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deutsche fatiguegesellschaft

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Gesellschaft zur Erforschung tumorbedingter und anderer Erschöpfungszustände

Fragen und Antworten zu tumorbedingter Fatigue

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Gesellschaft zur Erforschung tumorbedingter und anderer Erschöpfungszustände

18Fragen und Antworten zu tumorbedingter Fatigue

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deutsche fatiguegesellschaft

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Was versteht man unter tumorbedingter Fatigue?Wodurch wird ein Fatigue-Syndrom verursacht und wieäußert sich tumorbedingte Fatigue?Entwickelt jeder Krebspatient ein Fatigue-Syndrom? Warum unterscheidet man akute und Langzeit-Fatigue, undwie drückt sich dieser Unterschied aus?Wer – außer Tumorpatienten – leidet noch unter Fatigue?Kann ich mich als Krebspatient vor der Entwicklung einesFatigue-Syndroms schützen? Wie kann ich feststellen, ob ich eventuell von Fatigue betrof-fen bin? Kann Fatigue auch etwas mit Depression zu tun haben?Was ist der Unterschied zwischen tumorbedingter Fatigueund dem als „CFS“ bekannten Chronic-Fatigue-Syndrom?Welche Therapiemöglichkeiten gibt es bei Fatigue?An wen kann ich mich wenden, wenn ich unter Fatigue leide?Welche Hilfestellungen gibt es für meine Angehörigen?Gibt es für mich berufliche Alternativen, wenn ich meinevorherige Leistungsfähigkeit nicht mehr wiedererlange?Welche Rolle spielt die Rehabilitation nach einer Tumor-erkrankung bei der Behandlung der Fatigue?Kann ich mich wegen Fatigue berenten lassen?Wenn Fatigue bleibt, bedeutet das ein höheres Risiko, wiederan Krebs zu erkranken?Wie kann ich mit Fatigue leben?Was kann ich selbst gegen Fatigue tun?

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1Was versteht man unter tumor-bedingter Fatigue?Fatigue ist ein Begriff aus dem französischen und englischenSprachgebrauch, der für Müdigkeit und Erschöpfung verwendetwird.

Eine offizielle Definition lautet: „Unter Tumorerschöpfung –auch Fatigue genannt – wird ein krankheitswertiges, un-überwindliches, anhaltendes und ganzkörperliches Gefühleiner emotionalen, mentalen und physischen Erschöpfungverstanden, das gekennzeichnet ist durch verminderte Kapazität für körperliche und geistige Betätigung. Es be-steht ein Missverhältnis zwischen der (unmittelbar) voraus-gegangenen Belastung und dem Erschöpfungsgefühl, dassich durch Schlaf nicht aufheben lässt.“

Das heißt, Fatigue stellt eine krankhafte Ermüdung dar, die den Patienten extrem belastet. Die Erschöpfung lässt sich durchnormale Erholungsmechanismen nicht beheben. Auch Schlafführt nicht zur Regeneration. Fatigue lässt sich nicht auf eineUrsache reduzieren, man spricht von einem multifaktoriellenoder auch multikausalen Geschehen.

Innerhalb der Medizin sind unterschiedliche Krankheitsbilderbekannt, die mit Fatigue einhergehen. Vor allem chronischeErkrankungen werden von Müdigkeit und Erschöpfung begleitet.Um Missverständnisse und falsche Zuordnungen zu vermeiden,ist daher eine möglichst exakte Definition der Fatigue-Erkran-kung notwendig.

Die Ursache der krebsbedingten Fatigue ist noch nicht in allenEinzelheiten geklärt, und ihre Eingrenzung kann nur durch eineexakte Beschreibung der auftretenden Symptome erfolgen.

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2Wodurch wird ein Fatigue-Syndromverursacht und wie äußert sich tumor-bedingte Fatigue?Akute Fatigue kann durch den Tumor, aber auch durch dieTumortherapie verursacht werden. Abgeschlagenheit und ver-minderte Leistungsfähigkeit können mögliche Anzeichen einerTumorerkrankung sein. In Einzelfällen können diese Symptomeschon Monate vor einer Diagnose auftreten. Ursache hierfürsind verschiedene tumorbedingte Veränderungen, die dem Körper, besonders durch das ungebremste Zellwachstum desTumors, Kraftreserven rauben. Biologisch sehr aktive Tumorebilden darüber hinaus Botenstoffe, die die Stoffwechselprozes-se des Körpers empfindlich stören können.

Auch die Behandlung des Tumors kann Fatigue verursachen.Chemo- und Strahlentherapie bekämpfen nicht nur die entarte-ten Zellen. Gleichzeitig belasten sie auch den ganzen Körper, da durch die Tumortherapie nicht allein die Krebszellen, sondernauch gesunde, wachstumsintensive Zellen vernichtet werden.Infolge einer solchen Behandlung können eine Reihe von Neben-wirkungen auftreten, unter anderem Übelkeit, Erbrechen oderHaarausfall. Außerdem kann durch Hemmung der Blutbildungeine reduzierte Abwehrbereitschaft des Körpers (Leukopenie),eine erhöhte Blutungsgefahr (Thrombopenie) oder längerfristigauch eine Blutarmut (Anämie) auftreten.

Die Anämie ist eine der wesentlichen Ursachen für das Auftre-ten der akuten Fatigue. Chemo- und Strahlentherapie beein-trächtigen, ähnlich wie der Tumor, den Prozess der Blutbildung.Das führt längerfristig zur Anämie – einer Armut an roten Blut-körperchen (Erythrozyten). Die Aufgabe der Erythrozyten imBlut ist der Transport von Sauerstoff, der aus der Atemluft inder Lunge auf die Erythrozyten übertragen wird und so über denBlutkreislauf den gesamten Körper versorgt. Je weniger roteBlutkörperchen vorhanden sind, desto schlechter ist die Sauer-stoffversorgung der Organe. Die Produktion der roten Blutkör-perchen im Knochenmark wird durch das Hormon Erythropoetinstimuliert. Sowohl der Tumor als auch die Chemotherapiekönnen zu einem Mangel an Erythropoetin führen und damit dieBlutbildung empfindlich stören. Die Folge ist eine individuellunterschiedlich ausgeprägte Anämie, die durch den fortwähren-den Sauerstoffmangel den gesamten Organismus nachhaltigschwächt.

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3Entwickelt jeder Krebspatient einFatigue-Syndrom?Während der Therapie tritt Fatigue recht häufig auf. Es wirdgeschätzt, dass etwa 80 Prozent aller Therapiepatienten unterdem Erschöpfungssyndrom leiden. Auch Jahre nach einer The-rapie leiden noch bis zu 40 Prozent der Patienten bestimmterKrebsarten unter tumorbedingter Fatigue. Während in der Phaseunmittelbar nach der Behandlung die Erschöpfung häufig nochtumor- und therapiebedingt ist, werden im weiteren Verlauf an-dere Ursachen als Auslöser angenommen.

4Warum unterscheidet man akute undLangzeit-Fatigue, und wie drückt sichdieser Unterschied aus?Ein Erschöpfungssyndrom, das während der Therapie oder kurzeZeit später auftritt, wird als akute Fatigue bezeichnet. Die Lang-zeit- oder chronische Fatigue bleibt auch Monate oder Jahrenach der Erkrankung bestehen oder kann lange nach Therapie-abschluss erstmalig oder erneut auftreten.

Diese Unterscheidung ist sinnvoll, weil sich meistens zweiunterschiedliche Ursachenspektren hinter den beiden Formenverbergen. Während der akuten Fatigue häufig medizinischeUrsachen, vor allem die Anämie, zu Grunde liegen, ist bei chro-nischer Fatigue eher ein multifaktorielles Geschehen zu vermu-ten: Hier treten vor allem Ursachen auf, die in der Krankheits-verarbeitung zu suchen sind, wie beispielsweise zu häufigeÜberforderungssituationen oder zu hohes Pflichtbewusstsein.

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5Wer – außer Tumorpatienten – leidetnoch unter Fatigue?Nach der Einigung auf geeignete Messverfahren und auf Krite-rien der Fatigue-Syndrom-Definition lassen sich Häufigkeiten vonFatigue bei verschiedenen Erkrankungen angeben:

Bösartige TumorerkrankungenAkute Fatigue 60 bis > 90%Langzeitfatigue (z. B. Morbus Hodgkin) ca. 40%

Andere ErkrankungenLupus erythematodes (SLE) > 80%Rheumatoide Arthritis (RA) > 60%Morbus Bechterew > 50%Multiple Sklerose (MS) > 60%Kardiomyopathie 10 bis 15%Chronische Nieren- und Lungenerkrankungen 10 bis 20%

6Wie kann ich mich als Krebspatient vor der Entwicklung eines Fatigue-Syndroms schützen?Bisher gibt es keine Möglichkeiten, einer Tumorerschöpfung vor-zubeugen. Es gibt auch keine Hinweise dazu, welche Patientenbesonders gefährdet sind. Bei bestimmten Tumorarten entstehtein Fatigue-Syndrom häufiger. So haben Patienten mit einerLymphomerkrankung ein deutlich höheres Risiko, an Fatigue zuerkranken, als Patienten mit einem Hodentumor. Auch ist heutenoch nicht klar, ob ein frühzeitiges Eingreifen bei einem akutenFatigue-Syndrom die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einerchronischen Fatigue senkt. Auf jeden Fall ist es sinnvoll, denbehandelnden Arzt frühestmöglich auf die bestehenden Erschöp-fungszustände hinzuweisen, damit er die geeigneten diagnosti-schen und therapeutischen Schritte unternehmen kann.

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7Wie kann ich feststellen, ob ich eventuell von Fatigue betroffen bin?Ob ein Patient an einer Fatigue-Erkrankung leidet, lässt sichnicht durch die sonst üblichen medizinischen Verfahren klären.Obwohl Ultraschall, Computertomographie und Laboruntersu-chungen helfen können, bestimmte Ursachen für Fatigue einzu-grenzen, spielen sie in der eigentlichen Fatigue-Diagnostik eineuntergeordnete Rolle. Die Feststellung von Fatigue stützt sichim Wesentlichen auf eine medizinische Anamnese, eine körper-liche Untersuchung und eine Selbsteinschätzung des Patienten.Die amerikanische „Fatigue Coalition“, ein Zusammenschlussvon Experten auf dem Gebiet der Tumor-Fatigue, hat elf Kriterienformuliert. Liegen davon mindesten sechs Merkmale vor, giltdas Vorliegen eines Fatigue-Syndroms als sehr warscheinlich.

Mindestens sechs der folgenden Symptome müssen zutreffen:

Müdigkeit, Energiemangel oder inadäquat gesteigertes Ruhebedürfnis

Gefühl der generalisierten Schwäche oder Gliederschwere

Konzentrationsstörungen

Mangel an Motivation oder Interesse, den normalen Alters-aktivitäten nachzugehen

Gestörtes Schlafmuster (Schlaflosigkeit oder übermäßigesSchlafbedürfnis)

Erleben des Schlafs als wenig erholsam

Gefühl, sich zu jeder Aktivität zwingen zu müssen

Ausgeprägte emotionale Reaktion auf die empfundene Erschöpfung, beispielsweise Niedergeschlagenheit, Frustra-tion, Reizbarkeit

Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Alltags

Störungen des Kurzzeitgedächtnisses

Nach körperlicher Anstrengung mehrere Stunden andau-erndes Unwohlsein

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8Kann Fatigue auch etwas mit Depres-sion zu tun haben?Es fällt nicht immer leicht, zwischen Depression und Fatigue zudifferenzieren, zumal bei etwa 20 Prozent aller Tumorpatienteneine Symptomüberschneidung besteht. Hinweise lassen sichaus der Vorgeschichte des Patienten ableiten, wenn es beispiels-weise schon früher depressive Episoden gegeben hat. Eine aus-geprägte Selbstentwertung spricht ebenfalls für ein depressivesGeschehen. Ein perfektionistischer und leistungsbetonter Stilder Krankheitsverarbeitung kann beim Scheitern (z. B. Rezidiv)in beides, einen Fatigue-Zustand und eine Depression, münden.

9Was ist der Unterschied zwischentumorbedingter Fatigue und dem als „CFS“ bekannten Chronic Fatigue-Syndrom?Die Symptomatik beider Syndrome kann sehr ähnlich sein.Unterschiede sind hier vor allem im Muster und im Verlauf derErkrankung zu sehen. Die Symptome des Chronic-Fatigue-Syndroms lassen sich am ehesten vergleichen mit dem Befin-den kurz vor einer Grippe: Kopf- und Gliederschmerzen, leichteTemperatur, herabgedämpftes Bewusstsein, Schwäche, Hals-weh, Drüsenschmerzen und Abgeschlagenheit. Bei der tumor-bedingten Fatigue sind Antriebsschwäche, Motivationslosigkeitund Frustration die wesentlichen Merkmale, die sich von derCFS eindeutig unterscheiden lassen.

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10Welche Therapiemöglichkeiten gibt esbei Fatigue?Unterstützende Psychotherapie Während in der akuten Krankheitsphase informationsvermitteln-de, konfliktverarbeitende und psychoedukative Methoden, d. h.Aufklärung der Betroffenen und Angehörigen, im Vordergrundstehen, sind in der Nachsorge und Rehabilitation zusätzlich körperliche oder neuro-psychologische Übungsbehandlungen, z. B. Gedächtnistraining, hilfreich. Der Zusammenschluss vonPatienten in Selbsthilfegruppen ist ebenfalls eine sinnvolle, un-terstützende Maßnahme. Die Entwicklung und Bewertung unter-stützender Psychotherapien ist eine der wichtigsten Aufgabenfür die Zukunft.

Bewegungstherapie Es gibt vielfältige Hinweise, dass durch individuell dosierte, kör-perliche Betätigung die Lebensqualität verbessert und dieBelastung durch das Fatigue-Syndrom reduziert werden können.So hat sich beispielsweise gezeigt, dass Patienten sogar wäh-rend einer Knochenmarktransplantation von regelmäßigem kör-perlichen Training hinsichtlich ihrer Lebensqualität und Fatigueprofitieren. Darüber hinaus wurden die Behandlungszeit und dieTherapiekomplikationen verringert. Bitte lesen Sie hierzu auchKapitel 18.

Medikamentöse BehandlungFür eine medikamentöse Therapie müssen zunächst andereGrunderkrankungen ausgeschlossen oder angemessen behan-delt werden. Abhängig von der individuellen Ursache der vor-handenen Fatigue-Problematik können medikamentöse Behand-lungen erfolgreich sein. Liegt der Fatigue eine Anämie zu Grun-de, so kann durch Korrektur des niedrigen Hämoglobinwerteseine deutliche Befindlichkeitsbesserung erreicht werden. Bei Patienten, die unter Chemotherapie eine Anämie entwickeln,kann durch Hormone (Erythropoetin) meist eine Besserung derAnämie erreicht werden, so dass auf Bluttransfusionen verzich-tet werden kann. Bei akutem Blutverlust oder sehr starkenAnämiesymptomen, die einer kurzfristigen Korrektur bedürfen,sollten Bluttransfusionen eingesetzt werden.

Andere Stoffwechselstörungen wie Schilddrüsenfunktionsstö-rungen oder Diabetes mellitus müssen diagnostiziert und, wennmöglich, behandelt werden. Sind diese Ursachen ausgeschlos-sen, gibt es verschiedene medikamentöse Ansätze, für die bis-her keine eindeutigen Therapieempfehlungen vorliegen. Hierzugehören Steroide, Amphetamine oder auch Antidepressiva.

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Die DFaG hat in 2006 mit einer Untersuchung zur Wirksamkeitvon Methylphenidat, einer stimulierenden Substanz, die zu denAmphetaminen gehört, begonnen. Über Ergebnisse der Unter-suchung informiert Sie gerne unsere Studienzentrale. Um inZukunft gezielte medikamentöse Interventionen durchführen zukönnen, müssen die verschiedenen therapeutischen Optionenin kontrollierten Studien evaluiert werden. Vor zu schnellen The-rapieempfehlungen muss gewarnt werden.

11An wen kann ich mich wenden, wennich unter Fatigue leide?Der behandelnde Arzt ist der erste Ansprechpartner für Patien-ten, die unter tumorbedingter Fatigue leiden. Darüber hinaussteht die Deutsche Fatigue Gesellschaft über ihre Hotline (Tele-fon 0221. 93 115 96, Fax 0221. 93 115 97) oder über Internet(www.deutsche-fatigue-gesellschaft.de) für weitere Fragenzur Verfügung. Hier gibt es auch eine Adressliste von Expertenfür das Fatigue-Syndrom. In der Broschüre der DeutschenKrebshilfe, die in Zusammenarbeit mit der DFaG entstanden ist,finden sich weitere hilfreiche Tipps und Adressen. Sie ist bei derDeutschen Krebshilfe e.V., Thomas-Mann-Straße 40, Postfach1467, 53111 Bonn, Telefon 0228. 729 90-0 erhältlich.

12Welche Hilfestellungen gibt es fürmeine Angehörigen?Für Patienten ist es wichtig, dass die Angehörigen ihre Situationverstehen. Im Ablauf des täglichen Lebens sind sie auf diesesVerständnis immer wieder angewiesen. Aufklärung, Informationund regelmäßige Gespräche helfen, sich zurecht zu finden. Mit den vorhandenen Materialien sollen sich auch Angehörigeinformieren. Denn nur, wenn sie den Zustand der Patienten ver-stehen und akzeptieren, können sie helfen, Lösungsstrategienzu entwickeln.

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13Gibt es für mich berufliche Alternativen,wenn ich meine vorherige Leistungs-fähigkeit nicht wiedererlange?Akute, unter der Krebsbehandlung auftretende Fatigue ist imWesentlichen eine Folge der therapiebedingten Nebenwirkungenund der psychischen Belastung durch eine Krebsdiagnose.Jeder Patient ist unterschiedlich belastbar. Ein Patient ist wäh-rend der Therapie zwar nicht automatisch arbeitsunfähig, derüberwiegende Teil der Patienten kann aber in dieser Phase nichtarbeiten.

Anders ist die Situation hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit undeiner möglichen geminderten Erwerbsfähigkeit bei chronischerFatigue. Ein Teil der Patienten ist durch das tumorbedingteFatigue-Syndrom auch langfristig schwer belastet und dadurcherwerbsgemindert. Doch erscheint die Frühinvalidität nicht inallen Fällen erstrebenswert und den Möglichkeiten der Betrof-fenen angemessen. Auch stehen für die Feststellung einerFrühinvalidität aufgrund von Fatigue noch keine verbindlichenKriterien zur Verfügung.

Für die Patienten und die Kostenträger ist die Entwicklung vonreproduzierbaren Richtlinien zur Begutachtung der Leistungs-fähigkeit von Fatigue-Patienten von größter Wichtigkeit, umFehlbeurteilungen zu vermeiden. Zurzeit existieren nur in erstenAnsätzen spezifische Rehabilitationsmöglichkeiten für Fatigue-Patienten, die den Weg zurück in den Beruf erleichtern sollen.Im Zweifelsfall erfordert die Genehmigung hierfür eine gericht-liche Entscheidung, für die ein qualifiziertes Gutachten be-auftragt werden kann. Dieses kann von der Deutschen FatigueGesellschaft erarbeitet werden.

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14Kann ich mich wegen Fatigue berentenlassen?Ein Teil der Patienten ist durch das tumorbedingte Fatigue-Syndrom auch langfristig extrem belastet. Diese Betroffenensind nicht selten berufsunfähig. Die zurzeit bestehenden Inter-ventionsmöglichkeiten sollen für einen Teil der schwerwiegendbetroffenen Patienten einen Weg zurück in den Beruf ermög-lichen. Ob dies jedoch gelingt, kann derzeit noch nicht abge-schätzt werden.

Aufgrund mangelnder Kenntnisse sind die Diagnosekriterien für eine Fatigue-Erkrankung und damit der Anerkennung einerBerufsunfähigkeit noch recht unscharf. Deshalb ist auch einMissbrauch der Krankheit, um möglicherweise ungerechtfertigteine Berentung zu erzielen, nicht ausgeschlossen. Bei demVerdacht auf Vorliegen eines Fatigue-Syndroms sollen deshalbauch Experten, beispielsweise der Deutschen Fatigue Gesell-schaft, gutachterlich hinzugezogen werden. Jeder Fall bedarfeiner individuellen Prüfung.

15Welche Rolle spielt die Rehabilitationnach einer Tumorerkrankung bei derBehandlung der Fatigue?Bestehen auch längere Zeit nach einer Tumortherapie die Leis-tungseinschränkung und Erschöpfung fort, muss ein Langzeit-Fatigue-Syndrom in Erwägung gezogen und entsprechend abge-klärt werden. Handelt es sich um ein tumorbedingtes Fatigue-Syndrom, sollte der behandelnde Arzt einen Therapie- oderRehabilitationsplan erstellen, der neben konfliktorientierter,supportiver (Einzel-) Psychotherapie, psychoedukative Gruppen-angebote oder auch Bewegungstherapie enthalten kann und jenach Ausprägung der Fatigue durch ein kognitives Trainingergänzt wird. Bewährt haben sich hierfür abgestufte individua-lisierte körperliche Trainingseinheiten, Einzel- oder Gruppenge-spräche und Entspannungsverfahren. Erfahrungsgemäß führenschon die Thematisierung und Benennung des ProblemsFatigue zu einer Entlastung mit dem Wunsch nach Behandlung.Erste Längsschnittuntersuchungen haben positive Effekte einesstrukturierten Rehabilitationsprogramms hinsichtlich Fatigueund Lebensqualität aufgezeigt.

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16Wenn Fatigue bleibt, bedeutet das einhöheres Risiko, wieder an Krebs zuerkranken?Die Tumorerschöpfung ist ein eigenständiges Krankheitsbild,dessen Entstehung durch den Tumor mitbedingt ist, die aberkeinen Risikofaktor für eine erneute Tumorerkrankung darstellt.Allerdings kann die Erschöpfung, wenn sie nach überstandenerTumorerkrankung und -therapie wieder auftritt, auch erstesSymptom einer Neuerkrankung sein.

Daher ist es wichtig, den behandelnden Arzt über die Sympto-matik genau zu informieren, damit eine Neuerkrankung ausge-schlossen bzw. frühzeitig erkannt werden kann.

17Wie kann ich mit Fatigue leben?Für die meisten Betroffenen ist es schwierig, ihre Erschöpfungund ihren Mangel an Kraft für sich und andere begreifbar zumachen. Da es keine Maßeinheit für die Lebenskraft gibt, diefür die Bewältigung der alltäglichen Aktivitäten zur Verfügungsteht, fällt es Betroffenen oft schwer, den Angehörigen undFreunden den empfundenen Erschöpfungsgrad zu vermitteln.Gleichermaßen fehlt den meisten Angehörigen/Freunden die Möglichkeit, sich in den Zustand der Patienten hineinzuver-setzen.

Um die Situation besser verständlich zu machen, kannfolgender Vergleich sehr hilfreich sein:

Angenommen, normalerweise stehen einem Menschen 10 Europro Tag für die Deckung des täglichen Bedarfs zur Verfügung.Davon kauft er Lebensmittel, Kleidung und alles, was sonst Tagfür Tag benötigt wird. Durch widrige Umstände wird die SummeGeld, die der Mensch täglich ausgeben kann, aber plötzlich auf5 Euro reduziert. Dann bleibt gar nichts anderes übrig als zusparen. Vermutlich werden zunächst Dinge im Regal stehen ge-lassen, die nicht unbedingt benötigt werden. Die Pralinen oderder teure Schinken fallen also weg. Aber auch bei Beschrän-kung auf das Allernotwendigste wird es wahrscheinlich immernoch schwer sein, mit den 5 Euro auszukommen.

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Ganz ähnlich verhält es sich mit der Energie, die zur Bewältigungdes Alltags zur Verfügung steht. Man verrichtet damit solcheTätigkeiten wie Kochen und Putzen. Aber man kann damit auchin die Stadt fahren, um Essen zu gehen oder sich eine schöneVorstellung im Theater anzuschauen. Durch Fatigue und die da-mit einhergehende Erschöpfung wird den Betroffenen nun ganzunvermittelt ein Großteil dieser Kraft genommen. Auch hierwerden zunächst einmal diejenigen Tätigkeiten vermieden, dienicht unbedingt erforderlich sind, beispielsweise auswärts essenoder ins Theater gehen.

Doch selbst, wenn diese schönen Dinge des Lebens wegfallen,fällt es immer noch schwer, mit der zur Verfügung stehendenEnergie die alltäglichsten Aufgaben zu erfüllen. Putzen, Kochenund selbst die eigene Körperhygiene werden zur Last. Ebensowie man mit weniger Geld ganz anders haushalten muss, ergehtes Fatigue-Kranken mit ihrer Energie. Um diese schwierige Situ-ation zu meistern ist es hilfreich, folgende Regel zu beherzigen,die für jeden menschlichen Körper gilt: Unterforderte Struktu-ren werden abgebaut, überforderte Strukturen werden zerstört.

Der eine Teil dieser Regel ist ganz offensichtlich. Wenn nur 5Euro am Tag zur Verfügung stehen, aber regelmäßig 7 Euro aus-gegeben werden, sammelt sich irgendwann ein großer Schulden-berg an. Es fehlen nicht nur jeden Tag 2 Euro, für das gelieheneGeld müssen auch noch Zinsen gezahlt werden. Irgendwannwird gar kein Geld mehr zur Verfügung stehen. Auch hier verhältes sich mit der Energie parallel. Wer über das Ziel hinausschießtund sich an einem Tag vollständig verausgabt, zahlt am nächs-ten Tag mit Zinsen zurück. Gibt man jedoch weniger Geld aus,als zur Verfügung steht, kann man immer ein bisschen zur Seitelegen, um sich irgendwann eine größere Anschaffung zu leisten.Hier hört die Parallele des Vergleichs leider auf.

Mit der Kraft verhält es sich anders: Wer sich einen oder mehre-re Tage vollständige Ruhe gönnt, kann nicht darauf hoffen, dassdie gesparte Kraft die Energie erhöht. Vielmehr wird sich dieunterforderte Struktur abbauen. Es wird also immer wenigerKraft zur Verfügung stehen, die Reserven verringern sich konti-nuierlich. Es kommt also darauf an, weder zu viel noch zu wenigzu tun, da sonst entweder eine übermäßige Erschöpfung eintrittoder sich die Kondition verringert.

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18Was kann ich selbst gegen Fatigue tun?Ressourcen einteilenVoraussetzung für die Wirkung therapeutischer Maßnahmen(siehe auch Frage 10) ist das Mitwirken der Betroffenen. JederPatient sollte für sich erkennen, wie er mit seinen Kraftreservenam besten haushalten kann. Dabei ist es wichtig, auf den eige-nen Körper zu hören und aufzuschreiben, welche Tätigkeiten ver-richtet wurden. Ist man am nächsten Tag vollständig erschöpft,war der vorangegangene Tag zu anstrengend. Ist dies nicht derFall, sollte man versuchen, die eigene Aktivität vorsichtig zusteigern. Auf diese Weise findet man schrittweise das Maß anAktivität, bei dem man sich weder vollständig verausgabt, nochunterfordert, sondern die Reserven langsam aber stetig steigert.

Körperliches TrainingUm die Symptome der Fatigue in den Griff zu bekommen undmöglichst gering zu halten, hat sich körperliches Training sehrbewährt. Bewegung im Rahmen der vorhandenen Möglichkeitenkann helfen, aktiver am Leben teilzunehmen und ein besseresKörpergefühl zu entwickeln. Grundsätzlich unterscheidet sichSport für Fatigue-Patienten deutlich von dem für Gesunde: Bei tumorbedingter Fatigue ist es besonders wichtig, die körper-liche Betätigung individuell zu dosieren, denn zu viel körper-liches Training kann auch negative Auswirkungen haben. DieDeutsche Fatigue Gesellschaft hat deshalb zusammen mit derDeutschen Sporthochschule einen Ratgeber für Fatigue-Patien-ten entwickelt. Die Broschüre „Fitness trotz Fatigue“ enthälteine DVD mit Bewegungsübungen sowie ein Trainingstagebuch,in dem die Übungen aufgezeichnet werden. Sie ist bei derDeutschen Fatigue Gesellschaft erhältlich oder auf ihrer Inter-netseite (www.deutsche-fatigue-gesellschaft.de) herunterladbar.

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Die nachfolgenden Tipps sollen helfen, mit tumorbedingter Fatigue richtig umzugehen:

– Seien Sie Ihren Verwandten und Bekannten, aber auch Ihrem Arzt gegenüber offen. Für ein Problem, das man nicht kennt, kann man auch kein Verständnis aufbringen.

– Unterstützen Sie Ihren Körper: Verbessern Sie die Bedin-gungen für einen angenehmen und entspannenden Schlaf. Gönnen Sie sich auch tagsüber Ruhepausen.

– Achten Sie auf Ihre Ernährung. Trinken Sie viel, und essen Sie kleine Portionen. Weitere Hilfestellungen kann Ihnen die Ernährungsberatung im Krankenhaus und in der Rehabilita-tionseinrichtung geben.

– Suchen Sie von Beginn an die körperliche Betätigung, soweit es Ihnen möglich ist, d. h. vermeiden Sie nicht jeg-liche Anstrengung. Die positiven Effekte von kontrollierten Trainingsmaßnahmen sind mittlerweile auch durch wissen-schaftliche Untersuchungen gut belegt.

– Überdenken Sie Ihren Tagesablauf: Planen Sie wichtige Aktivitäten für die Zeit des Tages, in der Sie besonders viel Energie haben.

– Planen Sie schöne Dinge bewusst in Ihr Tagesprogramm ein.

– Versuchen Sie Tätigkeiten kräfteschonend zu gestalten, bügeln Sie beispielsweise im Sitzen oder lassen Sie sich – wenn möglich – im Haushalt helfen .

– Überprüfen Sie Ihre Ziele und richten Sie sie an Ihrer neuen Situation aus. Wenn man sich nicht so viel vornimmt, ist man im Anschluss auch nicht frustriert, wenn man nicht so viel geschafft hat.

– Akzeptieren Sie Ihre Grenzen, unterfordern Sie sich aber auch nicht.

– Lassen Sie sich von Ihren Angehörigen und Freunden helfen.

– Weitere Hilfen und Informationen finden Sie im Internet unterwww.deutsche-fatigue-gesellschaft.de.

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Tumorbedingte FatigueEin häufig verkanntes Leiden

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Gesellschaft zur Erforschung tumorbedingter und anderer Erschöpfungszustände

deutsche fatiguegesellschaft

Die Deutsche Fatigue Gesellschaft (DFaG) hat es sich zur Aufga-be gemacht, die Ursachen von Fatigue weiter zu erforschen,ihre Bedeutung für den Krankheitsprozess einer breiten Öffent-lichkeit näher zu bringen, moderne Behandlungskonzepte zuentwickeln und ihre Effektivität zu prüfen.

Die Deutsche Fatigue Gesellschaft bietet folgende Informations-und Beratungsleistungen an:

Für ForschungsprojekteBeratung bei Studienkonzeptionen Hilfe bei der Implementierung von Methoden zur Erfassung vonFatigue bzw. bei Lebensqualitätserhebungen in StudienAnleitung zur Evaluation von Fatigue bezogenen Interventionen Hilfestellung bei der Auswertung von Studiendaten

Für ÄrzteBeratung zu Fatigue-Problemen FortbildungsveranstaltungenInformationsmaterial

Für PatientenInformationsveranstaltungen Individuelle BeratungInformationsmaterial