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  • 8/3/2019 Hans-Georg Beck. Kirche und Klerus im Staatlichen Leben von Byzanz. Revue des tudes byzantines, tome 24, 196

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    Hans-Georg Beck

    Kirche und Klerus im Staatlichen Leben von ByzanzIn: Revue des tudes byzantines, tome 24, 1966. pp. 1-24.

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    Beck Hans-Georg. Kirche und Klerus im Staatlichen Leben von Byzanz. In: Revue des tudes byzantines, tome 24, 1966. pp. 1-

    24.

    doi : 10.3406/rebyz.1966.1357

    http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/article/rebyz_0766-5598_1966_num_24_1_1357

    http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/author/auteur_rebyz_28http://dx.doi.org/10.3406/rebyz.1966.1357http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/article/rebyz_0766-5598_1966_num_24_1_1357http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/article/rebyz_0766-5598_1966_num_24_1_1357http://dx.doi.org/10.3406/rebyz.1966.1357http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/author/auteur_rebyz_28
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    KIRCHE UND KLERUSIM STAATLICHEN LEBEN VON BYZANZ

    in einer Stunde politischer Einsicht, angesichts der Gefahr, inwelche das Reich durch die militrfeindliche Politik der Kaiser umdie Mitte des 11. Jahrhunderts geriet, schrieb Michael Psellos in seinGeschichtswerk folgenden programmatischen Satz : Man hat denEindruck, da die jetzigen Kaiser beim Antritt ihrer Herrschaftder Meinung sind, es genge, wenn ihnen die Zivilbevlkerung dieAkklamation leiste. Sie leben mitten in diesen zivilen Kreisen, undwenn sie sehen, da von hier keine Opposition zu befrchten ist,dann glauben sie fest im Sattel der kaiserlichen Macht zu sitzen.In Wirklichkeit aber beruht ihre Sicherheit auf einer Dreiheit vonFaktoren : auf der Masse des Volkes, auf dem Stand der Senatorenund auf dem Militr. Aber diesen dritten Faktor vernachlssigensie, whrend sie ihre ganze Gnade den ersten beiden zuwenden (1). Wer immer, begabt mit einiger, wenn auch konventioneller, Kenntnises westlichen Mittelalters und unter dem Eindruck populrwissenschaftlicher Literatur ber das byzantinische Reich, diesen Satzliest, wird berrascht sein, da unter den genannten Stnden Kirche und Klerus fehlen. Er wird die Frage stellen, ob die Kirche,sei es als Organisation, sei es als klerikaler Stand aufgefat, in Byzanznicht ebenfalls zu den staatstragenden und verfassungsmig belangvollen Schichten des Reiches gehrte. Diese Frage aufrollen, heitdarber hinaus die Errterung herausfordern, welche Rolle kirchliche und klerikale Leitbilder in der byzantinischen Kultur berhauptgespielt haben.Doch bleiben wir zunchst bei der Frage, ob die byzantinischeKirche als Organisation und Krperschaft zu den belangvollen

    (1) M. Psellos, Chronographia II 83 (Renaud) : ???e? p?? t??? ??t? as??e?e?? ?a???s????e?? e?? ed?a? t?? ???t?? ?? t? p???t???? ????? t??t??? ?ate?f??s?s??. ????????? ?a? a?t??? d?te?,?'???ta?, e? ta pa?? t??t?? a?t??? e? e?e?, ???a??? ?at?sfa??s?a? tf ??ate?.... ?? t??s? d? t??t???t?? f??a??? a?t??? ?st?e???, d??t??? p???e?, ?a ? s?????t??? t??e? ?a? s??t??at? st?at??t???...

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    REVUE DES ETUDES BYZANTINESFaktoren des byzantinischen Staates als eines administrativen Gebildesgehrte, und teilen wir diese Frage nach rechtlichen und geschichtl ichenesichtspunkten auf. Das kanonische Recht der Byzantinerhat mehrmals dazu Stellung bezogen. Die byzantinischen Kanonistenberufen sich zumeist auf folgende Quellen : Apostolische Kanonesnr. 6, nr. 20 , nr. 81 , nr. 83, Ghalcedonense can. 3 und 7, Garthag.can. 16, Nicaenum II, can. 10, Gonstantinopl. la et IIa (anno 861)can. 11 . In ihrer Mehrzahl subsumieren diese Quellen den Fragenkomplex unter dem Begriff weltliche Sorgen (??s??a? f???t?de?)und weltliche Geschfte (??s??? p???ata), berhren aber dochimmer wieder expressis verbis Sachverhalte, die sich auf das politischeund administrative Engagement des Klerus im Rahmen des Staatesbeziehen. So stellt can. Apost. 83 ??a??? a??? und e????s?ast???d?????s?? als unvereinbar einander gegenber und nennt als Beispieleiner solchen rmischen d. h. staatlichen administrativen Ttigkeitdie st?ate?a, worunter sowohl Zonaras wie Balsamon ob mitRecht oder nicht, sei dahingestellt, nicht den eigentlichen Wehrdienst, sondern Geschfte der Intendantur und der Soldatenaushebungverstehen. Und can. Apost. 81 verbietet den Inhabern hherer Weihegrade auch alle Beteiligung an fiskalischen Geschften (d??s?a?d?????se??). Beide Male berufen sich die Verfasser dieser Kanonesauf die zwei Herren , denen man nicht dienen kann, auf Caesarund Gott , eine fr die Exegese von Bibelstellen, die nicht seltenfr eine Reichstheologie gepret werden, nicht uninteressante Tatsache. ei Chalced. can. 3 ist es, wie wir noch sehen werden, nicht ohneBelang, da von den fr Kleriker verbotenen Geschften unter gewissenUmstnden die bernahme einer Vormundschaft oder die Sorgefr Witwen ausgenommen wird. Chalc. can. 7 verbietet wiederummit aller Bestimmtheit die bernahme jedweder st?ate?a undjedweder weltichen Wrde wobei nach byzantinischem Sprachgebrauchnter a??a sowohl ein staatlicher Posten wie eine Hofwrdeverstanden werden kann. Canon 11 der Prima Secunda nennt wiederum ausdrcklich weltliche ???a?, aber auch die Geschftsfhrungin den Haushaltungen und Betrieben der Groen, der ?????te?,wobei als Berufsbezeichnung der Begriff ????at??e?a fllt. DieseGeschftsfhrung erfolgte ja zunchst wohl auf privater Basis,konnte aber auf dem Wege ber den schillernden Begriff ?????te?sehr wohl in die staatliche Sphre bertragen werden. Hier scheintein Lieblingsfeld der laikalen Bettigung des byzantinischen Klerusgegeben zu sein, und so darf hier auch auf hnliche Verbote der

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    H. -G . BECK : KIRCHE UND KLERUS ?zweiten Synode von Nikaia (787), can. 2 verwiesen werden, wo dieseKuratoren e???te??? genannt werden, was Balsamon in seinemKommentar auf die Geschftsfhrung in der Domnenverwaltungder Groen einschrnkt, sowie auf einen Brief des Patriarchen Tara-sios von 790, in dem diese Verbote dem Klerus von Sizilien eingeschrft werden (1).Die kaiserliche Gesetzgebung, vorab die Justinians, folgt denSpuren der kanonischen, wenn auch mit Nuancen und Modifikationen.In der Novelle 123, cap. 5 werden Bestimmungen getroffen, unterwelchen Umstnden der Kleriker (niemals der Bischof oder Mnch)eine Vormundschaft bernehmen darf; in cap. 6 werden alle Finanzgeschfte verboten, wie Vereinnahme von Steuern, Steuerpachtusw., aber auch ProzeVertretung auerhalb des eigentlichen kirchlichen ahmens und in cap. 15 generell das Verlassen der Klerikatur,um ein cingulum , eine a??a oder eine st?ate?a zu bernehmen.Kaiser Leon VI. hat in seiner Novelle 68 Rcksicht genommenauf die Bedeutungserweiterung von ep?t??p?? und ep?t??p?, worunterun auch die Geschfte des Testamentsvollstreckers verstandenwerden knnen (2), und nimmt vom Verbot der generellen bernahmeeiner Vormundschaft die ep?t??p? im zweiten Sinne aus (3). In Novelle86 mildert er die Strafbestimmungen fr Kleriker, die vor Gerichtpldieren, Pachtvertrge abschlieen usw (4).

    ber die Rechtslage kann somit kaum ein Zweifel bestehen. Die??a??? a???, der cursus der Beamtenlaufbahn und der cursushonorum, Fiskalgeschfte, Steuerpacht, Militrverwaltung undselbstverstndlich Kriegsdienst und Offiziersstellen sind den Klerikern verboten. Ein Entassement des Klerus in der staatlichen Verwal-tung ist de jure nicht mglich, weder vom Kirchenrecht her nochvom Kaiserrecht her.Wenn man absieht von der berlegung, da schon die wiederholtenVerbote die wiederholte bertretung insinuieren, so bleibt uns nurbrig, die historische Praxis zu befragen. Sollten die Konklusionenvon Th. Klauser auf Richtigkeit beruhen, so hat schon Konstantinder Grosse begonnen, wenigstens den hohen Klerus fr den Gebrauchdes Reiches zu vereinnahmen (5). Doch bleibt es meines Erachtens

    (2) Vgl. K. E. Zachari von Lin gen tu al, Geschichte des griechisch-rmischen Rechts,Aalen 1955, S. 161 ff.(3) P. Noailles, A. Dain, Les novelles de Lon VI le Sage, Paris 1944, S. 246-249.(4) A. a. O. 288-291.(5) Th . Klauser, Der Ursprung der bischflichen insignien und Ehrenrechte. 2. Aufl.Krefeld 1953.

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    4 REVUE DES ETUDES BYZANTINESauer jedem Zweifel und Klauser selbst deutet es an in derTitelgebung seiner Schrift da es sich hier nicht um die Verbeam-tung des hohen Klerus handelt, sondern um verliehene Ehrenrechteund Insignien, wie sie auch an Beamte verliehen wurden. Der Gesichtspunkt, nter dem Konstantin und seine Nachfolger handelten, wardie Erhebung des Episkopats in eine Sphre hfischer Auszeichnungen,ohne da damit seine Dienste direkt in Anspruch genommen wordenwren. Das heit, da die Folgen dieser Auszeichnungen doch zunchstim Raum der Loyalitt gegenber dem Staat zu suchen sind, undnicht im juristischen Bereich.Klammert man die episcopalis audientia aus, ber deren Rechtscharakter immer noch nicht das letzte Wort gesprochen zu seinscheint, so begegnet man in der nachkonstantinischen Gesetzgebungden Bischfen vor allem im ffentlichen Leben der Kommunen, aberbezeichnenderweise fast immer im Zusammenhang mit den honort! , den Notablen der Stadt. Man mu dabei in Rechnung ziehen,da die Bischfe kraft ihrer geistlichen Autoritt, aber auch dankihrer finanziellen Unabhngigkeit und Macht, sich innerhalb derstdtischen Oberschicht sehr rasch an die erste Stelle geschobenhaben und nun zusammen mit den Notablen der Stadt eine geschlosseneGruppe bilden, der die Kaiser die letzten Reste jener kommunalenSelbstverwaltung berlassen, von denen das Prestige der frhbyzantinischen Stadt lebt. So ist der Bischof laut Konstitution der KaiserHonorios und Theodosios (409), zusammen mit dem Klerus, den honorati ac possessores et curiales an der Bestellung des defensorcivitatis beteiligt (6) und durch Konstitution des Kaisers Anastasiosan der Wahl der s?t??a?, d. h. der Beauftragten fr die Lebensmittelversorgung er Stadt, wobei er zusammen mit den Vornehmstender possessores handelt, allerdings nicht frei, sondern durch Gesetzverpflichtet, einen pensionierten Beamten zu whlen (7).Auf dieser Linie bewegt sich zumeist auch Kaiser Justinian. Erbeauftragt den Bischof mit der Kontrolle der menschenwrdigenVerhltnisse in den Gefngnissen (8), et fhrt ihn in Sonderfllenals subsidire Instanz fr die Entgegennahme der exceptio nonnumeratae pecuniae ein (9), er bertrgt ihm schiedsrichterlicheFunktionen bei evidenter oder unterstellter Rechtsbeugung durch

    (6) Cod. Just. I, 55, 8; vgl. Nov. XV, epil.(7) Cod. Just. X, 27, 3 un d 4.(8) Cod. Just. I, 4, 22 un d 23 .(9) Cod. Just. I, 4, 21 . Vgl. IV, 30, 14 .

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    H. -G. BECK : KIRCHE UND KLERUS ?den Gouverneur, sowie in Fllen, in denen der Gouverneur selbstPartei ist (10). Justinian gibt dem Bischof und seinem konomauch den Auftrag, beim Aufbringen der Steuern in der Gemeindebehilflich zu sein, damit Jkein Mibrauch] vorkomme und keinTumult entstehe, und unterstellt die stdtische Rechnungsablagedem Bischof und einem Konsortium vornehmer Brger (11). DerBischof dient dem Kaiser aber auch als diskrete Kontrollinstanzfr die Geschftsfhrung der Gouverneure und brigen Beamten,wiederum zusammen mit den Notablen der Stadt (12). Mit anderenWorten : Die Gesetzgebung kennt den Bischof, etwa im Falle derKontrolle der Gefngnisse, als Vertreter christlich-humanitrerDenkweise, in den meisten Fllen aber als den sozial hervorragenden,prominentesten Brger der Stadt. Er bekommt in keinem Falleeine potestas verliehen, sondern seine auctoritas wird in Rechnunggesetzt. Et bleibt qua talis auberhalb der Aemterhierarchie, er istkein staatliches Verwaltungsorgan und keine vorgesetzte Behrde.Wenn gelegentlich in der byzantinischen Frhzeit, vor allem anden Grenzen des Reiches, Bischfe geradezu als Stadtherren auftreten,so scheinen mir diese Verhltnisse in keiner Weise vergleichbaretwa denen in Italien oder Gallien. Es handelt sich immer nur umvorbergehende kriegerische Situationen, in denen die Stadt, aufsich gestellt, im Bischof den geborenen Fhrer anerkennt, der dannauch die bestellten kaiserlichen Administratoren unter seine Autorittzwingt (13).Man darf ohne weiteres unterstellen und man knnte im einzelnennicht wenige Belege dafr anziehen, da die Position der Bischfefast die ganze byzantinische Zeit hindurch dieselbe geblieben ist : defensor civitatis in kritischen Fllen der Stadtgeschichte, Anwaltgegenber den Provinzgouverneuren und vor allem gegenber derviel beklagten Willkr der Steuerbeamten, freilich auch Partnerder d??at?? im Proze der sogenannten Feudalisierung des Reiches.Es entspricht dem diskretionren (14) Charakter der Einschaltung

    (10) Nov. VIII, 8, 9 un d 14 . LXXXVI, 1, 2 und 4.(11) Nov. XVII, 7. GXXVIII, 16 .(12) Nov. CXXXIV, 3; CXLIX, 1.(13) Beispiele etwa be i B. Segal, Mesopotamian communities from Julian to the riseof Islam , Proceedings British Acad. 1955, 109-140.(14) Den Hinweis auf den diskretionren Charakter der Verordnungen der frhbyzantinischenKaiser auf diesem Gebiet verdanke ich Herrn Dr. D. Simon. Man darf danebendie Charakteristik des kommunalen Lebens der frbyzantinischen Zeit durch P. Petit,Libanius et la vie municipale Antioche au IVe s. aprs J. C, Paris 1955, setzen : ... un ensemble imprcis de coutumes, de lois et de dispositions...

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    6 REVUE DES TUDES BYZANTINESder Hierarchie in das Verfassungsleben des Reiches, wenn der frhbyzantinische Staat nur selten den Fall kennt, da Kleriker in staatlicheAemter eingesetzt wurden. Zu nennen ist hier der bekannte gyptischeGrogrundbesitzer Apion, den Kaiser Anastasios zwangsweise inden Klerus einreihen lie, den aber Kaiser Justin wieder rehabilitierteund zum praefectus praetorio machte (15), wohl unter besondererBercksichtigung des Zwangscharakters seiner Weihe, auch wennangemerkt werden darf, da dieser Zwangscharakter in Byzanzselten als Ungltigkeitsgrund namhaft gemacht wird (16). Undwenn der Patriarch Kyros von Alexandreia unmittelbar vor derEinnahme Alexandreias durch die Araber tatschlich als praefectusugustalis die letzten vergeblichen Verhandlungen fhrte, sogehrt auch er hierher auch sein Fall eine Ausnahmeerscheinung,erzwungen durch die besonderen Verhltnisse (17).In der frhmittelbyzantinischen Zeit allerdings mehren sich dieFlle des Uebergangs von der Klerikatur in weltliche mter, sowiedes cumulus beider Eigenschaften. Kaiser Justinian IL bestelltum 694 einen Reklusen und Mnch namens Theodot zum ??????t??t?? ?e?????, ohne da Theopbanes das Vorkommnis besonders rgenwrde (18). Kaiser Anastasios IL (713-715) erhebt den Diakon derGroen Kirche, Joannes, genannt Papas Joannakes, ebenfalls zum??????t?? t?? ?e????? und bergibt ihm ausserdem ein wichtigesFlottenkommando (19). Unter Kaiser Konstantin V. verlsst einBischof Markellos seinen Sitz, um in die Domnenverwaltung, allerWahrscheinlichkeit nach die der kaiserlich-staatlichen Domnenberzuwechseln (20). Der Gnstling des Kaisers Leon VI., der bekannteSarazene Samonas, offeriert seinem Herrn gelegentlich einen hbschenjungen Mann, der Samonas schliesslich beim Kaiser auszustechendroht. Durch Verleumdungen gelingt es Samonas, diesen jungen

    (15) Theophanes 16 6 (de Boor).(16) Vis und metus bei Profess und Weihen sind meines Wissens fr den kanonischenBereich in Byzanz noch nie an Hand der geschichtlichen Daten untersucht worden. Frdi e Beurteilung des mchianischen Streites wre eine solche Untersuchung /.. B. von besonderer Wichtigkeit. Auch die kanonischen Texte selbst scheinen kaum vorhanden zu sein,jedenfalls finde ich bei P. P. Joannou, Discipline gnrale antique, Index. (Grottaferrata1964) unter den entsprechenden Stichwrtern die Begriffe nur im Zusammenhang mitSchuldminderung un d dgl. nicht im Zusammenhang mit Gltigkeitsfragen.(17) Vgl. A. J . Butler, The arab conquest of Egypt and the last thirty years of theroman dominion, Oxford 1902; dagegen D. Kalli machos, ?? te?e?ta?a? ???a? t?? e????????????a???a? ?? ????ptf. ? ?a????a?. Alexandreia 1911.(18) Theophanes 367 un d 369 (de Boor).(19) Theophanes 385.(20) Theophanes 420.

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    H. -G. BECK : KIBCIIE UND KLERUS 7Mann zu Mnch scheren zu lassen. Die Verleumdungen werdenklargelegt und der Kaiser ernennt den Mnch zu seinem Kammerherrn,nicht ohne eigens fr ihn ein Kloster zu bauen (21). In einem anderenFalle freilich weigert sich Leon VI. lange, dem Wunsche eines Klerikers der Nea , namens Ktenas nachzugeben und ihn zum Proto-spatharios zu ernennen, da dies eine Unmglichkeit sei und es ausserdemder Majestt des Kaisers zur Unehre (?d???a) gereichen wrde,wenn er sich entschlsse, einen Kleriker zum Protospatharios zuernennen. Er entschloss sich schliesslich doch, allerdings erst alsKtenas die Kaufsumme fr die Wrde gewaltig erhhte (22). KaiserAlexandros, der Bruder des Leon VI. ernennt einen Kleriker zumRektor, d. h. erhebt ihn zu einem Amt, das im Kleterologion desPhilotheos noch vor den grossen Themenstrategen rangiert. DerMann, ein gewisser Joannes Lazares gehrt zur alten Clique deslange von den Geschften ferngehaltenen Mitkaisers Leons (23).In den ersten Jahren der vormundschaftlichen Regierung fr KaiserKonstantin VII. beteiligt sich ein Mnch, der den Rang eines Patrikioshat, Konstantinos Eladikos, an der Revolte des KonstantinosDux (24). Konstantin VII. selbst holt sich nach dem Sturz desKaisers Romanos Lakapenos einen Mnch Marianos aus dem Kloster,einen Vertreter der berhmten Familie der Argyroi, lsst ihn denHabit ablegen, macht ihn zum Comes stabuli und ernennt ihn zumPatrikios (25). Zugleich lsst er Michael, einem Enkel des gestrztenKaisers, die kaiserlichen Insiginien wegnehmen und veranlasst, dasser in den Klerus aufgenommen wird, ernennt ihn aber gleichzeitigzum Magister und Rektor (26). Unter Kaiser Konstantinos IX.Monomachos verliess ein Mnch Nikephoros sein Kloster und seinenMnchsstand, von Begierde nach Ruhm angetrieben, wie Skylitzessagt, trat als Laie und Privatmann in den Dienst des Kaisers undwurde von diesem schliesslich zum Rektor und Strato pedarchenernannt und gegen die Seldjuken ins Feld geschickt (27). Untereben diesem Kaiser bekommt ein Synkellos Basileios den Befehlber die bulgarischen Hilfskontingente im Kampf gegen die Petschene-

    (21) Theophanes cont. 375/6 (Bonn).(22) Konstantin VII. De Adm. imperio 50, 23 5 ff (Moravcsik-Jenkins S. 245).(23) Theophanes cont. 378 /9 : ??????? papa? (?a????? t??tf ?p?????) ?a??t??a pep????e?.?ap?? ist hier ohne Zweifel Berufsbezeichnung.(24) Theoph. cont. 382.(25) Theoph. cont. 436.(26) Theoph. cont. 438.(27) Skylilze s-Kedrenos II, 593 (Bonn).

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    8 REVUE DES TUDES BYZANTINESgen (28). In der Korrespondenz des Michael Psellos begegnetzweimal eine Persnlichkeit Namens Sagmatas. Wenn es sich inbeiden Fllen um dieselbe Persnlichkeit handelt, so bekleidete sieneben dem wohl vom Kaiser verliehenen, aber wesentlich klerikalenAmt des Synkellos, zugleich das des Rektors (29). Auch MichaelPsellos selbst muss hier genannt werden. Ich glaube kaum, dass erjemals Paradynast war, obwohl er ber seine allmchtige Stellungbei Hofe sehr hohe Worte von sich gibt. Seinen cursus honorum hater wohl schon vor seinem Eintritt ins Kloster (auf dem bithynischenOlymp) im Jahre 1054 oder 1055 hinter sich gebracht. Es gelingt ihmjedoch bald wieder in Konstantinopel Fuss zu fassen und die Kartender Politik mitzumischen. Und Isaak I. Komnenos dekoriert ihn ausDankbarkeit fr seine Beteiligung am Sturz des Kaisers Michael VI.mit dem Prdikat und Rang eines Hypertimos (30). Mit dem Amteines Rektors ausgestattet findet sich sogar noch um die Wende zum 12 .Jahrhundert ein Bischof von Agra! (31), und ebenfalls auswrts begegnet ein Metropolit Leon von Athen mit den Bezeichnungen Synkellos und Rektor (32).Im brigen treten Kleriker in staatlichen mtern und Wrden desweiteren unter den Komnenen und Palaiologen stark zurck. Immerhinei etwa auf den Fall des bekannten Diakons und spteren Metropoliten Theodoros Skutariotes hingewiesen, der Beamter des Patriarchats st und jetzt vom Kaiser Michael VIII. in das Amt eines(staatlichen) Dikaiophylax eingesetzt wird, was der Kaiser nicht nurdem Patriarchen notifiziert, sondern auch mit der Aufforderungbegleitet, ihn auch in der Hierarchie der Hagia Sophia hher einzustufen (33). Vor allem aber sei auf die Katholischen Richter hingewiesen, ein Gremium von zunchst vier Richtern, zwei Klerikern undzwei Laien, das als hchste Appellationsinstanz wirken sollte. DasInstitut wurde von Kaiser Andronikos HL geschaffen (1329), nachdem ein hnliches Gremium grsseren Umfangs, eine GrndungKaiser Andronikos' IL aus dem Jahre 1296 keine nennenswerte Verbesserung der korrupten Gerichtsbarkeit gebracht hatte (34).

    (28) Skylittzes II, 607.(29) Scripta minora II, 291. 318 (Kurtz-Drexl).(30) V. Grumel, Titulatures des mtropolites byzantins II, Mmorial Louis Petit (1948)153-155.(31) V. Laurent, "???????? 5 (1932) 409.(32) Metr. AthenAGORAS, ?pet???? ?ta?? ???a?t. Sp??d?? 4(1927) 36/37.(33) ?e??, Jus grseco-romanum I, 50 2 Reskript von 1270.(34) Dazu die Literatur be i G. Ostrocorsky, Geschichte des byzantinischen Staates,

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    H. -G . BECK KIRCHE UND KLERUS 9Die grsste Dichte der Flle ist also unstreitig im 10 . /ll. Jahrhund

    ertegeben mit einigen bemerkenswerten Vorlufern im 7. /9 .Jahrhundert. In das 10 . und 11. Jahrhundert gehren auch nichtseltene Flle, in denen die gros s en konomen der Hagia Sophia mitweltlichen mtern und Wrden ausgestattet sind. Doch wissen wir,dass dieser hohe Verwaltungsposten an der Hagia Sophia bis aufKaiser isaak I. Komnenos vom Kaiser vergeben wurde, und wirknnen unterstellen, dass er dabei nicht nur Diakone sondern auchLaien heranzog, sodass ein solcher Cumulus hier in diesem Zusammenhang besser ausser Betracht bleibt (35).Einer gesonderten Betrachtung bedrfen zwei Reihen von Fllen,erstens Kleriker (Patriarchen) im Regentschaftsrat unmndigerKaiser und zweitens Kleriker in der Paradynastie (36).Der Patriarch als Mitglied der Vormundschaft fr einen unmndigenKaiser setzt sich nur langsam durch. Herakleios jedenfalls scheintPyrrhos bei Einsetzung der Vormundschaft fr Konstantinos undHeraklonas nicht bercksichtigt, sondern sich auf Martina, seinezweite Frau, beschrnkt zu haben (37). Auch Theophil setzt frMichael III. eine Vormundschaft ohne geistliches Milglied ein. ErstKaiser Alexandros nimmt den Patriarchen Nikolaos Mystikos unter die

    8. Aufl. Mnchen 1963, S. 41 5 un d ausserdem P. Lemerle, Documents et problmes nouveauxconcernant les Juges Gnraux, . , Athen 1964, S. 29-44.(35) Vgl. die Beispiele bei V. Laurent, Le Corpus des sceaux de V empire byzantin V, 1.Paris 1963, nr. 52, 53 . 68; dors. La collection Orghidan, Paris 1952 nr. 26 9 und 365. In alldiesen Fllen ist kaum zu entscheiden, ob der Betreffende Kleriker war, jedenfalls wirdder normale Rang eines patriarchalen kononen, nmlich der eines Diakon nicht erwhnt.Dann bleibt freilich zu bedenken, dass erst die Synode I. lia von 86 1 das Verbot weltlichemter und Ehren anzunehmen entschieden fr den gesamten Klerus ganz generell erlassenhat, dass aber dieser Kanon offenbar weiterhin bnigne interpretiert wurdl erst einSynodalentscheid unter Patriarch Michael III. (Grumel, Regest 1119) subsumiert auchausdrcklich die Lektoren, also die Eingangsstufe der Klerikatur, unter das Verbot. Diekonomen knnten also etwa Lektoren gewesen sein. Doch haben wir den Beleg, dassauch Laien Grosskonomen der Hagia Sophia wurden, so . . der sptere Kaiser RomanosII . Argyros; vgl. Skylitzes II, 486.(36) Wenigstens anmerkunsgweise sei auf di e Verwendung des Klerus be i kaiserlichenGesandtschaften verwiesen. Nimmt man alle Flle in Dlgers Regesten, die einen Schlussauf di e Zusammensetzung der Gesandtschaften erlauben, so hat man ein Material vonetwa ber 35 0 Gesandtschaften mit etwa 550 Gesandten. Von diesen 55 0 sind etwa 12 5 Kleriker bezw. Mnche. 44 davon gehen auf Gesandtschaft zum Papst und 26 weitere aufGesandtschaft in Eheangelegenheiten, Fragen der Union mit stlichen Kirchen, Gefangenenaustausch usw. Neben den 44 geistlichen Gesandten an den Papst stehen aber immernoch 49 Laiengesandte an den Papst, von denen 28 ohne geistliche Begleitung nach Romreisen. Insgesamt ergibt sich ein Anteil von nicht viel ber zehn Prozent geistlicher Gesandt-shaf tsreisender auf Legationen mit weltlichen Zielen, d. h. ca 55 Kleriker auf ca 40 0 Laien.(37) Theophanes spricht nur von der Mitwirkung des Pyrrhos bei der Beseitigung desKonstantinos. Chronik S. 341 (de Boor).

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    10 REVUE DES TUDES BYZANTINESVormnder fr Konstantin VII (38). auf. Der Patriarch wird damitfr einige Zeit zur Schlsselfigur der byzantinischen Zeitgeschichte.Patriarch Polyeuktos war offenbar nie Vormund der Kaiser Basi-leios II. und Konstantinos VIII. Vielmehr fhrte zunchst die Kaiserinmutter Theophano die Regentschaft, bis Nikephoros Phokas undJoannes Tzimiskes das Tutelarkaisertum antraten (39). Ebensobernahm nach dem Tode Konstantin X. seine Witwe Eudokia sehrselbstndig die Zgel der Regierung, bis sie sich gentigt sah, Romanos iogenes zu heiraten (39a). Auch fr den Komnen Alexios II.gab es keine Regentschaft, in welcher auch der Patriarch vertretengewesen wre. Theodoros II. Laskaris ernannte fr seinen unmndigenSohn Joannes IV. Laskaris den Protovestiarios Georgios Muzalonzum Vormund und Reichsverweser so Pachymeres (40) und Akro-polites (41) und nur zwei sehr viel sptere Quellen nennen ausdiesem Anla auch den Namen des Patriarchen Arsenios (42). KaiserAndronikos III. bestellt im Jahre 1230 fr seinen Sohn Joannes V.zunchst die Kaiserin Anna von Savoyen und Joannes Kantakuzenosals Vormnder (43), stellt aber 1334 seine Frau und seine Kindernicht mehr unter diesen Schutz, sondern unter den des PatriarchenJoannes Kalekas (44), whrend die Grnde, die Kantakuzenos imNachfolgestreit seit 1341 anfhrt, um zu beweisen, da eigentlich erals Vormnder bestimmt gewesen sei, nicht stichhaltig sind (45).Mit anderen Worten : die byzantinische Reichsgeschichte kennt nurzwei Flle geistlichen Reichsverwesertums, den Patriarchen Niko-laos Mystikos, freilich nur zusammen mit einer Reihe anderer hoherWrdentrger, und den Patriarchen Joannes Kalekas zusammen mit

    (38) Theoph. conl. 380.(39) Leon Diakonos spricht nur von der Aushndigung der Herrschaft an Basileiosun d Konstantinos und ihre Mutter durch den Patriarchen und den Senal,, also wohl vonder Akklamation und Krnung der jungen Mitkaiser zu .(39) Psellos II, 151 (Renaud) erzhlt zwar, dass der kranke Kaiser Konstantin X. demCaesar Joannes, seinen Bruder, und dem Patriarchen die Sorge um seine Kinder anvertraute; das war aber .. Erst heim Ausbruch der tdlichen Krankheitraf er neue Anstalten fr eine Vormundschaft; jetzt aber ist nur noch von der Kaiserin di e Rede (a. a. O.). Der Eid, den Eudokia leistete, di e Erbfolge nicht durch eine neueHeirat zu stren, ist der Eid der zuknftigen Regentin. Hier wird der Patriarch nur nochals Zeuge und eventuelle Strafinstanz genannt. Vgl. N. Oikonomides, Le serment de l'impratrice Eudocie (1067), Rev. Et. Byz. 21 (1963) 101-128.(40) Pachymeres I, 39 (Bonn).(41) Akro poltes I, 15 4 (Heisenberg).(42) Gregoras I, 62 (Bonn) und Sphrantzes 12 (Bonn).(43) Gregoras I, 44 0 (Bonn).(44) Gregoras I, 49 6 (Bonn).(45) Zum Problem vgl. U. V. Bosch, Kaiser Andronikos III. Palaiologos, Amsterdam1965, S. 176 if .

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    H. -G. BECK : KIRCHE UND KLERUS 11der Kaiserin-Witwe. Die Karenz ist wohl nicht ohne Zusammenhangmit der auch sonst festgestellten relativen Seltenheit der offiziellenBetrauung von Klerikern mit hohen Staatsmtern.Was die Paradynastie (46) anlangt, so sind die Flle hufiger alsdie der Vormundschaft. Aber auch hier konzentrieren sie sich imgrossen und ganzen auf die frhmittelbyzantinische Zeit. An ersterStelle ist hier der Priester Joannes zu nennen, der die Wrde einesRektors bekleidete und unter Kaiser Romanos I. Lakapenos Para-dynast war (47), derselbe Joannes offenbar, der bei der Insurrektiondes Lakapenos als dessen Verhandlungen mit Nikolaos Mys-tikos fhrtl (48). Joannes mute sein Amt quittieren, da man ihnbeim Kaiser verleumdete, wird aber auch spter noch vom Kaiserin politischer Mission verwendet (49). In der Zeit der paphlagonischenKaiser ist es der Onkel Kaiser Michaels IV., der Mnch und Orpha-notrophos Joannes, der die Zgel des Regiments in Hnden hat (50).Kaiserin Theodora nahm sich den Synkellos Leon Strabospondyloszum Paradynasten (51), Kaiser Michael VII. den Metropoliten undSynkellos Joannes von Side (52). Erst ein Jahrhundert spter tauchenunter Isaak Angelos wieder geistliche Paradynasten auf, so Theodo-ros Kastamonites, der allerdings die Klerikatur schon vor seinemEintritt in den Staatsdienst aufgegeben zu haben scheint (53), sodann

    (46) Zum Begriff un d Problem vgl. H.-G. Beck, Der byzantinische Ministerprsident, ByzZeilschr. 48 (1955) 309-338. Es handelt sich um den, je nach Epoche neben - auch als oder bezeichneten, in letzter Instanz vordem Kaiser die Geschfte koordinierenden und leitenden Staatsmann, der als solcherkeine Amts- oder Hofwrde bekleidet, sondern nur eine Funktion ausbt, in welche eraber eingesetzt wird. Ergnzungen zu diesem Artikel bei J. Verpeaux, Contribution l'tudede l'administration byzantine : . Byzantinoslav. 16 (1955) 270-296 undR.-J. LoENEETz, Le chancelier imprial Byzance, Orient. Christ Period. 26 (1960) 275-300. Entgegen Loenertz halte ich jedoch an der grundstzlichen Gleichheit von Paradynast,Oikonomos un d Mesazon fest. Diese Gleichheit musste L. entgehen, da er das Problemvon Verwaltungsfunktionen her aufbaut un d damit den wichtigeren, verfassungsgeschichtlichenspekt bersieht.(47) Theoph. com. 399.(48) Theoph. cont. 393. In meinem in der Anmerkung 46 zitierten Aufsatz habe ich diesenJoannes falschlich mit dem Joannes Rektor identifiziert, den Alexandras neben NikolaosMystikos zum Vormund fr Konstantin VII. eingesetzt hat (Theoph. cont. 380) und dendie Rckkehr der Kaiserin Zoe in den Palast zu Fall brachte. Er wird, so viel ich sehe, nieals Kleriker bezeichnet.(49) Theoph. cont. 490.(50) Vgl. z. B. Attaleiates 12 f. (Bonn); Skylitzes II, 51 0 (Bonn).(51) Dieser Synkellos war schon im Dienste des Kaisers Michael, wohl des IV. gestanden(Skylitzes II, 611); seine Eigenschaft als Synkellos wird erst von Zonaras bezeugtIII, 65 1 (Bonn). Wenn ihm das Siegel nr. 21 7 (Laurent, Corpus V, 1) zugehrt, dann warer jedenfalls auch Priester.(52) Dieser Metropolit hatte den Hofrang eines Protoproedros der Protosynkelloi. Vgl.Skylitzes II, 70 5 und Attaleiates 180.(53) Niketas Choniates 57 4 f. (Bonn) : 4

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    12 REVUE DES TUDES BYZANTINESunter Alexios III. Der Anagnostes Konstantinos Mesopotamites, dersich whrend seiner Paradynastie sogar zum Diakon weihen unddurch die Synode ein Dekret ausstellen lie, das ihm Dispense vomkanonischen Verbot der bernahme weltlicher mter sicherte, jaschlielich als Paradynasteuon sogar Metropolit von Thessalonikewurde (54). Unter Kaiser Joannes III. Vatatzes versieht wenigstenszeitweise der Metropolit Phokas von Philadelpheia die entsprechendenGeschfte (55). Damit, glaube ich, sind alle geistlichen Paradynastengenannt. Da es sich bei der Paradynastie um eine Funktion undnicht nur um eine Gnstlingsstellung handelt, glaube ich anderwrtsgezeigt zu haben. Es handelt sich um eine Einrichtung eine im byzantinischen Verfassungsleben, die zwar qua talis auerhalbder Rnge bleibt, aber Jahrhunderte, mindestens vom 9. bis zum 15 .berdauert und nur wenige Unterbrechungen kennt (56). In dieserlangen Reihe der Paradynasten bilden die genannten sieben Geistlichen aum viel mehr als Ausnahmeerscheinungen.Einer besonderen Prfung bedarf die Beteiligung des Klerus an derKaiserkr. Ohne Zweifel kennt der frhbyzantinische Staat keinederartige Beteiligung, die von verfassungsmiger Bedeutung wre;selbst dann, wenn man das verfassungsrechtliche Gewicht der klassischen rfaktoren Heer, Senat und Volk so wenig wie mglichsystematisiert, stellen sie eine andere Potenz dar als der Klerus.Da etwa bei der Krnung einem Patriarch enrecht ohne konsti-tutive Bedeutung der Patriarch vom Klerus umgeben ist unddabei wohl in irgend einer Weise in die Akklamation der brigenTeilnehmer einstimmt, mag vorkommen, aber auch dies bleibt belanglos.er frhbyzantinische Gebrauch hlt sich m. E. bis ins 11.,wenigstens bis ins 10 . Jahrhundert. Ein bezeichnendes Beispiel bietetdie Kr des kleinen Konstantin VI. durch seinen Vater im Jahre 776,eine Kr, in die Leon IV. alle erdenklichen Sicherungen einzubauengedachte. Er lt es nicht bei einer ersten allgemeinen Eidesleistungfr seinen prsumptiven Nachfolger bewenden, sondern versammeltam Karfreitag Vertreter der Armeen der Themen, die Garden vonKonstantinopel, die Senatoren, Vertreter der Gewerbetreibenden undder gesamten Brgerschaft, und lt sie auf das Kreuz schwren, berden Eid ein Protokoll anfertigen und dieses unterschreiben. Vom

    (54) Choniates 640. 64 8 f. Vgl. auch Grumel, Regest 1186.(55) Akropolii.es 97 (Heisenberg).(56) Siehe oben Anmerkung 46 .

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    H. -G . BECK : KIRCHE UND KLERUS 13Klerus und seiner Beteiligung wird mit keinem Wort gesprochen (57).Noch Kaiser Michael VI. will sich seine Herrschaft durch Vereidigungdes Senats und der Bevlkerung sichern lassen, ohne an den PatriarchenMichael Kerullarios zu denken, der ihn schlielich strzen wird (58).Wenn nach dem Tod des Kaisers Romanos I. 963 PatriarchPolyeukt in Aktion tritt und die Ausrufung des Basileios II. undKonstantin VIII. zu Autokratores veranlat (59), so handelt er nachRcksprache mit dem Senat und wahrscheinlich aus jener allgemeinenSorgepflicht heraus, an die die christlichen Bischfe sich W7itwen undWaisen gegenber gebunden fhlten. Derselbe Patriarch veranlatallerdings auch den Senat, nach kurzer Zeit dem Feldherrn NikephorosPhokas quasikaiserliche Rechte zu bertragen, noch bevor diesernach der Krone greift (60). Jedenfalls ist hier eine starke Persnlichkeitim Spiel, die der Kirche den Weg in Fragen der Verfassung bahnt.

    Wenig beachtet wurde bisher eine Episode des Jahres 1056.Michael VI. hat den Thron bestiegen, und ein Verwandter des KaisersKonstantin IX. (gest. 1055) fhlt sich bergangen. Er sammelt seineGefolgschaft und versucht zunchst in der Umgebung des Palastesseine Ansprche anzumelden. Ais dies keinen Erfolg hat, begibt ersich zur Hagia Sophia, nicht um Asyl zu suchen, sondern in derHoffnung, dort durch den Patriarchen und den Klerus zum Kaiser ausgerufen zu werden. Der Erfolg blieb aus, denn der Patriarch lie dieTore der Kirche verriegeln (61). Michael VI. wird dann nach kurzerZeit im Jahre 1057 doch gestrzt, und hier hat Michael Kerullarios,der Patriarch, die Hand im Spiel (62). Es findet in der Hagia Sophiaeine Versammlung statt, bei der er den Vorsitz fhrt. Vertreter desVolkes und Senatoren haben sich zusammengefunden. Der Patriarchzeigt sich bereit, diejenigen, die dem Kaiser einen Treueid geschworenhaben, davon zu dispensieren, und sehr rasch wird Isaak Komnenoszum Kaiser ausgerufen. Die Initiative ergreift der anwesende Patriarchvon Antiocheia, aber Kerullarios gibt sein Wohlgefallen zu erken-

    (57)Theophanes 449.(58)Skylitzes II, 634.(59)Leon Diakonos 31 (Bonn).(60)Leon Diakonos 33 f.(61) Skylilzes II, 61 2 f : ... ' .(62) Michael Kerullarios will den Anschein erwecken, als handle er unter Zwang un dmit Rcksicht auf das gefhrdete Leben seiner Neffen, doch schon Skylitzes glaubt ihmnicht so recht; vgl. Skylzes II, 635.

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    14 REVUE DES TUDES BYZANTINESnen (63). Attaleiates legt nachdrcklich den Finger auf die Bedeutung,die der des Thronprtendenten Isaak durch den Patriarchenzukomme (64).

    Mgen die Vorgnge des Jahres 1057 noch reichlich tumultuarischgewesen sein, zwanzig Jahre spter, 1078, als Nikephoros Botaneiatesauf den Sturz Michaels VII. hinarbeitet, hat sich der modus procedendischon eingespielt. Die Anhnger des Prtendenten in der Hauptstadtsetzen sich aus Senatoren, Klerikern und den Volksmassen zusamm en 65). Wenn wir Bryennios glauben drfen, war es gerade dieHierarchie, Patriarch und Synode zu letzterer gehren auch diegroen Patriarchatsdiakone welche die Initiative zusammen mitSenatoren ergriffen und schriftlich zu einer Versammlung in derHagia Sophia einluden (66). Wieder ergreift ein Patriarch von Antio-cheia, der in Konstantinopel weilt, die Initiative zur Akklamation,und ihm schlieen sich an die Synode, die Vertreter des Senats,sowie Vertreter des Demos und der Mnche. Die Akklamation in derHagia Sophia wird kundgemacht, und jetzt schlieen sich auch diebrigen Bevlkerungsteile an , Wrdentrger und Brger, aber auchwer immer im Klerus zhlt.Es verwundert dann weiter nicht mehr, wenn wir im Jahre 1118bei der Thronbesteigung des Kaisers Joannes II. erfahren, er sei vonder Menge akklamiert worden, habe dann aber eigens noch nach derHagia Sophia geschickt und die , die Akklamation des dortigenKlerus und des Patriarchen eingeholt, ein Akt, der nicht mit der

    (63) Skylitzes II, 634 ff : ... , , ' ... 636' ... ,., ' ...(64) Attaleiates 57 : ' ... .(65) Skylilzes II, 73.' : Kai , , , ... , 6} '... ', . Attaleiates 27 0 : ' ol ... ... '... .(66) Nikeph. Bryennios 122 f. (Bonn) : , ' .Auch wenn es sich hierbei um eine Flschung der Revolutionre gehandelt haben mag,so bleibt doch interessant, was diese Flscher fr richtig hielten.

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    H. -G. BECK : KIRCHE UND KLERUS 15Krnung verwechselt werden kann (67). Auch Manuel I. Komnenos,von seinem Vater 1143 im Feldlager der Armee zur Wahl vorgeschlagenund von ihr auch gewhlt, schickt sofort seinen VertrauensmannJoannes Axuch nach Konstantinopel, nicht nur um die Akklamationdes Volkes sicherzustellen, sondern auch die Anerkennung durchden Klerus der Hagia Sophia der Patriarchenthron war ebenverwaist, worauf besonders hingewiesen werden darf! wenn ntigmit Geld zu erreichen (68). Derselbe Kaiser bedient sich denn auchzur Sicherung der Nachfolge seines Sohnes Alexios II. nicht mehrnur des Senats und der Bevlkerung, wie Leon IV. und Michael VI.,sondern ausdrcklich des Patriarchen und der Synode (69). Alexios III.,auerhalb der Stadt von den Soldaten gekrt (1195), findet noch inAbwesenheit die Akklamation des Volkes von Konstantinopel unddie Zustimmung des Senats. Jetzt schliet sich auch das an und vollzieht einen Akklamationsakt in der HagiaSophia (70). Als das Volk von Konstantinopel 1204 kurz vor derEroberung durch die Lateiner die Herrschaft der Angeloi abwlzenwollte, versammelte es sich in der Hagia Sophia und zwang nichtnur den Senat, sondern auch ,, die Hohenpriester und die angesehenenGeistlichen , d. h. Synode und Patriarchalaristokratie, an dieserVersammlung teilzunehmen (71). Aus der Zeit des niznischenReiches ist folgendes Ereignis zu melden. Nachdem Muzalon,der von Theodoros II. fr seinen Sohn Joannes IV. Laskarisbestimmte Vormund ermordet worden ist, schreiten die Groen desReiches zur WTahl eines neuen Regentschaftsverwesers, glauben aberdiese Entscheidung nicht ohne die Kirche vollziehen zu sollen undrufen den Patriarchen Arsenios, seine Synode und seine Patriarchal-kleriken zur Versammlung (72). Wiederum war es in einer gemischtenVersammlung von weltlichen Wrdentrgern und Hierarchen, daletztere Michael Palaiologos fr die Despotenwrde in Vorschlagbrachten (73). Die Krnung schlielich zum Kaiser vollzog Arsenios

    (67) Zonaras III, 76 3 : ... , -.(68) Niketas Chmtes 66/67.(69) Vgl. Grumel, Regest 1120.(70) Niketas Choniates 601 : 8 ... .(71) Nikelas Choniales 743 : , , .(72) achy meres I, 72 : .(73) . . . 74 .

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    16 REVUE DES TUDES BYZANTINESnicht sehr bereitwillig, aber jetzt kam der Widerstand zu spt. Michaelselbst erklrte vor seiner Bestellung zum Regenten, er wolle diesesAmt nicht bernehmen, ohne die Zustimmung des Patriarchen undseiner Synode (74). Schlielich verlangt auch Joannes Kantakuzenosfr den Antritt seiner Kaiserherrschaft ein der Kirche,des Senats und aller Rhomaeer (75).berblickt man das hier vorgelegte Material, das sich vielleichtnoch vermehren lsst, so lassen sich unschwer zwei Gruppen vonFllen unterscheiden: einmal einzelne Kleriker im staatlichen Dienstund dann Episkopat und Klerus als Korporationen im staatlichenLeben von Byzanz. Wenden wir uns zunchst den Einzelfllen zu.Patriarchen als Vormnder junger Kaiser, die immer schon gekrnteHerrscher sind, werden naturnotwendig zu Regentschaftsmitgliedern.Ihre Funktion ist mit den Bestimmungen des can. 3 von Ghalkedondurchaus vereinbar, wenn auch nicht ohne weiteres mit denen derNovelle 123,5 des Kaisers Justinian die Schwierigkeiten hat Bal-samon gesehen, und wenn ich ihn recht verstehe, sieht er die Lsungin der allgemeinen Sorgepflicht der Bischfe innerhalb ihres Bereiches 76). Schwieriger liegt der Fall der Paradynastie, wenn man ihnam kanonischen Recht misst. Der Metroplit Phokas von Philadel-pheia scheint mir das Amt nur vorbergehend, als eine Art Verweser,innegehabt zu haben. Konstantinos Mesopotamites liess sich eigenseine kirchliche Dispense erteilen (77), Theodoros Kastamonites aberhatte offenbar die Klerikatur lngst aufgegeben (78). Der Synkellos

    (74) A. a. 0. 73 : ... (se. ) .(75) Kantakuzenos II, 51 4 f. (Bonn).(76) Rhalles-Potles II, 223.(77) Grumel, Regest 1186.(78) Vgl. oben Anm. 53 . Der sog. can. 3 s. GyriJli (vgl. llhalles-Potles IV, 359/60)kennt keine Aufgabe der Klerikatur durch einen , fgt aberhinzu : (>), 8 , was wohl eine Mglichkeit de s sich unvermerkt Absentiercns insinuiert.Den Zurcktritt von KJerikatur oder Mnchtum kennt auch Cod. Just. I, 3, 52 (hnlichNovelle V, 6), whrend Chalced. can. 7 die Niehlrckkehr in Klerikatur oder Mnchtummit den Anathem bestraft, sofern es sich um bernahme weltlicher Geschfte als Austrittsgrund handelt. la. lia. can. 16 allerdings rechnet mit Bischofsabdankungen, ohne berden Status der abgedankten oder wegen Nichtausbung ihres Amtes abgesetzen Bischfezu entscheiden. Leon VI. Novelle VI und VIII (vgl. Nw. LXX1X) verlangt rigoros diezwangsweise Zurckfhrung entlaufener Mnche und Kleriker, ohne offenbar Erfolg zuhaben. Im Grunde stand ja dagegen Trull, can. 21, der eine strafweise Versetzung in denstatus laicalis vorsieht und dabei selbst im usseren Gehabe jede Erinnerung 'an die Klerikatur verbietet. In seinem Kommentar zu can. 16 lae Ilae vermeldet alsamon in einerersten Redaktion hufige Flle von Bischofsabdankungen etwa aus wirtschaftlichen Grnden( , Rhalles-Potles II, 697 /8 ) oder wegen Insubordination derDizesanen usw. Er scheint dieses Vorgehen legitim zu finden. In einer zweiten Redaktionseines Kommentars (a. a. 0. 699 ff.) erinnert er sich des can. 3 des KyriUos un d interpretiert

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    H. -G . BECK : KIRCHE UND KLERUS 17Leon Strabospondylos jedoch und der Metropolit Joannes von Sidehaben die Funktion offenbar ausgebt, ohne dass sie vorher alsKleriker demissioniert hatten, und anscheinend auch ohne dass grossdagegen protestiert wurde. Die Mglichkeit, dass der Patriarch ihnenDispense erteilte, bleibt immer offen. Wenn ich den rhetorischenStil des Psellos recht verstehe, so hat auch der Orphanotroph Joannesim Mnchskleid amtiert (79). Analoges drfte vom Priester undRektor Joannes unter Kaiser Romanos I. gelten. Wenn KonstantinII. ihn als Rektor eine Zulassung () Gottes nennt,so dem Kontext nach kaum aus kanonistischen Bedenken, als vielmehr deshalb, weil er in ihm den bsen Geist seines Vorgngers Laka-penos sah (80). Im allgemeinen drfte die vorkomnenische Zeit demKaiser durchaus das Recht eingerumt haben, die Kanones in solchenFllen nach seinem Gutdnken zu interpretieren. Es ist aber auchnochmals auf den besonderen Charakter der Paradynastie hinzuweisen, die als solche kein kaiserliches war, keine im Vollsinn des Wortes (81).Was die brigen Flle anlangt, so drfen wohl die Kleriker in derJustiz einen gesonderten Platz beanspruchen. Schon der Sinn deraudientia episcopalis war es doch, die Gefahren einer teils harten,teils bestechlichen Justiz, Prozessverschleppung usw. zu milderndurch die Schaffung einer freiwilligen Gerichtsbarkeit, von derengeistlichen Trger man hoffte, er wrde gegen diese Gefahren gefeitsein. Was hier von Staats wegen engagiert war, war weniger diekaiserliche Administration, als die kaiserliche . Auch dieSchaffung der ,, Katholischen Richter " ging von hnlichen berlegungen aus. Und in der Verfgung, mit der Michael VIII. Theodo-ros Skutariotes, einen Patriarchalkleriker, zum Dikaiophylax bestellt, spricht er von Moses, dem Gesetzgeber, der dem kaiserlichen streng als moralischen Defekt des Bischofs nicht nur als = subjektivesUnwrdigkeitsgefhl. Wrde man letzteres zur Norm machen, gbe es mehr ehemaligeals aktive Bischfe wegen der Anomalie der Zeit ( ol )(79) Psellos, Chronographie I, 60 .(80) De Admin. Imperio 51, 17 3 (Moravcsik-Jenkins S. 254).(81) Vgl. oben Anm. 46 . Wie man mit dem Fehlen einer protokollarischen Amtseinfhrung un d Bestallung durch staatliche Stellen argumentieren konnte, zeigt das Beispieleines Klerikers, der di e Advokatur ausbte. Da er nicht der ehemals staatlichen Zum' hder Advokaten angehre, sei seine Advokatur nicht verboten; das Verbot gelte nicht frdie Ttigkeit an sich, sondern fr die staatlich bestallte Funktion (Rhalles-Potles I,159 f : ' , , oi . Die Synode schliesst sich diesenArgumenten an.

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    18 REVUE DES TUDES BYZANTINES entspricht, der aber den Nomos an den Vertreter des, , an Aaron aushndigt (82).Die verbleibenden Beispiele von Klerikern in Amt und Wrden,Beispiele zum Teil recht massiver Art, erklren sich doch nur aus derTatsache, dass man eben auch in Byzanz ber die Kanones hinwegging, dass eben auch Byzanz den Skandal kannte. Dass man denSkandal als solchen empfand, lsst sich nicht ganz von der Handweisen. Psellos . . scheint man die Rckkehr ins politische Lebennicht verziehen zu haben. Kaiser Konstantin X. musste ihn offenbar,fallen lassen und ins Kloster zurckschicken (83). Von Nikephoros,dem Rektor und Stratopedarchen unter Konstantin IX., wird eigensberichtet, dass er aus ganz persnlichen, ehrgeizigen Motiven schonlngst den Mnchsstand aufgegeben hatte (84). Auch Joannes Lazareswird als Mitglied der Clique des Kaisers Alexandros abgewertet undsein vorzeitiger Tod als Strafe Gottes angesehen (85). Eine gewisseAbneigung der Kaiser, solche Kleriker in den regulren Cursus hono-rum aufzunehmen, ist ebenfalls feststellbar. Der Mnch Psellos wirdvon Isaak I. fr seine Dienste nicht mit einem regelrechten belohnt, sondern mit einem vllig neuen Titel, den auch nach ihm nurKleriker bekommen - jedenfalls lsst sich kein Laie als eindeutig nachweisen (86). Dies gilt vielleicht doch auch vom ,, Amt "des Rektors. Trotz einer Untersuchung ber dieses Amt (87) wissenwir heute darber genau so wenig wie vorher. Der Eindruck, dass esfast ausschliesslich fr Geistliche oder ehemalige Geistliche bestimmtwar, lsst sich nicht ganz von der Hand weisen, auch wenn es eineHofwrde war. Eine eigentliche Amtsfunktion kann nicht namhaftgemacht werden. In dieser Beziehung hnelt das Rektorat dem Amtdes Synkellos in dieser Zeit. Vom Kaiser verliehen, in den kaiserlichenHoflisten an hoher Stelle stehend, ist dieses ursprngliche Amtlngst auf dem Weg, ein reiner Titel zu werden, der jedoch nur Geistlichen erliehen wird (88).

    (82) Siehe oben S. Anm. 33 .(83) P. Joannou, Psellos el le monastre , . . 44 (1951) 283-290, hierS. 285/6.(84) Skylilzes II, 59 3 : ... . .(85) Georgias Mon. conlinualus 87 2 (Bonn) : ... .(86) Vgl. V. Grumel (oben S. 8 Anm. 30) und V. Laurent, Corpus V, 1, S. 161 f.(87) R. Gulland, tude de titulature byzantine : le rectorat . Melanges Louis Petit,Paris 1948, 185-193.(88) Vgl. V. Laurent, Corpus V, 1. S. 147-148. Im allgemeinen war offenbar die Vorstellung verbreitet, der Kaiser knne kraft seiner Stellung ber den Kanones jedem Kleriker weltliche mter und Wrden bertragen. Balsamon versucht, in diese Vorstellungen

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    II. -G . BECK : KIRCHE UND KLERUS 19Wie immer die rechtliche Situation gewesen sein mag, eine strkereHeranziehung von Geistlichen in den unmittelbaren Dienst desStaates beschrnkt sich im grossen und ganzen auf das 10 . und 11 .

    Jahrhundert, abgesehen von einigen massiveren Fllen der vorausgegangenen Generationen. Die Summe der Flle bleibt krglich. Wirkennen meines Wissens keinen Themenkommandeur, keinen Logo-theten des d????, keinen Drungar, keinen militrischen Dome-stikos, keinen Stadtprfekten oder dergleichen, der Kleriker gewesenwre. Bequemt man sich dazu, im Rektor doch nur einen Titel undkein Amt zu sehen, so trgt die Mehrzahl der genannten Klerikerzwar hfische Titel, bekleiden aber nur in den seltensten Fllen einenBeamtenrang.Um Folgerungen sozialgeschichtlicher Natur daraus ziehen zuknnen, drfte es tunlich sein, die Reihe der Negativa zu verlngern.Die byzantinische Kaiserpfalz hat zwar einen eigenen Pfalzklerus,die as?????? ???????? mit einem Protopapas an der Spitze, aber dieBedeutung dieses Klerus ist so gering, dass wir nirgendwo den Ansatzzu einer Erzkapelle und zu einem Erzkaplan , d. h. den Ansatzzum Uebergang von der Hofkapelle zur Hofkanzlei konstatierenknnen. Ebenso fehlt durch die ganze byzantinische Geschichtehindurch der erzbischfliche Kanzler als Institution, um von einemgeistlichen Frstentum ganz zu schweigen. Interessant in diesemZusammenhang ist wohl auch die Feststellung, dass die byzantinischenKaiser, abgesehen von zwei Fllen, offenbar keinen Versuch gemachthaben, eine Hausmachtspolitik in dem Sinne zu treiben, dass sie dasPatriarchat fr die Mitglieder ihrer Familie zu vereinnahmen gesuchthtten. Patriarch Germanos I. ist zwar ein Spross der Dynastie desKaisers Herakleios, er ist der Sohn des 686 ermordeten PatrikiosJustinianos, aber als er 715 zum Patriarchen bestellt wurde, warseine Familie endgltig und ohne noch vorhandenen Prtendentenentthront. Dasselbe gilt vom Patriarchen Ignatios, einem Sohn desKaisers Michael I. (811-813). Es vergingen fast drei Jahrzehnte, biser Patriarch wurde, und schon fast ebenso lange sass eine neue, dieamorische Dynastie, auf dem Thron. Leon VI., der zweite Makedonier,hat seinen Bruder Stephanos zum Patriarchen gemacht, ohne dasseinige Ordnung zu bringen, ohne dass er dabei einen grossen Erfolg verzeichnen kann.Er macht offenbar einen Unterschied zwischen einer blossen Dienstverpflichtung durchden Kaiser un d der Einweisung in ein a???a ??s???? oder eine st?ate?a, wobei er alsBeispiele nach den hchsten mtern eines Eparchos und eines Grossdomestikos greiftund sie als unmglich fr einen Kleriker bezeichnet; Rhalles-Potles III, 350.

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    20 REVUE DES TUDES BYZANTINESviel System zu erkennen wre; ein solches ist hchstens bei Romanos I.Lakapenos zu entdecken, der systematisch eine ganze Genealogie vonMitkaisern kreiert und schliesslich auch seinen Sohn Theophylaktos,fernab jeder kanonischen Qualifikation, zum Patriarchen erhebt.Bei keiner der folgenden Kaiserfamilien begegnet m. W. ein hnlicherVersuch, auch wenn sie, wie ?. B. die Komnenen, fast die gesamteVerwaltung mit Mitgliedern der Dynastie zu besetzen suchten. Selbstder Vorstoss in die Sphre der Metropoliten ist selten. KaiserMichael IV., der Paphlagonier, lsst einen Eunuchen seiner Verwandtschaftum Metropoliten von Nikomedeia bestellen (89). Aus demHause der Dukas ist als Kleriker ein Metropolit von Ephesos zunennen, doch ist dies kein anderer als Kaiser Michael VII. selbst,den man nach seinem Sturz, um ihn fr die weitere Herrschaft zudisqualifizieren, tonsurierte und dann zum Bischof weihte (90).Aus dem weitverzweigten Haus der Komnenen kenne ich eineneinzigen markanten Kleriker, den Erzbischiof Joannes (Adrianos)von Ochrid, einen Neffen des Kaisers Alexios I. (91) Unter den ca 170mnnlichen Palaiologen, die A. Th. Papadopulos in seiner Genealogie aufzhlt, konnte ich keinen einzigen Priester oder Bischoffinden, sondern nur Flle des Klostereintritts aus politischen oderAltersgrnden (92). Wenn es den Kaisern tunlich erschien, die politischenGedanken ihrer Regierung auch im Patriarchat in Krisenzeiten nachdrcklich zur Geltung zu bringen, so holten sie in der mittelbyzantinischeneit die Patriarchen lieber aus ihrer eigenen laikalen hohenBeamtenaristokratie, als aus ihrer Familie. Beweis die PatriarchenTarasios, Nikephoros, Photios, Nikolaos Mystikos und KonstantinosLeichudes. Doch auch diese Hebung ist in den spteren Jahrhundertennur noch selten zu beobachten, etwa bei Joannes XIII. Glykys.Selbst die Palastkapelle wird, soviel ich sehe, nur zweimal zum Sprungbrettr das Patriarchat, bei Eustathios und Joannes Kalekas.Zur Erklrung dieser Zustnde muss wohl die frh- und mittelbyzantinische Anschauung herangezogen werden, dass Mnchtum

    (89) Skylitzes II, 516.(90) Skylitz es II, 738.(91) ber ihn zuletzt L. Stier non, Rev. Et . Byz. 21 (1963) 180 ff.(92) Vgl. A. Th . Papadopulos, Versuch einer Genealogie der Palaiologen 1259-1453,Mnchen 1938, Nachdruck : Amsterdam 1962. Der dort unter Nr. 117 angefhrte PatriarchPaulus von Konstantinopel stammt, wie schon Ducange bemerkt hat, aus trbster Quelle,und kann ohne Bedenken gestrichen werden. Der Megas Chartophylax, im Text zuNr. 105 genannt, ein Onkel Michaels VIII. liegt vor der Thronbesteigung der Dynastie.Ausserdem war er nach Ausweis von Pachymeres nicht Grosscharlophylax sondern Grosschartular (Pachymeres 1,9 : 1,25; Bonn) un d dem Kontext nach offenbar Laie.

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    H. -G . BECK : KIRCHE UND KLERUS 21und Klerikatur fr die hchsten Wrden im Staat, vorab fr dasKaisertum disqualifizieren, so wie Verstmmelung disqualifizierte,dass also die ??a??? a??? im Vollsinn des Wortes ausschliesslichSache der Laien ist. Dass dem Eintritt ins Mnchtum diese Bedeutungbeikommt, ist zu bekannt, als dass es hier weiter errtert werdenmsste. Aber auch die Einreihung in den Skularklerus erfllt diesenZweck. Dies beweist ?. B. das Vorgehen des Kaisers Theodosios ILgegen seinen Stadtprfekten Kyros, dessen Gunst beim Volk ihmmissfiel, (93) aber auch der schon in anderem Zusammenhang zitierteFall des gypters Apion (94), die Massnahmen Konstantins VII.gegen Michael Lakapenos, den Enkel des Kaisers Romanos I (95)und das Schicksal Kaiser Michaels ???? (96). Es scheint nicht, dassdiese Massnahmen einfach damit erklrt werden knnen, dass es jafr die regierenden Kaiser ein leichtes war, mit den Bestimmungender Kanones zu operieren und missliebige Personen aus den hiesigenBezirken in die Spare der p???te?a t?? ???a??? abzuschieben. HtteLeon VI. anlsslich des Verlangens des Klerikers Ktenas (97) voneiner ?d???a fr den Klerus gesprochen, so liesse sich dies aus solchenUeberlegungen ableiten; er sprach aber von einer e???? ?d???a t??as??e?a?Es scheint also fast, als hafte in den Augen der Byzantiner demKleriker als solchem eine gewisse ?d???a an. Solche Vorstellungenbilden sich, wie die Geschichte lehrt, fast in allen Gesellschaftenheraus, in denen der Kleriker numerisch stark hervortritt, auch dann,wenn er offiziell privilegiert ist. Aber vielleicht knnen sozialgeschichtlicherwgungen uns noch weiter fhren. Es scheint mir nichtausgeschlossen, dass der Eintritt in das Mnchtum fr jeden, dermit den rechtlichen Normen der Zeit vertraut war, in den Folgen eineverblffende hnlichkeit mit der durch den Verlust brgerlicherFreiheit ausgedrckten deminutio capitis aufwies. Die Schur, dieVerfgungsgewalt des Abtes, verminderte Bewegungsfreiheit, verminderte Rechtsfhigkeit, vor allem verminderte Testierfhigkeitund Vermgensfhigkeit, all dies waren Zge, die der Mnch mit demSklaven gemein hatte und die Vorstellung erwecken mussten, dassdie Unfhigkeit des Sklaven fr den cursus honorum auch den Mnch

    (93) Vgl. Malalas 36 2 (Bonn).(94) Siehe oben S. 6(95) Siehe oben S. 7(96) Siehe oben S. 20(97) De administr. Imperio 50, 23 6 (Moravscik-Jenkins)

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    22 REVUE DES TUDES BYZANTINESbetraf. Dass man im Kloster zugleich von Staats wegen einen Strafortah (98), konnte diese Vorstellung untersttzen. Die Benediktus-Regel verbietet ausdrcklich, im Kloster einen Unterschied zwischenservus und ingenuus zu machen. Dass die Klster von allem Anfangan keinen unbedeutenden Zustrom aus Kreisen der Sklaven undKolonen hatten, lsst sich aus der Gesetzgebung der Zeit unschwerablesen.Was den Skularkleriker anlangt, so sind unsere Kenntnisse berseine soziale Stellung im frhen byzantinischen Reich drftig. Sicherist, dass er eine Klasse darstellte, innerhalb derer zwar der Sklave,wenn es ihm gelang, in sie einzudringen, die Freiheit erlangte (99),der Kolone aber Kolone blieb, verpflichtet zur agricultura gegenberseinem bisherigen Hern (100). Ja es scheint nicht vereinzelt gebliebenzu sein, dass sich zwischen Bischof und Ruralklerus ein Verhltnisherausbildete wie zwischen dem dominus und seinen Kolonen. Nachjustinianeischem Recht unterlag die Vermgensbildung des Klerikers den Satzungen des peculium castrense, d. h. er konnte wohldarber frei verfgen, nach seinem Tod aber fiel es dann analogdem peculium, das an die Heereseinheit des Soldaten ging an dieKirche, und nur Kinder oder bei deren Fehlen noch lebende Elternerhielten ein Pflichtteil (101). Die soziale Stellung der Bischfe selbstist engstens verbunden mit dem Leben der hellenistisch-byzantinischenrovinzstadt. Wie wir gesehen haben, erfasst ihn die kaiserlicheGesetzgebung fast immer im Zusammenhang mit den Angelegenheiten der Stadt und ihrer Provinz und fast immer im Zusammenhang mit den honestiores dieser Stadt. In ihrem Rahmen hatder Bischof, wenn man so sagen darf, sozial Karriere gemachtund in ihrem Rahmen bleibt er in der Regel beschlossen, trotz allerehrenden Attribute und Privilegien. Die Gesellschaft dieser sterbendensptantiken Stadt aber ist es nicht, aus der sich die hohe Beamtenschaftund schliesslich das Kaisertum rekrutiert. Der hohe Senatsadel hatabgesehen von seinen Residenzen in der Hauptstadt seinen Sitzvorwiegend auf seinen grossen Landgtern, und die Nachfahrendes alten ordo equester, dem lange Zeit fast die gesamte administrative und militrische Laufbahn vorbehalten gewesen war,stammten gerade aus Familien, die den Nexus mit der kommu-

    (98) Vgl. Justinian, Nov. 123, 20 .(99) Nov. 123, 17 . Immerhin geht diese Freiheit nur so weit, dass er im Falle des Verlassene des Klerikerstandes wieder Sklave seines alten Herren wird.(100) Nov. 123, 17 .(101) Nov. 123, 19 .

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    H. -G. BECK : KIBCHE UND KLERUS 23nalen Gesellschaft der Provinz und ihren auf die Dauer unertrglichen emeindlichen Belastungen vorstzlich aufgegeben hatten,um in das lohnendere Gefge der Gesellschaft der Reichsadministration einzutreten. Da der byzantinische Klerus, wenn ichrecht sehe, es auch nie vermocht hat, eigene Leitbilder seines Standeszu entwickeln, vielmehr sich immer den Standards der klassischenBildungsideale unterordnete, blieb ihm auch die Mglichkeit, alsStand bestimmend neben die anderen Stnde zu treten, weitgehendversagt. Der Klerus gehrt zu den Proletariern und Armen, er gehrtzu den ?s??, zu den d??at?? und ?????te?, je nach materieller Positionund Glck, oder er sucht dieses Glck in der ebenso lauten wie machtpolitisch unbedeutenden Gruppe der f???s?f?? und ??t??e?.Fr den Staat jedenfalls, fr den es Grundsatz war, dass die Zugehrigkeit zu dieser sozial amorphen Gruppe von der Zugehrigkeitzum Reichsregime ausschloss, weil er diese Gruppe als Stand nichtsozial voll nahm, konnte es nicht in Frage kommen, aus der Heranziehung von Leuten dieser Gruppe zu staatlichen mtern eine Regelzu machen.Um so erstaunlicher aber ist dann die seit dem 11. Jahrhundertzu beobachtende Einschaltung der Kirche in die Kaiscrkr, undzwar der Kirche in Gruppen Synode und e????t?? nicht nureinzelner Patriarchen. Die Erklrung hiefr ist wohl in zwei Sachverhalten zu suchen. Einmal im Charakter der Synode. Es handeltsich hier um die sogenannte s???d?? e?d???sa, d. h. die Versammlungder zufllig in der Hauptstadt weilenden Bischfe um ihren Patriarchen102). Der Trend der byzantinischen Bischfe in die Hauptstadtlsst sich sehr frh nachweisen, und die kaiserliche Gesetzgebunghatte bald damit zu tun, hier einen Riegel vorzuschieben. Im Grundebetrachteten die meisten byzantinischen Metropoliten nachAussage ihrer Korrespondenz die Entfernung von der Kaiserstadtund das Verweilen in ihrem Bistum als Verbannung. Die politischen\7erhltnisse des IL Jahrhunderts, der Verlust der grssten Teileder kleinasiatischen Provinzen an Araber und Seldjuken, lockerteden Zwang zur Residenzpflicht erheblich. Gerade um diese Zeitmuss die permanente Synode in einem besonderen Masse permanentgeworden sein. Viele Bischfe lebten nun als Pensionre in der Hauptstadtund nahmen wohl jede Gelegenheit wahr, das Gewicht ihrerverlorenen Wrde nun in Konstantinopel zur Geltung zu bringen.

    (102) P. J . Hajjar, Le Synode Permanent dans l'glise byzantine, Rom 1962.

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    24 REVUE DES TUDES BYZANTINESDie Synode war der Ort, wo sie noch Rang und Stimme hatten.Hier fielen die Wrfel ber die Besetzung von Erzbistmern undMetropolen, und die Versammlung wachte eifrig darber, dass derPatriarch nicht ohne sie vorging. Und je lnger desto ausschliesslicherbefand die Synode ber smtliche Regierungsgeschfte des Patriarchats, deren Affinitt zu manchen Ablufen der byzantinischenReichspolitik evident ist. So bildete sich hier ein Gruppengeist, derin der Lage war, in der ffentlichen Meinung der Hauptstadt einigesGewicht zu bekommen. Es kommt dazu, dass gerade in dieser Synodeauch die grossen Patriarchalbeamten, die sogenannten Exokatakoiloi,also die juristisch gebildeten, mit den Familien der Hauptstadtversippten Diakone und Administratoren der Hagia Sophia, eingewichtiges Wort mitzusprechen haben (103). Diese Gruppe dere????t?? t?? e????s?a? tritt wiederum gerade seit dem 11 . Jahrhundertgeschlossen in Erscheinung, man ist geneigt zu sagen als geschlossenerInteressenverband. Das Gewicht der Synode in der Gesellschaftvon Konstantinopel beruht wahrscheinlich strker auf ihnen alsauf den Bischfen ex partibus infidelium. Ihre Bedeutung beruhtaber m. E. nicht nur auf ihrer Versippung mit den d??at?? der Hauptstadt, sondern ebenso auf ihren juristischen Kenntnissen. Es istwiederum gerade das 11. Jahrhundert, in das wir den Beginn einerSystematisierung des kanonischen Rechts in Byzanz datieren drfenund auch den Beginn eines kanonistischen Selbstbewusstseins. Beialler Andauer der Kaisermacht auch den Kanones gegenber istder latente oder offene Konflikt zwischen Kaiser und Kanon jetztviel hufiger als je zuvor.So erklrt es sich, dass nun diese Gruppe, mit oder ohne Patriarchen,gelegentlich selbstndig auftritt und handelt und auch den Wegzur Beteiligung an der Kaiserkr sucht. Es ist freilich verstndlich,dass Prtendenten in prekrer Lage gern nach einer solchen zustzlichenSicherung griffen; so wie es andererseits bezeichnend ist fr die Festigkeit es alten Verfassungsgefges, dass in eindeutigen Fllen derRekurs auf Kirche und Synode fr berflssig gehalten worden zusein scheint Die Synode als Kaisermacherin bleibt Episode inunsicheren Verhltnissen. Neben die drei alten Stnde vermagsich der Klerus nur zeitweise zu plazieren.

    Hans-Georg Beck.(103) ber sie H.-G. Beck, Kirche un d Theologie im byzantinischen Reich, Mnchen 1959,. 106 ff. ber ihre soziale Position un d Wirkung ist eine Arbeit meines Schlers V. Tiftixo-glu in Vorbereitung.