gut formuliert - jutta sauer - seminare und coaching · 8/2005 working@office 13 kompaktwissen...

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OFFICE Kompaktwissen 12 working@office 8/2005 (3) Die Floskel „sich gezwungen sehen“ gehört zum Vokabular des Amtsdeutsch und sollte für die Korrespondenz nicht mehr verwendet wer- den. (4) Das Wort „dementsprechend“ ist ein über- flüssiges Füllwort, das leider immer noch häufig verwendet wird. (5) Mit dem Wort „erhöhen“ verbinden wir ei- gentlich nur Negatives: Meist erhöhen sich nämlich Preise, Steuern oder Gebühren und nur selten unser Gehalt. Besser: Preise ändern sich oder werden angepasst. (6) Eine längst überholte Floskel. (7) In der Formulierung „ ... und hoffen, auch in Zukunft ... „ schwingt Unsicherheit mit, ob der Kunde, die Kundin dem Unternehmen wohl treu bleiben wird. Hier ist eine selbstbewusste- re Sprache gefragt. Wenn ein Unternehmen die Preise ändern muss, überzeugt es seine Kunden sicherlich nicht mit Klagen über schlechte Rahmen- bedingungen, sondern vielmehr mit Argu- menten, die die Qualität der Produkte oder Dienstleistungen, den guten Service etc. in den Vordergrund stellen. Geschickt formu- liert, wird aus der „schlechten“ Nachricht KUNDENANSCHREIBEN. Wenn Sie Ihren Kunden oder Auftraggebern eine Preiserhöhung „verkaufen“ müssen, sollten Sie sich für die Formulierung etwas Zeit nehmen: Mit einer guten Argumentation überzeugen Sie weit besser als mit Klagen. nehmer mit einer immer größeren Einkaufs- macht auf dem Markt sind. Einer unserer größten Kunden hat eine Preisreduktion (2) um 10 % gefordert. Um im Geschäft zu blei- ben, sind wir gezwungen (3), dieser Forde- rung nachzugeben. Bei den heutigen Kalkulationen können wir dieser Preisreduktion (2) nicht alleine Rech- nung tragen. Wir sehen uns deshalb ge- zwungen (3), unsere Preise dementspre- chend (4) zu erhöhen (5). Beiliegend (6) er- halten Sie eine neue Preisliste, aus der Sie die ab 1. September 2005 gültigen Preise entnehmen. Wir bitten Sie um Verständnis und Akzep- tanz unserer Preiserhöhung und hoffen (7), auch in Zukunft mit Ihnen weiterhin erfolg- reich zusammenzuarbeiten. Mit freundlichen Grüßen Analyse: (1) Kundenbindung erreicht man nicht über un- persönliche Massenanschreiben: In Serienbrie- fen lässt sich eine individualisierte Ansprache einfach umsetzen. (2) Das Wort „Preisreduktion“ klingt unnötig ge- schraubt; in diesem Schreiben kommt der ver- altete Begriff gleich zweimal zum Einsatz. Gut formuliert ist halb gewonnen W enn die konjunkturelle Lage schlecht ist, fallen Briefe, die Preiserhöhungen ankündigen, besonders schwer. Und doch ist es bei steigenden Rohstoff- und Personalkosten oftmals unumgänglich, dem Kunden ir- gendwann mitzuteilen, dass der Preis nun angepasst wird. Es ist eine Herausforde- rung, auch in diesem Fall positiv und kundenorientiert zu formulieren. In der Praxis liest man sehr oft Briefe, die mit Amtsdeutschfloskeln und Negativ- formulierungen gespickt sind. Negativbeispiel: Einkaufsbedingungen Sehr geehrte Damen und Herren (1), gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist eine partnerschaftliche Zusammenarbeit wichtig, um sich auf einem umkämpften Markt zu behaupten. Die Konzentration auf der Seite des Handels hat dazu geführt, dass immer weniger Ab-

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Page 1: Gut formuliert - Jutta Sauer - Seminare und Coaching · 8/2005 working@office 13 Kompaktwissen OFFICE OFFICE einer Preisanpassung ein Werbeanschreiben mit Kundenbindungs-Ambitionen

O F F I C E Kompaktwissen

12 working@office 8/2005

(3) Die Floskel „sich gezwungen sehen“ gehörtzum Vokabular des Amtsdeutsch und sollte fürdie Korrespondenz nicht mehr verwendet wer-den.

(4) Das Wort „dementsprechend“ ist ein über-flüssiges Füllwort, das leider immer noch häufigverwendet wird.

(5) Mit dem Wort „erhöhen“ verbinden wir ei-gentlich nur Negatives: Meist erhöhen sichnämlich Preise, Steuern oder Gebühren undnur selten unser Gehalt. Besser: Preise ändernsich oder werden angepasst.

(6) Eine längst überholte Floskel.

(7) In der Formulierung „ ... und hoffen, auch inZukunft ... „ schwingt Unsicherheit mit, ob derKunde, die Kundin dem Unternehmen wohltreu bleiben wird. Hier ist eine selbstbewusste-re Sprache gefragt.

Wenn ein Unternehmen die Preise ändernmuss, überzeugt es seine Kunden sicherlichnicht mit Klagen über schlechte Rahmen-bedingungen, sondern vielmehr mit Argu-menten, die die Qualität der Produkte oderDienstleistungen, den guten Service etc. inden Vordergrund stellen. Geschickt formu-liert, wird aus der „schlechten“ Nachricht

KUNDENANSCHREIBEN.

Wenn Sie Ihren Kunden

oder Auftraggebern eine

Preiserhöhung „verkaufen“

müssen, sollten Sie sich für

die Formulierung etwas Zeit

nehmen: Mit einer guten

Argumentation überzeugen Sie

weit besser als mit Klagen.

nehmer mit einer immer größeren Einkaufs-macht auf dem Markt sind. Einer unserergrößten Kunden hat eine Preisreduktion (2)um 10 % gefordert. Um im Geschäft zu blei-ben, sind wir gezwungen (3), dieser Forde-rung nachzugeben.

Bei den heutigen Kalkulationen können wirdieser Preisreduktion (2) nicht alleine Rech-nung tragen. Wir sehen uns deshalb ge-zwungen (3), unsere Preise dementspre-chend (4) zu erhöhen (5). Beiliegend (6) er-halten Sie eine neue Preisliste, aus der Siedie ab 1. September 2005 gültigen Preiseentnehmen.

Wir bitten Sie um Verständnis und Akzep-tanz unserer Preiserhöhung und hoffen (7),auch in Zukunft mit Ihnen weiterhin erfolg-reich zusammenzuarbeiten.

Mit freundlichen Grüßen

Analyse:

(1) Kundenbindung erreicht man nicht über un-persönliche Massenanschreiben: In Serienbrie-fen lässt sich eine individualisierte Anspracheeinfach umsetzen.

(2) Das Wort „Preisreduktion“ klingt unnötig ge-schraubt; in diesem Schreiben kommt der ver-altete Begriff gleich zweimal zum Einsatz.

Gut formuliert ist halb gewonnen

W enn die konjunkturelle Lageschlecht ist, fallen Briefe, diePreiserhöhungen ankündigen,

besonders schwer. Und doch ist es beisteigenden Rohstoff- und Personalkostenoftmals unumgänglich, dem Kunden ir-gendwann mitzuteilen, dass der Preis nunangepasst wird. Es ist eine Herausforde-rung, auch in diesem Fall positiv undkundenorientiert zu formulieren. In der Praxis liest man sehr oft Briefe, diemit Amtsdeutschfloskeln und Negativ-formulierungen gespickt sind.

Negativbeispiel:

Einkaufsbedingungen

Sehr geehrte Damen und Herren (1),

gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeitenist eine partnerschaftliche Zusammenarbeitwichtig, um sich auf einem umkämpftenMarkt zu behaupten.

Die Konzentration auf der Seite des Handelshat dazu geführt, dass immer weniger Ab-

Page 2: Gut formuliert - Jutta Sauer - Seminare und Coaching · 8/2005 working@office 13 Kompaktwissen OFFICE OFFICE einer Preisanpassung ein Werbeanschreiben mit Kundenbindungs-Ambitionen

8/2005 working@office 13

O F F I C EKompaktwissen O F F I C E

einer Preisanpassung ein Werbeanschreibenmit Kundenbindungs-Ambitionen.Die folgende Checkliste soll eine Anregungsein, wie man Preisanpassungen in Zu-kunft besser „verkaufen“ kann:

1. Schritt: Persönliche Anrede

Sehr geehrter Herr Muster,

2. Schritt: Hinweis auf die langjährigegute Zusammenarbeit und Qualität

seit vielen Jahren kennen Sie uns als zuver-lässigen und leistungsstarken Partner. Ausunserer langjährigen Geschäftsbeziehungwissen Sie, dass das Preis-Leistungs-Verhält-nis unserer Produkte sehr gut ist.

3. Schritt: Hinweis auf Konstanz

Durch konsequente Sparmaßnahmen undlangfristige Verträge ist es uns gelungen, diePreise drei Jahre stabil zu halten.

4. Schritt: Bitten Sie um Verständnis für die Preisanpassung

Bitte haben Sie Verständnis, dass nun eineÄnderung notwendig ist. Um unseren hohen Qualitätsstandard zu halten, passenwir unsere Preise ab … an. Details finden Siein der beiliegenden Preisliste.

5. Schritt:Hinweis auf Qualität/Leistung undTüröffner für die zukünftige Zusammen-arbeit

Wir freuen uns darauf, Sie auch in Zukunftmit unseren hochwertigen Produkten zu be-liefern. Auf weitere gute Zusammenarbeit!

6. Schritt: Grußformel

Freundliche Grüße aus Lilienthal

Hier finden Sie zwei weitere Beispiele, dienach dieser Checkliste geschrieben sind:

Beispiel 1: Brief an eine Abonnentin derZeitschrift World Vision

Vielen Dank für Ihr Interesse an unseremMagazin!

Guten Tag, Frau Grünwald,

mit unseren Reportagen sind wir immer amPuls der Zeit. Sie erfahren von uns aus ersterHand die aktuellen Geschehnisse und Ent-wicklungen von Afghanistan bis Zaire. Unse-re Bildberichterstattung beeindruckt durchaußergewöhnliche und preisgekrönte Auf-nahmen.

In den vergangenen Jahren ist es uns gelun-gen, den Preis für World Vision konstant zu hal-ten. Da wir jedoch auch in Zukunft auf die Be-richterstattung aus den entlegensten Eckender Welt großen Wert legen, passen wir denPreis um 5 % an. Ihr Jahresabonnement kostetab diesem Zeitpunkt ... EUR.

In der Septemberausgabe finden Sie einen Ex-klusivbericht von der soeben beendeten For-schungsreise zu den Eismumien von Tibet.

Viel Spaß bei Ihrem nächsten Abenteuer mitunserem World Vision-Magazin.

Freundliche Grüße aus Musterhausen

Beispiel 2: Brief an einen Versicherungsnehmer

Ihre Hausratsversicherung – Police Nr. 123

Sehr geehrter Herr Muster,

seit vielen Jahren sind Sie bei uns versichert.Herzlichen Dank für Ihr Vertrauen.

Es ist unsere Philosophie, Ihnen einen hervor-ragenden Schutz und einen guten Service zueinem fairen Preis anzubieten. So ist es unsin den letzten Jahren durch interne Reorga-nisationsmaßnahmen gelungen, Ihre Versi-cherungsprämie konstant zu halten.

Damit wir Ihnen auch in Zukunft einen ho-hen Qualitätsstandard und einen erstklassi-gen Service anbieten können, kommen wirnicht umhin, Ihren Jahresbeitrag um 3 % an-zupassen. Bitte haben Sie hierfür Verständnis.Ab Januar 200X investieren Sie ... EUR im Jahrfür die Absicherung Ihres Hausrats.

Unser engagierter Außendienst steht Ihnenauch in Zukunft mit Rat und Tat zu Seite undbeantwortet gerne Ihre Fragen.

Freundliche Grüße aus Musterhausen

Jutta Sauer, Seminare & Coaching

www.sauer-seminare.de