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1/15/13 1 Hepatorenales Syndrom - Handout Fachbereich Gastroenterologie und Hepatologie Kantonsspital St. Gallen IPS Seminar Akutes Leberversagen KSSG 15.01.2013 Dr. med. et phil. nat. David Semela Portale Hypertonie ist ein klinisches Syndrom Hepatische Encephalopathie Zirrhotische Kardiomyopathie Hyperdyname Zirkulation Hepato-renales Syndrom Gastrointestinale Varizen Porto-pulmonale Hypertonie Hepato-pulmonales Syndrom Aszites, spontan bakterielle Peritonitis Splenomegalie, Hypersplenismus Spider naevi, Palmarerythem Definitionen Gines A et al, Gastroenterology 1993 HRS Definition und Inzidenz Fortschreitendes, oligurisches Nierenversagen als Folge von einer chronischen Lebererkrankungen (Zirrhose, schwere Alkoholische Hepatitis, Metastasenleber) oder von akutem Leberversagen bei fehlenden Hinweisen auf andere Ursachen einer Niereninsuffizienz, insbesondere eines prärenalen Nierenversagens. Bei Patienten mit Zirrhose und Aszites tritt ein HRS im ersten Jahr nach Diagnose bei 18% und bei 40% über 5 Jahre auf Salerno F, Gut 2007 HRS Diagnostische Kriterien (nach International Ascites Club) Zirrhose mit Aszites Serum Kreatinin > 133 umol/l (1.5 mg/dl) Keine Verbesserung des Serumkreatinins (Absinken unter 133 umol/l) nach mindestens 2 Tagen ohne Diuretika und Volumenexpansion mit Albumin (1 g/Tag/ kg KG bis max. 100g) Ausschluss eines Schocks Ausschluss nephrotoxischer Substanzen Ausschluss einer parenchymalen Nierenerkrankung (Proteinurie > 500mg/Tag, Mikrohämaturie > EC/HPF) und/oder abnormaler Nierenultraschall Salerno F et al, Gut 2007 HRS Klassische Einteilung HRS Typ 1: Rasch fortschreitende Verschlechterung der Nierenfunktion: Reduktion der 24-Stunden Clearance auf < 20% innerhalb von 2 Wochen - oder Verdopplung des Serum- Kreatitins auf > 2.5 mg/dl (220umol/l ) in weniger als 2 Wochen. Hauptproblem: Akutes Nierenversagen! schlechte Prognose! mittleres Überleben Wochen bis 1-2 Monate HRS Typ 2: Verschlechterung der Nierenfunktion auf Creatinin-Werte zwischen 1,5 und 2,5 mg/dl (133 und 220umol/l) oder eine Creatinin-Clearance unter 40%. Hauptproblem: Refraktäre Aszites! mässige Prognose! mittleres Überleben 6 Monate

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Page 1: Handout Slides Hepatorenales Syndrom HRS KSSG 2013 IPS · Guyton & Hall Textbook" Renal Autoregulation Renale Autoregulation: Konstant halten der renalen Durchblutung und der glomerulären

1/15/13

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Hepatorenales Syndrom ������

- Handout

Fachbereich Gastroenterologie und Hepatologie Kantonsspital St. Gallen

IPS Seminar Akutes Leberversagen KSSG 15.01.2013

Dr. med. et phil. nat. David Semela

Portale Hypertonie ist ein klinisches Syndrom

Hepatische Encephalopathie

Zirrhotische Kardiomyopathie

Hyperdyname Zirkulation

Hepato-renales Syndrom

Gastrointestinale Varizen

Porto-pulmonale Hypertonie

Hepato-pulmonales Syndrom

Aszites, spontan bakterielle Peritonitis

Splenomegalie, Hypersplenismus

Spider naevi, Palmarerythem

Definitionen

Gines A et al, Gastroenterology 1993

HRS Definition und Inzidenz

Fortschreitendes, oligurisches Nierenversagen als Folge von einer chronischen Lebererkrankungen (Zirrhose, schwere Alkoholische Hepatitis, Metastasenleber) oder von akutem Leberversagen bei fehlenden Hinweisen auf andere Ursachen einer Niereninsuffizienz, insbesondere eines prärenalen Nierenversagens. Bei Patienten mit Zirrhose und Aszites tritt ein HRS im

ersten Jahr nach Diagnose bei 18% und bei 40% über 5 Jahre auf

Salerno F, Gut 2007

HRS Diagnostische Kriterien (nach International Ascites Club)

•  Zirrhose mit Aszites •  Serum Kreatinin > 133 umol/l (1.5 mg/dl) •  Keine Verbesserung des Serumkreatinins (Absinken

unter 133 umol/l) nach mindestens 2 Tagen ohne Diuretika und Volumenexpansion mit Albumin (1 g/Tag/kg KG bis max. 100g)

•  Ausschluss eines Schocks •  Ausschluss nephrotoxischer Substanzen •  Ausschluss einer parenchymalen Nierenerkrankung

(Proteinurie > 500mg/Tag, Mikrohämaturie > EC/HPF) und/oder abnormaler Nierenultraschall

Salerno F et al, Gut 2007

HRS Klassische Einteilung

HRS Typ 1:

Rasch fortschreitende Verschlechterung der Nierenfunktion: Reduktion der 24-Stunden Clearance auf < 20% innerhalb von 2 Wochen - oder Verdopplung

des Serum-Kreatitins auf > 2.5 mg/dl (220umol/l) in weniger als 2 Wochen.

→ Hauptproblem: Akutes Nierenversagen!

→ schlechte Prognose!

→ mittleres Überleben Wochen bis 1-2 Monate

HRS Typ 2:

Verschlechterung der Nierenfunktion auf Creatinin-Werte zwischen 1,5 und

2,5 mg/dl (133 und 220umol/l) oder eine Creatinin-Clearance unter 40%.

→ Hauptproblem: Refraktäre Aszites!

→ mässige Prognose!

→ mittleres Überleben 6 Monate

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Pathophysiologie

Entwicklung der splanchnischen Vasodilatation bei Leberzirrhose

Wong F, Nature Reviews Gastroenterology & Hepatology 2012

Entwicklung der renalen Dysfunktion bei portaler Hypertonie

Wong F, Nature Reviews Gastroenterology & Hepatology 2012

Renal Blood Flow and GFR Autoregulation

Guyton & Hall Textbook

Renal Autoregulation Renale Autoregulation: Konstant halten der renalen

Durchblutung und der glomerulären Filtration

Natürlicher Verlauf der Leberzirrhose

Wong F, Nature Reviews Gastroenterology & Hepatology 2012

Stage 1

Stage 2

Stage 3

Stage 4

Kompensierte Zirrhose Dekompensierte Zirrhose

Kein Aszites Keine Varizen

Kein Aszites Varizen

Aszites ± Varizen

Aszites Blutung

7%

6.6%

7.6% 4.4%

4%

D’Amico G et al., J Hepatol, 2006

Natürlicher Verlauf der Leberzirrhose

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Mit zunehmendem klinischem Zirrhose Stadium nimmt die 1-Jahres Mortalität zu

Stage 1

Stage 2

Stage 3

Stage 4

Kompensierte Zirrhose Dekompensierte Zirrhose

Kein Aszites Keine Varizen

Kein Aszites Varizen

Aszites ± Varizen

Aszites Blutung

1%

3.4%

20%

57%

Nach Dekompensation sinkt die durchschnittliche Überlebensdauer von 12 auf 2 Jahre !

D’Amico G et al., J Hepatol, 2006 Blackwell: Science, Oxford, UK. Gines P et al. NEJM 2004.

P<0.001

Creatinine <1.2 mg/dl

1.0

0.8

0.4

0.2

1 2 3 4 5

Years

Surv

ival

0

0.6

Überleben bei Zirrhose-Patienten mit Niereninsuffizienz

Creatinine <1.2-1.5 mg/dl

Creatinine >1.5 mg/dl

0.0

Gines P et al, NEJM 2004

Überleben bei Patienten mit Aszites und HRS

•  Keine Aminoglykosid-Antibiotika (10-fach erhöhe Nierentoxizität)

•  Keine NSAIDs

•  Kein i.v. Kontrastmittel

•  Hydratation und N-Acetylcystein Gabe vor i.v. KM

•  Regelmässige Kontrolle der Nierenfunktion bei Zirrhotikern mit Aszites

•  Korrekter Einsatz von Diuretika, Antibiotika und Lactulose

Prävention eines akuten Niereninsults bei Zirrhose

HRS Therapie: Vasokonstriktoren

HRS Therapie: Vasokonstriktoren

Terlipressin: 0.5 - 2.0 mg i.v. alle 4 bis 6 h; Steigerung bis max.12 mg/Tag. Maximal 14 Tage

Vasopressin: 0.01 U/min - 0.8 U/min (Infusion). Titration bis +10 mm Hg in MAP von Baseline oder MAP >70 mmHg

Noradrenalin: 0.5 - 3.0 mg/h Infusion. Titration bis +10 mmHg in MAP

Midodrine/Octreotide: Midodrine: 7.5 - 12.5 mg p.o. Titration bis +15 mm Hg in MAP Octreotide:100 - 200 μg s.c. 1-1-1 oder 25 μg bolus & infusion 25 μg/h

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HRS Therapie: Terlipressin

•  Terlipressin (Haemopressin®, Glypressin®), Vasopressin Analog

•  0.5 - 2.0 mg i.v. alle 4 bis 6 Stunden

•  Steigerung bis max.12 mg/Tag. Maximal 14 Tage

•  In Kombination mit Albumin verabreichen

•  Ziel: MAP Steigerung 10%, Kreatinin Senkung (<88umol/l)

•  Terlipressin ist ein Prodrug: Lysine Vasopressin

•  Aktiviert durch endotheliale Peptidasen zu Vasopressin

•  Dadurch Lokalisation in der splanchnischen Zirkulation mit Verlängerung der Halbwertszeit von 1 auf 10h (Bolus möglich)

HRS Therapie: Terlipressin

•  Splanchnische Vasoconstriktion via Vasopressin 1 Rezeptoren in den glatten Muskelzellen

•  Bewirkt Reduktion des portalen Inflows und des Poolings in der splanchnischen Zirkulation

•  Dies führt zu reduziertem portalen Druck und verbesserter renaler Perfusion

•  Vasopressin 2 Rezeptor Bindung in den Sammelrohren führt zur Absorption von Wasser via Acquaporin-2 Kanälen

•  Mögliche transiente Verdünnungs-Hyponaträmie

HRS Therapie: Terlipressin

•  Nebenwirkungen und Komplikationen: Ischämische Komplikationen durch Vasokonstriktion, abdominale Schmerzen, Nausea, Diarrhoe, Arrhythmien (Bradykardien, Vffli, ventrikuläre Extrasystolen), Hautnektrosen, Hyponatriämie

•  Deshalb regelmässige EKG und klinische Kontrollen (Haut, Extremitäten)

•  Kontraindikationen: Schwangerschaft, Koronarsklerose

Gluud LL et al, Cochrane 2012

Terlipressin: Metaanalyse HRS Resolution

Wong F, Nature Reviews 2012

Gluud LL et al, Cochrane 2012

Terlipressin: Metaanalyse HRS Mortalität

Wong F, Nature Reviews 2012

HRS Therapie: TIPS

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Transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt (TIPS)

•  Minimal invasiv eingelegter Shunt zwischen Lebervene und Pfortaderast •  Sofortige Senkung des portalen Druckes

Transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt (TIPS)

•  TIPS ist sehr effizient zur Drucksenkung in Portalvene

•  Durch TIPS kann viel splanchnisches Volumen in die zentrale Zirkulation zurückgeleitet werden: effektives arterielles Blutvolumen steigt und renale Perfusion verbessert sich

•  Komplette Normalisierung des Kreatinins resp. Verschwinden des Aszites kann Monate gehen

•  Alle TIPS Studien TIPS zeigen eine Verbesserung des Serum Kreatinins

Nadim MK et al, Crit Care 2012

Zusammenfassung klinische Studien mit TIPS-Einlage bei Patienten mit hepatorenalem Syndrom

•  TIPS verbessert Nierenfunktion, Aszites und ev. Überleben

•  Bisher aber ungenügende Daten um TIPS zur Therapie bei HRS zu empfehlen

•  Einzige akzeptierte Indikation: Therapie-refraktärer Aszites

•  CAVE: Verschlechterung Encephalopathie, Verschlechterung Leberfunktion

HRS Therapie: Lebertransplantation

1. März 1963: Dr. Thomas E. Starzl (University of Colorado, Denver)

•  Lebertransplantation ist die definitive Therapie für HRS Patienten

•  Dabei wird die Leberdysfunktion und die portale Hypertonie

korrigiert

•  Die renale Funktion verbessert sich auch nach Transplantation

aufgrund der Reduktion der vasokonstriktiven Aktivität

•  Die Vergabe der Lebern an Transplantationskandidaten richtet sich

nach dem MELD Score (Model for end-stage liver disease score),

welcher die Höhe des Serum Kreatinins integriert hat

HRS Therapie: Lebertransplantation

•  Kreatinin, totales Bilirubin und INR (MELD) reflektieren Schweregrad einer Leberzirrhose (Malinchoc & Kamath, Hepatology 2000):

•  MELD Score = 9.57× ln (Kreat) + 3.78× ln (Bili) + 11.20× ln (INR) + 6.43

•  Aszites und Enzephalopathie sind nicht integriert im MELD

•  Vorteile des MELD gegenüber CHILD Score: objektiv, kontinuierlich, d.h. numerische Skala mit 6 bis 40 Punkten versus CHILD A, B oder C

•  Bester Prädiktor für 3-Monatsmortalität und Operationsrisiko bei Patienten Leberzirrhose

MELD Score: Model of End Stage Liver Disease

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•  In Patienten mit Typ 1 HRS ohne Ansprechen auf Vasokonstriktoren sollte ein Nierenersatzverfahren als Bridging zur Transplantation begonnen werden

•  Bis zu 40% dieser Patienten bleiben nach Lebertransplantation dialysepflichtig (Persistenz der hyperdynamen Zirkulation)

•  Deshalb individuelle Diskussion einer Lebertransplantion mit möglicher zweizeitiger Nierentransplantation bei fehlender Erholung vs. kombinierte Leber–Nieren Transplantion

•  Prätransplant Dialysedauer >8 Wochen hat deutlich veringerte Wahrscheinlichkeit einer renalen Erholung

HRS Therapie: Lebertransplantation

Zusammenfassung

•  Das HRS bei Zirrhose ist das Resultat einer hämodynamischen Dysregulation ausgelöst durch portale Hypertonie, welche schlussendlich zu einer renalen Vasokonstriktion führt

•  Die HRS Kriterien wurden vereinfacht um die Diagnose einfacher & früher zu stellen und eine Therapie früher zu beginnen

•  Vasokonstriktoren sind die primäre und Evidenz-basierte HRS Therapie und verbessern die systemische und splanchnische Zirkulation

Zusammenfassung Hepatorenales Syndrom (1) Zusammenfassung Hepatorenales Syndrom (2)

•  Terlipressin ist wirksamer wie Midodrine; Norepinephrin ist gleich wirksam aber billiger wie Terlipressin

•  Bei Zirrhotiker mit Aszites und HRS ohne Ansprechen auf Vasokonstriktoren sollte eine Lebertransplantation erwogen werden

•  Bridging-Dialyse ist oft notwendig bis zur Lebertransplantation

•  Patienten mit >4–8 Wochen prä-transplant Dialyse sollten für eine kombinierte Leber–Nierentransplantation evaluiert werden

Literatur

www.easl.eu

Empfohlene Literatur

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Wong F, Nature Reviews Gastroenterology & Hepatology 2012

Empfohlene Literatur Empfohlene Literatur

Nadim MK et al., Critical Care 2012

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