fortbildung funktionale analphabet*innen erkennen ... · funktionale analphabet*innen erkennen,...

35
Konzept Fortbildung Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Entwickelt im Rahmen des Projekts „AlphaKommunal – Transfer“ © Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Upload: others

Post on 11-Mar-2020

19 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Konzept

Fortbildung

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren

Entwickelt im Rahmen des Projekts „AlphaKommunal – Transfer“© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 2

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Einleitung

Noch immer finden zu wenige der 7,5 Millionen funktionalen Analphabetinnen und Analphabeten in Deutschland den Weg in ein Lernangebot, um ihre Lese- und Schreibkompetenzen zu verbessern. Werbe- und Öffentlichkeitsmaßnahmen (wie Flyer, Programmhefte oder Internet) richten sich zumeist an das mitwissende Umfeld der Betroffenen und erreichen diese nur selten. Deswegen müssen andere Wege gefunden werden, um den Weg in Lernangebote zu vereinfachen. Ein Ansatz ist die Sensibilisierung besonders relevanter Personengruppen – zum Beispiel Mitarbeitende mit Bürgerkontakt aus der Stadtverwaltung, Kindertagesstätten, Arztpraxen oder Jobcentern – für das Thema Grundbildung sowie für die Ansprache und Beratung durch die Fortbildung zu schulen. Denn wenn Betroffene persönlich und empathisch angesprochen werden, kann ihre Motivation gestärkt werden, das Lesen und Schreiben zu lernen. Das vorliegende Fortbildungskonzept eignet sich sowohl für homogene Gruppen, beispielsweise eine gesamte Abteilung eines Jobcenters, als auch ein gemischtes Publikum, z. B. durch eine Bewerbung im offenen (Fortbildungs-)Programm der Kommune. Das Ziel der Fortbildung ist es, Teilnehmende auf die Thematik mangelnder Grundbildungskenntnisse aufmerksam zu machen und gemeinsam das Erkennen und Ansprechen potentieller Betroffener im eigenen Arbeitskontext zu üben. Außerdem kann die Fortbildung dazu beitragen, dass das gesellschaftlich noch immer tabubehaftete Thema mehr Öffentlichkeit erhält. Das Fortbildungskonzept entstand im Projekt „AlphaKommunal – Kommunale Strategie für Grundbildung“ (2012 – 2015) und wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert (FKZ 01AB12015). Im Anschlussvorhaben „AlphaKommunal – Transfer“ (2015 – 2018), wurde es unter dem FKZ W140700 weiterentwickelt.

Was bietet das Fortbildungskonzept?

Mit dem Fortbildungskonzept können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Kommune in vier Zeitstunden für das Thema „Funktionaler Analphabetismus“ sensibilisiert werden. Als Grundlage der Fortbildung wird eine Power-Point-Präsentation verwen-det, auf die im Konzept Bezug genommen wird. Das Konzept ist in vier Bausteine gegliedert, die wiederum aus mehreren Einheiten bestehen und den Trainerinnen und Trainern ausführliche Anwendungserklärungen und Hintergrundinformationen liefern. In jedem Baustein werden außerdem verschiedene Übungen erläutert, die die Trainerin oder der Trainer je nach Bedarf der Gruppe individuell zusammenstellen kann. Die zu verwendenden Unterlagen finden sich als Kopiervorlagen in der Materialsammlung. Zur Anwendung des Konzepts, sowie zur Vorbereitung und Organisation steht Trainerinnen und Trainerin außerdem eine Handreichung zur Verfügung.

Anmerkung zum zeitlichen Ablauf: Das Konzept ist für einen Ablauf von vier Zeitstunden exklusive 30-minütiger Pause angelegt. Die Zeitvorschläge der einzelnen Einheiten orientieren sich entsprechend daran. Selbstverständlich kann das Konzept auch für kürzere Abläufe (z. B. drei Zeit stunden) genutzt werden. Die Trainerin oder der Trainer sollte dann im Vorfeld den Ablaufplan und die Power-Point-Präsentation entsprechend abändern bzw. kürzen.

Anmerkung zu den Übungen: In manchen Bausteinen werden mehrere Übungen zu den einzelnen Einheiten präsentiert. Diese sind nicht zwingend als Abfolge zu verste-hen, sondern können von den Trainerinnen und Trainern individuell der Gruppe entsprechend ausgewählt und angewendet werden.

Entwickelt im Rahmen des Projekts „AlphaKommunal – Transfer“© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Fortbildung

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren

Materialien

Power-Point-Präsentation

zum Fortbildungskonzept

Materialsammlung

zum Fortbildungskonzept

Handreichung

zum Fortbildungskonzept

Fortbildung

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren

Entwickelt im Rahmen des Projekts „AlphaKommunal – Transfer“© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Handreichung

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 3

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Fortbildungskonzept

1. Baustein: Eröffnung der Fortbildung und Einführung ins Thema 4

A. Begrüßung, Vorstellungsrunde und Erwartungsabfrage 4B. Programmablauf 5C. Einführung in die Thematik 5

2. Baustein: Hintergrundinformationen zu funktionalem Analphabetismus 8

A. Definitionen 8B. Größenordnung 9C. Größenordnung des funktionalen Analphabetismus in der eigenen Region 10D. Die Alpha-Levels 11E. Funktionaler Analphabetismus und Migration 12F. Schulabschluss 13G. Altersverteilung 13H. Erwerbsstatus und Berufsgruppen 14I. Ursachen 15

3. Baustein: Lebenswelten und Erkennen von betroffenen Personen 17

A. Lebenswelten von funktionalen Analphabetinnen und Analphabeten 17B. Strategien von betroffenen Personen 18C. Funktionale Analphabetinnen und Analphabeten im (Berufs-)Alltag erkennen 20

4. Baustein: Ansprechen und Informieren 23

A. Warum betroffene Personen ansprechen? 23B. Prinzipien der Ansprache von Lese- und Schreibschwierigkeiten 25C. Ansprache üben 27D. Verankerung des Themas in der eigenen Institution 28E. Informieren über Beratungs- und Lernangebote 30F. Blitzlicht und Evaluation 31

Literatur und Links 32

GruppenarbeitPlenum Partnerarbeit Einzelarbeit

Legende

Zeitaufwand

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 4

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

1. Baustein: Eröffnung der Fortbildung und Einführung ins Thema

» Ziele: Die Teilnehmenden kommen an, lernen sich kennen, erhalten einen Überblick über das Programm der Fortbildung und steigen in das Thema ein.

» Inhalt und Vorgehen: Anhand von mehreren Fragen stellen sich die Teilnehmenden kurz vor und werden mit ihrem Vorwissen zum Thema abgeholt. Durch einen erfahrungsorientierten Einstieg wird in weiteren Übungen Interesse und Verständnis für die Situation von funktionalen Analphabetinnen und Analphabeten geweckt.

A. Begrüßung, Vorstellungsrunde und Erwartungsabfrage

» Ziel der Einheit: Die Teilnehmenden lernen sich kennen und werden mit ihrem Vorwissen zum Thema abgeholt.

» Vorgehen: Die Trainerin oder der Trainer begrüßt die Teilnehmenden, stellt sich vor und erklärt ein wenig die eigene Expertise und den Grund für das Zusammenkommen. Anschließend lädt er oder sie zu einer Vorstellungsrunde ein.

Übung „Erwartungsabfrage“

» Benötigte Materialien: Moderationskarten, Stifte, Pinnwand, Beamer, Laptop, Power-Point-Folie 3

» Ablauf: Die Teilnehmenden werden gebeten sich in Kleingruppen 10 Minuten lang zu drei Fragen zu unterhalten und ihre Antworten in Stichpunkten auf Moderationskarten zu notieren:

1. Was haben Sie bisher vom Thema „funktionaler Analphabetismus“ in Deutschland gehört?

2. Haben Sie persönlich Menschen kennengelernt, die erhebliche Probleme mit dem Lesen und Schreiben haben?

3. Was erwarten Sie von dieser Fortbildung?

Die Teilnehmenden präsentieren ihre Ergebnisse im Plenum, kombiniert mit einer kurzen Vorstellung ihrer Person und / oder Tätigkeiten. Häufig berichten die Teilnehmenden bereits an dieser Stelle von Begegnungen mit Betroffenen in Arbeits- oder Privatleben, so dass Interesse am Thema geweckt wird und der Bezug zum Arbeits alltag klar wird. Die Trainerin oder der Trainer hängt die Moderationskarten mit den Stichworten an die Pinnwand.

20 bis 30 Minuten

Power-Point-Folie 3

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 5

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Tipp: In der Regel wissen Trainerinnen und Trainer im Vorfeld, ob sie auf eine homogene (einheitliche) oder heterogene (gemischte) Gruppe treffen werden. Bei homogenen Gruppen, bspw. einer Fachabteilung im Jobcenter, kann die Vorstellungsrunde kurz gehalten werden. Bei heterogenen Gruppen nimmt diese Übung jedoch unter Umständen viel Zeit ein, da sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht kennen. Die Trainerin oder der Trainer sollten daher vorher bedenken, wie viel Zeit zur Verfügung steht und die Fragen gegebenenfalls variieren. Zudem ist es unterstützend, wenn die Teilnehmenden einen Rahmen für die eigene Vorstellung genannt bekommen, z. B. 2 – 3 Sätze pro Person. Auch sollten aufkommende Fragen zur Thematik an dieser Stelle aufgeschoben werden, da Baustein zwei zu den meisten Fragen die Antworten liefert.

B. Programmablauf

» Ziel der Einheit: Die Teilnehmenden kennen den Ablauf der Fortbildung.

» Vorgehen: Danach stellt der Trainer oder die Trainerin das Programm der Fortbildung vor (PPT-Folie 4) und kann dabei auf die geäußerten Erwartungen eingehen. Eine Pause bietet sich nach dem Ende des informationsreichen zweiten Block an oder kann prozessorientiert nach dem Bedarf der Teilnehmenden festgelegt werden.

C. Einführung in die Thematik

» Ziel der Einheit: Den Teilnehmenden wird die Bedeutung von Lesen und Schreiben im Alltag bewusst, es wird Interesse und Verständnis für die Situation lese- und schreib-unkundiger Menschen geweckt.

» Hintergrundwissen: Für Menschen, die lesen und schreiben können, ist der Umgang mit Schrift-sprache so selbstverständlich, dass sie kaum mehr wahrnehmen, wie häufig sie diese Kompetenzen im Alltag einsetzen und sich kaum vorstellen können, vor welchen Herausforderungen in unserer Gesellschaft eine nicht ausreichend literalisierte Person steht. Damit den Teilnehmenden diese Herausforderungen klar werden, finden sich im Folgenden mehrere Übungen, die verwendet werden können. Wie viele dieser Übungen angewendet werden, hängt von der jeweiligen Dauer der Fortbildung und der Teilnehmergruppe ab. Die Trainerin oder der Trainer berücksichtigt diese Aspekte in der Vorbereitung.

Übung „Das eigene Leseverhalten“

» Benötigte Materialien: PPT-Folie 5

» Ablauf: Diese Übung sensibilisiert dafür, wie häufig im Alltagsleben Lesen und Schreiben eine Rolle spielt. Die Teilnehmenden werden gebeten, sich kurz zu überlegen,

5 Minuten

Power-Point-Folie 4

15 Minuten

Power-Point-Folie 5

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 6

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

was sie heute schon gelesen haben. Die Antworten werden mündlich im Plenum zusammengetragen. Meist werden die Teilnehmenden anspruchsvolle Lese-beispiele, wie etwa einen Zeitungsartikel oder einen Arbeitsbericht nennen. Anhand verschiedener Beispiele kann die Aufmerksamkeit auch auf die kaum bewussten Alltagssituationen gelenkt werden, in denen Lesen eine Rolle spielt (z. B. Ortsschilder, Smartphone, Fahrpläne, Bankautomaten, Hinweisschilder).

Einstiegsfragen hierzu können sein:„Wie sind Sie heute zu dieser Fortbildung gekommen?“„Was mussten Sie lesen, um den Weg hierher zu finden?“

Tipp: Diese Übung kann auch zu Beginn als Einstieg in die Fortbildung genutzt werden und erzeugt so Aufmerksamkeit und einen Fokus auf die Thematik des Zusammenkommens.

Übung „Biografischer Hintergrund“

» Benötigtes Material: Kopie der Biografie-Texte (M2 und M3) für jeden Teilnehmenden

» Ablauf: Diese Übung bietet Einblicke in den Lebensalltag von betroffenen Personen.

A. Die Trainerin oder der Trainer liest den Teilnehmenden Ausschnitte aus Bio-grafien von betroffenen Personen vor, bzw. teilt diese als Kopien aus und die Teilnehmenden lesen die Ausschnitte selbst. Ausschnitte aus Biografien finden sich in der Materialsammlung.

B. Die Trainerin oder der Trainer zeigt eines oder mehrere Videos, in denen betroffene Personen über ihre eigene Lebens- und Lerngeschichte berichten. Hierzu ist ein Internetzugang notwendig.

Tipp: Da in Baustein zwei und drei ebenfalls Videos aus dem Alltag betroffener Personen gezeigt werden, sollte hier auf kurze, prägnante Videos zurückgegriffen werden.

Übung „Selbsterfahrung Lesen“

» Benötigtes Material: M5, M6, M7

» Ablauf: Mit dieser Übung können sich die Teilnehmenden auf emotionale Art und Weise an Situationen, in der sich funktionale Analphabeten möglicherweise immer wieder befinden, annähern. So kann Einfühlungsvermögen, Verständnis und der Wunsch, betroffene Personen zu unterstützen, geweckt werden.

Die Trainerin oder der Trainer teilt jeweils einen Text in Sütterlin-Schrift und einen in Spiegelschrift an die Zweiergruppen aus. Im Idealfall stehen die Texte im

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

M 2 Nummer 36

Bedienung:

Ich studiere noch und muss mir etwas nebenher verdienen, um mein Studium finanzieren zu können. Ich arbeite in einem kleinen, gutbürgerlichen Wirtshaus als Kellnerin. Immer wenn ich am Donnerstag Dienst habe, kommt ein Mann, der – nachdem ich ihm die Karte gegeben habe – auch nach langem Studieren der Karte immer, also wirklich immer, die Rinderroulade bestellt. Insgeheim habe ich ihm den Spitznamen „Der Rouladen-Mann“ gegeben, was ich natürlich nie öffentlich sagen würde. Gestern jedoch war die Roulade aus. Deswegen empfahl ich ihm die Nummer 36, der Rollbraten wird ihm bestimmt schmecken. Er stimmte mir auch gleich zu. Da es ein Stammessen war, konnte ich ihm das Gericht schon nach einer Viertelstunde bringen. Ich stellte es hin und wünschte ihm „Guten Appetit!“ Ich fragte später nach, ob es schmeckt. „Sehr gut“, sagte er. Jetzt konnte ich ihn endlich etwas fragen: „Seit einem Jahr kommen Sie regelmäßig hierher zum Abendessen und bestellen immer dasselbe Gericht. Weshalb? Wir haben doch eine sehr gute Auswahl.“ So erfuhr ich, dass er gar nicht lesen konnte, und bot ihm an, ihm am nächsten Donnerstag zu helfen. Und so wurde aus dem Rouladen-Mann der Rollbraten-Mann.

Gast:

Donnerstag ist mein Wirtschaftstag. Wenn ich spät von der Arbeit komme, geht mein Nachhauseweg nicht an einem Landgasthaus vorbei, sondern hinein. Beim schweren Gang zum Essen habe ich da immer Herzklopfen, da ich die Karte nicht lesen kann. Gott sei Dank hatte gestern meine Lieblingsbedienung auch wieder Dienst. Kaum hatte ich mich hingesetzt, brachte sie mir schon die Karte. Ich hatte Hunger, gestern – nur auf Fleisch. Nach einem schnellen Entschluss bestellte ich – wie immer schon – meine Rinderroulade. Ich würde gern mal was anderes essen als Rinderrouladen.

Ich muss lesen lernen. Wenn wir mit mehreren Leuten essen gehen, kann ich nur immer alle fragen: „ Und was isst du?“ Und dann entscheide ich mich für etwas. Ab und zu würde ich auch schon mal einen Nachtisch essen. Es geht aber nicht, da ich nicht weiß, welcher Nachtisch auf der Karte steht. Und dann passierte es: DIE ROULADEN WAREN AUS, wie mir die freundliche Bedienung mit fragenden Augen sagte. Nach meinem verwirrten Blick empfahl sie mir die Nummer 36 und reichte mir noch mal die Karte. Nun war guter Rat teuer. Ich dachte einen Augenblick nach und sagte: “Dann nehme ich selbstverständlich die Nummer 36“. Dabei überlegte ich: „Hoffentlich ist es kein Fisch“. Denn Fisch mag ich überhaupt nicht.“ Als das Essen kam, atmete ich erleichtert auf. Sie hatte eine gute Wahl getroffen. Es war Rollbraten und kein Fisch! Der Rollbraten schmeckte klasse. Endlich mal was anderes! Dass ich das nicht schon vorher probieren konnte! Als die Kellnerin mich fragte, ob es geschmeckt hat, kam die Frage, vor der ich schon immer Angst hatte: „Warum essen Sie eigentlich immer das Gleiche?“ Ich ließ die Katze aus dem Sack: „Mit dem Lesen, das klappt nicht bei mir“, sagte ich mit leiser Stimme und gesenktem Kopf. Sie lächelte und sagte: „Da gibt es Schlimmeres auf der Welt. Ich helfe Ihnen gern.“

Quelle: Der Text stammt von einem Kursteilnehmer der VHS Darmstadt-Dieburg und ist ein Beitrag

zum Literaturwettbewerb „Wir schreiben“ 2009 / 2020 des Deutschen Volkshochschul-Verbandes e. V.

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

M 3 Mein Lebensweg war steinig

1965 kam ich als viertes Kind, fünfzehn Jahre nach meinem jüngsten Bruder zur Welt. Als ich in die erste Klasse kam, hatte ich Schwierigkeiten im Schreiben. Somit musste ich dann die zweite Klasse wiederholen. Mein Selbstbewusstsein wurde dadurch nicht gerade gestärkt. Mein Satz, den ich öfters aussprach, hieß: „Ich kann das sowieso nicht!“

So kam ich aus der Schule und machte dann das Haushaltslehrjahr bei einem Bauern. Nach einem Jahr musste ich dann eine Prüfung absolvieren. Bestanden: 5,1. Super! Happy! Habe bestanden! Meine Lehrmeisterin meine zu mir, du hast die Note nicht verdient. So war mein Selbstbewusstsein im Keller.

Ab dem Jahr 2003 arbeitete ich an einem Kiosk als Aushilfe. Als meine Chefin 2008 einen Kiosk übernahm, bekam ich die Chance zur Filialleiterin aufzusteigen. Ich traute es mir wieder mal nicht zu. Dank meiner Familie und Kollegen, die mir gut zusprachen, nahm ich die Chance doch wahr. So konnte ich allen beweisen, dass ich doch was kann. Nach acht Jahren habe ich gekündigt und arbeite jetzt als normale Verkäuferin. Auch da habe ich öfters Rückschläge, weil ich viel schreiben muss und viele Fehler mache. Das ist sehr peinlich. Nun besuche ich einen Kurs im Schreiben für Erwach-sene. Da lerne ich sehr viel.

Mein Lebensweg war schwierig, aber trotzdem überwindbar. Auch wenn man meint, es geht nicht mehr, kommt doch noch alles gut.

Autorin: Heidi Frankhauser

M 2

M 3

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

M 5 Abfallgebührenordnung

Quelle: http://www.kaiserslautern-kreis.de/fileadmin/media/Dateien/Formularpool/Satzungen_Richtlinien/Gebuehren_Abfallsatzung.pdf

(1) Gebührenschuldner ist, wer die Abfallentsorgungseinrichtungen nutzt.

(2) Nutzer der Abfallentsorgungseinrich-tungen sind die Eigentümer und dinglich Nutzungsberechtigten wie Erbbauberech-tigte, Wohnungseigentümer, Wohnungserb-bauberechtigte und Nießbraucher, der an die Abfallentsorgung der Stadt Kaisers-lautern angeschlossenen Grundstücke.

(3) Nutzer ist auch derjenige, der eine Leistung der Abfallentsorgung in Anspruch nimmt; hierzu zählen auch die Mieter und Pächter der angeschlossenen Grundstücke.

(4) Bei Verwendung von Abfallsäcken gilt der Erwerber, bei der Selbstanliefe-rung gelten auch Abfallerzeuger und der Anlieferer als Nutzer der Abfallentsorgungseinrichtungen.(…)

(5) Soweit die Abfallentsorgung für Unternehmen vorgehalten wird, sind auch deren Inhaber Gebührenschuldner; dies gilt insbesondere, wenn Grundstücke für ein Unternehmen gemietet oder gepachtet wurden.

(1) Gebührenschuldner ist, wer die Abfallentsorgungsein-richtungen nutzt.

(2) Nutzer der Abfallentsorgungseinrichtungen sind die Eigentümer und dinglich Nutzungsberechtigten wie Erbbau-berechtigte, Wohnungseigentümer, Wohnungserbbaube-rechtigte und Nießbraucher, der an die Abfallentsorgung der Stadt Kaiserslautern angeschlossenen Grundstücke.

(3) Nutzer ist auch derjenige, der eine Leistung der Abfall entsorgung in Anspruch nimmt; hierzu zählen auch die Mieter und Pächter der angeschlossenen Grundstücke.

(4) Bei Verwendung von Abfallsäcken gilt der Erwerber, bei der Selbstanlieferung gelten auch Abfallerzeuger und der Anlieferer als Nutzer der Abfallentsorgungseinrichtungen.(…)

(5) Soweit die Abfallentsorgung für Unternehmen vorge-halten wird, sind auch deren Inhaber Gebührenschuldner; dies gilt insbesondere, wenn Grundstücke für ein Unter-nehmen gemietet oder gepachtet wurden.

M 5

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 7

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Zusammenhang mit dem Arbeitskontext der Teilnehmenden (z. B. die Abfall-gebührenordnung). Die Teilnehmenden bekommen die Aufgabe, den Text zu entziffern und der anderen Person vorzulesen. Die andere Person darf dem Vorleser oder der Vorleserin nicht beim Entschlüsseln des Textes helfen. Die Frage der Trainerin oder des Trainers für die Reflexion lautet für diese Gruppe: „Wie fühlt es sich an, nur schwer entziffern und einer anderen Person vorlesen zu können?“ und „Wie fühlt es sich an, jemanden zu beobachten, der sich mit dem Lesen und Schreiben schwer tut?“ Die Lösung der jeweiligen Texte befindet sich auf der Rückseite des Materials. Danach fragt die Trainerin oder der Trainer nach den Beobachtungen der Teilnehmenden bei dieser Übung.

Tipp: Steht viel Zeit zur Verfügung, bietet sich eine Fixierung der Reflexion auf einem Flipchart an. Das so entstandene Papier sollte während der gesamten Veranstaltung sichtbar bleiben, damit im Verlauf gegebenenfalls darauf Bezug genommen werden kann.

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Einladung

Sehr geehrte Frau Müller,

bitte kommen Sie zum unten genannten Termin in das

Jobcenter GustavhausenAm Gustav 405372 Gustavhausen

Datum: 30.01.2020Uhrzeit: 10:00 UhrRaum: Wartefläche 1.OG

Abschluss der Eingliederungsvereinbarung

Sollten Sie am oben genannten Termin arbeitsunfähig erkrankt sein, informieren Sie bitte Ihre Ansprechpartnerin / Ihren Ansprechpartner über Ihre Arbeitsunfähigkeit und reichen Sie die ärztliche Bescheinigung spätestens vor Ablauf des dritten Kalendertags nach Eintritt der Arbeits-unfähigkeit beim Jobcenter ein.

Bitte beachten Sie im Krankheitsfall: Eine ärztlich beschei-nigte Arbeitsunfähigkeit bedeutet nicht zwingend, dass Sie nicht in der Lage sind, einen Meldetermin wahrzunehmen. Die Vorlage einer einfachen Arbeitsunfähigkeitsbescheini-gung kann daher nicht als zwingender Grund für Ihr Nichter-scheinen zum genannten Meldetermin anerkannt werden.

M 6 Termineinladung

Einladung

Sehr geehrte Frau Müller,

bitte kommen Sie zum unten genannten Termin in das

Jobcenter GustavhausenAm Gustav 405372 Gustavhausen

Datum: 30.01.2020Uhrzeit: 10:00 UhrRaum: Wartefläche 1.OG

Abschluss der Eingliederungsvereinbarung

Sollten Sie am oben genannten Termin arbeitsunfähig erkrankt sein, informieren Sie bitte Ihre Ansprechpartnerin / Ihren Ansprechpartner über Ihre Arbeitsunfähigkeit und reichen Sie die ärztliche Bescheinigung spätestens vor Ablauf des dritten Kalendertags nach Eintritt der Arbeits-unfähigkeit beim Jobcenter ein.

Bitte beachten Sie im Krankheitsfall: Eine ärztlich beschei-nigte Arbeitsunfähigkeit bedeutet nicht zwingend, dass Sie nicht in der Lage sind, einen Meldetermin wahrzunehmen. Die Vorlage einer einfachen Arbeitsunfähigkeitsbescheini-gung kann daher nicht als zwingender Grund für Ihr Nichter-scheinen zum genannten Meldetermin anerkannt werden.

M 6

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Liebe Eltern der Klasse 4b,

hiermit lade ich Sie herzlich zu unserem ersten Elternabend in diesem Schuljahr ein.

Wir treffen uns am Dienstag, den 30.09.2014 um 19:00 Uhr in unserem Klassenraum,

um uns über folgende Themen auszutauschen:

Ablauf 4. Schuljahr » Anzahl der Klassenarbeiten » Themen » Übergang zu den weiterführenden Schulen » Gemeinsame Aktivitäten » Personelle Situation » Informationen zur Klassenfahrt » Sonstiges:

Möglichkeit Fragen und Wünsche zu äußern

Ich freue mich auf den gemeinsamen Abend mit Ihnen und verbleibeMit freundlichen Grüßen

Rosemarie Schmidt

M 7 Elternbrief

Liebe Eltern der Klasse 4b,

hiermit lade ich Sie herzlich zu unserem ersten Elternabend in diesem Schuljahr ein.

Wir treffen uns am Dienstag, den 30.09.2014 um 19:00 Uhr in unserem Klassenraum,

um uns über folgende Themen auszutauschen:

Ablauf 4. Schuljahr »Anzahl der Klassenarbeiten »Themen »Übergang zu den weiterführenden Schulen »Gemeinsame Aktivitäten »Personelle Situation »Informationen zur Klassenfahrt »Sonstiges:

Möglichkeit Fragen und Wünsche zu äußern

Ich freue mich auf den gemeinsamen Abend mit Ihnen und verbleibeMit freundlichen Grüßen

Rosemarie Schmidt

M 7

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 8

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

2. Baustein: Hintergrundinformationen zu funktionalem Analphabetismus

» Ziele: Die Teilnehmenden erwerben Wissen und entwickeln einen differenzierten Blick auf das Thema und die Relevanz von funktionalem Analphabetismus wird ihnen klar.

» Inhalt und Vorgehen: Ausgewählte Inhalte der leo.-Level-One Studie werden in Form eines Vortrags präsentiert. In den folgenden Einheiten wird den Trainerinnen oder Trainern Hintergrundwissen zu den Themen Alphabetisierung und Grundbildung gegeben. Je nach zeitlichem Rahmen sollte die Trainerin oder der Trainer selbst entscheiden, wie viel Zeit für diesen Baustein genutzt wird und welche Folien ggfs. weggelassen werden.

A. Definitionen

» Ziel der Einheit: Die Teilnehmenden lernen eine Definition von funktionalem Analphabetismus kennen und erwerben Wissen um die Verwendung des Begriffes.

» Hintergrundwissen: Funktionaler Analphabetismus ist gegeben, „wenn die schriftsprachlichen Kompetenzen von Erwachsenen niedriger sind als diejenigen, die minimal erforderlich sind und als selbstverständlich vorausgesetzt werden, um den jeweiligen gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden. Diese schrift-sprachlichen Kompetenzen werden als notwendig erachtet, um gesellschaftliche Teilhabe und die Realisierung individueller Verwirklichungschancen zu eröffnen.“1. Funktionaler Analphabetismus bedeutet somit nicht, gar nicht lesen und schreiben zu können, sondern bezieht das gesellschaftliche Umfeld mit ein, in dem eine Person lebt. Von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen zu sein kann in Deutschland z. B. bedeuten, Formulare nicht ausfüllen zu können, den Elternbrief aus der Schule oder die Warnhinweise am Arbeitsplatz nicht lesen zu können.

Ein weiterer umfassender Begriff ist „Grundbildung“: Dies bezeichnet die Minimal-voraussetzungen an Wissensbeständen, Kenntnissen, Fertigkeiten, personalen und sozialen Kompetenzen, die für Orientierung, aktives Handeln und Teilhabe in der Gesellschaft notwendig sind. Sie sind auch Voraussetzung für jeden weiteren Wissenserwerb. Grundbildung hat zum Ziel, Menschen durch Lernan-gebote zu unterstützen, diese Minimalvoraussetzungen zu erwerben.

» Vorgehen: Die Trainerin oder der Trainer erklärt anhand von PPT-Folie 7 was funktionaler Analphabetismus ist und wie mit diesem Begriff umzugehen ist. Ein Bewusstsein für den Begriff der Grundbildung wird geschaffen.

3 Minuten

1 Grotlüschen / Riekmann

2012, S. 17

Power-Point-Folie 7

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 9

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

B. Größenordnung

» Ziel der Einheit: Den Teilnehmenden wird die Größenordnung des funktionalen Analphabetismus in Deutschland bewusst.

» Hintergrundwissen: Nach der im Februar 2011 von der Universität Hamburg veröffentlichten leo. – Level-One Studie leben in Deutschland 7,5 Millionen Erwachsene, die nicht ausreichend lesen und schreiben können. Das sind 14,5 Prozent der erwerbs-fähigen Bevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren. Die betroffenen Personen können oft zwar einzelne Sätze lesen und schreiben, nicht jedoch zusammen-hängende Texte. Aufgrund ihrer begrenzten schriftsprachlichen Kompetenzen sind sie nicht ausreichend in der Lage, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Hinzu kommen 13,3 Millionen Menschen, die fehlerhaft schreiben. Das bedeutet, dass sie die Rechtschreibung, wie sie bis zum Ende der Grundschule unterrichtet wird, nicht hinreichend beherrschen und auch bei gebräuchlichen Wörtern langsam oder fehlerhaft lesen und schreiben.2

» Vorgehen: Die Trainerin oder der Trainer nutzt PPT-Folie 8 um den Teilnehmenden einen Überblick über Kennziffern der leo.-Level One Studie zu geben. Auch sollte an dieser Stelle auf die 13,3 Millionen Bürgerinnen und Bürgern mit Fehlerhaftem Schreiben eingegangen werden, um zu erklären, dass diese per Definition nicht zu funktionalen Analphabetinnen und Analphabeten gehören, aber dennoch Schwierigkeiten mit der Schriftsprache haben. Damit ergibt sich eine Gesamt-zahl von über 20 Mio. Personen, die nicht fehlerfrei Lesen und Schreiben können.

Tipp: In der Praxis hat sich gezeigt, dass an dieser Stelle häufig weitere Fragen zum Aufbau oder Inhalt der Studie von besonders interessierten Teilnehmenden kommen. Es ist daher lohnenswert, sich mit den vertiefenden Informationen (siehe Infokasten) zur Studie auseinanderzusetzen und die Fakten gut zu memorieren. Weiterhin hat sich gezeigt, dass viele der Teilneh-menden an einem europäischen Vergleich interessiert sind und eine Recherche aktueller Daten lohnt.

Exkurs: Die leo. – Level-One Studie Als das Bundesministerium für Bildung und Forschung 2008 den Förderschwer-punkt „Forschung und Entwicklung zur Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener“ auflegte, trat die Frage nach der Größenordnung des funktionalen Analphabetismus in den Vordergrund. Zuvor hatte man sich nur auf begründete Schätzungen des Bundesverbandes Alphabetisierung und Grundbildung verlassen. In der leo. – Level-One Studie, kurz: leo.-Studie, bestimmten Prof. Dr. Anke Grotlüschen und Dr. Wibke Riekmann von der Universität Hamburg zum ersten Mal die Größenordnung des funktionalen Analphabetismus in Deutschland. Dazu erhoben sie mit Hilfe einer interviewbasierten Befragung eine Zufallsstichprobe (ca. 8500 Befragte bundesweit) von in Deutschland lebenden Personen zwischen 18 und 64 Jahren. Das Forschungs team kam zu dem Ergebnis, dass schätzungsweise 7,5 Millionen Menschen zu dieser

3 Minuten

2 vgl. Grotlüschen / Riekmann

2012, S. 20

Power-Point-Folie 8

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 10

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Gruppe zählen. Neben der Bestimmung der Größenordnung des Phänomens konnte die leo.-Studie weitere wichtige Daten erheben, z. B. Altersverteilung und Beschäftigungsverhältnis. Die leo.-Studie hat einen wichtigen Beitrag geleistet, die Thematik mangelnder Grundbildungskenntnisse öffentlich bekannter zu machen und gängige Klischees aufzubrechen. So zeigt die leo.-Studie ein differenzierteres Bild: Mehrheitlich stehen die Betroffenen im Berufsleben, haben weit überwie-gend einen Schulabschluss und sind nicht in erkennbarem Maße stärker sozial isoliert als andere Teile der Gesellschaft3. Bis Jahresende 2019 wird eine Follow-Up Studie durchgeführt, die sog. LEO-Grundbildungsstudie. Dabei sollen die Lese- und Schreibkompetenzen Erwachsener differenzierter analysiert und darüber hinaus mehr Daten zum Alltagshandeln und zum Hintergrund betroffener Personen erhoben werden.

Tipp: Häufig kann es bei der Vorstellung der Studie zu vermehrten Fragen und intensiven Diskussionsrunden kommen. Anmerkungen richten sich dabei zumeist auf die Altersbegrenzungen der Studie und das deutsche Bildungssystem. Dabei wird die Praxis „Schreiben nach Gehör“, die in den vergangenen Jahren und z. T. auch noch heute an Grundschulen angewendet wird meist kritisiert. Trainerinnen und Trainer sollten hier darauf hinweisen, dass diese Praxis „jung“ ist und daher die Studienteilnehmer nicht betrifft. Bezüglich der Zielgruppen kann auf den Arbeitsmarktbezug der Studie verwiesen werden.

C. Größenordnung des funktionalen Analphabetismus in der eigenen Region

» Ziel der Einheit: Die Teilnehmenden werden sich der Größenordnung des funktionalen Analphabe-tismus in der eigenen Kommune bewusst und erkennen ihre Nähe zu potentiell Betroffenen.

» Hintergrundwissen: Da es zur Größe dieser Bevölkerungsgruppe in den Kommunen keine statistischen Daten gibt, kann die Zahl anhand der folgenden Formel geschätzt werden:

Einwohnerzahl x 0,63 x 0,145

Erklärung der Formel: Die leo.-Studie geht davon aus, dass rund 63 % der Bevölkerung zwischen 18 und 64 Jahre alt sind (Einwohnerzahl x 0,63 = Geschätzte Anzahl der 18- bis 64-Jährigen in der Region). Die Studie geht weiterhin davon aus, dass rund 14,5 % dieser Altersgruppe funktionale Analphabetinnen und Analphabeten sind (geschätzte Anzahl der 18- bis 64-Jährigen x 0,145 = geschätzte Anzahl der erwerbsfähigen funktionalen Analphabetinnen und Analphabeten in der Region).

» Vorgehen: Die Angaben zur Größenordnung des funktionalen Analphabetismus bleiben für viele Teilnehmende abstrakt. Greifbarer wird es, wenn die Trainerin oder der Trainer die Zahl auf die Kommune umrechnet und diese Daten auf der Power-Point-Folie darstellt. Natürlich wird diese Formel nicht auf jede Kommune so

3 Vgl.

http://blogs.epb.uni-hamburg.de/

leo/?p=7

3 Minuten

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 11

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

zutreffen, da sie regionale demografische und strukturelle Faktoren außer Acht lässt. Dennoch kann die Angabe helfen, die Größenordnung des Problems für die Teilnehmenden anschaulicher und alltagsnäher zu machen. Dabei sollte allerdings betont werden, dass es sich nur um eine Schätzung handelt, da die Studie nicht nach Regionen differenziert ist.

Tipp: Wenn der Trainerin oder dem Trainer die Information vorliegt, wie viele Teilnehmende es in der Region in Grundbildungskursen gibt, kann diese (meist sehr niedrige) Zahl als guter Kontrast zur Gesamtzahl genommen werden und den Bedarf an Beratung durch die Teilnehmenden aufzeigen.

D. Die Alpha-Levels

» Ziel der Einheit: Die Teilnehmenden vertiefen ihr Verständnis des Themas und werden sich über die Diversität der Betroffenen klar durch das Kennenlernen der Alpha-Levels.

» Hintergrundwissen: Funktionale Analphabetinnen und Analphabeten haben vielfältige Hintergründe, deshalb ist es problematisch, sie in Gruppen einzuteilen. Die leo.-Studie unter-scheidet dennoch sogenannte „Alpha-Levels“, die sich für die Beratung und die Einstufung der Teilnehmenden gut eignen. Außerdem kann der weitere Lernver-lauf einzelner Personen dadurch besser unterstützt werden, da für diese Levels entsprechende Lernmaterialien vorliegen.

Eine Person, die in das Alpha-Level 1 (PPT-Folie 10) eingestuft wird, kann einzelne Buchstaben erkennen und schreiben, die Wortebene wird jedoch nicht erreicht. Dies betrifft in Deutschland 0,3 Millionen der erwachsenen Bevölkerung. Über 70 Prozent der Personen auf Alpha-Level 1 sprechen Deutsch als Zweit-sprache. Die leo Grundbildungsstudie wird auch diesen Aspekt differenziert betrachten.

Wenn eine Person zwar einzelne Wörter lesen und schreiben kann, jedoch keine Sätze, befindet sie sich auf Alpha-Level 2 (PPT-Folie 11). Dies betrifft laut der leo.-Studie rund zwei Millionen Menschen.

Auf Alpha-Level 3 (PPT-Folie 12) kann eine Person zwar einzelne Sätze lesen und schreiben, scheitert jedoch an zusammenhängenden – auch kürzeren – Texten. Dies betrifft 5,2 Millionen Menschen in Deutschland.

Personen, deren Lese- und Schreib-Kompetenzen man in die Alpha-Levels 1-3 einstuft, werden der Gruppe der funktionalen Analphabeten zugerechnet.

Personen auf Alpha-Level 4 (PPT-Folie 13 und 14) können bei Verwendung eines alltäglichen Wortschatzes so lesen und schreiben, dass der Sinn der Texte erfasst werden kann, es kommt jedoch zu vielen Fehlern. In Deutschland betrifft dies 13,3 Millionen erwerbsfähige Menschen. Der Text auf PPT-Folie 14 sollte wenn möglich vorgelesen werden, um noch einmal darauf hinzuweisen, dass mündliche und schriftliche Ausdrucksweisen auseinander gehen können.

5 Minuten

Power-Point-Folie 10

Power-Point-Folie 11

Power-Point-Folie 12

Power-Point-Folie 13

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 12

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

» Vorgehen: Die Trainerin oder der Trainer präsentiert die Alpha-Levels anhand der Folien 10 – 14. Die Teilnehmenden werden durch Rückfragen eingebunden, bspw. ob ihnen bestimmte Arten des Schreibens vertraut sind. In der Regel sind die Teilnehmenden bereits mit Alpha-Level 3 und 4 in Berührung gekommen und können aus der Praxis berichten.

E. Funktionaler Analphabetismus und Migration

» Ziel der Einheit: Die Teilnehmenden werden sich bewusst, dass funktionaler Analphabetismus nicht nur ein Thema des Asylbereiches ist.

» Hintergrundwissen: Funktionaler Analphabetismus ist nicht nur ein Thema des Asylbereichs: Unter den 7,5 Millionen sprechen 4,4 Millionen funktionale Analphabetinnen und Analphabeten Deutsch als Erstsprache. 3,1 Millionen Menschen haben eine andere Erstsprache. Es ist nicht bekannt, wie viele funktionale Analphabetinnen und Analphabeten in Deutschland aufgewachsen und zur Schule gegangen sind. 5,3 Millionen funktionale Analphabetinnen und Analphabeten besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft. Zur Ermittlung, wer an der Studie teilnehmen kann, wurde die mündliche Sprachbeherrschung als Grundlage genommen.

Unter Migranteninnen und Migranten gibt es üblicherweise auch Personen, die in ihrer Muttersprache alphabetisiert sind, jedoch das lateinische Schriftbild nicht oder nur unzureichend beherrschen. Diese sog. Zweitschriftlernerinnen und Zweitschriftlerner gelten jedoch nicht als funktionale Analphabetinnen und Analphabeten, da sie mit dem Konzept von mündlicher und schriftlicher Sprach-lichkeit vertraut sind und den Umgang von Schriftsprache (zumindest im ursprünglichen Kulturraum) beherrschen. Seit 2017 wird auch im Bereich der Integrationskurse nach diesen Kriterien eingestuft. Daher gibt es spezielle (längere) Kurse für primäre und funktionale Analphabetinnen und Analphabeten.4 Für Zweitschriftlerner wurde ebenfalls ein spezielles Kurskonzept entwickelt.5

» Vorgehen: Die Trainerin oder der Trainer erklärt die Aufteilung auf Muttersprachler und Nicht-Muttersprachler (PPT-Folie 15). Dabei soll deutlich werden, dass Lese-und Schreibschwierigkeiten verschiedene Gründe haben können.

Tipp: Im Rahmen einer Fortbildung im Jobcenter bzw. der Bundesagentur für Arbeit kann die Trainerin oder der Trainer mit den Mitarbeitenden gemeinsam überlegen, wie sie mit Ausländerinnen und Ausländern mit Sprach- / Schrift-schwierigkeiten normalerweise umgehen. Häufig werden diesen berufsbezogene Sprachförderungsmaßnahmen empfohlen. Im Plenum kann überlegt werden, wie geprüft werden kann, ob Probleme mit dem Lesen und Schreiben vorliegen und welche Grundbildungskurse geeignet wären.

5 Minuten

4 Bundesamt für Migration und

Flüchtlinge, 2015.5 Bundesamt für Migration und

Flüchtlinge, 2018.

Power-Point-Folie 15

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 13

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

F. Schulabschluss

» Ziel der Einheit: Den Teilnehmenden wird bewusst, dass vor allem Personen mit geringen schulischen Erfolgen von Schriftsprachdefiziten betroffen sind. Sie lernen Erklärungsansätze kennen, weshalb es auch eine Minderheit an hochgebildeten funktionalen Analphabetinnen und Analphabeten gibt.

» Hintergrundwissen: Von den funktionalen Analphabetinnen und Analphabeten, die in Deutschland zur Schule gegangen sind, hat die Mehrheit einen Haupt-, Volks- oder Förderschul-abschluss (48 % gemäß Studie). Weitere 19 Prozent haben die Schule gar nicht abgeschlossen. Das deutsche Schulsystem erlaubt einem Schüler oder einer Schülerin die Schule zu verlassen, wenn er oder sie mindestens 9 Jahre in der Schule verbracht hat. Diese Anzahl an Jahren kann aber auch durch Wiederho-lung erreicht werden, wodurch es zu alarmierenden Zahlen an sogenannten Schulabbrechern kommt (im Jahr 2016 waren es bundesweit ca. 49.000).6 Diese Zusammenhänge von mangelnder Grundbildung und niedrigem Schulabschluss sind meist erwartet. Jedoch gibt es auch in den mittleren und höheren Schulab-schlüssen viele Personen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten. Laut der leo.-Studie verfügen 19% der funktionalen Analphabetinnen und Analphabeten in Deutschland über einen mittleren Schulabschluss (10. oder 11. Schuljahre). Für noch mehr Erstaunen sorgt zumeist die Tatsache, dass weitere 12 % über einen höheren Bildungsabschluss verfügen (Fachabitur / Abitur). Vermutet wird, dass es sich dabei häufig um im Ausland erworbene Abschlüsse handelt und somit Schrift - sprachdefizite in der Zweitsprache Deutsch existieren. Andere Erklärungsansätze weisen auf Erkrankungen oder Unfälle in der Kindheit hin, die den schulischen Lernprozess unterbrechen. Die folgende LEO-Grundbildungsstudie wird sich auch mit den Ursachen näher beschäftigen und hoffentlich mehr Aufschluss bringen.

» Vorgehen: Die Trainerin oder der Trainer präsentiert (PPT-Folie 16) die Zahlenwerte. Dabei kann es je nach Gruppe gut funktionieren, zunächst nur die Verteilung ohne die dazu - gehörige Legende zu zeigen und die Gruppe raten zu lassen, welcher farblich gekennzeichnete Anteil für welche Art des Schulabschlusses steht. Fast immer wird dabei das kleinste Stück fälschlicherweise den höheren Bildungsabschlüssen zugewiesen. Dadurch wird Aufmerksamkeit und Beschäftigung mit der Thematik erzeugt.

G. Altersverteilung

» Ziel der Einheit: Die Teilnehmenden erfahren, dass es keine „typische“ Gruppe an funktionalen Analphabetinnen und Analphabeten gibt, sondern Bedarfe in jeder Altersklasse ausgeprägt ist.

» Hintergrundwissen: Der größte Anteil der Betroffenen ist zwischen 50 und 64 Jahre alt (32,6 %). Da die leo.-Studie nur das erwerbstätige Alter bis 64 abgefragt hat, kann aber davon ausgegangen werden, dass auch unter Senioren funktionaler Analphabetismus verbreitet, jedoch nicht statistisch erhoben ist.

3 Minuten

6 Statistisches Bundesamt, 2018

Power-Point-Folie 16

3 Minuten

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 14

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Gerade ältere Betroffene haben das Lesen und Schreiben in einigen Fällen wieder verlernt. Etwa weil sie in einfachen (Hilfs-)Tätigkeiten arbeiteten, bei denen Lesen und Schreiben früher kaum eine Rolle spielte. Auch die Nachkriegsjahre und die geburtenstarken Jahrgänge der 50er und 60er tragen zu einer schwachen Bildungssituation bei. 19,9 % sind zwischen 18 -29 und weitere 20,6 % zwischen 30 -39 Jahre alt. Diese Daten zeigen, dass insbesondere in der Förderung von jungen Personen, die sich noch in der Berufsausbildung befinden oder eine suchen ein großes Potential steckt, funktionalen Analphabetismus langfristig zu verringern. Außerdem wird deutlich, dass die meisten Personen noch viele Jahr zehnte im arbeitsfähigen Alter sind und tdaher Maßnahmen zur Arbeitsför-derung greifen sollten (gute Überleitung zu Einheit H).

» Vorgehen: Die Trainerin oder der Trainer vermittelt (PPT-Folie 17) den Teilnehmenden die Altersdaten zu funktionalem Analphabetismus. Gemeinsam kann im Plenum überlegt werden, welche Arten von Förderung die bestimmten Altersgruppen brauchen. Zum Einstieg kann ein ähnliches Vorgehen wie in Einheit F ange-wendet werden, wobei die Trainerin oder der Trainer die Folie zu Beginn nicht zeigt und die Gruppe nach ihren Erwartungen zur Altersstruktur befragt.

Tipp: Die Trainerin oder der Trainer sollte vermeiden, zu sehr auf die Ursachen an dieser Stelle einzugehen, auch wenn Rückfragen kommen, da dieses Thema in Einheit I behandelt wird.

H. Erwerbsstatus und Berufsgruppen

» Ziel der Einheit: Die Teilnehmenden werden sich bewusst, dass sich ein hoher Anteil von funktionalen Analphabetinnen und Analphabeten in Beschäftigungsverhältnissen befindet und lernen die besonders betroffenen Branchen kennen.

» Hintergrundwissen: Die Daten der leo.-Studie zeigen, dass von den funktionalen Analphabetinnen und Analphabeten knapp 57 Prozent erwerbstätig sind. Weitere 17 Prozent sind arbeitslos; 10,1 Prozent sind zu Hause; 6,3 Prozent beziehen Frührente und 2,3 Prozent sind erwerbsunfähig. Diese Zahlen belegen, dass rund 4,2 Millionen funktionale Analphabetinnen und Analphabeten, trotz erheblicher Einschrän-kungen, am Erwerbsleben teilnehmen. Es zeigt sich, dass einige Branchen und Tätigkeitsfelder besonders betroffen sind. In Branchen, in denen ohne Berufs-ausbildung gearbeitet werden kann, wie etwa Bauwesen, Reinigung, Transport oder Hausverwaltung gelten ein Drittel oder mehr Beschäftigte als funktionale Analphabetinnen und Analphabeten.

» Vorgehen: Hier kann die Trainerin oder der Trainer mit der Frage einsteigen, ob es Berufe gibt, in denen man nicht lesen und schreiben können muss. Dabei können gesellschaftliche Entwicklungen kurz diskutiert werden, dass die Lese- und Schreibanforderungen auch in Berufsfeldern mit bisher wenig schriftsprachlichen Ansprüchen zunehmen. Beispielsweise ist es im Berufsfeld der Reinigungskräfte nicht mehr ausreichend den Raum zu säubern, sondern es müssen verschiedene

Power-Point-Folie 17

5 Minuten

Power-Point-Folie 19

Power-Point-Folie 18

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 15

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Spezialreinigungsmittel voneinander unterschieden und deren Verwendung nach - gelesen werden. Im Pflegeberuf, welcher bis Mitte der 1970er noch lediglich als Anlernberuf galt, stehen heute die Inhalte „Planen, Durchführen, Dokumentieren und Evaluieren“ im Lehrplan. In den beiden zur Einheit gehörenden PPT-Folien (18 – 20) können die Daten und anschauliche Beispiele präsentiert werden.

I. Ursachen

» Ziel der Einheit: Die Teilnehmenden gewinnen einen Überblick über die möglichen, komplexen Ursachen des funktionalen Analphabetismus.

» Hintergrundwissen: Die Ursachen für funktionalen Analphabetismus sind vielfältig, von Fall zu Fall verschieden und ergeben sich in der Regel aus einem Zusammenspiel unter-schiedlicher Faktoren. Manchmal trägt bereits das familiäre Umfeld bei: Das Kind lebt in einem Haushalt ohne Lese- oder Schreibvorbilder, finanzielle Probleme der Familie oder eine beengte Wohnsituation können zu einer Leseunkundigkeit beitragen. In der Schule können mangelnde Förderung, überfordertes Lehrper-sonal oder Mobbing dazu beitragen, dass Lesen und Schreiben nicht ausreichend gelernt wird. Oft spielen auch persönliche, gesundheitliche oder situative Faktoren eine Rolle: Seh- oder Hörschwierigkeiten werden (zu) spät erkannt, der frühe Lernprozess wird z. B. durch Krankheit unterbrochen, die Person hat ein geringes Selbstvertrauen und wenig Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten oder musste häufig die Schule wechseln.

Nicht zuletzt können auch kulturelle Faktoren ausschlaggebend sein, z. B. wenn eine Betroffene oder ein Betroffener nach Deutschland eingewandert ist und der Bedarf an nachholender Alphabetisierung nicht erkannt wird.

» Vorgehen: Anstatt hier den Inhalt der PPT-Folie (21) frontal vorzutragen, kann die Trainerin oder der Trainer an dieser Stelle auch verschiedene Übungsformen wählen. Die Gruppe kann anhand der gelesenen Texte mögliche Ursachen zusammentra-gen, die Trainerin oder der Trainer schreibt auf einer Flipchart mit und ergänzt.

Zum Einstieg oder Abschluss der Einheit eignet sich das DVV-Lernvideo „Erkennen und Ursachen – Funktionaler Analphabetismus in Kommunen“ von Minute 0:42 bis 1:15. Hier werden einige der oben genannten Ursachen erwähnt und können durch die Trainerin oder den Trainer durch weitere Ideen aus dem Plenum ergänzt werden.

Übung „Lernerbiografien“

» Benötigtes Material: Kopien von M3 oder M4

» Ablauf: Die Trainerin oder der Trainer teilt jeweils zwei Lernerbiografien an die Zweier-gruppen aus. Jeder Partner liest eine Biografie und fasst diese für den anderen

Power-Point-Folie 20

10 Minuten

Power-Point-Folie 21

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

M 3 Mein Lebensweg war steinig

1965 kam ich als viertes Kind, fünfzehn Jahre nach meinem jüngsten Bruder zur Welt. Als ich in die erste Klasse kam, hatte ich Schwierigkeiten im Schreiben. Somit musste ich dann die zweite Klasse wiederholen. Mein Selbstbewusstsein wurde dadurch nicht gerade gestärkt. Mein Satz, den ich öfters aussprach, hieß: „Ich kann das sowieso nicht!“

So kam ich aus der Schule und machte dann das Haushaltslehrjahr bei einem Bauern. Nach einem Jahr musste ich dann eine Prüfung absolvieren. Bestanden: 5,1. Super! Happy! Habe bestanden! Meine Lehrmeisterin meine zu mir, du hast die Note nicht verdient. So war mein Selbstbewusstsein im Keller.

Ab dem Jahr 2003 arbeitete ich an einem Kiosk als Aushilfe. Als meine Chefin 2008 einen Kiosk übernahm, bekam ich die Chance zur Filialleiterin aufzusteigen. Ich traute es mir wieder mal nicht zu. Dank meiner Familie und Kollegen, die mir gut zusprachen, nahm ich die Chance doch wahr. So konnte ich allen beweisen, dass ich doch was kann. Nach acht Jahren habe ich gekündigt und arbeite jetzt als normale Verkäuferin. Auch da habe ich öfters Rückschläge, weil ich viel schreiben muss und viele Fehler mache. Das ist sehr peinlich. Nun besuche ich einen Kurs im Schreiben für Erwach-sene. Da lerne ich sehr viel.

Mein Lebensweg war schwierig, aber trotzdem überwindbar. Auch wenn man meint, es geht nicht mehr, kommt doch noch alles gut.

Autorin: Heidi Frankhauser

M 3

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 16

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

kurz zusammen. Beide suchen nun gemeinsam nach den Ursachen, die in den Biografien beschrieben werden. Anschließend werden die Ergebnisse im Plenum gesammelt. Bei dieser Übung bietet es sich auch an, dass DVV-Video anstatt als Einstieg als Zusammenfassung zum Abschluss der Einheit zu verwenden.

Tipp: Dieses Thema muss von den Trainerinnen und Trainern sensibel angegangen werden, denn es handelt sich bei der Aufzählung um mögliche Ursachen, nicht aber um bedingende Faktoren. Zumeist führt außerdem ein Zusammenwirken mehrerer Faktoren zu Problemen im Lesen und Schreiben. Dies sollte von der Trainerin oder dem Trainer betont werden.

Exkurs: Funktionaler Analphabetismus und Legasthenie Ziele: Die Teilnehmenden erkennen einen möglichen Zusammenhang zwischen Legasthenie und funktionalem Analphabetismus. Da immer wieder nach den Unterschieden von funktionalem Analphabetismus und Legasthenie gefragt wird, kann ein Exkurs zum Thema eingebaut werden. An dieser Stelle kann nicht auf die teilweise kontroversen Diskussionen zum Thema eingegangen werden. Folgende Ausführungen sind daher als Hinter-grundwissen für den Trainer oder die Trainerin gedacht und können auf Nachfrage vorgetragen werden. Zwar lässt sich nach der leo.-Studie funktiona-ler Analphabetismus im unteren Bildungsbereich nur in geringem Maße durch das Vorliegen einer Legasthenie erklären. Aber jede zweite Person im unteren Bildungsbereich, die von Legasthenie betroffen ist, zählt in der Diktion der leo.-Studie zu den funktionalen Analphabeten.7 Die Lese-Rechtschreibstörung, Legasthenie oder auch Dyslexie bezeichnet eine neurologisch-phonologisch bedingte Entwicklungsstörung des Leseler-nens, die oft genetisch bedingt ist. Während die Hauptursache für Legasthenie Defizite in der phonologischen Informationsverarbeitung sind, ist der Analpha-betismus eher durch soziale Gründe bedingt.8 Wenn aber beide Ursachen interagieren und zusammenspielen, dann kann eine Legasthenie eine (weitere) Ursache von Analphabetismus sein, denn soziale Faktoren kommen hinzu und verstärken die Problematik. Wird eine solche Entwicklungsstörung phonologischer Kompetenzen bedingt durch soziale Problemlagen nicht adäquat behandelt, kann es zu funktionalem Analphabetismus kommen. Eine vorliegende Legasthenie erfordert eine gezielte Förderung und eine Zusammenarbeit von Eltern, Schule und außer-schulischer Förderung. Es ist ersichtlich, dass z. B. Eltern, die aus verschiede-nen Gründen nicht in der Lage sind, sich hier engagiert und aktiv einzubringen, ihren Kindern möglicherweise wichtige Hilfe und Unterstützung vorenthalten. Damit festigen sich Lernprobleme und die betroffenen Kinder werden später Lesen und Schreiben meiden. Es kommt zu den bereits in den anderen Bausteinen geschilderten Ausweichstrategien. Somit liegt durchaus die Vermutung nahe, dass unter den funktionalen Analphabetinnen und Analpha-beten Menschen mit einer Legasthenie zu finden sind.

7 http://blogs.epb.uni-hamburg.

de/leo/files/2012/07/leo.-News-

letter-07-2012-Legasthenie.pdf

8 vgl. Grosche 2012, S. 258

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

M 4 Der erste Schritt war der schwerste

Uwe Boldt arbeitet im Hamburger Hafen, einem der modernsten Containerhäfen der Welt. Der Kranführer liebt seine Arbeit – aber ohne richtig Lesen und Schreiben zu können, kam er beruflich irgendwann nicht weiter. Also meldete er sich nach langem Hin und Her für einen Volkshochschulkurs an.

Schienenzange. Oder Schinnenzahnge? Uwe Boldt ist unsicher, versucht das Wort in seine Lautsilben zu zerlegen, spricht es sich vor, seufzt und versucht es noch mal. Ein schwieriges Wort für den 52-Jährigen, der in der Schule nie richtig Lesen und Schreiben gelernt hat. Also umschreibt er es lieber. „Das sind dann zwar mehr Wörter, aber bei denen weiß ich inzwischen, wie sie geschrieben werden“, erklärt der Norddeutsche grinsend. Uwe Boldt ist funktiona-ler Analphabet, laut leo. – Level-One Studie der Universität Hamburg einer von 7,5 Millionen in Deutschland. Seit zehn Jahren lernt er in Alphabetisierungskursen, zweimal die Woche, „aber auch mal mit Unterbrechungen“, sagt er. Dabei lacht er laut und kernig – sich davon unterkriegen zu lassen, kam für ihn nie in Frage.

Schreiben fiel ihm schwer Uwe Boldt ist Gegenwind gewohnt. Seit er 18 Jahre alt ist, arbeitet er im Hamburger Hafen, die Schule hat er nach der 9. Klasse verlassen. Rechnen, Sport und Werken fielen ihm leicht, Sitzen geblieben ist er nie, nur mit dem Schreiben hatte er immer Probleme. „In meinem Zeugnis stand, ‚versetzt aus pädagogischen Gründen‘“, erinnert er sich heute. Im Klassenraum saß er in der letzten Reihe, dort, wo er nicht weiter auffiel. Ein Abschlusszeugnis besitzt er nicht. Trotzdem hat er nach der Schule eine Ausbildung zum Hafen- facharbeiter absolviert. Lesen, das konnte er ein bisschen. Und um das Schreiben kam er irgendwie immer drum herum.

Vom Hafenarbeiter zum KranfahrerHeute sitzt er in schwindelerregender Höhe und hievt mit seinem Kran schwere Frachten im Hamburger Hafen. Vom

Hafenarbeiter zum ausgebildeten Kran- und Container-brückenfahrer – damit er so weit kommen konnte, erwarb Uwe Boldt nach und nach alle nötigen Scheine: „Ich liebe meine Arbeit, ich wollte weiterkommen, beruflich aufsteigen“, erzählt er rückblickend. Kürzlich hat er sogar eine Qualifizierung zum Gefahrengütertransporter absolviert – „da musste ich die Antworten teilweise selber schreiben, aber das war kein Problem“, so der 52-Jährige. Schon lange wollte er diesen wichtigen Schein machen, aber ohne ausreichende Lese- und Schreibkompetenz war das zu riskant. Seit er aber regelmäßig in der Volkshochschule seiner Heimatstadt Lüneburg lernt, geht er solche Dinge viel selbstbewusster an.

Es hat mehrere Anläufe gebrauchtDabei wollte er eigentlich nie da hin, zur Volkshochschule. Viel zu groß war die Scham. Einmal startete er einen halb - herzigen Versuch, vor 20 oder 30 Jahren. Sechsmal ist er an der Fassade der Volkshochschule vorbeigegangen. Und am Ende wieder nach Hause. Erst als er in der Zeitung vom ALFA-MOBIL las, einer mobilen Informationsstelle des Bundesverbandes Alphabetisierung und Grundbil-dung e. V. –, machte er Nägel mit Köpfen. „Ich bin da also hin und hab’ gleich einen Termin gemacht“, erzählt Uwe Boldt. Doch dieser erste Schritt fiel ihm immer noch schwer: „Ich musste mich schon überwinden, in den Unterrichtsraum zu gehen.“ Heute ist er froh, diese Tür geöffnet zu haben: „Wir helfen uns gegenseitig. Und ich fühle mich wohl mit meiner Lehrerin und den anderen im Kurs. Es hat mir gut getan zu sehen, dass es anderen ähnlich geht wie mir“, unterstreicht Uwe Boldt.

Quelle: Kampagne Mein Schlüssel zur Welt, online verfügbar unter URL:

https://www.mein-schlüssel-zur-welt.de/de/schritt-fuer-schritt-dem-aufstieg-entgegen-1716.html

(Stand: 04/2018). Gekürzte Version

M 4

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 17

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

3. Baustein: Lebenswelten und Erkennen von betroffenen Personen

» Ziele: Die Teilnehmenden erhalten einen Einblick in Lebenswelten von Betroffenen; dies weckt Verständnis für Situationen, denen funktionale Analphabetinnen und Analphabeten im Alltag ausgesetzt sind und hilft, mögliche Betroffene und ihre Strategien zu erkennen.

» Inhalt und Vorgehen: Die Lebenswelten von funktionalen Analphabetinnen und Analphabeten sind vielfältig und sehr heterogen. Im Alltag gibt es Herausforderungen und Stigma-tisierungen, mit denen viele Betroffene täglich umgehen. Diese sind Personen, die lesen und schreiben können, meist nicht bewusst. Deshalb erhalten die Teilnehmenden anhand von Videos und Texten einen Einblick in Lebenswelten von Betroffenen. Daraus können im nächsten Schritt Strategien abgeleitet werden, mit denen Betroffene zu verbergen versuchen, dass sie Probleme mit dem Lesen und Schreiben haben. Davon können Anzeichen abgeleitet werden, die helfen können, eine betroffene Person zu erkennen. Im letzten Schritt sollen die Teilnehmenden reflektieren, wo sie mit funktionalen Analphabetinnen und Analphabeten zu tun haben könnten.

A. Lebenswelten von funktionalen Analphabetinnen und Analphabeten

» Ziel der Einheit: Den Teilnehmenden wird klar, mit welchen Schwierigkeiten funktionale Anal-phabetinnen und Analphabeten im beruflichen Alltag umgehen müssen. Dies stärkt im besten Fall ihre Motivation, Betroffene zu unterstützen.

» Vorgehen: Zum Wiedereinstieg nach einer Pause eignet sich ein Videoausschnitt. In der „Liste an Videos“ finden Trainerinnen und Trainer eine Auswahl von Videos zum Einsatz in der Fortbildung. Die Teilnehmenden bekommen ein genaueres Bild der Hürden, die eine betroffene Person im (beruflichen) Alltag zu überwinden hat. Kaum Lesen und Schreiben zu können bedeutet beispielsweise für viele, dass sie kaum an beruflichen Fortbildungen, aufgrund der Angst, dass sie sich outen könnten, teilnehmen. Durch Automatisierung und Rationalisierung fallen viele einfache Tätigkeiten weg und die schriftlichen Anforderungen auch an einfache Arbeitsplätze steigen. Deshalb haben viele Betroffene schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Im Fall von Arbeitslosigkeit entstehen der Gesellschaft enorme Transferkosten, da die Betroffenen nicht einfach in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Die Praxis hat gezeigt, dass Teilnehmende besonders auf Videos aus dem Lebensalltag Betroffener reagieren, da so Empathie und Reflexions-vermögen geweckt werden. Über die Videos sollte die Trainerin oder der Trainer mit den Teilnehmenden sprechen und in einer Plenumsdiskussion überlegen, welche Hindernisse Betroffenen darüber hinaus begegnen.

15 Minuten

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 18

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Übung „Kompetenzen“

» Benötigtes Material: Moderationskarten, Pinnwand

» Ablauf: Um jedoch nicht eine einseitige Seite der Betroffenheit der Personen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten zu suggerieren und damit selbst zum Stigma beizu-tragen, sollte die Trainerin oder der Trainer im Anschluss an die Videoausschnitte folgende Fragen ins Plenum stellen:

● Welche Kompetenzen helfen Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten, ihren Alltag zu meistern? (Kreativität, gutes Gedächtnis, Flexibilität...)

Die Ergebnisse können von der Trainerin oder vom Trainer auf Moderationskarten festgehalten und an eine Pinnwand angebracht werden. Alternativ kann diese Übung auch als Partnerarbeit durchgeführt werden.

B. Strategien von betroffenen Personen

» Ziel der Einheit: Den Teilnehmenden werden die verschiedenen Strategien bewusst, die von betroffenen Personen angewendet werden, um ihre Lese- und Schreibschwierig-keiten nicht preiszugeben.

» Hintergrundwissen: Betroffene Personen entwickeln unterschiedliche Arten mit ihren Schwierigkeiten umzugehen. Häufig wird jedoch versucht, die Probleme vor dem Umfeld zu verbergen – sogar im privaten Bereich bspw. vor dem eigenen Partner oder den Kindern. Es gibt verschiedene Strategien, dies auch über lange Zeit aufrecht zu erhalten. Die meisten Strategien lassen sich in die Kategorien „Vermeiden“, „Herausreden“ und „Delegieren“ einordnen.

I. VermeidenDie betroffenen Personen vermeiden Situationen, in denen sie mit schrift-sprachlichen Anforderungen konfrontiert werden könnten. Hinweise dafür können z. B. sein:

● Schriftlich zu erbringende Unterlagen werden nicht eingereicht, Schreiben bleiben unbeantwortet.

● Fortbildungen und Schulungen werden abgelehnt, bzw. nicht besucht. ● Die Übernahme anderer Tätigkeiten wird abgelehnt / Beförderungen werden

abgelehnt. ● Elternabende, Versammlungen oder gemeinsame Aktivitäten in der Kita /

Schule werden nicht besucht. ● Aushänge und Hinweiszettel werden nicht beachtet, z. B. dass die Kita wegen

einer Fortbildung früher schließt. ● Einladungen vom Jobcenter / Ämtern / Ärzten wird nicht gefolgt.

25 Minuten

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 19

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

II. HerausredenSind Betroffene in einer Situation, in der sie lesen oder schreiben müssen, versuchen sie, über ihre Schwierigkeiten hinwegzutäuschen. Aussagen können sein:

● „Ich habe meine Brille vergessen.“ ● „Ich habe meine Hand verletzt.“ ● „Das fülle ich lieber zuhause in Ruhe aus.“ ● „Das muss ich erst mit meiner Frau / mit meinem Mann besprechen.“

III. DelegierenFunktionale Analphabetinnen und Analphabeten haben häufig zumindest eine Vertrauensperson in ihrem Umfeld, die sie bei Schreibanlässen unterstützt. Solche Personen können Ehepartner, ältere Kinder, Freunde oder Kolleginnen und Kollegen sein. Problematisch kann sein, dass dies zu Abhängigkeiten oder Co-Abhängigkeiten in Beziehungen führen kann. Teilweise werden Aufgaben auch an Fremde delegiert. Anzeichen und Aussagen können sein:

● Das Formular wird mit nach Hause genommen und ausgefüllt zurück gebracht. ● Mitbringen einer Begleitperson, die das Schreiben übernimmt. ● „Bevor ich das jetzt alles lese, sagen Sie mir doch, worum es geht.“ ● Betroffene zeigen im Empfangsbereich des Jobcenters / des Amtes / beim Arzt

den Brief / die Einladung und fragen, wo sie hin müssen.

» Vorgehen: Die Trainerin oder der Trainer zeigt das DVV-Lernvideo „Erkennen und Ursa-chen - Funktionaler Analphabetismus in Kommunen“ bis Minute 0:42. Hier werden drei Situationen gezeigt, in denen betroffene Personen vor Schwierig-keiten im Alltag gestellt werden. Die Beispiele zeigen, dass Betroffene in unterschiedlichen Lebensbereichen Gefahr laufen, stigmatisiert zu werden. Viele schämen sich und haben Angst vor negativen Reaktionen der Umwelt. Deshalb entwickeln sie Strategien und Verhaltensweisen, um das vermeintliche Stigma zu verbergen und wenden diese zum Teil seit vielen Jahren an.

Übung „Strategien“

» Benötigte Materialien: Moderationskarten, Stifte, Kopien der Lerner-Biografien M2 oder M3, Pinnwand

» Ablauf: In Partnerarbeit sollen die Teilnehmenden sich zu den drei Situationen aus dem Video folgende Fragen stellen:

● Wie reagieren die betroffenen Personen wahrscheinlich im weiteren Verlauf der Situation?

● Wie könnten sie sich verhalten, um diese Situation in Zukunft zu vermeiden?

Die Teilnehmenden sollen sich dabei in die Person hineinversetzen und überlegen, was diese tun könnte, um ihre Lese-und Schreibschwierigkeiten nicht preiszugeben. Die Trainerin oder der Trainer kann dabei an die Übung zur Spiegelschrift bzw. Sütterlin erinnern, um die Hemmungen und Schwierigkeiten einer solchen Situation nachzuempfinden.

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

M 2 Nummer 36

Bedienung:

Ich studiere noch und muss mir etwas nebenher verdienen, um mein Studium finanzieren zu können. Ich arbeite in einem kleinen, gutbürgerlichen Wirtshaus als Kellnerin. Immer wenn ich am Donnerstag Dienst habe, kommt ein Mann, der – nachdem ich ihm die Karte gegeben habe – auch nach langem Studieren der Karte immer, also wirklich immer, die Rinderroulade bestellt. Insgeheim habe ich ihm den Spitznamen „Der Rouladen-Mann“ gegeben, was ich natürlich nie öffentlich sagen würde. Gestern jedoch war die Roulade aus. Deswegen empfahl ich ihm die Nummer 36, der Rollbraten wird ihm bestimmt schmecken. Er stimmte mir auch gleich zu. Da es ein Stammessen war, konnte ich ihm das Gericht schon nach einer Viertelstunde bringen. Ich stellte es hin und wünschte ihm „Guten Appetit!“ Ich fragte später nach, ob es schmeckt. „Sehr gut“, sagte er. Jetzt konnte ich ihn endlich etwas fragen: „Seit einem Jahr kommen Sie regelmäßig hierher zum Abendessen und bestellen immer dasselbe Gericht. Weshalb? Wir haben doch eine sehr gute Auswahl.“ So erfuhr ich, dass er gar nicht lesen konnte, und bot ihm an, ihm am nächsten Donnerstag zu helfen. Und so wurde aus dem Rouladen-Mann der Rollbraten-Mann.

Gast:

Donnerstag ist mein Wirtschaftstag. Wenn ich spät von der Arbeit komme, geht mein Nachhauseweg nicht an einem Landgasthaus vorbei, sondern hinein. Beim schweren Gang zum Essen habe ich da immer Herzklopfen, da ich die Karte nicht lesen kann. Gott sei Dank hatte gestern meine Lieblingsbedienung auch wieder Dienst. Kaum hatte ich mich hingesetzt, brachte sie mir schon die Karte. Ich hatte Hunger, gestern – nur auf Fleisch. Nach einem schnellen Entschluss bestellte ich – wie immer schon – meine Rinderroulade. Ich würde gern mal was anderes essen als Rinderrouladen.

Ich muss lesen lernen. Wenn wir mit mehreren Leuten essen gehen, kann ich nur immer alle fragen: „ Und was isst du?“ Und dann entscheide ich mich für etwas. Ab und zu würde ich auch schon mal einen Nachtisch essen. Es geht aber nicht, da ich nicht weiß, welcher Nachtisch auf der Karte steht. Und dann passierte es: DIE ROULADEN WAREN AUS, wie mir die freundliche Bedienung mit fragenden Augen sagte. Nach meinem verwirrten Blick empfahl sie mir die Nummer 36 und reichte mir noch mal die Karte. Nun war guter Rat teuer. Ich dachte einen Augenblick nach und sagte: “Dann nehme ich selbstverständlich die Nummer 36“. Dabei überlegte ich: „Hoffentlich ist es kein Fisch“. Denn Fisch mag ich überhaupt nicht.“ Als das Essen kam, atmete ich erleichtert auf. Sie hatte eine gute Wahl getroffen. Es war Rollbraten und kein Fisch! Der Rollbraten schmeckte klasse. Endlich mal was anderes! Dass ich das nicht schon vorher probieren konnte! Als die Kellnerin mich fragte, ob es geschmeckt hat, kam die Frage, vor der ich schon immer Angst hatte: „Warum essen Sie eigentlich immer das Gleiche?“ Ich ließ die Katze aus dem Sack: „Mit dem Lesen, das klappt nicht bei mir“, sagte ich mit leiser Stimme und gesenktem Kopf. Sie lächelte und sagte: „Da gibt es Schlimmeres auf der Welt. Ich helfe Ihnen gern.“

Quelle: Der Text stammt von einem Kursteilnehmer der VHS Darmstadt-Dieburg und ist ein Beitrag

zum Literaturwettbewerb „Wir schreiben“ 2009 / 2020 des Deutschen Volkshochschul-Verbandes e. V.

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

M 3 Mein Lebensweg war steinig

1965 kam ich als viertes Kind, fünfzehn Jahre nach meinem jüngsten Bruder zur Welt. Als ich in die erste Klasse kam, hatte ich Schwierigkeiten im Schreiben. Somit musste ich dann die zweite Klasse wiederholen. Mein Selbstbewusstsein wurde dadurch nicht gerade gestärkt. Mein Satz, den ich öfters aussprach, hieß: „Ich kann das sowieso nicht!“

So kam ich aus der Schule und machte dann das Haushaltslehrjahr bei einem Bauern. Nach einem Jahr musste ich dann eine Prüfung absolvieren. Bestanden: 5,1. Super! Happy! Habe bestanden! Meine Lehrmeisterin meine zu mir, du hast die Note nicht verdient. So war mein Selbstbewusstsein im Keller.

Ab dem Jahr 2003 arbeitete ich an einem Kiosk als Aushilfe. Als meine Chefin 2008 einen Kiosk übernahm, bekam ich die Chance zur Filialleiterin aufzusteigen. Ich traute es mir wieder mal nicht zu. Dank meiner Familie und Kollegen, die mir gut zusprachen, nahm ich die Chance doch wahr. So konnte ich allen beweisen, dass ich doch was kann. Nach acht Jahren habe ich gekündigt und arbeite jetzt als normale Verkäuferin. Auch da habe ich öfters Rückschläge, weil ich viel schreiben muss und viele Fehler mache. Das ist sehr peinlich. Nun besuche ich einen Kurs im Schreiben für Erwach-sene. Da lerne ich sehr viel.

Mein Lebensweg war schwierig, aber trotzdem überwindbar. Auch wenn man meint, es geht nicht mehr, kommt doch noch alles gut.

Autorin: Heidi Frankhauser

M 2

M 3

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 20

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Alternativ können auch die Lernerbiografien M2 und M3 an die Zweiergruppen ausgeteilt werden. Insbesondere bei großen Gruppen kann dies zu mehr Variation der Antworten führen. Die Ideen und Ergebnisse werden auf Modera-tionskarten festgehalten und anschließend im Plenum gesammelt. Die Trainerin oder der Trainer pinnt diese an die Pinnwand und versucht, die drei Kategorien „Vermeiden“, „Herausreden“ und „Delegieren“ zu bündeln ohne den Titel dieser Kategorie bereits zu verraten. Am Ende erklärt die Trainerin oder der Trainer die drei Strategiearten.

Abschließend präsentiert die Trainerin oder der Trainer die zusammengefassten Strategien in der PPT-Folie 24, um eine Zusammenfassung zu liefern. An dieser Stelle ist ein gutes Gespür für die Gruppe gefragt: Manche Gruppen erarbeiten die meisten Strategien in der Übung, sodass die Folie nur eine kurze Wieder-holung darstellen sollte. In anderen Gruppen bleiben viele Punkte offen, welche die Trainerin oder der Trainer dann auch mit entsprechenden Alltagsbeispielen näher erklären sollte.

Tipp: Wenn genügend Zeit gegeben und die Gruppe rezeptiv ist, kann die Trainerin oder der Trainer bei einigen Beispielen („Brille vergessen“; „Verletzung“) nach eigenen Erfahrungen im privaten und beruflichen Umfeld fragen. Dies stellt auch eine gute Überleitung zu Einheit C dar.

C. Funktionale Analphabetinnen und Analphabeten im (Berufs-)Alltag erkennen

» Ziel der Einheit: Die Teilnehmenden beziehen das erworbene Wissen auf ihren eigenen Arbeits-alltag und lernen weitere Zeichen im mündlichen und schriftlichen Gebrauch kennen. So wird ihnen klar, wie Sie in Zukunft Personen mit Lese- und Schreib-schwierigkeiten erkennen können.

» Hintergrundwissen: Neben dem Erkennen der oben erklärten Strategien kann es jedoch auch im Gebrauch der schriftlichen und mündlichen Sprache betroffener Personen Anzeichen dafür geben, die auf Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben hinweisen können. Bevor die erste PPT-Folie zum Erkennen beim Schreiben eingesetzt wird, sollte folgende Übung zur Selbsterfahrung durchgeführt werden:

Übung „Selbsterfahrung Schreiben“

Die Teilnehmenden bekommen die Aufgabe, einen Satz, der von der Trainerin oder vom Trainer vorgegeben wird, mit der jeweils schreibunkundigen Hand aufzuschreiben und sich dabei in Zweiergruppen gegenseitig zu beobachten. Auch hier sollen die Teilnehmenden besonders auf ihre Gefühle achten, wenn sie die Aufgabe erfüllen. Der beobachtende Partner soll auf die Anzeichen eines Schreibdefizits (z. B. ungeübte Stifthaltung) achten und benennen was er oder sie erkannt hat.

20 Minuten

Power-Point-Folie 24

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 21

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

» Vorgehen: Der letzte Schritt dieses Bausteins ist es, eine Reflexion anzustoßen, wo in ihrem Arbeitsalltag die Teilnehmenden mit funktionalen Analphabetinnen und Analphabeten in Berührung gekommen sind und wie sie in Zukunft Personen erkennen können. Bevor sie auf die Erkennungsmerkmale in Wort und Schrift und die Strategien eingehen, sollte eine eigehende Plenumsdiskussion zu folgenden Fragen geführt werden:

● Für Teilnehmende mit Bürgerkontakt: Vor welchen Lese- und Schreibanforderungen stehen die Kundinnen und Kunden oder Bürgerinnen und Bürger, mit denen Sie in Kontakt sind?

● Für Mitarbeiterinnen in Kita und Schule: Vor welchen Lese- und Schreibanforderungen stehen die Eltern, mit denen Sie in Kontakt sind?

Anschließend sollte die Trainerin oder der Trainer die folgenden Anzeichen (PPT-Folie 25 und 26) durchgehen und die Teilnehmenden auffordern, sich diese Strategien und Anzeichen genauer anzusehen.

Mögliche Erkennungszeichen beim Schreiben: ● auffällig langsames / hastiges Schreib-Tempo ● verkrampfte Arm- / Stifthaltung ● ungeübtes Schriftbild ● Vertauschen von Buchstaben und Satzzeichen ● häufiges Durchstreichen / Neu schreiben ● sichtbare Angespanntheit / Unsicherheit ● Unterschriften werden eher gemalt als geschrieben oder nur „gekritzelt“ ● Die Unterschrift eines mitgebrachten Formulars stimmt nicht mit dem Schriftbild

der restlichen Angaben überein

Mögliche Erkennungszeichen beim Sprechen: ● Grammatikalisch falsche Sätze (trotz Deutschkenntnissen) ● Undeutliche Aussprache ● Eingeschränkter Wortschatz und kurze Sätze ● Schwierigkeiten mit chronologischen Abfolgen beim Erzählen

Im Anschluss kann jeder Teilnehmende berichten, welche dieser Beispiele ihr oder ihm schon im (Berufs-)Alltag begegnet sind.

● Haben Sie einige der genannten Strategien / Hinweise in Ihrem (Arbeits-) Alltag beobachtet? Berichten Sie von diesen Beispielen.

● Wie können Sie das erworbene Wissen in Zukunft in Ihrem Arbeitsalltag anwenden?

Die Ergebnisse sollten von der Trainerin oder dem Trainer auf Moderationskarten notiert werden.

Power-Point-Folie 26

Power-Point-Folie 25

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 22

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Tipp: Zu Frage 2 wurden in der Praxis kreative Lösungen gefunden. In manchen Ämtern oder Praxen ist es möglich, dass mehrere Mitarbeitende an einem Fall arbeiten und dadurch ein Austausch unter Kollegen und Kolleginnen stattfinden kann. Auch pragmatische Fragen wie z. B. eine Art Checkliste kommen auf. An dieser Stelle kann die Trainerin oder der Trainer Dokument M8 austeilen und so dem „Wunsch“ der Teilnehmenden nachkommen. Wichtig ist an dieser Stelle jedoch, dass nicht der Eindruck entsteht, man könne eine Art Test durchführen, um zu etablieren ob die gegenübersitzende Person Probleme hat. Die Liste kann lediglich als eine Art Sammlung von Hinweisen verstanden werden, die in keinem Fall eine professionelle Einstufung durch eine Pädagogin oder einen Pädagogen ersetzt.

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V. M 8 – 1 / 2

M 8 Strategien von Personen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten

Die Gründe, aus denen eine Person nicht richtig lesen und schreiben gelernt hat, sind vielfältig und von Fall zu Fall verschieden. In der Regel ergeben sie sich erst aus einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren, die für sich allein genommen noch nicht zu funktionalem Analphabetismus führen würden.1

Beispiele für solche Faktoren können zum Beispiel im familiären Umfeld liegen: Wenig Lernunterstützung aus Zeitmangel / Überforderung oder fehlende räumliche Rückzugsorte zum Lernen können den Lese- und Schreiberwerb ebenso erschweren wie eine schwierige Familiensituation (finanzielle Probleme, Trennung, Konflikte, Gewalt,…). Fehlen Kindern Lese- und Schreibvorbilder oder sammeln sie keine präliteralen Erfahrungen, starten sie mit anderen Voraussetzungen in den Schrift-spracherwerb. Mögliche Faktoren in der Schule können z. B. unzureichende Förderung, Ausgrenzung oder überfordertes Lehrpersonal sein. Auch häufige Lehrerwechsel oder demotivierende Erfahrungen können das Lernen erschweren.

Persönliche, gesundheitliche oder situative Faktoren spielen oft auch eine Rolle: Zum Beispiel Seh- oder Hörschwierigkeiten werden (zu) spät erkannt, das Lernen wird erschwert durch Legasthenie oder durch Krankheit unterbrochen, die Person musste häufig die Schule wechseln oder hat ein geringes Selbstvertrauen und wenig Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Lese- und Schreibkenntnisse können auch verlernt werden, wenn sie selten angewandt werden. Nicht zuletzt können auch kulturelle Faktoren zur Entstehung von Lese- und Schreibschwierigkeiten beitragen, zum Beispiel wenn als Folge von Migration geringe Deutschkenntnisse in der Schulzeit vorliegen und / oder Schwierigkeiten beim Schriftspracherwerb in der Zweitsprache bestehen.

Die Aufzählung ist nicht abschließend.

I. Vermeiden

Die betroffenen Personen vermeiden Situationen, in denen sie mit schrift-sprachlichen Anforderungen konfrontiert werden könnten. Hinweise dafür können z. B. sein:

» Schriftlich zu erbringende Unterlagen werden nicht eingereicht, Schreiben bleiben unbeantwortet.

» Fortbildungen und Schulungen werden abgelehnt, bzw. nicht besucht. » Die Übernahme anderer Tätigkeiten wird abgelehnt / Beförderungen werden

abgelehnt. » Elternabende, Versammlungen oder gemeinsame Aktivitäten in der

Kita / Schule werden nicht besucht. » Aushänge und Hinweiszettel werden nicht beachtet, z. B. dass die Kita wegen

einer Fortbildung früher schließt. » Einladungen vom Jobcenter / Ämtern / Ärzten wird nicht gefolgt.

1 vgl.

von Rosenbladt, Bernhard /

Bilger, Frauke (2011):

Erwachsene in Alphabetisierungs -

kursen der Volkshochschulen.

Ergebnisse einer repräsentativen

Befragung (AlphaPanel),

hrsg. vom Deutschen

Volkshochschul-Verband e. V.,

Bonn, S. 30;

Kuhn-Bösch, Andrea /

von Rosenstiel, Tatjana (2010):

Alpha-Scout. Handreichung.

Konzeptionelle Grundlagen und

praktische Umsetzung an der

Münchner Volkshochschule,

hrsg. von der Münchner

Volkshochschule GmbH, S. 27.

M 8

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 23

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

4. Baustein: Ansprechen und Informieren

» Ziele: Die Teilnehmenden reflektieren über ihre Rolle und Motivation als Schlüssel-personen und entwickeln Handlungskompetenz für das Ansprechen und Informieren von betroffenen Personen.

» Inhalt und Vorgehen: Wenn den Teilnehmenden klar ist, dass sie als Schlüsselpersonen eine wichtige Rolle dabei spielen, Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten zu unterstützen, können sie diskutieren, wie eine Unterstützung in ihrem Arbeitskontext möglich ist. Die Teilnehmenden setzen sich damit auseinander, wie eine Ansprache konkret aussehen kann. Hier ist das Einschätzungsvermö-gen der Trainerinnen und Trainer gefragt, eine Auswahl zwischen mehreren Übungen zu treffen, je nachdem, was der Arbeitskontext der Teilnehmenden erfordert. Manche Gruppen sind durch interne Schulungen bereits vertraut mit den Prinzipien der sensiblen Ansprachen, andere wiederum brauchen ein ausführliches Üben, da gerade das Ansprechen für sie mit viel Unsicherheit verbunden ist. Die Bandbreite in diesem Baustein reicht daher von der Informa-tion zu digitalen und lokalen Beratungs- und Lernangeboten bis zur Simulation einer Ansprache in einem Rollenspiel. Eine kurze Feedback-Runde schließt die Fortbildung ab. Da dieser Block die Teilnehmenden sehr fordert und zeitlastig ist, empfiehlt es sich zwischen den Einheiten eine 5-minütige Pause einzuplanen.

A. Warum betroffene Personen ansprechen?

» Ziel der Einheit: Den Teilnehmenden wird ihre Rolle klar und sie gewinnen Motivation, betroffene Personen anzusprechen.

» Hintergrundwissen: Über die üblichen Wege der Öffentlichkeitsarbeit (wie Flyer, Programmhefte oder Internet) sind funktionale Analphabetinnen und Analphabeten kaum zu erreichen. Deshalb ist es sehr wichtig, dass die Betroffenen in ihrem Lebens-umfeld durch Menschen über Lernmöglichkeiten informiert werden, die das Thema sensibel und ohne zu stigmatisieren ansprechen.

Menschen, die in Kommunen arbeiten – beispielsweise in Kitas, in Ämtern, in der Arbeitsvermittlung oder im Krankenhaus, werden bei ihrer täglichen Arbeit immer wieder funktionalen Analphabetinnen und Analphabeten begegnen und können so wichtige Schlüsselpersonen sein. Viele dieser Begegnungen, z. B. bei einem Beratungstermin im Jobcenter, können einen Anlass geben, über Lese- und Schreib probleme zu reden. Oft besitzen diese Beraterinnen und Berater das Vertrauen der Betroffenen, so dass sie das Thema sensibel ansprechen können. Sie können vermitteln und motivieren, dass die Betroffenen mit ihren Problemen nicht alleine sind und dass sie auch als Erwachsene noch Möglichkeiten haben, lesen und schreiben zu lernen.

10 Minuten

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 24

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

» Vorgehen: An diesem Punkt ist es wichtig, dass die Teilnehmenden über ihre möglicherweise bedeutende Rolle im Leben Betroffener reflektieren. Die Trainerin oder der Trainer sollte genügend Zeit für eine Diskussion oder die Übung einplanen, denn es ist von großer Bedeutung, dass die Teilnehmenden selbst erkennen und auch anerkennen, dass sie Betroffenen behilflich sein können.

Übung „Eigene Rolle“

» Benötigtes Material: Moderationskarten, Pinnwand

» Ablauf: Die Trainerin oder der Trainer wirft die Frage auf, wie die Teilnehmenden in ihrem (Berufs-) Alltag von potentiellen Betroffenen wahrgenommen werden. Sind sie Beraterin oder Berater oder möglicherweise eine Vertrauensperson? Die Trainerin oder der Trainer kann weiterführend fragen, was die Teilnehmen-den ändern möchten, um als vertrauensvolle Person wahrgenommen zu werden. In dieser Übung sollen die Teilnehmenden sich selbst aus Sicht der Betroffenen sehen. Dafür kann es förderlich sein, daran zu erinnern, das viele Betroffene keine oder nur wenige Vertrauenspersonen im Alltag besitzen. Durch das Reflektieren soll den Teilnehmenden klar werden, welche signifi-kante Rolle sie für manche Betroffenen einnehmen können. Die Trainerin oder der Trainer notiert die Stichworte auf Moderationskarten und hängt diese an.

Tipp: Immer wieder kommt es in der Fortbildung vor, dass Teilnehmende zweifeln, ob es richtig ist, eventuell betroffene Personen anzusprechen. „Ich bin doch keine Missionarin!“ oder „Das ist nicht meine Aufgabe – ich habe im Arbeitsalltag schon genug anderes zu tun.“ Oder „Ist das nicht zu persönlich oder zu intim?“, sind Aussagen und Fragen, die immer wieder auftauchen. Die Trainerin oder der Trainer sollte Zweifel ernst nehmen und Raum dafür geben. Ein Ziel der Fortbildung ist es, mit den Teilnehmenden gemeinsam zu überle-gen, wo und wie im Arbeitsalltag Raum und Zeit bleibt, Betroffene anzusprechen.

Um besonders Zweifelende von der Wichtigkeit des Lesen und Schreiben Lernens zu überzeugen, können folgende Argumente (PPT-Folie 28 und 29) nützlich sein:

● Argument 1 Lesen und Schreiben bedeuten Selbstbestimmung und Unabhängigkeit in allen Lebensbereichen.

● Argument 2 Lesen und Schreiben stärken die Persönlichkeitsentwicklung.

● Argument 3 Lesen und Schreiben sind Grundkenntnisse, ohne die eine Vermittlung in eine Ausbildung oder eine Arbeit sowie die Wahrnehmung einer kompetenten Erziehungspartnerschaft nicht oder nur sehr schwer möglich sind. Lese- und Schreibschwierigkeiten bedeuten ein großes Risiko für die soziale Ausgrenzung.

Power-Point-Folie 28

Power-Point-Folie 29

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 25

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

● Argument 4 Obwohl es eine Konfrontation darstellt, sind betroffene Menschen dankbar, wenn sie in einem verlässlichen Rahmen von ihren Lese- und Schreibpro-blemen erzählen können und Hilfe bekommen. Das Übersehen wird von Betroffenen registriert und zum Teil auch kritisiert.

● Argument 5 Ansprache bietet wertvolle Informationen. Viele Menschen wissen einfach nur nicht, dass es Möglichkeiten zum Lernen gibt.

Übung 2 „Debatte“

» Benötigtes Material: Moderationskarten, Pinnwand

» Ablauf: Wenn genügend Zeit vorhanden ist, kann statt dieser Präsentation auch auf eine Pro / Contra-Argumentation als Übung zurückgegriffen werden. Dabei teilt die Trainerin oder der Trainer die Teilnehmenden in zwei Gruppen und stellt folgende provokante These in den Raum:

„Man muss nicht unbedingt lesen und schreiben können. Betroffene Personen können auch in Hilfstätigkeiten vermittelt werden, in denen nur geringe Lese- und Schreibkompetenzen gefordert sind. Außerdem braucht es im digitalen Zeitalter weniger Lese- und Schreibfähigkeiten im Alltag.“

Eine Gruppe soll diese Ansicht vertreten, die andere Gruppe soll Argumente dagegen sammeln (5 Minuten). Anschließend wird im Plenum debattiert (max. 10 Minuten).

Tipp: Allerdings gilt auch zu beachten, dass jede Meinung wertgeschätzt wird. Es kommt immer wieder vor, dass Teilnehmende die Ansprache Betroffener nicht als Teil ihres Berufs anerkennen oder sie aus Unbehagen nicht durchfüh-ren möchten. Die Trainerin oder der Trainer sollte diese Meinung respektieren und darauf verweisen, dass auch die bloße Ausgabe von Informationsmaterial und Kursangeboten eine Hilfestellung darstellt.

B. Prinzipien der Ansprache von Lese- und Schreibschwierigkeiten

» Ziel der Einheit: Die Teilnehmenden lernen wichtige Prinzipien der Ansprache kennen und reflektieren, wie diese in ihrem Arbeitsalltag anwendbar sind.

» Vorgehen: Eine Ansprache und Unterstützung von eventuell betroffenen Personen ist wichtig, da es für viele nicht ausreicht, Informationsmaterialien zu bekommen, um sich eigenverantwortlich auf den Weg zu einem Lernangebot zu machen.

25 Minuten

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 26

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Die Trainerin oder der Trainer hat durch Einheit A ein Verständnis für die Rolle der Teilnehmenden hergestellt und kann nun auf das konkrete Vorgehen eingehen.

Übung „Prinzipien der Ansprache“

» Benötigtes Material: Ein Flipchart-Papier für jede Kleingruppe, Stifte

» Vorgehen: Die Trainerin oder der Trainer präsentiert die PPT-Folie 30 und erklärt die Anzei-chen weiterführend. Die Teilnehmenden teilen sich in Gruppen à 3-4 Personen auf. Dazu gibt die Trainerin oder der Trainer folgenden Arbeitsauftrag: „Bitte diskutieren Sie mit Ihrer Gruppe inwiefern Sie diese Prinzipien der Ansprache in Ihrem Arbeitskontext anwenden können. Denken Sie auch über alternative /weitere Möglichkeiten nach. Sammeln Sie Ihre Ideen auf einem Plakat und stellen Sie dieses im Plenum vor.“

Die Gruppen sollten die meisten Punkte der Prinzipien der Ansprache mitdenken und erwähnen. Die Trainerin oder der Trainer sollte 2-3 Gruppen präsentieren lassen, die unterschiedliche Beispiele erarbeitet haben. Anschließend sollte im Plenum über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Ideen diskutiert werden.

Tipp: Die Gruppenergebnisse können anhand eines Planbeispiels präsentiert werden. Dabei sollen die Gruppen nicht bloß Stichworte sammeln, sondern eine Situation simulieren. Ein Beispielergebnis könnte lauten: „In unserer Abteilung würden wir vermutlich eher eine vorbereitete Situation als Zeitpunkt wählen, da wir sonst keine vertrauliche Ansprache gewähren können. Wenn ich bei einem ersten Gespräch feststelle, jemand könnte Probleme mit dem Lesen und Schreiben haben, vereinbare ich den kommenden Termin in unserem separaten Beratungsbüro für vertrauliche Gespräche. So ein Büro gibt es in unserer Behörde z. B. in der Gesundheitsberatung. So kann ich ein Gespräch unter vier Augen garantieren. Ich würde der betroffenen Person dabei zuhören, wie sie mir ihre Geschichte erzählt. Ich würde das Thema offen ansprechen und der Person zeigen, dass dies kein Tabuthema sein muss. Dann würde ich den Fokus darauf richten, was diese Person alles kann, um nicht nur negative Gefühle zu wecken. Zum Schluss informiere ich über das lokale Angebot und erwähne auch, wie viele Menschen Lese- und Schreibschwierigkeiten haben und das dies kein Einzelfall ist. Ich biete der Person an, gemeinsam einen Termin für eine Beratung bei der Volkshochschule zu vereinbaren.“

Power-Point-Folie 30

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 27

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

C. Ansprache üben

» Ziel der Einheit: Die Teilnehmenden üben in der Simulation, Betroffene anzusprechen und die Prinzipien der Ansprache anzuwenden. Sie versetzen sich in die Situation eines/einer Betroffenen.

» Vorgehen: Basierend auf Einheit B kann nun die konkrete verbale Ansprache geübt werden. Bei einer aufgeschlossenen Gruppe und ausreichender Zeit sollte die Trainerin oder der Trainer die Gruppe selbst mögliche Einstiegssätze formulieren lassen. Alternativ steht den Teilnehmenden eine Auswahl an Einstiegssätzen (M9) (PPT-Folie 31) zur Verfügung. Die Trainerin oder der Trainer sollte über die Sätze im Plenum sprechen und weitere Beispiele sammeln.

Mögliche Sätze für den Einstieg:

Subjektive Sicht: ● „Ich habe den Eindruck, dass es Ihnen schwerfällt, dieses Formular auszu-

füllen.“ ● „Es kam mir eben so vor, als ob Sie Schwierigkeiten hatten, den Antrag zu

verstehen.“ ● „Ich habe das Gefühl, dass es nicht so einfach für sie ist, Ihre Angaben

einzutragen.“ ● „Ich sehe, dass Sie zögerlich zum Stift greifen…“

Diese können auch als Frage formuliert werden: ● „Könnte es sein, dass es schwierig für Sie ist ...?“ ● „Stimmt mein Eindruck, dass es Ihnen schwerfällt ...?“ ● „Ist es möglich, dass ...?“

Wenn bereits ein Vertrauensverhältnis besteht, kann auch eine lockere Ansprache gewählt werden:

● „Wollen wir das nicht mal angehen? ● „Du wolltest doch schon immer…“ ● „Ich habe da eine Idee. Bei der Volkshochschule…“

Im Anschluss verteilt die Trainerin oder der Trainer das Dokument M9 zur Veranschaulichung.

Übung „Das Beratungsgespräch“

» Benötigtes Material: M9, ggfs. Kopien M10

» Ablauf: Im Plenum werden konkrete Situationen gesammelt, bei denen Teilnehmende in ihrem Arbeitsalltag funktionalen Analphabetinnen und Analphabeten begegnet sind. Alternativ können die vorgeschlagenen Beispielsituationen (M10) genutzt werden. Die Teilnehmenden finden sich zu zweit zusammen. Sie erarbeiten von einer zuvor ausgewählten konkreten Situation ausgehend, wie ein Beratungs-gespräch am eigenen Arbeitsplatz durchgeführt werden kann und erproben die

25 Minuten

Power-Point-Folie 31

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V. M 9 – 1 / 2

M 9 Prinzipien der Ansprache

Personen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten ansprechen

Wann?

» Sofort: Wenn das Thema von den Betroffenen selbst offen angesprochen wird. Reagieren Sie darauf und bieten Sie ein Gespräch an.

» Situationsbezogen: Wenn es einen konkreten Anlass gibt und eine vertrauliche Ansprache möglich ist.

» Vorbereitet: Wenn die Beratungssituation dies zulässt, vereinbaren Sie einen erneuten Termin nur für das Thema und bereiten sich vor.

» Vermeiden: Wenn bereits ein konfliktreiches Thema (z. B. schwierige persönliche Situation, Finanzen o. ä.) behandelt wurde, sollte besser ein neuer Termin vereinbart werden, um unbelastet in die Situation zu starten.

Tipp: Auch wenn es Ihnen unangenehm ist und Sie sich unsicher fühlen, sollten Sie die Gegebenheiten nicht ignorieren. Versuchen Sie einen guten Kontakt zu der betroffenen Person zu finden und sprechen Sie das sensibel Thema an.

Wo?

» Raum: Nach Möglichkeit einen ungestörten Ort finden, bspw. Einzelbüros oder separate Besprechungsräume.

» Atmosphäre: Das Gespräch sollte unter vier Augen in einer sicheren und ruhigen Umgebung stattfinden, sodass die Vertraulichkeit gewahrt wird. Lassen Sie den potentiellen Betroffenen im Vorfeld wissen, dass Sie die Informationen vertraulich behandeln und ihm oder ihr keine böse Nachrede droht.

» Transparenz: Beziehen Sie die betroffene Person in die Entscheidung einen ruhigeren Ort aufzusuchen mit ein. Erklären Sie, dass Sie gern unter vier Augen sprechen möchten, achten Sie aber gleichzeitig darauf, keine Angst oder Unwohl-sein zu erregen. Legen Sie am besten offen dar, dass Sie helfen möchten und schaffen Sie Vertrauen.

Wie?

» Offenheit: Das Thema sollte offen angesprochen werden, um zu betonen, dass es kein Tabuthema ist

» Bezug nehmen: Eine konkrete Situation oder Beobachtung kann als Gesprächseinstieg genutzt werden

» Kontext: Herausstellen, dass es kein Einzelfall ist, sondern viel häufiger vorkommt, als oft angenommen

» Verhalten: Aufmerksamkeit und Wertschätzung signalisieren » Bestärken: Auf Fähigkeiten und Kompetenzen der betroffenen Person

konzentrieren » Ermutigen: Mut machen zur Veränderung / die betroffene Person motivieren » Helfen: Konkrete Informationen über Lernangebote geben und ggfs. einen

Beratungstermin mit der VHS telefonisch vereinbaren

M 9

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

M 10 Rollenspiel Situationen

Situation 1 – In der Arztpraxis

Frau Sommer arbeitet schon seit Jahren in einer Arztpraxis. Oft geht es recht turbulent zu. Auch an diesem Vormittag ist der Andrang groß.

Wenn Patienten zum ersten Mal kommen, geben Sie ihnen einen Patientenfragebogen, der auszufüllen ist, bevor sie aufgerufen werden. Der Fragebogen wird dann bei Ihnen wieder abgegeben und zur Akte der entsprechenden Patientin gelegt.

Beim Rollenspiel geht es um folgende Situation am Empfang:

Frau Winter (Patientin) ist bereits einmal in der Praxis vorstellig geworden. Den Patientenfragebogen, den Sie ihr beim letzten Mal zum Ausfüllen gegeben haben, hat sie mit der Begründung ihre Brille nicht dabeizuhaben, mit nach Hause genommen.

Nun hat Frau Winter einen erneuten Termin und sie warten auf den Patientenfragebogen. Da sie die Vermutung haben, dass Frau Winter nicht gut lesen und schreiben kann, haben Sie ein weiteres Formular vorbereitet, dass Sie mit ihr durch - gehen wollen. Wie bereiten Sie das (mögliche) Gespräch vor und wie erfolgt die Ansprache?

Situation 2 – In der Kita

Die 36-jährige Mutter bringt seit einigen Wochen ihre Tochter jeden Morgen zur Kita. Obwohl sie im Umgang sehr freundlich und kommunikativ ist, fällt Ihnen auf, dass sie auf schriftliche Informationen nicht reagiert oder nach Informationen fragt, die auf entsprechenden Hinweiszetteln eigentlich schon gegeben wurden.

In einem Gespräch, das Sie kürzlich mit ihr geführt haben, sagte sie, dass sie gerne einige Kleider ihrer Tochter verkaufen möchte. Nachdem Sie ihr empfahlen, einfach alles aufzuschreiben und an die Infotafel am Eingang zu hängen, ist nichts mehr passiert. Sie beschließen, diese Situation als Anlass zu nehmen, die Frau anzusprechen, denn es könnte sein, dass fehlende Lese- und Schreib-kenntnisse der Grund dafür sind.

Wie bereiten Sie das Gespräch vor und wie erfolgt die Ansprache?

Situation 3 – Im Schulsekretariat

Die Mutter eines neu angemeldeten Schülers hat auf einem Zusatzblatt zur Anmeldung einige Angaben vergessen. Sie baten die Mutter, diese Angaben nachzureichen.

Bevor die Frau ihren Sohn vom Unterricht abholt, kommt sie noch kurz zu Ihnen ins Schulsekretariat, um die Anmeldeformalitäten zu erledigen. Sie hat die Angaben auf einem Zettel notiert schon vorbereitet dabei.

Sie merken, dass zwei Angaben noch immer nicht vollstän-dig sind und bitten die Frau, das doch schnell direkt ins Formular einzutragen. Die Frau reagiert nervös und bittet Sie, das ausnahmsweise für sie zu übernehmen.

Wie gehen Sie mit dieser Situation (zukünftig) um und wie und wann erfolgt ein Gespräch?

Situation 4 – Jobcenter

Ein Kunde verpasst häufig seine Termine und erfragt zu Beginn stets den Grund ihres Treffens, obwohl dieser im Brief angegeben ist. Außerdem ist Ihnen beim letzten Mal aufgefallen, dass auf einem Fragebogen, der zuhause ausgefüllt wurde, die Unterschrift des Kunden und das Schriftbild des Formulars nicht zusammenpassen. Nun steht ein erneuter Termin an, in dem es um die Anschlussfähigkeit des Kunden in seinen bisher ausgeführten Beruf gehen soll.

Wie bereiten Sie diesen Termin vor und wie würde das Gespräch verlaufen?

M 10

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 28

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

verschiedenen Möglichkeiten der Ansprache (mithilfe des Dokuments M9). Dabei können die Teilnehmenden herausfinden, welche Formulierungen wirken und welche Schwierigkeiten auf treten können. Bei Interesse kann das Rollenspiel nach der Partnerarbeit im Plenum vorgeführt und von den anderen Teilnehmenden reflektiert werden. Die Trainerin oder der Trainer sollte einschätzen, ob die Gruppe bereit ist, sich auf ein Rollenspiel einzulassen, bevor er oder sie die Methode vorschlägt, da die Methode sowohl auf große Begeisterung als auch auf große Widerstände stoßen kann. Alternativ kann auch in Dreiergruppen gearbeitet werden, wobei die jeweils dritte Person die Szene beobachtet und hinterher Feedback gibt.

● Variante A: Bei einer homogenen Gruppe, wie bspw. im Jobcenter, können die Zweier-gruppen auch angehalten werden, sich über konkrete Fälle auf der Arbeit auszutauschen und die nächste Begegnung mit der betroffenen Person zu üben.

● Variante B: Alternativ zu den Beispielen können die Teilnehmenden angeregt werden, sich die betroffenen Personen aus den Videos vor Augen zu führen und ein Ge-spräch mit dieser konkreten Person zu simulieren. Viele Teilnehmenden haben Angst vor der Reaktion der Betroffenen bei der Ansprache. Wenn sie sich zum Üben eine Person auswählen, deren Hintergrund und Lebenswelt sie bereits kennen, fällt es ihnen leichter, sich auf das Rollenspiel einzulassen.

Tipp: Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer kostet es Überwindung sich in betroffene Personen hineinzuversetzen und eine Ansprache durchzuspielen. Die Trainerin oder der Trainer sollten daher nach den Übungen zur Ansprache nochmals wertschätzendes Feedback geben, deren Mut loben, die positiven Aspekte herausstellen und die Teilnehmenden zur Ansprache betroffener Personen in ihrem Arbeitsalltag ermuntern.

D. Verankerung des Themas in der eigenen Institution

» Ziel der Einheit: Die Teilnehmenden reflektieren und übernehmen bestenfalls Verantwortung, welche Maßnahmen sie in ihrer Institution in Angriff nehmen können, um das Thema an ihrem Arbeitsplatz weiter bekannt zu machen und die Beratung von betroffenen Personen zu verbessern.

» Vorgehen: Im Kontakt mit Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten ist es wichtig, zum Lernen zu motivieren. Parallel dazu kann eine Institution auch überlegen, ob und wie sie das Thema intern aufnehmen will, um Betroffenen den Kontakt mit der Institution zu erleichtern. Die Trainerin oder der Trainer kann auch mit der Gruppe über die eigenen Materialien und Formulare (bspw. Elternbriefe in Kitas) sprechen. Hierbei ist allerdings ein gutes Gefühl für die Gruppe nötig, da dieses Vorgehen auch auf Abwehr stoßen kann.

20 Minuten

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 29

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Übung „Zukunftsvision“

» Benötigtes Material: Flipchart für Brainstorming, Stifte

» Ablauf: Die Trainerin oder der Trainer kann ein Brainstorming im Plenum zu folgender Frage anregen und die Ideen an einer Flipchart mitschreiben:

● Was können Sie in Ihrer Institution tun, um Menschen mit Lese- und Schreib-schwierigkeiten nicht auszugrenzen? Falls zunächst keine Ideen von Seiten der Teilnehmenden kommen, kann der Trainer oder die Trainerin folgendes einbringen:

Mögliche Ideen: ● Einen feste*n Ansprechpartner*in zum Thema Alphabetisierung / Grundbildung

benennen ● Feste Integration des Themas in interne Arbeitskreise ● Bereitstellen von Informationen in internen Kommunikationsinstrumenten wie

dem Intranet (z. B. Fakten, Materialien, Fortbildungs- und Lernangebote) ● Arbeiten mit Piktogrammen, Fotos, aufbereiteten Stadtplänen ● Ausbildung von Mitarbeiter*innen zu Mentor*innen oder Lernberater*innen

Zu jeder Idee sollten folgende Fragen besprochen werden: ● Was ist unsere Idee? ● Wie kann diese Idee am Arbeitsplatz konkret aussehen? ● Wer ist involviert? ● Welche nächsten Schritte müssten angegangen werden, um die Idee zu

verwirklichen? ● Wer wird die nächsten Schritte angehen?

Nach dem die Ideen gesammelt wurden, kann die Trainerin oder der Trainer die ent - sprechende PPT-Folie 32 aufzeigen. Alternativ kann die Aufzählung bei heterogenen Gruppen oder Zeitmangel auch direkt angezeigt wurden, um den Teilnehmenden Anregungen für eigene Überlegungen zu geben.

Exkurs Kita / Schule: Die Förderung von Kindern schon im Kindergarten und später in der Schule ist äußerst wichtig. Kinder, deren Sprachentwicklung im Vorschulalter verzögert oder gestört verlaufen ist, sind als „Risikokinder“ für funktionalen Analphabetismus an zu - sehen. Sie sollten frühzeitig identifiziert werden und entsprechende Förder an ge - bote erhalten. Auffälligkeiten von Vorschulkindern können z.B. Schwierigkeiten beim Erkennen von Reimen oder Silben sein. Kinder, in deren Familie Legasthenie ge - häuft auftritt, haben ebenfalls ein hohes Risiko, selbst eine Legasthenie auszubilden. Zum Thema Prävention im Elternhaus ist der Begriff „family literacy“ zu nennen: In den Familien sollen Lesen und Schreiben als selbstverständliche Alltagserfah-rungen erlebt und vermittelt werden. Es ist wünschenswert, dass Eltern, die selbst betroffen sind, Lese- und Schreib- oder Grundbildungskurse besuchen. So können sie ihren Kindern besser helfen und damit Analphabetismus vorbeugen.

Power-Point-Folie 32

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 30

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Hier sind z. B. Angebote denkbar, bei denen Eltern mit ihren Kindern gemeinsame Leseaktivitäten unternehmen, z.B. zusammen eine Bücherei besuchen oder sich gegenseitig vorlesen. Kinder sollten früh eine wertschätzende Haltung zum Thema Lesen in der Familie vermittelt bekommen. An diesen Gedanken können Kita-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ansetzen und Angebote und Ideen entwickeln, wie z. B. Infoveranstaltungen, Gesprächskreise, Eltern-Kind-Gruppen zum gemeinsamen Lesen oder Basteln von Bilderbüchern. Sie sollten solche Gelegenheiten konkret nutzen, um das Thema Lesen und Schreiben immer wieder anzusprechen und in Kontakte mit den Eltern einzubrin-gen. So kann das Lesen und Schreiben als etwas Alltägliches dargestellt werden.

E. Informieren über Beratungs- und Lernangebote

» Ziel der Einheit: Die Teilnehmenden erhalten Informationen über Lern- und Beratungsmöglich-keiten vor Ort und im Internet, die sie an Menschen mit Lese- und Schreib-schwierigkeiten weitergeben können.

» Vorgehen: Die Trainerin oder der Trainer teilt eine Liste / Tabelle mit den lokalen Lernange-boten im Bereich Lesen und Schreiben aus, die er oder sie vor der Fortbildung recherchiert und zusammengestellt hat und geht sie gemeinsam mit den Teil nehmenden durch. Die Ausgabe von konkreten Informationen vermittelt den Teilnehmenden auch Sicherheit, da sie „etwas konkretes bieten“ können. Zusätzlich kann – falls vorhanden – auch das aktuelle Kursverzeichnis der Volkshochschule mit den Alphabetisierungs- und Grundbildungsangeboten verteilt werden.

Außerdem kann der Trainer oder die Trainerin auf folgende digitale Lern- und Beratungsangebote verweisen (PPT-Folien 33 und 34):

● Online-Kurssuche Auf der Homepage des Bundesverbandes für Alphabetisierung und Grundbil-dung e. V. können Sie mit Hilfe der Postleitzahl nach Lese- und Schreibkursen vor Ort suchen. Zu jedem Kurs wird eine direkte Ansprechperson mit Telefon-nummer und Kontaktdaten der Einrichtung genannt. https://www.alphabetisierung.de/service/kurssuche.html

● Lernplattform „ich-will-lernen.de“ Ich-will-lernen.de ist Deutschlands größtes offenes Lernportal mit mehr als 31.000 Übungen zur Alphabetisierung und Grundbildung, zur Vorbereitung auf den Schulabschluss sowie zur ökonomischen Grundbildung. Die Nutzung ist kostenlos. Das Lernportal richtet sich an funktionale Analphabet*innen sowie Schülerinnen und Schüler und Menschen, die die Schule verlassen oder abgebrochen haben und ihren Schulabschluss nachholen wollen. www.ich-will-lernen.de

● Lernplattform „ich-will-deutsch-lernen.de“ Ich-will-deutsch-lernen.de ist ein Lernportal zur Förderung der sprachlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Integration Zugewanderter. Es orientiert

10 Minuten

Power-Point-Folie 33

Power-Point-Folie 34

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 31

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

sich an den curricularen Vorgaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für Integrationskurse und bietet ein Sprachlernangebot für die Niveaustufen A1-B1 sowie einen Lernbereich zur Alphabetisierung in der Zweitsprache Deutsch. Darüber hinaus verfügt das Portal über eine Lernangebot für die Arbeits- und Berufssprache Deutsch. Das Portal kann kostenlos genutzt werden. www.ich-will-deutsch-lernen.de

● Alfa-Telefon Das Alfa-Telefon beantwortet alle Fragen rund um das Lesen- und Schreiben-lernen (für Betroffene, Angehörige usw.). Die Beratung erfolgt anonym. Auf Wunsch können direkt Kursangebote vor Ort und Ansprechpartner genannt werden. Telefonnummer: 0800 . 53 33 44 55 (kostenlos, auch vom Handy aus) https://alfa-telefon.de/

F. Blitzlicht und Evaluation

» Ziel der Einheit: Die Trainerin oder der Trainer erhält ein Feedback der Teilnehmenden. Die Teilnehmenden reflektieren das Gelernte und benennen weiteren Fortbildungsbedarf.

» Vorgehen: Die Trainerin oder der Trainer lädt zu einer abschließenden Feedback-Runde ein (PPT-Folie 35). Die Teilnehmenden geben reihum in jeweils 1 – 2 Sätzen eine Rückmeldung zu den folgenden Fragen. Dazu kann ein Redegegenstand (beispielsweise kleiner Ball) verwendet werden.

● Was nehme ich mit? ● Welche Fragen sind noch offen? Wozu wünschen Sie sich mehr Information

und Gesprächsmöglichkeiten? ● Welche Wünsche haben Sie für Ihre Kommune?

Danach kann ein Evaluationsbogen (M11) verteilt werden. Für das Ausfüllen des Bogens sollte ca. 5 Minuten Zeit eingeplant werden. Anschließend kann die vorbereitete Teilnahmebescheinigung (M12) an die Teilnehmenden verteilt werden. Weiterhin kann die Gruppe von der Trainerin oder dem Trainer gefragt werden, ob weiteres Interesse an dem Thema besteht und ob sie wieder durch die Volkshochschule zu dem Thema kontaktiert werden möchten.

10 Minuten

Power-Point-Folie 35

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V. M 11 – 1 / 2

M 11 Fragebogen zur Evaluation für Teilnehmer*innen

Bitte nehmen Sie sich 5 Minuten Zeit, um den Fragebogen auszufüllen, damit die Fortbildung in Zukunft noch besser gestaltet werden kann.

Aussage stimme zu

stimme eher zu

stimme eher nicht zu

stimme gar nicht zu

Durch die Fortbildung habe ich umfangreiches und sicheres Wissen zum Thema Analphabetismus und Grundbildung erworben.

□ □ □ □Ich fühle mich ausreichend vorbereitet, Erwachsene mit Schriftsprachdefiziten zu erkennen. □ □ □ □Ich fühle mich ausreichend vorbereitet, Erwachsene mit Schriftsprachdefiziten anzusprechen. □ □ □ □Ich fühle mich nach dem Kurs in der Lage, Erwachsene mit Schriftsprachdefiziten über Bildungsangebote vor Ort zu informieren.

□ □ □ □Die Fortbildungsthematik erscheint mir für meinen Arbeits-kontext und mein berufliches Handeln relevant. □ □ □ □Mein Arbeitskontext bietet mir Bedingungen, die Inhalte der Fortbildung anzuwenden. □ □ □ □Die Bedeutung des Fortbildungsthemas wurde mir anhand konkreter Beispiele deutlich gemacht. □ □ □ □Fragen / Erfahrungen der Teilnehmer*innen wurden angemessen berücksichtigt. □ □ □ □Der Fortbildungsverlauf war interessant und abwechslungs-reich gestaltet. □ □ □ □Der Trainer / die Trainerin hat die Fortbildung kompetent durchgeführt. □ □ □ □Mit der Veranstaltung war ich insgesamt zufrieden. □ □ □ □Fortbildungen zum Thema Alphabetisierung und Grundbil-dung sollen auch zukünftig für Kommunalbeschäftigte angeboten werden.

□ □ □ □

Die Fortbildung entstand im Projekt

„AlphaKommunal – Transfer. Kommunale Strategie für Grundbildung“.

Teilnahmebescheinigung

Hiermit bestätigen wir

die Teilnahme an der Fortbildung

Funktionale Analphabet*innen – erkennen, ansprechen, informieren

Die Veranstaltung im Umfang von Unterrichtseinheiten

fand am statt.

Inhalte der Fortbildung:

» Definition von funktionalem Analphabetismus » Zahlen, Daten und Fakten über betroffene Personen » Auswirkungen von Lese- und Schreibschwierigkeiten im Alltag und

Berufsleben betroffener Menschen » Strategien funktionaler Analphabet*innen, um nicht entdeckt zu werden » Informationen zu Bildungsangeboten » Übungen und Reflexionen zur Ansprache von betroffenen Menschen » Reflexionen zu Veränderungsprozessen in Organisationen, um

Grundbildung als Querschnittsthema zu verankern

M 11

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 32

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Literatur und Links

Bauer, Brigitte/Sallaberger, Gerhild (2010): Aufbau von Basisbildungsstrukturen in einer ländlichen Region, Basisbildungszentrum ABC, Salzurg.

Bundesagentur für Arbeit (2012): SGB II Fachliche Hinweise. Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (MAbE) nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB III.

Online verfügbar unter: http://www.arbeitsagentur.de/web/wcm/idc/groups/public/documents/webdatei/mdaw/mtay/~edisp/l6019022dstbai410216.pdf?_ba.sid=L6019022DSTBAI410219 (Stand: 05/2018).

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (2015): Konzept für einen bundesweiten Alphabetisierungskurs.

Online verfügbar unter: http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Integrations-kurse/Kurstraeger/KonzepteLeitfaeden/konz-f-bundesw-ik-mit-alphabet.pdf?__blob=publicationFile (Stand: 05/2018).

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (2018): Konzept für einen bundesweiten Integrationskurs für Zweitschriftlernende.

Online verfügbar unter: http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Integrations-kurse/Kurstraeger/KonzepteLeitfaeden/konzept-zweitschriftlernende.pdf?__blob=publicationFile (Stand: 05/2018).

Deutscher Volkshochschul-Verband e. V., Projekt GRUBIN (Hrsg.) (2014a): Konzept zum Workshop „Berufsbezogene Lese- und Schreibförderung initiieren und begleichen“ für Fachkräfte von Beschäftigungs- und Qualifizierungsunternehmen, Bonn.

Deutscher Volkshochschul-Verband e. V., Projekt GRUBIN (Hrsg.) (2014b): Reader zum Workshop „Berufsbezogene Lese- und Schreibförderung initiieren und begleichten“ für Fachkräfte von Beschäftigungs- und Qualifizierungsunternehmen, Bonn.

DGB Bildungswerk (2014): Mento –Leitfaden für MentorInnen für Grundbildung und Alphabetisierung in der Arbeitswelt.

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 33

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Dworski, Anja (2013): Was ist Leichte Sprache? Presseinformation des Netzwerks Leichte Sprache.

Online verfügbar unter URL: http://www.leichtesprache.org (Stand: 05/2018).

HaBil – Handlungs- und Bildungschancen funktionaler Analphabeten. Projektverbund „Chancen erarbeiten“ (2011):

Online verfügbar unter URL: https://www.uni-due.de/imperia/md/content/biwi/bauer/30_3_12_zwischenbericht_unternehmensbefragung.pdf (Stand: 05/2018).

Grosche, Michael (2012): Analphabetismus und Lese-Rechtschreib-Schwächen.Beeinträchtigungen in der phonologischen Informationsverarbeitung als Ursache für funktionalen Analphabetismus im Erwachsenenalter, Münster, Waxmann.

Grotlüschen, Anke/Riekmann, Wibke (Hrsg.) (2012): Funktionaler Analphabetismus in Deutschland. Ergebnisse der ersten leo. – Level-One Studie. Reihe: Alphabetisierung und Grundbildung, hrsg. vom Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e. V., Münster.

Grotlüschen, Anke/Riekmann, Wibke/Buddeberg, Klaus (2012b): leo.-News Nr. 09/2012: Berufsabschlüsse funktionaler Analphabet*innen. In: Grotlüschen, Anke/Riekmann, Wibke/Buddeberg, Klaus (2012b): leo.-News 2012, Universität Hamburg, S.12.

Online verfügbar unter URL: http://blogs.epb.uni-hamburg.de/leo/files/2013/09/Brosch%C3%BCre_leo-News_2012.pdf (Stand: 05/2018).

Grotlüschen, Anke/Riekmann, Wibke (2011): leo. – Level-One Studie. Literalität von Erwachsenen auf den unteren Kompetenzniveaus. Presseheft, Hamburg.

Online verfügbar: URL: http://blogs.epb.uni-hamburg.de/leo/files/2011/12/leo-Presseheft_15_12_2011.pdf (Stand: 05/2018).

Hubertus, Peter/Döbert, Marion (2000): Ihr Kreuz ist die Schrift. Analphabetismus und Alphabetisierung in Deutschland. Hrsg. vom Bundesverband Alphabetisierung e. V.

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 34

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

Online verfügbar unter URL: http://www.alphabetisierung.de/fileadmin/files/Dateien/Downloads_Texte/IhrKreuz-gesamt.pdf (Stand: 05/2018).

Hubertus, Peter (1991): Alphabetisierung und Analphabetismus. Eine Bibliographie. Osnabrück, Schreibwerkstatt für neue Leser und Schreiber.

Kuhn-Bösch, Andrea/von Rosenstiel, Tatjana (2010): Alpha-Scout. Handreichung. Konzeptionelle Grundlagen und praktische Umsetzung an der Münchner Volkshochschule, hrsg. von der Münchner Volkshochschule GmbH.

Löffler, Cordula (2014): Analphabetismus – oder: Erwachsene mit Lese- und Schreibschwierigkeiten. In: Gerd Schulte-Körne/Günter Thomé (Hrsg.): LRS-Legasthenie: interdisziplinär, Oldenburg, S. 61-78.

Pätzold, Henning/Wolf, Anna Katharina (2014): „Evaluation der Fortbildungen im Rahmen des Projektes AlphaKommunal – Kommunale Strategie für Grundbildung im Rahmen der Wissenschaftlichen Begleitung. Abschlussbericht“ (unveröffentlicht).

Statistisches Bundsamt (2018): Absolventen / Abgänge nach Abschlussart.

Online verfügbar unter URL:https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/BildungForschungKultur/Schulen/Tabellen/AbsolventenAbgaenger_Abschlussart.html(Stand: 05/2018)

Steuten, Ulrich (2014): Literalität und Stigma. In: Hessischer Volkshochschulverband e. V. (Hrsg.): Hessische Blätter für Volksbildung. Thema: Grundbildung 2/2014.

Syren, Susanne/Zahlbach-Wenz, Bärbel (2014): Alphabetisierung & Grundbildung Rheinland-Pfalz. Zusammen mehr erreichen. Mainz, evangelische Landarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung in Rheinland-Pfalz e. V.

Von Rosenbladt, Bernhard/Bilger, Frauke (2011): Erwachsene in Alphabetisierungskursen der Volkshochschulen. Ergebnisse einer repräsentativen Befragung (AlphaPanel), hrsg. vom Deutschen Volkshochschul-Verband e. V., Bonn.

Wagner, Daniela/Haller, Elfriede (2011): Erwachsene funktionale Analphabeten erkennen, ansprechen, vermitteln und begleiten,

Funktionale Analphabet*innen erkennen, ansprechen, informieren Fortbildungskonzept Seite 35

© Copyright: Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.

hrsg. durch die Projektleitung (Dr. Markus Höffer-Mehlmer) des Verbundprojekts Alphabetisierung und Bildung, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz.

Wist, Thorben (2009): Grundbildung zwischen Kompetenz- und Defizitorientierung. Ergebnisse einer Kursleitendenbefragung im Projekt „Alphabit“ Deutsches Institut für Erwachsenenbildung Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen.

Online verfügbar unter URL: http://www.die-bonn.de/doks/wist0901.pdf (Stand: 05/2018).

» https://www.alphabetisierung.de/ Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V.

» https://www.mein-schlüssel-zur-welt.de/ Kampagne „Lesen und Schreiben – Mein Schlüssel zur Welt“. Bundesministe-rium für Bildung und Forschung.

» http://www.grundbildung.de/startseite/ Grundbildung und Lehr-Materialien des Deutschen Volkshochschul-Verbands.

» http://blogs.epb.uni-hamburg.de/leo/ leo. – Level-One Studie.