-Heppenheim 2003

Zur Problemstellung

Ates, Seyran: Große Reise ins Feuer.Die Geschichte einer deutschenTürkin, Berlin 2003

Bielefeldt, Heiner: Zwangsheirat und multikulturelle Gesellschaft.Anmerkungen zur aktuellen Debatte,Berlin 2005

Cileli, Serap: • Wir sind Eure Töchter, nicht EureEhre, München 2006• Eure Ehre – unser Leid. Ich kämpfegegen Zwangsehe und Ehrenmord,München 2008

Kelek, Necla:• Die fremde Braut. Ein Bericht ausdem Inneren des türkischen Lebens in Deutschland, Köln 2005• Die verlorenen Söhne. Plädoyer fürdie Befreiung des türkisch-muslimi-schen Mannes, Köln 2006

Literaturhinweise Links

Kizilhan, Ilhan: „Ehrenmorde“. Der unmöglicheVersuch einer Erklärung. Hintergründe– Analysen – Fallbeispiele, Berlin2006.

Korkmaz, Aylin: Ich schrie um meinLeben. Ehrenmord mitten in Deutsch-land, Köln 2010

Toprak, Ahmet: Das schwacheGeschlecht – die türkischen Männer.Zwangsheirat, häusliche Gewalt,Doppelmoral der Ehre, Freiburg i.Br.2007

Wildt, Carolin: Ehrenmorde inDeutschland. Eine Untersuchung am Beispiel der Ermordung HatunSürücüs, München und Ravensburg2006

TERRE DES FEMMES (Hg.):Zwangsheirat – Lebenslänglich für die Ehre, Tübingen 2006

Zu Migration

Bertelsmann-Stiftung (Hg.)„Religionsmonitor 2008 – MuslimischeReligiosität in Deutschland“, Gütersloh 2008

Bundesministerium des Inneren (Hg.)„Muslime in Deutschland“, Hamburg 2007

www.bpb.de/themenWebseite der Bundeszentrale für politische Bildung, enthält unter an-derem unter Themen in der RubrikGesellschaft das Dossier „Migration“und den Newsletter „Jugendkultur,Islam und Demokratie“

www.kinofenster.deFilmpädagogisches Online-Angebot derBundeszentrale für politische Bildungund der Vision Kino gGmbH, das sichinsbesondere an Lehrer/innen wendet

www.diefremde.deWebseite des Filmverleihs MAJESTICmit Interviews, Hintergrundmaterial undweiterführenden Links.

www.frauenrechte.deWebseite der FrauenhilfsorganisationTERRE DES FEMMES mit einemKapitel über „Gewalt im Namen derEhre“ und „Zwangsheirat“ (Informatio-nen, Link- und Literaturliste, Filmtipps,Hilfsleitfaden).

www.zwangsheirat.deWebseite von TERRE DES FEMMESspeziell zu „Gewalt im Namen derEhre“ und „Zwangsheirat“. Beratungs-angebote.

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Amin Farzanefar, geboren 1965, studierte Islam-wissenschaften und Germanistik.Arbeitet über das Kino des Mittleren und Nahen Ostens, journalistisch tätig für zahlreicheRadiosender und Tageszeitungen.Veranstaltet Retrospektiven undFilmreihen zum Türkischen,Iranischen & Arabischen Kino.Autor des Buches „Kino desOrients – Stimmen aus einerRegion“.

■ ■ ■ ■Autor

Filmpädagogisches, themenorientiertesBegleitmaterial zu ausgewählten nationa-len und internationalen Kinofilmen. Auf 16 bis 24 Seiten Inhalt, Figuren, Themaund Ästhetik des Films; außerdemFragen, Materialien, ein detailliertesSequenzprotokoll und Literaturhinweise.Aktuelle sowie bereits vergriffene Heftesind auch online abrufbar unterwww.bpb.de/filmhefte

Publikationsverzeichnis Frühjahr 2010

Lichter Bestell-Nr. 3231 Lumumba Bestell-Nr. 3176 Luther Bestell-Nr. 3197Meer is nich Bestell-Nr. 3148 Montag Bestell-Nr. 3220 Moolaadé Bestell-Nr. 3162Mossane Bestell-Nr. 3178 Muxmäuschenstill Bestell-Nr. 3188 Das Netz Bestell-Nr. 3186 Der neunte Tag Bestell-Nr. 3183Ostpunk! Too Much Future Bestell-Nr. 3151Preußisch Gangstar Bestell-Nr. 3150 Propaganda vergriffen Requiem Bestell-Nr. 3165 Rosenstraße vergriffen Der Rote Kakadu Bestell-Nr. 3167 Sankofa Bestell-Nr. 3175 Schildkröten können fliegen Bestell-Nr. 3169 Das Schloss im Himmel Bestell-Nr. 3156Das schreckliche Mädchen Bestell-Nr. 3194 Der Schuh Bestell-Nr. 3210 Sommersturm Bestell-Nr. 3185 Sophie Scholl – Die letzten Tage Bestell-Nr. 3179 Die Sprungdeckeluhr Bestell-Nr. 3207 Status Yo! Bestell-Nr. 3182 Strajk – Die Heldin von Danzig Bestell-Nr. 3154 Swetlana Bestell-Nr. 3224 Touki Bouki Bestell-Nr. 3174Der Traum Bestell-Nr. 3155 We Feed the World vergriffenDas weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte Bestell-Nr. 3145 Wie Feuer und Flamme vergriffenDas Wunder von Bern Bestell-Nr. 3228 Yaaba Bestell-Nr. 3177 Zulu Love Letter Bestell-Nr. 3161Zur falschen Zeit am falschen Ort Bestell-Nr. 3158

100 Schritte Bestell-Nr. 3191 Ali vergriffenAlles auf Zucker! Bestell-Nr. 3181 Am Ende kommen Touristen Bestell-Nr. 3152American History X Bestell-Nr. 3223 Atash Bestell-Nr. 3172 Beautiful People Bestell-Nr. 3203 Ben X Bestell-Nr. 3147Black Box BRD vergriffenBlackout Journey Bestell-Nr. 3168Blue Eyed vergriffen Bowling for Columbine vergriffen Buud Yam Bestell-Nr. 3173 Comedian Harmonists Bestell-Nr. 3205Die Distel Bestell-Nr. 3219Do the Right Thing Bestell-Nr. 3208 Drei Tage Bestell-Nr. 3209 Ein kurzer Film über die Liebe Bestell-Nr. 3214 Elling Bestell-Nr. 3196 Erin Brockovich Bestell-Nr. 3193 Esmas Geheimnis vergriffenDie fetten Jahre sind vorbei Bestell-Nr. 3184Free Rainer – Dein Fernseher lügt Bestell-Nr. 3149 Fremder Freund Bestell-Nr. 3195 Die Fremde Bestell-Nr. 3141Gegen die Wand Bestell-Nr. 3187 Geheime Wahl Bestell-Nr. 3192 Ghetto Bestell-Nr. 3163Goodbye Bafana Bestell-Nr. 3153 Good Bye, Lenin! vergriffen Hass Bestell-Nr. 3206 Hejar Bestell-Nr. 3227 Im Gully Bestell-Nr. 3212Im toten Winkel – Hitlers Sekretärin vergriffen In This World Bestell-Nr. 3229 Die Jury Bestell-Nr. 3200 Kick it like Beckham Bestell-Nr. 3190 Kinder des Himmels Bestell-Nr. 3232 Die Klasse Bestell-Nr. 3146 Klassenleben Bestell-Nr. 3180 Knallhart Bestell-Nr. 3166 Kombat Sechzehn vergriffen Korczak Bestell-Nr. 3213 Kroko Bestell-Nr. 3189 Kurische Nehrung Bestell-Nr. 3211 Das Leben der Anderen vergriffen Das Leben ist schön vergriffen Leni ... muss fort Bestell-Nr. 3222

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Politisches Wissen im Internet www.bpb.de

Thema Migration? Thema Frauen und der Islam?Eine Fülle weiterer Informationen und Materialien bietet www.bpb.de, die Website der Bundeszentrale für politische Bildung. Das Themendossier„Migration“ beleuchtet anhand von Zahlen, Fakten und Analysen die ThemenZuwanderung und Integration in Deutschland. Die Beilage der WochenzeitschriftDas Parlament, Aus Politik und Zeitgeschichte, geht in der Ausgabe „Parallel-gesellschaften?“ (APuZ 1-2/2006) auf die Migrationsdebatte in Deutschland einund befasst sich mit der muslimischen Frau in der Moderne. Einen differenziertenÜberblick über Werteorientierungen, Lebensstile und soziale Lagen von Migran-tinnen und Migranten in Deutschland gibt die Ausgabe „Lebenswelten vonMigrantinnen und Migranten“ (APuZ 5/2009). Konkretes Unterrichtsmaterial fürdie Auseinandersetzung mit kulturellen Stereotypen und dem Konzept derMehrheitsgesellschaft bieten die Themenblätter „Inländisch, ausländisch,deutschländisch“ (Nr. 67) und „Getrennte Welten? – Migranten in Deutschland“(Nr. 43). Die Reihe „Themen und Materialien“ liefert didaktisch aufbereitetesMaterial zum „Islam“ (I – V, Nr. 2459 –2464) sowie zu „Geschlechterrollen vordem Hintergrund unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen“ (Nr. 2446).Der Band „Verschleierte Wirklichkeit“ (Nr. 653) aus der bpb-Schriftenreihe gehtvertiefend und sehr differenziert auf die Rolle der Frau im Islam ein. SämtlichePublikationen und Materialien können online bestellt oder als PDF heruntergela-den werden. Der Newsletter „Jugendkultur, Islam und Demokratie“ ist ebenfallsüber die bpb-Website erhältlich und dokumentiert, was Jugendliche aus musli-misch geprägten Milieus bewegt. Auf www.kinofenster.de, dem Onlineportal für Filmbildung der bpb und der Vision Kino gGmbH – Netzwerk für Film- undMedienkompetenz, finden sich Filmkritiken, Hintergrundtexte und filmpädago-gische Begleitmaterialien zu den Themen und zu vergleichbaren Filmen.