gibt es ein recht auf sexualität? vortrag von theo kienzle

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Sexualität Raum geben Recht auf Sexualität?

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Healthcare


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Page 1: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

Sexualität Raum gebenRecht auf Sexualität?

Page 2: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

Beispiele aus der Praxis:Franz T. (62 Jahre) leidet an Frontotemporaler Demenz. Sein Sexualtrieb ist massiv ausgeprägt. Die Ehefrau kann sich seiner sexuellen Übergriffe nicht mehr erwehren und sucht Hilfe beim behandelnden Arzt.

Anni R. (82 Jahre) besucht täglich ihren an Demenz erkrankten Ehemann, der seit einem Jahr in einem Pflegeheim lebt. Körperliche Nähe war dem Ehepaar immer sehr wichtig gewesen. Jetzt teilt Herr R. das Zimmer mit einem anderen Bewohner und Intimität und körperliche Nähe sind nicht mehr möglich. Anni R. macht das sehr traurig.

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Noch Beispiele aus der Praxis:Gerda F. (77 Jahre) ist mit ihrer Kraft am Ende. (…). Sie wird zunehmend ängstlicher und depressiv. Was ist geschehen?Gerda pflegt seit fünf Jahren ihren Mann, der an einer Demenz vom Alzheimer Typ erkrankt ist. Ein ambulanter Pflegedienst unterstützt die pflegende Ehefrau, am Wochenende kommen die Kinder zu Besuch – eigentlich ist alles gut organisiert und vordergründig in Ordnung. Wenn nicht das wäre, worüber Gerda bislang geschwiegen hat, was sie nicht verstehen kann. Fast täglich „ertappt“ sie ihren Mann. Er liegt dann im Bett, die Hände unter der Decke, und befriedigt sich selbst. Scham kennt er keine mehr – selbst wenn sie ins Zimmer kommt, unterbricht er sein Tun nicht. Bislang konnte Gerda sein Verhalten geheim halten, aber als er vor kurzem einmal die junge Krankenschwester von der Sozialstation belästigte, war es ihr doch zu peinlich.Quelle: Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg e. V.

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Um derartige Probleme in den Griff zu bekommen, werden Verhaltens- und milieutherapeutische Maßnahmen empfohlen, z.B.: Pflege durch eine Person, die auf den Patienten möglichst

nicht sexuell anziehend wirkt, Feedback über Unangemessenheit des Verhalten. Entschlossenes Auftreten, Ablenken z.B. durch Beschäftigung, Kleidung, die sich schwer ausziehen lässt, Milieuwechsel (z.B. Wechsel der Station), Einheitliche Haltung aller Pflegenden, Erwünschtes Verhalten verstärken, unerwünschtes ignorieren, Medikamentöse Maßnahmen.

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Grundrechte• Art. 1 GG• Art. 2 GG

Aufklärung, u.U.:• Infektionsrisik

o• Sonstige

Probleme

Partnerwahl• Frei• Heirat

Problembereiche Sexualität

Page 6: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

Abgrenzung Sexualität

PartnerschaftlicheSexualität

Täter-

Opfer

Page 7: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

Einzelprobleme Sexualität

• Sexuelle Kontakte– unter Bewohnern/Patienten mit Folgen,

insbesondere Übertragung GKrankheiten– außerhalb mit (strafrechtlichen) Folgen

• Sexualstraftaten eines Bewohners/Patienten gegenüber anderen

Page 8: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

Grundrechte

• Menschenwürde – Art. 1 GG• Persönlichkeitsrecht – Art. 2 Abs. 1 GG• Unversehrtheit – Art. 2 Abs. 2 GG• Schutz Familie - Art. 6 Abs. 1 GG• Unverletzlichkeit Wohnung – Art. 13 Abs. 1 GG

© 2016 Theo Kienzle - Mosbach - eMail: [email protected], Folie 8

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Artikel 1 GG

Menschenwürde:(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

Page 10: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

Artikel 2 GG

Persönlichkeitsrecht – Leben und körperliche Unversehrtheit - Freiheitsrecht:(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

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Art. 2 GG

Selbstbestimmungsrecht(Art. 2 Abs. 1 GG)

Sexuelle SelbstbestimmungPartnerwahl etc.

FBM

Unverletzlichkeit KörperRecht auf Leben

(Art. 2 Abs. 2 GG)

Medikamente

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Schutz Mitarbeiter vor Übergriffen / „Nachsorge“ - Prävention

Recht „Klient“ auf Sexualität

Persönliche Einstellung PK zu Sexualität

„Selbstverschulden“ Pflegekraft

Grenzen

Sex-Dienste im Pflegeheim

Page 13: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

FREIHEITSBESCHRÄNKUNGEN

Page 14: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

Freiheitsbeschränkung

= FreiheitsberaubungEinwilligung Notstand

wenn nicht:Beschluss

BtG

Page 15: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

“Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.“

Anwendung § 34 StGB - Notstand

Page 16: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

Prüfungsschritte Notstand

• akute Gefahr• schützendes Rechtsgut höherwertig als

vernichtetes = Interessenabwägung• angemessenes Mittel zum Schutz

Page 17: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

ZWANGSBEHANDLUNG

Page 18: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

Zwangsbehandlung

Zwangsbehandlungen sind Handlungen gegen den erklärten Willen Wertekonflikt: Gutes tun vs. Autonomie Befürworter: Fürsorgepflicht wiegt schwerer als

Autonomie Aber: ist Krankheitseinsicht Maßstab für

Autonomie?

Page 19: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

Zwangsbehandlung (allgemein)

Aktuelle Entscheidungen: Beschluss BGH vom 20.06.2012

– Az.: XII ZB 99/12 Beschluss BVerfG vom 23.03.2011

– Az.: 2 BvR 882/09

Page 20: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

Psychopharmaka:

Urteil BGH vom 11.10.2000: Einweisung in die Psychiatrie nur zum Zweck der medikamentösen Behandlung gegen den Willen des Patienten wird abgelehntEine psychiatrische Unterbringung, die lediglich der

Zuführung des Patienten zur medikamentösen Therapie diene, sei unverhältnismäßig und eine entsprechende Rechtsgrundlage nicht gegeben. (vgl. Beschl. v. 11.10.2000 – Az.: XII ZB 69/00)

Page 21: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

Zwangsbehandlung

Rechtsgrundlagen nationales RechtMenschenwürde (Art. 1 GG)Recht auf Leben/körperliche Unversehrtheit

(Art. 2 Abs. 2 GG)

dazuUN-Konvention (CRPD)

Page 22: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

Novellierung in § 1906 Abs. 3 BGB

(3) Widerspricht eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 Nummer 2 dem natürlichen Willen des Betreuten (ärztliche Zwangsmaßnahme), so kann der Betreuer in sie nur einwilligen, wenn1. der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann,2. zuvor versucht wurde, den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen,

Page 23: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

Noch neuer § 1906 Abs. 3 BGB

….3. die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen der Unterbringung nach Absatz 1 zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden, 4. der erhebliche gesundheitliche Schaden durch keine andere dem Betreuten zumutbare Maßnahme abgewendet werden kann und5. der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt.§ 1846 ist nur anwendbar, wenn der Betreuer an der Erfüllung seiner Pflichten verhindert ist.

Page 24: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

§ 1901 Pflichten des Betreuers(1) Der Betreuer hat die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht. Zum Wohl des Betreuten gehört auch die Möglichkeit, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.(2) Der Betreuer hat Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist. …. Ehe der Betreuer wichtige Angelegenheiten erledigt, bespricht er sie mit dem Betreuten, sofern dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft.

Page 25: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

dazu noch im Gesetz betreuungsrechtliche Einwilligung in ärztliche Zwangsmaßnahme Verfahrensrecht - § 312 FamFG): Bestellung immer

Verfahrenspfleger erforderlich Der im Rahmen der Genehmigung Einwilligung in ärztliche

Zwangsmaßnahme tätige Sachverständige soll nicht der zwangsbehandelnde Arzt sein,

Überschreitet Maßnahme Dauer von zwölf Wochen: Soll der Sachverständige den Betreuten bislang weder behandelt oder begutachtet haben, noch in der Einrichtung tätig sein, in welcher der Betroffene untergebracht ist.

Eilverfahren möglich (§ 1846 BGB, §§ 331f. FamFG)

Page 26: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

•Strafrechtliche Problematik:•Übergriffe gg. andere Bewohner/Patienten

•Straftat durch•Unterlassen (§ 13 StGB)

•vs. Selbstbestimmungsrecht

Page 27: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

§ 13 StGB Begehen durch Unterlassen

(1) Wer es unterlässt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.

(2) Die Strafe kann nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Page 28: Gibt es ein Recht auf Sexualität? Vortrag von Theo Kienzle

Tathandlung durch

UnterlassenGarantenstellung Garantenpflicht

Tun